Buddha - schmidt

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Die Lebensgeschichte des Buddha
Ausbreitung des Buddhismus
Schulen und Richtungen
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Die Lebensgeschichte des Buddha
Es ist unbestritten, dass es einen Menschen mit Namen Siddharta Gautama tatsächlich gegeben hat. Über seine genauere Lebenszeit ist man sich uneinig. Man kann wohl davon ausgehen, dass er im Norden Indiens im 6. Jahrhundert v.Chr. gewirkt hat.
Sein Vater war ein Fürst in einem der vielen Kleinstaaten Nordindiens. Die spätere Legende
hat aus ihm einen König gemacht. Seine Mutter hieß Maya.
Die Eltern nannten ihren Sohn Siddhartha, „der sein Ziel erreicht hat“. Der ihm später zugesprochene Beiname Shakyamuni bezieht sich auf seine Herkunft und bedeutet „der Weise aus
dem Geschlecht von Shakya“. Mit „Buddha“ wird auch ganz allgemein ein Wesen bezeichnet, das die Erlösung erreicht hat und der immer neuen Wiedergeburt nicht mehr unterliegt.
Die nachfolgenden Zitate sind dem Lalitavistara Sutra entnommen. Es handelt sich um eine
Zusammenstellung von phantasievoll ausgeschmückten Geschichten und Legenden von unterschiedlichen Autoren, die dem Mahayana-Buddhismus entstammen. Dieser Richtung zufolge ist Siddharta bei seiner Geburt zunächst ein Bodhisattva, der zu seiner letzten Wiedergeburt auf die Erde zurückkommt.
Auf Siddharta Gautama gehen die Lehren aller Strömungen des Buddhismus zurück.
Über die tatsächliche Lebensgeschichte Buddhas ist nahezu nichts bekannt. Was man über ihn
erzählt und berichtet, hat fast ausschließlich legendären Charakter.
Für die Legenden, die sich um die Person Buddhas ranken, trifft zu, was ganz allgemein für
Legenden gilt. Sie sind liebevoll und phantasiereich erdachte Geschichten über Menschen, die
als überragende Persönlichkeiten wahrgenommen wurden und denen man eine besondere
Bedeutung zugeordnet hat. Die Legende ist eine dem Mythos und der Sage verwandte literarische Gattung.
Einmal geht es um Personen aus einem religiös-sittlichen Zusammenhang, zum Beispiel Buddha, Jesus oder Mohammed. Dazu gehören ebenfalls die zahllosen Heiligenlegenden. Gleichartig sind Legenden aus dem weltlichen Bereich, wie z.B. Legenden um Kaiser Friedrich
Barbarossa usw.
Eine liberale, aufgeklärte Betrachtungsweise muss zu der Überzeugung kommen, dass es sich
bei Legenden um Geschichten handelt, denen häufig keine wirklichen Sachverhalte entsprechen und deren Gehalt historisch nicht überprüfbar ist. In ihnen spiegeln sich vielmehr die
Erfahrungen, Hoffnungen und Erwartungen all derer wider, die sich von der entsprechenden
Person angesprochen fühlen. Und je wichtiger und bedeutsamer eine Person ist, umso lebendiger, phantasievoller und bunter sind die Legenden.
Es ist beachtenswert, dass sich für viele Personen, denen eine existentielle Bedeutung zukommt, vergleichbare Legenden entwickelt haben. So gibt es z.B. die folgenden Gemeinsamkeiten:
* Eine außergewöhnliche Geburt, die nicht auf natürlichem Weg zustande kam, hebt die Besonderheit der Gestalt hervor.
* Weise Männer sagen die Bedeutung des Neugeborenen voraus und bezeugen ihm Verehrung.
* Außergewöhnliche Taten des Kindes zeigen seine besondere Bestimmung.
* Es müssen Anfechtungen der Welt und Versuchungen durch böse Mächte bestanden werden, die verhindern wollen, dass sich das Heil durchsetzt.
* Wundertaten zeigen die überweltlichen Fähigkeiten.
Die Legenden um Buddha folgen diesem Muster.
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1 Die Geburt und die frühe Kindheit
Die Empfängnis Buddhas geschieht auf
übernatürliche Weise. Die Königin Maya
träumte eines Nachts, dass ein weißer
Elefant in ihren Schoß eingetreten sei.
Durch ihn hatte sie ein Kind empfangen.
Die Königin Maya war beseligt auf ihrem
Lager eingeschlafen und träumte:
Ein Prachtelefant, strahlend wie Schnee
und Silber, ist tänzelnden Schrittes und
mit diamantenfesten Gelenken in meinen
Leib eingegangen. Sechs war die Anzahl
seiner Stoßzähne, schön waren seine Füße, anmutig sein Rüssel und rosig sein
Kopf. Nie vorher habe ich etwas so Schönes gesehen und gehört, nie ähnliche
Wonnen empfunden. Es war ein Gefühl
körperlichen Glücks und gleichzeitig Beseligung des Gemüts, dass ich wie in
tiefste Versenkung entrückt war.
Nach einer beschwerdelosen Schwangerschaft erfolgt die Geburt in wundersamer Weise.
Die Königin Maya begibt sich mit großem Gefolge in den Lumbinihain; dort klammert sie
sich stehend an einen Baum. Ohne Schmerzen trat der Buddha in ganz reiner Form aus ihrer
Seite.
Die Legende macht den Weg zum Lumbinihain zu einem wahren Triumphzug.
Darauf brach die Königin Maya auf und mit ihr zogen achtzigtausend Pferde, bespannte,
schmucküberladene Wagen, achtzigtausend reich gezierte Elefantengefährte und ein Geleit
von achtzigtausend Fußsoldaten, sämtlich kühne und starke Helden, wohlgestaltet und mit
festgefügten starken Rüstungen gepanzert…
Der ganze Lumbinihain war mit duftendem Wasser gesprengt und mit himmlischen Blumen
überstreut worden, und alle Bäume gaben unzeitgemäß Blätter, Blüten und Früchte…
Rein und lauter tritt der Buddha aus der Seite seiner Mutter hervor. Zwei Götter nehmen ihn
in Empfang.
Wenn da, Anando, der Erwachsame aus
dem Leib hervorkehrt, kehrt er makellos
und unbefleckt hervor, unbefleckt von
Nässe, unbefleckt vom Schleim, unbefleckt von Blut, unbefleckt von irgendwelchen Unsauberkeiten, rein und abgeklärt. Gleichwie etwa, Anando, wenn eine
kostbare Perle in ein seidenes Tuch eingehüllt ist, weder die kostbare Perle das
seidene Tuch befleckt, noch auch das
seidene Tuch die Perle…
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Und in diesem Augenblick standen Schakra, der Götterkönig und Brahma, der Herr der Geschöpfe, vor der Königin, nahmen den Bodhisattva höchst ehrerbietig und bedacht entgegen
und hüllten ihn sorgsam mit allen Gliedern in ein himmlisches Seidengewand.
