Institut für medizinische & molekulare Diagnostik AG Falkenstrasse 14 · CH-8008 Zürich · Telefon 0041 44 497 30 60 Mycobacterium tuberculosis - Komplex 1. Bedeutung Erreger von Tuberkulose sind Mycobacterium tuberculosis , M. bovis, M. africanum und M. microti (= M. tuberculosis - Komplex). Die Tuberkulose ist weltweit für mehr Todesfälle verantwortlich als jede andere Infektionskrankheit. Die WHO schätzt 23 Millionen Tote und 8 Millionen Neuinfektionen pro Jahr. Die primäre Infektion verläuft in etwa 95% der Fälle klinisch stumm. Annähernd 1/3 der Weltbevölkerung ist primär infiziert und beherbergt somit potentiell vermehrungsfähige Erreger im Organismus. Diese können - bei Abnahme der Immunabwehr im Alter, durch Alkoholmissbrauch, HIV-Infektion, immunsuppressive Therapie - reaktivieren und eine endogene Reinfektion, die sogenannte post-primäre Tuberkulose verursachen [1]. In den Industrienationen werden derzeit etwa 70% der Erkrankungen dem Wiederaufflackern alter Infektionsherde zugeschrieben. Aus den USA vor allem, die über Jahrzehnte einen kontinuierlichen Rückgang verzeichneten und die Tuberkulose praktisch als besiegt betrachteten, wird seit einigen Jahren von bedrohlicher Zunahme der Fälle und auch von vermehrtem Auftreten multiresistenter Stämme berichtet [2]. In der Schweiz ist die Tuberkuloserate seit langem stabil. Pro Jahr werden dem BAG etwa 1000 bis 1200 Fälle gemeldet. Die Hälfte der Betroffenen sind Ausländer aus Hochrisikoländern und Betagte. AIDS scheint in der Schweiz keinen Einfluss auf die Inzidenz zu nehmen [3]. Die Übertragung erfolgt fast ausschliesslich aerogen durch Tröpfchen. Die Lungen tuberkulose ist deshalb mit ca. 75% die häufigste klinische Manifestation. Mycobacterium tuberculosis kann über Lymph- und Blutbahn in andere Organe gelangen, welche jedoch wesentlich seltener betroffen sind als die Lunge, z.B. Lymphknoten zu 6%, der Urogenitaltrakt zu 5%, Knochen und Gelenke zu 2,5%. Bei HIV-positiven Patienten hingegen sind etwa 70% der Tuberkulosen extrapulmonal lokalisiert. 2. Nachweismethoden Die Mikroskopie nach Spezialfärbung (Ziehl-Neelsen, Kinyoun, Fluorochrom) ist rasch und einfach, mit etwa 50% aber zu wenig sensibel. Ein mikroskopisch positives Resultat bedingt mindestens 10 3 - 10 4 Bakterien pro ml Probenmaterial, Keimzahlen, die bei nicht-respiratorischen Infektionen praktisch nie vorliegen. Mikroskopisch kann nicht zwischen Mycobacterium tuberculosis und atypischen Mykobakterien oder andern säurefesten Stäbchen wie etwa Nocardia spp. (AIDSPatienten!) unterschieden werden. Die Kultur gilt nach wie vor als Goldstandard, sie beansprucht jedoch viel Zeit Institut für medizinische & molekulare Diagnostik AG Falkenstrasse 14 · CH-8008 Zürich · Telefon 0041 44 497 30 60 (2-8 Wochen). Um eine genügende Empfindlichkeit zu erreichen, müssen feste mit flüssigen Nährmedien kombiniert werden [4]. Die Identifikation eines Isolats benötigt zusätzlich Tage bei Verwendung von Gensonden bzw. Wochen mittels konventioneller Methoden. Die PCR ermöglicht innert 48 Stunden den Nachweis von Mycobacterium tuberculosis. Sie erreicht bei mikroskopisch positiven Proben eine Empfindlichkeit von über 90% und bei mikroskopisch negativen ca. 60%. Die Spezifität liegt bei nahezu 100%. [5,6,7]. Kommerzielle Systeme sind weniger empfindlich als die ”in house” PCR [7,8]. Momentan ersetzt die PCR kulturelle Verfahren noch nicht, sie ist aber als wertvolle Ergänzung zu den traditionellen Techniken