Mikrobiologische Diagnostik Bakteriologie - Mykologie - Virologie - Parasitologie Bearbeitet von Birgid Neumeister, Heinrich K. Geiss, Rüdiger Braun, Peter Kimmig überarbeitet 2009. Buch. XXXI, 1216 S. Hardcover ISBN 978 3 13 743602 7 Format (B x L): 19,5 x 27 cm Gewicht: 3440 g Weitere Fachgebiete > Medizin > Human-Medizin, Gesundheitswesen > Medizinische Diagnostik, DRG-Konzept , Gutachten Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 33 33Erreger importierter Systemmykosen Kathrin Tintelnot 33.1 33.1.1 Einleitung Die Gruppe der Erreger importierter Systemmykosen umfasst die vier Gattungen Blastomyces, Histoplasma, Coccidioides und Paracoccidioides aus der Familie der Onygenaceae, die als primär pathogene Organismen der Risikogruppe (RG) 3 zuzuordnen sind, und Penicillium marneffei (RG 2). Diesen Pilzen gemeinsam ist ihr In-vivo- und In-vitro-Dimorphismus. Mit Ausnahme von Coccidioides spp. zeigen die Organismen auch einen temperaturabhängigen Dimorphismus in vitro; sie wachsen als Hefe bei 37 °C und als Hyphomyzet bei 26 °C. Keiner der genannten Organismen gehört zur Standortflora des Menschen, so dass ein direkter Nachweis aus menschlichem Untersuchungsmaterial immer als Erregernachweis bewertet werden kann. Infektionen durch diese Erreger werden praktisch immer per inhalationem erworben. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch scheidet als Infektionsweg aus. ! Aufgrund der hochgradigen Gefährdung des Labor- personals durch die saprophytäre Phase von Pilzen der Risikogruppe 3 ist jeglicher Verdacht auf eine solche Infektion dem untersuchenden Labor durch den behandelnden Arzt mitzuteilen. Der Transport von Untersuchungsmaterial muss zügig erfolgen: Die Vitalität der Erreger kann einerseits auch bei Lagerung auf Eis abnehmen, andererseits ist bei längeren Transportzeiten bei Umgebungstemperaturen ein Übergang der Erreger von der parasitären (Gewebephase) zur saprophytären Phase möglich, was zu Fehlinterpretationen beim direkten mikroskopischen Erregernachweis führen kann. ! Die Kulturen sind wegen der hohen Infektiosität der Sporen der Myzelphase der RG-3-Erreger und wegen der Austrocknungsgefahr bei längeren Inkubationszeiten in Schrägagarröhrchen mit Stopfen und nicht in Petri-Schalen anzulegen. Bei der Diagnostik hat sich ein Wandel vollzogen: Intrakutantests, wie sie vor mehreren Jahren noch in Endemiegebieten zur Erfassung der Durchseuchungsrate und außerhalb von Endemiegebieten zu diagnostischen Zwecken eingesetzt wurden, stehen nicht mehr zur Verfügung. Dafür beschleunigen molekularbiologische Methoden, die bislang jedoch nur in wenigen Forschungslaboratorien durchgeführt werden, den Direktnachweis dieser Erregergruppe. Tierversuche als zusätzliche diagnostische Maßnahme sind aufgrund des möglichen Erregernachweises mittels PCR und Sequenzierung heute nicht mehr vertretbar. Sensibilitätsprüfungen gegenüber Antimykotika werden bei Erregern importierter Systemmykosen mit Ausnahme von Penicillium marneffei aufgrund der erschwerten Bedingungen einer In-vitro-Testung im L3-Labor und des hohen Infektionsrisikos routinemäßig nicht durchgeführt. 33.1.2 Blastomyces dermatitidis ■■ Beschreibung des Genus Blastomyces dermatitidis (teleomorph: Ajellomyces dermatitidis) ist die einzige Art innerhalb der Gattung Blastomyces und molekulargenetisch eng verwandt mit Histoplasma capsulatum sowie Paracoccidioides brasiliensis. Der Erreger wächst als Hefe in vivo und als Hyphomyzet bei Umgebungstemperaturen. Die ökologische Nische von Blastomyces dermatitidis ist nicht eindeutig bekannt, Isolate stammen aus feuchten sauren Bodenproben entlang von Gewässern, an denen infizierte Tiere leben. ■■ Einführung zum Erreger Blastomykose. Blastomyces dermatitidis ist der Erreger der Blastomykose. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 3 Wochen und mehreren Monaten. Nach Sporeninhalation kann sich zunächst eine akute Pneumonie mit hohem Fieber, Husten und lobären Infiltraten entwickeln, die Primärinfektion verläuft jedoch bei etwa 50 % der Patienten asymptomatisch. Unbehandelt gehen manche Infektionen in das Stadium einer chronisch‑granulomatösen Infektion mit chronischer Pneumonie und herdförmigem Befall von Haut, seltener auch Skelett, Leber und ZNS über. Endemiegebiete. Sie befinden sich in Nordamerika (Staaten des mittleren Westens und Ostens, insbesondere in den Flussniederungen des Mississippi, Missouri und Ohio und an der Westküste des Lake Michigan) in Lateinamerika, Afrika (Demokratische Republik Kongo, Tansania, Südafrika u. a.), Indien, Israel und Saudi-Arabien. Aufgrund der Verbreitung des Erregers ist die Bezeichnung „nordamerikanische Blastomykose“ obsolet. Die Endemiegebiete von Blastomyces dermatitidis sind in den USA 719 aus: Neumeister u.a., Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG 33 Erreger importierter Systemmykosen ähnlich denjenigen von Histoplasma capsulatum. Bei Kaniden und Feliden in Endemiegebieten ist Blastomyces