Vertiefungstext ADHS

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Kernsymptome, Stärken und
Subtypen der ADHS
Die Kernsymptome der ADHS sind Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität  und  Impulsivität – alle  möglichen  zu  diagnostizierenden ADHSSubtypen  beziehen  sich  auf  diese  Kernsymptome.  Dabei  wurde 
mehrfach  empirisch  nachgewiesen,  dass  die  Unaufmerksamkeit  abzugrenzen ist von der Hyperaktivität-Impulsivität (Nigg et al. 2002). 
Das bedeutet, dass Unaufmerksamkeit ein singuläres Konstrukt darzustellen  scheint,  während  Hyperaktivität  und  Impulsivität  fast  immer  gekoppelt,  d. h.  gemeinsam,  auftreten.  Dies  spiegelt  sich  auch 
in den aktuellen Annahmen zu den Subtypen der ADHS wieder. Die 
drei Kernsymptome der ADHS, die unterschiedlichen Möglichkeiten 
ADHS zu diagnostizieren sowie die Subtypen der ADHS werden in 
diesem Kapitel behandelt.
2.1
Kernsymptome
2.1.1
Unaufmerksamkeit
Die Unaufmerksamkeit zeigt sich in vielen Bereichen: zu Hause, in 
der Schule und im Umgang mit Gleichaltrigen. Kinder mit ADHS sind 
also  häufig  unkonzentriert  und  haben  somit  Schwierigkeiten  beim 
Spiel oder beim Folgen des Unterrichtsgeschehens.
Sie machen oft Flüchtigkeitsfehler und können Anweisungen und 
Instruktionen nur schlecht folgen.
Eine weitere Auffälligkeit im Zusammenhang mit der Unaufmerksamkeit  ist  die  Vergesslichkeit  von  Kindern  mit  ADHS:  verlorene 
Turnbeutel, vergessene Schirme und verschwundene Federmäppchen 
gehören zum Alltag dieser Kinder.
Zudem lassen  sich  Kinder  mit ADHS  oft  durch  äußere Reize  ablenken: Wenn  es  gerade  das  Ziel  bzw.  die Aufgabe  ist,  sich  auf  die 
morgige Klausur vorzubereiten, und der beste Freund an der Tür klingelt, gelingt es Kindern mit ADHS nur schwer, diesen Reiz (in diesem 
Beispiel der Freund) zu unterdrücken und sich weiter auf die Aufgabe 
zu konzentrieren ( Kapitel 8 zu Selbstregulation).
Flüchtigkeitsfehler
Vergesslichkeit
Ablenkbarkeit
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Geschichte, Symptome, Abgrenzung
2.1.2
Zappeln
Hyperaktivität
Die  motorische  Überaktivität  ist  wohl  das  am  leichtesten  zu  erkennende  Merkmal  der  Kinder  mit  ADHS:  Übermäßiges  Zappeln  mit 
Händen und Füßen, Herumrutschen auf dem Stuhl, Herumlaufen und 
Klettern gehören dazu.
Insgesamt  ist  es  so,  dass  Kinder  mit ADHS  sich  nicht  ruhig  verhalten können, wenn es von ihnen verlangt wird. Beispielsweise im 
Unterricht oder beim Anstehen in einer Schlange. Die Kinder wirken 
somit häufig wie „getrieben“.
2.1.3
Impulsivität
Kinder mit ADHS platzen häufig mit Antworten oder Fragen heraus, 
wenn dies gerade unangemessen ist. Sie können nur schwer abwarten, 
bis sie an der Reihe sind und unterbrechen andere häufiger als Kinder 
ohne ADHS.
2.2
Stärken und Ressourcen der Kinder mit ADHS
In einer eigenen nicht-publizierten Befragung von Eltern und Lehrern 
konnten wir folgende Stärken der Kinder mit ADHS feststellen:
zzAusgeprägter Gerechtigkeitssinn,
zzKreativität,
zzHarmoniebedürfnis,
zzNicht-nachtragend-Sein .
