Mykobakterien - Medizinische Mikrobiologie

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Mykobakterien, Tuberkulose,
Lepra und atypische Mykobakterien
Bettina Löffler
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Universitätsklinikum Jena
Wintersemester 2015/16
Mykobakterien
• Obligat pathogene Arten
Mycobacterium tuberkulosis-Komplex (M. tuberculosis, M. africanum u.a.)
Mycobacterium leprae, bislang nicht auf Nährmedien kultiviert
• Fakultativ pathogene Arten
atypische Mykobakterien, ubiquitär in der Umwelt vorkommend
klinische Bedeutung bei immunsupprimierten Patienten
Die mikrobiologische Diagnostik von Mykobakteriosen ist anspruchsvoll.
Durchführung nur im Sicherheitslabor (L3).
Mycobacterium tuberculosis
Historisches
• Schon im Altertum beschrieben: Hippokrates (460-370
v.Ch.) prägte den Begriff „Phthisis“ =
Lungenschwindsucht und Auszehrung
• 1882 wurden durch R. Koch aus pathologischen
Läsionen Tuberkulosebakterien isoliert (erfüllte KochHenlesche Postulate)
• 24.3.1882 Vortrag vor der Berliner Physiologischen
Gesellschaft
• Zu dieser Zeit starben etwa 20% der Bevölkerung an
Tuberkulose
• 1908: BCG-Impfung: attenuierter M. bovis Stamm
• Ab 1943 Chemotherapie der Tuberkulose durch G.
Domagk; dennoch schwierige Behandlung
• Ab 1970: durch Einführung von Rifampicin wurde die
Therapie effektiver
Mycobacterium tuberculosis
Bedeutung weltweit
• Weltweit bedeutendste Infektionskrankheit
• WHO: Ein Drittel der Weltbevölkerung trägt die Erreger in sich
• Nach WHO starben 2012 1.3 Millionen Menschen an
Tuberkulose, von denen 320 000 zusätzlich HIV-positiv waren
neue Tuberkulosefälle vor allem in Afrika
Mycobacterium tuberculosis
Charakeristika und Virulenz
• Gram-positive, grazile, schwer anfärbbare Stäbchen,
säurefest, sporenlos, unbeweglich, obligat aerob, langsam
wachsend
• säurefest durch besondere Struktur der Zellwand
(säurefeste Ziehl-Neelsen Färbung)
Virulenzfaktor
Funktion
Tuberkulo-Lipide/Wachse
Langkettige FS (60% der
Masse)
Umweltresistenz, Säurefestigkeit.
Schutz vor intrazellulärem Killing
Cordfaktor
Adhäsionsfaktor, Immunstimulation,
fördert Granulombildung, toxische
Wirkung
Sulfolipide
Hemmung der Phago-LysosomenFusion
Mycobacterium tuberculosis
Pathogenese
• Zellwandaufbau: reich an Lipiden und Wachsen
•
Säurefestigkeit
•
Resistenz gegen Säuren, Laugen und z.T.
Desinfektionsmittel
•
Resistenz gegen Komplementlyse
•
Intrazelluläre Persistenz, Persistenz in Makrophagen
• Granulombildung:  Abkapselung und Persistenz der
Bakterien in Granulomen
• Aktivierung gewebeständiger Makrophagen
• Bakterien sind im Granulom konzentriert
• Bakterien reduzieren ihren Stoffwechsel
 bakterielle Persistenz
Mycobacterium tuberculosis
Übertragung
• aerogen, durch Tröpfchen
→ ein offen Tuberkulöser
infiziert 2-10 Personen
Aerosolanzahl:
Entfernung:
Dauer:
husten >> sprechen > singen
Nähe >> Ferne
lang >> kurz
• Übertragung durch Milch (M. bovis)
→ Rinderbestand in Mitteleuropa
ist weitgehend tuberkulosefrei
• Inkubationszeit: Wochen bis Monate
Mycobacterium tuberculosis
Klinik
1. Primär-TB: Lungenherd und regionaler Lymphknoten