anerkannt. Bei mikroskopisch positiven Proben erlaubt ein negatives Resultat der PCR sofort und eindeutig den Ausschluss von Mykobakterien aus dem Mycobacterium tuberculosis- Komplex. Die Anwendung der PCR in der Routine ist vor allem wertvoll und gerechtfertigt a. wenn individuell die rasche Unterscheidung zwischenTuberkulose und atypischer Mykobakteriose von vitaler Bedeutung ist wie z.B. für AIDS-, Tumorund anderweitig immunsupprimierte Patienten. b. wenn aus epidemiologischen Gründen einem mikroskopisch positiven Resultat rasch ausgedehnte Umgebungsuntersuchungen folgen müssen wie z.B. in Asylantenheimen, Strafanstalten, Altersheimen, Schulen, Internaten etc. c. für extrapulmonale Proben, die wegen geringer Keimzahl meist mikroskopisch negativ sind und auch kulturell mehr Zeit beanspruchen. 3. Therapie Behandelt wird mit gleichzeitiger Verabreichung von Tuberkulostatika in verschiedener Kombination (Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid, Ethambutol, Streptomycin). Die Wahl der Medikamente orientiert sich am Organbefall, der vorgesehenen Behandlungsdauer sowie (später) an den Resultaten der Resistenzprüfung. [9] 4. Untersuchungsmaterialien Folgende Materialien sind für eine Untersuchung auf Mycobacterium tuberculosis geeignet: • Sputum • Bronchial-Sekret/-Lavage/BAL • Eiter • Pleurapunktat • Liquor • Biopsie Institut für medizinische & molekulare Diagnostik AG Falkenstrasse 14 · CH-8008 Zürich · Telefon 0041 44 497 30 60 • • • • • • Lymphknoten (-Punktat) Magensaft Morgenurin (M-Strahl) Gelenkspunktat Kultur (aus Flüssigmedium, auf Festmedium) EDTA-Blut Potentiell kontaminierte Proben werden, wenn möglich, dekontaminiert eingesandt, Material aus normalerweise sterilen Körperhöhlen nativ. Literatur: [1] J.M. Grange. Tuberculosis. In: Topley & Wilson’s Microbiology and Microbial Infections, 9th edition 1998, Vol. 3, p. 391-417. L. Collier, A. Balows, M. Sussmann (ed.), Arnold, London. [2] B.R. Bloom, C.J.L. Murray: Tuberculosis: commentary on a reemergent killer. Science 1992, 257: 1055-1064. [3] Tuberkulose in der Schweiz 1991. Bulletin BAG 1993, Nr. 3:48-51. [4] M. Salfinger, B.S. Demchuk, F.M. Kafader: Comparison between the MB check broth, radiometric, and conventional methods for recovery of mycobacteriae from respiratory specimens. J. Microbiol. Meth. 1990, 12: 97-100. [5] K.D. Eisenach, M.D. Sifford, M.D. Cave, J.H. Bates, J.T. Crawford. Detection of Mycobacterium tuberculosis in sputum samples using a polymerase chain reaction. Amer. Rev. Respir. Dis. 1991, 144:1160-1163. [6] G. Martinetti Lucchini, M. Altwegg. Detection of Mycobacterium tuberculosis in clinical samples by polymerase chain reaction. In: Methods in DNA Amplification 1994, 197-203. A. Rolfs et al. (ed.) , Plenum Press, New York. [7] J.R. Dalovisio, S. Montenegro-James, S.A. Kemmerly, C.F. Genre, R. Chambers, D. Greer, G.A. Pankey, D.M. Failla, K.G. Haydel, L. Hutchinson, M.F. Lindley, B.M. Nunez, A. Praba, K.D. Eisenach, E.S. Cooper. Comparison of the amplified Mycobacterium tuberculosis (MTB) direct test, Amplicor MTB PCR, and IS6110PCR for detection of MTB in respiratory specimens. Clin. Infect. Dis. 1996, 23:1099-1106. [8] J. Schirm, L.A.B. Oostendorp, J.G. Mulder. Comparison of Amplicor, in-house PCR, and conventional culture for detection of Mycobacterium tuberculosis in clinical samples. J. Clin. Microbiol. 1995, 33:3221-3224. [9] Richtlinien für die Behandlung der Tuberkulose. Bulletin BAG 1996, Nr. 16: 9-13.