Brückenkurs Mathematik Teil II: Differential- und Integralrechnung Staatliche Studienakademie Leipzig Studienrichtung Informatik Prof. Dr. Ingolf Brunner 13. September 2011 Funktion ì Jeder reellen Zahl x aus dem Definitionsbereich D©\ werde durch eine eindeutige Abbildungsvorschrift f eine reelle Zahl y f Ǝ xƏ zugeordnet. ì Dann heißt f eine (reelle) Funktion. x heißt die unabhängige Variable (Abszisse) und y die abhängige Variable (Ordinate). Die Menge der Funktionswerte stellt den Wertebereich oder Wertevorrat dar. Differentialrechnung ì In der Mathematik ist die Differentialrechnung eines der zwei Hauptgebiete der Analysis. Sie untersucht das Verhalten von mathematischen Funktionen bzw. deren Kurven oder Oberflächen. Begriffe wie Steigung oder Krümmung werden definiert. ì Erfunden wurde die Differentialrechnung (unabhängig von einander) von Isaac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz, die von unterschiedlichen Problemstellungen ausgingen. ì Leibniz ging von einem geometrischen Problem aus, dem Tangentenproblem: Er wollte eine Gerade an eine Kurve legen, die diese in einer kleinen Umgebung möglichst gut annähert. ì Newtons Ansatzpunkt war das physikalische Problem der Momentangeschwindigkeit: Es soll zu einer ungleichförmigen Bewegung zu einem gegebenen Zeitpunkt eine gleichförmige Bewegung gefunden werden, die sie in einem kleinen Zeitintervall möglichst gut annähert. ì Beide Problemstellungen lassen sich zurückführen auf das Suchen der Steigung der Tangente in einem bestimmten Punkt einer stetigen Funktion. Differenzenquotient ì Die Steigung einer Geraden zwischen zwei Punkten des Graphens einer Funktion f(x) ist: ƚ y f Ǝ x 0 Ÿƚ x Ə f Ǝ x 0 Ə ƚx ƚx ì Lässt man beide Punkte immer näher zusammen wandern und bildet den Grenzwert, so erhält man: f Ǝ x 0Ÿƚ xƏ f Ǝ x 0 Ə dy lim f ' Ǝ x0Ə dx ƚ x ƀ 0 ƚx Differenzierbarkeit ì Kann man an jeder Stelle x im Definitionsbereich einer reellen Funktion den Differentialquotienten bestimmen so nennt man sie differenzierbar. ì Die Funktion der Differentialquotienten an allen Stellen von f nennt man die Ableitungsfunktion f' oder kurz Ableitung - von f. ì f'(x0) nennt man die Ableitung von f an der Stelle x0. Sie entspricht der Steigung des Graphen der Funktion an der Stelle x0. Ableitungen einiger Funktionen (2) 1 1Ÿtan 2 x 2 cos x 1 Kotangens: Ǝcot xƏ' 2 Ǝ1Ÿtan 2 x Ə sin x x x Exponentialfunktion: Ǝe Ə' e 1 Natürlicher Logarithmus: Ǝln xƏ' x 1 Logarithmus: Ǝlog a xƏ' x·ln a Tangens: Ǝtan xƏ' Ableitungen einiger Funktionen ì Seien f, g und h (im Definitionsbereich) differenzierbare, reelle Funktionen und n, d und k reelle Zahlen, dann gilt: Potenzfunktion: Konstante Funktion: Sinus: Kosinus: Ǝ x n Ə' n·x n1 Ǝd Ə' 0 Ǝsin xƏ' cos x Ǝcos xƏ' sin x Differentiationsregeln Konstanter Faktor: Summe, Differenz: Produkt : Quotient: Kettenregel: Ǝa·f Ə' a· f ' Ǝ g&hƏ' g ' &h ' Ǝ g·hƏ' g ' hŸgh' g ' g ' h