LÖWENZAHN UND AUGENTROST UNSER GELIEBTES HEU DAS HERBARIUM Über gepresste Pflanzen lässt sich gut spotten: Heu und Stroh, alle Farben verblasst, alles Leben entwichen, totes, raschelndes Material. Aber der Sammler weiss das Herbarium zu schätzen, aus ähnlichen Gründen, aus denen es vor vierhundert Jahren erfunden wurde: Er kann Pflanzen kennenlernen, die in einer Landschaft leben oder nicht mehr leben, von den Menschen vertrieben oder von den Tieren gefressen werden; er kann vergleichen, rekapitulieren, vorzeigen, Bestimmungen nachprüfen, sein Gedächtnis auffrischen. Er hat Pflanzen aus dem Garten im Kasten, dazu Funde von unterwegs. Die Schätze werden gepresst, aufgeklebt, beschrieben und eingeordnet. Die Kapuzinerkresse zum Beispiel, die aus Peru stammt, dort seit vielen Jahrhunderten als Heilpflanze verwendet wird, und sich hier unaufhaltsam als Zierpflanze ausgebreitet hat, so dass sie in manchen Gärten noch im November orange-rote Teppiche bildet. Die leuchtende Pflanze aus Südamerika: Sie wächst weiter und weiter und ist nie wieder zu vertreiben. Sie darf ins Herbarium. ERSTER TEIL Gestaltung: Beatrix Nicolai, Texte: Bernhard Streit Leberblümchen Linde Löwenzahn Lungenkraut Ackerschachtelhalm Augentrost Viele Blüten verlieren ihren Zauber, das ist wahr, und manche Pflanzen sind zu voluminös, sie sperren sich und geben nicht nach. Mitunter helfen Tricks: die «Schäfte» des Ackerschachtelhalmes wurden durch Aufschneiden mit einer Rasierklinge so präpariert, dass nach dem Pressen wunderbar durchscheinende Gebilde mit zarten Farbmustern von Braun und Gelb entstanden. Jede Pflanze in unserer Sammlung hat eine Geschichte. Die zwei Schlüsselblumen mit den kleinen gelben Blüten und den hellgrünen Blättern kommen aus der Nähe von Saignelégier – ich sehe Beatrix aus jurassischen Nebeln auftauchen, mit Wanderschuhen und roter Regenjacke, wie sie am Rande des Hochmoors mit blossen Händen nach den Wurzeln in der Erde gräbt und die Pflanzen sachte vom Boden löst und in ihrem Rucksack verstaut, um sie abends im Hotel auf ein Karton zu kleben und Namen und Fundort darauf zu vermerken, für sich, für mich – und für dich. Bärlauch Beifuss Brennessel Brombeere Mädesüss Malve Mistel Efeu Eisenhut (Blauer) Engelwurz Erdrauch Pestwurz Pfefferminze Rainfarn Ringelblume Rosskastanie Fingerhut (Roter) Frauenmäntelchen Salbei Schafgarbe Scharbockskraut Schlüsselblume Schöllkraut Spitzwegerich Stiefmütterchen Gänseblümchen Geissfuss Ginkgo Goldmelisse Goldrute Gundelrebe Heckenrose Herbstzeitlose Hirtentäschchen Huflattich Im Herbarium gewinnen die Pflanzen ein neues Leben, geben sich in der Zweidimensionalität anders zu erkennen: Blattgestalt und Aufbau der Pflanze werden deutlicher. Das malerische Dreidimensio­nale weicht dem streng Grafischen, das Ätherische der Farben dem Erdigen der Brauntöne. Manche Pläne und Gesten des Pflanzenlebens kommen erst in der Fläche zum Vorschein, und wenn wir uns später den lebenden Pflanzen zuwenden, ist unser Blick für Verborgenes geschärft. Veilchen Vogelmiere Walderdbeere Waldmeister Wermut Johanniskraut Kamille Kapuzinerkresse Zitronenmelisse Bern, im Winter 2005 1. 1. 1. Die Pfefferminze Die Zitronenmelisse Die traditionelle Betrachtungsweise nach dem Prinzip der Nützlichkeit (für den Menschen), auf welcher die bequeme Unterteilung in Kräuter und Un/Kräuter beruht, wird von solchen Nutzpflanzen wie der Pfefferminze, die noch im ärmsten Boden gedeiht, zuschanden. Hat einer sie erst mal in seinen Garten geholt, kann er sie nur sehr schwer wieder los werden, im Grunde gar nicht, weil sie die Neigung hat nicht an ihrem angewiesenen Platz zu bleiben, sondern sich von ihm aus auszudehnen. An hochsommerlich heissen Tagen liegt über dem Garten ein angenehm zitronenähnlicher Duft. Er stammt von der Zitronenmelisse, die voll in der Blüte steht. Da vergeht buchstäblich keine Sekunde, dass nicht eine Biene oder ein anderes Insekt sich auf ihr niederlässt. Dabei ist die Pfefferminze, wie gesagt, eine überaus nützliche Pflanze, die bereits in den mittelalterlichen Klostergärten als Küchengewürz und Heilpflanze bekannt war. Sie stand mit dem Totenkult in Beziehung. Reste von ihr fand man schon in Blumengirlanden ägyptischer Gräber. Zitronenmelisse «englische Melisse, Frauenkraut, Herztrost» Melissa officinalis, Lippenblütengewächse Pfefferminze «Edelminze, englische Minze, Priminzen» Mentha piperita, Lippenblütengewächse Die Zitronenmelisse kommt ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Mit dem Anbau der Pflanze im Kloster beginnt eine gut tausendjährige Kette von Pfarr- und Bauerngärten, die sich durch die verschiedensten gesellschaftlich-historischen Bedingungen gewälzt hat. Hildegard von Bingen erzählt von der Melisse, dass man gern lacht, wenn man sie isst, dass sie das Herz freudig erregt, weshalb die Melisse auch Herztrost heisst. Die Pfefferminze gilt als beruhigend für die Magennerven und als wirksam bei Magenreiz (auch als Zusatz für Bäder und Umschläge). Sie wird ebenfalls bei Magenkrämpfen, Blähungen und überhaupt bei kranken Verdauungsorganen empfohlen. Wegen ihres Mentholgehalts wirkt das Dämpfen mit Pfefferminzaufguss günstig bei Schnupfen und Bronchialkatarrh. Sicher war sie immer ein gutes Mittel für Frauen, und nicht nur ein gynäkologisches. Man schreibt der Melisse beruhigende, antibakterielle, blähungswidrige und neuerdings auch virushemmende Wirkung zu. Arzneilich verwendet man einen Aufguss gegen Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und nervöse Herzbeschwerden. Ein paar frische Melissenbläter aus dem Garten verfeinern den Geschmack von Saucen, Salaten und Fruchtdesserts. 1. 1. Das Leberblümchen Der Huflattich Hieronymus Bock, kräuterkundiger Pfarrer, berichtet 1539 vom Leberblümchen: «die bletter inn Wein gesotten / den mund damit geschwenkt und gegurgelt / ist gut wider die Mundtfeule / geschwulst der Mandel / und des Zäppfleins». Es gibt Pflanzen, die haben in ihrer ersten Vegetationsphase im Frühling eine völlig andere Gestalt als später im Jahr. Der Schachtelhalm gehört dazu und der Huflattich, der gelegentlich schon im Februar zu blühen beginnt, aber erst nach der Blüte seine charakteristischen rundlich-herzförmigen Blätter bildet. Heutzutage wird das Leberblümchen, dessen Name sich von seiner heilkundlichen Verwendung ableitet, kaum noch verwendet, weil die Wirkstoffe starke Nebenwirkungen haben können. Mancherorts kann man im Frühjahr Spaziergänger dabei beobachten, wie sie das blaue Blümchen mit den Wurzeln ausgraben, um es zu Hause im Topf oder Garten anzusiedeln. Was jedoch kaum gelingen dürfte, denn eine Pflanze während der Blüte umgesetzt, geht in der Regel ein, besonders aber, wenn es sich um ein Wildkraut handelt, das sich den Platz, wo es wachsen will, selber sucht. Huflattich «Zytrösli, Berglatschen, Rossblacke, Tabakkraut» Tussilago farfara, Korbblütengewächse Leberblümchen «Vorwitzchen» Hepatica nobilis, Hahnenfussgewächse Man bezeichnete den Huflattich verächtlich auch als «Rossblacke» und es war Sitte, dass Tabak mit Huflattichblättern geraucht wurde, besonders von älteren Leuten, die an chronischer Bronchitis mit und ohne asthmatischen Anfälle litten. Der Huflattich blüht vorallem auf Schottergelände, Kiesgruben, Fluss- und Seeufer. Die getrockneten Blütenköpfchen und Blätter gehören zu den besten Hustenmitteln, die es gibt. Sie enthalten jedoch geringe Mengen von Giftstoffen, die die Leber schädigen. Daher wird der Huflattich in den «Brustees» der Apotheken und Drogerien nur als Beimischung verwendet. 1. 