Gibt es eine genetische Veranlagung für Blasenentzündung?

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Gibt es eine genetische Veranlagung für Blasenentzündung?
Kurzantwort Rund die Hälfte aller Frauen leiden mindestens einmal im Leben an einer Blasenentzündung. Kommen keine weiteren Probleme wie z. B. Fieber/Flankenschmerzen dazu, werden diese
Infekte als sogenannt «unkompliziert» bezeichnet und bedürfen keiner gründlicheren Abklärung. Bei
gehäuftem Auftreten (mehrmals pro Jahr) oder wiederholten Nierenbeckenentzündungen mit Fieber
empfiehlt sich eine spezialärztliche Untersuchung.
Harnweginfektion Ich (57, 3 Kinder) leide mehrmals jährlich an Blasenentzündung. Der Arzt
verschreibt dann jeweils Antibiotika und Schmerzmittel. Mit den üblichen Hausmittelchen (Wärme,
Homöopathie) ist kaum eine Besserung zu erreichen. Was könnte ich noch dagegen tun? Auch meine
beiden Töchter leiden öfter an Blasenentzündung. Gibt es hierfür eine vererbbare genetische
Veranlagung? C. B. in Z.
Dr. med. Mirjam Huwyler, Fachärztin für Urologie, Fellow of the European Board of Urology,
Belegärztin Hirslanden Klinik St. Anna, Luzern
Blasenentzündungen kommen bei Frauen häufig vor. Ungefähr die Hälfte aller Frauen ist mindestens
einmal im Leben davon betroffen, 30 bis 40 Prozent davon leiden unter einer erneuten oder wiederholten Infektion. Die typischen Symptome sind Brennen beim Wasserlösen, stetiges Harndranggefühl
mit x-fachen Toilettengängen mit nur kleinen Portionen, auch Krämpfe im Unterbauch oder Blut im Urin
treten auf. In seltenen Fällen kommt es zu Fieber und Schmerzen über den Nieren. Zur Behandlung
der Harnweginfekte müssen Antibiotika eingesetzt werden, meist nur während weniger Tage. Diese
führen in der Regel rasch zur Besserung der Symptome. Manchmal heilt die Entzündung auch ohne
Antibiotika wieder spontan oder mit entzündungshemmenden Mitteln ab. Bestehen die Beschwerden
länger oder sprechen nicht auf die Medikation an, ist eine genauere Urinanalyse notwendig, um die
verursachenden Bakterien und deren Antibiotika- Resistenzen zu bestimmen. Die Mehrzahl der
Infektionen wird durch E.-coli-Bakterien, die aus dem Darm stammen, verursacht. Diese gelangen in
die Harnröhre, die bei der Frau im Gegensatz zum Mann viel kürzer ist, und führen zur Entzündung der
Blase. Ob – wie in Ihrem Fall mit den beiden betroffenen Töchtern – vererbbare Faktoren dahinterstecken, ist in der Wissenschaft nicht eindeutig belegt, eine gewisse genetische Veranlagung wird
diskutiert.
Bei Fieber Abklärung nötig
Bei der jüngeren, ansonsten gesunden Frau werden die Infektionen durch Geschlechtsverkehr
gefördert. Kommen keine weiteren Probleme wie z. B. Fieber/Flankenschmerzen dazu, werden diese
Infekte als sogenannt «unkompliziert » bezeichnet und bedürfen keiner gründlicheren Abklärung. Bei
gehäuftem Auftreten (mehrmals pro Jahr) oder wiederholten Nierenbeckenentzündungen mit Fieber
empfiehlt sich eine spezialärztliche Untersuchung bei einem Urologen. Dabei können Anomalien wie
Reflux (der Urin fliesst infolge einer Fehlbildung der Mündungsklappe in der Blase in die falsche
Richtung zurück in den Harnleiter) mit zusätzlichen Methoden entdeckt resp. ausgeschlossen werden.
Zu unterscheiden ist die Blasenentzündung bei der älteren Frau. Durch die Wechseljahre verliert die
Schleimhaut der Scheide und des Genitals ihre Feuchtigkeit und damit ihre «Abwehrfähigkeit», sodass
die Bakterien eher eine Entzündung verursachen können. Auch Erkrankungen wie Diabetes oder
Blasenfunktionsstörungen (z. B. unvollständige Entleerung) erhöhen das Risiko für Infektionen. Vor
allem wenn noch andere Blasensymptome vorhanden sind, müsste hier eine genauere urologische
Abklärung erfolgen. Es gibt eine Reihe von Prophylaxemassnahmen zur Verhinderung von Harnweginfekten mit unterschiedlich gut untersuchter Wirkung. Beispiele hierfür wären die Steigerung der Trinkmenge, die Einnahme von Preiselbeerprodukten, die Anwendung von Scheidenzäpfchen mit Laktobazillen oder östrogenhaltigen Crèmes für Frauen nach den Wechseljahren und die Durchführung einer
Art Impfung in Tablettenform gegen E.-coli-Bakterien.
Dr. med. Mirjam Huwyler
Quelle: Neue Luzerner Zeitung 17. März 2014
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