2. A. Latenzphase (~ 90 %)
B. Progredient (~ 5 %)
⇒ Miliartuberkulose
⇒ Landouzy-Sepsis
3. Reaktivierung (~ 5 %)
- Einschmelzungen (verkäsende Nekrosen), Kavernen
⇒ offene / infektiöse Tuberkulose
- lymphogene / hämatogene Streuung
- Organtuberkulose
Mycobacterium tuberculosis
Relatives Risiko für die Entwicklung einer aktiven Tuberkulose (Beispiele)
- Silikose
- Diabetes mellitus
- Niereninsuffizienz, Dialyse
- Gastrektomie
- Herz-Tx
- Nieren-Tx
30
2.0-4.1
10.0-25.3
2-5
20-74
37
-TNF-Blocker
4-20
Greinert U et al., Internist 2003, 44; 1394-1405
Mycobacterium tuberculosis
Symptome
• > 90 % subklinisch
• uncharakteristische Allgemeinsymptome sind
führend: Schwäche, Abgeschlagenheit,
Nachtschweiß, mässiges Fieber um 38 °C,
Inappetenz, Gewichtsabnahme („Schwindsucht“)
⇒ später: Husten (zunächst unproduktiv, später
produktiv), Auswurf > 3 Wo., Hämoptysen,
atemabhängige Schmerzen, nur selten
Dyspnoe
Mycobacterium tuberculosis
Pulmonale Manifestationen
• Veränderungen Lungenspitze
• perihiläre Veränderungen
• Kavernen  Entwicklung einer
offenenTuberkulose
• Verkalkungen
• Destruktionen
• Miliartuberkulose
Mycobacterium tuberculosis
Extrapulmonale Manifestationen
• jedes Organsystem kann
betroffen sein
• 10-20 %, bei HIV-pos. > 50 %
• Erregerzahl geringer im
Vergleich zur Lungen-TB
⇒ Lymphknoten 50 %
Urogenital 25 %
Knochen/Gelenke 10 %
Meningitis 3 %
Mycobacterium tuberculosis
Beispiel: Extrapulmonale Manifestation der Perikarditis
• Pericarditis tuberculosa
• anhaltende Ergußbildung
 Gefahr der Herzbeuteltamponade
• Spätfolge: Panzerherz/Pericarditis
constrictiva, u.U.
 Dekortikation
erforderlich
Herzbeutelverkalkung über der
Herzspitze nach tuberkulöser Pericarditis
Tuberkulöse Pericarditis mit
doppelseitigen Pleuraergüssen
Mycobacterium tuberculosis
Beispiel: Extrapulmonale Manifestation einer Kehlkopftuberkulose
Klinischer Fall:
Ein 34-jähriger Mann aus dem Unstrut-Hainich-Kreis klagte seit Anfang dieses Jahres über
anhaltende Halsschmerzen und Schluckbeschwerden.
Wegen des Verdachtes auf eine chronische Laryngitis wurde er vom 21.02. – 23.02.2013
stationär behandelt. Da keine Besserung der Symptomatik eintrat, suchte er in der Folgezeit
verschiedene Ärzte auf.
Eine Thoraxröntgenaufnahme wurde nicht veranlasst!
Nach einer rapiden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, Fieber, Gewichtsabnahme
und dem Auftreten von Husten mit Auswurf erfolgte am 06.05.2013 die erneute stationäre
Aufnahme. Sowohl im Röntgenbild der Lunge vom Aufnahmetag als auch im Thorax-CT vom
07.05.2013 waren ausgeprägte pneumonische Infiltrate sowie kavernöse Veränderungen im
Bereich beider Oberlappen erkennbar, die den Verdacht auf eine Tuberkulose nahe legten. In
Sputum und Bronchialsekret vom 08.05.2013 gelang der mikroskopische Nachweis säurefester
Stäbchen. Nachfolgend wurde aus beiden Materialien M. tuberculosis-Komplex isoliert.
Am 10.05.2013 verstarb der Patient noch vor Beginn der antituberkulösen Behandlung. Die am
13.05.2013 erfolgte Obduktion bestätigte eine kavernöse Lungentuberkulose mit
bronchogenen Streuherden und sekundärer Kehlkopftuberkulose.
