Technische Universität München Zentrum Mathematik Diskrete Optimierung: Grundlagen (MA 2501) Prof. Dr. R. Hemmecke, Dr. R. Brandenberg, M.Sc.-Math. B. Wilhelm Übungsblatt 1 Aufgabe 1.1 Sei G = (V, E) ein Graph mit |V | = n. a) Zeigen Sie: G ist kreisfrei genau dann, wenn die Knoten in V so nummeriert werden können, dass V = {v1 , . . . , vn } und |{{vi , vj } ∈ E : i < j}| ≤ 1 für alle j ∈ [n] gilt. b) Sei k ∈ [n] die Anzahl der vj , für die in Teil a) |{{vi , vj } ∈ E : i < j}| = 0 gilt. Was zählt k? Wie würden Sie diese vj ’s bezeichnen? Lösung zu Aufgabe 1.1 a) Klar: Ist G nicht kreisfrei, so gilt für den Knoten vj mit dem maximalen j unter denen eines Kreises, dass |{{vi , vj } ∈ E : i < j}| ≥ 2. Für die Richtung ⇒“ führe eine Induktion über n durch: ” I.A.: Klar für n = 1. I.S.: Da G kreisfrei ist, besitzt G isolierte Knoten oder Blätter. Benenne mit vn ein solches Blatt, d.h. |{{vi , vn } ∈ E : i < n}| ≤ 1. Für die restliche Behauptung wende die I.V. auf G − vn an. (Natürlich funktionieren auch konstruktive Nummerierungsalgorithmen wie etwa DFS oder BFS) b) k zählt die Zusammenhangskomponenten von G. In der Induktion aus Teil a) entsteht nur |{{vi , vn } ∈ E : i < n}| = 0 in irgendeinem Schritt, wenn der Knoten vom Rest des Graphen isoliert ist. Diese Knoten sind in der üblichen Sprache der Graphentheorie die Wurzeln der Zusammenhangskomponenten (die alle Bäume sind). Aufgabe 1.2 Zeigen Sie: Für einen Graphen G = (V, E) sind äquivalent: (i) G bipartit, (ii) α(H) ≥ |V (H)|/2 für alle (induzierten) Subgraphen H von G. Zur Erinnerung: α(H) ist die maximale Knotenzahl einer stabilen Menge als induzierter Subgraph von H. Lösung zu Aufgabe 1.2 (i) ⇒ (ii) Ist G bipartit, so auch alle induzierten Subgraphen H. Wählt man dann jeweils die größere der beiden Knotenpartitionsmengen von H als stabile Menge, so folgt offensichtlich α(H) ≥ |V (H)|/2. (ii) ⇒ (i) Ist G nicht bipartit, enthält G nach Vorlesung einen ungeraden Kreis mit Knoten W . Sei H der durch W induzierte Subgraph, dann gilt offensichtlich α(H) < |W |/2. Aufgabe 1.3 a) Stellen Sie zu nachfolgendem Graphen die Adjazenzmatrix AG auf: b) Berechnen Sie A2G und A3G . c) Sei k ∈ N, G ein beliebiger Graph auf n Knoten und AG ∈ {0, 1}n×n seine Adjazenzmatrix. Welche Informationen enthält die Matrix AkG ? Beweisen Sie Ihre Vermutung durch vollständige Induktion. Lösung zu Aufgabe 1.3 a) 0 1 0 1 1 0 1 1 0 1 0 0 1 1 0 0 1 0 0 0 1 0 1 1 0 1 1 2 3 1 0 2 1 1 2 A3 = b) A2 = 1 0 1 1 0 0 3 1 1 2 1 1 3 2 1 0 3 1 1 2 3 2 6 6 2 1 6 4 5 5 1 6 5 4 5 2 2 5 5 2 c) Ziel: Zeige, dass für C := AkG , k ∈ [n], der Matrixeintrag cij die Anzahl der Wege der Länge k von Knoten i nach Knoten j angibt. Beweis durch vollst. Induktion über k: Induktionsanfang, k = 1: Es gilt aij = 1 genau dann, wenn Knoten i und j in G durch eine Kante verbunden