Makro I MAKROÖKONOMIE I Wintersemester 2002 /03 Prof. Dr. Paul Bernd Spahn Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Goethe-Universität, Frankfurt/Main 1 Makro I I. Einleitung Goethe-Universität, Frankfurt/Main Was lehrt die Makroökonomie? 2 Makro I Unterschied zur Mikroökonomie • Die Mikroökonomie beschäftigt sich mit ökonomischem Handeln einzelner Akteure. • Darüber hinaus analysiert sie einzelne Märkte und untersucht deren Effizienzbedingungen partialanalytisch. • Schließlich analysiert sie die Bedingungen für ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 3 Makro I Grundmodell der Mikroökonomie Konsumenten Produzenten MARKT Eigner von Ressourcen Goethe-Universität, Frankfurt/Main 4 Makro I Was erklärt die Mikroökonomie nicht? • Das Niveau gesamtwirtschaftlicher Aktivität als Aggregat reales Bruttoinlandsprodukt (BIP oder Y). • Das Preisniveau; es wird mit verschiedenen Preisindizes gemessen (z.B. PY für das BIP). • Zeitliche Veränderungen des BIP (Wachstum, Konjunkturschwankungen Y t – Y t-1 ). • Ungleichgewichte (Arbeitslosigkeit, Inflation) Goethe-Universität, Frankfurt/Main 5 Makro I Fehlende Markträumung • Die Mikroökonomie arbeitet mit der Hypothese, dass Märkte geräumt werden. • Gleichgewicht in den Märkten setzt voraus, dass sich Preise flexibel anpassen. • Preise passen sich in der Regel aber nur langsam an, d.h. es kommt temporär zu Ungleichgewichten (Annahme starrer Preise). Goethe-Universität, Frankfurt/Main 6 Makro I Beziehung zwischen Mikround Makroökonomie • Makroökonomische Prozesse resultieren aus einer Vielzahl von Einzelentscheidungen. • Das Optimierungsverhalten von Akteuren wird implizit unterstellt, tritt aber nur zusammengefasst (im “Aggregat”) in Erscheinung • Ein wichtiger Akteur tritt hinzu: der Staat • Es werden oft auch außenwirtschaftliche Beziehungen analysiert (offene Wirtschaft) Goethe-Universität, Frankfurt/Main 7 Makro I Aggregation • In der Mikroökonomie ist das Einkommen eines Haushalts h, yh = p1x1h + p2x2h + ... + pnxnh, • und für alle Haushalte (“aggregiert”) Y = h yh. • Dabei werden Preise als relative Preise definiert, etwa in Lohneinheiten pi /w [w=1]. • Die Makroökonomie benutzt P als Einheit. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 8 Makro I Makroökonomische Modelle • Makromodelle versuchen die Entscheidungen von Akteuren aggregiert abzubilden. • Endogene Variable werden als Funktionen von anderen Variablen dargestellt (häufig analog aus der Mikrotheorie übernommen). • Exogene Variable sind solche, die nicht vom Modell “erklärt” werden, aber auf die Ergebnisse Einfluss nehmen. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 9 Makro I Makroökonomische Modelle Exogene MODELL Goethe-Universität, Frankfurt/Main Endogene 10 Makro I Makroökonomische Modelle Einfaches Beispiel • Wir nehmen an, es gebe nur zwei Verwendungsweisen für das Produkt Y Konsum und Investition. • Das Angebot an Y s sei gegeben Ý s • Der Konsum hänge vom Preis des Konsums relativ zum Preis für Investitionen ab (PC ). • Dann ist I = Ý s- C(PC). Was ist hier exogen? Was endogen? Goethe-Universität, Frankfurt/Main 11 Makro I Makroökonomische Modelle: Einfaches Beispiel Unabhängige Variable PC I Y C(PC) C, I Abhängige Variablen Goethe-Universität, Frankfurt/Main 12 Makro I Ökonometrische Modelle • Ökonometrische Modelle erfordern empirische Makrodaten. • Die makroökonomischen Beziehungen werden dabei als Gleichungen dargestellt. • Es gibt Definitionsgleichungen (z.B. I = Y - C ) und Verhaltensgleichungen (z.B. Ct = a Ct-1 + b PC ). Dabei sind a und b Verhaltensparameter, die geschätzt werden. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 13 Makro I Wirtschaftspolitik: Das Tinbergen Modell Politikvariable MODELL Steuern und Staatsausgaben; Geldmenge Goethe-Universität, Frankfurt/Main Zielvariable Höhe des BIP; Stabilität des Preisniveaus 14 Makro I Das Tinbergen Modell • Das Modell Tinbergens stützt sich zur Analyse von Wirtschaftspolitik auf makroökonometrische Modelle. • Dabei finden jene exogenen Variablen Jan Tinbergen (1903-94) besondere Beachtung, die vom Staat 1. Nobelpreis (1969 kontrolliert werden können mit Ragnar Frisch) (“Politikvariable”), sowie diejenigen Outputvariablen, die Ziele der Wirtschaftspolitik darstellen (“Zielvariable”). Goethe-Universität, Frankfurt/Main 15 Makro I Das “Magische Fünfeck” der Wirtschaftspolitik Stetiges Wachstum Preisstabilität Vollbeschäftigung Ziele der Wirtschaftspolitik “Gerechte” Einkommensverteilung Goethe-Universität, Frankfurt/Main Außenwirtschaftliches Gleichgewicht 16 Makro I Vollbeschäftigung Beschäftigte in 1000 Arbeitslosenquote in % 40000 14 35000 12 10 25000 8 20000 6 15000 4 10000 19 19 19 95 0 80 0 65 2 50 5000 19 Beschäftigte in 1000 30000 Arbteitslosenquote in % Indikatoren zum Arbeitsmarkt Bundesrepublik Deutschland Quelle: Sachverständigenrat Goethe-Universität, Frankfurt/Main 17 Makro I Stetiges Wachstum Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in der Bundesrepublik Deutschland in % 14 BIPt BIPt 1 wt BIPt 1 12 10 8 6 4 2 0 -2 1955 1965 1975 1990 2000 Quelle: Sachverständigenrat Goethe-Universität, Frankfurt/Main 18 Makro I Stetiges Wachstum Potential, BIP und Auslastungsgrad in der Bundesrepublik Deutschland Goethe-Universität, Frankfurt/Main Quelle: Sachverständigenrat, sowie Münster / Wiedemuth 1998 19 Makro I Preisstabilität Zunahme der Verbraucherpreise in der Bundesrepublik Deutschland 6 4 2 20 01 19 95 19 90 19 85 19 80 19 75 19 70 19 65 -2 19 60 0 19 55 Prozent pro Jahr 8 Quelle: Sachverständigenrat Goethe-Universität, Frankfurt/Main 20 Makro I Preisstabilität Inflationsraten (Privater Konsum) Jährliche Veränderungsrate in % 25 15 BRD Frankreich Großbritannien Italien 10 5 Goethe-Universität, Frankfurt/Main 20 01 19 98 19 95 19 92 19 89 19 86 -5 19 83 0 19 80 in Prozent 20 Quelle: Quelle:OECD OECDOutlook Outlook 21 Makro I Preisstabilität Entwicklung der Inflationsraten in verschieden Industrieländern seit 1955 Goethe-Universität, Frankfurt/Main Quelle: International Monetary Fund 22 Makro I Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Bundesrepublik Deutschland - Saldo der Leistungsbilanz 55 35 15 Quelle: Sachverständigenrat 2000 1990 -25 1980 -5 in Mrd US-Dollar Goethe-Universität, Frankfurt/Main 23 Makro I Einkommensverteilung: Funktional Einkommen aus unselbständiger Arbeit in % des Volkseinkommens in der BRD Quelle: Sachverständigenrat Goethe-Universität, Frankfurt/Main 24 Makro I Wie stellen wir die personelle Einkommensverteilung empirisch dar? Nachdenken ! Goethe-Universität, Frankfurt/Main 25 Makro I Lorenzkurve und Gini-Koeffizient Equality of what? Normierter kumulierter Anteil des Einkommens 2F= Gini-Koeffizient Lorenz-Kurve F Equality among whom? Normierter kumulierter Anteil der Personen (bzw. Haushalte) Goethe-Universität, Frankfurt/Main 26 Makro I Einkommensverteilung: Personell Kumulierter Anteil der Einkommen Alte Bundesländer Neue Bundesländer Nicaragua Quelle: I. Becker, EVS-Projekt Goethe-Universität, Frankfurt/Main 27 Makro I Gini-Koeffizient: Internationaler Vergleich und Entwicklung Gini-Koeffizienten für OECD-Länder Entwicklung der Einkommensungleichheit (Index des Gini-Koeffizienten) Vereinigte Staaten Schweiz Italien Vereinigtes Königreich Frankreich Niederlande Westdeutschland Belgien BRD Frankreich UK Italien USA Schweden Quelle: OECD 1995 Goethe-Universität, Frankfurt/Main Quelle: Atkinson 1998 28 Makro I Einkommensverteilung in verschiedenen Regionen der Welt Goethe-Universität, Frankfurt/Main 29 Makro I Positive und normative Ziele der Wirtschaftspolitik Die Ziele Wachstum, Preisstabilität, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und Vollbeschäftigung lassen sich quantifizieren und damit „positiv“ verfolgen. Das Ziel „gerechte“ Einkommensverteilung ist „normativ“ und damit subjektiv interpretierbar. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 30 Makro I II. Kreislaufmodelle und gesamtwirtschaftliche Statistik • Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung erfasst das Bruttoinlandsprodukt und seine Komponenten empirisch. • Die Volkswirtschaft wird dabei als Kreislaufsystem dargestellt. • Transaktionen im Kreislauf werden aggregiert in (Mengen- oder) Geldeinheiten pro Zeiteinheit gemessen (“Stromgrößen”). Goethe-Universität, Frankfurt/Main 31