Rückzug der Grünen – Beobachtungen und Schutz der Grünen

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Rückzug der Grünen
–
Beobachtungen und Schutz der Grünen
Mosaikjungfer
Wir danken Frau Hinz für ihre engagierte fachliche und Herrn Hinz
für seine tatkräftige Unterstützung.
Stefanie Schindler und Antje Kilias
2004
1
Gliederung:
1.
Einleitung, Zielstellung
2.
Das Umweltproblem
2.1. Untersuchungsgebiet
2.1.1.
2.1.2.
2.1.3.
2.1.4.
Soll
Tiere
Pflanzen
Auswertung
2.2. Libellen
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
2.2.4.
2.2.5.
Allgemeines
Körperbau
Lebensweise
Methoden der Libellenerfassung
Libellenerfassung der Arten des Kreuzkruger Solls
2.2.5.1. Arten, Messpunkte, Anzahlen
2.2.5.2. Kurzbeschreibung
2.2.6.
Auswertung der Libellenerfassung
2.2.6.1. Allgemein
2.2.6.2. Leucorrhinia pectoralis
2.2.6.3. Aeshna viridis
2.2.6.4. Flugverhalten
2.2.6.5. Zusammenfassung
2.3. Wasserstand
2.3.1. Messdaten
2.3.2. Auswertung der Pegelstände in Verbindung mit den Klimadaten
2.4. Das Problem
3.
Lösungsvorschläge
3.1. Biotopschutz
3.1.1. Rodungen
3.1.2. Staudämme
3.2.3. Schilfentfernung
3.2. Libellenschutz
3.2.1. Schutzgebiet
3.3. weitere Aspekte
3.3.1. Amphibien
3.3.2. Öffentlichkeitsarbeit
4.
Umsetzung
4.1. praktische Maßnahmen
4.2. öffentliche Maßnahmen
4.3. Maßnahmen zur Datengewinnung
5.
Zusammenfassung, Prognosen
5.1. Zusammenfassung
5.2. Prognosen
2
1. Einleitung:
Brütende Hitze, Windstille, flimmernde Luft.
Es ist Hochsommer und das ideale Wetter, um Libellen zu beobachten. Seit fünf Jahren greifen wir bei solchen Bedingungen zu den Käschern und machen uns auf den Weg zu unserem
Untersuchungsgebiet.
Der Startschuss für das Projekt fiel eigentlich schon im Frühling 1998, als Frau Hinz, AGLeiterin und Lehrerin des Gymnasiums Templin, uns in das alljährliche Bio-Lager einlud.
Hier haben biointeressierte Schüler aller Klassenstuten am Ende jedes Schuljahres die Möglichkeit eine Woche lang Biologie hautnah zu erleben.
So trafen auch wir dort das erste mal mit den imposanten Fliegern zusammen. Von den farbenprächtigen Tieren mit den gläsernen Schwingen waren wir schnell begeistert und
beschlossen, zusammen mit Frau Hinz, sie genauer unter die Lupe zu nehmen.
In den restlichen Sommermonaten suchten wir verschiedene Lebensräume auf, um erste praktische Erfahrungen zu sammeln.
Als wir uns dann während der Wintermonate mit der Theorie vertraut machten, stießen wir
auf eine sehr seltene Libelle, die Grüne Mosaikjungfer (Aeshna viridis). Die Besonderheit
dieser Art liegt in ihrem Eiablagesubstrat, der Krebsschere.
Uns war ein kleines Soll kurz vor dem Dorf Kreuzkrug bekannt, dass mit seinem großflächig
geschlossenen Krebsschererasen ideal schien.
Da es noch nicht untersucht worden war, beschlossen wir heraus zu finde, ob diese Art dort
bodenständig ist und sie gegebenenfalls genauer zu untersuchen.
Also setzten wir uns mit dem Besitzer des Grundstückes in Verbindung und überzeugten ihn
davon, uns den Tümpel für langfristige Untersuchungen zur Verfügung zu stellen.
Wir hatten Glück, fanden die Art und konnten so in den letzten fünf Jahren Informationen
sammeln.
Als Ziel steckten wir uns einen Beitrag zum Schutz dieser Art zu leisten und ihr Verschwinden zu verhindern.
Wir fanden z. B. heraus, dass unser Soll zu den drei Gewässern in der Uckermark gehört, mit
der höchsten Reproduktion an Individuen. Damit haben wir eine feste Grundlage auf der man
den Schutzstatus dieses Gewässers erreichen kann.
Außerdem wollen wir den Bekanntheitsgrad der Libelle steigern und so breites Interesse auf
sie lenken, was ihren Schutz wesentlich vereinfachen würde.
Da die Grüne Mosaikjungfer, die in Süddeutschland bereits ausgestorben ist, so spezifische
Bedingungen benötigt, ist ihr Bestand in Brandenburg schon stark gefährdet und darf nicht
weiter zurück gehen.
Um bei der Arbeit Libellen schneller und sicherer zu bestimmen, besuchten wir ein dreitägiges Seminar (Anlage 1. a), dass von dem ebenfalls in Templin lebenden Libellenexperten
Herrn Dr. Mauersberger geleitet wurde und uns damit die Möglichkeit gab, mit ihm in Kontakt zu treten. Er lud uns ein, an der jährlichen Exkursion der Libellenfachgruppe teilzunehmen. Weiterhin gaben wir unsere erzielten Daten an ihn weiter, die somit in einen im
Sommer erscheinenden Fachartikel der Zeitschrift „Naturschutz und Landschaftspflege“ einfließen konnten.
3
Das folgende Kapitel beinhaltet Auszüge aus unserer Klausurersatzleistung, die am Ende der
theoretischen Arbeit stand. Wir haben im Rahmen dieses Wettbewerbes auf einige dokumentarische Anlagen und einen ergänzenden Amphibienteil verzichtet. Somit sind nicht alle
erwähnten Anlagen dem Text beigefügt.
Die Klausurersatzleistung soll, zusammen mit dem für die Schule angefertigten Schaukasten,
die Grundlage für weitere Untersuchungen bilden. So arbeiten wir in diesem Jahr mit Schülern der siebenten Klasse zusammen, die diese Projekt übernehmen und unsere Bemühungen
fortsetzen werden.
Außerhalb unseres eigenen Projektes konnten wir unsere Kenntnisse in einem Gesamtprojekt
der Bio-AG unserer Schule (Ökologische Bedeutung der Öffnung der Schleuse und der engen
West-Umfahrung) anwenden. Im Zusammenhang damit versuchten wir, Grundschüler an
einem Projekttag für dieses Biotop und die dort vorkommenden Libellen zu begeistern.
2. Das Umweltproblem
2.1. Untersuchungsgebiet:
•
2.1.1. Allgemeines und Soll:
Der von uns untersuchte Tümpel, mit einer Länge von 133 m und einer Breite von max. 90 m, liegt
250 m von der Landstraße L 21 und etwa 500 m von Kreuzkrug entfernt.
Entstanden ist dieser Tümpel während der letzten Eiszeit, dem Jungpleistozän.
Als sich vor 12000 – 10000 Jahren die Gletscher von den Mittelgebirgen zurückzogen und in
Norddeutschland eine Tieflandschaft mit glazialer Serie hinterließen, entstanden durch
Toteisblöcke viele Sölle.
Templin liegt in einer Endmoränenlandschaft der norddeutschen glazialen Serie, die mit dem
Eberswalder-Urstromtal beginnt und bis nach Mecklenburg-Vorpommern hineinreicht.
Sölle findet man sowohl in der Endmoräne als auch in der Grundmoräne. Sie sind kreisrunde
Vertiefungen, die durch abgebrochene Toteisblöcke entstanden sind. Während des Abtauens
der glazialen Gletscher wurden unter diesen von Schmelzwasser, das durch Risse im Gletschereis drang, größere Vertiefungen ausgespült, die sich dann mit abgebrochenen Eisblöcken
füllten und damit immer größer wurden. Der eigentliche Gletscher bedeckte die gefüllten
Mulden danach mit Moränenmaterial. Durch diese allseitige Isolierung waren die Eisdepos
nun klimatisch abgeschlossen und schmolzen nicht gemeinsam mit dem Gletschern ab. Erst
dreitausend Jahre nach dem Verschwinden der Gletscher schmolzen auch diese Reservoire
und hinterließen ein Kleingewässer mit hoher Lebensdauer. Das Wasser versickerte nicht, da
das bedeckende Moränenmaterial, das Ton enthält, auf den Grund sank und dort eine weitestgehend wasserundurchlässige Schicht bildete.
Heute, 7000 Jahre nach dem Abschmelzen, hält die Bodenabdichtung immer noch.
Typisch für Sölle ist weiterhin eine Torf- bzw. Muddeschicht über dem Geschiebemergel.
Man unterscheidet heute aber noch eine zweite Sollart.
Im Mittelalter wurden im Zuge von großflächigen Waldrodungen Senken, die entstanden, da
das Regenwasser nun nicht mehr im Waldboden gespeichert wurde, in der Bewirtschaftung
umgangen. Diese Senken dienten als natürlicher Wasserspeicher und wurden später teilweise
4
landwirtschaftlich genutzt. Im Laufe der Zeit entstanden auch in diesen künstlichen Söllen
Torfschichten.
Zu welchen der beiden Typen unser Untersuchungsgebiet (Abb. 1 und 2) zählt ist schwer zu
bestimmen. Einerseits ist es gut möglich, dass es sich um ein natürlich entstandenes aber entwässertes Soll handelt, da die gesamte Region um Templin eine Endmoränenlandschaft ist
und es in dieser Gegend weitere natürlich entstandenen Sölle gibt. Andererseits hat dieser Soll
zwei Abflüsse, er ist fast vollständig von landwirtschaftlich nutzbaren Flurstücken umgeben
und liegt in einer Senke, in der sich Wasser sammeln könnte ohne eine zusätzliche Vertiefung
durch Gletschereis. Diese Differenzierung ist aber für die dort lebenden Organismen weitestgehend unerheblich.
Der Soll ist U-förmig. Die Wassertiefe schwankt mit klimatischen Veränderungen und den
Jahreszeiten, sie übersteigt aber niemals die 2 m Marke.
Bei der Betrachtung des Ufers, fällt vor allem im Südosten ein höheres Gefälle auf als in der
übrigen Umgebung. Dies lässt die Vermutung zu, dass der Tümpel früher wesentlich mehr
Wasser geführt hat. Unter diesen Umständen wäre dann die Form des Solls rund gewesen und
die heute sichtbare mittige Landfläche nur Anzeichen einer fortgeschrittenen Verlandung.
Teile solcher Landschaftszonen wurden bereits als „Geoparks“ geschützt (Müritzumgebung).
Aber nicht nur auf Grund ihrer Entstehung sind solche Gebiete wertvoll. Sie weisen ein breites Artenspektrum und seltene anspruchsvolle Tiergattungen auf.
