Wechselwirkungen von Arzneimitteln Apotheker Christian Schmidt Medicum Apotheke - Hof-Apotheke Zum Einstieg: „Der Hai im Milchglas“ „Kennen Sie das? Sie nehmen ein Arzneimittel, aber es wirkt nicht. Was Sie dabei nie vermutet hätten: Die Ursache allen Übels liegt vielleicht im Kaffee oder Tee, den Sie jeden Tag trinken. Oder an Milch und Fruchtsaft, mit dem Sie die Tablette herunterspülen. Unsere heutigen Themen: 1. Grundsätzliches zur Einnahme von Medikamenten 2. Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und Nahrungsmitteln 3. Wechselwirkungen in der Selbstmedikation 4. Rabattverträge Besonderheiten der Arzneiformen Prinzipiell gilt es darauf zu achten, wann ein Arzneimittel eingenommen werden soll: vor dem Essen zum Essen nach dem Essen nüchtern Dies hat einen entscheidenden Einfluss auf die Wirksamkeit! Besonderheiten bei der Einnahme Tabletten, Dragees und Kapseln sollten nur mit aufgerichtetem Oberkörper geschluckt werden (damit ist gewährleistet, dass das Medikament nicht in der Speiseröhre kleben bleibt) zum Herunterspülen ist am besten ein großes Glas stilles Mineralwasser oder Leitungswasser geeignet Brausetabletten sollte man unmittelbar vor dem Einnehmen auflösen (viele Wirkstoffe verändern sich, wenn sie lange in Wasser gelöst herumstehen), Nur Wasser zum Auflösen nehmen, andere Getränke sind ungeeignet! Haltbarkeit und Aufbrauchfristen Haltbarkeitsdaten beachten (Informationen hierzu finden sich auf der Verpackung) Herstelleranweisungen beachten (siehe Verpackungsbeilage) Aufbrauchfristen berücksichtigen, z. B.: konservierte Augentropfen: 6 Wochen Tropfen, Säfte (im Allgem.): 6 Monate wasserfreie Salben: 1 Jahr wasserhaltige Cremes: 3 bis 6 Monate Arzneimittel im Alter Unerwünschte Arzneimittelwirkungen häufig bei älteren Patienten sowie bei multimorbiden Patienten Im Alter Veränderungen im Stoffwechsel und somit beim Abbau von Arzneimitteln: Verteilung: Wasseranteil im Körper geringer Abbau: Leber schlechter durchblutet Ausscheidung: Niere schlechter durchblutet, zusätzlich lässt Leistung nach Folge: eine bisher gut vertragene Arzneimitteltherapie kann im Laufe der Zeit Probleme bereiten. Ausweg: Rücksprache mit dem Arzt, evtl. Dosis anpassen bzw. Therapie verändern. Schweigen ist Silber. Fragen ist Gold! Zum Arzneimittel fragen Sie uns – Ihr Apotheken-Team! Wirkung: Wie wirkt dieses Arzneimittel? Anwendung: Wie und wann wende ich das Arzneimittel an? Einnahmedauer: Wie lange wende ich es an? Neben- und Wechselwirkungen: Welche Neben- und Wechselwirkungen hat das Arzneimittel? Gegenanzeigen? Kann ich Autofahren, Alkohol zu mir nehmen...? So gehen Sie auf Nummer Sicher Falls Sie Fragen haben oder unsicher sind, finden Sie in der Apotheke jederzeit guten Rat. Um ganz auf Nummer Sicher zu gehen, entscheiden Sie sich für eine Stammapotheke, in der all Ihre Arzneimittel vom Apotheker Erfasst werden, auch die freiverkäuflichen Medikamente. Wechselwirkungen von Medikamenten und Nahrungsmitteln Beispiel 1: Mittel zur Vorbeugung von Karies und zur Behandlung der Osteoporose Steht dieser Inhaltsstoff auf der Packungsbeilage: Alendronsäure, Natriumfluorid dann sollten Sie bei folgenden Nahrungsmitteln aufpassen: Alle Lebensmittel, die aus Milch hergestellt sind, wie Joghurt, Käse, Quark und ähnliches. Dazu zählt natürlich auch Milch selbst. Welche Folgen haben die Wechselwirkungen? Milchprodukte enthalten viel Calcium, dieses wiederum vermindert die Wirkung der Osteoporosemittel. Daher: Nach der Einnahme mindestens zwei Stunden mit dem Verzehr von Milchprodukten warten. Beispiel 2: Mittel zur Blutverdünnung Stehen diese Inhaltsstoffe auf der Packungsbeilage: Orale Antikoagulantien: Warfarin, Phenprocoumon