gh' h h2 Ǝ g hƎ xƏƏ' g ' hƎ xƏ·h ' Ǝ xƏ ƎƏ Integralrechnung ì Die Integralrechnung ist ein Teilgebiet der Analysis in der Mathematik. Sie ist aus dem Problem der Flächenberechnung unter Kurven entstanden und ist die Umkehrung zu Differentialrechnung. Bestimmtes Integral ì Die Integralrechnung entstand aus dem Problem, die Fläche zwischen dem Graphen einer reell wertigen Funktion f(x) und der x-Achse im Intervall von a bis b zu berechnen. Falls die Fläche sinnvoll bestimmt werden kann, nennt man die Funktion im Intervall integrierbar. Die reelle Zahl A, die die Größe der Fläche angibt, heißt dann das bestimmte Integral von f(x) über dem Intervall: b A f Ǝ xƏ dx a Uneigentliches Integral ì Ein Sonderfall des bestimmten Integrals ist das uneigentliche Integral, bei dem die Fläche nur an einer Seite begrenzt ist. Gesucht ist also: A f Ǝ xƏ dx a oder Eine Stammfunktion F(x) einer Funktion f(x) ist jede Funktion, deren Ableitung f(x) ergibt. : Da beim Differenzieren additive Konstanten wegfallen, gilt: Ist F(x) ein Stammfunktion von f(x), so ist es auch F(x) + C mit beliebigem C aus den reellen Zahlen. Außer F(x) + C gibt es keine weiteren Stammfunktionen zu f(x), d.h. zwei Stammfunktionen unterscheiden sich nur um eine additive Konstante. ì Das unbestimmte Integral einer Funktion f(x) ist nun die Menge aller Stammfunktionen von f(x): A f Ǝ xƏ dx Obwohl die eingeschlossene Fläche durch keine endliche Linie begrenzt ist, kann der Flächeninhalt bei geeigneten Funktionen durchaus endlich sein. Beispiel hierfür ist die Funktion 1/x². ì Für die Gaußkurve ist auch das beidseitig uneigentliche Integral definiert: ì a ì A f Ǝ xƏ dx Unbestimmtes Integral f Ǝ xƏdxF Ǝ xƏŸC Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung ì Eigenschaften des Integrals Jede Funktion A(x), die den Flächeninhalt unter der Kurve von einer festen Untergrenze a bis zur variablen Obergrenze x angibt, x also: Ǝ f Ǝ xƏŸg Ǝ xƏƏ dx AƎ xƏ f Ǝt Ə dt a ì entspricht einer Stammfunktion von f(x). ì Daraus ergibt sich, dass man jedes bestimmte Integral als eine Differenz zweier Stammfunktionen der zu integrierenden Funktion berechnen kann, da die additiven Konstanten bei der Subtraktion wegfallen (Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung): c·f Ǝ xƏ dx b f Ǝ xƏ dx a b f Ǝ xƏ dxŸ g Ǝ xƏ dx c· f Ǝ xƏdx a f Ǝ xƏ dx b f Ǝ xƏ dxF ƎbƏ F ƎaƏ a Partielle Integration ì Die partielle Integration ist die Umkehrung der Produktregel der Differentialrechnung. Sie lautet: ì f Ǝ xƏ g ' Ǝ xƏ dx f Ǝ xƏ g Ǝ xƏ f ' Ǝ xƏ g Ǝ xƏdx Diese Regel ist insbesondere dann von Vorteil, wenn durch Ableiten von f(x) eine einfachere Funktion entsteht. Integration durch Substitution ì Bestimmung der Stammfunktion durch geschicktes “Ersetzten” im Integral. Beispiel: 1 dx Ɓ 8x 2 Ɓ18 mit y x Ɓ 1 ƎƁƏ 1 x 2 dx 2 2 und dy 1 2Ɓ2 2Ɓ2 1 1 1 1 dx Ɓ 8 dy Ɓ 8 Ɓ 1 y 2 Ɓ8 Ɓ 1 y 2 arcsin Ǝ yƏŸC x ŸC arcsin 2Ɓ2 Ǝ Ə dx folgt: