Makro I Grenzproduktivitäts- und Verteilungstheorie • Bei Gütern haben wir zunächst die Nachfragefunktion hergeleitet, wobei das Angebot vollständig preiselastisch war (p). Danach wurde das Angebot bestimmt. • Bei Faktoren haben wir zunächst die Angebotsfunktionen hergeleitet, wobei die Nachfrage vollständig preiselastisch war (w, r). Jetzt wird die Nachfrage bestimmt. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 312 Makro I Wert des Produkts und ein Faktor p = 5 DM, w = 20 DM Arbeit L Produkt Erlös E x =Wert L 3 27 135 4 34 170 5 40 200 6 45 225 7 49 245 8 52 260 9 54 270 Goethe - Universität, Frankfurt/Main VC E - VC 60 80 100 120 140 160 180 75 90 100 105 105 100 90 313 Makro I Wert des Produkts und variable Kostenfunktion VC WPL VC Wert des Produkts von L Maximum L Goethe - Universität, Frankfurt/Main 314 Makro I Wert des Produkts und des Grenzprodukts • Der Wert des Produkts ist E = x(L) px. • Der Wert des Grenzprodukts von L ist WMPL = (dx/dL ) px = MPL px. • Solange WMPL größer ist als der Lohnsatz pro Arbeitseinheit w, besteht ein Anreiz zur Ausweitung der Produktion. Die Nachfrage nach L nimmt zu. • Bei WMPL < w, gilt das Umgekehrte. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 315 Makro I Wert des Grenzprodukts und Grenzkosten w WMPL Wert des Grenzprodukts Angebotskurve w L* Goethe - Universität, Frankfurt/Main L 316 Makro I Gewinnmaximum und Faktoreneinsatz • Ein gewinnmaximierender Unternehmer wird die Nachfrage nach Arbeit so lange variieren, bis WMPL = w. • G = px x(L) - wL - FC dG/dL = px x’(L) - w = 0 px x’(L) = WMPL = w • Die Nachfragekurve für Arbeit Ld(w) stellt die Kombinationen von L und w dar, die für den Unternehmer gewinnmaximal sind. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 317 Makro I Faktornachfrage bei mehr als einem Input • Bei mehreren Inputs gilt die These nicht, da der Preis eines Faktors das Grenzprodukt eines anderen Faktors beeinflussen kann. • Es kommt daher zu einer Verlagerung der MPL-Kurve. • Die Kausalitätskette verläuft also wie folgt: w MP Verlagerung von MPL. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 318 Makro I Faktornachfrage bei mehreren Inputs: Beispiel • Angenommen wA sei ein GG-Preis. Wir senken jetzt w auf wB. w wA wB WMPL L steigt wegen des Substitutionseffekts. A L steigt wegen des Outputeffekts. B LA LB Goethe - Universität, Frankfurt/Main L 319 Makro I Substitutions- und Outputeffekt der Nachfrage nach Arbeit K Der Preis von L fällt. A B C U1 LA LB Goethe - Universität, Frankfurt/Main LC U2 L 320 Makro I “Gewinnmaximierungseffekt” • Der Punkt C repräsentiert das optimale Einsatzverhältnis für bestimmte Kostenniveaus. • Dies sind aber nicht die profitmaximalen Einsatzp mengen. Warum? • Verringert sich w, so verschiebt sich auch die MC-Kurve. x Goethe - Universität, Frankfurt/Main 321 Makro I Faktornachfrage bei mehreren Inputs: Beispiel Der Gewinnmaximierungseffekt erhöht das Angebot von x und verschiebt die WMPL-Kurve nach rechts. Auch der Outputeffekt w erhöht die Nachfrage WMPL WMP’ L wA A nach L und verschiebt B die WMPL-Kurve nach wB rechts (es sei denn, L wäre inferior). LA LB L Goethe - Universität, Frankfurt/Main 322 Makro I Faktornachfrage bei mehreren Inputs: Beispiel • Der Substitutionseffekt verschiebt die WMPLKurve nach links, weil die MPL bei Substitution von L durch K fallen muß. Bei Dominanz der w beiden vorgenannten WMPL WMP’ L wA A Effekte kommt es zu einer