dann sollten Sie mit großen Mengen folgender Nahrungsmittel vorsichtig sein: Alle Nahrungsmittel, die verhältnismäßig viel Vitamin K enthalten, wie Brokkoli, Kohlarten wie Blumen- oder Rosenkohl, Kopfsalat, Leber, Spargel, Spinat, Bohnen, Erbsen Sojabohnen sowie Multivitamintabletten oder –säfte. Welche Folgen haben die Wechselwirkungen? Die sog. Antikoagulantien verhindern, dass das Blut gerinnt – z. B. bei Patienten mit Thrombosegefahr. Vitamin K hingegen ist für die Blutgerinnung zuständig. Beispiel 3: Mittel zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit Stehen dieser Inhaltsstoffe auf der Packungsbeilage: Nifedepin und Nifedepin-Derivate: Amlodipin, Felodipin, Isradipin, Nicardipin, Nifedipin, Nilvadipin, Nimodipin, Nisoldipin, Nitrendipin dann sollten Sie bei folgenden Nahrungsmittel aufpassen: Grapefruit (Pampelmuse) Welche Folgen haben die Wechselwirkungen? Werden diese Arzneimittel zusammen mit Grapefruit oder Grapefruitsaft eingenommen, kann dies dazu führen, dass sich die Wirkung des Medikaments verstärkt. Das heißt: Der Blutdruck wird zu stark gesenkt, das Herz schlägt zu schnell, oder es kann zu Kopfschmerzen kommen. Beispiel 4: Mittel zur Behandlung des erhöhten Cholesterinspiegels Stehen dieser Inhaltsstoffe auf der Packungsbeilage: Statine (Cholesterol-Synthese-Hemmer): Atorvastatin, Lovastatin, Simvastatin (nicht bei Fluvastatin, Pravastatin dann sollten Sie bei folgenden Nahrungsmittel aufpassen: Grapefruit (Pampelmuse) Welche Folgen haben die Wechselwirkungen? Werden diese Arzneimittel zusammen mit Grapefruit oder Grapefruitsaft eingenommen, kann dies dazu führen, dass sich die Wirkung des Medikaments verstärkt. Mögliche Folgen sind Muskelschmerzen, Muskelschwäche und eine Dunkelfärbung des Urins. Beispiel 5: Mittel gegen Atemwegserkrankungen wie Asthma oder chronische Bronchitis Stehen dieser Inhaltsstoffe auf der Packungsbeilage: Theophyllin und Theophyllin-Derivate: Aminophyllin, Dimethazan, Etofyllin, Proxyphyllin dann sollten Sie auf folgende Genussmittel verzichten: Zigaretten und sonstige Tabakprodukte Welche Folge hat die Wechselwirkung? Rauchen mindert die Wirkung von Arzneimitteln gegen Atemwegserkrankungen. Sofern Sie diese einnehmen, sollten Sie auf das Rauchen verzichten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Medikament nicht oder nur eingeschränkt wirkt. Beispiel 6: Antibiotika gegen Infekte Stehen dieser Inhaltsstoffe auf der Packungsbeilage: Tetracycline, Gyrase-Hemmstoffe: Tetracyclin, Ciprofloxacin dann sollten Sie bei folgenden Nahrungsmitteln aufpassen: Alle Milchprodukte wie Joghurt, Käse, Quark sowie Milch Welche Folge hat die Wechselwirkung? Die keimtötende Wirkung der Antibiotika-Tabletten wird reduziert oder sogar verhindert, wenn man gleichzeitig Milchprodukte isst oder trinkt. Beispiel 7: Alkohol und Medikamente Stehen dieser Inhaltsstoffe auf der Packungsbeilage: Schlaf- und Beruhigungsmittel, Mittel gegen Depressionen, Schmerz- und Betäubungsmittel, Mittel gegen Bluthochdruck, Diabetes, Allergien dann sollten Sie bei folgenden Nahrungsmitteln aufpassen: Alkohol Welche Folge hat die Wechselwirkung? Alkohol kann die Wirkung der Medikamente sowohl abschwächen als auch verstärken Wechselwirkungen in der Selbstmedikation Viele Arzneimittel, die nur der Arzt verordnen darf, können mit anderen verordneten Arzneimitteln oder Arzneimitteln der Selbstmedikation Wechselwirkungen eingehen. Statistisch ist jeder sechste Patient von Wechselwirkungen seiner Medikamente betroffen Wichtig ist die Beachtung von Wechselwirkungen bei Arzneimitteln, die von verschiedenen Ärzten verordnet wurden Schmerzmittel Schmerzmittel gehören zu den am häufigsten