1. Das Gänseblümchen Das Scharbockskraut Im Frühling ist die städtische Vorgartenwiese mit seinen weissen Blütenköpfchen wie mit Sternen übersät. Beim Rasenmähen bleibt das Gänseblümchen durch seine dem Boden angepasste Blattrosette ungeschoren und treibt rasch wieder seine Blütenstengel, bevor es von den schnellwüchsigen Arten überholt wird. Es gibt Pflanzen, die eigentlich nicht zu den Giftpflanzen, sondern zu den Heilpflanzen gehören, obwohl sie falsch dosiert durchaus toxisch wirken. Das Scharbockskraut gehört wie das Leberblümchen zu den Frühlingsblühern der Hahnenfussgewächse. Man findet es in Auenwäldern, Mischwäldern und auch feuchten Wiesen. Der Name Scharbock (=Skorbut) kommt daher, dass die Pflanze früher gegen Vitamin-C-Mangelerscheinungen verwendet wurde. Wegen dem scharf schmeckenden Giftstoff, der sich vorallem in der Blütezeit in den Blättern ansammelt, ist der Genuss nicht unbedenklich. In einem Kräuterbuch der Findhorngemeinschaft las ich, man solle die frischen und getrockneten Blütenköpfchen des Gänseblümchens bei Husten und Katarrh benutzen. Gänseblümchentee ist sowohl bei Arthritis und Rheuma als auch bei Leber- und Nierenproblemen angezeigt. Aufgrund seiner zusammenziehenden Wirkung kann es auch bei Durchfall wirksam sein. Die Unsicherheit gehört ja zu allen Naturheilweisen wesentlich dazu. Man weiss nie, ob das verabreichte Mittel die Ursache der Besserung ist oder nicht vielleicht doch irgendein anderer unbekannter Faktor, der sich seither eingestellt und eventuell die gesamte Wirkungskonstellation verändert hat. Wahrscheinlich ist die Frage nach der Ursache hier sogar prinzipiell falsch. Es genügt ja, dass die gewünschte Wirkung eingetreten ist. Natürlich ist das ein «vorwissenschaftliches» Verhalten, obwohl ich vorziehe es «nachwissenschaftlich» zu nennen. Man muss halt dran glauben, und das sowieso! Scharbockskraut «Feigwurz» Ranunculus ficaria, Hahnenfussgewächse Gänseblümchen «Margritli, Massliebchen, Tausendschön» Bellis perennis, Korbblütengewächse 1. 1. Die Brennessel Das Hirtentäschchen Es gibt Wildpflanzen-Kochbücher, die wollen einem dazu verlocken, wenigstens fallweise vom Kopfsalat auf den Löwenzahn, vom Spinat auf den Giersch umzusteigen. Man soll, so heisst es im Vorwort von einem solchen Buch, die Kräuter nur «an ungedüngten, staubfreien Standorten holen, die nicht durch Spritzmittel und schädliche Umwelteinflüsse belastet sind.» Die Menschen, die mit dem Äussersten an Selbstbewusstsein ihr Stück Land bestellen, ahnen gewöhnlich nicht, dass oder gar wie ihre der Natur auferlegte Ordnung selbst auch wieder Natur enthält. Das ist auch gar nicht anders möglich; denn es gibt bloss Natur. Es gibt eine wilde, natürliche Natur, die ihre Regeln selbst setzt, und es gibt eine gezähmte, geschundene, getretene Natur, die in menschliche Dienste genommen ist und menschlich vernunftgeprägten Regeln folgt, so taucht beispielsweise überall dort, wo der Mensch Ackerbau betreibt, früher oder später das Hirtentäschchenkraut als Kulturbegleiter auf. Je mehr die Pflanze getreten und zerstampft wird, desto besser wächst sie. Neben den etwa 50 Kleinarten mit erbbeständigen Merkmalen gibt es mittlerweile auch Modifikationen. So treten in manchen Gegenden fiederspaltige, tiefeingeschnittene, in anderen Gegenden vorwiegend ungeteilte Blätter auf. Für viele wird es ein frommer Wunsch bleiben, eine solche Stelle zu finden. Und wenn man sie gefunden hat, heisst das noch lange nicht, dass man damit den schädlichen Umwelteinflüssen entrinnen kann. Gerade was die Brennessel (und andere stickstoffliebende Pflanzenarten) angeht, sollte man sich fragen, wie das mit den Nitraten ist: Man kann nicht auf der einen Seite die Nitratvergiftung des Trinkwassers oder des überdüngten Kopfsalats beklagen und auf der anderen Seite just jene Wildpflanzen als «gesund» empfehlen, von denen eine einzige Portion unter Umständen mehr Nitrat enthält als zehn Liter verseuchtes Wasser und bestimmt nicht weniger als ein Kopfsalat. Das soll nun keine Spielverderberei sein, wohl aber ein Hinweis darauf, dass das Verwenden von Wildpflanzen nicht immer unbedenklich ist. So gewiss sich in der Wildpflanze wichtige Stoffe finden, die im gekauften Gemüse fehlen, so gewiss ist auch, dass wir über die Inhaltsstoffe der Wildpflanzen meist nur lückenhaft Bescheid wissen. Jedenfalls sollte man nur die jungen Blätter nehmen, um Brennesselsuppe oder –salat oder –gemüse zuzubereiten. Hirtentäschel «Bettseikerli, Löffelischelm, Secklichrut» Capsella bursa-pastoris, Kreuzblütengewächse Brennessel Urtica dioica, Nesselgewächse 1. 1. Die Schlüsselblume Der Löwenzahn In meinen Kinderjahren auf dem Lande waren die Wiesen zu Tausenden mit Schlüsselblumen übersät, heutzutage hat man sie durch Kunstdünger vertrieben. Die hektische Zeit mit dem Verlangen nach immer mehr und mehr Produktion hat den Stress nicht allein dem Menschen aufgezwungen, auch die Pflanzenwelt wird miteinbezogen. Das Resultat ist, dass die Menschen immer kränker und die Wiesen immer farbloser geworden sind. Wer heute noch in einer Kulturwiese eine Schlüsselblume findet, soll sich glücklich schätzen – dies ist eine Seltenheit. Durch die moderne intensive Bewirtschaftung der Wiesen sind viele Pflanzen verschwunden oder nur noch als letzte Relikte einer dahingegangen Vielfalt hie und da zu finden. An die Stelle der Mahd ist weithin die intensive Beweidung getreten oder auch der Umtrieb, bei dem die Wiesen aufgeteilt und mit System teils beweidet, teils, nachdem sie sich erholt haben, gemäht werden. Da bleiben nicht mehr viel Möglichkeiten für die Wiesenblumen, zumal man immer nahrhaftere, immer robustere Gräser anbaut. Kurzgefressen sind die Wiesen, dazu übermässig gedüngt (was vielen Pflanzen den Garaus macht). Zwischen den Gräsern bleiben schliesslich nur zwei Gruppen von Pflanzen übrig; jene die vom Vieh verschmäht werden, wie zum Beispiel Disteln und Ampfer, und jene, die den Hufen der Tiere widerstehen können, wie zum Beispiel Weissklee und Löwenzahn. Die Schlüsselblume spielte als Charakterpflanze stets eine grosse Rolle. Kranke Menschen hofften von ihr, dass dieser Blumenschlüssel der den Himmel aufschliesst, auch ihnen die Gesundheit erschliessen würde. In den Kräuterbüchern wird die Pflanze als auswurfförderndes und hustenlösendes Mittel bei trockener Bronchitis erwähnt, zudem wird ihr eine beruhigende und entspannende Wirkung nachgesagt. Die positiven Eigenschaften der Schlüsselblume haben dazu geführt, dass die Blüten gerne in Rezepturen bei Bronchitis, Husten, Erkältung, zur Beruhigung bei Migräne, Kopfweh, Herzschwäche, Gicht, Rheuma und Nervenschwäche verwendet werden. Löwenzahn «Söiblueme, Bettpisser, Chueblueme, Pfafferöhrli» Taraxacum officinale wiggers, Korbblütengewächse Schlüsselblume «Himmelschlüsseli, Tubechnöpfli» Primula veris, Primelgewächse Als Heilpflanze war das Hirtentäschchenkraut bereits in der antiken Welt bekannt. Hippokrates (460 – 377 v. Chr.) bezeichnete die Pflanze als Uterusmittel und Hieronymus Bock (1498 – 1554) lobte insbesondere die blutstillende Wirkung. Neusten Untersuchungen zufolge werden dem Hirtentäschchen blutstillende, gefässverengende und abführende Eigenschaften nachgewiesen. Ferner erhöht der Pflanzenauszug die Darmspannung bei erschlaffter Darmmuskulatur nach Abführmittelmissbrauch. 1. Der Löwenzahn ist eine robuste Wildpflanze. Er wuchert nicht, ist ausdauernd – muss also nicht immer neu gesät werden – und treibt nach dem Abschneiden unverdrossen wieder aus. Die ganz jungen Blätter kann man im Frühjahr ernten. Sie schmecken (ein wenig bitter) als Salat so gut wie als Gemüse. Fortgeschrittene Löwenzahnjäger graben im Spätherbst die Wurzeln aus; sie sind als Heilmittel bei Gallen- und Magenbeschwerden sehr geschätzt. 