Dies  deckt  sich  mit  Einschätzungen  von  Lauth  und  Naumann 
(2009) – als positive Seiten der Kinder mit ADHS listen diese Autoren auf:
zzSpontaneität,
zzSinn für Situationskomik,
zzIdeenreichtum und Kreativität,
zzkörperliche Fitness und Spaß an Bewegung,
zzGespür für soziale Fairness,
zzkratzbürstiger Charme .
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Kernsymptome, Stärken und Subtypen der ADHS
2.3
Diagnosesysteme und Subtypen
Eine ADHS-Diagnose kann entweder nach dem DSM (Diagnostic and 
Statistical Manual of Mental Disorders, Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen) oder der ICD (International 
Statistical  Classification  of  Diseases  and  Related  Health  Problems, 
Internationale  statistische  Klassifikation  der  Krankheiten  und  verwandter  Gesundheitsprobleme)  vorgenommen  werden.  In  Deutschland werden Diagnosen nach der ICD erstellt – in wissenschaftlichen 
Arbeiten werden allerdings häufig DSM-Diagnosen verwendet.
Das DSM ist ein Klassifikationssystem psychischer Störungen der 
American Psychiatric Association. Die erste Auflage erschien im Jahr 
1952 – mittlerweile gibt es auch entsprechende Publikationen in anderen Sprachen weltweit. Die aktuelle deutsche Version aus dem Jahr 
2003 heißt DSM-IV TR (Text Revision).
Die  ICD  ist  das  wichtigste,  weltweit  anerkannte  Klassifikationssystem für Diagnosen und wird von der Weltgesundheitsorganisation 
(WHO) herausgegeben. Die aktuelle deutsche Ausgabe aus dem Jahr 
2010 lautet ICD-10-GM (German Modification).
DSM
ICD
Tab. 2.1: Geschichte der ADHS-Diagnosen nach DSM und ICD
DSM­Diagnosen
1980
DSM-III
ICD­Diagnosen
Attention Deficit 1965
ICD-8
Disorder
1987
DSM-III-R Attention Deficit 1975
Hyper-activity
Disorder
ICD-9
1994
DSM-IV
ICD-10
2.3.1
Attention Deficit 1991
Hyper-activity
Disorder
Hyperkinetisches
Syndrom der
Kindheit
Hyperkinetisches
Syndrom des
Kindesalters mit
Entwicklungsrückstand / mit
Störung des
Sozialverhaltens
Hyperkinetische
Störung
ADHS-Subtypen nach dem DSM
Laut  DSM  können  drei  Subtypen  der ADHS  unterschieden  werden: 
Kinder mit einer ADHS vorwiegend unaufmerksamen Subtyps, Kinder mit ADHS vorwiegend hyperaktiv-impulsiven Subtyps und Kinder 
mit ADHS des Mischtyps. Im DSM werden die Subtypen also anhand 
der Kernsymptome Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivi-
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Geschichte, Symptome, Abgrenzung
tät unterteilt (Abb. 2.1). Ein wichtiges Diagnosekriterium für alle Subtypen ist der frühe Beginn der Störung (vor dem 7. Lebensjahr).
Diagnosen nach DSM-IV-TR
Unaufmerksamkeit
Hyperaktivität /
Impulsivität
ADHS
Mischtypus
Abb. 2.1: ADHSSubtypen nach dem
DSM
Unaufmerksamkeit
Hyperaktivität /
Impulsivität
ADHS
vorwiegend
unaufmerksam
ADHS
vorwiegend
hyperaktiv /
impulsiv
ADHS des vorwiegend unaufmerksamen Subtyps
Träumer
Dieser  Subtyp  wurde  mit  Veröffentlichung  des  DSM-IV  (American 
Psychiatric Association 1994) eingeführt. Kinder mit ADHS des vorwiegend  unaufmerksamen  Subtyps  werden  oft  als  „Träumerinnen“ 
oder „Träumer“ bezeichnet. Eltern und Lehrer berichten häufig, dass 
die Kinder zu Hause oder im Unterricht abwesend und mit den Gedanken ganz woanders zu sein scheinen, wichtige Informationen nicht 
wahrnehmen und im Vergleich zu anderen Kindern wesentlich langsamer sind.
