Kraft als Wechselwirkungsgröße in der Sekundarstufe l Von Herbert Bohr, Reinders Duit, Claus Holzamer und Hans-Dieter v. Zelewski (Bron: Naturwissenschaften im Unterricht Physik/Chemie; Heft 34:Kraftbegriff; Mai 1988; Fachzeitschriften bei Friedrich in Velber in Zusammenarbeit mit Klett, 3016 Seelze) Zu diesem Beitrag Im Basisartikel dieses Themenheftes ist erläutert worden, daß es seit einigen Jahren Bemühungen gibt, den traditionellen Weg zum Kraftbegriff in der Sekundarstufe l zu verändern. Dieser war weitgehend auf den "statischen" Aspekt ("Kräfte können etwas verformt halten") beschränkt und Kraft wurde eher als Vermögen, gewisse Wirkungen zu verursachen, angesehen. "Neue" Wege dagegen tragen von vornherein auch dem "dynamischen" Aspekt Rechnung ("Kräfte können Bewegungen ändern") und Kraft wird als Wechselwirkungsbegriff eingeführt. Im vorliegenden Beitrag wollen wir einen dieser "neuen" Wege aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Zunächst werden zwei Lehrbuchautoren (R. Duit und H. D. v. Zelewski) den Weg vorstellen, den sie in einem Lehrbuch für die Realschule [1] gegangen sind. Aus Lehrersicht beschreiben dann H. Bohr und C. Holzamer Erfahrungen bei der Arbeit mit diesem Lehrbuch. Das Konzept zur Einführung des Wechselwirkungsaspekts in einem Lehrbuch (R. Duit, H.D. von Zelewski) physikalischen Kraftbegriff. Das Augenmerk wird auf das gegenseitige Einwirken von Körpern gerichtet. Diese Idee geben wir den Schülern als erste Orientierung auf dem Weg zum physikalischen Kraftbegriff mit. Angemerkt sei, daß der Begriff des "Körpers" den Schülern aus vorangegangenen Kapiteln des Lehrbuchs bereits bekannt ist. Anhand von Experimenten werden die gegenseitigen Einwirkungen näher herausgearbeitet. Zunächst experimentieren wir mit einer Eisenkugel und einem Stabmagneten (s. Abb. 2). Rollt die Kugel am ruhenden Magneten vorbei, so wird sie deutlich in ihrer Bahn abgelenkt, der Magnet wirkt auf sie ein und "zieht sie an". Daß aber auch die Eisenkugel den Magneten anzieht, erkennt man, wenn man ihn auf Rollen lagert. Nun bewegen die beiden Körper sich aufeinander zu, sie wirken gegenseitig aufeinander ein. Auch ein Radiergummi zeigt uns gegenseitiges Aufeinandereinwirken: Vom Radiergummi lösen sich Teile, das Papier wird aufgerauht. Wenn sich das Konzept des Gegenseitigen-Aufeinander-Einwirkens an einigen überzeugenden Beispielen gefestigt hat, kann man dazu übergehen, es auch dort anzuwenden, wo die "Wechselwirkungspartner" weniger deutlich zu erkennen sind. Ein Stein hängt an einem Faden, der Faden wird durchgeschnitten, der Stein fällt der Erde entgegen (s. Abb. 3). Welche Körper wirken aufeinander ein? Überall um uns herum wirken Körper aufeinander ein, und es treten dabei Kräfte auf. Die Abbildungen zeigen einige Beispiele. So wirken bei einem Unfall Autos aufeinander ein und werden dabei verformt. Auch der Junge und der Expander wirken aufeinanderein. Der Expander wird gedehnt, und der Junge spürt die Anstrengung. Junge und Expander üben dabei Kräfte aufeinander aus. Das folgende Konzept ist für die Realschule und dort für das 7. Schuljahr vorgesehen, also für die erste Begegnung der Schüler mit dem Kraftbegriff. Es scheint uns aber, mit einigen kleinen Änderungen, auch für die anderen Schularten geeignet zu sein. Gegenseitige Einwirkung als Ausgangspunkt Die Texte und Abbildungen, die rechts auf dieser Seite (s. Abb. 1) wiedergegeben sind, dienen in unserem Lehrbuch zur "Einstimmung" der Schüler auf den Das Wort Kraft hat in der Umgangssprache vielerlei Bedeutungen. So sagt man z. B., daß jemand Kraft