1. Der Bärlauch Der Ackerschachtelhalm Neulich stand in der Zeitung, eine Frau hätte falschen Bärlauch gegessen und sei daran gestorben. Ich meine das nicht gehässig, meine vielmehr, es könne doch jeder Depp lernen, gewisse Dinge und Zusammenhänge zu durchschauen, um sie sich anzueignen und zunutze zu machen. Der Ackerschachtelhalm (auch Zinnkraut genannt, da er wegen seines Kieselsäurengehalts früher zum Putzen von Zinngeräten benutzt wurde) gehört zu den gleichsam lebenden Fossilien der Pflanzenwelt. Im Frühjahr entwickelt er sporentragende Fruchtstengel, die sich nach der Sporenbildung zu den bekannten quirlförmig stehenden grünen Ästen auswachsen, die der Pflanze bei oberflächlicher Betrachtung eine entfernte Ähnlichkeit mit sehr kleinen Fichten geben. Der Bärlauch ist eine Pflanze, die ähnlich wie der Knoblauch, durch ihr eindringlich starkes Aroma hervorsticht. Er wächst vorallem in schattigen, humusreichen Böden. Die Auenwälder im Meienried zaubern im Frühling unglaubliche Blütenteppiche hervor. Man nimmt die frisch gehackten Blätter als Würzkraut zu Saucen, Suppen und Salaten. Die Pflanze wirkt bei Magenverstimmungen und Verdauungsstörungen; sie ist leicht blutdrucksenkend. Um also Verwechslungen beim Sammeln von Bärlauch vorzubeugen, kann es hilfreich sein, sich zuerst Kenntnisse über das Maiglöckchen oder die Herbstzeitlose anzueignen. Ackerschachtelhalm «Zinnkraut, Kannenkraut, Katzenschwanz» Equisetum arvense, Schachtelhalmgewächse Bärlauch «Chrottechrut, Wilder Knoblauch, Waldknoblauch» Allium ursinum, Liliengewächse 1. Der Salbei haftet und duftet wie würzen wie heilen duftet – Wachstum, Gesundheit, Kräfte, Kräuter – sie zu gebrauchen, es kennen (und lieben) die Blüte des Salbeis die Bienen, ihnen zu folgen, zum Salbei zum silbrigen, grauen zum ledrigen, grünen winzig blaue Blüte zum Salbei Salbei «Salbine, Chüechlichrut, Müsliblätter» Salvia offcinalis, Lippenblütengewächse 1. Die Rosskastanie ein klebriger Duft zerriebener Salbeiblätter, an heissen Tagen zwischen Daumen und Zeigfinger Rosskastanie «Bitterkastanien, Chegele, Sauchestene» Aesculus hippocastanum, Rosskastaniengewächse Beim Ackerschachtelhalm handelt es sich (im Unterschied zu anderen Schachtelhalmarten, wie dem Wald- oder dem leicht giftigen Sumpfschachtelhalm) um eine wertvolle Heilpflanze, die wegen ihres Kieselsäurengehalts bei Nieren- und Blasenleiden sowie bei rheumatischen Gelenkbeschwerden benutzt wird. Heute wird der Schachtelhalm allerdings selten allein verwendet, sondern meist zusammen mit Thymian, Malve, Lindenblüten, Spitzwegerich, Holunder und Fenchel. 1. Erstmals gelangte dieser Baum um 1570 von Konstantionopel nach Wien. Daher vermutet man die Türkei als Heimat dieser Baumart. Hier soll sie bei Pferdekrankheiten (Rosskur – daher der Name) verwendet worden sein. Erst um 1880 wurden natürliche Vorkommen in Griechenland entdeckt. Die reifen Rosskastanien («Chegele»), die grössten Samen in der einheimischen Flora, enthalten Wirkstoffe, die man nur nach ärztlicher Verordnung in Fertigarzneien gegen Gefässerkrankungen wie Krampfadern, Venenentzündungen oder Hämorroiden verwendet. An der Altenbergstrasse, bei Beatrix unmittelbar unterm Wohnzimmerfenster, steht eine fast achtzigjährige Rosskastanie. Wenn der Baum ausgeschlagen hat, zeigen die Blüten unmittelbar nach dem Aufblühen in der Mitte ein hellgelbes Farbmal, und nur diese bieten Nektar an. An den folgenden Tagen verfärben sie sich über Ziegelrot nach Tiefpurpur. Sobald das Signal auf Rot steht, fliegen keine Bienen oder Hummeln mehr an. 1. Der Spitzwegerich Das Stiefmütterchen Er ist auf allen Wegen zu Hause. Es gibt wohl keine Wiese, keinen Waldrand oder keinen Wegsaum, wo man diese Pflanze vergebens suchen würde, selbst an kahlen Stellen, wo Gras und Klee davor stehen bleiben, gleichsam als Zuschauer, beginnt sich der Spitzwegerich anzusiedeln. Seine Blätter sind schmal-lanzettenförmig. Auf den blattlosen Blütenstengeln hat es braune Kronenzipfel, daraus wachsen im Sommer die langen Staubfäden mit den gelblichen Staubbeuteln. Wie die Nachbarin in ihrem Garten mit Blumen und Pflanzen umgeht, ist sie jedenfalls und allezeit Herrin der Lage, die sie voll in der Hand hat. Als leidenschaftliche Gärtnerin kauft sie im Frühjahr in der Migros ein ganzes Kistchen voll Stiefmütterchen, die sie als bunte Farbkleckse in Reih und Glied in den Boden setzt, um so gewissermassen ihre Welt, das Prinzip Ordnung, das sie im Kopf hat, abzustecken. Im Wesentlichen hat der Spitzwegerich die gleichen Inhaltsstoffe wie der nahe Verwandte Grosse Wegerich. Zerquetschte Blätter sofort auf Insektenstiche aufgetragen lindern den Juckreiz und wirken abschwellend. Ausserdem nimmt man Spitzwegerich traditionell bei fiebrigen Bronchialerkrankungen, beispielsweise als Aufguss. Wegerich ist auch in Fertigarzneien für diese Heilanzeige enthalten, ebenso in verschiedenen Hustensäften und Mundwassern zum Gurgeln. Junge Blätter kann man als Wildgemüse sammeln. Stiefmütterchen Viola arvensis, Veilchengewächse Spitzwegerich «Hundsrippe, Rossrippe, Spiesskraut, Wegetritt» Plantago lanceolata, Wegerichgewächse Mir dagegen ist der Gartenenthusiasmus längstens abhanden gekommen. Dieser Mangel verbindet mich allerdings auf eigenartige Weise umso enger mit den Pflanzen, die im Schutz der Wildnis aufwachsen. Auch das wilde Stiefmütterchen ist neben dem Ackerstiefmütterchen häufig auf Feldern und Bergwiesen verbreitet. Die Pflanzen sind zirka zehn cm klein und haben weissgelbe oder blauviolette Blüten. Naturheilkundlich verwendet man das getrocknete Kraut innerlich und äusserlich bei Hauterkrankungen wie Akne oder Milchschorf. Weitere Anwendungsgebiete sind Erkrankungen der Atemwege und rheumatische Beschwerden. Der Name der Pflanze wird übrigens so gedeutet: die beiden oberen Blütenblätter sollen die zur Seite gedrängten Stieftöchter der üppigen Mutter darstellen, die ihre beiden leiblichen Töchter exakt in der Mitte plaziert. Obwohl die beiden Stieftöchter damit eine Spitzenposition haben, ärgern sie sich manchmal blau. 1. 1. Das Frauenmäntelchen Der Waldmeister Frauenmäntelchen schätzen feuchten Boden, dem sie mit glitzernden Wassertropfen auf ihren Blättern danken. Die rundlichen Rosettenblätter liefern sozusagen das Schnittmuster für den Umhang, wie ihn die Frauen im Mittelalter trugen. Aus dieser Zeit stammt auch das Bildmotiv der Madonna, die den schützenden Mantel ausbreitet. In einem lichten Buchenwald im Seeland fand ich ausgedehnte Bestände von Waldmeister. Als ich eine Pflanze zwischen den Fingern zerrieb, entstand dieser angenehme süssliche Geruch, den ich aus meiner Kindheit kenne. Edith, die ich nach der Bedeutung des Namens fragte, konnte mir auch nicht schlüssig erklären, was diese kleine Pflanze zum Meister des Waldes erhebt. Allerdings, so meinte sie, sei es sowiese am besten vom «Waldmeschter» zu probieren, und seis auch nur ein bisschen. Hier also Ediths Rezept für die Waldmeister-Bowle: Die formenreiche und recht unübersichtliche Artengruppe Frauenmäntelchen enthält viel Gerbstoff und ein komplexes Gemisch weiterer Stoffe. Den Gerbstoffgehalt nutzt man bei Magenschleimhautentzündungen und Darmstörungen, sowie zum Gurgeln und als Wundheilmittel. Volksheilkundlich wird das Frauenmäntelchen bei Menstruationsbeschwerden und während der Wechseljahre empfohlen. Die kleinen grünlichen Blüten der Pflanze sind Tag und Nacht geöffnet und werden von vielen Insekten angeflogen. Eigenartigerweise kommt die Samenbildung beim Frauenmäntelchen auch ohne Bestäubung in Gang. Zimmermanns Maitrank 60 gr (3 grosse Sträusschen) erlesener und gewaschener vor dem vollen Aufblühen gewonnener Waldmeister werden in eine Bowlenschüssel (Blüten nach unten) gelegt und mit 120 gr Zucker bestreut. 2 Flaschen Weisswein (oder auch Apfelmost) dazu geben. Vier bis sechs Stunden zugedeckt an einem kühlen Ort ziehen lassen. Wird der Trunk nicht gleich serviert, so siebt man den Wein ab und stellt ihn in den Kühlschrank. In Flaschen gefüllt, einige Wochen haltbar. Vor dem Servieren 1 Liter Mineralwasser und eine Flasche Sekt (bei der mit Apfelmost angesetzten Bowle eine Flasche Kindersekt) und Eiswürfel dazugeben. Abschmecken und nach Bedarf noch etwas Zucker oder je nach Geschmack Mineralwasser zugeben. Schmeckt im Mai getrunken am besten! Waldmeister «Maikraut, Herzfreude, Sternleberkraut» Gallium odorata, Rötegewächse Frauenmäntelchen «Frauenhilf, Hasenmänteli, Taumännli» Alchemilla xanthochlora, Rosenblütlengewächse 1. 