Gleich nach der Geburt bezeugen die ganze Natur und unzählige himmlische Wesen ihre
Hochachtung.
Wenn aber ein Bodhisattva zum letzten Dasein geboren wird und wenn er zur allerhöchsten
Erleuchtung erwacht, dann geschehen durch ihn Wunderzeichen übernatürlicher Art, wie sie
jetzt erscheinen:
Ein großes Erdbeben erschütterte die Welten, ein schreckliches, angsterregendes. Ohne angeschlagen zu sein, erklangen Musikinstrumente im Himmel und auf Erden…
Die Krankheiten aller Leiden erreichten ein Ende. Der Hungrigen und Durstigen Verlangen
wurde gestillt. Die von Branntwein berauschten wurden nüchtern. Die Irren erhielten ihr Gedächtnis zurück, die Blinden ihre Augen, die Tauben ihr Gehör…
Das gegenseitige sich Auffressen und die sonstigen Leiden der Tierwelt fanden Ruhe…
Während der Geburt verkündete gemäß der Legende der
Seher Asita, dass dieses Kind
einmal ein großer König oder
ein großer heiliger Mann
werden würde. Daraufhin
ließ der Vater seinen Sohn,
den er zu einem König machen wollte, weder religiös
unterweisen, noch ließ er zu,
dass Siddhartha menschliches Leid zu Gesicht bekommen sollte.
Schon als Kind zeigte der Buddha außergewöhnliche Begabungen und Klugheit.
So sollte er in die Schule gehen, um die üblichen Fähigkeiten zu erlernen. Es stellte sich jedoch heraus, dass er bereits alles wusste. Sein Lehrer stellt hilflos fest:
Obwohl er alle Lehrbücher bereits studiert hat, ist er doch zu mir in die Schule gekommen!
Schriften, die nicht einmal ich kenne, sind ihm geläufig, und doch ist er zu mir in die Schule
gekommen…
Ich vermag nicht einmal sein Gesicht und sein Haupt anzusehen, wie sollte ich da den mit der
Kenntnis aller Schriften zu unterrichten vermögen?
Es lernten aber zehntausend Knaben mit dem Bodhisattva schreiben. Und wenn diese Knaben
das Alphabet aufsagten, sprach der Bodhisattva bei jedem Satz eine fromme Sentenz. So sagte
er, als sie den Buchstaben A aussprachen: „Alle Formen des Daseins sind unbeständig!“ und
äußerte sich ähnlich bei den übrigen Buchstaben.
Da sprachen die Shakyas: „Wenn der Prinz nun auch in der Kenntnis der Schriften so hervorragend bewandert ist, so muss der doch seine Kenntnis der Arithmetik noch beweisen und
sich darin auszeichnen…
Und dann einigten sich die fünfhundert Shakyaknaben auf ein Beispiel und stellten eine gemeinsame, so schwierig noch niemals gestellte Aufgabe; doch der Bodhisattva löste sie, ohne
sich irre machen zu lassen…
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2 Die vier Ausfahrten
Buddhas Vater war sehr daran gelegen, dass sein Sohn der Voraussage des Propheten Asita
zufolge ein großer König wird. Um dieses Ziel zu erreichen und um zu vermeiden, dass Siddharta ein heiliger Mann wird, umgibt er ihn mit allem nur denkbaren Luxus. Keine Vergnügung bleibt Siddharta versagt. Siddharta sagt dazu:
Ich war verwöhnt, sehr verwöhnt. Ich salbte mich nur mit Benares-Sandel und kleidete mich
nur mit Benares-Tuch. Bei Tag und Nacht wurde ein weißer Sonnenschirm über mich gehalten. Ich hatte einen Palast für den Winter, einen für den Sommer und einen für die Regenzeit.
In den vier Monaten der Regenzeit verließ ich den Palast überhaupt nicht und war von weiblichen Musikanten umgeben.
Trotz der strengen Vorkehrungen seines Vaters macht Siddharta viermal mit seinem Wagen
eine Ausfahrt.
Bei der ersten Ausfahrt begegnet ihm ein Greis mit allen Zeichen eines elenden Alters. Siddharta erkennt, dass die Jugend vergänglich und das Leben immer mit Leid verbunden ist.
Die zweite Ausfahrt zeigt ihm einen Kranken, der ihm deutlich macht, dass Gesundheit und
Wohlergehen nichts Beständiges sind, und niemand diesem Schicksal entgehen kann.
Auf der dritten Ausfahrt treffen sie auf einen Leichenzug. Siddharta sieht, dass alles vergänglich ist, und keiner dem Tod entrinnen kann.
Schließlich sieht er auf der vierten Ausfahrt einen Mönch, mit stillem, würdigen Gesicht und
innerer Ruhe.
Siddharta kommt zur Überzeugung, dass nichts auf der Erde von Dauer ist. Alles ist dem Gesetz der Vergänglichkeit unterworfen. Wenn man einmal gestorben ist, wird all das, was einmal lieb und teuer war, nichts mehr zählen. Alles Leben ist leidvoll. So beschließt er im Alter
von 29 Jahren, den Palast zu verlassen und in der Hauslosigkeit einen neuen Lebensweg zu
suchen. Er möchte ein Leben ohne Hass, Leidenschaften, Macht und Besitz führen.
Die vier Ausfahrten sind in großartiger Weise im Lalitavistara Sutra beschrieben. Dieser Text
gehört zu den eindrucksvollsten Darstellungen der religiösen Literatur.
Doch als nun der Bodhisattva mit dem großen Pomp durch das östliche Stadttor in die Parkanlagen hinausfuhr, führten ihm Gottheiten auf dem Wege voraus einen abgezehrten Greis
vor Augen, dessen Glieder von hervortretenden Adern überspannt waren. Seine Zähne zeigten
Lücken, Runzel, überdeckten den Körper, und seine Haare waren ergraut. Dazu war er
krumm und schief wie ein Dachgestühl, geknickt auf den Stock angewiesen, leidend. Die Kraft
der Jugend war von ihm geflohen, und aus seiner Kehle kamen nur noch krächzende Laute.