habe, und meint damit, daß er fähig sei, z. B. schwere Gegenstände zu heben. Wir sprechen sogar von Geistes- oder Sehkraft als Fähigkeiten des Menschen. In der Physik hat das Wort Kraft nur eine Bedeutung: man verwendet es nur in Situationen, in denen Körper aufeinander einwirken. Unterrichtsmodell Hier müssen wir den Schülern sagen, daß die Erde den Stein anzieht und daß der Stein seinerseits die Erde anzieht. Wir argumentieren im Lehrbuch an dieser Stelle wie folgt: Auch der Stein zieht die Erde an: Das klingt merkwürdig, ist aber tatsächlich so. Die Erde hat, verglichen mit dem Stein, eine enorm große Masse. Die kleine Kraft, mit der Erde und Stein aufeinander einwirken, ändert die Bewegung der Erde nur so wenig, daß man das nicht beobachten kann. Wir bemerken deshalb nur, daß der Stein fällt. Beispiele wie die vorstehend aufgeführten führen zur Formulierung der folgenden beiden zusammenfassenden "Merksätze": (1) Das gegenseitige Einwirken von Körpern aufeinander beschreibt man in der Physik durch Kräfte. (2) Das Wirken physikalischer Kräfte zwischen Körpern erkennt man daran, daß Körper verformt werden, daß sie in Bewegung geraten oder daß sich ihre Bewegung ändert. Kräftegleichgewicht Greifen an einem Körper zwei entgegengerichtete Kräfte an, so sind sie gleich groß, wenn der Körper in Ruhe bleibt. Diese Erkenntnis, die in ähnlicher Weise üblicherweise im Physikunterrichtformuliert wird, gibt uns Gelegenheit, das Wechselwirkungskonzept zu vertiefen (s. Abb. 4). Wir gehen aus vom Stein, der an einem Faden hängt.Stein und Erde wirken aufeinander ein. Da der Stein erst fällt, wenn der Faden durchgeschnitten wird, muß eine andere Kraft vorhanden sein, die der Anziehungskraft entgegenwirkt: der Faden muß ebenfalls auf den Stein einwirken. Es ist hier also ein weiterer Wechselwirkungspartner im Spiel. Man erkennt dies deutlicher, wenn man den Faden durch eine Feder ersetzt. Hier wird klar, daß der Stein auf die Feder (Dehnung) und die Feder auf den Stein (Hochhalten) einwirken. Daß auch beim Faden eine kleine Dehnung auftritt, muß man den Schülern hiersagen oderdurch ein Gummiband als "Zwischenstück" verständlich machen. Kraftpfeile Wir unterstützen unser Konzept durch eine konsequente paarweise Verwendung von Kraftpfeilen. Sie greifen an beiden Wechselwirkungspartnern an und sind entgegengesetzt gerichtet (s. die Kraftpfeile in Abb. 5). Weitere Ausarbeitung des Wechselwirkungskonzepts Die Grundlage, die nunmehr gelegt ist, reicht im Prinzip für den Physikunterricht der Sekundarstufe l aus. Das Konzept muß allerdings konsequent weiterbenutzt werden, damit es sich ausschärft und dadurch festigt. Zugestanden sei, daß es Lehrern nicht immer leichtfällt, das Wechselwirkungskonzept konsequent durchzuziehen, da man doch sehr in der gewohnten Terminologie verhaftet ist. Einige Aussagen klingen z. B. zunächst ungewohnt, in manchen Fällen sind sie auch etwas umständlicher als die Aussagen im Rahmen des gewohnten Weges zum Kraftbegriff. H. Bohr und C, Holzamer werden im nachfolgenden Teil auf diese und einige andere Schwierigkeiten zu sprechen kommen. (Fast) ein Erprobungsbericht (H. Bohr, C. Holzamer) Vorgeschichte Auf der Suche nach Möglichkeiten, die Lernschwierigkeiten bei der Einführung und dem Gebrauch des Kraftbegriffes im Physikunterricht der Sekundarstufe l zu verringern, entstand vor zwei Jahren die Vorstellung, die im Lehrbuch "Umwelt: Physik" zugrundegelegte Konzeption der Einführung der Kraft als Wechselwirkungsgröße einmal auszuprobieren. Wir entschlossen uns, dazu anhand des Lehrbuchs - und angepaßt an das schulinterne