Klinik für Urologie und Kinderurologie Chefarzt: Prof. Dr. med. Thomas Knoll Botulinum-A-Toxin-Injektion in den Harnblasenmuskel/in die Prostata Das endoskopische Verfahren kann bei einer Dranginkontinenz infolge einer überaktiven Harnblase (= Fehlregulation der Blasenmuskulatur bei neurogener oder nicht-neurogener Detrusorhyperaktivität) Blasenfunktionsstörungen gehen häufig angewandt mit werden. Entsprechende nicht kontrollierbaren einem unwillkürlichen Urinverlust einher, der die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken kann. Die Gründe sind sehr vielfältig und reichen vom unkomplizierten Harnweginfekt (Blasenentzündung), einer interstitiellen Zystitis, Blasensteinen oder Blasentumoren, obstruktiven Blasenentleerungsstörungen (gutartige Prostata- vergrößerung, Blasenauslassenge, Harnröhrenenge, Harnröhrenklappen) bis hin zu komplexen neurologischen Erkrankungen, wie z. B. Bandscheibenvorfällen, Multipler Sklerose, Morbus Parkinson oder Querschnittlähmungen. Bei einer Dranginkontinenz/überaktiven Harnblase kommt es spontan oder provoziert zu einer nicht unterdrückbaren Blasenkontraktion. Im Unterschied zur sog. Belastungs-/Stressinkontinenz ist dabei in der Regel der Harnröhrenverschluss intakt. Der Urinverlust geht (insbesondere bei nicht-neurogenen Blasenstörungen) mit einem heftigen, überfallartigen Harndranggefühl einher, sodass die Toilette häufig nicht mehr rechtzeitig erreicht werden kann und es zu einem unkontrollierten Urinverlust kommt. Auch können bei einer überaktiven Harnblase hohe Blasendrücke zustande kommen, die über einen Harnrückfluss zur Niere, einen sog. Reflux, zu einer behandlungsbedürftigen chronischen Nierenfunktionsstörung führen können. 1 Mit Botulinum-A-Toxin steht heute ein Wirkstoff zur Verfügung, der eine therapeutische Lücke zwischen einer medikamentösen (anticholinergen) Tablettentherapie, die vielfach keine ausreichende Dämpfung der Blasenmuskulatur erreicht, und einer Operation schließt. Bei Botulinum-Toxin handelt es sich um ein neurotoxisches Eiweiß. Es wird vom Bacterium clostridium botulinum ausgeschieden und war früher als Lebensmittelvergiftung sehr gefürchtet (Botulismus). Es wird heute kontrolliert und stark verdünnt auch zu medizinischen Zwecken eingesetzt und ist am meisten bekannt aus der kosmetischen Faltenbehandlung. Bei dem Behandlungsverfahren wird nach videourodynamischer Diagnosesicherung in einer kurzen Maskennarkose oder einer Spinalanästhesie endoskopisch bei einer Blasenspiegelung an mehreren Stellen eine kleine Menge Botulinum-A-Toxin in die verstärkte Harnblasenmuskulatur eingespritzt, um eine mehr oder weniger starke Lähmung der Blasenmuskulatur und hierüber kontinente Verhältnisse zu erreichen. Die Lähmung der Blasenmuskulatur hält im Durchschnitt ca. 9 Monate lang an und kann dann bei Bedarf (Beschwerden, Kontrollurodynamik) im Rahmen eines durchschnittlich 2-tägigen Krankenhausaufenthaltes wiederholt werden. Für die Anwendung von Botulinum-A-Toxin in der Urologie liegt derzeit noch keine amtliche Zulassung vor, wird jedoch noch für 2009 erwartet. Der bislang praktizierte sog. „off-label-Gebrauch“ ist seit Jahren dann möglich, wenn es sich um eine schwerwiegende Erkrankung handelt und es keine vergleichbare Therapiealternative gibt. Botulinum-A-Toxin kann neuerdings auch bei ausgewählten Patienten mit Beschwerden infolge einer gutartigen Prostatavergrößerung oder irritativen Beschwerden eingesetzt werden (Injektion in die Prostata) und stellt laut jüngsten Studien aus den USA und Italien einen vielversprechenden Therapieansatz dar. Mehr als die Hälfte aller über 50-jährigen Männer in Deutschland sind von diesem Männerleiden betroffen. Mit zunehmendem Alter wuchert das Prostatagewebe und kann über eine Vergrößerung des Drüsenorgans zu einer Einengung der Harnröhre 2 führen. Zu den Symptomen gehören ein abgeschwächter Harnstrahl und das Gefühl, ständig urinieren zu müssen. Die Blase kann nicht vollständig entleert werden. Häufig kommt es zu Entzündungen der Blase, der Prostata oder der Nebenhoden. Medikamente und letztlich Operationen, vornehmlich die transurethrale Ausschälung der Prostata, der derzeitige Goldstandard, aber auch Eingriffe z. B. durch Laser sind mögliche Therapieoptionen. Die Injektion von Botulinum-Toxin lässt die Prostata entsprechend o. g. Studien erfolgreich schrumpfen und kann irritative Prostata-assoziierte Beschwerden mindern. Der Wirkstoff wird ultraschallgestützt direkt in die Vorsteherdrüse gespritzt und löst dort ein Zellsterben (Apoptose) aus. In der Folge nimmt das Prostatavolumen ab und die Restharnmenge verringert sich bei verbessertem Harnstrahl. Auch diese Anwendung von Botulinum-Toxin in der Urologie findet derzeit mangels amtlicher Zulassung noch im sog. „off-label-Gebrauch“ statt. Injektion von Botulinum-A-Toxin in die Harnblasenmuskulatur Ansprechpartner: • Prof. Dr. med. Thomas Knoll, Chefarzt • Dr. med. Winmar Jöckel, Oberarzt • Dr. med. Roland Steiner, Oberarzt Kontakt: Klinikum Sindelfingen Arthur-Gruber-Str. 70 71065 Sindelfingen Tel. 07031 – 98 12501 (Sekretariat) Fax 07031 – 81 53 07 3