1. Kamille «Echte Kamille, Mueterchrut, Mariemagdalenenchrut» Chamomilla recutita, Korbblütengewächse Linde «Sommer-Linde, Grossblättrige Linde» Tilia platyphyllos, Lindengewächse Die Linde Die Kamille Jeder Baum hat seine Geschichte, die erzählt werden könnte. Die Linde war bei den Germanen der Liebesgöttin Freya geweiht, und man glaubte, dass ihr weissagende und heilende Kräfte innewohnten. Noch heute stehen alte Lindenbäume auf alten Dorfplätzen, an der Kirche oder auf Hügeln. Unter der Linde versammelten sich die Menschen, um Recht zu sprechen, um sich Geschichten zu erzählen und um sich zu lieben. Sie war ein Schicksals- und Familienbaum, ein guter Geist, der vor Verzauberung und vielem Bösen schützen sollte. In den Sommernächten spielten die Elfen am liebsten unter den Linden. Das war noch die Zeit, in der die Menschen den Baum als lebendes Wesen ernst nahmen. Wir haben vieles davon verlernt oder vergessen. Als Hausmittel hingegen ist die Linde fast so populär wie der Holunder oder die Kamille. Lindenblütentee nimmt man bei fiebrigen Erkältungskrankheiten. In der Homöopathie verwendet man Lindenblüten auch gegen Heuschnupfen, Hautausschläge und rheumatische Beschwerden. Lindenblüten ergeben einen wertvollen Honig. Seit Beatrix und ich uns entschlossen haben, ein Herbarium anzulegen, hat meine Lebensweise angefangen sich zu verändern. Ich bin jetzt die meiste Zeit mit dem Schreiben über bestimmte Heilkräuter beschäftigt oder irgendwo unterwegs, auf der Suche nach Pflanzen oder einfach so. 1. Gestern fand ich auf einer Wanderung eine Stelle, wo es die Echte Kamille gibt und nicht bloss die ewige Falsche oder Duftlose Kamille der Viehweiden, die als Heilkraut nichts wert ist. Bei der Echten Kamille ist der Körbchenboden hohl und sie duftet beim Zerreiben angenehm nach – Kamille. Dieser Klassiker der Heilpflanzen wächst einjährig und kann mit Erfolg bei allen Krankheiten in irgendeiner Form angewendet werden. Kamille wirkt stets beruhigend, da sie ausgesprochen krampfstillend ist. Die allgemeine Wirkung ist entzündungswidrig, desinfizierend. Man kann die Pflanze bei Erkältungskrankheiten und Katarrhen, aber auch bei Magenschmerzen und gestörter Verdauung gut gebrauchen. Ein Kopfdampfbad mit Kamillenaufguss ist ein bewährtes Mittel bei chronischem Schnupfen. Man nimmt sie zum Gurgeln bei Zahnfleischentzündungen. Andere bekannte Anwendungen sind Kräuterumschläge und Badezusätze. 1. Die Brombeere Schafgarbe «Achilleskraut, Feldgarbe, Gachelkraut, Leiterli» Achillea millefolium, Korbblütengewächse Brombeere «Hirschbollen, Kratzbeeri» Rubus fruticosus, Rosenblütengewächse Die Brombeerhecke sieht aus wie ein Stoffmuster von William Morris – tausend schwarze Sprenkel auf dem Grund der grünen Blätter. Man hört immer gutes über die Erntezeit, und es stimmt ja auch, dass man sich beschenkt fühlt. Aber irgendwie unpraktisch ist das mit den Jahreszeiten ja doch: jede Menge Arbeit, wenn es am wärmsten ist und wenn man eigentlich mit einem Glas Wein im Schatten sitzen möchte, und im Winter kann man dann höchstens am Schreibtisch sitzen oder mit klammen Händen ein paar Sträucher zurückschneiden. Also gut, nun zu den Brombeeren. Vielleicht müssten es ja doch nicht gleich zehn Meter Hecke sein, fünf würden auch reichen, zumal die Hecke auf einer Seite gut zwei Meter hoch an einer Gartenmauer entlang wächst. Da legen sich die neuen Ranken über die alten und bilden einen Wall, dessen Krone mittlerweile schon ausser Reichweite ist. Bald werde ich die Hecke stutzen müssen. Wenn die Ranken genug lang sind, neigen sie sich im weiten Bogen zur Erde, wo die Triebspitze zugleich ein dickes Büschel weisser Wurzeln aussendet. Diese Brombeerbögen galten früher, vorallem in England, als unfehlbares Zaubermittel gegen allerlei Gebresten. Man musste nur drunterkriechen, und schon war man seine Furunkel los oder den Husten. Gar nicht zauberisch, sondern real fein sind Brombeerkonfi und -gelee. Auch der Tee aus Brombeerblätter schmeckt weitaus besser, als jene, die ihn nicht kennen, vermuten würden – vorausgesetzt man nimmt die Mühe des Fermentierens auf sich. Erst dadurch bilden sich nämlich, wie beim schwarzen Tee, die Aromastoffe. Die einfachste Methode besteht darin, dass man die Blätter einen halben Tag welken lässt, dann zwischen den Handflächen rollt und schliesslich dicht in eine Blechbüchse gestopft für zwei Stunden in den auf fünfzig Grad erwärmten Backofen stellt. Auch die Blätter der Himbeere und der Erdbeere lassen sich auf diese Weise in einen ernstzunehmenden Abendtee verwandeln. 1. Die Schafgarbe Die Schafgarbe, früher auch Achilleskraut oder Feldgarbe genannt, hat nur einen einfachen Kreis weisser Blüten, die Röhrenblüten schimmern gelblich, eine zarte und bescheidene Schönheit über den schmalen, ganz fein gesägten Blättern. Ich habe diese Blätter probiert, sie schmecken frisch und würzig mit einer ganz leisen Schärfe. In den Kräuterbüchern wird die Schafgarbe als eine alte und zuverlässige Heilpflanze bei Magenstörungen und Appetitlosigkeit empfohlen. Es ist auch aufgeführt, man könne die jungen Trieb-Spitzen der Schafgarbe, solange sie noch weich sind, als Würzkraut oder im Gemisch mit anderen Gemüsen verwenden. Es gibt Speisen, die können es in der Tat vertragen, dass man ihnen etwas Verdauungsförderndes beimischt. Aber auch sonst kann man mit der vorsichtigen Verwendung von Schafgarbenblätter einen ungewöhnlichen Akzent setzen, die dem ehrwürdigen Kraut zu neuem Leben verhelfen. 1. Roter Fingerhut «Handschuhkraut, Potschen, Waldglocke» Digitalis purpurea, Rachenblütengewächse Mistel «Hexenbesen, Hexennest, Vogelchrut» Viscum album, Riemenblumengewächse Gewöhnlicher Geissfuss «Giersch» Aegopodium podagraria, Doldengewächse Goldrute «Heidnisch Wundkraut, St. Petersstabkraut, Waldkraut» Solidago virgaurea, Korbblütengewächse Der Giersch, der Geissfuss Der Fingerhut Der Giersch gilt als ein besonders «hartnäckig» bezeichnetes Unkraut. Er senkt seine Pfahlwurzel, je lockerer der Boden, umso tiefer hinein, und auf jeden Fall zu tief hinein, als dass sie unbeschädigt wieder herausgezogen werden können. Und jedes im Boden verbliebene Wurzelstück bildet eine vollständige Wurzel, aus der die Pflanze wieder hervorgeht, als sei nichts geschehen. Wo der Geissfuss Fuss fasst, da fasst er Fuss. Da bleibt er, Gras wächst an dieser Stelle nicht mehr. Er ist wie die anderen Füsse auch, Gänse- oder Hahnenfuss, schwer zu vertreiben. Allerdings kann man aus der Pflanze mit den schmucken weissen Blüten ein schmackhaftes Wildkrautgemüse zubereiten (Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen, zum Teil giftigen Vertreter dieser Familie sind zu beachten). Mit dem frisch zerquetschten Kraut des Giersch lassen sich Insektenstiche und kleinere Hautverletzungen lindern. Ausserdem verwendet man die Pflanze homöopathisch gegen rheumatische Beschwerden. Seit je haben mich die Blumen im Garten am wenigsten interessiert. Ich will ja gerne zugeben, dass in der Blüte der Elementarbereich Erde die innige Verbindung mit der ganz und gar überirdischen Sphäre des Lichtes eingeht. Mehr als die Formen und Gestalten interessieren mich jedoch ihre Funktionen, zum Beispiel bei den als Blumen auftretenden Kräutern wie dem Fingerhut. 1. 1. Die Goldrute Die Mistel Als einzige einheimische Art wächst die Echte Goldrute in lichten Laubmischwäldern und Magerwiesen, in den Bergen auf Alpmatten bis 2’500 m. Als Heilpflanze wird sie vorallem homöopathisch gegen Steinbildungen in der Harnblase und Niere verwendet. Jedoch weitaus verbreiteter in der heimischen Flora als die Echte Goldrute ist die Kanadische Goldrute. Die aus Nordamerika stammende Gartenpflanze ist bei uns aus den Gärten verwildert und hat sich an Bahndämmen, Flussufern und Ödlandschaften etabliert. Ihre dichten Bestände dulden nur wenige Pflanzen neben sich. Ebenso stark macht sich die Späte Goldrute breit. Sie dringt sogar in Auenwälder vor. Man kann sie an ihrem kahlen Stengel von der Kanadischen Goldrute gut unterscheiden. Für Naturschutzgebiete sind beide Arten eine Gefahr, weil sie die einheimischen Pflanzen von ihrem Standort verdrängen. Anscheinend besitzen die importierten Goldrutenarten nicht genügend tierische Schädlinge, die eine ungehemmte Ausbreitung eindämmen. Es gibt diese sogenannten Schmarotzerplanzen, die sich an ihre Stütz- und Wirtspflanzen hängen, als blieben sie an ihnen kleben. Die Mistel, ein immergrüner, kugelbuschiger Strauch, macht ihren Wachstum von einem Wirt abhängig, weil sie aus eigener Kraft innerlich dazu nicht gerüstet ist. Haben ihre senkrechten Wurzeln durch Auflösung der Rinde ihren Weg in eine Wirtspflanze gefunden, gewöhnlich ein Baum oder ein grösseres Gebüsch, beginnen sie dem Holz Wasser und Nährsalze zu entziehen. Die Mistel, die sich der Stabilität ihrer Wirtspflanze bedient, ohne diese jedoch in ihrer organischen Substanz zu schädigen, gehört zu den Halbschmarotzer. Ihre runden Beeren, die von zähem, schleimigem Fleisch umgeben sind, werden im Spätherbst von Amseln und anderen Drosselarten von Ast zu Ast von Baum zu Baum durch Abwetzen der am Schnabel hängenden klebrigen, unverdaulichen Samen verbreitet. 