Sein Körper hing nach vorn über; dazu stützte er sich auf einen Stab und zitterte an allen
Körperteilen und Gliedern. Als der Bodhisattva diesen bemerkte, sprach er zu seinem Wagenlenker: „Was ist mit diesem schwachen, kraftlosen Mann, der ganz aus dürrem Fleisch und
verdorrtem Blut, aus Haut und Sehnen zusammengesetzt scheint? Der, weißen Haares, voller
Lücken in den Zähnen, abgemagert und auf einen Stock gestützt, mühsam und strauchelnd
daherkommt?“
Der Wagenlenker antwortete: „Dies ist, o Herr, ein Mann, den das Alter überwältigt hat,
dessen Sinnesvermögen nachlassen und dessen Kraft und Stärke hin ist. Verachtet von seinen
Verwandten, ohne jemanden, der ihn schützt, körperlich unfähig, ließ man ihn im Walde zurück, wie man ein wertloses Stück Holz fortschleudert.“ Da sprach der Bodhisattva: „Sage
mir treulich: Sind dies Eigenschaften, die nur in seiner Familie erblich sind, oder ereilt dieser Zustand auch alle anderen Wesen? Sage mir schnell, wie es sich damit verhält! Hören
will ich, wie es in Wahrheit darum steht und dann von Grund auf darüber nachdenken!“
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Der Wagenlenker antwortete: „O Herr, das Alter ist keine Eigenschaft einer bestimmten Familie oder eines besonderen Landes, nein, es vernichtet die Jugend jeglichen Geschöpfes.
Auch deine Eltern, Verwandten und Angehörigen wird es nicht verschonen. Es gibt keinen
Ausweg für irgendjemand!“
Und der Bodhisattva sprach: „Oh, wie jämmerlich, Wagenlenker, ist es dann bestellt um die
Einsicht der Wesen, der unerleuchteten, törichten, die da, infolge ihrer Jugend von Übermut
trunken, das Alter nicht sehen! Wende schnell den Wagen, ich will wieder nach Hause zurückkehren! Was sollen mir Spiele und Liebesvergnügungen, wenn das Alter auch von mir
Besitz ergreift!“ Damit wandte der Bodhisattva den Wagen und kehrte in die Stadt zurück.
Ein andermal zog der Bodhisattva mit großem Gepränge durch das südliche Stadttor in die
Parkanlagen hinaus. Und er sah auf dem Wege einen Mann, der von Krankheiten befallen
war. Gemartert, von Leibesschmerzen überwältigt, lag er ohne Hilfe und Schutz da; geschwächten Leibes versank er in seinen eigenen Exkrementen und konnte nur mit Mühe atmen. Als der Bodhisattva ihn sah, fragte er den Wagenlenker: „Was ist, Wagenlenker, mit
diesem Mann, der da mit blassen Gliedern, zerrütteten Organen, mühsam atmend, mit vertrockneten Gliedmaßen und aufgetriebenem Leib, von Beschwerden gepeinigt, in seinen eigenen ekelerregenden Exkrementen liegt?“ Der Wagenlenker antwortete: „Dies, o Herr, ist ein
Siecher, der dem Tode nahe, unter den Schrecknissen einer Krankheit leidet: der Glanz der
Gesundheit ist von ihm gewichen; seine Kraft ist dahin; er findet nirgends Rettung und Schutz
und ist ohne einen Freund.“ Da sprach der Bodhisattva: „So ist ja die Gesundheit wesenlos
wie ein Traumspiel, und furchtbar erweisen sich die Schrecken der Krankheit! Welcher Wissende könnte, nachdem er den wahren Sachverhalt erkannt hat, noch Freude an Liebesspielen oder Empfindung für Schönheit haben?“ Damit wandte der Bodhisattva den Wagen und
kehrte in die Stadt zurück.
Zu wieder einer anderen Zeit zog der Bodhisattva mit großem Pomp zum westlichen Tore der
Stadt hinaus, um die Parkanlagen zu besuchen. Und da sah er, wie man einen Toten dahertrug, dessen Leichnam man auf ein Tragbett gelegt und mit einem Gewände überdeckt hatte.
Viele Verwandte gaben ihm das Geleit und alle weinten, schrien und klagten. Mit aufgelösten
Haaren, das Haupt mit Staub bedeckt, zogen sie hinterher, schlugen sich die Brust und jammerten. Da fragte der Bodhisattva wiederum den Wagenlenker: „Was ist, Wagenlenker, mit
diesem Mann, den man dort auf einem Bette trägt? Und wer sind jene, die ihre Haare raufen,
Staub auf ihr Haupt werfen, sich die Brust schlagen und Klagelaute aller Art ausstoßen?“
Der Wagenlenker antwortete: »Diesen Mann, o Herr, hat der Tod von hier abberufen. Er
wird seine Eltern, Kinder und Frauen nicht mehr sehen. Sie alle und die Schar der Freunde
und Verwandten musste er verlassen und hat eine andere Welt erreicht. Nie wieder wird er
seine Angehörigen sehen!“ Da sprach der Bodhisattva: „O Jammer über eine Jugend, die
das Alter ereilt! O Jammer über eine Gesundheit, die Krankheiten aller Art vernichten. Elend
ist das Leben, das nicht ewig währt, für den Weisen. Ein Elend das Hängen an den Lüsten für
den Verständigen. Oh, wenn es doch die aller Körperlichkeit notwendig begleitenden Übel
von Alter, Krankheit, Tod und das mächtige Leiden nicht gäbe! Erscheinen denn Alter,
Krankheit und Tod auf ewig in unvermeidlicher Folge? Wohlan, ich will umkehren und über
die Befreiung davon nachdenken. Damit wandte der Bodhisattva den Wagen und kehrte wieder in die Stadt zurück.
Und zu wieder einer anderen Zeit zog der Bodhisattva durch das nördliche Stadttor hinaus in die Parkanlagen. Da ließen Gottheiten auf dem Wege vor ihm einen Bettelmönch
erscheinen. Und der Bodhisattva sah diesen! Ruhig, bezähmt, selbstbeherrscht, züchtig,
ohne die Augen hin und her spielen zu lassen, die Blicke vor sich auf den Boden geheftet,
schritt jener sanft und vorsichtig dahin. Würdevoll sah es aus, wenn er sich hin- oder
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zurückwandte, jemanden anblickte oder sich umschaute. In edler Haltung trug er seinen
Mantel, die Bettelschale und die Gewänder. So sah ihn der Bodhisattva auf dem Wege
stehen.