Mycobacterium tuberculosis
Fieber unklarer Genese: Definition und Ursachen
Fieber ohne erkennbare Ursache mit Temperaturen über 38,3°C
über mehr als 3 Wochen - ohne Diagnose trotz eines einwöchigen
Krankenhausaufenthaltes (Petersdorf und Beeson, 1961) oder
ambulanter Betreuung
Vaskulitis
Rheumatische
Erkrankungen
AOSD
Kollagenosen
Tbc
Endokarditis
Virusinfektionen
Infektion
bakterielle Infektionen
Lymphome/Leukämien
Neoplasie
solide Tm
andere
unklar
Iikuni Y et al. Intern Med. 1994 Feb;33:67-73. (n=153)
Arzneitmittelfieber/Artifizielles Fieber
Mycobacterium tuberculosis
Fieber unklarer Genese: Therapie ohne Diagnose
„watch and wait“ (Antipyrese)
bei schlechtem AZ oder AZ-Verschlechterung
bei Anhalt für
oder fehlendem Ausschluss
eines Infektes
(Risiko: z.B. „Anbehandlung“ einer
Endokarditis ohne Sanierung)
nach Ausschluss
einer Infektion/Malignität und
Hinweisen für
Autoimmunerkrankung
(Risiko: maskiert Symptome!!!)
Probatorische antiinfektive Therapie Probatorische Glukokortikoid-Gabe
Mycobacterium tuberculosis
Diagnostik
• Anamnese: Alter, Immunstatus (HIV, Immunsuppression, Alkohol),
pulmonale Vorerkrankungen, soziale Faktoren, Herkunft
Symptome z.t. schleichende Verläufe, sehr wechselnde Bilder ⇒
„Daran denken“!
• Körperliche Untersuchung, Lymphknotenstatus
•
• Bildgebung: z.B. Rö-Thorax, Computertomographie
• Proben an Mikrobiologie und Pathologie
(Sputum, BAL, Pleurapunktat, Urin, Liquor, Lymphknoten, Haut-,
Knochen- oder Weichteilgewebe)
• Bei Verdacht auf offene Tuberkulose: Isolation und Abnahme von
3 Sputen an unterschiedlichen Tagen
Mycobacterium tuberculosis
Diagnostik: nach Immunreaktion
Hauttest: Tuberkulintest nach Mendel-Mantoux
0.1 ml verdünntes Tuberkulin, Palmarseite des Unterarms,
Ablesen nach 48-72 h,
Falsch Negativ: einige Patienten reagieren nicht auf Tuberkulin,
z.B. Immunsuppression
Falsch Positiv: mögliche Kreuzreaktionen mit atypischen
Mykobakterien, positiv nach Impfung
gewinnt aufgrund der verminderten Frühdurchseuchung
Differenzialdiagnostisch wieder an Bedeutung
Risikoabhängige Positivitätskriterien für den Tuberkulinhauttest
(nach den Richtlinien von CDC, ATS und DZK)
Mycobacterium tuberculosis
Diagnostik: nach Immunreaktion
Hauttest: Tuberkulintest nach Mendel-Mantoux
 sehr subjektives Ablesen, vom Ableser abhängig
Mycobacterium tuberculosis
Diagnostik: nach Immunreaktion
Interferon-γ-Release-Assays
Nutzen die Bildung von Interferon-ү durch spezifische CD4-Zellen
nach Präsentation von M. tuberculosis-spezifischen Antigenen
(ESAT-6, CFP-10, TB7.7)
Vorteile:
• 1-malige Blutentnahme
• Unabhängig vom Ableser
• Keine Beeinflussung durch BCG-Impfung
• Weniger Kreuzreaktionen durch andere Mykobakterien
Nachteile:
• Keine Differenzierung zwischen latenter und aktiver TBC
• Frühestens 8 Wochen nach Kontakt
• Bei Validität für einige Patienten noch wenig Erfahrung: Immunsupprimierte,
Kinder, alte Menschen
Mycobacterium tuberculosis
Diagnostik: nach Erregernachweis
Mikroskopie
• sehr schnell, kostengünstig
• mind. 104 Keime/ml
• ggf. Sputum provozieren durch Inhalation mit 5 -10 %iger
Kochsalzlösung
• keine Unterscheidung zwischen lebenden und toten Bakterien
⇒ immer auch Kultur → Resistenztestung
für den Ausschluss einer offenen Lungen-TBC
 3 Sputen müssen mikroskopisch negativ sein
Mycobacterium tuberculosis
Diagnostik: nach Erregernachweis
PCR
Nukleinsäurenachweis:
- 102-103 Mycobakterien
- Schnelltest (6-48h, je nach Infrastruktur)
- Sensitivität 95-100% falls mikroskopisch positiv, 40-80% falls
mikroskopisch negativ
- hohe Spezifität (95-100 %)
- nicht geeignet zur Therapiekontrolle, da auch DNA/RNA
von nicht lebenden Bakterien nachgewiesen wird
 PCR ist kein Ersatz für konventionelle Methoden
Mycobacterium tuberculosis
Diagnostik: nach Erregernachweis