Drehung der B B wB ’WMPL-Kurve und zum neuen GG-Punkt B’. LA LB LB’ L ’ Goethe - Universität, Frankfurt/Main 323 Makro I Nachfragekurve nach Faktoren bei mehreren Inputs • Die Nachfragefunktion eines Unternehmens für einen variablen Faktor kann bei Verwendung mehrerer Inputs ebenfalls abgeleitet werden. • Sie hat eine negative Steigung und verläuft etwas flacher, weil Output-, Substitutions- und Gewinnmaximierungseffekt zusammen genommen bei fallendem Input-Preis zu einer Verschiebung der WMP-Kurve nach rechts führen. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 324 Makro I Nachfragekurve nach Faktoren: Wirkungen einer Lohnsenkung • Die die Nachfrage nach L nimmt umso stärker zu, je größer K/L ist, weil dann MPL groß sein muß. • Je höher der Anteil L/K, desto niedriger ist w, da MPL sinkt. • Je höher der Preis des Gutes x, desto höher die Nachfrage nach L, weil WMPL zunimmt. • Verschiebt technologischer Fortschritt die MPKurve nach rechts, so erhöht dies die Nachfrage nach L. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 325 Makro I Marktnachfrage bei Faktoren • Normalerweise ist die Marktnachfrage die horizontale Summe aller individuellen Nachfragekurven der Unternehmer in einem Markt (ceteris paribus). • Hier gilt die c.p.-Klausel nicht, denn wenn alle Produzenten L (und damit x) ausweiten, fällt px und damit der Wert des MP. • Die Marktnachfrage verläuft damit steiler. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 326 Makro I Grenzproduktivitätstheorie • Die Grenzproduktivitätstheorie macht die Entlohnung der Faktoren von ihrem John Bates Clark, Grenzprodukt abhängig 1847-1938 • Dies führt zu einer vom Markt her bestimmten Verteilungstheorie. • In der Realität läßt sich das Grenzprodukt der Faktoren nur schwer oder nicht angeben. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 327 Makro I “Quasi-Rente” • In der kurzen Frist gilt, daß der Wert der Produktion in drei Komponenten zerlegt werden kann: 1. die variablen Kosten (z. B. Lohnsumme); 2. die “reinen Gewinne”; 3. ein Residuum, die “Quasi-Rente”. • Die Verteilung der “Quasi-Rente” auf L und K ist beliebig und strittig. Goethe - Universität, Frankfurt/Main Alfred Marshall Alfred 1842-1924 Marshall 1842-1924 328 Makro I Die “Quasi-Rente” MC p DC DVC “Reine Profite” DC DVC MC “Quasi-Rente” Lohnsumme x Goethe - Universität, Frankfurt/Main 329 Makro I Faktorentlohnung nach Grenzprodukt • In der langen Frist gilt das “Ausschöpfungs-Theorem” (Clark-Wicksteed, Euler 1707-83). P.H. Wicksteed 1844-1927 • Unterstellt eine linear-homogene PF vom Typ x = x(L,K). Hierfür gilt x = x(L, K). • Wir differenzieren diese Funktion nach : • Das ergibt (Produktregel): x/ = 0x = x = x x L L K K Goethe - Universität, Frankfurt/Main 330 Makro I Wo stehen wir ? Konsumenten px Güter Produzenten MARKT X Eigner von Ressourcen w Arbeitsmarkt L Goethe - Universität, Frankfurt/Main r Markt für Sparkapital K 331 Makro I Teil IV: GESAMTGLEICHGEWICHT • Wenn jeder irgend etwas unabhängig von einander maximiert, – der Konsument seinen Nutzen; bei M gegeben; – der Produzent seinen Gewinn; bei PF gegeben; – der Eigner von Ressourcen seinen Nutzen, bei gegebener Zeit bzw. Lebenseinkommen: • Führt dies zu einem Gleichgewicht für alle Beteiligten an einer Volkswirtschaft? Goethe - Universität, Frankfurt/Main 332 Makro I Gesamtgleichgewicht: Beispiel • Wir betrachten eine einfache Gesellschaft mit zwei Landwirten, die jeweils ein Gut x produzieren (z.B. Weizen) und konsumieren. • Jeder Landwirt hat zwei Rollen: – die eines Produzenten, der x anbietet und L nachfragt; und – die eines Konsumenten, der x nachfragt und L anbietet. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 333 Makro I Beispiel: Die Landwirte-Unternehmer • Ihre PF sind x = f(L); K = K; dx/dL > 0. • Sie sind Mengenanpasser auf dem Outputund dem Inputmarkt mit p = 1 (numéraire) und dem Lohnsatz w. • Jeder Landwirt-Unternehmer maximiere seinen Gewinn G = x - wL. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 334 Makro I Beispiel: Die Landwirte-Unternehmer • Landwirt 1: xs1 Sein Produktangebot ist: xs1 = f1(Ld1); Seine Lohnsumme ist w L d1 Es gilt MPL = w (da p = 1). Damit verhält sich Ld1 invers zu w. w Ld1 f1(Ld1) Ld1 Goethe - Universität, Frankfurt/Main 335 Makro I Beispiel: Die Landwirte-Unternehmer • Landwirt 2: w • Für ihn gelte das Gleiche, jedoch mit einer anderen PF xs2 = f2(Ld2). • Gesamtmarkt der Arbeitsnachfrage Ld1+2 Ld1 Ld2 L Goethe - Universität, Frankfurt/Main 336 Makro I Beispiel: Die Landwirte-Konsumenten • Landwirt 1 (analog für Landwirt 2): • Als Konsument maximiert er U1(xd1, Ls1), s.t. M. • Sein Einkommen M setzt sich zusammen: – Gewinneinkommen: G1(w) = xs1 - w Ld1 . – Arbeitseinkommen: w Ls1 (= w Ld2 ). • Das Gesamteinkommen M = w Ls1 + G1(w). Goethe - Universität, Frankfurt/Main 337 Makro I Beispiel: Zwei Landwirte. Produktionsentscheidung • Jeder Landwirt kann für sich, für den anderen Landwirt und teilweise für sich und den anderen arbeiten. xd Budgetgerade B f1(Ld1) 1 xs1 A w Ld1 tan = w G1(w) Ld1 Ls Goethe - Universität, Frankfurt/Main 1 ÜLs 1 = Ls d L 1 1 L 338 Makro I Beispiel: Zwei Landwirte. Produktionsentscheidung • Änderung der Allokation bei steigendem Lohn. Budgetgerade xd‘ B‘ 1 xs‘ B A A‘ 1 G‘1(w) f1 (Ld1) d w‘ Ld1 Ld‘1 tan d= w‘ Ls‘1 Goethe - Universität, Frankfurt/Main L 339 Makro I Gleichgewicht im Arbeitsmarkt Ls2 w Ls1 Ls1+2 w* Ld2 ÜLd2 Ld1 Ld1+2 L ÜLs1 Goethe - Universität, Frankfurt/Main 340 Makro I Gesamtgleichgewicht Goethe - Universität, Frankfurt/Main 341 Makro I „Walras‘ Gesetz“ Wenn der Arbeitsmarkt im GG ist, ist auch der Gütermarkt im Gleichgewicht. • Allgemein: In einer Ökonomie Märkten ist der n-te im GG, Märkte im GG sind. Goethe - Universität, Frankfurt/Main Léon Walras 1834-1910 mit n wenn n-1 342 Makro I „Walras‘ Gesetz“: Numerische Lösung des Beispiels (1) G1(w*) = xs*1 - w*Ld*1 G2(w*) = xs*2 - w*Ld*2 Gewinn = Erlös - Kosten (2) xd*1 = w*Ls*1 + G1(w*) xd *2 = w*Ls*2 + G2(w*) Nachfrage = Einkommen (3) Einsetzen von (1) in (2) ergibt: xd * 1 - w*Ls*1 = xs*1 - w*Ld*1 xd * 2 - w*Ls*2 = xs*2 - w*Ld*2 Goethe - Universität, Frankfurt/Main 343 Makro I „Walras‘ Gesetz“: Numerische Lösung des Beispiels Summation der Gleichungen (3) ergibt: xd * 1 + xd * 2 -w*(Ls*1 + Ls*2) = = xs * 1 + xs * 2 -w*(Ld*1 + Ld*2) Wir wissen, daß (Ls*1 + Ls*2) = (Ld*1 + Ld*2) Daraus folgt xd * 1 + x d * 2 = x s * 1 + x s * 2 Goethe - Universität, Frankfurt/Main 344 Makro I „Walras‘ Gesetz“: Interpretation • Das Gesetz spielt in der (neo-)klassischen Theorie eine Jean-Baptiste Say wichtige Rolle. 1767-1832 • Als „Say‘sches Theorem“ besagt es, daß jedes Angebot sich auch seine Nachfrage schafft. • Ist ein Markt im System nicht im GG, so gelten die Marginalbedingungen für die anderen Märkte nicht mehr unbedingt. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 345 Makro I „Walras‘ Gesetz“: Interpretation Betrachtung des Arbeitsmarkts bei Störungen im Gütermarkt w w1 w* Welches ist hier der GG-Lohn? w2 Rationierung durch den Gütermarkt L Goethe - Universität, Frankfurt/Main 346 Makro I Generelles Tauschgleichgewicht • Das Modell gilt für ein produziertes Gut. Aber was gilt bei mehreren Gütern? • Wir unterstellen eine Situation mit zwei produzierten Gütern x und y. • Die Produktion betrachten wir zunächst nicht, sondern konzentrieren uns auf den reinen Tausch. • Die Anfangsausstattung ist gegeben. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 347 Makro I Die Erstausstattung zweier Konsumenten Die originäre Ausstattung von x und y ist gegeben, mit xA+xB = x und yA+yB = y. yA yB 0A xA Goethe - Universität, Frankfurt/Main 0B xB 348 Makro I Die „Edgeworth-Box“ yA+B xB yB yA 0A 0B xA Goethe - Universität, Frankfurt/Main Francis Y. Edgewor 1845-1926 xA+B 349 Makro I Tauschgleichgewicht • Wir vernachlässigen zunächst einmal die Produktion. • Es gibt x, Hamburger, und y, Bier, die sich unterschiedlich auf die Individuen A und B verteilen. • Wie werden sich x und y nach dem Tausch auf beide Individuen verteilen? Goethe - Universität, Frankfurt/Main 350 Makro I Die „Edgeworth-Box“ xB yA+B yA 0A Q xA Goethe - Universität, Frankfurt/Main 0B yB xA+B Im Punkt Q ist die MRSAxy hoch (z.B. 3y für 1x), die MRSBxy niedrig (z.B. 4x für 1y). 351 Makro I Tauschgleichgewicht • Es kommt so lange zum Tausch, bis die MRSAxy = MRSBxy (Tauschgleichgewicht). • Wir nehmen an, A sei der stärkere Partner. Er wird versuchen, Punkte der blauen Fläche zu realisieren, wobei er jedoch beim freiwilligen Tausch durch die Indifferenz-kurve von B beschränkt wird, da dieser ansonsten seinen Nutzen reduzieren müßte. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 352 Makro I Die „Edgeworth-Box“ xB yA+B yA 0B Q yB R Im Punkt R gilt: MRSAxy = MRSBxy 0A xA Goethe - Universität, Frankfurt/Main xA+B 353 Makro I Die „Edgeworth-Box“ xB yA+B yA 0B Q yB R S Auch im Punkt S gilt: MRSAxy = MRSBxy. Hier ist B der stärkere Verhandlungspartner 0A xA Goethe - Universität, Frankfurt/Main xA+B 354 Makro I Kontrakt- oder Konfliktkurve • So lange MRSAxy MRSBxy kann einer der Partner seinen Nutzen erhöhen, ohne daß der andere eine Nutzeneinbuße erleidet. • Tauschgleichgewichte sind gegeben durch MRSAxy = MRSBxy . Diese Punkte liegen auf der Kontrakt- oder Konfliktkurve. • Dabei sind Ausgangsverteilung und Machtposition entscheidend für die Realisierung. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 355 Makro I Die Kontraktkurve yA+B xB 0B KONTRAKTKURVE yB yA 0A xA Goethe - Universität, Frankfurt/Main xA+B 356 Makro I Merke: Das Tauschgleichgewicht ergibt sich dann, wenn die MRSxy die selbe ist für alle am Tauschgeschäft Beteiligten. Es ist nicht eindeutig definiert, sondern bewegt sich auf eine Kontrakt-kurve zu. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 357 Makro I Verdeutliche: Punkte, die nicht auf der Kontraktkurve liegen, können „besser“ sein als solche auf der Kurve, aber für jeden dieser Punkte kann einer gefunden, für den gilt, daß wenigstens ein Partner seinen Nutzen erhöht, ohne daß sich andere verschlechtern. Goethe - Universität, Frankfurt/Main 358 Makro I Pareto-Optimum Ein Pareto-optimum ist dann gegeben, wenn jede Veränderung, die einige besser stellt, zugleich zumindest einen anderen schlechter stellt. Goethe - Universität, Frankfurt/Main Vilfredo Pareto 1848-1923 359