Und der Bodhisattva fragte seinen Wagenlenker: „Was ist das für ein Mann, Wagenlenker, der da beruhigten und abgewogenen Gemüts, ohne die Augen aufzuschlagen oder
den Blick in die Ferne zu richten, dahingeht? Braunrot ist sein Gewand, wohlberuhigt
wandelt er mit der Almosenschale in der Hand dahin, er scheint ohne jede Einbildung
oder Hochmut zu sein.“ Der Wagenlenker antwortete: „Diesen Mann, o Herr, nennt
man einen Bettler. Er hat die Sinnenlüste aufgegeben und führt ein selbstbeherrschtes
Leben; in der Heimatlosigkeit sucht er die Ruhe seines Inneren und geht ausgeglichen,
frei von Leidenschaft und Hass, seinem Bettelgang nach!“ Da sprach der Bodhisattva:
„Gut, das ist ein schönes Wort und gefällt mir! Schon immer haben die Weisen empfohlen, in die Heimatlosigkeit zu ziehen; denn darauf gründet sich das eigene Heil sowohl
wie das der anderen Wesen, und die Frucht ist ein seliges Leben in Wonne und Unsterblichkeit.“ Damit wandte der Bodhisattva den Wagen und kehrte wieder in die Stadt zurück.
3 Der Weg zur Erlösung
Wieder zu Hause angelangt fleht Siddharta seinen Vater um die Erlaubnis an, der Welt entsagen zu dürfen. Dieser antwortet ihm, dass seine erste Pflicht sei, die Familie nicht im Stich zu
lassen. Die Frauen des Hofes werden beauftragt, Siddharta mit Tanz, Gesang, Musik und Verführung zu fesseln. Doch vergeblich! Siddharta nimmt Abschied von seiner schlafenden Frau
und seinem neugeborenen Sohn. Dann schwingt er sich auf sein weißes Ross Kanthaka; Kobolde halten ihre Hände unter Kanthakas Hufe, um jedes Geräusch zu unterdrücken. Nur sein
Diener begleitet ihn.
Da aber sprach, bald nach Mitternacht, der Bodhisattva zu Tschandaka, seinem Wagenlenker: „Wohlan, Tschandaka, zäume mir Kanthaka prächtig auf und bring ihn mir ohne Umschweife, bring ihn mir schnell, wenn du mir zu Gefallen sein willst!“ Und des Bodhisattva
Stimme klang würdig, seine Worte waren herzgewinnend und tönten wie der Gesang des Kalavinkavogels.
Die ganze Erde aber erzitterte auf sechs Arten, als der Bodhisattva sich von seinem Lager
erhob und sein vorzügliches Pferd bestieg, das wie die Scheibe des Vollmonds leuchtete. Und
sogleich nahmen die Welthüter die Hufe des edlen Rosses in ihre sauberen, lotusreinen Hände, während Schakra und Brahma vorauszogen und den Weg zeigten.
Nach einem langen Ritt kommt Siddharta an einen Fluss. Am anderen Ufer nimmt er nun
Abschied von seinem Diener und von seinem Ross; dieses weint, wie die Legende rührend
berichtet, bitterlich, weil es seinen Herrn zum letzten Mal getragen hat, und stirbt vor Gram.
Siddharta aber schert sich Haupt- und Barthaar ab und legt ein rotgelbes Gewand an und wird
damit zum heimatlosen Wandermönch.
Nach der Flucht aus der Heimat führte Siddharta ein siebenjähriges, ruheloses Wanderleben.
Er wird wohl einer der zahlreichen Heilsuchenden gewesen sein, die es zur damaligen Zeit
gab. Er schloss sich verschiedenen Lehrern an, die ihm jedoch keine zufriedenstellende Antwort auf seine ihn bedrängenden Fragen geben konnten: Wie kann man ein sinnvolles Leben
im Angesicht von Alter, Krankheit und Tod führen?
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Daraufhin unterwirft sich Siddharta radikaler, strengster Askese. Er isst kaum noch und magert ab zu einem Skelett. Er
schreibt:
Da dachte ich: Ich will meine Zähne aufeinander beißen, die
Zunge an den Gaumen drücken und mit dem Geist die Gedanken niederhalten, niederdrücken, niederquälen!
Und ich biss die Zähne aufeinander, drückte die Zunge an
den Gaumen und hielt mit dem Geist die Gedanken nieder,
drückte sie nieder, quälte sie nieder….
Aber all diese Schmerzen, die sich in mir regten, konnten sich
nicht meines Gemüts bemächtigen…
Da dachte ich: alle Asketen und Brahmanen der vergangenen
Zeiten, die durch asketische Anstrengungen entstandene,
schmerzhafte, scharfe, beißende Empfindungen gefühlt haben: So weit sind sie höchstens gekommen und nicht weiter…
Und doch erreichte ich durch diese scharfen Kasteiungen
nicht die überirdischen Eigenschaften, die die edle Erkenntnis und Einsicht ermöglichen. Der
Weg der Erleuchtung muss wohl ein anderer sein.
Der Weg der strengen Askese führt demnach nicht zum Ziel. Siddharta kam zur Überzeugung, dass körperliche Enthaltsamkeit keine Antwort auf grundsätzliche, existentielle Fragen
möglich macht, sondern diese eher behindert. Er entschließt sich zu einem mittleren Weg, der
sowohl Selbstkasteiung und Selbstverleugnung ebenso ausschließt als auch gedankenloses
Wohlleben und Maßlosigkeit.
Er erinnert sich an ein Erlebnis aus seinen Kindertagen, als er ein tiefes, beglückendes Urerlebnis hatte. Siddharta berichtet:
Da kam mir, Aggivessano, der Gedanke:
Ich erinnere mich, einst, während der Feldarbeiten bei meinem Vater Sakko, im kühlen
Schatten eines Rosenapfelbaumes sitzend, den Wünschen erstorben, dem Unheil entronnen, in sinnend gedenkender, ruhegeborener seliger Heiterkeit die Weihe des ersten
Schauens errungen zu haben: das mag wohl der Weg sein zum Erwachen.
Da kam mir, Aggivessano, das Einsicht gemäße Bewusstsein:
Das ist der Weg zum Erwachen.
Da kam mir, Aggivessano, der Gedanke: Wie, sollt' ich etwa jenes Glück fürchten, jenes
Glück jenseits der Wünsche, jenseits des Schlechten?
Da kam mir, Aggivessano, der Gedanke: Nein, ich fürchte jenes Glück nicht, jenes Glück
jenseits der Wünsche, jenseits des Schlechten?
Da kam mir, Aggivessano, der Gedanke: Nicht leicht kann wohl jenes Glück erreicht
werden mit so außerordentlich entkräftetem Körper; wie, wenn ich nun feste Nahrung zu
mir nähme, gekochten Reisbrei?
Und ich nahm, Aggivessano, feste Nahrung zu mir, gekochten Reisbrei.
Mit 35 Jahren ließ sich Siddharta meditierend unter einem Bodhi-Baum nieder. Es war der
Augenblick gekommen, an dem Siddharta zur Erleuchtung kommen sollte.
Ihm wurde eine dreifache Einsicht geschenkt:
* Er erinnert sich an seine früheren Geburten.
* Er erkennt das Karma-Gesetz und die Bedingungen der Seelenwanderung.