Abb.2: Profil im Winter
Abb.1: Profil im Sommer
5
2.1.2. Tiere:
An dem von uns untersuchten Soll fanden wir folgende Tiere:
Deutsch
Blindschleiche
Blutzikade
Fischreiher/Graureiher
Gelbrandkäfer
Gemeines Bluttröpfchen
Goldammer
Kranich
Neuntöter
Posthornschnecke
Ringelnatter
Rollegel
Rothirsch
Schwarzer Schnegel
Stockente
urtümliche Krebse
Wasserratte
Wasserspitzmaus
Weidenschaumzikade
Wespenspinne
Wildschwein
Zauneidechse
Zwergtaucher
BAVO
Latein
X
Anguis fragilis
Cercopis vulnerata
Ardea cinerea
Dytiscus marginalis
X
Zygaena filipendulae
Emberiza citrinella
Grus grus
Lanius collurio
Planorbarius corneus
Natrix natrix
Erobdella octoculata
Cervus elaphus
Limax cinereoniger
Anas platyrhynchos
Eubranchipus grubii
Rattus norvegicus
X
Neomys fodiens
Aphophora salicina
Argiope bruennichi
Sus scrofa
Lacerta agilis
Tachybaptus ruficollis
RLD
gefährdet bis stark gefährdet
gefährdet bis stark gefährdet
Auswertung:
Die Arten unseres Untersuchungsgebietes sind (abgesehen von den Libellen) breit gefächert,
aber größtenteils Besucher oder Bewohner, die sich an vielen Gewässern einfinden, bis auf
die kleinen Bewohner der umliegenden Wiesen:
Wenn im Frühjahr der Schnee schmilzt und sich in kleinen Senken sammelt, schlüpfen dort
Urzeitkrebse aus ihren Eiern. Sie sind wahrscheinlich im Meer entstanden und vor 200 Millionen Jahren in Binnengewässer übergesiedelt. Heute trifft man sie in Salzseen oder in temporären (astatischen) Gewässern, wie den Senken der umschließenden Wiese.
Es werden drei große Ordnungen unterschieden: Die Muschelschaler (Conchostraca), die
Rückenschaler (Notostraca) und die Feenkrebse (Anostraca). Die hier vorkommende Art,
Eubranchipus (Siphonophanes) grubii, gehört zu den Feenkrebsen. Die gestielten Komplexaugen, die durchsichtige Haut und die Tatsache, dass sie Rückenschwimmer sind, erinnert
eher an Bewohner des Mariannengrabens, als an norddeutsche Wiesen. In diesem kurzzeitigen
Lebensraum haben sie aber den Vorteil, dass Feinde, wie Fische und andere Wasserbewohner,
ihn nicht in so kurzer Zeit besiedeln können und deren Eier meist nicht so widerstandsfähig
sind. Urzeitkrebse haben sich speziell an diese widrigen Verhältnisse angepasst.
Nach ca. einer Woche sind die geschlüpften Tiere geschlechtsreif und legen nach der Paarung
Eier, die nach wenigen Tagen mit dem Erreichen des Gastrulstadiums dauerhaft keimfähig
6
sind, Temperaturen zwischen 100°C und –180°C, sowie Säure ertragen und vermutlich Jahrtausende lang (zumindest jahrelang) auf Wasser und damit den Schlupf warten können.
Mit steigenden Temperaturen verkürzt sich die Lebensdauer der 3 cm langen Partikelfresser
deutlich und die adulten Tiere sterben.
Ganz im Gegensatz zu den Rückenschalern (Schildkrebsen) besitzen Feenkrebse keinen bedeckenden Schild oder Panzer.
Die dritte Ordnung der Muschlekrebse (Muschelschaler), ist in Deutschland die seltenste und
ähnelt im Erscheinungsbild zu großen Wasserflöhen.
Wir fanden die Frühjahrsart Eubranchipus grubii am 03.03.02 und am 08.03.02 in einer mit
Wasser gefüllten Senke südlich unseres Tümpels.
Insgesamt fanden wir zweiundzwanzig Tierarten, von denen zwei Rote-Liste-Arten sind und
drei Arten der Bundesartenschutzverordnung (BAVO) unterliegen.
Deutlich wird der Status, den solche Gewässer einnehmen, meist erst in der Flora. Hier kann
man neben der Roten-Liste und der BAVO Pflanzen noch auf ihre Zeigereigenschaften hin
untersuchen. Diese Zeigereigenschaften verweisen auf Merkmale des Gewässers und lassen
Rückschlüsse
auf
Entstehung,
Qualität
und
zukünftige
Entwicklung
zu.
7
Deutsch
Latein
BAVO
RLD
Stickstoffzahl
Feuchte
Gemeiner Froschlöffel
Alisma plantago-aquatica
7
Blattsegge
Carex acutitiformis
7
0
8
10
1
7
5
9
X
Schwarzschopfsegge
Carex appropinquate
8
9
Steife Segge
Carex elata
8
0
3
9
1
4
10
Rispen-Segge
carex paniculata
7
9
1
4
9
1
Scheinzypersegge
Carex pseudecyperus
7
Schnabelsegge
Carex rostrata
3
9
6
5
10
1
3
3
10
1,5
Blasen-Segge
Carex versicaria
3
Teich-Schachtelhalm
Equisetum fluviatile
3
7
6
5
9
1,5
8
0
5
10
Wasserdost
1,5
Eupatorium cannabinum
7
7
8
7
3,5
Bachnelkenwurz
Geum rivale
6
0
4
8
5,4
Wasserfeder
Hottonia palustris
7
5
4
11
1,3
Froschbiss
Hydrocharis morsus-ranae
7
6
5
11
1,1
Sumpf (Gelbe) -Schwertlilie
Iris pseudacorus
7
0
7
10
1,5
Flatterbinse
Juncus effusus
8
3
4
7
5,4
Kleine Wasserlinse
Lemna minor
7
0
0
11
1,1
Uferwolfstrapp/Gew. Wolfstr.
Lycopus europaeus
7
0
7
9
1,5
Straussblütiger Gilbwederich
Lysimachia thyrsiflora
7
0
3
9
1,5
Wasserfenchel
Oenanthe aquatica
7
7
6
10
1,5
Rohr-Glanzgras
Phalaris arundinacea
7
7
7
8
1,5
Schilf
Phragmites communis
7
7
5
10
1,5
Wasser-Knöterich
Polygonum amphibium
7
0
7
11
1,3
Sumpf-Fingerkraut (Blutauge)
Potentilla (Comarum) palustris
7
3
2
10
1,7
Echte Schlüsselblume
Primula veris
7
8
3
4
5,3
Knolliger Hahnenfuß
Ranunculus bulbosus
8
7
3
3
5,3
Echtes Pfeilkraut
Sagittaria sagittifolia
7
7
6
10
1,5
bittersüßer Nachtschatten
Solanum dulcamara
7
0
8
8
X
Ästiger Igelkolben
Sparganium erectum
7
0
5
10
1,5
Krebsschere
Stratiotes aloides
7
7
6
12
1,1
Wiesen-Bochsbart
Tragopogon pratensis
7
7
6
4
5,4
Schmalblättriger Rohrkolben
Typha angustifolia
8
0
7
10
1,5
Gemeiner Wasserschlauch
Utricularia vulagaris
7
6
6
12
1,1
2
RLB
3
3
X
3
3
X
2
3
(X = keine Angabe, RLD 3 = gefährdet, RLD 2 = stak gefährdet)
8
Licht
Reaktionszahl
soz. Verhalten
Auswertung:
Sechs der neununddreißig von uns gefundenen Pflanzen haben den Status gefährdet und eine wurde
sogar als stark gefährdet eingestuft.
Hierbei handelt es sich um die Krebsschere, ein weißblühendes Froschbissgewächs. Es wird zu den
Schwimmpflanzen gezählt und kann eine Höhe von 15 – 40 cm erreichen. Die stachligen (gesägten)
Blätter sind rosettig. Langsam fließende oder stehende Gewässer (Sölle) bevorzugt sie als Lebensraum. Bei günstigen Bedingungen bildet sie eine Population die so dicht ist, dass sie die gesamte Wasserfläche bedeckt (Abb. 3 und 4). Über Winter (außerhalb der Fortpflanzungszeit) sinken die Pflanzen
auf den humusreichen Grund und überwintern dort. Die Vermehrung vollzieht sich sowohl
geschlechtlich (Kapselfrüchte, die im Frühjahr durch Gas aus der Photosynthese an die Oberfläche
treiben und dort befruchtet werden) als auch ungeschlechtlich (Triebe unterhalb der Wasseroberfläche).
Abb.3: Krebsschererasen im Frühjahr
Abb.4: Krebsschererasen im Sommer
Die Krebsschere ist in ihrer Standortbesiedlung relativ anspruchsvoll und lässt somit an sie
gebundene Libellen bzw. andere Organismen ebenfalls hohe Ansprüche an die Umwelt
stellen.
In unserem Untersuchungsgebiet reagiert diese Pflanze am deutlichsten und vor allem als
erste auf veränderte Gegebenheiten. So verkraftet sie z.B. die zunehmenden Wasserstandsschwankungen am schlechtesten. Dies äußert sich in Farbe (leicht bräunlich), Häufigkeit (kein
geschlossener Rasen) und in der Zeitspanne in der sie aufgetaucht ist (bleibt bei verschlechterten Bedingungen länger unter Wasser).
Eine streng an sie gebundene Libellenart ist die Grüne-Mosaikjungfer (Aeshna viridis, siehe Kapitel
2.2.6.3.).
Wie bereits beschrieben geben einige der Pflanzen weitere Auskünfte über den Standort, da sie für
bestimmte Bedingungen einen engen Toleranzbereich besitzen und damit stenöke Arten sind. Ihr Vorkommen lässt damit eindeutige Rückschlüsse auf das Gewässer zu.
Von den neununddreißig von uns untersuchten Pflanzen, sind dreiunddreißig Pflanzen, Arten mit
stenöken Eigenschaften.
Die Temperaturen an einem Tümpel unterscheiden sich nur geringfügig, die Kontinentalität
gar nicht und auch die Reaktionszahlen, sowie die Stickstoffwerte variieren geringfügig.
9
Daher ist es möglich hier durchschnittliche Werte zu berechnen. Sonneneinstrahlung (Licht),
Feuchtigkeit und das soziale Verhalten hängen vom Standort und der Art an sich ab, aber für
Pflanzen eines Vegetationsgürtels geltend weitestgehend ähnliche Bedingungen.
Den Aufbau und die Anordnung der einzelnen Pflanzen an unserem Tümpel soll die Abbildung 5 verdeutlichen.
Durchschnittswerte:
Temperatur
5,38
Kontinentalität
3,7
Temperaturzahl 5 – 6:
Kontinentalitätszahl 3 – 4:
Reaktionszahl 6 – 7 :
Stickstoffzahl 5:
Reaktionszahl
6,35
Stickstoffzahl
5,19
Mäßigwärmezeiger (tiefe bis hochmontane Lagen, meist
submontanertemperaten Bereichen) bis Wärmezeiger
(nördliches Mitteleuropa)
subozeanisch (Mitteleuropa)
Schwachsäurezeiger bis Schwachbasenzeiger
mäßig stickstoffreiche Standort
10
Abb.5: Skizze des Untersuchungsgebiets.