Kultur: es werden 3 Kulturen angelegt (2 Fest- und eine Flüssigkultur)
• feste Kulturmedien: 100 Bakt./ml, 18-24 Tage,
flüssige Kulturmedien: 10 Bakt. /ml, 8-14 Tage
• Goldstandard der mikrobiologischen Diagnostik
• essentiell für Speziesidentifikation
und Resistenztestung
• Kontrolle des Therapieerfolgs
möglich
• in 10-20 % kulturnegative TBC
Löwenstein-Jensen-Medien
• Alle Verfahren werden bei ausbleibendem Wachstum erst nach
8 Wochen abgeschlossen
Mycobacterium tuberculosis
Therapie
• TBC wird immer mit einer Kombinationstherapie behandelt
• nur mit einer Kombinationstherapie ist es möglich verschiedene
Angriffspunkte (intra- / extrazellulär) zu nutzen und somit die
Resistenzbildung zu verlangsamen
• abhängig von Infektionslokalisation und klinischen Bild wird heute
meist mit einer 4-fach Kombination über 3-6 Monate behandelt
• eine mehrmonatige Phase mit 2 verschiedenen Antibiotika schließt
sich an die 4-fach Kombination an
• Je nach Lokalisation, Klinik und Resistenzlage sind
Therapieschemata bis zu mehreren Jahren indiziert
Mycobacterium tuberculosis
Standardtherapie
INH: Isoniazid, RMP: Rifampicin, PZA: Pyrazinamid,
EMB: Ethambutol, SM: Streptomycin
• INH + RMP + PZA + EMB/SM
x 2 Monate
gefolgt von
• INH + RMP
x 4 Monate
4 x 2 Mo + 2 x 4 Mo
⇓
Initialphase
⇓
Konsilidierungsphase
Weitere und Second-Line Antituberkulotika
z.B.: Prothionamid, Fluorchinolone, Capreomycin, Viomycin, Kanamycin,
Amikacin
Mycobacterium tuberculosis
Therapie: Resistenzen
• MDR (multiresistente): TB-Bakterien ist gegen die beiden wirksamsten
First-Line-Antituberkulotika Rifampicin und Isoniazid resistent ist.
• XDR (extrem resistente):TB-Erreger gleichzeitig gegen Rifampicin und
Isoniazid und zusätzlich gegen Fluorchinolone (z.B. Ofloxacin und
Moxifloxacin) sowie gegen ein injizierbares Second-LineAntituberkulotikum (z.B. Capreomycin, Viomycin, Kanamycin und
Amikacin) resistent ist.
 In Mitteleuropa sind Resistenzen
noch selten, in Osteuropa und in
Entwicklungsländern häufiger
 Insgesamt weltweit verbreitet
Mycobacterium tuberculosis
Therapie: Resistenzen
• Jährlich treten weltweit etwa 425.000 MDR-TB-Fälle auf (5% aller TBInfektionen)
• Die aufwändige Diagnose einer MDR-TB sowie die stark
eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten erschweren die Kontrolle
der Tuberkulose.
• als mögliche Ursache für die Entwicklung einer XDR-TB gilt eine
inadäquate Therapie der Tuberkulose Therapie unter Aufsicht
 Die Behandlung der MDR und vor
allem der XDR ist extrem schwierig;
Letalität ist sehr hoch;
sollte von einem Spezialisten
durchgeführt werden
Mycobacterium tuberculosis
Tuberkulose bei Immunsuppression
• erhöhtes Risiko für primäre Form
• erhöhtes Risiko für Reaktivierung
• extrapulmonale Verläufe häufig
• generalisierte Infektion (Miliar-Tuberkulose)
• oft verzögerte Diagnose
• vermindertes Ansprechen auf Therapie Lupus
erythematodes
 erhöhte Morbidität und Mortalität
Rheumatoide Arthritis
Mycobacterium tuberculosis
Tuberkulose bei Immunsuppression
• frühzeitiges Einbeziehen der TB in die Differentialdiagnostik (insbes.
bei Risikopatienten)
• bei klinischem Verdacht einer offenen Lungen-TB → Isolierung des
Patienten bis zum mikrobiologischen Ausschluss der Diagnose
• TB-Screening vor Einleitung einer immunsuppressiven Therapie
(Chemotherapie, Organtransplantation, TNF-alpha-Blockade bei
Autoimmunerkrankungen)
wenn anamnestisch Risikofaktoren für TB eruierbar, hohes Risiko einer
Reaktivierung
 ggf. INH-Gabe 4 Wochen vor Einleitung der Immunsuppression für
insgesamt 9 Monate
Mycobacterium tuberculosis
Tuberkulose bei HIV
• 1/3 der HIV-Patienten ist koinfiziert
• 1/3 der Koinfizierten versterben an TB
• Risiko der Tuberkulose bei AIDS 5-10%/Jahr
(ohne HIV 5-10% in Laufe des Lebens!)
