Rechenschwierigkeiten in der Sek. I WS 2010/11 Prof. Dr. Annemarie Fritz Universität Essen-Duisburg Veranstaltungsplan 18. 10.2010 Einführung in die Thematik; wie groß ist das Problem? 25.10.2010 Definition Rechenschwäche; ICD, Problematik der Diskrepanzdefinition, Pisa-Befunde, Phänomenologie, Ursachen 01.11.2010 Feiertag 08.11.2010 Ursachen: neuropsycholog., kognitionspsychologische, didaktogene 15.01.2010 entwicklungspsycholog. Ansatz: Entwicklung arith. Konzepte, welche nächsten Konzepte folgen? 22.11.2010 Konzept Teil-Teil-Ganzes (Vergleich 2. - 5. Schuljahr) 29.11.2010 Teil-Teil-Ganzes in allen 4 Grundrechenarten 06.12.2010 Fehleranalyse 13.12.2010 Erstellung des eigenen Tests 20.12.2010 Erstellung des eigenen Tests/Planung der Untersuchungsdurchführung 10.01.2010 Durchführung der eigenen Tests 17.01.2011 Eingabe der eigenen Daten 24.01.2011 Besprechung der eigenen Daten 31.01.2011 Fehleranalyse, Ausblick auf Förderung 2 Stand der Forschung Beschäftigung mit LRS - lange Forschungstradition (Ranschburg, 1916) Forschung zum Rechnenlernen „hinkt hinterher“ 3 Mathematik - ein vergessener Bereich? 4 Was ist Mathematik? 1 19 18 2 9 11 12 8 7 13 14 6 3 17 16 4 5 Mathematisches Verständnis • Zahlen nicht nur Zählinstrumente oder Instrumente zur Abbildung konkreter Mengen, sondern Möglichkeit zur Modellierung von Beziehungen zwischen Zahlen 6 Schüler mit Rechenschwäche/ Schüler mit Rechenschwierigkeiten Wie groß ist das Problem? 7 Prävalenz von Rechenschwächen (ICD): 4.7% - 8% Aber: 15% aller Schüler haben Schwierigkeiten im Vergleich zu Klassenkameraden (Schipper, 2003 Iglu Mathematik: 20% der Schüler auf Kompetenzstufe I oder II Wissen entspricht etwa dem 2. Schuljahr! 8 Kompetenzen im Rechnen nach Pisa PISA-Studie (2003): 49.9% der 15-jährigen Hauptschüler und 23.4% der Gesamtschüler verfügen nicht über die elementarsten Grundkenntnisse in Mathematik. 9 Was sind „elementare Grundkenntnisse“? 10 Hauptproblem Kinder bleiben zählende Rechner Zählstrategien werden beibehalten von schwachen Erst-, Dritt-, Fünft- und Siebtklässlern (Ostad, 1997) 11 Zählendes Rechnen ist eine Notlösung mangels besserer Konzepte. Zählendes Rechnen erfordert einen hohen kognitiven Aufwand. Zählenden Rechnern fehlt die Vorstellung von Mengen als gegliederten Quantitäten. Zählende Rechner verstehen Beziehungen zwischen Zahlen nicht. Für sie bleiben viele Anforderungen unlösbar. 12 Welches sind zentrale Konzepte im Grundschulalter? 13 Hypothese Zentrale Hürden beim Erwerb arithmetischer Basiskompetenzen – Entwicklung einer kardinalen Zahlvorstellung – Begreifen des Teil-Teil-Ganze-Konzepts – Verständnis des Stellenwertsystems – Die vier Rechenoperationen im Sinne des Teil-Ganze-Konzepts verstehen – müheloses Abrufen der Basisfakten, d.h. sichere Rechenfertigkeiten – Modellierungskompetenz, d. h. Bedeutung der Mathematik begreifen 14 Rechentest in den Klassen 5 & 6 Gesamte Stichprobe: 1315 Schüler 652 663 Kl.5 Kl. 6 15 Rechentest in den Klassen 5 & 6 Stichprobe nach Schultyp 268 306 318 423 HS GS RS Gym 16 Ausgewählte Ergebnisse für die 5. Klasse 17 Aufgaben zum Teile-Ganzes-Konzept _____ – 25 = 42 18 Aufgaben zum Teile-Ganzes-Konzept _____ – 25 = 42 Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS 59,9 62,1 75,0 Gym 78,53 Alle 69,0 19 Aufgaben zum Teile-Ganzes-Konzept Maria hat im Supermarkt ausgeholfen und 160 € verdient. Jetzt hat sie insgesamt 248 €. 20 Aufgaben zum Teile-Ganzes-Konzept Maria hat im Supermarkt ausgeholfen und 160 € verdient. Jetzt hat sie insgesamt 248 €. Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS 34,1 51,8 62,2 Gym 72,3 Alle 56,1 21 Aufgaben zum Stellenwertverständnis Wie heißen die nächsten vier Zahlen? 90.050 90.040 90.030 _______ _______ _______ _______ 22 Aufgaben zum Stellenwertverständnis Wie heißen die nächsten vier Zahlen? 