* Ihm werden die Vier edlen Wahrheiten bewusst.
Damit wird Siddharta zu einem Erleuchteten, zu einem Buddha.
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Sieben Tage lang saß der Buddha unter dem Baum der Erleuchtung, die Seligkeit der Erlösung genießend.
In dieser Zeit versucht Mara, die Verkörperung des Bösen und der Illusion, zum letzte Mal,
Siddharta vom seinem Wahrheitsstreben abzubringen und ihn
zu überreden, sofort ins Nirwana einzugehen, um den anderen
Menschen die erlösende Lehre vorzuenthalten. Er verspricht
ihm weltliche Macht und droht ihm Gewalt an. Schließlich
möchte er ihn verführen, indem er seine Töchter, die Verkörperung der Sinnlichkeit, vor ihm tanzen lässt.
Buddha widersteht allen Versuchungen.
Der Buddha überlegt, ob es gut sei, sogleich ins Nirwana einzugehen oder ob er vorher den anderen Menschen den Weg zur
Wahrheit weisen solle. Er fürchtet, dass die Mehrheit der Menschen seine Einsichten nicht verstehen wird. Zu sehr sind sie im
Getriebe der Welt verstrickt und der Illusion und Täuschung
unterworfen, als dass sie ihm folgen könnten. Erst auf den Rat
und die Bitte des Gottes Brahman entschließt er sich um der
Wenigen willen, die fähig sind, seine Lehre zu verstehen, zur
Verkündigung.
Als nun der Erhabene sich in Verborgenheit und Einsamkeit zurückgezogen hatte, erhob
sich in seinem Geist dieser Gedanke:
„Erkannt habe ich diese Lehre, die tiefe, schwer zu schauende, schwer zu verstehende,
die friedvolle, herrliche, bloßem Nachdenken unerfassbare, feine, nur dem Weisen zugängliche. In Weltlust aber verweilt die Menschheit; in Weltlust ist sie heimisch; an
Weltlust freut sie sich. So ist denn der Menschheit, der in Weltlust verweilenden, in Weltlust heimischen, an Weltlust sich freuenden dies schwer erschaubar: die Verknüpfung
von Ursachen und Wirkungen, die Entstehung eines jeglichen aus seiner Ursache. Und
auch dies ist gar schwer erschaubar: Das Zurruhekommen aller Gestaltungen, das Fahrenlassen aller irdischen Bestimmtheit, der Untergang des Durstes, das Freisein von
Verlangen, das Aufhören, das Nirwana. Wenn ich die Lehre predigte, und die andern sie
nicht verständen: das wäre für mich Ermüdung, das wäre für mich Qual.“
Wie der Erhabene also dachte, neigte sich sein Geist dazu, in Ruhe zu verharren und die
Lehre nicht zu predigen. Da erkannte Brahma in seinem Geist die Gedanken, die durch
den Geist des Erhabenen gingen. Und er sprach zu sich: „Vergehen, ach, wird diese
Welt, zugrunde gehen, ach, wird diese Welt, wenn des Vollendeten, des Heiligen, des
höchsten Buddha Geist sich dazu neigt, in Ruhe zu verharren und die Lehre nicht zu
predigen.“
Und er sprach zum Erhabenen also:
„Es möge, Herr, der Erhabene die Lehre predigen; er möge den Wohlwandelnden die
Lehre predigen. Es sind Wesen, denen nur wenig Unreinheit anhaftet, aber wenn sie die
Lehre nicht hören, gehen sie verloren. Sie werden die Erkenner der Lehre sein.“
Als der Erhabene solches hörte, sprach er zu Brahma den Spruch:
„Der Ewigkeit Tor, es sei jedem aufgetan, der Ohren hat. Mag sich denn Glaube regen! Vergebliche Mühe zu meiden, hab' ich das edle Wort noch nicht der Welt verkündet.“
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4 Das Rad der Lehre
Die Legende berichtet, dass sich der Buddha nach seiner Erleuchtung nach Benares in
den sogenannten Gazellenhain begab und dort vor den ersten Anhängern seine erste Predigt hielt. Damit setzte er das Rad der Lehre in Bewegung.
Der Erhabene hat in Benares im Gazellenhain von Isapatana das höchste Rad der Lehre
in Bewegung gesetzt. Weder ein Asket noch ein Brahmane, weder ein Gott noch Mara
können es zurückrollen.
Das Rad der Lehre ist zum Symbol des Buddhismus im Allgemeinen geworden. Man findet es in zahlreichen Darstellungen.
Eine Mudra ist eine von den 12 typischen Handhaltungen in der
traditionellen Ikonografie. Bei der Mudra „Das Rad der Lehre in
Bewegung setzen“ hält der Buddha beide Hände in Brusthöhe.
Zeigefinger und Daumen jeder Hand formen einen Kreis, die Fingerspitzen der linken Hand berühren die rechte Handfläche.
Die erste Predigt im Gazellenhain von Benares legt die Grundlagen fest, zu denen sich alle
Richtungen des Buddhismus bekennen. Es sind dies die Vier Edlen Wahrheiten:
* Die Existenz von Leiden
* Die Ursachen des Leidens
* Die Überwindung des Leidens
* Der achtfache Pfad, der zur Überwindung des Leidens führt.
Die Legende legt dem Buddha die folgende Rede in den Mund:
Dies, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Leiden: Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden,
Krankheit ist Leiden, Tod ist Leiden, mit Unlieben vereint sein ist Leiden: von Lieben getrennt
sein ist Leiden, nicht erlangen, was man begehrt, ist Leiden: kurz die fünferlei Objekte des
Ergreifens sind Leiden.
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Dies, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit von der Entstehung des Leidens: Es ist der Durst, der
zur Wiedergeburt führt, samt Freude und Begier, hier und dort seine Freude findend: der
Lüstedurst, der Werdedurst, der Vergänglichkeitsdurst.
Dies, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit von der Aufhebung des Leidens: Die Aufhebung dieses Durstes durch restlose Vernichtung des Begehrens, ihn fahren lassen, sich seiner entäußern, sich von ihm lösen, ihm keine Stätte gewähren.
Dies, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Wege zur Aufhebung des Leidens: Es ist dieser
edle achtteilige Pfad, der da heißt: rechtes Glauben, rechtes Entschließen, rechtes Wort,
rechte Tat, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Gedenken, rechtes Sichversenken.
Nach seiner Erleuchtung wandert der Buddha 44 Jahre in Nordindien umher, predigt die Lehre und sammelt eine Jüngerschar. Im Alter von 80 Jahren legte er sich zum Sterben nieder. Er
hinterließ keinen Nachfolger. Immer wieder macht er deutlich, dass kein Meister oder autorisierter Lehrer die Anhänger leiten solle, sondern nur seine Lehre.