dermatitidis ein bedeutender Infektionserreger. ■■ Untersuchungsmaterial: Gewinnung, Transport, Lagerung Als Untersuchungsmaterial eignen sich wiederholte Sputen und BAL, transthorakale Feinnadelbiopsien, Gewebeproben von Hautinfiltraten, Aspirate tiefer liegender Abszesse, Liquor und gegebenenfalls auch Hirnbiopsate. Besondere Transportbedingungen sind nicht erforderlich (siehe jedoch „Einleitung“, S. 719). ■■ Gang der Untersuchung Direktnachweis Ein mikroskopischer Direktnachweis von Blastomyces dermatitidis aus Biopsaten, zum Beispiel der Haut, kann nativ in einem mit 10 % KOH oder auch in Kombination mit einem optischen Aufheller versetzten Gewebestückchen auf einem Objektträger mit Deckglas erfolgen. Bei reduziertem Licht (Blende) erscheinen die rund bis ovalen Mutter- und Tochterzellen von Blastomyces dermatitidis dickwandig und stark lichtbrechend. In der Regel ist für den Nachweis in Originalmaterial jedoch eine Versilberung notwendig. Die parasitäre Phase zeigt unterschiedlich große Hefen (Größe: 5–18 μm), die singulär und breitbasig sprossen. Im histologischen Präparat finden sich typischerweise granulomatöse Veränderungen mit Riesenzellen. (Abb. 33.1). Differenzialdiagnostisch ist die Hefephase von Blastomyces dermatitidis vor allem von Cryptococcus neoformans und Paracoccidioides brasiliensis (siehe dort) abzugrenzen. Isolierung von Chloramphenicol (50 µg/ml Substrat) oder Streptomycin – Penicillin zu empfehlen. Blastomyces dermatitidis ist empfindlich gegenüber Cycloheximid, die Hefephase bei 37 °C mehr als die Myzelphase: Kulturen auf Selektivmedien mit Cycloheximid müssen daher immer parallel zu Kulturen ohne Antibiotikazusatz angelegt und über einen Zeitraum von bis zu 8 Wochen beobachtet werden. Identifizierung Die langsam wachsenden Kolonien der Myzelphase (bei 26–30 °C) sind zunächst wachsartig-ledrig, weiß bis cremefarben und entwickeln allmählich ein watteartiges Luftmyzel, die Oberfläche des Thallus kann Radiärfurchen entwickeln und hellbraun werden. Das mikroskopische Präparat der Myzelphase (Abb. 33.2) zeigt unterschiedlich breite, septierte Hyphen mit 3–5 µm großen dünnwandigen rundovalen Konidien, die den Hyphen direkt aufsitzen oder an seitlichen kurzen Stielchen (Sterigmen) sitzen. Sofern zunächst nur eine Kultur bei 26 °C angelegt wurde, wird zum Beleg eines Blastomyces-Nachweises mit traditionellen Verfahren die Konversion der Myzel- in die Hefephase bei 37 °C durch Subkultivierung auf BHI-Agar mit Schafsblut gefordert. Das mikroskopische Bild ähnelt dann dem von Blastomyces dermatitidis im Gewebe mit etwa 15 µm großen einzelsprossenden pleomorphen Hefezellen, auch hier ist die Verbindung Mutter-Tochter-Zelle breitbasig (ca. 4–5 μm). Mittels einer Gensonde AccuProbe Blastomyces dermatitidis (Gen-Probe, San Diego/USA) ist die Identifizierung einer Kultur von Blastomyces dermatitidis innerhalb von 1–2 Stunden möglich. ■■ Sensibilitätsprüfung Siehe „Einleitung“, S. 719 ■■ Serologischer Antikörpernachweis Der kulturelle Nachweis erfolgt nach frühestens 10- bis 21-tägiger Inkubation auf Sabouraud-Glukose-Agar und Hirn-Herz-Infusionsagar (BHI-Agar) mit Zusatz von Schafblut bei 26–30 °C und bei 37 °C. Bei Untersuchungsmaterial aus primär nicht sterilen Kompartimenten ist ein Zusatz Ein Antikörpernachweis gegen Blastomyces-dermatidisAntigene ist mittels Immundiffusionstest (ID), Komplementbindungsreaktion oder Enzymimmunoassay möglich. Aufgrund der niedrigen Sensitivität (40 % positiv im Abb. 33.1 Blastomyces dermatitidis im Gewebe mit breitbasiger Sprossung.(Versilberung) Abb. 33.2 Myzelphase von Blastomyces dermatitidis (Kultur bei 26 °C). 720 aus: Neumeister u.a., Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG Dermatophyten ID bei pulmonaler Blastomykose) ist der direkte Erregernachweis zu bevorzugen (nahezu 100 % bei florider pulmonaler Infektion aus BAL). ■■ Tipps für die Antimykotikaberatung Itraconazol ist das Mittel der Wahl; bei lebensbedrohlicher Infektion initial Amphotericin B, anschließend Itraconazol, bei ZNS-Manifestation auch Voriconazol. 33 Meningen. Die disseminierte Histoplasmose ist eine AIDSdefinierende Erkrankung. ! Aufgrund der Überlebensfähigkeit von Histoplasma capsulatum im retikuloendothelialen System (RES) sind Reaktivierungen – auch nach Jahrzehnten – möglich. ■■ Untersuchungsmaterial: Gewinnung, Transport, Lagerung 33.1.3 Histoplasma capsulatum ■■ Beschreibung des Genus Histoplasma capsulatum (teleomorph: Ajellomyces capsulatus) ist ein dimorpher Pilz, der in seiner parasitären Phase als Hefe, in der saprophytären Phase bei Umgebungstemperaturen als Hyphomyzet wächst. Bis vor kurzem wurde Histoplasma capsulatum in H. c. var. capsulatum, H. c. var. duboisii und H. c. var. farciminosum (Erreger der Histoplasmose bei Pferd und Maultier) unterteilt. Diese Differenzierung ist nach neuesten phylogenetischen Untersuchungen nicht mehr haltbar. Die molekulargenetischen Ergebnisse korrelieren jedoch mit unterschiedlichen