11
Bruchwaldgürtel:
Lichtzahl 7:
Halblichtpflanze, meist bei vollem Licht, aber auch im Schatten
Feuchtezahl 8:
Nässezeiger, auf gut durchnässtem Boden
Sozialverhalten:
Röhrichte und Seggenrieder, Kleinseggenrieder,
pflanzen, Kalkmagerrasen (5.3 ; 1.5 x 2 ; 1.7 ; 3.5)
Stickstoffkraut-
Röhrichtgürtel:
Lichtzahl 7:
Halblichtpflanze, meist bei vollem Licht, aber auch im Schatten
Feuchtezahl 9:
Nässezeiger, auf gut durchnässtem Boden
Sozialverhalten:
Süßwasser- und Moorvegetation, Röhrichte und Seggenrieder
Grünlandgewächse (1.5 x 8 ; 5.4 x 2 ; 1 x 5)
Schwimmblattzone:
Feuchtezahl 7:
Halblichtpflanze, meist bei vollem Licht, aber auch im Schatten
Feuchtezahl 11:
Schwimmblattpflanze
Sozialverhalten:
Wasserlinsendecken, Laichkräuter, Röhrichte und Seggenrieder
(3 x 1.1 ; 1.5 x 2 ; 1.3)
Tauchblattzone:
Lichtzahl 7 – 8:
Halblichtpflanze (meist bei vollem Licht, aber auch im Schatten) bis
Lichtpflanze mit selten weniger als 40% Licht
Feuchtezahl 12:
Unterwasserpflanze
Sozialverhalten:
Wasserlinsendecken, Laichkräuter (1.1 ; 1.3)
Aus diesen Zahlen geht deutlich hervor, dass die Grenzen der Vegetationszonen fließend
ineinander übergehen. Es ist kaum bzw. gar keine freie Wasserfläche vorhanden, die Vegetation ist also dicht geschlossen.
Sie deuten außerdem auf den moorigen Charakter des Gewässers hin.
Die Tabelle aus Anlage 2.1.3. e zeigt unsere Messungen zu den Wasserwerten in verschiedenen Jahren. Sie lässt erkennen, dass die Werte stabil sind und den Normalwerten entsprechen. Die Einschwemmung der Nährstoffe von der Schafwiese kann also nicht übermäßig starken Einfluss haben.
Auszuschließen ist es aber dennoch nicht, da die Messmethoden ungenau sind und kleine Mengen, wie
bei Phosphor nötig, nicht anzeigen können.
Aus Anlage 2.1.2. f lässt die ablesen, dass das Gewässer eutroph ist die Eutrophierung voranschreitet.
12
•
2.1.4. Auswertung:
Die Betrachtungen über das Untersuchungsgebiet lassen uns zu dem Schluss kommen, dass es
sich um ein ertrunkenes Soll, mit der Tendenz zu einem typischen Soll, handelt (Solltypen
siehe unten). Auch die typischen Pflanzen (Wasserfeder, Froschlöffel, Bittersüßer Nachtschatten) und Tiere (Rotbauchunke, Erdkröte, Teichfrosch) fanden wir vor.
Dieser ungenutzte Ackersoll eutrophiert zunehmend und unterliegt starken Wasserschwankungen, da er sein Wasser hauptsächlich aus Regen- und Schmelzwasser bezieht.
Die Schichtung des Wassers ist unerheblich und kaum wahrnehmbar.
Auch erfüllt der Soll seine Funktion als Laich- und Refugialhabitat.
Sölle sind heutzutage sehr selten geworden. Sie werden im Zuge der Landwirtschaft entweder
zugeschüttet oder durch Torfstich zerstört.
Um diesen seltenen Lebensraum zu erhalten müssen schnellstens Maßnahmen ergriffen werden, denn sonst ist die Verlandung und damit das Verschwinden des im vorhergehenden
Kapitel beschriebenen Artenreichtums, nicht mehr zu stoppen.
2.2. Libellen:
•
2.2.1. Allgemeines:
Teufelsnadeln, Teufelsbolzen, Augenstecher, Wasserjungfern oder Drachenfliege (engl.
dragonfly), das alles sind Namen für eine der imposantesten Insektenordnungen, den Libellen.
Die Bezeichnung „Libelle“ trat 1552 erstmals auf. Damals gab der Wissenschaftler Guillaume
Rondelet den Tieren auf Grund der Ähnlichkeit zwischen Kleinlibellenlarven und Hammerhaien (lat. Libella) ihren Namen. Aber bis heute sind die alten volkstümlichen Bezeichnungen
erhalten geblieben, denn ihre Schnelligkeit und Wendigkeit flößt heute noch vielen Respekt
ein.
Die Insektenordnung „Ordonata“ (Libellen) umfasst weltweit 6000 bisher bekannte Arten,
doch wissen wir nicht wieviel weitere noch in den unerforschten Teilen der Welt beheimatet
sind. Mit dieser Artenbreite nehmen die Libellen in der Klasse der Insekten eine relativ kleine
Gruppe ein. In Deutschland kommen ca. 80 Arten vor, davon 66 in den Ländern Berlin-Brandenburg.
Die ersten Libellennachweise stammen aus dem Karbon (Steinkohlezeit) und sind 250
Millionen Jahre alt. Zu dieser Zeit hatten Libellen eine Körperlänge von 40 cm, einen Körperdurchmesser von 2 cm und eine Flügelspannweite von rund 75 cm und beherrschten damit
den Luftraum über den Schachtelhalmsümpfen.
Eine Urlibelle bzw. ein Urnetzflügler war die „Meganeura monyi“ mit einer Spannweite von
60 cm.
Die größte evolutionäre Entwicklung verlief bis zum Jura. Die Spannweite der Libellen verringerte sich auf 6 – 20 cm und auch der restliche Körper verlor an Größe. In den letzten 150
Millionen Jahren haben sie sich kaum noch verändert.
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Heute unterscheidet man drei große Unterordnungen: Die Kleinlibellen (Zygoptera), die
Großlibellen (Anisoptera) und einer dritten Art, die eine Mittelform aus Zygoptera und
Anisoptera bildet, die Anisozygoptera. Die dritte Unterordnung war die beherrschende im
Jura, ist heute aber bis auf zwei Familien in Japan und im Himalaya ausgestorben.
In Europa und damit auch in Deutschland findet man nur Zygoptera und Anisoptera. Daher
wird die dritte Unterordnung in den folgenden Ausführungen vernachlässigt.
An Hand von morphologischen Unterschieden lassen sich Groß- und Kleinlibellen gut von
einander trennen. Im Altkreis Templin wurden insgesamt von den neun verschiedenen
deutschlandweit vorkommenden Familien acht nachgewiesen, die Quelljungfern (Cordulegaster) sind hier nicht beheimatet.
Libellen
Großlibellen
Flussjungfern
Segellibellen
Falklibellen
Quelljungfern
Edellibellen
•
Kleinlibellen
Prachtlibellen
Teichjungfern
Ferderlibelle
Schlanklibellen
2.2.2. Körperbau:
Beim Körperbau unterscheidet man in morphologische und anatomische Merkmale.
Der grundlegende Aufbau der Imagines (ausgewachsene, geschlechtsreife, flugfähige Tiere)
unterscheidet sich bei Groß- und Kleinlibellen nicht.
Der Körper ist morphologisch in drei grobe Abschnitte gegliedert: Der Kopfteil, der Brustteil
(Thorax) und der Hinterleib (Abdomen).
Am Kopf befinden sich zwei große Komplexaugen, die sich wiederum aus 10000 – 30000
wabenförmigen Einzelaugen zusammensetzen. Die Libelle erhält aus jedem dieser Sehkeile
(Ommatidien) ein einzelnes Bild und setzt diese Bildpunkte mosaikartig zu einem umfassenden Bild zusammen. Sie haben aber mit Hilfe dieser Augen nicht nur die Möglichkeit vieles gleichzeitig wahrzunehmen, außerdem können sie die empfangenen Bilder sehr schnell
verarbeiten (175 je Sek.). Damit haben sie die Möglichkeit schnell vor Feinden auszuweichen
oder es erleichtert ihnen den Beutefang erheblich. Die oberen Augen dienen der Fernsicht, die
Unteren der Nahsicht.
Zwischen den beiden Komplexaugen liegen drei weitere wesentlich kleinere Augen. Diese
Punktaugen können hell-dunkel-Unterschiede wahrnehmen.
Ein dritter wesentlicher Vorteil liegt bei der Fähigkeit, ultraviolette Strahlung zu sehen. Damit
haben die Tiere die Möglichkeit, unter die Wasseroberfläche auf den Bewuchs eines Gewässers zu sehen und so seine Tauglichkeit als Fortpflanzungsgewässer zu überprüfen.
Unterhalb der Facettenaugen befinden sich die Mundwerkzeuge. Diese setzen sich aus der
Oberlippe (Labrum), der zweilappigen Unterlippe (Labium), dem Oberkiefer (Mandipeln) und
dem Unterkiefer (Maxillen) zusammen. Sie töten und zerteilen die Beute. Die Bisse einiger
größerer Libellenarten kann man sogar wie feine Nadelstiche spüren.
Der letzte Bestandteil des Kopfes sind zwei hochsensible Fühler, durch deren Verformung die
Wind- und Fluggeschwindigkeit gemessen wird. Ohne die achtgliedrigen Fühler könnten
Libellen nicht fliegen, denn das Ausbalancieren der äußeren Bedingungen und die Einschätzung der Geschwindigkeit für z. B. Wendemanöver oder Landungen ist entscheidend. Insek14
ten haben dafür ein spezielles Sinnesorgan, das Johnston-Organ (sitzt im zweiten Glied der
Antennen). Es erkennt neben Luftströmen auch Erschütterungen und dient als Gehör- und
Gleichgewichtsorgan.
Die Vorderbrust (Prothorax) bildet ein Verbindungsstück zwischen dem Thorax und dem
Kopf. Das mit einem Hals vergleichbare Körperteil, ist wie alle folgenden Körperteile und
Teile des Kopfes (Stirnplatte, Post- und Anteclypeus) von Chitin umgeben. Chitin, ein geradkettiges Polysaccharid, bildet bei vielen Insekten eine stabile Außenhülle. Es ist relativ steif
und erfordert daher während der Wachstumsphase mehrere Häutungen. Beweglichkeit, trotz
dieses panzerartigen Stoffes, gewährleistet eine Körperunterteilung in viele Einzelsegmente.
Der Prothorax ist besonders wichtig für die Fortpflanzung, denn er hat bei den Weibchen eine
artspezifische Form, die nur zu den Appendices des gleichartigen Männchens passt.
Weiterhin entspringt hier das erste der drei Beinpaare. Es ist etwas kürzer als die anderen
zwei, die sich an der Flügelbrust (Thorax) befinden. Die Vorderbrust muss zu dem sehr
beweglich sein, da sie auch als Trägheitsnavigator fungiert. Viele feine Tasthaare geben
Informationen an das Gehirn weiter, das dann die Haltung korrigiert.
Dem Prothorax folgt der Thorax. Er ist zweiteilig und besteht aus Mesothorax und Metathorax (Brustringe), an denen jeweils ein Beinpaar hängt. Alle Beine sind mit vielen kleinen
Borsten besetzt, die ihnen das Festklammern an Halmen und das Festhalten der Beuten
erleichtert. Sie dienen nicht dem Laufen. Die achtgliedrigen Beine bilden zusammen mit der
Unterseite des Thorax einen Fangkorb, der ihnen das Beutefangen während des Fluges
ermöglicht.