Seine letzten Worte sollen die folgenden gewesen sein:
Wohlan, ihr Mönche, ich versichere Euch: Die Welt, wie ihr sie seht, unterliegt dem Gesetz
der Vergänglichkeit. Bemüht euch achtsam um Erlösung.
5 Die Frage nach dem Lebenssinn
Siddharta war in besten Verhältnissen zu Hause. Er war an ein sorgloses Leben in Luxus und
Überfluss gewöhnt. Alle seine Bedürfnisse wurden in überreichem Maße erfüllt. Und dennoch
hatte er das Gefühl, dass das nicht alles sein könne. In ihm wurde die Frage nach dem Lebenssinn wach. Was kann den Sinn des Lebens ausmachen angesichts von Alter und Vergänglichkeit, von Krankheit und von Tod? Er entschied sich für ein Leben in Armut und Bedürfnislosigkeit.
Nun kann man beobachten, dass es in der Geschichte immer wieder Menschen gegeben hat,
die in einer vergleichbaren Situation waren und dann auch vergleichbar gehandelt haben.
Franziskus von Assisi wurde im Jahre 1182 als Sohn eines reichen Tuchhändlers geboren.
Auch ihm wurde bewusst, dass das ritterlich-höfische Leben, das er bisher genossen hatte,
nicht das Wesentliche sein kann. Er löste sich von seiner Familie, verzichtete auf Besitz und
Wohlstand und verkündete, dass seine Braut die Armut sei. Im Gebet vernahm er seinen Auftrag nach den Worten aus Math. 10, 8-10.
Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in
eurem Gürtel haben, auch keine Reisetasche,
auch nicht zwei Hemden, keine Schuhe, auch
keinen Stecken…
Umsonst habt ihr es empfangen, umsonst gebt
es auch.
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Ein weiteres Beispiel unter vielen ist Ignatius
von Loyola. Er führte zunächst ein weltzugewandtes, freies Soldatenleben. Eine glänzende,
militärische Laufbahn schien ihm sicher. Bei der
Belagerung vom Pamplona wurde er schwer
verletzt. Auf dem Krankenlager begann er, über
sein Leben nachzudenken. Ihm wurde die Leere
und Hohlheit seiner bisherigen Lebensweise
bewusst. Er beschloss, fortan als Bettler und
Pilger zu leben. Er sagt:
Nimm hin, o Herr, meine ganze Freiheit. Nimm
an mein Gedächtnis, meinen Verstand, meinen
ganzen Willen. Was ich habe und besitze, hast
Du mir geschenkt. Ich gebe es Dir wieder ganz
und gar zurück und überlasse alles Dir, daß Du
es lenkst nach Deinem Willen. Nur Deine Liebe
schenke mir nach Deiner Gnade. Dann bin ich
reich genug und suche nichts weiter.
In der gegenwärtigen Zeit war es beispielsweise
der Neurologe und Psychiater Viktor Frankl, der
auf die Bedeutung des Lebenssinns hinwies. Er
geht er davon aus, dass zahlreiche psychische
Störungen, unter denen die Menschen der Gegenwart leiden, letztendlich ihre Ursache im Gefühl der Sinnlosigkeit haben. Frankl berichtet von
einem Studenten aus bestem Haus, der an der
Universität alles hat, was man sich nur wünschen
kann: Ausreichend finanzielle Mittel, beste Noten, Freundinnen, soviel er nur wollte. Und doch
kam ihm sein Leben leer und sinnlos vor.
Durch Frankls Logotherapie fand er einen neuen
Lebenssinn und konnte von seinen Depressionen
befreit werden. Frankl schreibt:
Das Wissen um eine Lebensaufgabe hat einen eminent psychotherapeutischen und psychohygienischen Wert. Wer um einen Sinn seines Lebens weiß, dem verhilft dieses Bewusstsein
mehr als alles andere dazu, äußere Schwierigkeiten und innere Beschwerden zu überwinden.
6 Schulen und Richtungen
Es ist nahezu unmöglich, den Buddhismus in seiner Gesamtheit zu beschreiben. Es haben sich
im Laufe der Zeit zahlreiche Schulen und eigenständige Richtungen entwickelt, die sich deutlich unterscheiden.
Hierbei wurde die ursprüngliche Lehre Buddhas verändert und ausgestaltet. Einmal waren die
Bedürfnisse der Gläubigen maßgebend. Weiterhin hat sich der Buddhismus an die kulturelle
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und soziale Umgebung in den Ländern angepasst, in denen er sich im Laufe der Zeit ausgebreitet hat.
Man kann drei große Entwicklungen unterscheiden, die sich selbst wieder in weitere Untergruppen aufgespalten haben:
* Hinayana (Kleines Fahrzeug)
* Mahayana (Großes Fahrzeug)
Sonderformen: Amida-Buddhismus
Zen-Buddhismus
* Vajrayana (Diamantenes Fahrzeug)
6.1 Hinayana oder Theravada (Die Lehre der Alten)
Der Theravada oder die „Lehre der Alten“ mit seinen Überzeugungen ist die älteste der buddhistischen Schulen. Er wird von anderen abschätzig als Hinajana, als „Kleines Fahrzeug“
bezeichnet, weil er nur einer ganz kleinen Zahl von Mönchen den Weg ins Nirwana möglich
macht. Er steht der ursprünglichen Lehre Buddhas am nächsten.
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Schon um 250 v.Chr. verbreitet sich das Hinayana in Südostasien. Sri Lanka entwickelt sich
zum geistigen Zentrum. Hier wurden im 1. Jahrhundert v. Chr. die Texte zum ersten Mal niedergeschrieben und damit nachvollziehbar gemacht. Man kann daher davon ausgehen, dass
sich in diesen Texten das ursprüngliche Denken des Buddha noch am reinsten erhalten hat.
Hierzu gehörten:
* Die Lehre vom Entstehen in Abhängigkeit
* Die Lehre vom Nicht-Selbst
* Die Vier Edlen Wahrheiten
* Die Lehre vom Nirwana
Die anderen Schulen des Buddhismus unterscheiden sich in der Ausgestaltung dieser Lehren.
Sehr bald gewannen andere Interpretationen Einfluss.
Einmal stellte sich heraus, dass die grundsätzlichen Überzeugungen zu abstrakt und zu weltfremd waren, um nicht nur Mönche sondern auch Menschen des Alltags zu erreichen.
Dazu kam, dass der Buddhismus in Ländern mit anderen Kulturen Einfluss gewann, die andere weltanschauliche Grundlagen besaßen. Im Prozess der Anpassung ging sehr viel der ursprünglichen Lehre verloren.
