Die Entdeckung des Positrons Felix Krüger TU Dresden 18.10.2006 Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 1 / 41 Gliederung 1 Historisches Vorhersage des Positrons Experimenteller Beweis 2 Theoretische Vorhersage Diracgleichung Interpretation der Lösung 3 Das Experiment Kosmische Strahlung Aufbau und Funktionsweise Analyse der Teilchenspuren Analyse eines Events Andersons Ausblicke Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 2 / 41 Historisches Vorhersage des Positrons Vorhersage des Positrons 1926 bis 1932 Paul Dirac arbeitet an der relativistischen Quantenmechanik 1930 postuliert er die Existenz des Positrons Nach dem experimentellen Beweis erhält er 1933 den Nobelpreis der Physik Abbildung: Paul Dirac Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 3 / 41 Historisches Experimenteller Beweis Experimenteller Beweis 1926 bis 1929 promoviert Carl D. Anderson am California Institut of Technology (Caltech) untersucht von Röntgenstrahlen erzeugte Photoelektronen lernt den Umgang mit Nebelkammern 1930 erhält er von Dr. Millikan den Auftrag die kosmische Strahlung zu untersuchen Anfang 1932 erste Fotografien von Teilchenspuren aus kosmischer Strahlung zeitgleich bauen Blackett und Occhialini ihre Nebelkammer die mit Geigerzählern getriggert wird Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron Abbildung: Carl D. Anderson 18.10.2006 4 / 41 Historisches Experimenteller Beweis 1932 baut Anderson seine Nebelkammer um Am 1. September 1932 veröffentlicht Anderson sein ersten Artikel zur Endeckung des Positron 1933 veröffentlichen Blackett und Occhialini ihre Resultate 1936 erhält Anderson den Nobelpreis Abbildung: Anderson (links) und Milikan Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 5 / 41 Historisches Felix Krüger (TU Dresden) Experimenteller Beweis Das positive Elektron 18.10.2006 6 / 41 Theoretische Vorhersage Diracgleichung Diracgleichung Relativistische Wellengleichung für massive Teilchen mit Spin 1/2 (i~γ µ∂µ − mc)ψ = 0 Gammamatrizen: γ µ = (γ 0 , γ i ) := (β, βαi ) 0 1 0 0 i i γ =β= γ = βα = 0 −1 −σi σi 0 Mit σi als Paulimatrizen Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 7 / 41 Theoretische Vorhersage Diracgleichung Lösung für freies Teilchen i i ψ = e− ~ pµ x φ = e− ~ (p·r −Et ) φ Ansatz: µ ~~ Lösung: p E = ± c 2~p2 + m2c 4 = ηε φ++ mit 1 0 =N A , φ+− = N 0 A= c~k ε+mc 2 Felix Krüger (TU Dresden) und 0 1 , φ =N 0 −+ −A N=√ −A 0 , φ = N 1 ++ 0 0 A 0 1 1 1+A2 Das positive Elektron 18.10.2006 8 / 41 Theoretische Vorhersage Interpretation der Lösung Die Existenz der Lösung von negativer Energie führt in der Einteilchentheorie zu Schwierigkeiten E Elektron rutscht durch Strahlenübergänge immer tiefer Übergangswahrscheinlichkeit unendlich Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron mc² Positives Energiekontinuum 0 −mc² jedes Atom wäre instabil (Stahlungskatastrophe) Negatives Energiekontinuum 18.10.2006 9 / 41 Theoretische Vorhersage Interpretation der Lösung Lösung: Vielteilchentheorie Vakuumzustand I I I E reale Elektronen fehlen nur Zustände mit negativer Energie sind besetzt tiefste stabile Zustand der realisierbar ist negatives Kontinuum wird Diracsee genannt mc² 0 −mc² Pauliprinzip verbietet Strahlungskatastrophe Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 10 / 41 Theoretische Vorhersage Interpretation der Lösung E Elektron negativer Energie kann Stahlung absorbieren Elektron mc² ~ω > 2me c 2 0 reales Elektron Loch im Diracsee (Positron) I I I Loch (Positron) positive Ladung me+ = me− positive Energie Felix