Curriculum eine Unterrichtsreihe zu konzipieren und durchzuführen. Die Unterrichtsreihe wurde für die Jahrgangsstufe 7 oder 8 geplant und umfaßte 5 Doppelstunden. Sie wurde im Schuljahr 1986/87 einmal in einer 7. Klasse und dreimal in 8. Klassen (nichtdifferenzierte Lerngruppen einer integrierten Gesamtschule) durchgeführt. Der nachfolgende Erprobungsbericht entstand dann eher zufällig denn als vorab geplante Beschreibung der Erprobung dieses Konzeptes. Wir - die Verfasser - haben ihn demzufolge nicht in dieser Absicht geschrieben, sondern sehen ihn eher als Bericht aus der schulischen Praxis, die normalerweise unter ungünstigeren Umständen als eine gut vorbereitete Erprobung abläuft. Dieser Umstand bedeutet u. a.: - Wir haben keine ausführliche Dokumentation und Auswertung der Unterrichtsreihe erstellt. - Wir gehen nicht auf pädagogische und methodische Probleme des Unterrichts in undifferenzierten Lerngruppen an intergrierten Gesamtschulen ein. - Wir betrachten unser Vorgehen als Bei- spiel dafür, wie neue Konzeptionen aus Lehrbüchern von Lehrern in Unterrichtspraxis umgesetzt werden und welche Probleme sich dabei ergeben können. Kurzbeschreibung 1. Doppelstunde Der Lehrer stellte das Thema kurz vor. Zunächst sollten die Schülerinnen und Schüler Worte und Situationen aufschreiben, die sie mit dem Wort "Kraft" assoziieren. Nach dem Erstellen der Wortliste an der Tafel wurde der Lehrbuchtext (s. in Abb. 1) gelesen und anhand der Bilder geklärt, was damit gemeint ist. Ein entsprechender Merksatz wurde aufgeschrieben. Daran anschließend wurde die Wortliste der Schüler unter diesem Aspekt betrachtet, um physikalischen und nichtphysikalischen Gebrauch des Wortes Kraft zu unterscheiden. Es blieben meist nur Worte wie Muskelkraft, Magnetkraft, Schubkraft u.a. übrig, wobei in manchen Fällen nicht sofort entschieden werden konnte (z. B. "Waschkraft": Das Waschmittel wirkt auf die Wäsche ein!).Diese Situation führte zu der Frage: Woran erkennen wir, ob zwei Körper aufeinander einwirken? Dazu wurden folgende Schülerversuche (z. T. arbeitsteilig) durchgeführt: - Eine Eisenkugel rollt an einem Stabmagneten vorbei (vgl. Abb. 2). - Stabmagnet und Eisenstück auf Rollen werden einander genähert (vgl. Abb. 2). - Ein Radiergummi reibt über Papier. - Zwei Plastikfolien werden aneinander gerieben. - Eine Schraubenfeder wird gedehnt. - Eine magnetisierte und eine nichtmagnetisierte Büroklammer werden neben einander aufgehängt und einander genähert. Die Berichte der einzelnen Schülergruppen ergaben in etwa die auch im Lehrbuch angegebenen Aussagen. 2. Doppelstunde Nach einer kurzen Wiederholung wurde Bezug auf die Gruppenberichte genommen. Um die bislang gewonnenen Einsichten zu stabilisieren und den Sprachgebrauch zu festigen, bearbeiteten die Schüler ein Arbeitsblatt, das neun verschiedene Situationen des gegenseitigen Einwirkens von Körpern zeigte (Schrottpresse, Kopfball beim Fußballspiel, Junge mit Expander, 3 Personen schieben ein Auto an, ein Auto überholt ein anderes, Junge fährt Fahrrad, Kugelstoßer, Torwart fängt Ball, Bobfahrer schieben den Bob an). Sie sollten die jeweils aufeinander einwirkenden Körper benennen und anhand vorformulierter Sätze entscheiden, welche davon für zwei vorgegebene Gruppen von Abbil- dungen zutreffen. Um weitere physikalische Kräfte kennenzulernen, lenkte der Lehrer durch einen kleinen Freihandversuch (große Knetkugel fällt aus 2 m Höhe zu Boden) die Aufmerksamkeit auf die Gewichtskraft. Fast alle Lernenden konnten auf Nachfrage erkennen und ausdrücken, daß eine Kraft wirken muß. Einige warteten auch schon mit dem Begriff "Massenanziehung" auf. Diese Einsicht wurde durch Lesen des Lehrbuchtextes (s. o.) und Betrachten der entsprechenden Abbildung gefestigt. Anschließend wurde daran die Möglichkeit erörtert, Kräfte zeichnerisch durch Pfeile zu kennzeichnen, wobei immer Pfeile an beide Körper gezeichnet wurden. Die Schülerinnen und Schüler übten dies an drei weiteren Beispielen, indem sie entsprechende Skizzen anfertigten. 