Eine weitere, wichtige Besonderheit, die den Theravada von späteren Entwicklungen unterscheidet, ist die Stellung und die Bedeutung Buddhas.
Der Theravada glaubt, dass es vor dem historischen Buddha bereits andere Buddhas in vorangegangenen Zeitaltern gegeben hat und auch noch zu späteren Zeiten weitere Buddhas geben
wird.
Ein Buddha ist kein Gott sondern zunächst ein Mensch, der ebenso wie alle Menschen dem
Altern und dem Tod unterworfen ist. In unendlich vielen Wiedergeburten ist es ihm gelungen,
aus dem Kreislauf der Wiedergeburt auszubrechen und das Nirwana zu erreichen.
Es ist eine charakteristische Eigenschaft des Theravada, dass ein Buddha eine höchst seltene
Ausnahmeerscheinung ist. Fast alle Menschen bleiben der leidvollen Wiedergeburt verhaftet.
Erlösung ist also nur einer winzig kleinen Minderheit möglich.
Alle späteren Schulen lockern diese Beschränkung und bieten einen deutlich vereinfachten
Weg ins Nirwana. Damit wurde der Buddhismus in dieser erweiterten Form für die Mehrzahl
der Menschen attraktiv.
6.2 Mahayana
Schon bald nach dem Tod des Buddha gab es unter den Mönchen Meinungsverschiedenheiten
über die Auslegung der Lehren des Buddha. Es entstanden zahlreiche Richtungen, von denen
sich im Laufe der Jahre das Mahayana durchgesetzt hat.
Der Buddhismus des Mahayana bedeutet eine deutliche Änderung der bisherigen Lehre. Man
begründete das mit neuen Schriften, die von Buddha selbst stammen sollen und von ihm verborgen worden wären, weil sie nur für eine reifere Zeit verständlich seien. Diese Schriften
seien jetzt entdeckt worden und würden eine Erweiterung der bisherigen Überzeugungen
rechtfertigen.
Das Mahayana hat sich in den ersten Jahrhunderten n.Chr. nach China und besonders nach
Japan ausgebreitet. In beiden Ländern stieß der Buddhismus auf Hochkulturen mit jeweils
anerkannten Religionen. In der Auseinandersetzung mit diesen Religionen und in der Anpassung hat der Buddhismus umfangreiches Gedankengut übernommen und integriert.
Es sind im Wesentlichen drei Gesichtspunkte, durch die sich das Mahayana vom Theravada
unterscheidet:
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* Buddhas und Bodhisattvas
* Die Leere
* Die Buddha-Natur aller Menschen
6.2.1 Buddhas und Bodhisattvas
Im Theravada war der Buddha ein Mensch, der durch seine Erleuchtung den Weg ins Nirwana gefunden hat. Im Mahayana wird dem Buddha eine eigene transzendente Wirklichkeit zugesprochen. Dazu kommt, dass die Anzahl der Buddhas deutlich erhöht wird. Sie werden zu
Persönlichkeiten, die tatsächlich existieren und an die man sich wenden kann. Weit verbreitet
ist die Vorstellung von den 5 Buddhas, die im Zentrum bzw. in den 4 Himmelsrichtungen in
eigenen Paradiesen wohnen.
Das Bild zeigt ein Mandala, in dem der Buddha Vairocana in der Mitte von 4 weiteren, goldfarbenen
Buddhas umgeben ist. Jedem dieser 4 Buddhas ist als
Adjutant ein weiß dargestellter Bodhisattva zugeordnet.
Den transzendenten Buddhas gesellen sich zahlreiche Bodhisattvas zu. Es sind Gestalten, die
eigentlich schon hätten ins Nirwana eingehen können, die jedoch auf diesen Schritt freiwillig
verzichtet haben, um den Menschen auf der Erde helfen zu können. Sie bieten Unterstützung
in Feuers- und Wassernot, retten Gefangene, schützen die Reisenden, heilen Krankheiten und
beseitigen jedes Leiden. Sie übernehmen die Funktion, die im Katholizismus und vielen anderen Religionen den Heiligen zugesprochen wird. Sie erfüllen damit ein lebendiges Bedürfnis
des Menschen nach überirischer Hilfe.
Von besonderer Bedeutung ist weiterhin der Bodhisattva Avalokiteshvara, der „Herr, der
gnädig herabblickt“. Er ist der Schutzpatron Tibets. Der Dalai Lama gilt als seine Verkörperung in der diesseitigen Welt.
6.2.2 Die Leere
Im Theravada sind die Elemente, aus denen sich die Erscheinungswelt in ihrer kontinuierlichen Entwicklung aufbauen, voneinander verschieden. Es gibt nichts, aber auch gar nichts
Bleibendes.
Im Mahayana entwickelt sich die Vorstellung von etwas Grundlegendem und Bleibenden. Es
liegt allem Dasein als undefinierbare und unerkennbare Schicht zu Grunde. Um deutlich zu
machen, dass es sich um etwas Substanzloses handelt, wird diese Schicht als Shunyata, als
Leerheit bezeichnet.
Der Begriff der Leere ist sehr schwer zu fassen. Es sieht so aus, als würde er Ähnlichkeiten
mit dem Heideggerschen Begriff des Nichts aufweisen.
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Die Modifikation in den Grundüberzeugungen der Ontologie hat Konsequenzen unter anderem für die Meditation als Weg zur Erlösung. Im Theravada dient die Meditation der Erkenntnis und Erleuchtung. Durch Meditation durchschaut man die Gegenständlichkeit der
Erscheinungswelt als Täuschung. Man gewinnt dazu noch das Wissen über das Leiden, seine
Entstehung und seine Überwindung. Lebensgier, Hass und Unwissenheit lassen sich durch
Meditation verhindern. Meditation führt zur Einsicht, die das Loslassen möglich macht und
damit das Aufgehen im Nirwana zur Folge hat.
Im Mahayana geht es bei der Meditation nicht um Erkenntnis oder Einsicht, sondern um das
mystische Eins-Werden mit der Leerheit als dem wirklichen Sein.
6.2.3 Die Buddha-Natur des Menschen
Die Buddha-Natur ist das höchste Potenzial, das allem innewohnt. Es ist das ewige, unzerstörbare Grundelement. Jeder Mensch ist daher von Natur aus ein Buddha. Dieser Sachverhalt
ist den meisten jedoch nicht bewusst. Die Verstrickung in das Alltagsleben mit Lebensgier
und Hass verschleiert diesen Sachverhalt. Der Zweck der Lehre Buddhas liegt darin, die eigene Buddha-Natur zu erkennen und damit zum ureigenen Selbst zu kommen. Dieser Prozess
des Zu-sich-selbst-kommens bedeutet Erlösung. Erlösung ist daher bereits im Hier und Jetzt
möglich.