Krüger (TU Dresden) Photon −mc² Das positive Elektron 18.10.2006 11 / 41 Das Experiment Kosmische Strahlung Kosmische Strahlung 1912 von Victor Hess enteckt I I Ballonflügen über 5000m nur als ionisierende Strahlung Zusammensetzung I Primärstrahlung F F F I 98% Protonen und andere Atomkerne 2% Elektronen Energien von 1keV bis 1017 keV Sekundärstrahlung Ursprung I I niederenergetische Teilchen stammen von der Sonne Supernovaexplosionen Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 12 / 41 Das Experiment Kosmische Strahlung Sekundärstrahlung Primärstrahlung π γ e π γ e+ 0 + − µ + − π e+− P Das positive Elektron p nn np n N p p − Felix Krüger (TU Dresden) N p 18.10.2006 13 / 41 Das Experiment Aufbau und Funktionsweise Versuchsaufbau des Experiments von Anderson Nebelkammer Spulen Kamera Homogenes Magnetfeld (bis zu 25000 Gauss) Wassergekühlte Spulen Polschuhe Polschuhe aus hochwertigem Eisen Blende Glühbirne Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 14 / 41 Das Experiment Aufbau und Funktionsweise Abbildung: C. Anderson bei der Arbeit am Elektromagneten seiner Nebelkammer [Spur] Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 15 / 41 Das Experiment Aufbau und Funktionsweise Funktionsweise einer Expansionsnebelkammer Kamera Glasplatte Licht Stempel ze Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 16 / 41 Das Experiment Aufbau und Funktionsweise Normalzustand Felix Krüger (TU Dresden) es entstehen Kondensationskerne durchfliegendes Teilchen ionisiert Moleküle des Gas-Dampf-Gemisches Das positive Elektron 18.10.2006 17 / 41 Das Experiment Aufbau und Funktionsweise expandierter Zustand durch schnelle Stempelbewegung Volumen vergrößert adiabatische Abkühlung des Gas-Dampf-Gemisches Felix Krüger (TU Dresden) Dampf liegt jetzt im übersättigten Zustand vor an den Ladungsträgern bilden sich Tropfen aus Tropfen werden beleuchtet und photografiert Das positive Elektron 18.10.2006 18 / 41 Nebelkammerdruck Aufbau und Funktionsweise Tröpfchenwachstum ~100ms Rekompression Expansion ~ 20ms Das Experiment Erholungs− phase ~1−10min Zeit Abbildung: Zeitdiagramm einer Expansionsnebelkammer Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 19 / 41 Das Experiment Aufbau und Funktionsweise Nebelkammer von C.Anderson 14 cm Durchmesser - 1 cm dick 6 mm dicke Bleiplatte Teilchenspuren sind ober- und unterhalb der Platte zu sehen Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 20 / 41 Das Experiment Analyse der Teilchenspuren Analyse der Teilchenspuren Was für Informationen kann man der Teilchenspur entnehmen? Homogenes Magnetfeld R Ablenkrichtung im Magnetfeld Krümmungsradius der Bahn im Magnetfeld Energieverlust des Teilchens I Teilchenspur I I Reichweite Änderung des Krümmungsradius Ionisation R Vielfachstreung Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 21 / 41 Das Experiment Analyse der Teilchenspuren Die Ablenkrichtung gibt Auskunft über das Vorzeichen der Ladung des Teilchens ~ ~ Lorentz = q(~v × B) F e− e+ Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 22 / 41 Das Experiment Analyse der Teilchenspuren Der Krümmungsradius gibt Auskunft über das Verhältnis von Impuls und Ladung ~ Lorentz | = |F ~ Zentrifugal | |F qvB = mv 2 R =⇒ B·R = mv q s Wie kann R bestimmt werden? R Sagitta: 2 s = R(1 − cos ϕ2 ) ≈ R ϕ8 L 2R =⇒ = sin ϕ2 ≈ R= Felix Krüger (TU Dresden) ϕ 2 L ϕ R L2 (8·s) Das positive Elektron 18.10.2006 23 / 41 Das Experiment Analyse der Teilchenspuren Der Energieverlust gibt Auskunft über die Geschwindigkeit des Teilchens e2 q 2 2me v 2 v2 dE − c2 − dx = 