Populationen von Histoplasma capsulatum in Afrika, Nord Amerika, Südamerika und Eurasien. Histoplasma capsulatum findet sich im Bereich alter Hühnerställe, in mit Vogel- und Fledermauskot angereicherten Böden sowie in verrottenden Bäumen. ■■ Einführung zum Erreger Endemiegebiete. Die Histoplasmose ist weltweit die häufigste Infektion durch einen der dimorphen Erreger einer Systemmykose. Histoplasma capsulatum ist endemisch in vielen feucht-warmen Regionen: in den USA (mittlerer Westen), Zentral- und Südamerika, der Karibik, Afrika, Indonesien, Australien und ganz begrenzt auch in Südeuropa. Die häufigsten nach Europa importierten Histoplasmosen bei immunkompetenten Personen werden nach Besuch von Fledermaushöhlen, zum Beispiel in Mittelamerika, beobachtet. Infektionsverlauf. Immunstatus und Infektionsdosis bestimmen den Infektionsverlauf. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 1–3 Wochen. Die meisten HistoplasmaInfektionen verlaufen bei nicht Immunsupprimierten asymptomatisch, als grippaler Infekt oder als akute Pneumonie. Wie bei der Tuberkulose kann bei der pulmonalen Histoplasmose ein Primärkomplex entstehen, als dessen Residuen sich verkalkte Herde in den Lungen (sog. CoinLesions) und Hiluslymphknoten nachweisen lassen. Etwa 8 % der Patienten, vor allem bei vorbestehendem Lungenemphysem, entwickeln eine akute kavitäre Lungenerkrankung, die ein eigenständiges Krankheitsbild darstellt. Insbesondere bei Patienten mit zellulärem Immundefekt kommt es zu einer Disseminierung mit metastasenartig gestreuten Herden in Leber, Knochen, Milz und Zum Nachweis einer akuten pulmonalen Histoplasmose eignen sich Sputumproben (Morgensputen) und BAL. Bei Dissemination sind Lymphknotenpunktate, Haut- und andere Biopsate einschließlich Knochenmark geeignet, bei gastrointestinaler Symptomatik unter Umständen auch Darmbiopsien. Bei jedem Untersuchungsauftrag zur kulturellen Diagnostik auf Histoplasmose ist eine gleichzeitige Einsendung von Serum zum Antikörpernachweis angezeigt. Besondere Transportbedingungen sind nicht erforderlich, jedoch ist jeder Verdacht auf eine floride Histoplasmose dem mit der kulturellen Untersuchung beauftragten Labor mitzuteilen. ■■ Gang der Untersuchung Direktnachweis Mikroskopisch. Da es sich bei dem Erreger primär um einen intrazellulären Parasiten des RES handelt, sind ungefärbte Ausstriche von klinischem Material für den Nachweis ungeeignet. Als Färbung ist bei Ausstrichen (z. B. vom Knochenmark) die Giemsa-Färbung geeignet, besser jedoch eine Versilberung nach Grocott-Gomori. Die Erreger finden sich meist im Zytoplasma von Makrophagen als 2,5–4 µm große rundlich bis ovale Hefezellen, zum Teil sprossend (Abb. 33.3). Vereinzelt sind die Erreger auch frei in Gewebeflüssigkeiten nachweisbar. Histoplasma capsulatum kann leicht mit Leishmanien verwechselt werden. Da Letztere sich zwar in der Giemsa- und PAS-Färbung darstellen lassen, nicht jedoch durch Versilberung, ist zur Differenzierung immer ein GrocottPräparat oder ein solches mit optischen Aufhellern anzufertigen und durch Kultur und/oder den Antikörpernachweis zu bestätigen. Histoplasma capsulatum besitzt eine seltene, in vivo großzellige Variante (etwa 7–15 μm), die bislang als Histoplasma capsulatum var. duboisii bezeichnet wurde und deren Verbreitung auf das tropische Afrika, ein Gebiet zwischen den Wüsten Sahara und Kalahari begrenzt ist. Die Mikromorphologie im Gewebe ist die einzige Möglichkeit, die groß- und kleinzellige Variante zu differenzieren. Die großzellige Variante von Histoplasma capsulatum kann mikromorphologisch mit Blastomyces dermatitidis verwechselt werden. Molekularbiologisch. Zum molekularbiologischen Nachweis von Histoplasma capsulatum aus Patientenproben bewährt hat sich der DNA-Nachweis aus dem 18S-rDNA- 721 aus: Neumeister u.a., Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG 33 Erreger importierter Systemmykosen Abb. 33.3 Hefephase von Histoplasma capsulatum im Gewebe. schmutzig bräunlich über. Etwa innerhalb einer Woche nach dem ersten kulturellen Nachweis entwickeln sich an kurzen Seitenästen septierter Hyphen rundliche oder länglich-ovale Mikrokonidien (2–4 μm). Später treten runde, dickwandige Makrokonidien von einem Durchmesser von etwa 8–14 μm auf, die im Verlauf warzenartig-spinöse Fortsätze entwickeln, die das Aussehen von sog. Morgensternen haben (Abb. 33.4). Diese Form der Makrokonidien wird auch von Pilzen der Gattung Sepedonium oder bestimmten Chrysosporium-Arten gebildet, nie jedoch in Kombination mit den beschriebenen Mikrokonidien. Die Mikromorphologie der Hefephase besteht aus meist 2–5 µm großen, eiförmigen, engbasig sprossenden Hefezellen; gelegentlich sind auch bis 7 µm große Zellen nachweisbar. Mittels einer Gensonde AccuProbe Histoplasma capsulatum (Gen-Probe, San Diego/USA) ist die Identifizierung einer Kultur von Histoplasma capsulatum innerhalb von 1–2 Stunden möglich. Die meisten Histoplasma-capsulatum-Stämme zeigen eine Ureaseaktivität auf