Aber nicht nur Beine, sondern auch die Flügel gehen von hier aus. Libellen haben zwei
Flügelpaare, die unabhängig von einander bewegt werden können. Der Aufbau der Flügel ist
von Art zu Art unterschiedlich. Gemeinsam ist ihnen der netzartige Aufbau mit stärkeren
Längsadern und dünnen feinen Queradern mit der dazwischen aufgespannte dünnen, durchsichtigen Membran. Sie kann gefärbt sein und verleiht den Libellen das glitzernde Erscheinungsbild während des Fluges. Die Stabilität erhält der Flügel durch die verschieden angeordneten Längsadern. Die dazwischen liegende Membran hat nicht einen Winkel von 180°
zueinander, sondern ist unterschiedlich angewinkelt (Zickzack-Struktur). Außerdem liegt in
der Mitte des Flügels, zwischen den oberen vier Längsadern, eine kräftige Querader. Sie bildet den Nodus (Knoten), er auch zum stabilen Flug beiträgt.
Die von den Adern eingeschlossene Membran bezeichnet man als Flügelzellen.
Nahe der Flügelspitze befindet sich meist eine größere chitinisierte Zelle (bei manchen Arten
auch mehrere kleinere Zellen), die eingefärbt ist. Sie wird als Flügelmal oder Pterostigma
bezeichnet und erfüllt verschiedene Funktionen. Einerseits soll sie der Flügelspitze mehr Stabilität geben und ihr Zerreißen verhindern, andererseits können einige Libellenarten an diesem Flügelmal ihre Weibchen erkennen (z. B. Lestesarten). Vermutlich erfüllt das Flügelmal
noch einen dritten Zweck: Da es im Gesichtsfeld der Tiere liegt und nahe der Flügelspitze,
könnte es als Markierung und Orientierungspunkt dienen. Besonders bei schnellen engen
Flugmanövern würde es den Tieren helfen, Situationen einzuschätzen.
Der dritte und letzte große Körperabschnitt ist der Hinterleib (Abdomen). Er besteht aus 11
röhrenförmigen Gliedern, deren letztes zu den Hinterleibsanhängen (Appendices) verkümmert
ist. Die ersten 10 Ringe dienen als Flugstabilisatoren und zur Wärmeaufnahme (Insekten sind
wechselwarme Tiere). Die einzelnen Segmente sind durch dünne Membranen verbunden und
machen den Hinterleib so sehr beweglich (trotz des Chitins). Diese Gelenkigkeit ist beim
Putzen und während der Paarung (Geschlechtsorgane am Abdomen)von Nutzen. Die Appendices ermöglichen den Männchen das Ergreifen und Festhalten der Weibchen während der
Paarung am Prothorax oder Kopf. Die Form der Hinterleibsanhänge und die dazu passenden
Muster der Weibchen (an der Anlagerungsstelle) sind artspezifisch (Schlüssel-Schloss-Prinzip) und verhindert Artmischungen.
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Diesen morphologischen Bau haben sowohl Anisoptera, als auch Zygoptera gemeinsam. Sie
lassen sich aber in einigen spezielleren Merkmalen gut von einander unterscheiden.
Merkmal
Anisoptera
Körpergestalt
Flügelform der Vorderund Hinterflügel
Ruhestellung der Flügel
kräftig
Flügelpaare nicht gleich,
Hinterflügel an Basis verbreitert
Winkel von mindestens 180°
Kopf
Flug
Augen
halbkugelförmig
schnell, wendig
berühren sich min. in einem Pkt.
(Außnahme Flussjungfern)
Zygoptera
zierlich, schlank
Flügelpaar fast gleich
zusammengefaltet
bis leicht geöffnet
walzenförmig
langsamer, flatternd
weit von einander
getrennt
Aber nicht nur morphologisch, sondern auch anatomisch haben sich Libellen perfekt an ihren
Lebensraum Luft angepasst.
Der Chitinpanzer steht an Stelle eines Knochengerüstes und bildet die stabile Grundlage.
Libellen besitzen, wie alle Insekten, ein Strickleiternervensystem auf der Bauchseite des Körpers, das aus dem Gehirn im Kopf entspringt. Zu diesem Gehirn verlaufen die Nerven von
den Antennen und die vielen Nerven aus den Komplexaugen. Dem Gehirn schließt sich ein
Unterschlundganglion an, dem dann wiederum durch Konnektive verbundene Bauchmarkganglien folgen.
Der Thorax besteht größtenteils aus Flugmuskulatur. Hier entspringt das Röhrenherz, das aber
hauptsächlich im Abdomen liegt. Die wichtigsten Organe der Tiere befinden sich dort (bis auf
das Gehirn): Das Verdauungssystem mit dem Ausscheidungsorgan, die Geschlechtsorgane,
die bei dem Weibchen aus dem am 8. und 9. Segment befindlichen Legerohr mit dem Legestachel (nicht bei allen Arten angelegt) und bei den Männchen aus den dort ebenfalls befindlichen Geschlechtsteil und zusätzlich aus dem Kopulationsorgan am 2. Segment bestehen, das
Röhrenherz und die Muskeln die zur Beweglichkeit nötig sind.
Libellen setzen ihre Organe beim Flug einer Belastung von bis zu 30 G (G = einfache Erdbeschleunigung) aus. Normalerweise würde das den Tod des Tieres bedeuten, doch mit der
Evolution haben die Tiere eine effektive Strategie entwickelt. Sie schützen ihre wichtigsten
Organe durch mit Flüssigkeit gefüllte Säckchen, die den Druckunterschied ausgleichen. Diese
Ausgleichsmöglichkeit wird neuerdings auch technisch nachempfunden und der Luftfahrt mit
dem sogenannten „Libellenanzug“ zugänglich gemacht.
Die Atmung der Libellen verläuft über Tracheen. Diese werden durch von der Muskulatur im
Abdomen gesteuerten Pumpbewegungen mit Luft gefüllt und verzweigen sich dann in alle
Körperbereiche. In den Flügeln sind die Tracheen als Adern erkennbar.
Ein Blutsystem mit Adern haben Libellen nicht, größtenteils umspült das Blut die Organe frei.
Der Aufbau der aquatisch lebenden Larven ähnelt sehr dem der terrestrisch lebenden Imagines, aber insgesamt etwas kleiner und gedrungener. Die späteren Mundwerkzeuge sind
teilweise als Fangmaske umgebildet. Neben dem Labrum, den Mandipeln und den Maxillen
ist die Unterlippe, das Labium, zur Fangmaske umgeformt. Sie besteht aus den Labialpalpen
(Fanghaken mit einem beweglichen Zahn), dem Praementum und dem Submentum. Die Flügel liegen in den Flügelanlagen, den Flügelscheiden, vor. Das Abdomen ist stark verkürzt,
hat aber die gleiche Anzahl an Segmenten und auch die Geschlechtsanlagen der Weibchen
sind sichtbar. Auf dem Abdomen sind seitliche Lateraldornen und auf dem Rücken gelegene
Dorsaldornen zu erkennen, die bei den Imagines nicht mehr sichtbar sind.
16
Die Abdominalspitzen unterscheiden sich bei den Groß- und Kleinlibellenlarven deutlich von
einander. Großlibellen haben eine Analpyramide aus fünf Stacheln (zwei Paraprocte, zwei
Cerci und ein Epiproct mit dem Supraanalblättchen).
Kleinlibellenlarven atmen ebenso wie Großlibellenlarven durch Darmkiemen, haben aber im
Gegenzug keine Kiemenblättchen in dem sackartig erweiterten Enddarm. Sie besitzen statt
einer Analpyramide drei von Tracheen durchzogene Kiemenblättchen, die neben der Atmung
auch der Fortbewegung dienen. Diese Blättchen (über ihre gesamte Oberfläche erfolgt ein
Ionenaustausch) können bis zur vorletzten Häutung ohne späteren Schaden abgeworfen werden, da sie bei jeder Häutung bedarfsweise nachwachsen.
Großlibellenlarven bewegen sich mit Hilfe eines Rückstoßes des Atemwassers vorwärts. Dieser Rückstoß wird durch eine Kontraktion des Darmes erreicht.
Das Merkmal, welches wohl die meisten Libellenbeobachter anlockt, ist die außergewöhnlich
bunte Färbung. Von rot, grün, braun über bronzen und blau bis hin zu gelb ist alles möglich.
Eine Färbung der Flügel ist im Gegensatz zu tropischen Arten eher selten. Sie sind außer bei
der braunen Mosaikjungfer (Aeshna grandis) nur partiell gefärbt (z.B. Sympetrum flaveolum).
Die verschiedenen Farben dienen der Fortpflanzung (zur Unterscheidung der Geschlechter)
und als Tarnung, da sie bei manchen Arten wie z. B. der Weidenjungfer (Lestes viridis) die
Körperform auflösen. Diese Tiere sind so grün gefärbt, dass es schwer ist, sie von Weidenblättern zu unterscheiden. Eine dritte und letzte Funktion besteht in der Wärmeaufnahme.
Einerseits isolieren die Farbstoffe vor ungewollter Wärmeabgabe, andererseits reflektieren sie
die schädliche UV-Strahlung.
Nach dem Schlupf sind die Tiere meist farblos und von milchigem Erscheinungsbild. Erst
während der Reifungsphase, also in der Zeit, in der sich die Keimdrüsen entwickeln, prägen
sich nach und nach die Farben deutlicher aus. Als erstes erscheint die schwarze Zeichnung.
Die Farben können auf drei unterschiedlichen Wegen entstehen.
Das metallische Grün der Smaragdlibellen, die Bronzefärbung der südlichen Binsenjungfer
(Lestes barbarus) und die blaue Wachsbereifung des Plattbauchs (Libellula depressa) liegen in
der Struktur des Chitinpanzers begründet.
Trübkörper in den Hautzellen bewirken eine Grün-, Blau- und Braunfärbung. Die Trübkörper
sind in die Hautzellen eingelagert und bewirken dort eine Streuung des Lichtes, den sogenannten „Tyndall-Effekt“. Das Resultat ist eine Blaufärbung. Befinden sich außerdem noch
gelbe Pigmente in der Haut so wird aus dem Blau ein Grün. Bei Tieren die mit Hilfe von
Streukörpern (Trübkörpern) ihre Farben ausbilden, ist sogar ein Farbwechsel möglich. Sinken
die Außentemperaturen und verringert sich die Sonneneinstrahlung, wandern dunkle Farbkörnchen, die sich unter den Streukörpern befinden, an die Hautoberfläche und bieten damit
den Tieren mit einer dunkleren Färbung die Möglichkeit mehr Wärme aufzunehmen (dunkle
Farben resorbieren mehr Licht).
Die bereits angesprochenen, in die Haut eingelagerten Pigmente, können auch allein zur Farbausprägung beitragen. Sie verursachen Gelb-, Rot-, Braun- und Schwarzfärbungen. Diese
Farbstoffe gehören zu den Melaninen, Omminen, Ommochromen und den Pterinen.
Da sie in die Haut eingelagert sind, gehen sie nach dem Tod der Tiere verloren.
17
•
2.2.3. Lebensweise:
Entwicklungszyklus: hier am Beispiel einer Mosaikjungfer (Aeshnidae)
Anders als die meisten Insekten vollziehen Libellen eine unvollständige Metamorphose
(Hemimetabola). Libellen haben kein Puppenstadium.