4πN me v 2 ln Bethe-Bloch (1930) v2 I(1− c2 ) Ionisation kann mit Fotos verglichen werden (Tröpfchendichte) Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 24 / 41 Das Experiment Analyse der Teilchenspuren die Streuung erlaubt Rückschlüsse auf Masse, Impuls und Ladung θproj = √ < θ2 > = 13.6MeV βcp z q x Xo [1 + 0.038 ln Xx0 ] X0 .. Dicke des Mediums in Einheiten der Strahlungslänge x Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron θ 18.10.2006 25 / 41 Das Experiment Analyse eines Events Abbildung: Erster Nachweis des Positrons [Phys.Rev.43 S.419] Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 26 / 41 Das Experiment Felix Krüger (TU Dresden) Analyse eines Events Das positive Elektron 18.10.2006 27 / 41 Das Experiment Felix Krüger (TU Dresden) Analyse eines Events Das positive Elektron 18.10.2006 28 / 41 Das Experiment Felix Krüger (TU Dresden) Analyse eines Events Das positive Elektron 18.10.2006 29 / 41 Das Experiment Analyse eines Events Analyse des Events Diese Aufnahme wurde bei 15000 Gauss = 1,5 T aufgenommen und Magnetfeld zeigt in die Bildebene hinein Im oberen Bereich R = 5cm B · R = 7.5 · 104 Gauss · cm Spurlänge etwa 5cm Im unteren Bereich R = 14cm B · R = 2.1 · 105 Gauss·cm Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 30 / 41 Das Experiment Analyse eines Events Welche Interpretationen sind möglich? ein positives Teilchen mit kleiner Masse durchquert die Bleiplatte und verliert zwei Drittel seiner Energie zwei leichte Teilchen entgegengesetzter Ladung verlassen in unterschiedlicher Richtung die Platte ein Elektron mit einer Energie von ca. 20 MeV durchfliegt die Platte und verlässt sie mit ca. 60 MeV Energie zwei geladene Teilchen hinterlassen Spuren die so aussehen als wäre es eine Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 31 / 41 Das Experiment Analyse eines Events Welche Interpretationen sind möglich? ein positives Teilchen mit kleiner Masse durchquert die Bleiplatte und verliert zwei Drittel seiner Energie zwei leichte Teilchen entgegengesetzter Ladung verlassen in unterschiedlicher Richtung die Platte ein Elektron mit einer Energie von ca. 20 MeV durchfliegt die Platte und verlässt sie mit ca. 60 MeV Energie zwei geladene Teilchen hinterlassen Spuren die so aussehen als wäre es eine Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 31 / 41 Das Experiment Analyse eines Events Welche Interpretationen sind möglich? ein positives Teilchen mit kleiner Masse durchquert die Bleiplatte und verliert zwei Drittel seiner Energie zwei leichte Teilchen entgegengesetzter Ladung verlassen in unterschiedlicher Richtung die Platte ein Elektron mit einer Energie von ca. 20 MeV durchfliegt die Platte und verlässt sie mit ca. 60 MeV Energie zwei geladene Teilchen hinterlassen Spuren die so aussehen als wäre es eine Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 31 / 41 Das Experiment Analyse eines Events Welche Interpretationen sind möglich? ein positives Teilchen mit kleiner Masse durchquert die Bleiplatte und verliert zwei Drittel seiner Energie zwei leichte Teilchen entgegengesetzter Ladung verlassen in unterschiedlicher Richtung die Platte ein Elektron mit einer Energie von ca. 20 MeV durchfliegt die Platte und verlässt sie mit ca. 60 MeV Energie zwei geladene Teilchen hinterlassen Spuren die so aussehen als wäre es eine Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 31 / 41 Das Experiment Analyse eines Events letzten beiden Möglichkeiten sind auszuschließen weil: Kein Teilchern nimmt Energie auf wenn es Materie durchfliegt eins von 500 Bildern mit so scharfen Spuren =⇒ unwahrscheinlich, dass gerade zwei Teilchen so eine Spur hinterlassen Warum muss es sich um leichte Teilchen und nicht um Protonen handeln? Wenn Proton dann ist die Masse festgelegt =⇒ Energie festgelegt p e ≈ 7, 5 Tcm entspricht E ≈ 300 keV Proton mit der Energie hat Reichweite von 5mm in Luft nicht 5cm Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 32 / 41 Das Experiment Streuung Analyse eines Events Ionisation Energieverlust Vergleich mit Werten für Elektronen Ladung nicht größer als 2x Elementarladung Streuung Ablenkung in der Bleiplatte etwa 8◦ vergleichbar mit Werten für Elektron (4, 9◦ bei 100 MeV) Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 33 / 41 Das Experiment Streuung Analyse eines Events Ionisation Energieverlust Vergleich mit Werten für Elektronen Ladung nicht größer als 2x Elementarladung Ionisation nicht direkt gemessen Vergleich mit vielen Bildern von schnellen und langsamen Elektronen Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 34 / 41 Das Experiment Streuung Analyse eines Events Ionisation Energieverlust Vergleich mit Werten für Elektronen Ladung etwa Elementarladung Ladung nicht größer als 2x Elementarladung Masse nicht größer als 20x Elektronenmasse Energieverlust Energieverlust etwa 2/3 der Ausgangsenergie für schwere Teilchen ist dieser Wert zu klein Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 35 / 41 Das Experiment Streuung Analyse eines Events Ionisation Vergleich mit Werten für Elektronen Energieverlust Masse etwa Elektronenmasse Ladung nicht größer als 2x Elementarladung Ladung etwa Elementarladung Masse nicht größer als 20x Elektronenmasse Energieverlust Energieverlust 63MeV/cm für Elektronenmasse und Ausgangsenergie von 63MeV Werte für Elektronen vergleichbar (35MeV/cm bei 100MeV) Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 36 / 41 Das Experiment Analyse eines Events Zusammenfassung positives Teilchen mit etwa Elementarladung und Elektronenmasse fliegt mit 63MeV ein fliegt mit 23MeV aus Somit ist die Existenz von positiven Teilchen, die leichter sind als Protonen, bewiesen. Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 37 / 41 Das Experiment Analyse eines Events Bis Februar 1933: 1300 Fotografien von Teilchenspuren 15 als Positron identifiziert 600 - 700 Spuren von positiven Teilchen in den meisten Fällen könnten es Protonen sein Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 38 / 41 Das Experiment Andersons Ausblicke Andersons Ausblicke Positron entsteht im Atomkern Neutron = Proton + Elektron =⇒ Proton = Neutron + Positron =⇒ negatives Proton = Neutron + Elektron Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 39 / 41 Das Experiment Andersons Ausblicke Carl D. Anderson, The Positive Electron, Phys.Rev.43 (1933) 491 Carl D. Anderson, Energie-loss and scattering of cosmic-ray particels, Phys.Rev.43 (1933) 381 Carl D. Anderson, The Apparent Existence Of Easily Deflectable Positives, Science Vol 76 No 1967 (1933) 238 Close / Marten / Sutton, Spurensuche im Teilchenzoo, Spektrum (1989) 2. Auflage 1998 Gordan Fraser The Particle Century Institute of Physics Publishing (1998) Y. Sekido / H. Elliot Early History of Cosmic Ray Studies D. Reidel Puplishing Company (1985) Walter Greiner Relativistische Quantenmechanik Verlag Harri Deutsch (1981) Claus Grupen Teilchendetektoren Wissenschaftsverlag (1993) Felix Krüger (TU Dresden) Das positive Elektron 18.10.2006 40 / 41 Das Experiment Felix Krüger (TU Dresden) Andersons Ausblicke Das positive Elektron 18.10.2006 41 / 41