Besonderheiten der Koinfektion
bezogen auf die Tuberkulose:
http://cdn.wn.com/pd/
• Sputum oft mikroskopisch negativ
• häufig untere Lungenfelder und Mittellappen betroffen
• hoher Anteil (etwa 50%) extrapulmonaler Tuberkulose
• sehr häufig atypische Mykobakterien (M. avium intracellulare, M. kansasii)
bezogen auf AIDS:
• T-Helferzahl < 100/µl miliarer TB-Verlauf
• HIV-Replikationsrate und genetische Variabilität der Viren am Ort der TBErkrankung erhöht
Atypische Mykobakterien
Übersicht
• Mycobaceria other than tuberculosis (atypische Mykobakterien)
• Ca. 130 Arten; kommen ubiquitär vor, v.a. in Feuchtbiotopen
• wachsen oft etwas schneller als M. tuberculosis
• z.B. M. avium, M. intracellulare, M. marinum, M. chelonae, M.
ulcerans
• viele sind apathogen; einige können aber chronische Infektionen
hervorrufen
• Betroffen v.a.:
- Mangelernährung,
- reduzierter Immunabwehr,
- Tumoren
- Transpantationen
- AIDS
• Diagnose entsprechend der Tuberkulose
• Therapie nur nach Resistenzbestimmung, Multiresistenz häufig
Atypische Mykobakterien
Wichtige Infektionen
• Lungeninfektionen: akute Exazerbation bei chron. Bronchitis,
Infektionen bei Bronchiektasen, chronische Infektion bei zystischer
Fibrose
• Lokale Lymphadenitis: v.a. submandibulär, submaxillär, zervikal
• Infektionen von Haut- und Weichteilen, Knochen, Sehnen und
Gelenken: Abszesse, chirurgische Wundinfektionen, Fremdkörperassoziierte Infektionen
• Disseminierte Infektionen: bei immunkompromittierten Patienten,
v.a. bei AIDS
CFLunge
Schlecht heilende Wunden,
Lymphadenitis bei HIV
Mycobacterium leprae
Lepra
• Bakterien extrem langsam wachsend, nicht kultivierbar
• 1873 durch den Norweger Armauer Hanson entdeckt
(Lepra war damals in Norwegen verbreitet)
• M. leprae zeigt ausgeprägten Tropismus zu Haut- und
Nervengewebe
•
opt. Temp.: 27-30°C in peripheren Bereichen
• M. leprae benötigt DOPA (kommt in Nerven reichlich vor)
• Patienten spüren keinen Schmerz  Infektionen,
Verletzungen,…
Virulenzfaktor
Funktion
Phenolisches Glycolipid
Resistente Kapsel; ähnlich M.