(1) Ihr Dasein beginnt als Ei, das entweder im Wasser oder in dessen Nähe liegt, fern von den
Eltern. Die Eier sind lang und zylindrisch oder rund. Die Form hängt von der Art ab und
damit von dem bevorzugtem Ablageort. Die Eier der Arten, die sie endophytisch, also in
Pflanzenteile eingestochen, ablegen sind länglich und die der Arten, die sie exophytisch, also
einfach nur ins Wasser abgeworfen bzw. in den Schlamm gestochen, ablegen, sind rund.
(Ausnahme: Epitheca bimaculata)
Im Ei vollzieht der Organismus eine Embryonalentwicklung, deren Dauer von Umgebungstemperatur, Libellenart, Jahreszeit und Lebensraum abhängt. In der Regel dauert sie aber zwischen zwei oder drei Woche bis hin zu sechs Monaten bei den Herbstarten.
Außer beim Zweifleck (Epitheca bimaculata), der Eiklumpen legt, die sich dann später zu
Laichschnüren aufwinden, werden die Eier einzeln abgelegt.
(2) Nach dem die Embryonalentwicklung abgeschlossen ist, schlüpft aus dem Ei eine Prolarve. Ihr Körper ist von länglicher Gestalt und ihre unbeweglichen Beine sind an die Bauchseite des Körpers gepresst. Die Körperoberfläche ist wasserabweisend, da die Eier einiger
Arten außerhalb des Wassers ihre Embryonalentwicklung vollzogen haben und sich nun von
den Pflanzen aus ins Wasser fallen lassen müssen. Die Prolarven mancher Arten können sogar
springen. Das ist überlebenswichtig, da z. B. die Weidenjungfer (Lestes viridis) ihre Eier in
18
die Rinde von Weidenzweigen, die übers Wasser hängen, einstechen. Beim ersten Schlupf
fallen die Prolarven aber häufig ans Ufer und versuchen dann über Sprünge, das rettende
Wasser zu erreichen.
(3,4) Nach wenigen Sekunden bis hin zu einigen Stunden häutet sich die Prolarve zur endgültigen Larve. Ganz im Gegensatz zu den späteren lichtliebenden beweglichen Imagines,
sind die Larven lichtscheu und eher träge. Ihr Ziel ist es, zu fressen, zu wachsen und sich zu
häuten. Die Larven sind sehr gefräßige kleine Wasserbewohner, die auch vor Artgenossen
keinen Halt machen. Sie liegen ständig auf der Lauer nach Beute. Je nach Art, Entwicklungsstadium und Größe jagen sie kleine Fische, Einzeller, kleine Krebse, Würmer, anderen Insektenlarven, Amphibienlarven und alle anderen aquatischen Lebewesen, die kleiner sind als sie.
Während der Jagd sind sie durch ihre braunschwarze bis graue Färbung gut getarnt. Auch ihre
Körperform hat sich ideal angepasst, so dass sie von Feinden und Beutetieren nicht bemerkt
werden. Klein- und Edellibellenlarven halten sich zwischen Wasserpflanzen auf. Sie bewegen
sich hauptsächlich schwimmend vorwärts. Wie bereits in 2.2.2. beschrieben,, können Großlibellenlarven das Atemwasser nutzen um sich fortzubewegen. Die Larven der Edellibellen
(Aeshnidae) haben zur Optimierung dieser Eigenschaft noch einen stromlinienförmigen Körper, der auf der Flucht erstaunlich schnell davon schießen kann.
Die restlichen Anisopteraarten leben auf dem Boden oder im Schlamm eingegraben. Sie sind
wie der Schlamm grau gefärbt. Aber auch sie haben ihre Körperform angepasst. Besonders
deutlich wird dies bei den Gomphiden (Flussjungfern). Um sich einzugraben ist ihr Körper
abgeflacht und sind ihre Gliedmaßen wesentlich kräftiger als die der anderen Arten.
Die Facettenaugen ermöglichen ein genaues Abschätzen der Entfernung zum Opfer.
Sie fangen ihre Beute nach einem festgelegten Schema: Da sie fast ausschließlich auf Nahrungssuche sind (Motivation); liegen sie auch permanent auf der Lauer (ungerichtete Appetenz). Erregt nun ein Beutetier durch seine Bewegungen (Schlüsselreiz) die Aufmerksamkeit
der Larve, so schleicht sie sich an (gerichtete Appetenz) und sobald sie nahe genug ist;
schleudert sie ihre Fangmaske nach vorn und bohrt ihre Endhaken in den Körper der Beute
(erbkoordinierte Endhandlung). Um die Fangmaske hervorschnellen zu lassen; erhöhen die
Tiere durch Kontraktion des Hinterleibs ihren Blutdruck.
Neben dem Fressen müssen die Tiere noch atmen (siehe 2.2.2.). Gibt, vor allem im Hochsommer, das Gewässer nicht genügend im Wasser gelösten Sauerstoff her, so tauchen die
Tiere auf und stecken ihr Abdomen aus dem Wasser um atmosphärischen Sauerstoff zu
atmen.
Die Larve verbringt zwischen einigen Monaten und sieben Jahren im Wasser. Während dieser
Zeit häutet sie sich sieben bis fünfzehn Mal. Mit jeder Häutung treten die Flügelscheiden
deutlicher hervor. Nach jeder Häutung wächst die Larve, solange die Haut noch weich und
elastisch ist, ein Stückchen. Auch dieser Prozess wird wieder von Umweltfaktoren beeinflusst: Wassertemperatur und Nahrungsangebot sind entscheidend für die Entwicklung.
(5) Ist die Larve ausgewachsen (Nymphe), stellt sie das Fressen ein und klettert bei gutem
Wetter an einem Pflanzenstengel hinauf. Für die meisten Arten ist es sehr wichtig, dass solche
vertikal wachsenden Pflanzen (Vertikalstruktur) zum Schlupf vorhanden sind, da nur wenige
in vertikaler Lage schlüpfen können (Gomphiden).
Neben der Vertikalstruktur ist auch das Wetter entscheidend. Regentropfen bedeuten für noch
nicht voll unausgehärtete Tiere das Todesurteil. Außerdem kann es den Schlupf stark verzögern. Daher haben die Tiere die Fähigkeit; auf gutes Wetter zu warten. Tritt dieses dann ein,
machen sich in den frühen Morgenstunden gleich hunderte Larven auf zum Schlupf. Solch ein
Massenschlupf bietet den Vorteil, dass die Vögel in der Zeit nicht alle Libellen auffressen
können und so die Überlebenschancen steigen.
die Nymphen klettern bis zum ersten Hinterleibssegment aus dem Wasser und atmen durch
die vorgefertigten Atemlöcher im Thorax atmosphärischen Sauerstoff. Dies bewirkt ein
anschwellen des Brustkorbes und die Haut wird straff gespannt.
19
(6) Nun verlässt die Larve das Wasser endgültig und klettert die Pflanzenunterlage weiter
hinauf. Dort verankert sie ihre Krallen fest in der Pflanze, so dass sie während des Schlupfes
den Imago trägt, der sich aus der alten Haut (Exuvie) befreit. Libellen machen nicht wie die
meisten Insekten nach dem Larvenstadium noch ein Puppenstadium durch, sondern verwandeln sich gleich aus der aquatisch lebenden Larve zum terrestrisch lebenden flugfähigen
Imago.
Hat die Larve nun ihre ideale Position eingenommen, beginnt sie durch den Wechsel von
Kontraktion und Erschlaffen das messerartige Gebilde auf der Oberseite des Thorax hin und
her zu bewegen. Die stark gespannte Haut platzt oberhalb der Flügelscheiden auf und die
Libelle schiebt ihren Kopf und Brustkorb aus der Exuvie. Nun pumpt die Libelle Körperflüssigkeit in die beiden Regionen und formt sie so zur endgültigen Größe aus. Der Körper
bewegt sich in dieser Ruhephase nicht weiter aus der Exuvie, er verharrt bei den Großlibellen
meist in einer kopfüber gekrümmten Haltung und bei den Kleinlibellen in einer aufrechten
Haltung, denn ihre Beine härten während dessen aus und die Libelle kann sich anschließend
an der Pflanze oder an der Exuvie festklammern und das Abdomen ebenfalls aus der Hülle
ziehen. Wären die Beine nicht ausgehärtet, würde sie abstürzen oder Verkrüppelungen
davontragen und so wahrscheinlich nicht überleben.
Ist das Abdomen befreit, wird auch dieses mit Körperflüssigkeit aufgepumpt. Gleichzeitig
entfaltet die Libelle mit der gleichen Technik die noch milchigen Flügelstummel zu imposanten Schwingen.
Nachdem alle Teile des Körpers die endgültige Größe erreicht haben, wartet die Libelle bis
das Chitingerüst ausgehärtet ist und scheidet währenddessen die überschüssige Körperflüssigkeit über den After nach und nach aus.
(7) Der Schlupf ist beendet, wenn die Libelle sich zu ihrem Jungfernflug aufschwingt und die
alte Exuvie zurücklässt.
Auf dem Jungfernflug verlässt sie das Schlupfgewässer. Der Flug ist gleich beim ersten Versuch der Perfektion nahe (Instinktverhalten).
Libellen sind unter den Insekten mit bis zu 50 km/h die schnellsten Flieger. Sie können fast
bewegungslos durch die Luft segeln, im Rüttelflug an einer Stelle verweilen, rasend schnell
auf Beute hinab schießen und viele Arten sogar rückwärts fliegen. Dies wird von den unabhängig von einander beweglichen Flügelpaaren gewährleistet, die durch den an der Flügelbasis ansetzenden Senkermuskel, den an der Rückenplatte ansetzenden Hebermuskel und einzelne Stell- und Spannmuskeln bewegt werden.
Wie alle Insekten sind die Nervenbahnen der Libellen ohne Markscheide und daher von der
Informationsleitung langsamer als bei höher entwickelten Tieren. Sie erreichen eine maximale
Schlagfrequenz von dreißig Schlägen pro Sekunde.
Der bereits benannte Jungfernflug hat als oberstes Ziel die Nahrungssuche. Die Tiere suchen
meist an Waldrändern oder auf Wiesen nach Beute. Dort können sie auch Ruhephasen in den
Bäumen einlegen. So verstecken sich auch alle Libellen nachts in Bäumen und größeren
Sträuchern.
Dem Jungfernflug folgt die Reifeflugphase, in der die Keimzellen der geschlüpften Imagines
reifen und so auch die Farben zur endgültigen Ausfärbung kommen.
Für den Flug und bei kaltem Wetter benötigen die Tiere viel Energie. Mit Nahrung versorgen
sie sich vor allem in dieser Entwicklungsphase. Sie nehmen durch ständiges Jagen (da noch
nicht geschlechtsreif, wenden sie diese Zeit ausschließlich für die Nahrungssuche auf) deutlich an Gewicht zu.
Sie jagen während des Fliegens kleine Spinnen, kleine Fluginsekten, Schmetterlinge, genauso
wie auch die Larven, artfremde oder arteigene Libellen, sitzende Kleintiere, Eintagsfliegen,
Blattläuse, Stechmücken, Fliegen, Bremsen und selten sogar Honigbienen. Für sie trifft prinzipiell das Gleiche zu, wie für die Larven: Alles was kleiner ist, kann gefressen werden.
20
Mit den leistungsstarken Facettenaugen sollen sie ihre Beute sogar auf eine Entfernung von
30 bis 40 m anvisieren können. Ist ein Opfer gefunden, fliegt das Tier mit rasender
Geschwindigkeit auf dieses zu und ergreift es schließlich mit dem Fangkorb.
Anisopteraarten verzehren den überwiegenden Teil ihrer Nahrung während des Fluges.
Zygopteraarten tun dies hingegen fast ausschließlich im Sitzen.
Mit Erreichen der Geschlechtsreife fliegen die adulten Tiere zu den Gewässern zurück um
sich zu paaren. Dort sind überwiegend Männchen zu beobachten. Das liegt einerseits daran,
dass sie schneller geschlechtsreif werden. Spermen haben eine kürzere Reifungszeit als
Eizellen. Andererseits halten sich die Weibchen länger bei der Jagd auf, weil sie zur Massenproduktion von Eizellen mehr Energie benötigen. Sie kommen nur zur Paarung und zur Eiablage an die Gewässer. Außerdem würden die Weibchen an den Gewässern ständig von den
paarungsbereiten Männchen bedrängt.
Die Arten Aeshna viridis und Anax parthenope sind Dämmerungsjäger. Sie sind am Tage in
geringerer Anzahl zu sehen.
Die paarungsbereiten Männchen zeigen ein Revierverhalten, das unter den Arten aber unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Besonders deutlich ist es bei den Männchen der Großen
Königslibelle (Anax imperator) zu erkennen. Die Tiere dieser Art verteidigen ihr Revier hartnäckig gegen Artgenossen. Somit findet sich diese Art auch nur an Gewässern mit einem
großen Platzangebot ein. Die Reviere werden im Flug durch Patrouillen kontrolliert. Sie
verwenden dabei meist wiederkehrend die gleiche Flugroute.
(8) Haben sich dann Männchen und Weibchen an einem Gewässer eingefunden, so beginnt
die Paarung. Die Männchen ergreifen die Weibchen mit den Beinen und umklammern deren
Thorax, um dann am Prothorax oder hinter den Augen die Appendices einzuhaken. Die
Weibchen erkennen mit Hilfe von Tasthaaren, ob die Männchen artgleich sind und verhalten
sich dementsprechend entweder aktiv oder passiv bzw. wehrhaft. Mischungen der Arten
werden dadurch größtenteils vermieden. Zwei so miteinander verkoppelte Tiere werden als
Tandem bezeichnet.
Wie bei allen Insektenarten befinden sich die Fortpflanzungsorgane an der Bauchseite des
achten und neunten Hinterleibssegments. Im Laufe evolutionärer Prozesse hat sich bei den
Männchen neben dem eigentlichen Geschlechtsorgan noch ein Kopulationsorgan gebildet. Es
liegt am zweiten Hinterleibssegment und muß kurz vor der Paarung durch Verbindung der
beiden Geschlechtsteile mit Samen gefüllt werden. Bei Kleinlibellen ist dies gut zu beobachten, da sie eine längere Zeit zur Paarung benötigen (Ischnura elegans: bis zu drei Stunden) und dies deshalb nicht ausschließlich im Flug tun. Einige Großlibellen benötigen nur
Minuten bis hin zu wenigen Sekunden (Libellula quadrimaculata, Libellula depressa)und
verbleiben daher in der Luft.
Hat das Männchen dann seine Samenblase gefüllt und sich wieder gestreckt, biegt das Weibchen ihr Abdomen nach unten, zum Kopulationsorgan des Männchens und hält sich an dessen
Abdomen fest. Das Kopulationsorgan des Männchens besteht aus zwei Chitinschuppen, die
wie eine Klammer fungieren und dem Legeapparat Halt geben. Diese herzförmige Figur wird
als Paarungsrad bezeichnet. Sind beide nun verbunden, so pumpt das Männchen die Samen
aus der Samenblase in die Samentasche des Weibchens, denn die Eier werden erst während
der Eiablage befruchtet.
Der Flug der Tiere, die sich fliegend paaren, ist nur geringfügig beeinflusst. Manche Weibchen lassen sich im Tandem und im Paarungsrad tragen, manch andere beteiligen sich aktiv
am Flug.
(9) Nach der Paarung folgt die Eiablage. Zygoptera und Aeshniden bohren mit der Hilfe ihres
Legebohrers/Legestachels die Eier in Pflanzenteile (endophytisch). Alle restlichen Arten
legen die Eier exophytisch ab. Die Segellibellen werfen sie durch wippende Bewegungen auf
die Wasseroberfläch, die Quelljungfern stechen sie im Rüttelflug in den Schlamm ein. Besonders zu beachten ist hierbei die Weidenjungfer (Lestes viridis). Wie bereits bei den Prolarven
21
erläutert, stechen die Weibchen dieser Art ihre Eier in die Rinde von Weiden, also außerhalb
des Wassers. Die restlichen Lestesarten, sowie einige andere Kleinlibellen, können zur Eiablage völlig unter Wasser tauchen. Sie werden während dieser Minuten von einer Lufthülle
umgeben. Auch das Verhalten der Männchen ist unterschiedlich, so bleiben sie bei den Arten
die untertauchen und anderen Zygopteraarten im Tandem mit den Weibchen verbunden.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass sich die Männchen von den Weibchen trennen und
entweder über diesen patrouillieren und somit die Eiablage überwachen, oder sie verlassen
sofort nach der Paarung die Weibchen und diese legen die Eier allein ab.
Der Kreislauf schließt sich damit.
Bevor sich ein anderes Männchen mit einem Weibchen paart, entleert es erst das Sperma des
vorhergehenden Männchens aus dem Samensack des Weibchens. Die Spermen stehen also in
Konkurrenz zueinander.
Die Eiablage ist auch eines der entscheidenden Merkmale der Rote-Liste-Arten, denn viele
von ihnen sind auf ein bestimmtes Ablagesubstrat oder eine geringe Auswahl an Substraten
beschränkt (stenöke Arten). So findet man die Grüne Mosaikjungfer (Aeshna viridis) auch
nur an Gewässern mit Krebsscherenbewuchs (Stratiotes aloides). Die Krebsschere ist Ablagesubstrat und gleichzeitig Lebensraum der Larven. Arten wie der Vierfleck (Libellula quadrimaculata) und die Hufeisenazurjungfer (Coenagrion puella) hingegen sind weniger
anspruchsvoll und daher an fast allen Gewässertypen zu finden. Sie zählen auch meist zu den
Erstbesiedlern an neu entstandenen Gewässern.
Außerhalb dieses direkten Entwicklungszyklus gibt es noch zwei weitere Verhaltensweisen,
die typisch für Libellen sind: Das Sonnen und das Putzen.
Da Libellen wechselwarme Tiere sind haben sie normalerweise nur die Temperatur ihrer
Außenwelt. Aber je höher die Temperatur (je näher sie dem Optimum kommt), desto schneller und aktiver werden die Tiere, da viele Stoffwechselprozesse bei Temperaturen um die 35
°C schneller ablaufen. Um die natürliche Sonnenenergie so gut wie möglich zu nutzten,
verwenden die Tiere vor allem in den Morgenstunden viel Zeit darauf, sich zu sonnen. Sie
setzen sich auf leicht erwärmbare Unterlagen, wie Steine und Baumrinden, und richten ihr
Abdomen so aus, dass die Sonne ihn im Zenit trifft. Außerdem pressen Libellen ihre Körper
gegen diese Unterlage, um die Wärme von ihr zu übernehmen (so ist wahrscheinlich der
Name „Sympetrum“ entstanden: griech. „syn“: zusammen und „petra“: Fels, Stein). Die
Flügel sind dabei leicht geöffnet um einen nachteiligen Schatten zu vermeiden.
Bei schlechteren Witterungsbedingungen erhöhen sie unter hohem Energieaufwand ihre Körpertemperatur durch das Schwirren (schnelle angedeutete Flügelschläge) der Flügel bevor sie
davonfliegen. Im Gegensatz dazu machen sie bei zu heißem Wetter einen sogenannten
„Kopfstand“. Sie strecken ihr Abdomen in die Höhe, so dass so wenig Sonne wie möglich im
rechten Winkel auftrifft und die zusätzliche Erwärmung damit in Grenzen gehalten wird.
Libellen putzen sich je nach Bedarf den entsprechenden Körperbereich. Verunreinigungen
erfolgen meist durch Staub, Spinnwebe, Pflanzenreste und durch Wasser verklebte Flügel der
Kleinlibellen. Kopf und Augen werden von dem vordersten Beinpaar übernommen, der Hinterleib eventuell mit dem Legeapparat von dem hintersten Beinpaar. Um verklebte Flügel zu
befreien, schwingen die Tiere ihre biegsamen Abdomen nach oben und schieben sie zwischen
den Flügeln an der Basis beginnend hindurch.
Man trifft an Gewässern aber auch Arten, die nicht bodenständig sind, dass heißt, sie pflanzen
sich dort nicht fort, sie sind Gäste. Einerseits kommen vor allem von anderen Gewässern
Libellen auf der Jagd nach Nahrung, andererseits unternehmen die Schabrakenlibelle, die
Feuerlibelle und die Südliche Mosaikjungfer Wanderflüge, die sie bei günstigen Bedingungen
aus südlicheren Breiten bis nach Norddeutschland führen. Der Vierfleck bildet mit Artgenossen Schwärme, deren Bewegung bereits über mehrere hundert Kilometer verfolgt wurde.
Die Lebensdauer einer adulten Libelle liegt zwischen wenigen Tagen bis zu einigen Wochen.
Selten findet man mehrere Monate alte Tiere, die an ihrer verblassenden Farbe gut zu erken22
nen sind. Nur bei den Winterlibellen (Sympecma) ist dieses Alter nichts besonderes. Sie werden in der Regel zehn Monate alt (überwintern als Imago), da sie im Winter in eine Winterstarre verfallen, in der sie Temperaturen bis zu –17°C ertragen.
Die Lebensdauer der Libellen wird entscheidend durch ihre Feinde beeinflusst. Während der
Eiablage stehen die Weibchen auf dem Speiseplan von Fröschen, Wasser- und Singvögeln.
Spinnen fangen in ihren Netzten viel Tiere. Während des Schlupfes gefährden Ameisen,
Wespen, Schnecken und Vögel ihr Dasein. Auch die Witterung macht ihnen in dieser Phase
stark zu schaffen (Verzögerungen, Verkrüppelungen). Die Larven haben mit Parasiten wie
roten oder braunen Wassermilben zu kämpfen, die bei jeder Häutung auf das Tier zurück
wechseln, auch nach dem Schlupf. Sie fallen erst ab, wenn sie ausgereift sind. Fisch, Wasserinsekten, Wasserskorpione, Stabwanzen, Rückenschwimmer, Gelbrandkäfer und andere
Wasserbewohner fressen die Larven. Während des Eistadiums sterben bereits viele durch
Austrocknen oder durch parasitäre Wespen.
Der größte Widersacher ist und bleibt aber der Mensch.