1. 1. Der rote Fingerhut, eine Charakterpflanze der Waldlichtungen und Waldränder, steht in manchen Gegenden unter Naturschutz. Häufig wächst er auch in Gärten als attraktive Zierpflanze. Die grossen purpurroten Blüten, die in Trauben wie Glocken hängen, werden ausschliesslich von Hummeln bestäubt. Die Pflanze enthält Giftstoffe, die in geringer Konzentration als Herzmittel grosse Bedeutung haben. Die Homöopathie verwendet den Fingerhut auch bei Kreislaufstörungen, Wassersucht, Gelbsucht und Atemnot. Die Dosierung der Wirkstoffe ist nicht einfach. Für die Selbstbehandlung ist die Pflanze wegen ihrer Giftigkeit ungeeeignet. Wenn die stark bitter schmeckenden Blätter nicht erbrochen werden, dann führen sie zu Sinnesstörungen, Unregelmässigkeit der Atmung sowie Herzstörungen. Die Mistelzweige und Blätter enthalten ein komplexes Stoffgemisch mit vielen Bestandteilen. Die Wirkstoffe waren bereits bekannt, als die Priester die Pflanze mit goldenen Sicheln von den Eichenbäumen schnitten, sie lassen sich jedoch nicht so einfach als Aufguss oder Hausmittel nutzen, sondern erfordern spezielle Zubereitungen. Die Malve Besonders die Schmetterlinge haben in diesen Tagen, da die Malven blühen, fast schlagartig zugenommen. Ich habe längst hinsichtlich der aufkommenden Vegetation, den Überblick verloren, und aus meinem anfänglichen Versuch der Bestimmung von einigen Pflanzen aus der näheren Umgebung ist ein unendliches Unternehmen geworden. Nirgends Grenzen: Sprossen, Blätter, Blüten, Früchte, selbst die Bezeichnungen werden immer komplizierter. Und in der Botanik entwickelt sich ein ganz neues Wissensgebiet, dass, wenn man damit anfängt, damit auch kein Ende mehr ist. Buchstäblich in jeder Richtung geht es weiter, immer grösser und immer kleiner. Mal dies, mal jenes. So schreibt Dr. Friedrich Dörfler in seinem Bestimmungsbuch über die Malvengewächse: «In den Zwitterblüten reifen die männlichen und weiblichen Teile meist nicht gleichzeitig heran. Die Malvenblüte beginnt männlich. Erst wenn das dichte Staubblattgebüsch seine Pollen auf den Weg gebracht hat, öffnen sich schirmartig die Kronblätter. Die Malven sondern den Nektar, den sie ihren Besuchern darbieten, nicht in der Blüte, sondern an der Oberseite der Kelchblätter ab.» Lungenkraut «Brunneschlüsseli, Güggelhose, Schwindsuchttee» Pulmonariaofficinalis, Boretschgewächse Weg-Malve / Wilde Malve «Käslikraut» / Stockrose «Herbstrose» Malva neglecta / Malva sylvestris / Alcea rosea, Malvengewächse Meine anfänglich gute Hoffnung, die selbstgestellte Aufgabe, die mir zunächst als recht einfach erschienen war, die Pflanzen etwas näher kennenzulernen, erlahmt angesichts solcher, das Offensichtliche relativierende Befunde. Gar nicht zu reden von dem Geschlechtsstadium in dem sich die Pflanzen gerade befinden, das ich, wollte ich es verlässlich bestimmen, schon mit der Lupe untersuchen müsste. Doch ich freue mich an der Lebendigkeit des Daseins der Malvenpflanzen hier im Garten, mit ihren rosafarbenen, schwarzpurpurnen, violetten und gelben Blütentupfen und lasse inzwischen jede weitere Bestimmung dahingestellt. 1. Die Vogelmiere Die Vogelmiere kommt wie ein kleiner Vogel geflogen, ein kleinblätteriges, rasch wachsendes und rankendes, kriechendes Kraut, das von dem Punkt aus, wo das kaum sichtbare Samenkörnchen hinfiel, sich nahezu kreisförmig ausbreitet und ein beträchtliches Stück nackte Erde mit einem dichten, saftigen Flies bedeckt. Sie wird von ihr bewachsen mit einer Sorgfalt und Eile, als gelte es eine Wunde zu schliessen. Und das ist auch wahr. Die Vogelmiere ist in der Tat ein natürlicher Wundverband. Sie wird äusserlich bei Schnitten und Wunden, vorallem bei Juckreiz und Reizungen benutzt. Sehr gut wirkt sie, wenn Ekzeme oder Schuppenflechten das Jucken verursachen. Innerlich wird Vogelmiere bei Rheuma angewandt. Das Lungenkraut Wenn im Frühjahr das Sonnenlicht noch frei durch die Kronen der Bäume bis auf den Waldboden schimmert, spriesst und blüht das Lungenkraut. Die Schatten und Lichtflecken scheinen sich auf den gefleckten Blättern der Pflanze fortzusetzen. Schon durch den Namen wird hier angedeutet, dass es sich bei dem Lungenkraut um ein altes Volksheilmittel handelt. Bestätigt wird dies durch regionale Benennungen wie Lungenwurz, Schwindsuchttee oder Frauenmilchkraut. Das Lungenkraut wächst in lichten Laubwäldern, am Waldrand, in Wiesen und Matten bis zirka 1’700 m Höhe. Besonders charakteristisch für die Pflanze ist, dass die ausgewachsenen Blüten zweifarbig sind. Beim Aufblühen sind sie rot, und sobald sie bestäubt sind, wechseln sie zu Violettblau. Diese Farbveränderung beruht darauf, dass der Blütensaft der Pflanze zuerst in saurer, nach der Bestäubung in alkalischer Lösung vorliegt. Eigenartigerweise fliegen die Insekten fast nur die roten Blüten an, als würde das Lungenkraut mit seinem Farbsignal ihnen ein Wegweiser sein. Nun weiss man aber, dass leuchtend rote Blüten ultraviolette Strahlen reflektieren, die der Mensch mit seinen Augen nicht wahrnimmt, die Biene aber genau erkennt. 1. Die Walderdbeere zwischen Blüten und Blätter die roten Früchte fast heiss vor Sonne leuchtend, lockend warmes Aroma auf der Zunge, erfüllt mir den ganzen Mund, leicht säuerlich, steigt hoch bis in die Nase und dann dieses Knirschen der winzigen Kerne zwischen den Zähnen wie Krümeln warmer Erde und die Zeit steht still für einen Augenblick – heult wie toll, der Donnervogel sein Lied Walderdbeere Fragaria vesca, Rosengewächse Vogelmiere «Vogel-Sternmiere, Hühnerdarm» Stellaria media, Nelkengewächse 1. 1. Heckenrose «Hagebutte, Hagrösli, Hundsrose, wilde Rose» Rosa canina, Rosenblütengewächse Goldmelisse «Pferdeminze, Scharlach-Monarde» Monarda didyma, Lippenblütengewächse Die Goldmelisse Die Heckenrose, die Hagebutte Eine Verwandte der Zitronenmelisse ist die Goldmelisse. Sie wird regional auch Indianernessel, Pferdeminze, Rote Nessel oder Schweizer Nessel genannt. Es handelt sich hier um eine 50 – 100 cm hohe Staude, die in Südamerika heimisch ist und durch Kolumbus nach Spanien gebracht wurde. Die Pflanze wird seither in unseren Gegenden in Kräutergärten angebaut. Sie hat ähnliche Wirkung wie die Zitronenmelisse, jedoch nicht dieses zitronenähnliche Aroma. Im Garten ist eine schier unermüdliche Strauchrose, eine der Sorten, die bis zum ersten Frost blühen und sogar danach an jedem wärmeren Tag noch versuchen, ein paar Knospen zu entfalten. Schon wegen dieser Eigenschaft gebe ich ihr den Vorzug vor allerlei patentierten Schönheiten, wie so viele oben im Rosengarten stehen und, in beissenden Farbmischungen das Staunen der Passanten erregen wollen. Die Goldmelisse treibt aus dem Wurzelstock Ausläufer, die zur Vermehrung verwendet werden können. Ihre Blätter stehen gegenständig an vierkantigen Stengel; sie sind zirka 10 cm lang und lanzettenförmig. Von Juli bis September erscheinen die intensiv roten Lippenblüten, die zu Heilzwecken gesammelt werden. Wenn man die Goldmelisse im Garten anpflanzt, verlangt sie nach zwei Jahren für ihren Fortbestand einen neuen Standort, ansonsten sie langsam eingeht. Die Pflanze wächst gut neben der Schwertlilie oder dem Lavendel. Man muss jedoch darauf achten, dass die Quecke nicht im Goldmelissenbeet wuchert, da sie bei dieser Gemeinschaft verkümmert. Am liebsten aber ist mir der sparrige Strauch an der Hausmauer, der keiner Fürsorge bedarf: Die Hecken- oder Hundsrose; sie ist gewöhnlichste aller gewöhnlichen Rosen; sie ist sozusagen hundsgemein. Spass beiseite, der Hund kommt natürlich nicht von ungefähr. Der Name geht auf die frühere Bedeutung der Wurzelrinde als Mittel gegen die Bisse tollwütiger Hunde zurück. Die Heckenrose ist nicht edel und wohlriechend, aber sehr vitaminreich. Die leuchtend roten Früchten, die Hagebutten, sollen im Herbst geerntet werden, wenn sie gut ausgereift sind. 1. 