Christensen-Agar. Die Überprüfung dieser Reaktion zur vermeintlichen Differenzierung zwischen Histoplasma capsulatum var. capsulatum und var. duboisii, wie gelegentlich empfohlen, ist nicht sinnvoll. ■■ Sensibilitätsprüfung Siehe „Einleitung“, S. 719 Abb. 33.4 Myzelphase von Histoplasma capsulatum (Kultur bei 26 °C). Bereich mittels einer Seminested-PCR nach Bialek (2001), die jedoch bislang nicht konfektioniert ist. Aufgrund der engen Verwandtschaft zwischen den Erregern importierter Systemmykosen, aber auch aufgrund einer Ähnlichkeit mit Teilsequenzen von Aspergillus spp. und anderen Pilzen sollte jeder Amplifikation auch eine Sequenzierung zum Vergleich mit Referenzstämmen bzw. einem Abgleich mit der Genbank folgen. Isolierung Histoplasma capsulatum wächst auf üblichen Pilzmedien mit und ohne Zusatz von Antibiotika bei Temperaturen zwischen 26 und 30 °C nach ein bis maximal 4 Wochen als Hyphomyzet. Die Myzelphase ist resistent gegenüber laborüblichen Konzentrationen von Cycloheximid (Actidion), die Hefephase jedoch empfindlich. Zum primären Nachweis der Hefephase und zur Konversion der Myzelzur Hefephase eignet sich BHI-Agar mit Schafblut, Cystein und Glukose, die Kulturen werden bei 37 °C bebrütet. Identifizierung Die Myzelphase von Histoplasma capsulatum ähnelt makroskopisch der von Blastomyces dermatitidis, die zunächst wächsern aussehenden Kolonien entwickeln langsam Luftmyzel, die Farbe geht von weiß nach beige oder sogar ■■ Serologischer Antikörpernachweis Für die Diagnosestellung einer bestehenden oder kürzlich abgelaufenen Histoplasmose bei immunkompetenten Personen, die sich zeitlich begrenzt in Endemiegebieten von Histoplasma capsulatum aufhielten, ist der Antikörpernachweis ein wichtiger und relativ aussagekräftiger Parameter. Der Immundiffusionstest nach Ouchterlony dient dem Nachweis präzipitierender Antikörper gegen Histoplasma capsulatum. Am Konsiliarlabor für Histoplasma capsulatum wird ein IgM- und IgG-Western-Blot (In-House-Verfahren) mit deutlich höherer Sensitivität durchgeführt, der Test steht kommerziell jedoch nicht zur Verfügung. Die Komplementbindungsreaktion ist ein wichtiger semiquantitativer Test zur Verlaufsuntersuchung. Ein Antigennachweis, wie er vom Histoplasma-Referenzlabor in Indianapolis/USA angeboten wird, steht in Europa kommerziell nicht zur Verfügung. Im Gegensatz zum früheren Histoplasmin-Intrakutantest, der lebenslang positiv sein konnte, ist der Antikörpernachweis zeitlich begrenzt; bei einer selbstlimitierenden pulmonalen Infektion sind Antikörper bis maximal 2 Jahre nach der Infektion nachweisbar. Dies ist bei der Abklärung unklarer pulmonaler Rundherde zu berücksichtigen. 722 aus: Neumeister u.a., Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG Dermatophyten ■■ Tipps für die Antimykotikaberatung Die meisten akuten pulmonalen Histoplasmosen bedürfen keiner antimykotischen Therapie. Itraconazol ist Mittel der Wahl bei einer chronisch pulmonalen Histoplasmose. Bei disseminierten Infektionen ohne ZNS-Beteiligung erfolgt die Gabe von Itra- bzw. Ketoconazol über mehrere Monate, bei foudroyanten disseminierten Infektionen die von Amphotericin B. Bei AIDS (ohne hochaktive antiretrovirale Therapie, HAART) sollte eine lebenslange Suppressionstherapie mit Itraconazol durchgeführt werden. Bei ZNS-Manifestation wird Voriconazol gegeben. ! Cave: Die gleichzeitige Gabe von Rifampicin verstärkt die Metabolisierung von Itraconazol. 33.1.4 Coccidioides immitis, Coccidioides posadasii ■■ Beschreibung des Genus Als Ergebnis molekulargenetischer Untersuchungen wird die Gattung Coccidioides jetzt in die beiden Spezies Coccidioides immitis und Coccidioides posadasii unterteilt; eine Teleomorphe (perfekte Form) der Erreger ist nicht bekannt. Coccidioides hat seine ökologische Nische in trockenen Böden, insbesondere in salzhaltigem Wüstensand. Coccidioides ist in der Lage, sich extremen Schwankungen der Luft- und Bodenfeuchtigkeit anzupassen und durchläuft einen saisonalen Lebenszyklus. Nach einer Regenperiode beginnen die ruhenden Pilzzellen auszukeimen und Hyphen zu bilden. Das Myzel zerfällt später mittels Rhexolyse in hochinfektiöse Sporen (Arthrokonidien). ■■ Einführung zum Erreger Endemiegebiete. Coccidioides immitis und Coccidioides posadasii sind primär pathogene Erreger für Mensch und Tier. Im Wirt konvertieren die einzelligen Arthrokonidien zu multizellulär sporulierenden Sphärulen. Endemiegebiete der beiden Coccidioides Arten finden sich in trockenen und halbtrockenen Gebieten der westlichen Hemisphäre: Coccidioides immitis ist weitgehend begrenzt auf Kalifornien, während Coccidioides posadasii in mehreren Bundesstaaten der USA (Arizona, Texas, New Mexico, selten in Kalifornien), in Zentral- und Südamerika, vor allem in Kolumbien, Venezuela, Bolivien, Paraguay und Argentinien, nachgewiesen werden kann. Kokzidioidomykose. Die Kokzidioidomykose mit jährlich Hunderttausenden von Neuinfektionen in Endemiegebieten wird durch Inhalation