Es gibt Hinweise darauf, dass dieser Subtyp in klinischen Stichproben weniger häufig und in nicht klinischen Stichproben häufiger ist als 
die anderen Subtypen der ADHS. Vermutlich hängt dies damit zusammen,  dass  die  Kinder  mit ADHS  des  vorwiegend  unaufmerksamen 
Subtyps weniger auffallen als Kinder, die zusätzliche Merkmale von 
Hyperaktivität und Impulsivität aufweisen. Aus diesem Grund ist eine 
gezielte Diagnostik dieses Subtyps von großer Bedeutung ( Kapitel 11). ADHS dieses Subtyps tritt häufiger bei Mädchen als bei Jungen auf ( Kapitel 6).
Ein weiterer wichtiger Unterschied zu den anderen beiden Subtypen der ADHS sind die komorbiden Störungen ( Kapitel 3). Kinder 
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Kernsymptome, Stärken und Subtypen der ADHS
mit ADHS des vorwiegend unaufmerksamen Subtyps zeigen weniger 
externalisierende (z. B. aggressive) komorbide Symptome, leiden jedoch häufiger an Lernstörungen wie zum Beispiel Lese-Rechtschreibstörungen.
om,10Jahre,ADHSdesvorwiegendunaufmerksamenSubtyps
T
Tom ist ein ruhiger und friedlicher Junge. Als Kleinkind war er zwar 
häufig quengelig und schnell gereizt, aber trotzdem war mit ihm immer gut auszukommen. Im Kindergarten ist er recht gut mit den anderen Kindern zurechtgekommen, auch wenn er meistens allein gespielt 
hat und bei den Tobespielen der Jungs nicht mitmachen wollte. In der 
Grundschule  hatte  er  keine  größeren  Schwierigkeiten – er  fiel  aber 
auch  nicht  durch  übermäßig  gute  Leistungen  auf.  Meistens  schaute  er  verträumt  aus  dem  Fenster  und  so  wunderte  es  seine  Lehrerin 
auch nicht, dass er oft wichtige Informationen und Instruktionen verpasste. Seine Vergesslichkeit war ein weiteres Problem: Ständig ließ 
Tom wichtige Dinge zu Hause liegen oder vergaß seinen Turnbeutel, 
seinen  Schirm  etc.  in  der  Schule.  Nun  steht  der  Übergang  von  der 
Grundschule in eine weiterführende Schule an und es treten die ersten 
größeren Probleme auf: Toms Klassenlehrerin hält ihn prinzipiell für 
geeignet, ein Gymnasium zu besuchen; viele seiner weiteren Lehrer 
haben jedoch Bedenken, ob er den Gymnasialstoff bewältigen kann: 
Aus ihrer Sicht scheint Tom kognitiv nicht in der Lage dafür zu sein. 
Die Eltern sind ratlos und wenden sich an einen Schulpsychologen, 
der eine Gymnasialeignung aufgrund eines Intelligenztests sowie eine 
ADHS feststellt.
ADHS des vorwiegend hyperaktiv-impulsiven Subtyps
Auch dieser Subtyp wurde 1994 im DSM-IV eingeführt, da in empirischen  Studien  festgestellt  wurde,  dass  ein  kleiner  Prozentsatz  der 
Kinder mit ADHS lediglich Hyperaktivitäts- und Impulsivitätssymptome aufweist, aber keine Zeichen der Unaufmerksamkeit zeigt. Dieser Subtyp wird häufiger im jüngeren Alter festgestellt (Kindergarten, 
Grundschule), weshalb angenommen wurde, dass ADHS des vorwiegend hyperaktiv-impulsiven Subtyps ein Vorläufer des ADHS-Mischtyps ist. Hierzu ist aber weitere Forschung unbedingt notwendig.
In eigenen Untersuchungen konnten wir in Übereinstimmung mit 
obiger Theorie feststellen, dass bei Kindern im Vorschulalter die Symptome  Hyperaktivität  und  Impulsivität  häufiger  sind  (Merkt / Gawrilow 2011). Bezüglich komorbider Störungen scheint dieser Subtyp 
dem ADHS-Mischtypus sehr ähnlich zu sein. Die Kinder zeigen also 
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häufig  externalisierende  Störungen  (z. B.  oppositionelles  Trotzverhalten).  Empirisch  und  klinisch  ist  dieser  Subtyp  jedoch  wesentlich 
seltener nachzuweisen als die anderen beiden Subtypen (Lahey et al. 
2005): ADHS-Mischtypus und ADHS – vorwiegend unaufmerksamer 
Subtyp werden öfter diagnostiziert als ADHS – vorwiegend hyperaktiv impulsiver Subtyp.
ADHS-Mischtyp
Kinder mit ADHS des Mischtyps sind sowohl unaufmerksam als auch 
hyperaktiv-impulsiv.  Diese  Kinder  haben  sowohl  zu  Hause,  in  der 
Schule als auch in sozialen Beziehungen enorme Schwierigkeiten: Sie 
scheinen nicht zuzuhören, können sich nicht länger auf eine Aufgabe 
oder Interaktion konzentrieren, zappeln herum und stören bzw. ärgern 
damit ihre Eltern und Klassenkameraden.
2.3.2
ADHS-Subtypen nach der ICD
Laut  der  ICD  können  folgende  Subtypen  der  ADHS  diagnostiziert 
werden: einfache Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung, hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens und Aufmerksamkeitsstörungen ohne Hyperaktivität. Wichtig ist in der ICD der frühe Beginn 
der Störung, d. h. vor dem 6. Lebensjahr. In der ICD wird auf die aktuell unbefriedigende Situation der Untergliederung der ADHS hingewiesen – als  wesentliche  Gliederungsmerkmale  werden  das Vorhandensein bzw. Nicht-Vorhandensein von Aggressivität, Delinquenz und 
dissozialem Verhalten herangezogen (Abb 2.2).
Einfache Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung
Dieser  Subtyp  soll  diagnostiziert  werden,  wenn  Unaufmerksamkeit 
und Hyperaktivität-Impulsivität vorliegen. Jedoch dürfen keine Symptome der Störung des Sozialverhaltens erkennbar sein: Beispielsweise  dürfen  die  Kinder  kein  dissoziales,  aggressives  oder  aufsässiges 
Verhalten an den Tag legen.
Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens
Kinder,  die  eine  Hyperkinetische  Störung  des  Sozialverhaltens  aufweisen,  sind  unaufmerksam,  hyperaktiv  und  impulsiv  sowie  gleichzeitig aggressiv. Sie zeigen also neben den typischen ADHS-Symptomen auch Symptome einer Störung des Sozialverhaltens und damit 
ein  andauerndes  und  wiederkehrendes  Muster  dissozialen,  aggressiven und aufmüpfigen Verhaltens.
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Kernsymptome, Stärken und Subtypen der ADHS
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Diagnosen nach ICD-10-GM
Unaufmerksamkeit
Hyperaktivität
Impulsivität
Einfache Aufmerksamkeits- &
Hyperaktivitätsstörung
Unaufmerksamkeit
Hyperaktivität
Impulsivität
Störung des
Sozialverhaltens
Hyperkinetische Störung des
Sozialverhaltens
Unaufmerksamkeit
Aufmerksamkeitsstörung ohne
Hyperaktivität
Abb. 2.2: ADHSSubtypen nach der
ICD
Aufmerksamkeitsstörungen ohne Hyperaktivität
Kinder, die nur unaufmerksam, aber nicht hyperaktiv-impulsiv sind, 
können in der aktuellen ICD wie folgt diagnostiziert werden: Verhaltens-  und  emotionale  Störung  mit  Beginn  in  Kindheit  und  Jugend. 
Auch hier zeigt sich, dass in der ICD (anders als im DSM) die ADHS 
nach dem Vorhandensein einer Störung des Sozialverhaltens und nicht 
entlang  der  Kernsymptome  Unaufmerksamkeit,  Hyperaktivität  und 
Impulsivität gegliedert wird.
