Mykobakterien, Tuberkulose, Lepra und atypische Mykobakterien Bettina Löffler Institut für Medizinische Mikrobiologie Universitätsklinikum Jena Wintersemester 2015/16 Mykobakterien • Obligat pathogene Arten Mycobacterium tuberkulosis-Komplex (M. tuberculosis, M. africanum u.a.) Mycobacterium leprae, bislang nicht auf Nährmedien kultiviert • Fakultativ pathogene Arten atypische Mykobakterien, ubiquitär in der Umwelt vorkommend klinische Bedeutung bei immunsupprimierten Patienten Die mikrobiologische Diagnostik von Mykobakteriosen ist anspruchsvoll. Durchführung nur im Sicherheitslabor (L3). Mycobacterium tuberculosis Historisches • Schon im Altertum beschrieben: Hippokrates (460-370 v.Ch.) prägte den Begriff „Phthisis“ = Lungenschwindsucht und Auszehrung • 1882 wurden durch R. Koch aus pathologischen Läsionen Tuberkulosebakterien isoliert (erfüllte KochHenlesche Postulate) • 24.3.1882 Vortrag vor der Berliner Physiologischen Gesellschaft • Zu dieser Zeit starben etwa 20% der Bevölkerung an Tuberkulose • 1908: BCG-Impfung: attenuierter M. bovis Stamm • Ab 1943 Chemotherapie der Tuberkulose durch G. Domagk; dennoch schwierige Behandlung • Ab 1970: durch Einführung von Rifampicin wurde die Therapie effektiver Mycobacterium tuberculosis Bedeutung weltweit • Weltweit bedeutendste Infektionskrankheit • WHO: Ein Drittel der Weltbevölkerung trägt die Erreger in sich • Nach WHO starben 2012 1.3 Millionen Menschen an Tuberkulose, von denen 320 000 zusätzlich HIV-positiv waren neue Tuberkulosefälle vor allem in Afrika Mycobacterium tuberculosis Charakeristika und Virulenz • Gram-positive, grazile, schwer anfärbbare Stäbchen, säurefest, sporenlos, unbeweglich, obligat aerob, langsam wachsend • säurefest durch besondere Struktur der Zellwand (säurefeste Ziehl-Neelsen Färbung) Virulenzfaktor Funktion Tuberkulo-Lipide/Wachse Langkettige FS (60% der Masse) Umweltresistenz, Säurefestigkeit. Schutz vor intrazellulärem Killing Cordfaktor Adhäsionsfaktor, Immunstimulation, fördert Granulombildung, toxische Wirkung Sulfolipide Hemmung der Phago-LysosomenFusion Mycobacterium tuberculosis Pathogenese • Zellwandaufbau: reich an Lipiden und Wachsen • Säurefestigkeit • Resistenz gegen Säuren, Laugen und z.T. Desinfektionsmittel • Resistenz gegen Komplementlyse • Intrazelluläre Persistenz, Persistenz in Makrophagen • Granulombildung: Abkapselung und Persistenz der Bakterien in Granulomen • Aktivierung gewebeständiger Makrophagen • Bakterien sind im Granulom konzentriert • Bakterien reduzieren ihren Stoffwechsel bakterielle Persistenz Mycobacterium tuberculosis Übertragung • aerogen, durch Tröpfchen → ein offen Tuberkulöser infiziert 2-10 Personen Aerosolanzahl: Entfernung: Dauer: husten >> sprechen > singen Nähe >> Ferne lang >> kurz • Übertragung durch Milch (M. bovis) → Rinderbestand in Mitteleuropa ist weitgehend tuberkulosefrei • Inkubationszeit: Wochen bis Monate Mycobacterium tuberculosis Klinik 1. Primär-TB: Lungenherd und regionaler Lymphknoten 2. A. Latenzphase (~ 90 %) B. Progredient (~ 5 %) ⇒ Miliartuberkulose ⇒ Landouzy-Sepsis 3. Reaktivierung (~ 5 %) - Einschmelzungen (verkäsende Nekrosen), Kavernen ⇒ offene / infektiöse Tuberkulose - lymphogene / hämatogene Streuung - Organtuberkulose Mycobacterium tuberculosis Relatives Risiko für die