•
2.2.4. Methoden der Libellenerfassung:
Die Methoden der Libellenerfassung sind verschiedenartig. Man kann sowohl die Imagines
als auch die Exuvien bestimmen. Es besteht die Möglichkeit, die adulten Tiere zu fangen, und
sie dann zu bestimmen oder sie an Hand ihres Flugverhaltens zu unterscheiden.
Lebende Larven zu fangen wäre ungünstig, da sie sich während ihrer Entwicklung stark verändern und nicht deutlich differenzierbar ist, in welchem Stadium sie sich befinden.
Die gängigste Methode Imagines zu fangen, ist der Kescherfang. Hierzu positioniert man sich
an einer möglichst unbeschatteten Stelle, an der bereits Tiere gesichtet wurden, denn es handelt sich bei den Tieren meist um Männchen. Wie bereits in 2.2.3. beschrieben, patrouilleren
sie in wiederkehrenden Routen durch ihr Revier. Die Männchen zu fangen hat außerdem den
Vorteil, dass sie auf Grund ihrer markanteren Ausfärbung leichter zu bestimmen sind. Vor
allem die Bestimmungsbücher mit Fotos bilden meist die Männchen ab.
Um die Tiere möglichst wenig zu stören, sollte darauf verzichtet werden, Paarungsräder und
Tandems einzufangen.
Es gibt weitere Methoden um die adulten Tiere zu fangen, so z. B. eine Köder-Wurf-Methode,
die von uns aber nicht angewendet wurden.
Die Sichtbeobachtung ist für die Tiere die stressfreieste Methode. Geübten Beobachtern
geben Flügelschlagfrequenz, Flughöhe, Wendigkeit, Geschwindigkeit und andere Flug- sowie
Körpermerkmale Auskunft, um welche Art es sich handelt. So sind die Aeshniden durch ihre
Größe und die Federlibellen an ihrem propellerartigem Flugstil zu klassifizieren.
Beide Methoden haben aber entscheidende Nachteile: Sie geben keine Auskunft über Bodenständigkeit (ob diese Art sich an diesem Gewässer fortpflanzt) und über Populationsdichte.
Sammelt man aber die Exuvien, so können nur Tiere die ihr Larvenstadium in dem betreffenden Lebensraum verbrachten, ihre Hüllen hinterlassen haben. Außerdem entspricht bei
gründlichem Sammeln die Anzahl der gefundenen Exuvien weitestgehend der Population. Ein
dritter Vorteil liegt in der Arbeitsweise. Es ist nicht nötig Exuvien sofort zu bestimmen, da
sich weder Form noch Pigmentierung mit der Zeit verändert.
Wie auch für die Imagines, gibt es zur Determination Bestimmungsschlüssel.
23
An unserem Gewässer begannen wir im März des Jahres 1999 mit der Bestandsaufnahme. An
jedem Untersuchungstag wurden zur späteren Auswertung Temperatur, Beleuchtung und die
Windverhältnisse notiert. Begonnen haben wir damit, die Imagines zu fangen und zu bestimmen. Da im Zuge dieser Arbeit für die Schule und nachfolgende Schüler ein Schaukasten
angefertigt werden sollte, präparierten wir einige der Tiere. Außerdem dokumentierten wir
gefangene Tiere mit Hilfe von Fotos. Später ergänzten wir unsere Untersuchungsmethode
durch das Sammeln von Exuvien, die auch in den Schaukasten aufgenommen wurden, und die
Sichtbestimmung.
Um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, führten wir unsere Zählungen und Beobachtungen
immer von den gleichen Standorten aus durch und dokumentierten sie mit Hilfe von Erfassungsbögen.
•
2.2.5. Erfassung der Libellen des Kreuzkruger Solls:
2.2.5.1. Arten, Messpunkte, Anzahlen:
Die Daten gewannen wir in dem Zeitraum vom 07.05.1999 bis zum 19.09.2003.
2.2.5.2. Kurzbeschreibung der nachgewiesenen Arten:
Lestes sponsa:
Sie lebt vorwiegend an stehenden Kleingewässern und verlangt
(Gemeine Binsenjungfer)
eine geringe Ausprägung derVertikalstruktur (Eiablage) und ist
damit relativ anspruchslos.
Eine hohe Populationsdichte findet man häufiger an Moorgewässern.
Sie überwintert als Ei und erträgt kurzzeitiges winterliches
Austrocknen.
Flugzeit: Mitte Juni bis Mitte September
Lestes dryas:
(Glänzende Binsenjungfer)
Ihr Verhalten ähnelt sehr dem der Lestes sponsa, sie bevorzugt
aber kleine, flachere und dichter bewachsenere Gewässer. Die
Flugzeit reicht auch nur bis zum Ende August. Da sie in der
Lage ist auch Trockenperioden im Sommer (im Eistadium zu
überstehen und eine kurze Entwicklungszeit hat, gilt sie als
Indikatorart für sommertrockene Gewässer. Sie ist sowohl in
Brandenburg als auch in ganz Deutschland gefährdet.
Lestes viridis:
(Weidenjungfer)
Die von Ende Juni bis Anfang September fliegende
Weidenjungfer benötigt zur Eiablage (siehe 2.2.3.) Bäume oder
Sträucher die über die Wasseroberfläche ragen. An unserem
Tümpel gewährleisten das viele verschieden große Weiden. Die
Eier wechseln nach der Überwinterung ins Wasser.
Sympecma fusca:
Auch wie die drei bisher beschriebenen Arten lebt die
(Gemeine Winterlibelle)
Winterlibelle an stehenden Kleingewässern. Die namensgebende
Besonderheit ist ihre Fähigkeit zu überwintern (siehe 2.2.2.).
Die Winterquartiere sind Bäume oder Sträucher, die
windgeschützte Plätze bieten. Das ist auch der Grund für eine
zweigeteilte Flugzeit: nach dem Schlupf (Juli bis Oktober) und
24
nach dem Winter (April bis Juni). Die Rote Liste deklariert sie
deutschlandweit als gefährdet.
Platycnemis pennipes:
(Blaue Federlibelle)
Sie ist ähnlich anpassungsfähig wie Lestes sponsa. Die Imagines
sind größtenteils zwischen Juni und August zu sehen. Den
Namen („penna“: lat. Feder) trugen ihr ihre federförmigen
Beinschienen ein.
Coenagrion puella:
(Hufeisen-Azurjungfer)
Die Hufeisen-Azurjungfer ist an fast allen Gewässern zu Hause,
verlangt aber eine grundlegende Vegetation zur Eiablage. Ihre
Flugzeit erstreckt sich vom Mai bis in den August.
Coenagrion pulchellum:
(Fledermaus-Azurjungfer)
An eutrophen Stillgewässern findet man sie oft zusammen mit
der C. puella. Diese Art versuchen die Männchen der
C. pulchellum von den Fortpflanzungsgewässern zu vertreiben.
Zwischen Mai und Juli fliegen die meisten Imagines.
Coenagrion hastulatum:
Die Speer-Azurjungfer kommt meist zusammen mit
Leucorrhinia pectoralis an Gewässern mit moorigem Charakter
vor. Die Art findet man dort zwischen Mai und Anfang Juli.
(Speer-Azurjungfer)
Coenagrion lunulatum:
(Mond-Azurjungfer)
Die Mond-Azurjungfer ist von allen an unserem Soll
nachgewiesenen Arten, die einzige, die nicht in ganz Deutschland verbreitet ist (nicht im Südwesten). Auch sie bevorzugt
moorige Standorte. Sie verträgt weder gefrorene noch trockene
Bedingungen. Die Flugzeit liegt zwischen Mai und Juni. In
Brandenburg ist sie als stark gefährdet in die Rote Liste aufgenommen worden.
Brachytron pratense:
(Kleine Mosaikjungfer
oder Schilfjäger)
Diese Art fühlt sich vorwiegend an stehenden Gewässern mit
breiten Schilfgürteln wohl, da dies der Lebensraum der Larven
ist. Der zunehmende Schilfgürtel bietet den Tieren an dem
Kreuzkruger Soll einen idealen Lebensraum. Mit ihrem
Flugbeginn im Mai, gehört sie zu den ersten Großlibellen. Ende
Juni verschwindet sie größtenteils. (RLD: gefährdet)
Aeshna mixta:
(Herbst-Mosaikjungfer)
Diese Art ist gegenüber widrigen Umweltbedigungen relativ
resistent und auch bei der Vegetation variabel. Wie der Name
bereits sagt erstreckt sich ihre Flugzeit über den Herbst (August
bis Oktober). Sie konkurriert sehr wenig mit den anderen Arten
und legt viele Eier. Letzteres macht sie zu einem r-Strategen,
der so gut neue Lebensräume erschließen kann.
Aeshna cyanea:
Blaugrüne Mosaikjungfern, die vom Juni bis in den Oktober
(Blaugrüne-Mosaikjungfer) häufig zu beobachten sind, konkurrieren stark mit anderen
Arten. Eine Gewässerspezifität ist praktisch nicht vorhanden.
Die in 2.2.2. beschriebenen Patrouillenflüge sind bei dieser Art
besonders auffällig in konstanter Höhe von 30 m zu beobachten.
Aeshna isosceles:
(Keilflecklibelle)
Die Keilflecklibelle zeichnet neben ihren keilförmigen gelben
Fleck auf dem ersten und zweiten Abdominalsegment noch eine
25
sehr kurze Flugzeit zwischen Juni und Juli aus. An stillen
Kleingewässern, wie dem unseren, ist sie eher selten
anzutreffen. In Brandenburg wird sie als gefährdet angesehen.
Anax imperator:
(Große Königslibelle)
Sie bevorzugt größere Gewässer mit offener Wasseroberfläche.
Die Männchen zeigen eine starke Territorialität. Daher sind auch
Kämpfe und Verfolgungsjagden nicht selten. Ihre Hauptflugzeit
erstreckt sich von Juni bis August.
Anax parthenope:
(Kleine Königslibelle)
Wie ihr großer Bruder, der „Imperator“, liebt auch diese Art
größere Gewässer mit freier Wasseroberfläche. Sie zeigt aber im
Gegensatz zu ihm kein solches Territorialverhalten. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt eigentlich im Mittelmeerraum. In
Deutschland ist sie daher auch nur in der Jahresmitte (Juni, Juli,
August) anzutreffen. Sowohl in Brandenburg, als auch in ganz
Deutschland gilt diese Art als stark gefährdet.
Somatochlora flavomaculata: Von Ende Juni bis Ende August zieht eine Falkenlibelle ihre
(Gefleckte Smaragdlibelle) Kreise über den Gewässern. Sie ist die einzige ihrer Gattung die
nachgewiesen werden konnte. Dichte Seggen- und
Röhrichtbestände kommen ihr entgegen. Wie auch die Larven
einiger Kleinlibellen, überstehen die dieser Art eine vierwöchige
Trockenphase.
Libellula quadrimaculata:
(Vierfleck)
Sein Lebensraum erstreckt sich auf stehende Gewässer mit weit
entwickelter Vegetation. Vor allem beim pH-Wert ist diese Art
sehr anpassungsfähig und hat damit in den sauren Moorgebieten
eine ökologische Nische geschlossen. Zwischen Mai und
Anfang August sind die meisten Tiere zu beobachten.
