Die selbstunsichere Persönlichkeit Auswirkungen und therapeutische Ansätze Dr. Marion Schowalter Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie Universität Würzburg [email protected] Was ist Selbstunsicherheit? Erleben, Denken und Verhalten sind geprägt durch … • Soziale Hemmung • Unzulänglichkeitsgefühle • Überempfindlichkeit und Angst vor negativer Bewertung Diagnostische Einordnung: Kategorial oder dimensional ? Kontinuum der Selbstunsicherheit / sozialen Angst Schüchternheit, Selbstunsicherheit, soziale Ängste Spezifische Soziale Phobie (Prävalenz 3-13%) Generalisierte Soziale Phobie Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung (Prävalenz 0,5-1,0%) vermeidend-selbstunsichere Persönlichkeitsstörung -Diagnostische Kriterien DSM-IVmind. 4 Kriterien müssen erfüllt sein 1. Vermeidet aus Angst vor Kritik, Missbilligung oder Zurückweisung berufliche Aktivitäten, die engere zwischenmenschliche Kontakte mit sich bringen 2. Lässt sich nur wiederwillig mit Menschen ein, sofern er/sie sich nicht sicher sind, dass er/sie gemocht wird 3. Zeigt Zurückhaltung in intimen Beziehungen, aus Angst beschämt oder lächerlich gemacht zu werden 4. Ist stark davon eingenommen, in sozialen Situationen kritisiert oder abgelehnt zu werden vermeidend-selbstunsichere Persönlichkeitsstörung -Diagnostische Kriterien DSM-IVmind. 4 Kriterien müssen erfüllt sein 5. Ist aufgrund von Gefühlen der eigenen Unzulänglichkeit in neuen zwischenmenschlichen Situationen gehemmt 6. Hält sich für gesellschaftlich unbeholfen, persönlich unattraktiv und anderen gegenüber unterlegen 7. Nimmt außergewöhnlich ungern persönliche Risiken auf sich oder irgendwelche neuen Unternehmungen in Angriff, weil dies sich als beschämend erweisen könnte Schemata, Motive und interpersonelles Verhalten bei selbstunsicherer Persönlichkeit/ -sstörung Selbstbild Bild über Mitmenschen • • • • • • Kernziele Schutz vor… -5,5 -4,9 -5,8 -0,9 -0,3 • • VERHALTEN: in Anlehnung an Beck et al., 1990 Therapeutische Ansätze bei der Persönlichkeit/ -störung Probleme: • Stigmatisierende Sprache • Defizitorientierung des Persönlichkeitsstörungskonzepts alternative Herangehensweise: Kompetenzorientierter Ansatz: Persönlichkeitsstile statt Persönlichkeitsstörungen (Schmitz et al. 2001 nach Oldham & Morris, 1992) Kompetenzorientierter Ansatz (nach Schmitz et al. 2001) Kennzeichen: • dimensionales statt kategoriales Konzept Persönlichkeitsstörungen sind „Übertreibungen“, d.h. des Guten zuviel ! Die Quantität schafft die Probleme nicht die Qualität • Verstehen der Problematik (Psychoedukation) • Kompetenzorientierte Bausteine Kompetenzorientierter Ansatz Der sensible Stil Menschen mit einem sensiblen Stil ziehen das Bekannte dem Unbekannten vor und können ihre Fähigkeiten dann entfalten, wenn die Welt klein ist und die Menschen vertraut sind. Sensible Menschen lieben Gewohnheit, Wiederholung und Routine. Sie sind ihrer Familie und ihren Freunden tief verbunden und schätzen die Behaglichkeit des Zuhauses. In sozialen Umgang liegt ihnen sehr daran, was andere von ihnen denken, sie sind umsichtig und taktvoll, fällen keine vorschnellen Entscheidungen und verhalten sich liebenswürdig und beherrscht mit höflicher Zurückhaltung Psychoedukation Teufelkreis beim sensiblen Stil Grundüberzeugung beim sensiblen Stil • „Ich bin schwach und hilflos“ • „Ich tauge nichts“ Verhalten des Mitmenschen zurückhaltend, schweigsam, keine Aufmerksamkeit auf sich ziehend Innere Reaktion des Mitmenschen Verhalten des Mitmenschen Verhalten beim sensiblen Stil Innere Reaktion des Mitmenschen kurzfristi g langfristig Kompetenzorientierte Bausteine • Entspannungstraining und systematische Desensibilisierung • Rollenspiele mit Videorückmeldung • Kognitive Therapietechniken • Zusätzliche Therapieelemente (z.B. positive Selbstverbalisation, paradoxe Intentionen) Zusammenfassung • Aufklärung, Information, Psychoedukation als wichtiger Wirkfaktor der Psychotherapie • Kompetenzorientierter Ansatz als ressourcenorientiertes Vorgehen bei Therapie von Persönlichkeitsstörungen • Würdigung der ich-syntonen Persönlichkeit schafft Motivation für Therapie und stärkt therapeutische Beziehung