1. Der Pestwurz Die Gundelrebe Zeitig im Frühjahr schieben sich auf kurzen, röhrigen Stengeln die walzenförmigen Blütenstände der Pestwurz wie Pilze aus der Erde; sie sind dicht bewachsen mit zahllosen asternähnlichen Blütchen – Juwelen auf dem winterkahlen Boden. Danach erst entwickeln sich die riesigen Blätter, die von weitem an Rhabarber erinnern. Hildegard von Bingen nannte die Pflanze den «grossen Huflattich» und empfahl sie unter anderem gegen bösartige Geschwüre. Später, als die Pest Europa heimsuchte, gab man ihr den Namen Pestwurz und rühmte sie hoffnungsvoll, aber vergeblich als Heilmittel. In Slowenien, wo es immer schon rauh zuging, hat man die bitter schmeckenden Blätter sogar als Gemüse gegessen. Da reicht ein Blatt für vier Personen. Aber: die oberirdischen Sehenswürdigkeiten der feinziselierten altrosa Blüten und der unmässig grossen Blätter entspringen einem unterirdisch wachsenden Stamm von kraftstrozender Unerbittlichkeit. Das heisst: die anfangs bescheidenen, malerischen Pestwurzblüten wachsen in wenigen Jahren bis zu einem Dschungel aus, und wandern immer weiter und weiter. Auch der Name Pestwurz bekommt so eine neue Bedeutung. Gundelrebe «Gundermann» Glewchoma hederacea, Lippenblütengewächse Pestwurz «Huetblacke,Kropfenwurz, Sandblacke» Petasites hybridus, Korbblütengewächse 1. Die Zubereitung einer Hagebuttenkonfi ist etwas mühsam. Man geht wie folgt vor: Nach der Ernte werden alle Hagebutten aufgeschnitten und die Härchen entfernt. Danach werden die Früchte mit Süssmost und Zucker bis zum Weichwerden gekocht und anschliessend durch ein Sieb gerührt. Die Mühe lohnt sich! Vielerorts nennt man die Gundelrebe auch Gundermann. Er ist ein Vagabund, der ziellos durch die Gegend streift und sich auf allen Böden breitmacht, so als wäre die Erde ein einziges Paradies. Hat man ihn erst mal im Garten, dann ist bald die ganze Fläche mit seinen rankigen Kräutern überzogen. Er kriecht als «Erdefeu» dem Boden entlang und nimmt die letzte freie Stelle für sich in Anspruch. Doch in der Heilpflanzenkunde ist die Gundelrebe eine wertvolle Pflanze. Bereits Hildegard von Bingen (1098 – 1179) sagte von ihr: «Es ist eine Kraft aus der Ewigkeit, und diese Kraft ist heilsam.» Bei den Germanen war die Gundelrebe dem Gott Donar geweiht. Sie hängten ein Sträusschen in ihren Häusern auf, um vor Blitzschlag geschützt zu sein. Die Gundelrebe kann zur Behandlung von Stirnhöhlenkatarrh benützt werden. Sie unterstützt die Heilung von Husten und Bronchitis, wirkt aber hier besser in Verbindung mit anderen Kräutern. Ihre zusammenziehende Wirkung hilft bei der Behandlung von Hämorrhoiden. Sie kann auch bei Blasenentzündungen benutzt werden. 1. Der Wermut als ich ihn bat: «Wer mut, bitterer Pedant, lehr mich doch ein Lied» sein Schweigen gegen mich, irgendwie feindselig, meine Wörter, als prallten sie ab von seiner trockenen Nüchernheit, die Abweisung in seinem Schweigen, frostig «Wer mut» heisst es «heilt Schwermut», deren Bild, das in ihm selber steckt Bitterkeit und Strenge, Pedanterie Melancholie, heilt aber gerade sie erweicht den harten Leib der aufs Gemüt drückt, Wermut lindert und löst, es heisst auch «bitter macht lustig», Lust ist Lösung, doch will er selber keine Zuneigung, und es heisst, wo er gedeiht, gedeiht kein anderes Gewächs Wermut ist sehr mächtig, reisst die ganze Kraft des Ortes, wo er steht, an sich er nimmt sie auf, bewahrt sie gibt aber dem, der sich nimmt, hilft Der Erdrauch Für viele ist der Erdrauch ein unbekanntes «Chrütli». Doch wer ab und zu über die abgeernteten Getreidefelder geht, dem ist die Pflanze keine Unbekannte. Der Erdrauch wächst gerne in Gesellschaft mit dem Ackergauchheil, dem Ehrenpreis, der Kornblume, dem Feldrittersporn und dem Klatschmohn. Doch leider sind diese Ackerkräuter nur noch selten zu sehen. Das liegt an der Einstellung, mit der das Land bewirtschaftet wird. So ist der Erdrauch in den überdüngten Äckern zum Einsiedler geworden. Wie ein schwerer Rauch kriecht das trübviolett blühende Gewächs mit wächsern grauem Gewand dem Boden entlang. Der Tee als Aufguss des getrockneten Krautes wird bei Gallenbeschwerden, Hautleiden und Leberbeschwerden verwendet. Überdosierungen mit Erdrauch können zu Bauchschmerzen führen. schadet wohl auch, im Übermass genommen, lässt er den Leib stocken, der wird hart, schwer hängt am Geist, zieht nach unten, Melancholie die Einsamkeit im Heulen des Wolfes Erdrauch Fumaria officinalis, Erdrauchgewächse Wohlriechendes Veilchen «Veieli, Viönli, Maienägeli» Viola odorata, Veilchengewächse Wermut «Aberraute, Gartenheil, Gürtelkraut, Schweizertee, Wärmüete» Artemisia absinthium, Korbblütengewächse Johanniskraut «Blutkraut, Hartheu, Konradskraut, Wundkraut» Hypericum perforatum, Johanniskrautgewächse trübselig ist der Werwolf als Tier und als Mensch melancholisch, meidet Geselligkeit, so auch er, und ein Lied hat er mich nicht gelehrt der Wermut, Bitterkeit ist kein Gesang 1. 1. Das Johanniskraut Das Veilchen Unsere Ahnen hatten guten Grund, die Sommersonnenwende, die Tage um St. Johanni (24. Juni) zu feiern. Es sind die längsten und lichtvollsten Sonnentage im Jahr, durchdrungen von warmen und hellen Nächten. Das Licht hat die Dunkelheit der Erde besiegt und verbindet sich mit allen Lebewesen. Die Menschen verbrachten die Zeit mit Spiel und Tanz. Es wurden Sonnenwendfeuer entfacht. Mädchen trugen Kränze aus Blumen in den Haaren, als Symbol der Verbundenheit mit den Lichtkräften. All diese Sonnenwendrituale waren mit dem Johanniskraut eng verbunden, indem unsere Alten erkannten, dass die Pflanze die Kraft besitzt, unserem Körper Sonnenlicht zu vermitteln. Im Johanniskraut steckt nämlich die Eigenschaft, die Kräfte des Lichtes ganz in sich aufzunehmen und weiterzugeben. Die Ultraviolett-Strahlen der Sonne werden in Blatt und Blüte in Öldrüsen gespeichert. Das Johanniskraut hat ein rotes Pigment mit photosensibilisierenden Eigenschaften, das in unserem Körper dem roten Blutserum den belichteten Farbstoff abgibt. Fast könnte man sagen, dass unser Organismus durch Einnahme von Johanniskraut mit Licht durchtränkt wird. Vielleicht ist das der Grund, dass die Pflanze bei Depressionen und Nervenleiden so wirksam ist. Wir werden durch sie in unserem Körper durchstrahlt. Für unseren Körper muss dies ein Zustand sein, wie wenn die ersten Sonnenstrahlen durch den tagelang andauernden Nebel hervorbrechen. Wir atmen auf und erwärmen uns. Die Blüten und Blätter des Johanniskrauts werden vom Juni bis zum August an warmen, sonnigen Tagen eingesammelt und zu Hause an einem schattigen, luftigen Ort getrocknet. Das heilkräftige Johanniskraut erkennt man an seinem roten Blut. Zerdrückt man die Blätter zwischen den Fingern, strömt ein roter Saft hervor. Das ist das Zeichen für das heilkräftige Johanniskraut. 1. Es gibt ein Verkehren über die Pflanzen und über die Blumen mit Abwesenden. Auch mit den Toten, natürlich mit den Toten. Auf den Friedhöfen zum Beispiel. Eine beliebte Friedhofsblume ist das Veilchen. Auf französischen Friedhöfen kommt es sogar in der Form des Patentveilchens vor, nämlich aus Keramik, glasiert, gefärbt, unverwelklich. Auf französisch heisst dieses Veilchen pensée. Wer hätte das gedacht? Der Gedanke, das Andenken. Das Stiefmütterchen, das Veilchen. Das Stiefmütterchen ist eine nahe Verwandte vom Veilchen; beide gelten als sehr alte Heilpflanzen. An den Waldrändern sind die blauvioletten Blüten des Veilchens oft die ersten Frühlingszeichen, denn sie wachsen direkt aus dem welken Laub des vergangenen Jahres hervor. Die Blüten haben einen feinen Wohlgeruch, der aber beim Trocknen fast verloren geht. Veilchentee wird bei Verschleimung, Husten, Bronchitis und Fieber verwendet, auch zum Gurgeln bei entzündeten Mundschleimhäuten. Dem Veilchen wird nachgesagt, dass es gegen Krebs hilft; auf jeden Fall kann die Pflanze eine Rolle bei der ganzheitlichen Behandlung von Krebs spielen. 