Die Buddha-Natur weist mit einem Pantheismus Ähnlichkeiten auf. Man sieht sofort, dass
diese Vorstellungen mit dem ursprünglichen Buddhismus nichts mehr zu tun haben.
7.2.4 Die Verbreitung des Mahayana
Der Mahayana-Buddhismus hat sich über die Seidenstraße schon im 1. Jahrhundert n. Chr.
nach Zentralasien und China ausgebreitet. Im 4. Jahrhundert gelangte er nach Korea und im 6.
Jahrhundert nach Japan.
In allen Fällen hat sich der Mahayana-Buddhismus selbständig weiterentwickelt und zu eigenen und selbständigen Schulen ausgestaltet.
6.3 Amida-Buddhismus
Von besonderer Bedeutung ist der Buddha Amida, der Buddha des reinen Landes und der
reinen Liebe. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, möglichst vielen Menschen den Weg zur
Erlösung zu weisen. Durch gläubiges Vertrauen und durch das alleinige Aussprechen des
Namens des Amida-Buddha gelangt man in das
vom Amida-Buddha geschaffene Paradies, in dem
es keine Lebensgier und keine Unwissenheit mehr
gibt. Hier sitzen die Gläubigen in einer Lotosblüte
und gewinnen schnell und direkt das Nirwana.
Die Skulptur zeigt den Buddha Amida aus dem
Kotokuin Tempel in Konnichiwa in Japan. Man
sieht die sogenannte samāhitā mudra, eine für ihn
charakteristische Handhaltung, die äußerste Konzentration bezeichnet.
6.4 Zen-Buddhismus
Eine Sonderform des Mahayana-Buddhismus hat sich mit Zen in Japan herausgebildet. Die
meditativen Erfahrungen mit ihren geistigen und ästhetischen Regeln haben die japanische
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Lebenshaltung und die japanische Kunst zutiefst geprägt. Die Gestaltung des Zen-Gartens,
Ikebana, die Kunst des Blumensteckens, die Grafik, die Kalligrafie oder das Teezeremoniell
sind ohne Zen nicht zu verstehen.
Der Zen-Garten mit seiner
konstruierten Klarheit und
seiner vereinfachenden Übersichtlichkeit soll den Gegensatz zum verwirrenden Lebensalltag ausdrücken. Er
dient als Meditationshilfe,
um die Leere zu erspüren.
6.5 Vajrayana
Der Vajrayana oder das Diamantene Fahrzeug hat sich als Sonderform in Tibet entwickelt. In
der Auseinandersetzung mit der ursprünglichen Religion sind esoterische und magische Praktiken eingeflossen.
Der Vajrayana legt besonderen Wert auf die meditative Praxis. Als Hilfen hierzu sind das
Gestalten von Mandalas und das Aufsagen von Mantras bedeutsam.
Mandalas sind kunstvoll gestaltete Gebilde aus farbigem Sand, die in oft wochenlanger Arbeit
entstehen. Anschließend werden sie wieder zerstört, um auf diese Weise die Vergänglichkeit
der materiellen Welt und des menschlichen Lebens zu symbolisieren.
Mantras sind kurze, formelhafte Wortfolgen, die fortgesetzt wiederholt werden. Sie sollen den
menschlichen Geist auf magische Weise in einen Ausnahmezustand versetzen und eine bestimmte Geisteshaltung erzeugen.
Eine Erleichterung beim fortgesetzten Aufsagen
von Mantras sind die tibetanischen Gebetsmühlen, mit deren Hilfe auf mechanischem Weg
durch Drehen eines runden Zylinders Gebete automatisch erzeugt werden. Hierdurch sollen sich
die Mantras ausbreiten und ausstrahlen und zum
Wohle aller fühlenden Wesen beitragen, Leid
beseitigen und Glück bewirken.
7 Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen christlicher und buddhistischer Religion
Zunächst ist offenkundig, dass in Bezug auf den geistigen Gehalt und die weltanschaulichen
Überzeugungen zwischen dem Buddhismus und dem Christentum keine Gemeinsamkeiten
bestehen. Siehe hierzu
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http://www.schmidt-bernd.eu/veranstaltungen/philosophische-wanderwoche2012/buddhismus-und-christliche-religion.pdf
Es ist jedoch auffällig, dass sich beide Religionen von ähnlichen Voraussetzungen ausgehend
in vergleichbarer Weise entwickelt haben.
* Buddha und Jesus waren Wanderprediger, die mit ihren Jüngern durch das Land zogen, ihre
Lehre verkündet haben und dadurch Anhänger gewinnen konnten.
* Sowohl Buddha als auch Jesus haben selbst keine schriftlichen Zeugnisse hinterlassen. Ihre
Lehren wurden zunächst mündlich weitergegeben, erst deutlich später niedergeschrieben und
in einem Kanon zusammengefasst. Dadurch entstanden Fassungen mit unterschiedlichen
Aussagen. Im Christentum erfolgten die schriftlichen Festlegungen bereits nach Jahrzehnten,
während das im Buddhismus erst nach zwei oder drei Jahrhunderten geschah.
* Nicht lange nach dem Tod von Buddha und von Jesus gab es Auseinandersetzungen in Bezug auf die Ausgestaltung der wahren Lehre. Im Buddhismus führte das zur Aufspaltung in
die verschiedenen Fahrzeuge. In der christlichen Religion kam es sehr bald zu Gegensätzen
zwischen den sogenannten Hellenisten und den Judenchristen, als die Frage zur Entscheidung
anstand, ob auch Nichtjuden Christen werden können. Ein weiteres Beispiel ist die Diskussion um die wahre Natur Jesu, die von Arius und Atanasius geführt wurde.
* Beide Religionen verdanken ihren Erfolg unter anderem auch der Tatsache, dass sie von
weltlichen Herrschern unterstützt und gefördert wurden. Im Buddhismus war es der Kaiser
Ashoka (268 – 233 v.Chr.), der den Buddhismus in seinem Reich in Indien zur Staatsreligion
erhob. Das Gleiche tat Kaiser Konstantin (270 – 337 n.Chr.) im römischen Reich mit dem
Christentum.
* Beide Religionen haben im Lauf ihrer Entwicklung deutliche Veränderungen erfahren, die
auf die Einflüsse der kulturellen Umgebung und auf die Bedürfnisse der Anhänger zurückgeführt werden können. Allerdings ist die Aufspaltung in verschiedene Schulen mit gänzlich
anderem Gehalt im Buddhismus viel weiterreichend als im Christentum. Grund dafür ist, dass
der Buddhismus keine Organisation kennt, wie sie das Christentum mit der Kirche besaß, die
die Einheitlichkeit der Lehre durchsetzen konnte.
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