der hochinfektiösen Arthrokonidien in aufgewirbeltem Staub erworben; die Monate September bis November sind die risikoreichsten in Kalifornien. Die Inkubationszeit beträgt etwa 7–28 Tage. Mehr als die Hälfte der Infektionen verlaufen klinisch inapparent. Die anderen Infektionen gehen mit einer aku- 33 ten, manchmal auch protrahierten, über Monate andauernden, selbstheilenden oder chronischen Pneumonie einher. Auch bei primärer Immunkompetenz ist eine Dissemination mit Befall von Haut, Knochen, Meningen und anderen inneren Organen möglich. Eine Meningitis durch Coccidioides sp. verläuft ähnlich wie eine zerebrale Kryptokokkose oder tuberkulöse Meningitis. Da die Erreger im RES überleben können, sind Reaktivierungen möglich. ■■ Untersuchungsmaterial: Gewinnung, Transport, Lagerung Die Gattung Coccidioides ist relativ unempfindlich gegenüber Temperaturschwankungen. Aufgrund möglicher Auskeimung der Pilzelemente der Gewebephase zur Myzelphase bei Transportzeiten von mehr als 12–24 Stunden muss der Transport von BAL, Lungenbiopsat und anderem zügig erfolgen. Spezielle Medien sind nicht erforderlich. Aufgrund der hochgradigen Gefährdung des Laborpersonals durch Coccidioides-immitis- bzw. C.-posadasii-Kulturen ist jeglicher Verdacht auf eine Kokzidioidomykose (Auslandsanamnese in einem Endemiegebiet, entsprechende Lungenveränderungen und Allgemeinsymptome) dem untersuchenden Labor durch den behandelnden Arzt mitzuteilen. Bei jedem Untersuchungsauftrag zur kulturellen Diagnostik „Kokzidioidomykose“ ist eine gleichzeitige Einsendung von Serum zum Antikörpernachweis gegen Coccidioides-Antigen angezeigt. ■■ Gang der Untersuchung Direktnachweis Mikroskopischer Sphärulennachweis. Der schnellste Direktnachweis von Coccidioides spp. besteht im mikroskopischen Nachweis von Sphärulen der Gewebephase von Coccidioides immitis bzw. Coccidioides posadasii im Originalmaterial. Für ein solches Präparat wird beispielsweise das Sediment einer BAL oder eines Teiles eines gemörserten Lungentumors auf einen sterilen Objektträger pipettiert und mit einem Deckglas versehen. Aufgrund ihrer bis 2 µm dicken, hyalinen Wand, die doppelt konturiert erscheint, und ihrer Größe (bis etwa 80 µm, im Tiermodell auch größer) kann der Verdacht auf Sphärulen bereits durch das Nativpräparat geäußert werden. Die Sphärulen sind je nach Stadium mit 2–4 µm großen Endosporen angefüllt. Jedes Nativpräparat bei der gezielten Suche nach Coccidioides wird für 12–48 Stunden in einer feuchten Kammer bei Zimmertemperatur inkubiert: Das Auskeimen von Sphärulen mit beginnender Hyphenbildung (Abb. 33.5) bestätigt den Nachweis von Coccidioides immitis bzw. C. posadasii. ! Cave: Bei längeren Transportzeiten ist die Entwicklung von Hyphen aus Endosporen möglich, was zu Fehlinterpretation führen kann. 723 aus: Neumeister u.a., Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG 33 Erreger importierter Systemmykosen Färbung. Da ein Sphärulennachweis nicht immer möglich ist, sollte jedes Originalmaterial nach GrocottGomori versilbert oder mit einem optischen Aufheller markiert und mikroskopiert werden. Insbesondere bei anbehandelten Patienten mit Kokzidioidomykose finden sich unter Umständen noch nach Wochen Endosporen unterschiedlicher Größe, deren richtige Zuordnung zur Gattung Coccidioides Erfahrung erfordert. Bei einer Kokzidioidomykose ist es in Ausnahmefällen möglich, auch Hyphen nachzuweisen! Molekularbiologischer Nachweis. Der molekularbiologische Direktnachweis von Coccidioides immitis bzw. posadasii aus BAL oder Biopsaten ist möglich. Zum Einsatz kommt wie bei Histoplasma capsulatum oder den anderen Onygenaceae eine Seminested-PCR aus dem 18S-rDNA-Bereich. Aufgrund der engen Verwandtschaft zwischen den Erregern importierter Systemmykosen, aber auch aufgrund einer Ähnlichkeit mit Teilsequenzen von Aspergillus spp. und anderen Pilzen sollte jeder Amplifikation auch eine Sequenzierung zum Vergleich mit Referenzstämmen bzw. einem Abgleich mit der Genbank folgen. Isolierung, Kultur Die Anlage einer Kultur erfolgt in Schrägröhrchen auf Sabouraud-Agar und BHI-Agar mit Blutzusatz – jeweils mit und ohne Zusatz von Cycloheximid (Actidion) 0,5 % und Chloramphenicol bei jeweils 26 °C und 37 °C. Innerhalb von 3 – 6 Tagen entwickeln sich zunächst feuchte, membranartige Kolonien, die rasch ein flauschig weißes, später schmutzig beige-bräunliches Luftmyzel ausbilden. Vor der mikroskopischen Untersuchung bzw. Überimpfung bei Verdacht auf einen Erreger der Risikogruppe 3, die ausschließlich unter einer Sicherheitswerkbank erfolgen muss, ist die Oberfläche des Agars mit steriler physiologischer NaCl-Lösung mit 0,5 % Tween 80 mittels Spritze bei aufgesetztem Röhrchenstopfen zu befeuchten, um ein Verwehen von Konidien zu verhindern. In jedem Fall ist ganz besondere Vorsicht geboten, wenn das Vorliegen von Coccidioides immitis bzw. C. posadasii in Betracht zu ziehen ist. Abb. 33.5 Auskeimende Sphärule von Coccidioides spp. im Sputum. Identifizierung