1. Das Schöllkraut Nachmittags im Garten, um zu jäten. Ich kann mich nicht erinnern, durch diese Tätigkeit irgendwohin gekommen zu sein, ausser zu schmerzenden Füssen und schmerzenden Hüften. Doch auch der Weg dahin muss durch etwas Leeres geführt haben, durch irgendeine Art von Nullpunkt, denn ich kann mich nicht erinnern, wie ich hierher gekommen bin. Ich erinnere mich an nichts, das mir durch den Kopf gegangen sein könnte. Nichts oder alles, das übliche Geschwätz, allgegenwärtig und nichtssagend, das die Wirklichkeit aufrecht erhält, die auf der Stelle zusammenbrechen würde, schwiege es jemals stille. Das Jäten im hinteren Teil des Gartens gestaltet sich zu einem Versuch, es mit dem Schöllkraut aufzunehmen, um es zu vertreiben, das heisst auf diesem Stück auszurotten. Ich weiss allerdings, dass dies nicht gelingen wird. Es ist ein Kraut mit einer ähnlichen Stengelbeschaffenheit wie der Schlafmohn. Daher auch die dem gelben Milchsaft des Schöllkrauts nachgesagten, dem Opium ähnlichen Wirkungen und Kräfte dieser Pflanze, die nach ihrer Erscheinung zum krautig aus einem Zentrum Wuchernden tendiert. Es hat in den letzten Jahren die gesamte freie Fläche rund um den Komposthaufen in Besitz genommen. Auf welche Weise zeigt sich bei dem Versuch, die Wurzeln zu jäten. Das dichte Gewirr dünner Wurzelfäden hat sich im Lauf der Zeit mit den Fäden der Nachbarwurzeln zu dichten, zirka fünf cm dicken Wurzelpolstern verwoben, die von unten her die Erdoberfläche bedecken. Alle Zeit bohrt sich aus diesem Polster eine Pfahlwurzel in die Tiefe, die den Kontakt des Wesens zu grösseren Tiefen herstellt. Reinfarn «Michelkraut, Rehfarn, Tannkraut» Chrysanthemum vulgare, Korbblütengewächse Schöllkraut «Geschwulstkraut, Teufelsmilchkraut, Warzenkraut» Chelidonium majus, Mohngewächse Grosses Mädesüss «Wiesengeissbart, Bocksbart, Beielichrut» Filipendula ulmaria, Rosenblütengewächse Da im Mittelhochdeutschen die Pflanze reinvane hiess, wird der Name als «Fahne am Rain» gedeutet, oder das Wort farn bezieht sich auf die farnähnlich geteilten Blätter der Pflanze, die am Rain wächst. Die ausdauernde Staude wird 40 bis 160 cm hoch. Die langen Blätter sind doppelt fiederschnittig geteilt und am Rande gezähnt; sie sind von lebhaft grüner Farbe. Die gelben, oben flachen Blütenköpfchen bestehen aus kurzen Röhrchen. Die ganze Pflanze und besonders ihre Blüten riechen eigentümlich kampferartig und schmecken unangenehm bitter. Der Rainfarn ist giftig, wird aber häufig in Gärten als Zierpflanze gehalten. Bei seiner Verwendung als Wurmmittel traten meist unangenehme Wirkungen auf. Heute hat man dafür besser wirkende und ungefährlichere Mittel als der Rainfarn. Auf seine Weise leistet das Schöllkraut zuletzt der Anarchie in diesem Teil des Gartens Vorschub, was ich auf die Dauer nicht dulden kann, wenn ich zu meiner Vorstellung von einem ordentlichen Garten kommen will. Mein heutiger Versuch, das Schöllkraut auszurotten, entpuppt sich als Folge eines ahnungslos irgendwann einmal eingeschlagenen Irrweges. 1. 1. Der Wiesengeissbart Der Beifuss Neulich gingen wir nach dem Abendessen der Aare entlang in die Elfenau. Bei einem kleinen Tümpel in einer Wiese bemerkte ich mehrere hochwüchsige Stauden mit federbuschartigen weissen Blüten. Ich blieb stehen, um Beatrix die Pflanzen zu zeigen. Nach meiner Frage, um deren Benennung wusste sie auch keine Antwort. Das Rätsel beschäftigte mich auf dem ganzen Heimweg. Zu Hause holte ich meine Pflanzenbestimmungsbücher hervor und fand nach einigem Suchen die Antwort: bei der schlanken weissen Staude mit den weissen Blüten handelte es sich um den Wiesengeissbart, dem grossen Bruder vom Waldgeissbart. Wie die meisten Pflanzen ist auch der Beifuss eng mit dem Glauben der verschiedenen Völker verbunden. Schon bei Plinius (23 – 79 n. Chr.) wird berichtet, dass der Wanderer, der das Kräutlein an die Füsse gebunden habe, nicht müde werde, und auch schütze es den, der es bei sich trüge, vor allerlei Giften und wilden Tieren. Heutzutage weiss man, dass der Beifuss auch weniger willkommene Wirkungen hat; er ist ein starker Erreger von Pollenallergien und verlängert die Leidensstrecke sensibler Mitmenschen bis weit in den Spätsommer. Zu medizinischen Zwecken wird der Waldgeissbart nicht verwendet. Der Wiesengeissbart, auch Mädesüss oder Spier genannt, spielt hier jedoch eine bedeutende Rolle, weil er ähnlich wie die Weidenrinde den Wirkstoff Salicylsäure enthält, der als ein Schmerzmittel ersten Ranges gilt. Die chemische Herstellung der Salicylsäure hat der Pharma-Industrie die Tore geöffnet (Bayer nannte seine Präparat in Anlehnung an die Spierstaude (Wiesengeissbart) Spiraein, später Aspirin). Es gibt aber gewisse Unterschiede zwischen chemischer und biologischer Salicylsäure. Die chemische ist eine tote, künstliche, technische Substanz, während die biologische Salicylsäure aus Weidenrinde und Wiesengeissbart lebendig ist. Sie kommt aus dem Organismus der lebenden Pflanze und dem Einfluss von Licht, Regen und Erde. In ihr ist die Kraft und das Leben der Natur, als ein lebendiges Wesen. Gewöhnlicher Beifuss «Weiberwermut, roter/weisser Buckele» Artemisia vulgaris, Korbblütengewächse Der Rainfarn 1. Die Pflanze sieht man oft an Wegränder und sie wird wohl meist hemmungslos als Unkraut bezeichnet. Ihre Verbreitung ist leicht erklärt, denn sie stellt keine besonderen Bodenansprüche und produziert im Jahr fast eine Million Samen. Bis zum Herbst hat sich der Beifuss in eine stattliche Staude verwandelt, mit fiederteiligen Blättchen mit schmalen Zipfeln, die oberseits dunkelgrün unterseits silbrig grün behaart sind. Man verwendet den Beifuss bei Verdauungsstörungen als einen bitteren, aber heilsamen Magentee. 1. Blauer Eisenhut «Venuswagen, Mönchskappe, Giftkraut» Aconitum napellus, Hahnenfussgewächse Augentrost «Augendienst, Hungerblümli, Gibinix, Zahntrost» Euphrasia rostkoviana, Braunwurzgewächse Der Augentrost Der blaue Eisenhut Magerwiese ist ein Stück Grasland, in dem wachsen kann, was wachsen will. Auswachsen, bis es stirbt. Das geschieht innerhalb eines Jahresumlaufs oder auch mehrerer Umläufe. Manches stirbt dann wieder aus, nachdem es lange bloss gekümmert hat. Auf jeden Fall aber zeigt sich, dass Gräser und Kräuter sehr verschiedene Wege gehen und sehr verschiedene Gestalten annehmen, wenn sie nicht immer in acht Zentimeter Höhe gekappt werden. Es bedarf allerdings eines langen und zugleich sehr langsamen Blicks, der mehrere Jahre umfasst, um die allmählichen Veränderungen gewahren zu können, die mit dem Land vorgehen, wenn das Leben sich gleichsam schichtweise darauf niederlässt. In der Magerwiese sieht man Pflanzen, die ansonsten eher selten oder gar nicht auftreten. Der blaue Eisenhut gehört zu den giftigsten Pflanzen Europas. Schon wenige Gramm seiner Bestandteile sind für einen erwachsenen Menschen tödlich. Wegen der schwierigen Dosierung hat man die Pflanze deshalb auch aus der traditionellen Kräuterheilkunde verbannt. Früher verwendete man sie gegen Nerven- und Muskelschmerzen, äusserlich auch als Salbe gegen Zahnschmerzen. Die Homöopathie empfiehlt Eisenhut nach wie vor bei Schmerzen und Herzrhythmusstörungen. Der kräftige gelbe Fleck und die dunklen, zur Mitte weisenden Streifen auf den Blütenzipfeln sind ein wichtiges Merkmal vom Augentrost. Die traditio­nelle Anwendung geht wohl auf das Aussehen der Blüte zurück: Den kräftigen Augenfleck, durch dunklere Striche zusätzlich «bewimpert», verstand man als direkten Hinweis für die Anwendung der Pflanze bei Augenleiden. Auch heute wird in der Naturheilkunde diese Wirkung bestätigt. Bei Bindehaut- und Lidrandentzündungen nimmt man für die innere oder äussere Anwendung einen Aufguss. Augentrost ist übrigens ein Halbschmarotzer: Mit besondern Saugwurzeln zapft er die Wurzeln anderer Wiesenpflanzen an. Es ist interessant, dass einzelne wilde Pflanzen genauso die Nähe menschlicher Siedlungen suchen wie manche wilde Tiere. So wächst der blaue Eisenhut zum Beispiel im Gebirge in der Nähe von Alphütten und Ställen, weil er hier gut gedüngten Boden findet. Die Pflanze akklimatisiert sich genauso wie das Tier an unsere Zivilisation, so dass aus der wilden Natur eine zahme geworden ist. Ähnlich wie aus einem Wolf ein Hund wurde. Auch wenn der Mensch sich durch seine Kultur von den Regeln der Natur ausnimmt, so gibt es doch keinen Grund, warum er im Hinblick auf das Ganze anders bewertet werden sollte als jede andere Tier- oder Pflanzenart. Bei Giften ist es immer eine Frage, wieviel der einzelne davon seiner Natur nach verträgt. Gifte sind hochpotenzierte Substanzen, die durchschnittlich nur in den kleinsten Mengen genommen werden sollten, zumal in Krankheitsfällen, wo es sich darum handelt «fehlende Stoffe» zuzuführen. 