Entwicklung einer aktiven Tuberkulose (Beispiele) - Silikose - Diabetes mellitus - Niereninsuffizienz, Dialyse - Gastrektomie - Herz-Tx - Nieren-Tx 30 2.0-4.1 10.0-25.3 2-5 20-74 37 -TNF-Blocker 4-20 Greinert U et al., Internist 2003, 44; 1394-1405 Mycobacterium tuberculosis Symptome • > 90 % subklinisch • uncharakteristische Allgemeinsymptome sind führend: Schwäche, Abgeschlagenheit, Nachtschweiß, mässiges Fieber um 38 °C, Inappetenz, Gewichtsabnahme („Schwindsucht“) ⇒ später: Husten (zunächst unproduktiv, später produktiv), Auswurf > 3 Wo., Hämoptysen, atemabhängige Schmerzen, nur selten Dyspnoe Mycobacterium tuberculosis Pulmonale Manifestationen • Veränderungen Lungenspitze • perihiläre Veränderungen • Kavernen Entwicklung einer offenenTuberkulose • Verkalkungen • Destruktionen • Miliartuberkulose Mycobacterium tuberculosis Extrapulmonale Manifestationen • jedes Organsystem kann betroffen sein • 10-20 %, bei HIV-pos. > 50 % • Erregerzahl geringer im Vergleich zur Lungen-TB ⇒ Lymphknoten 50 % Urogenital 25 % Knochen/Gelenke 10 % Meningitis 3 % Mycobacterium tuberculosis Beispiel: Extrapulmonale Manifestation der Perikarditis • Pericarditis tuberculosa • anhaltende Ergußbildung Gefahr der Herzbeuteltamponade • Spätfolge: Panzerherz/Pericarditis constrictiva, u.U. Dekortikation erforderlich Herzbeutelverkalkung über der Herzspitze nach tuberkulöser Pericarditis Tuberkulöse Pericarditis mit doppelseitigen Pleuraergüssen Mycobacterium tuberculosis Beispiel: Extrapulmonale Manifestation einer Kehlkopftuberkulose Klinischer Fall: Ein 34-jähriger Mann aus dem Unstrut-Hainich-Kreis klagte seit Anfang dieses Jahres über anhaltende Halsschmerzen und Schluckbeschwerden. Wegen des Verdachtes auf eine chronische Laryngitis wurde er vom 21.02. – 23.02.2013 stationär behandelt. Da keine Besserung der Symptomatik eintrat, suchte er in der Folgezeit verschiedene Ärzte auf. Eine Thoraxröntgenaufnahme wurde nicht veranlasst! Nach einer rapiden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, Fieber, Gewichtsabnahme und dem Auftreten von Husten mit Auswurf erfolgte am 06.05.2013 die erneute stationäre Aufnahme. Sowohl im Röntgenbild der Lunge vom Aufnahmetag als auch im Thorax-CT vom 07.05.2013 waren ausgeprägte pneumonische Infiltrate sowie kavernöse Veränderungen im Bereich beider Oberlappen erkennbar, die den Verdacht auf eine Tuberkulose nahe legten. In Sputum und Bronchialsekret vom 08.05.2013 gelang der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen. Nachfolgend wurde aus beiden Materialien M. tuberculosis-Komplex isoliert. Am 10.05.2013 verstarb der Patient noch vor Beginn der antituberkulösen Behandlung. Die am 13.05.2013 erfolgte Obduktion bestätigte eine kavernöse Lungentuberkulose mit bronchogenen Streuherden und sekundärer Kehlkopftuberkulose. Mycobacterium tuberculosis Fieber unklarer Genese: Definition und Ursachen Fieber ohne erkennbare Ursache mit Temperaturen über 38,3°C über mehr als 3 Wochen - ohne Diagnose trotz eines einwöchigen Krankenhausaufenthaltes (Petersdorf und Beeson, 1961) oder ambulanter Betreuung Vaskulitis Rheumatische Erkrankungen AOSD Kollagenosen Tbc Endokarditis Virusinfektionen Infektion bakterielle Infektionen Lymphome/Leukämien Neoplasie solide Tm andere unklar Iikuni Y et al. Intern Med. 1994 Feb;33:67-73. (n=153) Arzneitmittelfieber/Artifizielles Fieber Mycobacterium tuberculosis Fieber unklarer Genese: Therapie ohne Diagnose „watch and wait“ (Antipyrese) bei schlechtem AZ oder AZ-Verschlechterung bei Anhalt für oder fehlendem Ausschluss eines Infektes (Risiko: z.B. „Anbehandlung“ einer Endokarditis ohne Sanierung) nach Ausschluss einer Infektion/Malignität und Hinweisen für Autoimmunerkrankung (Risiko: maskiert Symptome!!!) Probatorische antiinfektive Therapie Probatorische Glukokortikoid-Gabe Mycobacterium tuberculosis Diagnostik • Anamnese: Alter, Immunstatus (HIV, Immunsuppression, Alkohol), pulmonale Vorerkrankungen, soziale Faktoren, Herkunft Symptome z.t. schleichende Verläufe, sehr wechselnde Bilder ⇒ „Daran denken“! • Körperliche Untersuchung, Lymphknotenstatus • • Bildgebung: z.B. Rö-Thorax, Computertomographie • Proben an Mikrobiologie und Pathologie (Sputum, BAL, Pleurapunktat, Urin, Liquor, Lymphknoten, Haut-, Knochen- oder Weichteilgewebe) • Bei Verdacht auf offene Tuberkulose: Isolation und Abnahme von 3 Sputen an unterschiedlichen Tagen Mycobacterium tuberculosis Diagnostik: nach Immunreaktion Hauttest: Tuberkulintest nach Mendel-Mantoux 0.1 ml verdünntes Tuberkulin, Palmarseite des Unterarms, Ablesen nach 48-72 h, Falsch Negativ: einige Patienten reagieren nicht auf Tuberkulin, z.B. Immunsuppression Falsch Positiv: mögliche Kreuzreaktionen mit atypischen Mykobakterien, positiv nach Impfung gewinnt aufgrund der verminderten Frühdurchseuchung Differenzialdiagnostisch wieder an Bedeutung Risikoabhängige Positivitätskriterien für den Tuberkulinhauttest (nach den Richtlinien von CDC, ATS und DZK) Mycobacterium tuberculosis Diagnostik: nach Immunreaktion Hauttest: Tuberkulintest nach Mendel-Mantoux sehr subjektives Ablesen, vom Ableser abhängig Mycobacterium tuberculosis Diagnostik: nach Immunreaktion Interferon-γ-Release-Assays Nutzen die Bildung von Interferon-ү durch spezifische CD4-Zellen nach Präsentation von M. tuberculosis-spezifischen Antigenen (ESAT-6, CFP-10, TB7.7) Vorteile: • 1-malige Blutentnahme • Unabhängig vom Ableser • Keine Beeinflussung durch BCG-Impfung • Weniger Kreuzreaktionen durch andere Mykobakterien Nachteile: • Keine Differenzierung zwischen latenter und aktiver TBC • Frühestens 8 Wochen nach Kontakt • Bei Validität für einige Patienten noch wenig Erfahrung: Immunsupprimierte, Kinder, alte Menschen Mycobacterium tuberculosis Diagnostik: nach Erregernachweis Mikroskopie • sehr schnell, kostengünstig • mind. 104 Keime/ml • ggf. Sputum provozieren durch Inhalation mit 5 -10 %iger Kochsalzlösung • keine Unterscheidung zwischen lebenden und toten Bakterien ⇒ immer auch Kultur → Resistenztestung für den Ausschluss einer offenen Lungen-TBC 3 Sputen müssen mikroskopisch negativ sein Mycobacterium tuberculosis Diagnostik: nach Erregernachweis PCR Nukleinsäurenachweis: - 102-103 Mycobakterien - Schnelltest (6-48h, je nach Infrastruktur) - Sensitivität 95-100% falls mikroskopisch positiv, 40-80% falls mikroskopisch negativ - hohe Spezifität (95-100 %) - nicht geeignet zur Therapiekontrolle, da auch DNA/RNA von nicht lebenden Bakterien nachgewiesen wird PCR ist kein Ersatz für konventionelle Methoden Mycobacterium tuberculosis Diagnostik: nach Erregernachweis Kultur: es