Phänotypisch sind die beiden Coccidioides-Arten bislang nicht voneinander zu unterscheiden. Mikroskopisch findet sich zunächst bei 3–4 Tage alten Kulturen nur zartes, septiertes Myzel; innerhalb weniger Tage werden die Hyphen zunehmend plumper und zerfallen aufgrund abwechselnder Zellaufblähungen bzw. Zelluntergänge (Rhexolysen) in tönnchenförmige 2–3 × 3–4 µm große Arthrokonidien (Abb. 33.6). Sollten die bisherigen mikroskopischen Untersuchungen noch keinen Verdacht einer Kokzidioidomykose ergeben haben, so muss bei diesem Arthrokonidiennachweis, insbesondere bei einer bei 35– 37 °C inkubierten Kultur, von einem Coccidioides-Isolat ausgegangen werden. Achtung: Auch zahlreiche andere Pilze bilden Arthrokonidien bei 26 °C. Früher galt der Nachweis der Konversion von Arthrokonidien zu Sphärulen in einer Flüssigkultur bei 40 °C unter CO2-Anreicherung oder im Tierversuch als Beweis für die Identifizierung als Coccidioides immitis. Heute ist mittels Gensonde AccuProbe Coccidioides immitis (Gen-Probe, San Diego/USA) die Identifizierung einer Kultur von Coccidioides immitis bzw. C. posadasii innerhalb von 1–2 Stunden auf Gattungsebene möglich. Das Material darf ab sofort nur noch in einem zugelassenen Labor der Sicherheitsstufe L3 bearbeitet werden. Die Sequenzierung des ITS2-Bereichs ist zur Identifizierung auf Speziesebene geeignet. ■■ Sensibilitätsprüfung Siehe „Einleitung“, S. 719 ■■ Serologischer Antikörpernachweis Für die Diagnosestellung einer bestehenden oder kürzlich abgelaufenen Kokzidioidomykose bei immunkompetenten Personen, die sich zeitlich begrenzt in Endemiegebieten von Coccidioides spp. aufhielten, ist der Antikörpernachweis ein wichtiger und aussagekräftiger Parameter mit hoher Spezifität. Der Immundiffusionstest nach Ouchterlony zum Nachweis präzipitierender Antikörper wird am Konsiliarlabor für importierte Systemmykosen ergänzt durch einen IgMund IgG-Western-Blot (In-House-Verfahren) mit deutlich Abb. 33.6 In Arthrokonidien zerfallende Hyphe von Coccidioides spp. 724 aus: Neumeister u.a., Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG Dermatophyten höherer Sensitivität, der Test steht kommerziell jedoch nicht zur Verfügung. Die Komplementbindungsreaktion ist ein wichtiger semiquantitativer Test zur Verlaufsuntersuchung. Der Coccidioidin-(Sphärulin-)Intrakutantest steht nicht mehr zu diagnostischen Zwecken zur Verfügung. Ähnlich der Histoplasmose ist der Antikörpernachweis bei einer selbstlimitierenden pulmonalen Kokzidioidomykose in der Regel auf 2 Jahre nach der Infektion begrenzt. Dies ist bei der Abklärung unklarer pulmonaler Rundherde zu berücksichtigen. Bei disseminierten Infektionen sind Antikörper noch nach Jahren nachweisbar. ■■ Tipps für die Antimykotikaberatung Therapieoptionen sind Itraconazol, Fluconazol oder Voriconazol, unter Umständen wird Posaconazol eine weitere Alternative sein. Bei Dissemination wird zunächst Amphotericin B und anschließend ein Azolderivat verabreicht. Bei kavernösen pulmonalen Prozessen kann zusätzlich eine chirurgische Herdsanierung indiziert sein. 33.1.5 Paracoccidioides brasiliensis ■■ Beschreibung des Genus Das genaue Reservoir des Erregers konnte bisher noch nicht nachgewiesen werden. Der Erregernachweis gelingt vorwiegend aus Proben von Erdreich mit saurem pHWert in subtropischen Regionen Südamerikas. ■■ Einführung zum Erreger Parakokzidioidomykose. Hierbei handelt es sich um eine meist chronische, granulomatöse Erkrankung der Haut, Schleimhaut und innerer Organe. Die Inkubationszeit ist sehr variabel, sie kann von einem Monat bis zu Jahrzehnten reichen. Die primäre Infektion der Lunge verläuft meist inapparent; charakteristisch sind schmerzhafte mukokutane, ulzerierende Tumoren im Bereich der Mundhöhle, im Nasen-Rachen-Raum und im Gastrointestinaltrakt. Zervikale Lymphknotenvergrößerungen führen zum klinischen Bild des Cäsaren-Halses. Es kann zu einer Disseminierung in das ZNS und die Nebennieren kommen (Funktionseinbußen bis hin zum Morbus Addison), differenzialdiagnostisch ist ein Malignom in Erwägung zu ziehen. Seltener ist die akute, juvenile Form der Parakokzidioidomykose mit hoher Letalität. 33 ■■ Untersuchungsmaterial: Gewinnung, Transport, Lagerung Lymphknoten bzw. Tumorresektate/-biopsate eignen sich zur Untersuchung, Abstriche jedoch kaum. Bei jedem Untersuchungsauftrag zur kulturellen Diagnostik auf eine Parakokzidioidomykose ist eine gleichzeitige Einsendung von Serum zum Antikörpernachweis sinnvoll. ■■ Gang der Untersuchung Direktnachweis Der lichtmikroskopische Nachweis des Erregers kann aus dem Sputum, Exsudat oder Eiter erfolgen. Bei etwa 85 % der Patienten können mittels KOH die typischen Hefezellen mit multipler Sprossung (Steuerradform) im Gewebe nachgewiesen werden (Abb. 33.7). Die älteren Hefezellen sind dickwandig (0,2–1 μm) mit einem Durchmesser von 12–40 µm (maximal 60 μm), die jungen Sprosszellen sind deutlich kleiner (2–10 μm). In histologischen Schnitten von Biopsien (PAS- und