90.050 90.040 90.030 Lösungshäufigkeit in % 90.020 HS 77,3 GS 86,2 RS 89,2 Gym 87,57 Alle 85,4 90.010 72,0 83,6 86,5 85,31 82,4 90.000 66,7 78,0 84,5 84,75 79,0 89.990 21,2 45,6 38,8 51,41 40,6 23 Rechenfertigkeiten für die Multiplikation und Division 52 : 4 = _____ 24 Rechenfertigkeiten für die Multiplikation und Division 52 : 4 = _____ Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS 55,3 65,6 71,0 Gym 76,3 Alle 67,6 25 Rechenfertigkeiten für die Multiplikation und Division 3 · 99 = _____ 26 Rechenfertigkeiten für die Multiplikation und Division 3 · 99 = _____ Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS 46,2 64,1 68,2 Gym 66,7 Alle 62,1 27 Aufgaben zur Modellierungskompetenz Zwei Räuber haben zwei Beutel mit Goldmünzen erbeutet. In einem Beutel sind 34 Goldstücke und in dem anderen 52 Goldstücke. Sie wollen die Beute gerecht unter sich teilen. Wie viele Münzen müssen sie aus dem volleren Beutel herausnehmen und in den anderen füllen, damit in beiden Beuteln gleich viele Münzen sind? 28 Aufgaben zur Modellierungskompetenz Zwei Räuber haben zwei Beutel mit Goldmünzen erbeutet. In einem Beutel sind 34 Goldstücke und in dem anderen 52 Goldstücke. Sie wollen die Beute gerecht unter sich teilen. Wie viele Münzen müssen sie aus dem volleren Beutel herausnehmen und in den anderen füllen, damit in beiden Beuteln gleich viele Münzen sind? Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS 8,3 20,5 23,0 Gym 34,5 Alle 22,4 29 Im Vergleich: Ausgewählte Ergebnisse für die 5. und 10. Klasse 30 10. Klasse ____ - 27 = 236 Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS Gym 67,3 67,3 80,2 88,7 Alle 74,2 31 10. Klasse ____ - 27 = 236 Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS Gym 67,3 67,3 80,2 88,7 5. Klasse Alle 74,2 _____ – 25 = 42 Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS Gym 59,9 62,1 75,0 78,53 Alle 69,0 32 10. Klasse Vanessa hebt 500 € von ihrem Sparbuch ab. Jetzt hat sie noch 1.700 €. Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS Gym 77,6 81,5 89,5 86,6 Alle 83,2 33 10. Klasse 10. Klasse Vanessa hebt 500 € von ihrem Sparbuch ab. Jetzt hat sie noch 1.700 €. Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS Gym Alle 77,6 81,5 89,5 86,6 83,2 5. Klasse Maria hat im Supermarkt ausgeholfen und 160 € verdient. Jetzt hat sie insgesamt 248 €. Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS Gym Alle 34,1 51,8 62,2 72,3 56,1 34 10. Klasse 50.000 – 400 = Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS Gym Alle 67,3 74,2 67,3 80,2 88,7 35 10. Klasse 50.000 – 400 = Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS Gym 67,3 67,3 80,2 88,7 5. Klasse Alle 74,2 90.000 – 10 = Lösungshäufigkeit in % HS GS RS Gym 21,2 45,6 38,8 51,4 Alle 40,6 36 10. Klasse: Lukas und Anna sammeln Mangas. Zusammen haben sie 136 Bände. Lukas hat 12 weniger als Anna. Wie viele Mangas hat Lukas, wie viele hat Anna? Lösungshäufigkeit in % HS 10,3 GS 20,2 RS 26,7 Gym 37,1 Alle 22,6 37 10. Klasse 10. Klasse: Lukas und Anna sammeln Mangas. Zusammen haben sie 136 Bände. Lukas hat 12 weniger als Anna. Wie viele Mangas hat Lukas, wie viele hat Anna? Lösungshäufigkeit in % HS GS RS Gym Alle 10,3 20,2 26,7 37,1 22,6 5. Klasse: Zwei Räuber haben zwei Beutel mit Goldmünzen erbeutet. In einem Beutel sind 34 Goldstücke und in dem anderen 52 Goldstücke. Sie wollen die Beute gerecht unter sich teilen. Wie viele Münzen müssen sie aus dem volleren Beutel herausnehmen und in den anderen füllen, damit in beiden Beuteln gleich viele Münzen sind? Lösungshäufigkeiten in % HS GS RS Gym 8,3 20,5 23,0 34,46 Alle 22,4 38 Fazit Die Schüler haben grundlegende Wissensdefizite in den Bereichen der Arithmetik: - Teil-Teil-Ganze-Konzept Stellenwertverständnis Rechenfertigkeiten Modellierungskompetenz Die Wissensdefizite bleiben bei vielen Schülern bis in die Klasse 10 bestehen. 39 Fazit Die Schüler haben grundlegende Wissensdefizite in den Basiskompetenzen Leistung im klassenstufenbezogenen Test: alle Schüler mit fehlenden Basiskompetenzen zeigen beim klassenstufenbezogenen Test sehr geringe Leistungen 40 Zusammenhang zwischen arithmetischem Basiswissen und weiterführenden mathematischen Themen der Sek I 41