ADHSundEmotionserkennung
Die  Fähigkeit,  Emotionen  in  der  Stimme  und  im  Gesichtsausdruck  anderer  Menschen  zu  erkennen,  ist  eine  Schlüsselfähigkeit im Bereich sozialer Interaktion. Aus diesem Grund wird das 
Erkennen von Emotionen bei psychiatrisch erkrankten Patienten 
seit langem erforscht. Es wurde beispielsweise beobachtet, dass 
autistische Kinder Probleme haben, in der Stimme und im Ge-
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Geschichte, Symptome, Abgrenzung
sichtsausdruck  anderer  Menschen  Emotionen  zu  erkennen.  In 
sozialen Situationen (d. h. in der direkten Interaktion mit anderen 
Menschen) zeigen autistische Kinder ebenfalls diese Schwierigkeiten.
Untersuchungen  zu  den  Grundemotionen (Angst, Ekel, Freude, 
Trauer, Wut und Überraschung) konnten ähnliche Defizite in der 
Emotionserkennung  bei  Kindern,  Jugendlichen  und  Erwachsenen mit ADHS feststellen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, 
dass  Kinder,  Jugendliche  und  Erwachsene  mit ADHS  negative 
Emotionen  überinterpretieren,  was  dazu  führt,  dass ADHS-Betroffene  vermeintliche  und  tatsächliche Wut  häufiger  bei  ihrem 
Interaktionspartner erkennen (Cadesky et al. 2000). In den meisten vorhandenen Untersuchungen wird dieses Problem in Zusammenhang  mit  defizitären  exekutiven  Funktionen  und  defizitärer 
Selbstregulation  gebracht:  Vermutlich  wird  dieses  Problem  der 
Emotionserkennung durch eine mangelhafte Selbstregulation verursacht. Die Probleme bei der Emotionserkennung könnten möglicherweise auch erklären, warum ADHS-Betroffene Schwierigkeiten in sozialen Interaktionen zeigen. Bislang ist jedoch noch 
nicht nachgewiesen, ob dieser kausale Zusammenhang existiert.
2.4
Spezifische Kriterien für eine Diagnose der
ADHS im Erwachsenenalter
Viele der bisher benannten ADHS-typischen Probleme sind sehr spezifisch  für  Kinder  und  Jugendliche. ADHS  gibt  es  jedoch  auch  bei 
Erwachsenen  ( Kapitel 10).  Eine ADHS  bei  Erwachsenen  hat  ein 
gänzlich anderes Erscheinungsbild als eine ADHS bei Kindern.
zzAufmerksamkeitsstörung: das Unvermögen, Gesprächen aufmerksam
und konzentriert zu folgen, eine erhöhte Ablenkbarkeit (irrelevante Stimuli
können nicht gefiltert werden) und Vergesslichkeit (z . B . häufiges Verlieren
von Alltagsgegenständen wie Autoschlüssel oder Brieftasche) .
zzMotorische Hyperaktivität: innere Unruhe, „Nervosität“ (im Sinne eines
Unvermögens, sich entspannen zu können), Unfähigkeit, sitzende Tätigkeiten durchzuhalten (z . B . am Tisch still zu sitzen, Spielfilme im Fernsehen
anzusehen, Zeitung zu lesen), stets „auf dem Sprung“ sein . Bei Inaktivität
treten gehäuft dysphorische, depressive Stimmungslagen auf .
Aufmerksamkeitsstörung und motorische Hyperaktivität müssen noch 
immer vorliegen (somit wird mit diesen Kriterien nur der kombinierte 
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Kernsymptome, Stärken und Subtypen der ADHS
Typ  gemäß  DSM-IV-TR  diagnostiziert),  zusätzlich  müssen  mindestens zwei weitere der folgenden Aspekte erfüllt sein:
zzAffektlabilität: der Wechsel zwischen normaler bzw . niedergeschlagener
Stimmung und leichter Erregung (mit einer Dauer von einigen Minuten bis
maximal einigen Tagen); die niedergeschlagene Stimmungslage wird von
den Betroffenen häufig als Unzufriedenheit oder Langeweile beschrieben .
zzDesorganisiertes Verhalten: unzureichend strukturierte, geplante und
organisierte Aktivitäten; diese Desorganisation wird im Zusammenhang
mit der Arbeit, der Haushaltsführung oder mit schulischen Aufgaben berichtet . Aufgaben werden häufig nicht zu Ende gebracht, die Patienten
wechseln planlos von einer Aufgabe zur nächsten und lassen ein gewisses
„Haftenbleiben“ vermissen . Unsystematische Problemstrategien liegen
vor, weiterhin finden sich Schwierigkeiten in der zeitlichen Organisation
und die Unfähigkeit, Zeitpläne oder Termine einzuhalten .