1. 1. Die Herbstzeitlose Die Engelwurz Wenn auf den Alpwiesen die Heidelbeerbüsche rot sind, das Gras braun, und nur noch ein paar verdorrte Weidenröschen darauf warten, vom Schnee geknickt zu werden, dann ist die Zeit für die Herbstzeitlose gekommen; sie sieht ähnlich wie ein Krokus aus, ihre Blüten sind jedoch weiss-lila und ihre Blütezeit der Herbst. Die Pflanze wächst wild auf feuchten Wiesen, und ihre Bestände können teilweise so zahlreich sein, dass sie ihrer Giftigkeit wegen als Unkraut betrachtet wird. Es gibt einen Engel unter den Heilpflanzen. Sie heisst Angelika, das ist die Engelwurz. Die Riesenengelwurz. Wenn man im Juli oder August von Lyss nach Büren der alten Aare entlang wandert, kann man sie am Flussufer blühen sehen. Archangelika heisst der Erzengel, die erzengelhafte Staude. Doch der Glaube an den himmlische Zauber hat einen ganz realen Ursprung. Die Engelwurz ist seit Jahrhunderten als verlässliche Heilpflanze in Gebrauch. Tees und Tinkturen aus ihrer Wurzel regen den Appetit an, fördern die Verdauung, lösen den Auswurf bei Bronchitis und wirken auch sonst, wie der Alchemist Thurneysser vor vierhundert Jahren schrieb, «wärmend, zerteilend, austreibend». Herbstzeitlosen-Präparate werden seit vielen Jahrhunderten bei Gicht angewandt. Auch heute gelten sie als ein erprobtes Mittel bei akuten Gichtanfällen, wobei die Pflanze erst bei hoher Dosierung wirkt, so dass Nebenwirkungen recht häufig sind. Die Herbstzeitlose widerlegt damit eine gängige falsche Einschätzung von pflanzlichen Heilmitteln: diese sind nämlich weder immer nebenwirkungsarm noch unbedingt ungefährlich. Engelwurz «Waldbrustwurz, Engelkraut Angulken» Angelica archangelica, Doldengewächse Herbstzeitlose «Chalberschyssi, Nackte Jungfer, Mattensafran» Colchicum autumnale, Zeitlosengewächse 1. Als Doldenblütler ist die Engelwurz mit vielen vertrauten Würzpflanzen eng verwandt: mit Liebstöckel, Sellerie und Kerbel zum Beispiel, und irgendwo in dieser Richtung liegt auch das Aroma ihrer Blätter, Stengeln und Wurzeln, mit einem Beigeschmack von Süsse und wässeriger Frische. Für den Geschmack kommt noch etwas Bitterkeit dazu. Deshalb eignen sich die Blätter nur als Würze. Auch bei den Magenbittern ist die Angelika ein unentbehrliche wärmende und besänftigende Zutat. 1. Die Ringelblume Efeu «Immergrün, Mauerwurz, Baumwürger, Totenranke» Hedera helix, Efeugewächse Kapuzinerkresse «Kapuzinerli» Tropaeolum, Kapuzinerkressegewächse Ringelblume, «Gelbsuchtrose, Goldblume, Rinderblume» Calendula officinalis, Korbblütengewächse Ginkgo «Silberpflaume, Fächerbaum, Entenfussbaum» Ginkgo biloba, Ginkgogewächse Wollte man Ernst machen mit dem Begriff der einheimischen Pflanzen, dann müsste man eine Jahreszahl festlegen und von Amts wegen dekretieren, dass eine Pflanze, die vor dem Stichjahr bei uns war, als einheimisch zu gelten hat und jede danach angekommene als Fremdling. Aber das hiesse dann doch, willkürlich aus unserer Sicht die Geschichte festzuschreiben, die in Wirklichkeit Jahr für Jahr weitergeht – mit oder ohne menschliches Zutun. Ich plädiere nicht für die Tulpenrabatte vor der Fichtenkulisse, auch nicht dafür, dass man ingrimmig versucht, im Garten die Fächerpalme durch den Winter zu bringen, die in südlicheren Ländern als robuster Baum gilt und bei uns immer so aussieht, als hätte sie sich verirrt und wäre doch lieber wieder zu Hause. Aber hätten nicht Tausende von Gartenmenschen in Hunderten von Jahren wieder und immer wieder versucht, fremde Pflanzen anzusiedeln, dann hätten wir heute keine Tomaten, keine Kartoffeln und keine Radieschen; wir müssten die echte Kamille entbehren, die Zitronen- und die Goldmelisse; wir hätten keine Sonnenblume und keinen Rosmarin, und auch die Ringelblume würde uns fehlen, wenn es nicht damals schon Leute gegeben hätte, die die charakteristische Pflanze mit ihren kräftig leuchtenden Blüten aus dem Orient und dem Mittelmeerraum importiert hätten. Hildegard von Bingen (1098 – 1179) liefert in ihren Schriften das erste Zeugnis über die Verwendung der Ringelblume als Heilpflanze. Bereits der gelehrten Äbtissin war die «Ringula-Salbe» auf der Basis von Schweineschmalz ein Begriff. Lange Zeit wurde die Pflanze dann auch innerlich angewendet; den Höhepunkt erreichte die von der Wirkung her arnikaähnliche Blume im 19. Jahrhundert als Modedroge gegen Krebs. Heute hat sich das in der Volksmedizin viel breiter gefasste Anwendungsspek­trum auf die entzündungshemmenden, wundheilenden und hautpflegenden Eigenschaften der Ringelblume konzentriert. Auch die Gesundheits- und Kosmetikindustrie hat sich die Vielseitigkeit der Ringelblume zunutze gemacht und eine Palette von calendulahaltigen Produkten entwickelt, vom Lippenstift bis zum Geschirrspülmittel. 1. Der Efeu Im Garten wird der Efeu oft verkannt und vernachlässigt. Man fürchtet er könne Bäume abtöten (was nicht stimmt) oder Mauerfugen lockern (was auch nicht stimmt); man findet ihn langweilig, obwohl es eine unüberschaubare Vielfalt von Abwandlungen und Sorten gibt; man verbannt ihn in irgendeine dunkle Ecke, in der sonst nichts wächst, obwohl sich mühelos und schnell jeder Drahtzaun, jede Gartenmauer und jeder Pfahl damit begrünen lässt. Käfer, Spinnen und anderes Getier lebt und überwintert darin. Der Efeu ist ein Refugium im «aufgeräumten» Garten und übrigens, wenn er blüht, ein reizvoller Anblick in der winterlichen Kahlheit. Efeublätter wachsen nicht selten in immer neuen Zwischenformen aus einer unendlich langen Formenreihe, vom schiefen Dreieck bis zum dünnfingerigen Blatt. Zu Heilzwecken werden die Efeublätter bei Katarrhen der Luftwege und bei Bronchitis verwendet. Nach den Erfahrungen der Volksmedizin soll der Efeu darüberhinaus bei Geschwüren, Rheuma, Gicht, Zellulitis, Hühneraugen und Brandwunden eine erfreuliche Wirkung zeigen. Bei Wespen- und Bienenstichen sind Efeublätter eine bewährte Sofortmassnahme: junge Blätter auf der Einstichstelle verreiben, und der Schmerz lässt nach. 1. Der Ginkgo Die Kapuzinerkresse Der in mehr als einer Hinsicht bemerkenswerte und eigentümliche Ginkgo gehört trotz seiner Blattform zu den Nacktsamengewächsen. Er war früher über die ganze Erde verbreitet, überlebte aber die Eiszeiten und Klimaveränderungen nur in einigen Bergwäldern Chinas. Von dort wurde er im 18. Jahrhundert wieder nach Europa gebracht. Eine Pointe der Erdgeschichte: Just dieser alte und urtümliche Baum, den es schon gab, als die ganze Evolution des heutigen Pflanzenreichs noch kaum begonnen hatte, zeigt sich jetzt als absolut resistent gegen alle Schadstoffe und Abgase der technisch-industriellen Zivilisation. Vielleicht liegt das daran, dass der Ginkgo sich zu einer Zeit entwickelt hat, in der Vulkanausbrüche weit häufiger waren als heutzutage, die Atmosphäre also angefüllt mit den unbekömmlichsten Gasen und Säuren. – Auffallend ist die gelbe Herbstfärbung der Blätter, die wenig später abfallen, aber noch als Blätterteppich den Hauch, den Anflug von Sommerbestand haben. Die Entdeckung Amerikas im 15. und 16. Jahrhundert konfrontierte Europa mit einer unglaublichen Vielfalt von neuen, bisher unbekannten Pflanzen. Eine davon, die die Seefahrer aus Peru mitbrachten, war die Kapuzinerkresse, ein kriechendes Pflänzchen mit dünnen, runden Stengeln, schildförmigen Blättern und leuchtend gelben bis orangeroten Blüten. In den Balkonkistli oder in den Gärten ist die Kapuzinerkresse nicht nur eine Zierde, sondern auch eine Delikatesse: Ihre Blätter schmecken feingeschnitten wie Kresse, und auch die Blüten eignen sich als Zugabe zu Salaten. Nützlich als Heilpflanze wird die Kapuzinerkresse durch das in ihr enthaltene Senföl, ein wirksames Antibiotikum vor allem gegen Infekte der Harnwege und der Atemwege. In Argentinien und Peru behandelt man mit dem Pressaft aus den frischen Blättern Hautkrankheiten und Skorbut. Darüberhinaus gilt die Kapuzinerkresse als Liebespflanze – vielleicht deshalb, weil sie an Sommerabenden kleine, feurige Funken von sich gibt: Liebesfunken eben, wer danach greifen will, der greift daneben. 1. 1.