verwendeten Arzneimitteln in Deutschland. Größte Gruppe ist die Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR): Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen, Acetylsalicylsäure Folgende Wechselwirkungen wollen wir besprechen: - Schmerzmittel und Blutdruckmittel Schmerzmittel und Phenprocoumon (Marcumar) Schmerzmittel und Kortison Ibuprofen und niedrigdosiertes ASS in Anwendung zur Blutverdünnung Schmerzmittel und Blutdruckmittel Ca. 8 Millionen Menschen in Deutschland werden mit Medikamenten gegen zu hohen Blutdruck behandelt. Was passiert bei Wechselwirkungen? Die gleichzeitige Einnahme von Schmerzmitteln und Bluthochdruckmitteln kann zu einer verminderten Blutdrucksenkung führen durch: - Die Einnahme von führt zur Unterdrückung von gefäßerweiternden Stoffen, den Prostaglandinen. - Gleichzeitig wird Natrium im Körper zurückgehalten. Natrium bindet wiederum Wasser, so dass das Blutvolumen im Körper steigt. Betroffen sind folgende Blutdruckmedikamente: ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Antagonisten, Betablocker, Entwässerungsmittel Schmerzmittel und Phenprocoumon Phenprocoumon (Marcumar) wird erfolgreich in der Therapie und Prävention von venösen und arteriellen Thrombosen eingesetzt. Was passiert bei Wechselwirkungen? Nimmt man gleichzeitig über einen längeren Zeitraum Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac und Blutverdünnungsmittel ein, so besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko (vorwiegend im Magen-Darm-Trakt) durch: - die blutverdünnende Wirkung, die auch die NSAR haben - den schleimhautschädigenden Effekt der NSAR Schmerzmittel und Kortisonpräparate Glukokortikoide wirken antientzündlich, antiallergisch und immunsupressiv. Einsatzgebiete sind rheumatische und allergische Reaktionen sowie Asthma bronchiale. Was passiert bei Wechselwirkungen? Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR können schon alleine die Bildung von Magengeschwüren auslösen. Bei einer gemeinsamen Gabe ist die Gefahr für Magengeschwüre deutlich erhöht. Sollte die gemeinsame Einnahme beider Präparate über einige Tage hinausgehen müssen, sollte zusätzlich ein Präparat zum Magenschutz eingesetzt werden. Ibuprofen und ASS zur Blutverdünnung Acetylsalicylsäure wird in niedriger Dosierung in Bereichen von 75 bis 300 mg pro Tag zur Blutverdünnung eingesetzt. Was passiert bei Wechselwirkungen? Genau ist die Wechselwirkung noch nicht geklärt. Ibuprofen „blockiert“ den Kanal, in den ASS hinein muss, um seine blutverdünnende Wirkung zu entfalten. Zur Vermeidung der Wechselwirkung sollten beide Medikamente zeitlich voneinander getrennt eingenommen werden, Ibuprofen sollte mindestens 30 min nach ASS oder mindestens 8 Stunden vor ASS eingenommen werden. Rabattverträge Rabattverträge – ein zentrales Element des AMNOG Rabattverträge sorgen für sehr viel Bürokratie in der Apotheke 25.000 Arzneimittel in Rabattverträgen 215 Krankenkassen mit Rabattverträgen 100 Pharmahersteller mit Rabattverträgen 30 Millionen Datensätze für Rabattverträge Häufige Änderungen wegen Neuabschlüssen und auslaufenden Verträgen Was sind Rabattverträge? Vertragspartner: Krankenkasse und Pharmahersteller Vertragsinhalt: Hersteller gewährt Rabatt auf Listenpreis Krankenkasse gibt Abnahmegarantie Vertragsdauer: unterschiedlich, z.B. ein oder zwei Jahre Aber: Vertragspartner halten Einsparungen geheim! Vorfahrt für Rabatt-Arzneimittel Arzt verordnet Rabattarzneimittel Abgabe Rabattarzneimittel Arzt verordnet kein Rabatt-AM Abgabe Rabatt-AM oder verordnetes AM Die Abgabe eines Arzneimittels, welches nicht verordnet bzw. nicht Rabattpartner der Krankenkasse ist, ist nicht möglich Danke für Ihre Aufmerksamkeit