3. Doppelstunde In dieser Unterrichtssequenz lernten die Schülerinnen und Schüler die Krafteinheit 1 N und den Federkraftmesser als entsprechendes Meßgerät kennen. Etliche fragten ziemlich schnell nach, wieso das nötig sei, da es doch die Einheit 1 kg für Gewichte schon gäbe. Der Lehrer betonte die Bedeutung und Schwierigkeit dieser Frage und verwies auf die nächste Stunde. Anschließend hatten die Lernenden Gelegenheit, Kräfte zu messen und zu vergleichen (z. B. Muskelkräfte von Armen und Fingern, Kraft zum Drücken einer Türklinke, Kraft zwi- sehen Hufeisenmagnet und Eisenstück, Zerreißproben für Fäden und Haare, Gewichtskraft verschiedener Körper). 4. Doppelstunde Die Tatsache, daß auf einen Körper der Masse 1 kg die Gewichtskraft 10 N wirkt, hatte in der vorhergehenden Stunde zur Frage nach dem Sinn dieser Unterscheidung Anlaß gegeben. Wir gingen hier unterschiedlich vor: a) Wir versuchten zunächst auf dem üblichen Wege (Masse im Sinne von Menge, obwohl das nicht ganz korrekt ist, vgl. Basisartikel), den Unterschied herauszuarbeiten. Dabei erwies sich das Wechselwirkungsprinzip als sehr hilfreich: Neben dem anschaulichen Aspekt (etwa beim Vergleich "Masse und Gewichtskraft auf Erde und Mond") stellte sich auch für viele Schüler heraus, daß die Gewichtskraft die Folge des Einwirkens zweier Körper ist: ein Körper hat immer eine Masse, eine Gewichtskraft stellt sich erst ein, wenn er sich auf einem Himmelskörper befindet. Für beide Größen gibt es demzufolge auch unterschiedliche Meßgeräte. Diese Erkenntnisse konnten die Lernenden anhand eines Arbeitsblattes "Gewichtskraft und Masse auf verschiedenen Himmelskörpern" stabilisieren. b) In einer Lerngruppe, indersich etliche Schülerinnen und Schüler nicht mit dieser Unterscheidung zufriedengeben wollten, wurde in einem zweiten Schritt Unterrichtsmodell versucht, die Trägheit als besondere Eigenschaft von Körpern genauer herauszuarbeiten. Dazu wurde auf den entsprechenden Lehrbuchtext (s. Abb. 6) zurückgegriffen. Andererseits wurde die Massenanziehung näher erörtert (z. B. daß sie von der Entfernung der beiden Körper abhängt). In dieser Lerngruppe brauchten wir dadurch eine Unterrichtsstunde mehr. Ein Körper ändert seine Bewegung nicht, solange kein anderer Körper auf ihn einwirkt. Immer wenn ein Körper seine Bewegung ändert, wirkt ein anderer auf ihn ein. Abb. 6: Lehrbuchtext zur Trägheit Wir hatten aber in allen Lerngruppen den Eindruck, daß es uns bei vielen Schülerinnen und Schülern nicht gelungen war, den Sinn der Unterscheidung dauerhaft transparent zu machen. 5. Doppelstunde Ausgehend von der im Lehrbuch beschriebenen Situation (Fahrzeuge bleiben stehen, wenn sie nicht mehr angetrieben werden), sollten die Schüler die Reibung als Kraft erkennen (sie bremst die Bewegung des Körpers), was vielen zunächst erhebliche Schwierigkeiten bereitete. Am Beispiel der Bremsen wurde anschließend erörtert, wie sich die Reibung vergrößern oder verkleinern läßt. Um dies näher zu untersuchen, wurden entsprechende Versuche zur Haft-, Gleit- und Rollreibung durchgeführt (arbeitsteilig). Als Ergebnis wurde die Reihenfolge Haftreibungskraft > Gleitreibungskraft > Rollreibungskraft