werden 3 Kulturen angelegt (2 Fest- und eine Flüssigkultur) • feste Kulturmedien: 100 Bakt./ml, 18-24 Tage, flüssige Kulturmedien: 10 Bakt. /ml, 8-14 Tage • Goldstandard der mikrobiologischen Diagnostik • essentiell für Speziesidentifikation und Resistenztestung • Kontrolle des Therapieerfolgs möglich • in 10-20 % kulturnegative TBC Löwenstein-Jensen-Medien • Alle Verfahren werden bei ausbleibendem Wachstum erst nach 8 Wochen abgeschlossen Mycobacterium tuberculosis Therapie • TBC wird immer mit einer Kombinationstherapie behandelt • nur mit einer Kombinationstherapie ist es möglich verschiedene Angriffspunkte (intra- / extrazellulär) zu nutzen und somit die Resistenzbildung zu verlangsamen • abhängig von Infektionslokalisation und klinischen Bild wird heute meist mit einer 4-fach Kombination über 3-6 Monate behandelt • eine mehrmonatige Phase mit 2 verschiedenen Antibiotika schließt sich an die 4-fach Kombination an • Je nach Lokalisation, Klinik und Resistenzlage sind Therapieschemata bis zu mehreren Jahren indiziert Mycobacterium tuberculosis Standardtherapie INH: Isoniazid, RMP: Rifampicin, PZA: Pyrazinamid, EMB: Ethambutol, SM: Streptomycin • INH + RMP + PZA + EMB/SM x 2 Monate gefolgt von • INH + RMP x 4 Monate 4 x 2 Mo + 2 x 4 Mo ⇓ Initialphase ⇓ Konsilidierungsphase Weitere und Second-Line Antituberkulotika z.B.: Prothionamid, Fluorchinolone, Capreomycin, Viomycin, Kanamycin, Amikacin Mycobacterium tuberculosis Therapie: Resistenzen • MDR (multiresistente): TB-Bakterien ist gegen die beiden wirksamsten First-Line-Antituberkulotika Rifampicin und Isoniazid resistent ist. • XDR (extrem resistente):TB-Erreger gleichzeitig gegen Rifampicin und Isoniazid und zusätzlich gegen Fluorchinolone (z.B. Ofloxacin und Moxifloxacin) sowie gegen ein injizierbares Second-LineAntituberkulotikum (z.B. Capreomycin, Viomycin, Kanamycin und Amikacin) resistent ist. In Mitteleuropa sind Resistenzen noch selten, in Osteuropa und in Entwicklungsländern häufiger Insgesamt weltweit verbreitet Mycobacterium tuberculosis Therapie: Resistenzen • Jährlich treten weltweit etwa 425.000 MDR-TB-Fälle auf (5% aller TBInfektionen) • Die aufwändige Diagnose einer MDR-TB sowie die stark eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten erschweren die Kontrolle der Tuberkulose. • als mögliche Ursache für die Entwicklung einer XDR-TB gilt eine inadäquate Therapie der Tuberkulose Therapie unter Aufsicht Die Behandlung der MDR und vor allem der XDR ist extrem schwierig; Letalität ist sehr hoch; sollte von einem Spezialisten durchgeführt werden Mycobacterium tuberculosis Tuberkulose bei Immunsuppression • erhöhtes Risiko für primäre Form • erhöhtes Risiko für Reaktivierung • extrapulmonale Verläufe häufig • generalisierte Infektion (Miliar-Tuberkulose) • oft verzögerte Diagnose • vermindertes Ansprechen auf Therapie Lupus erythematodes erhöhte Morbidität und Mortalität Rheumatoide Arthritis Mycobacterium tuberculosis Tuberkulose bei Immunsuppression • frühzeitiges Einbeziehen der TB in die Differentialdiagnostik (insbes. bei Risikopatienten) • bei klinischem Verdacht einer offenen Lungen-TB → Isolierung des Patienten bis zum mikrobiologischen Ausschluss der Diagnose • TB-Screening vor Einleitung einer immunsuppressiven Therapie (Chemotherapie, Organtransplantation, TNF-alpha-Blockade bei Autoimmunerkrankungen) wenn anamnestisch Risikofaktoren für TB eruierbar, hohes Risiko einer Reaktivierung ggf. INH-Gabe 4 Wochen vor Einleitung der Immunsuppression für insgesamt 9 Monate Mycobacterium tuberculosis Tuberkulose bei HIV • 1/3 der HIV-Patienten ist koinfiziert • 1/3 der Koinfizierten versterben an TB • Risiko der Tuberkulose bei AIDS 5-10%/Jahr (ohne HIV 5-10% in Laufe des Lebens!) Besonderheiten der Koinfektion bezogen auf die Tuberkulose: http://cdn.wn.com/pd/ • Sputum oft mikroskopisch negativ • häufig untere Lungenfelder und Mittellappen betroffen • hoher Anteil (etwa 50%) extrapulmonaler Tuberkulose • sehr häufig atypische Mykobakterien (M. avium intracellulare, M. kansasii) bezogen auf AIDS: • T-Helferzahl < 100/µl miliarer TB-Verlauf • HIV-Replikationsrate und genetische Variabilität der Viren am Ort der TBErkrankung erhöht Atypische Mykobakterien Übersicht • Mycobaceria other than tuberculosis (atypische Mykobakterien) • Ca. 130 Arten; kommen ubiquitär vor, v.a. in Feuchtbiotopen • wachsen oft etwas schneller als M. tuberculosis • z.B. M. avium, M. intracellulare, M. marinum, M. chelonae, M. ulcerans • viele sind apathogen; einige können aber chronische Infektionen hervorrufen • Betroffen v.a.: - Mangelernährung, - reduzierter Immunabwehr, - Tumoren - Transpantationen - AIDS • Diagnose entsprechend der Tuberkulose • Therapie nur nach Resistenzbestimmung, Multiresistenz häufig Atypische Mykobakterien Wichtige Infektionen • Lungeninfektionen: akute Exazerbation bei chron. Bronchitis, Infektionen bei Bronchiektasen, chronische Infektion bei zystischer Fibrose • Lokale Lymphadenitis: v.a. submandibulär, submaxillär, zervikal • Infektionen von Haut- und Weichteilen, Knochen, Sehnen und Gelenken: Abszesse, chirurgische Wundinfektionen, Fremdkörperassoziierte Infektionen • Disseminierte Infektionen: bei immunkompromittierten Patienten, v.a. bei AIDS CFLunge Schlecht heilende Wunden, Lymphadenitis bei HIV Mycobacterium leprae Lepra • Bakterien extrem langsam wachsend, nicht kultivierbar • 1873 durch den Norweger Armauer Hanson entdeckt (Lepra war damals in Norwegen verbreitet) • M. leprae zeigt ausgeprägten Tropismus zu Haut- und Nervengewebe • opt. Temp.: 27-30°C in peripheren Bereichen • M. leprae benötigt DOPA (kommt in Nerven reichlich vor) • Patienten spüren keinen Schmerz Infektionen, Verletzungen,… Virulenzfaktor Funktion Phenolisches Glycolipid Resistente Kapsel; ähnlich M. tuberculosis Mycobacterium leprae Lepra: Pathomechanismen Ähnliche Immunmechanismen wir bei Tuberkulose: Granulombildung • Intrazelluläre Persistenz in Makrophagen, Schwann-Zellen der Nerven, Hautzellen, Muskelzellen Hemmung des intrazellulären Abbaus • Granulombildung mit Mantel aus T-Zellen, Makrophagen Verlauf der Infektion hängt von der Immunitätslage ab: ausgeprägte zelluläre Immunität tuberkuloide Lepra wenige Läsionen, lokal begrenzte granulomatöse, fibrosierende Herde mit ganz wenigen Bakterien benigne Form anerge zelluläre Immunität lepromatöse Lepra zahlreiche schwere verstümmelnde diffuse Läsionen mit vielen Bakterien maligne Form Borderline-Lepra liegt zwischen den beiden Extremen Mycobacterium leprae Lepra: Klinik • Lange Inkubationszeit: ca. 3-10 Jahre • tuberkuloide Lepra: • Hypopigmentierte leicht erhobene Makula, die häufig anästhetisch sind • Einzelne befallene Nervenstränge • Patient ist kaum ansteckend • lepromatöse Lepra: • Keime breiten sich über den ganzen Körper aus, auch innere Organe sind befallen • Zahlreiche Nodula/Makula/tiefe Ulzera auf der Haut/Schleimhaut; Gesichtsnodula „Löwengesicht“ • Ausgeprägter Befall der peripheren Nerven Anästhesie, Lämungen • Patient ist sehr ansteckend Mycobacterium leprae Lepra: Diagnose • Sensibilitätsprüfung depigmentierter Hautareale • Lepromin-Test: Immunreaktion auf tote M. leprae Bakterien • Nasenabstrich im Ziehl-Neelsen-Präparat • Histologie aus Biopsien • Serologie/Molekulare Methoden in Speziallaboren Mycobacterium leprae Lepra: Therapie • Lepromatöse Lepra: Ernährung, (Wund-)Versorgung Dapsone + Rifampizin, Clofazimin • Tuberkoloide Lepra: Dapson + Rifampicin • Behandlungsdauer: 6 Monate bis viele Jahre • Meldepflicht (Verdacht, Erkrankung, Tod) • Eine Isolation von Kranken, die behandelt werden, wird nicht mehr gefordert. Mycobacterium leprae Lepra: Epidemiologie • Lepra ist v.a. in unterentwickelten Ländern anzutreffen • Der Mensch ist der einzige bedeutende Wirt • Übertragung: direkter Kontakt über kleine Haut- oder Mukosaverletzungen Actinomyces Aktinomykose • Gram-positive Stäbchen mit echten Verzweigungen, sporenlos, unbeweglich, anaerob wachsend • medizinisch bedeutsam: A. israeli A. naeslundi A. viscosus • Actinomyces sp. sind Bestandteil der Normalflora des Mundes, Darm- und Genitaltraktes • Infektion (endogen) im Zusammenhang mit lokaler Anaerobiose durch Fremdkörper, Karies oder Minderperfusion und mit anderen Bakterien (z.B.: Staphylokokken, Actinobacillus actinomycetemcomitans u.a.m.) Actinomyces Aktinomykose: Pathogenese Erreger dringen über die Schleimhaut ein Granulomatöse eitrige chronische Entzündungen (aerob-anaerobe Mischinfektionen) • Zervikofaziale Aktinomykose: häufigste Form (90%); harte tumorartige nekrotische durchbrechende Abszesse • Kanalikulitis/Dakrozystitis: Entzündung der Tränenkanäle • Thorakale Aktinomykose: Fortgeleitet aus dem Halsbereich od. hämatogen • Abdominale/genitale Aktinomykose: Verletzung des Darms oder Genitalbereichs Actinomyces Aktinomykose: Diagnose und Therapie • klinische Diagnose: brettharte Infiltration, drusenhaltiger Eiter • Mikrobiologische Diagnose: Primärpräparat, aerobe und anaerobe Kultur, Mischflora beachten • Therapie: 1. chirurgische Sanierung 2. Aminopenicillin (Begleitflora beachten!) • Keine Prophylaxe möglich, da endogene Infektion Zusammenfassung: Mykobakterien • M. tuberculosis ist der Auslöser der Tuberkulose • Verlaufsformen: Primär-TB, Latenzphase, Reaktivierung; pulmonlale und extrapulmonale Verlaufsformen • Klinik: oft uncharakteristische Symptome, v.a. bei extrapulmonalen Verläufen; B-Symptomatik, Fieber unklarer Genese • Diagnose: Tine-Test, g-Interferon-Test, Mikroskopie, PCR, Kultur Ausschluß einer offenen Tuberkulose, sonst: Isolation • Therapie: Therapie mit Kombinationsschemata mindestens 6 Monate • Atypische Mykobakterien verursachen bei immunsupprimierten Patienten chronische Infektionen • M. leprae löst Lepra aus; Krankheitsbild abhängig vom Immunstatus • Actinomyces: endogene Mischinfektionen mit weiteren Bakterien, z.B. Fremdkörperinfektionen, Karies,..