Grocott-Gomori-Färbung) ist das klassische Bild einer Mutterzelle mit multiplen aussprossenden Tochterzellen nicht immer nachweisbar, die frei gewordenen Sprosszellen können unreife Sphärulen von Coccidioides und Hefezellen von Histoplasma capsulatum vortäuschen. Zwingend für die Diagnose „Parakokzidioidomykose“ ist jedoch der eindeutige Nachweis von mehr als einer Sprossung an einer dickwandigen runden Hefezelle. Anders als alte Granulome bei der Histoplasmose oder der Kokzidioidomykose neigen diejenigen bei Parakokzidioidomykose kaum zur Verkalkung. Isolierung, Kultur Sabouraud-Agar mit Chloramphenicol- und Cycloheximidzusatz (50 bzw. 500 μg/ml Substrat), inkubiert bei Zimmertemperatur oder bis 26 °C und auf Blut- und BHIAgar bei 37 °C. Cave: Die Hefephase ist – ähnlich Histoplasma und Blastomyces – empfindlich gegenüber Cycloheximid. Kulturen sind auf Schrägagarröhrchen anzulegen. Der Erregernachweis kann mehrere Wochen dauern. Frühestens nach 10 – 20 Tagen bei 26 °C bildet sich ein spärliches Luftmyzel, der Thallus ist erst weiß, dann cremefarben (Abb. 33.8). Bei 37 °C bilden sich hefeähnliche Kolonien mit gefurchter Oberfläche. Endemiegebiete. Sie sind begrenzt auf Mittel- und Südamerika von Mexiko bis Argentinien. Abb. 33.7 Paracoccidioides brasiliensis im Gewebe (Grocott-Färbung). 725 aus: Neumeister u.a., Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG 33 Erreger importierter Systemmykosen PCR und Sequenzierung – wie bei Histoplasma und Coccidioides – können den Erregernachweis aus Originalmaterial beschleunigen. Identifizierung Das Myzel der Kultur bei 26 °C besteht aus septierten Hyphen, die unmittelbar oder auf sehr kurzen Sterigmen kleine runde, ovale, oder auch eckige Konidien (3–4 μm) tragen können; oft besteht es jedoch nur aus feinen, septierten Hyphen und interkalaren Chlamydosporen. Die Mikroskopie ist wenig aussagekräftig. Das mikroskopische Bild der Hefephase entspricht dem der parasitären Phase im Gewebe. Die einzelnen Zellen sind 2–30 μm und größer und können rund oder unregelmäßig geformt sein. Ein wichtiges Differenzierungsmerkmal ist die schmalbasige Sprossung im Vergleich zur breitbasigen Sprossung bei Blastomyces dermatitidis. Zur molekularbiologischen Identifizierung gibt es bislang keine kommerzielle Gensonde. Zur Identifizierung bietet sich die DNS-Amplifikation mittels ITS-Primern mit nachfolgender Sequenzierung an. ■■ Tipps für die Antimykotikaberatung Itraconazol ist Mittel der Wahl, eventuell auch Ketoconazol. Bei fortgeschrittenen Fällen wird Amphotericin B verabreicht. Die Parakokzidioidomykose sollte über einen Zeitraum von vielen Monaten bis Jahren antimykotisch behandelt werden, um Rezidive zu vermeiden. 33.1.6 Penicillium marneffei ■■ Beschreibung der Spezies Zur Beschreibung des Genus siehe 31.1.6. Die ökologische Nische von Penicillium marneffei ist bislang weitgehend unbekannt. Isoliert wurde er aus Bodenproben bei Höhlen von Bambusratten in Südostasien, die bislang auch das einzige bekannte natürliche Reservoir sind. Penicillium marneffei ist ein dimorpher Pilz, der als Hefe in seiner parasitären Phase und als Schimmelpilz als Saprophyt wächst. Er ist die einzig relevante humanpathogene Art innerhalb der Gattung Penicillium. ■■ Sensibilitätsprüfung ■■ Einführung zum Erreger Siehe „Einleitung“, S. 719 Krankheitsverlauf. Bei immunkompetenten Erwachsenen ist meist ein klinisch inapparenter Verlauf zu beobachten. Bei immunsupprimierten Patienten, vor allem bei AIDSPatienten, treten zunächst Lungeninfiltrate auf. Durch hämorrhagische Streuung kommt es zu generalisierter Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie und zu hämorrhagischen Hautläsionen. In der Folge können nahezu alle Organsysteme befallen werden. Penicillium-marneffei-Mykosen sind bei HIV-Infizierten in Thailand die dritthäufigste Infektionskrankheit nach Tuberkulose und Kryptokokkose und AIDS-definierend. Bei zwei Dritteln dieser Patienten kommt es zur Hautmanifestation mit Molluscum-contagiosum-ähnlichen Tumoren. In Europa werden Penicillium-marneffei-Mykosen überwiegend bei Personen mit HIV-Infektion ohne HAART-Therapie beobachtet, die aus Endemiegebieten kommen. ■■ Serologischer Antikörpernachweis Da Patienten mit Parakokzidioidomykose in der Regel keine humorale Abwehrschwäche besitzen, sind Antikörper gegen ein 43-kDa-Antigen von Paracoccidioides brasiliensis häufig nachweisbar. Der Nachweis präzipitierender Antikörper mittels Immundiffusionstest nach Ouchterlony ist zurzeit jedoch der einzige Test, für den kommerziell erhältliche Antigene zur Verfügung stehen (Immuno Mycologics Inc., Norman/USA; Meridian Diagnostic, Inc. Cincinnati/USA). Aufgrund möglicher Kreuzreaktionen bei Infektionen durch andere Erreger von Systemmykosen (z. B. Histoplasma capsulatum) sollte die Diagnose immer auch durch einen direkten Erregernachweis verifiziert werden. Am Konsiliarlabor wird ein Western Blot (In-House-Verfahren) zum Antikörpernachweis vorgehalten. Endemiegebiete. Hierzu