tuberculosis
Mycobacterium leprae
Lepra: Pathomechanismen
Ähnliche Immunmechanismen wir bei Tuberkulose: Granulombildung
• Intrazelluläre Persistenz in Makrophagen, Schwann-Zellen der Nerven,
Hautzellen, Muskelzellen  Hemmung des intrazellulären Abbaus
• Granulombildung mit Mantel aus T-Zellen, Makrophagen
Verlauf der Infektion hängt von der Immunitätslage ab:
ausgeprägte zelluläre Immunität  tuberkuloide Lepra
wenige Läsionen, lokal begrenzte granulomatöse, fibrosierende Herde
mit ganz wenigen Bakterien
 benigne Form
anerge zelluläre Immunität  lepromatöse Lepra
zahlreiche schwere verstümmelnde diffuse Läsionen mit vielen Bakterien
 maligne Form
Borderline-Lepra liegt zwischen den beiden Extremen
Mycobacterium leprae
Lepra: Klinik
• Lange Inkubationszeit: ca. 3-10 Jahre
• tuberkuloide Lepra:
• Hypopigmentierte leicht erhobene Makula,
die häufig anästhetisch sind
• Einzelne befallene Nervenstränge
• Patient ist kaum ansteckend
• lepromatöse Lepra:
• Keime breiten sich über den ganzen Körper aus, auch
innere Organe sind befallen
• Zahlreiche Nodula/Makula/tiefe Ulzera auf der
Haut/Schleimhaut; Gesichtsnodula  „Löwengesicht“
• Ausgeprägter Befall der peripheren Nerven  Anästhesie,
Lämungen
• Patient ist sehr ansteckend
Mycobacterium leprae
Lepra: Diagnose
• Sensibilitätsprüfung depigmentierter
Hautareale
• Lepromin-Test: Immunreaktion auf tote
M. leprae Bakterien
• Nasenabstrich im Ziehl-Neelsen-Präparat
• Histologie aus Biopsien
• Serologie/Molekulare
Methoden in
Speziallaboren
Mycobacterium leprae
Lepra: Therapie
• Lepromatöse Lepra:
Ernährung, (Wund-)Versorgung
Dapsone + Rifampizin, Clofazimin
• Tuberkoloide Lepra:
Dapson + Rifampicin
• Behandlungsdauer: 6 Monate bis viele Jahre
• Meldepflicht (Verdacht, Erkrankung, Tod)
• Eine Isolation von Kranken, die behandelt werden, wird nicht
mehr gefordert.
Mycobacterium leprae
Lepra: Epidemiologie
• Lepra ist v.a. in unterentwickelten Ländern anzutreffen
• Der Mensch ist der einzige bedeutende Wirt
• Übertragung: direkter Kontakt über kleine Haut- oder
Mukosaverletzungen
Actinomyces
Aktinomykose
• Gram-positive Stäbchen mit echten Verzweigungen,
sporenlos, unbeweglich, anaerob wachsend
• medizinisch bedeutsam:
A. israeli
A. naeslundi
A. viscosus
• Actinomyces sp. sind Bestandteil der Normalflora des
Mundes, Darm- und Genitaltraktes
• Infektion (endogen) im Zusammenhang mit lokaler
Anaerobiose durch Fremdkörper, Karies oder
Minderperfusion und mit anderen Bakterien
(z.B.: Staphylokokken, Actinobacillus
actinomycetemcomitans u.a.m.)
Actinomyces
Aktinomykose: Pathogenese
Erreger dringen über die Schleimhaut ein
Granulomatöse eitrige chronische Entzündungen
(aerob-anaerobe Mischinfektionen)
• Zervikofaziale Aktinomykose: häufigste Form (90%); harte
tumorartige nekrotische durchbrechende Abszesse
• Kanalikulitis/Dakrozystitis: Entzündung der Tränenkanäle
• Thorakale Aktinomykose: Fortgeleitet aus dem
Halsbereich od. hämatogen
• Abdominale/genitale Aktinomykose: Verletzung des
Darms oder Genitalbereichs
Actinomyces
Aktinomykose: Diagnose und Therapie
• klinische Diagnose: brettharte Infiltration,
drusenhaltiger Eiter
• Mikrobiologische Diagnose: Primärpräparat,
aerobe und anaerobe Kultur, Mischflora
beachten
• Therapie: 1. chirurgische Sanierung
2. Aminopenicillin
(Begleitflora beachten!)
• Keine Prophylaxe möglich, da endogene Infektion
Zusammenfassung: Mykobakterien
• M. tuberculosis ist der Auslöser der Tuberkulose
• Verlaufsformen: Primär-TB, Latenzphase, Reaktivierung;
pulmonlale und extrapulmonale Verlaufsformen
• Klinik: oft uncharakteristische Symptome, v.a. bei extrapulmonalen
Verläufen; B-Symptomatik, Fieber unklarer Genese
• Diagnose: Tine-Test, g-Interferon-Test, Mikroskopie, PCR, Kultur
 Ausschluß einer offenen Tuberkulose, sonst: Isolation
• Therapie: Therapie mit Kombinationsschemata mindestens 6 Monate
• Atypische Mykobakterien verursachen bei immunsupprimierten
Patienten chronische Infektionen
• M. leprae löst Lepra aus; Krankheitsbild abhängig vom Immunstatus
• Actinomyces: endogene Mischinfektionen mit weiteren Bakterien, z.B.
Fremdkörperinfektionen, Karies,..
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