sind, d.h., wenn es einen Weg der Länge 1 von i nach j gibt. Induktionsannahme: Für C = AkG , k ∈ [n], enthält cij die Anzahl der Wege der Länge k von i nach j. P Induktionsschluss, k → k + 1: Für D := Ak+1 = CA gilt: dij = nl=1 cil alj . Dann ist cil alj die Anzahl der Wege der Länge k + 1P von i nach j, die als letztes den Knoten l durchlaufen, bevor sie j erreichen ⇒ dij = nl=1 cil alj = Anzahl aller Wege der Länge k + 1 von i nach j. Aufgabe 1.4 Sei G = (V, E) ein Graph mit V = {v1 , . . . , vn } und E = ( {e1 , . . . , em }. Die Inzidenzmatrix 1, falls vi ∈ ej , SG = (sij )ij ∈ {0, 1}n×m von G ist definiert durch sij = 0, sonst. a) Stellen Sie zum Graphen aus Aufgabe 1.3 a) die Inzidenzmatrix auf. b) Zeigen Sie: Die Spalten der Inzidenzmatrix eines Baumes sind linear unabhängig. Hinweis: Bäume haben Blätter! c) Sei p die Anzahl der Zusammenhangskomponenten von G. Ferner sei rg Z2 (SG ) der Rang der Inzidenzmatrix SG , wenn man SG als Matrix über Z2 (GF2 ) annimmt, und entsprechend rg R (SG ), wenn man SG als reellwertige Matrix auffasst. Zeigen Sie: (i) rg Z2 (SG ) = n − p ≤ rg R (SG ) und (ii) rg R (SG ) = n − p, genau dann wenn G bipartit. Lösung zu Aufgabe 1.4 a) 1 1 0 0 0 0 1 1 0 0 0 1 0 1 0 0 0 1 0 1 0 0 0 1 1 0 0 1 1 0 b) Induktionsbeweis: Betrachte die Spalte in SG eines Blattes v in G. Diese besitzt eine 1 in einer Zeile, die ansonsten keine weiteren 1-Einträge besitzt. Sie ist also linear unabhängig von den anderen Spalten. Streicht man diese Spalte und die zugehörige Zeile, erhält man die Inzidenzmatrix von G − v. Nach I.V. sind die Spalten von SG−v aber linear unabhängig. c) Seien Gi die Zusammenhangskomponenten Pp Pp von G mit Knotenmengen Vi und ni = |Vi |. Dann gilt natürlich i=1 ni = n und i=1 rg (SGi ) = rg (SG ) (unabhängig davon, ob man in R oder Z2 rechnet). Es genügt also, rg Z2 (SGi ) = ni − 1 ≤ rg R (SGi ) zu zeigen und den Fall rg R (SGi ) > ni − 1 zu analysieren. Die Spalten eines Spannbaums von Gi sind nach a) linear unabhängig, woraus direkt rg (SGi ) ≥ ni − 1 folgt (wieder unabhängig davon, ob man in R oder Z2 rechnet). Summiert man die zugehörigen Zeilen einer Zusammenhangskomponente auf, so erhält man in R einen Vektor, der nur aus 2-Einträgen besteht. In Z2 sind die Zeilen also linear abhängig, womit rg Z2 (SGi ) ≤ ni − 1 folgt. Enthält Gi maximal einen Kreis gerader Länge, so gilt ebenfalls rg R (SGi ) ≤ ni − 1 (sortiere die zugehörigen Zeilen in Reihenfolge der Kanten des Kreises und bilde die Differenz zwischen der Summe der ungeraden und der geraden Zeilen). Ist dagegegen SU die Submatrix eines Kreises ungerader Länge in Gi , so zeigt man | det(SU )| = 2 (mittels Determinantenentwicklung als Summe zweier 1er der entstehenden Restbäume). Enthält der Graph also einen Kreis ungerader Länge, so ist rg R (SGi ) = ni und daher rg R (SG ) > n − p.