zählen Südostasien, vor allem Nordthailand, Südchina, Hong Kong, Vietnam, Indonesien, Singapur und Myanmar (ehemals Burma), Indien. Bislang ist ein einzelner Patient aus Ghana ohne Süd-OstAsien-Anamnese bekannt. Die Inkubationszeit ist unklar. ■■ Untersuchungsmaterial: Gewinnung, Transport, Lagerung Als Untersuchungsmaterialien eignen sich Blutkulturen, Knochenmarkbiopsat, Hautbiopsien und BAL. Knochenmarkbiopsate haben bei unbehandelten AIDS-Patienten mit disseminierter Penicillium-marneffei-Infektion eine Sensitivität von > 95 %. Es gelten die allgemeinen Transportbedingungen. Abb. 33.8 Kultur von Paracoccidioides brasiliensis bei 26 °C. 726 aus: Neumeister u.a., Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG Dermatophyten ■■ Gang der Untersuchung ■■ Serologischer Antikörpernachweis Direktnachweis Kommerzielle Tests zum serologischen Nachweis einer Penicillium-marneffei-Mykose stehen nicht zur Verfügung. Am Konsiliarlabor ist ein Antikörpernachweis gegen metabolisches Penicillium-marneffei- Antigen mittels Western Blot möglich. Ein fehlender Nachweis schließt eine bestehende Penizilliose nicht aus, da es sich fast immer um AIDS-Patienten mit mangelhafter immunologischer Reaktion handelt. Sowohl histologisch als auch bei der Mikroskopie des Originalmaterials zur kulturellen Untersuchung finden sich intrazellulär liegende Hefen (ca. 3 μm), die mit Histoplasma capsulatum verwechselt werden können; beweisend für Penicillium marneffei sind jedoch bis zu 8 μm lange, angedeutet gebogene sausage-like (würstchenartige) Zellen, die eine Querteilung (fission) haben (Abb. 33.9); dabei handelt es sich nicht um eine blastische, sondern um eine thallische Vermehrung mit Septierung. Nur ein kleiner Teil der Pilzzellen lässt eine solche Querteilung erkennen. Isolierung 33 ■■ Tipps für die Antimykotikaberatung Disseminierte Penicillium-marneffei-Mykosen werden zunächst mit Amphotericin B, dann mit Itraconazol behandelt. Penicillium marneffei ist auf herkömmlichen Pilznährböden (z. B. Sabouraud-Agar) mit und ohne Antibiotikazusatz innerhalb weniger Tage anzüchtbar. Identifizierung Augenfälligstes Merkmal einer Penicillium-marneffei-Kultur auf Sabouraud-Agar nach Inkubation bei 26 °C ist ein beigefarbener bis zart-grünlicher Thallus mit gedrungenem Luftmyzel und erdbeerfarbenem Pigment, das in einem breiten Hof um die Kolonie in den Nährboden abgegeben wird (Abb. 33.10). Bei 37 °C ist eine Pigmentbildung nicht nachweisbar und Penicillium marneffei mit anderen ubiquitären Penicillium-Arten (s. Kap. 31.1) zu verwechseln. Mikromorphologisch lässt sich von Kulturen, die bei 26 °C bebrütet wurden, unschwer die Gattung Penicillium aufgrund der pinselartig angeordneten, gerichteten Metulae (7–11 μm) und ampulliformen Phialiden (6–10 × 2,5–3 μm) erkennen. Die Anordnung ist symmetrisch, die Metulae sind doppelt bzw. einfach verzweigt. Die Konidien sind glattwandig und bilden Ketten. Auffallend sind Spiralhyphen wie bei manchen Dermatophyten. Die Hefephase, die sich durch Subkultivierung auf BHI-Agar bei 37 °C induzieren lässt, enthält zylindrische, arthrokonidienartige und ellipsoide Hefezellen, gemischt mit einzelnen Hyphen. Abb. 33.9 Hefephase von Penicillium marneffei im Gewebe. ■■ Sensibilitätsprüfung Eine In-vitro-Empfindlichkeitsprüfung, beispielsweise im Mikrodilutionstest, sollte nur unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen erfolgen; so sind die Tests unter einer Sicherheitswerkbank der Klasse 2 anzulegen und abzulesen. Penicillium marneffei ist empfindlich gegenüber Amphotericin B, 5-Flucytosin, Itraconazol und anderen Azolderivaten. Abb. 33.10 Kultur von Penicillium marneffei auf Sabouraud-Agar bei 26 °C. 727 aus: Neumeister u.a., Mikrobiologische Diagnostik (ISBN 9783137436027) © 2009 Georg Thieme Verlag KG 33 Erreger importierter Systemmykosen Literatur ■■ Anhang Bialek R, Fischer J, Feucht A et al. Diagnosis and monitoring of murine histoplasmosis by a nested PCR assay. J Clin Microbiol 2001; 39: 1506–1509 De Hoog GS, Guarro J, Gené J et al. Atlas of clinical fungi. 2nd ed. Utrecht, The Netherlands and University Rovira I Virgili, Reus, Spain: Centraalbureau voor Schimmelcultures; 2000 Haase G, Borg v. Zepelin M, Bernhardt H et al. MiQ 14: Pilzinfektionen – Allgemeiner Teil. In: Mauch H, Gatermann S, Lütticken R, Hrsg. MiQ, Qualitätsstandards in der mikrobiologischinfektiologischen Diagnostik. München, Jena: Fischer & Urban; 2001a Haase G, Borg v. Zepelin M, Bernhardt H et al. MiQ 15: Pilzinfektionen – Spezieller Teil. In: Mauch H, Gatermann S, Lütticken R, Hrsg. MiQ, Qualitätsstandards in der mikrobiologischinfektiologischen Diagnostik. München, Jena: Fischer & Urban; 2001b Salfelder K. Pilzinfektionen beim Menschen. Hamburg, Zürich: Omnimed; 2000 Seeliger HPR, Heymer T. Diagnostik pathogener Pilze des Menschen und seiner Umwelt. Stuttgart: Thieme; 1981 Tintelnot K, de Hoog GS, Antweiler E., et al. 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