herausgestellt. Um zu einer etwas tiefergehenden Erklärung für diese Unterschiede zu gelangen, wurde das übliche mikroskopische Modell (Verhaken der Auflageflächen) herangezogen. Abschließend wurde ein Lehrbuchtext zu erwünschter und unerwünschter Reibung gelesen und Rückfragen zu den einzelnen Beispielen erörtert. Kritische Würdigung (1) Zur Unterrichtsreihe Wir haben mit Absicht versucht, die Unterrichtsreihe sehr kompakt anzulegen, da das Gebiet Mechanik in der Sekundarstufe l bei den Schülerinnen und Schülern noch nie beliebt war und wir auch große Zweifel daran hatten, ob das Trägheitsprinzip in der Jahrgangsstufe 7 oder 8 den meisten unserer Schüler vermittelbar ist. Nach unseren Beobachtungen und Erfahrungen wurden einige Verbesserungen erzielt, aber insgesamt bleibt das Gebiet nach wie vor nicht sonderlich interessant für die Schüler. Beim nächsten Mal werden wir vielleicht noch folgendes ändern: -die Trägheit von Körpern von vorneweg stärker betonen und gründlicher herausarbeiten. Allerdings sind wir geteilter Ansicht, ob dies z. B. hinsichtlich Gewichtskraft und Masse wirklich Lernschwierigkeiten beseitigt oder eher neue aufbaut. - für die Reibungskräfte ebenfalls etwas mehr Zeit nehmen, da vielen Schülern z.B. die Aufteilung in drei Arten so schnell nicht klarzumachen zu sein scheint. Damit würde sich der Stundenbedarf auf 6 bis 7 Doppelstunden erhöhen. (2)Zum Konzept Nach unseren Erfahrungen hat sich die Einführung der Kraft als Wechselwirkungsgröße als überraschend tragfähiges Konzept herausgestellt. Allerdings bereitete die sprachliche Fassung dieser Einsicht den meisten Schülern zunächst Schwierigkeiten, vor allen Dingen deswegen, weil "Kräfte" eben keine konkreten, "handelnden" Objekte sind, sondern Abstraktionen, meist "Ursachen" bestimmter "Wirkungen". Die Tatsache des gegenseitigen Einwirkens von Körpern ist den Lernenden zunächst durchaus neu. Die meisten sagen spontan: Der Magnet zieht die Eisenkugel an, nicht aber umgekehrt (weil sie den Magneten eben als den "aktiven" Teil des Systems betrachten). Anschließend ist dieser Umstand plausibel und hilfreich, aber sprachlich aufwendig. Auch für uns Lehrer ergaben sich einige Sprachprobleme, da wir oft versucht waren, in die bisher übliche Sprechweise (Kräfte als "handelnde" Objekte) zu verfallen und auch so zu argumentieren. Im Lehrbuch ist der eingeschlagene Weg nach unserer Meinung auch nicht konsequent verfolgt, da bei der Kräftegleichheit genau diese Schwierigkeit auftaucht. In Situationen, in denen man es mit mehr als zwei Körpern zu tun hat, läßt sich das Konzept ebenfalls durchhalten; Schwierigkeiten ergeben sich allerdings, wenn man die entsprechenden Kraftpfeile einzeichnen will - es wird ein bißchen unübersichtlich. Will man später auf die übliche Vektoraddition von Kräften hinaus, muß ein entsprechender Übergang zu der vereinfachenden Betrachtungsweise vorgenommen werden. Auch beim Verständnis der Gewichtskraft bringt das Konzept Verbesserungen: Den meisten Schülern fiel es nicht schwer, die Situation zu durchschauen. Allerdings sind damit die Probleme bei der Unterscheidung Masse - Gewichtskraft noch nicht ganz behoben, da der Begriff Masse eben außerhalb des Konzeptrahmens liegt. Das gleiche gilt für die Frage, ob das Trägheitsprinzip schon in Jahrgangsstufe 7 oder 8 sinnvoll und für die meisten Schüler verständlich vermittelt werden kann. Insgesamt sind unsere Erfahrungen positiv, so daß wir dieses Konzept beibehalten und inhaltlich und unterrichtsmethodisch weiterentwickeln möchten. Literatur [1] Umwelt: physik. Stuttgart: Klett, 1983