zzAffektkontrolle: andauernde Reizbarkeit, verminderte Frustrationstoleranz und in der Regel kurzfristige Wutausbrüche, die häufig eine nachteilige Wirkung auf die Beziehung zu Mitmenschen haben; typisch ist auch
eine erhöhte Reizbarkeit im Straßenverkehr .
zzImpulsivität: Dazwischenreden, Unterbrechen anderer im Gespräch, Ungeduld, impulsives Geldausgeben sowie das Unvermögen, Handlungen im
Verlauf zu verzögern, ohne dabei Unbehagen zu empfinden .
zzEmotionale Überreagibilität: überschießende emotionale Reaktionen
auf alltägliche Stressoren . Die Patienten beschreiben sich selbst als schnell
„genervt“ oder gestresst .
Liegen also neben Aufmerksamkeitsstörung und motorischer Hyperaktivität  (kombinierter ADHS-Typ)  noch  zwei  zusätzliche  Kriterien 
vor, kann ADHS im Erwachsenenalter diagnostiziert werden.
WeitereInformationsquellen
Die Spezifika der ADHS-Symptome sind zitiert nach einer Stellungnahme  der  Bundesärztekammer  zur  ADHS  im  Erwachsenenalter:  
https://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.7.47.3161.3163
.3169&all=true, 31.10.2011
Die jeweils aktuell gültige ICD kann man online recherchieren unter: 
https://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/ls-icdhtml.htm
Der aktuelle Stand und die Entwicklungen bezüglich des DSM können  unter  dem  folgenden  Link  nachgelesen  werden:  https://www.
dsm5.org/Pages/Default.aspx
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Geschichte, Symptome, Abgrenzung
Vertiefungsfragen
4.
 Welche Kernsymptome kennzeichnet die ADHS und wie können 
die einzelnen Kernsymptome umschrieben werden?
5.
  elche ADHS-Subtypen werden im aktuellen DSM unterschieW
den?
6.
  as  macht  den  nach  DSM  diagnostizierbaren  ADHS-vorwieW
gend hyperaktiv-impulsiven Subtyp aus?
7.
 Welche ADHS-Diagnosen sind nach der ICD möglich?
8.
  elche Symptome kennzeichnen eine ADHS im ErwachsenenW
alter  und  was  unterscheidet  die  Kernsymptome  der  ADHS  im 
Erwachsenenalter von den Kernsymptomen der ADHS im Kindesalter?
9.
 Was sind Stärken bzw. Ressourcen von Kindern mit ADHS?
Literatur:
Cadesky, E. B., Mota, V. L., Schachar, R. J. (2000): Beyond Words – How Do Children with
ADHD and / or Conduct Problems Process Nonverbal Information About Affect? Jour
nal of the Amercian Academy of Child and Adolescent Psychiatry 39, 1160–1167
Lahey, B. B., Pelham, W. E., Loney, J., Lee, S. S., Willcutt, E. (2005): Instability of the DSM IV Subtypes of ADHD from Preschool through Elementary School. Archives of Gene
ral Psychiatry 62, 896–902
Lauth, G. W., Naumann, K. (2009): ADHS in der Schule. Übungsprogramm für Lehrer
(mit CD-Rom). Psychologie VerlagsUnion, Weinheim
Merkt, J., Gawrilow, C. (2011): Measures of Inhibition Are Helpful For the Prediction of
Early Academic Skills. Poster präsentiert auf der 3rd International Conference of
ADHD, Mai 2011, Berlin, Germany
Nigg, J. T., John, O. P., Blaskey, L. G., Huang-Pollock, C. L., Willcutt, E. G., Hinshaw, S.
P., Pennington, B. (2002): Big Five Dimensions and ADHD Symptoms: Links between
Personality Traits and Clinical Symptoms. Journal of Personality and Social Psychology
83, 451–469
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