Libellula fulva:
(Spitzenfleck)
Die dunkel gefärbten Flügelspitzen brachten ihr den deutschen
Namen ein. Deutschlandweit wurde sie als gefährdet eingestuft,
da sie aber in Brandenburg die stehenden Gewässer mit
ausgeprägter Röhrichtzone vorfindet, ist sie hier recht häufig.
Vor allem im Juni und Juli sind die Tiere zu sehen.
Orthetrum cancellatum:
(Großer Blaupfeil)
Diese von Juni bis August fliegende Art bevorzugt bei der
Besiedlung mittelgroße bis große Stillgewässer. Sie entfernt sich
auf der Jagd oder während der Reifezeit häufig weiter von den
Fortpflanzungsgewässern. Vor allem auf sandigen Feldwegen
trifft man sie an.
Sympetrum vulgatum:
(Gemeine Heidelibelle)
Die Tiere halten sich zeitweise etwas entfernt von den Gewässern auf. Ende Juni bis Anfang Oktober erreicht diese Art die
höchste Individuendichte. Auch diese Art ist hinsichtlich der
Widerstandsfähigkeit der Larven gut angepasst. Sie überstehen
Trockenheit und starken Frost ohne Probleme.
Sympetrum sanguineum:
(Blutrote Heidelibelle)
Wie bereits der Name sagt, trifft man diese Tiere oft auf Wiesen
und Heiden bei der Jagd an. Ihre Larven sind ähnlich resistent
wie die der S. vulgatum. Die Imagines haben aber im Vergleich
26
zu den gelb gestreiften Beinen der Gemeinen Heidelibelle,
gänzlich schwarze Beine.
Diese Art kann bei günstigen Bedingungen noch bis in den
Oktober beobachtet werden, hauptsächlich ist sie aber zwischen
Juli und September anzutreffen.
Sympetrum danae:
(Schwarze Heidelibelle)
Diese Art findet man vorwiegend an Hoch- und Übergangsmooren. Mit spärlicher Vegetation kommt sie gut zurecht. Ihre
Flugzeit liegt zwischen Juli und September.
Leucorrhinia dubia:
(Kleine Moosjungfer)
Sie findet sich häufig in den Mooren der Norddeutschen Tiefebene ein, da sie gut an saure Gewässer angepasst ist. Sie zählt
an jenen Gewässern zu den Pionierbesiedlern. Von Ende Mai bis
Anfang August kann sie beobachtet werden.
Leucorrhinia rubicunda:
(Nordische Moosjungfer)
Im Mai und Juni sieht man eine weitere Moosjungfer, die Nordische Moosjungfer. Wie ihr Name bereits andeutet, ist sie in den
nördlichen Breiten zu Hause. Vor allem in Norddeutschland ist
sie häufiger vertreten als im Süden des Landes. Wie alle anderen
nachgewiesenen Arten, besiedelt auch sie vorwiegend stehende
Gewässer. Der Charakter des Fortpflanzungsraums sollte moorig
sein und an Wälder grenzen.
Leucorrhinia pectoralis:
(Große Moosjungfer)
siehe 2.2.6.
Aeshna viridis:
(Grüne-Mosaikjungfer)
siehe 2.2.6.
•
2.2.6. Auswertung der Libellenerfassung:
2.2.6.1. Allgemein:
Insgesamt konnten wir an unserem Untersuchungsgewässer sechsundzwanzig Libellenarten
nachweisen, die sich auf sechs verschiedene Gattungen verteilen. Von zwei im Kreis Templin
nachgewiesenen Gattungen konnten wir keine Vertreter finden: Den Prachtlibellen (Calopterygidae) und den Flussjungfern (Gomphidae).
Drei der Zygopteraarten wurden als schützenswert ausgewiesen, da sie gefährdet oder stark
gefährdet sind. Von den Anisopteraarten sind sogar acht in der Roten-Liste angeführt.
Man muss bei der Auswertung dieser Daten aber die Bodenständigkeit beachten. Ob eine Art
bodenständig ist, kann nur durch einen Exuvienfund mit Sicherheit nachgewiesen werden.
Da wir auf die Bestimmung der Kleinlibellenexuvien verzichtet haben, aber alle gefundenen
Tiere in den Gewässertypus passen, und wir die meisten auch bei der Eiablage beobachtet
haben, können wir davon ausgehen, dass alle nachgewiesenen Kleinlibellen an dem Soll
bodenständig sind.
Bei den Großlibellen konnten wir aber nur acht der siebzehn Arten als Exuvien finden.
Zusätzlich haben wir Libellula quadrimaculata bei der Eiablage beobachtet. Die Bodenständigkeit von Aeshna mixta und Somatochlora flavomaculata ist zwar nicht erwiesen, aber den-
27
noch höchst wahrscheinlich, da sowohl Gewässer als auch Vegetation den Ansprüchen der
beiden Arten gerecht werden.
Die Bodenständigkeit der gesichteten Königslibellen konnte nicht nachgewiesen werden. Dies
war auf Grund der Gewässergröße (zu klein), der mangelnden freien Wasserfläche und dem
starken Bewuchs aber auch nicht zu erwarten.
Sie sind höchstwahrscheinlich Gäste und kommen von dem nahen, nordöstlich gelegenen
Petznicksee oder dem südwestlich lokalisierten Fährsee, die ihren Ansprüchen entsprechen.
Die frühen Funde der Schwarzen Heidelibelle und der Kleinen Moosjungfer in den Jahren
1999 und 2000 sind fraglich, da wir einerseits weder weitere Nachweise in den folgenden
Jahren erbringen konnten und auch keine Exuvien fanden. Andererseits ist hierbei zu beachten, dass wir zu diesem Zeitpunkt, am Beginn unserer Arbeit, mit der Bestimmung noch nicht
genügend Erfahrung hatten, um diese Daten als gesichert anzusehen. Prinzipiell kann, ausgehend von der Verbreitung und der Gewässerstruktur, keine der beiden Arten ausgeschlossen
werden. Allerdings findet man die Kleine Moosjungfer vorwiegend an sauren Gewässern, zu
denen unser Soll nicht zählt. Vergleicht man aber die Funddaten mit den Flugzeiten, so stimmen diese überein. Die beiden Daten der Leucorrhinia dubia stammen aus dem Mai und der
Fund der Sympetrum danae aus dem September (zum Vergleich siehe 2.2.5. Kurzbeschreibungen).
Drei der Arten prägen dieses Gewässer aber besonders. Die bereits beschriebene MondAzurjungfer, die Große Moosjungfer und im besonderen Maße die Grüne Mosaikjungfer.
Diese sind in Brandenburg gefährdet (L. pectoralis) oder stark gefährdet (A. viridis, C. lunulatum). Deutschlandweit wurde die Große Moosjungfer als stark gefährdet und die Grüne
Mosaikjungfer sogar als vom Aussterben bedroht eingestuft. Weiterhin sind beide als Flora Fauna - Habitat aufgeführt (L. pectoralis = Anhang II, A. viridis = Anhang IV). Dies zeigt,
dass die beiden Arten konkrete Ansprüche stellen und wenig flexibel sind, sie also zu den
stenöken Arten gehören
Wie Libellen von Umwelteinflüssen geprägt sind, sollen folgende Untersuchungen zeigen.
Vorab sollten aber diese beiden Arten genauer betrachtet werden.
2.2.6.2. Leucorrhinia pectoralis:
Zwischen Anfang Mai und Ende Juli fliegt sie durch Europa. In Deutschland liegt ihr
Verbreitungsschwerpunkt hier in Norddeutschland. Sie ist von ihren Familienangehörigen gut
durch mindestens einen gelben Fleck auf der Oberseite der Abdominalsegmente zu erkennen.
Der moorige Charakter unseres Untersuchungsgebietes kommt ihr sehr entgegen. Auch der
starke Weidenbewuchs, sowie der ausgeprägte Röhrichtgürtel, den sie als Schlafplatz nutzt,
fördern ihre Stetigkeit an diesem Fortpflanzungsgewässer. Die Fischfreiheit kommt ihr entgegen. Allerdings meidet sie zu dicht bewachsene Gewässer. Bis jetzt konnten wir weder bei
den Imagines, noch bei den Exuvien einen Rückgang erkennen, trotz zunehmender Vegetation.
Im Vergleich zu den anderen Arten ihrer Gattung ist bei dieser Art ein höherer Wärmebedarf
wichtig. Wir konnten sie häufig auf Totholz oder, nach dem Anbringen der Messlatte, auf
dieser (Bild siehe Anlage 2.2.3. e) beim Sonnen beobachten. Dies ist auch der Grund, warum
sie nach Sonnenuntergang ihre Aktivität einstellt. Auch für diese Art typische Verfolgungsjagden und Territorialkämpfe untereinander und mit dem Vierfleck waren zu beobachten. Der
Vierfleck ist die überlegenere Art und vertreibt die Moosjungfern kurzzeitig aus ihrem Territorium. Diese Beobachtungen stammen größtenteils aus dem Jahr 2003, in dem wir auch vor
allem im Frühjahr, im Vergleich zum Vorjahr, eine beträchtliche Zahl an Exuvien fanden.
Als Schlupfvegetation nutzten die Tiere an unserem Untersuchungsgewässer die aufgetauchten Krebsschererosetten, Seggenrieder, Blätter der Rohrkolben und Schwertlilien. Die
28
Exuvien konnten hauptsächlich vom Boot aus gesammelt werden, denn die Mehrzahl der
Tiere sind mit einem bis zwei Meter Abstand vom Gewässerrand geschlüpft.
Die Paarung der Leucorrhinia pectoralis erfolgt größtenteils und die Eiablage vollständig im
Flug. Normalerweise legen die Tiere ihre Eier auf die Wasseroberfläche ab. Da an unserem
Soll aber fast keine solche zu finden ist und im Frühjahr bereits ein geschlossener Krebsschererasen das Gewässer bedeckt, können wir davon ausgehen, dass die Tiere ihre Eier in die
teilweise im Wasser gelegenen Rosetten der Krebsschere abwerfen. Über Winter tauchen die
Eier dann mit der Krebsschere auf den Grund ab. Dies ist möglich, da das Gewässer nicht sehr
tief ist, denn sonst würden die adulten Tiere ihre Eier in der flacheren Uferregion ablegen, da
die Larven an Plätzen mit geringer Wassertiefe leben. Der Grund dafür liegt in der schnelleren
Erwärmung solcher Plätze.
Im Frühjahr (zwei Jahre später) tauchen die Nymphen dann mit Hilfe der Krebsschere auf und
könnten sofort mit dem Schlupf beginnen.
Die Exuvien dieser Art haben eine Länge von ca. 2,5 cm.
An fünf verschiedenen Tagen fanden wir Exuvien der Großen Moosjungfer. Die höchste
Anzahl an Hüllen fanden wir am 16.05.03, dem kältesten aller Untersuchungstage und dem
Tag mit der meisten Bewölkung. Die niedrigeren Schlupfzahlen im Verlaufe des Junis sind
durch die fortgeschrittene Flugzeit zu erklären. Mit dem 17.05.02 und dem 16.05.03 erhält
man zwei vergleichbare Daten. Die Temperaturen sind weitestgehend gleich, sie lagen sowohl
im Jahr 2002 als auch 2003 die Temperaturen deutlich über dem Normalwert. Es ist also 2003
nicht der einzig Maitag für die Libellenlarven gewesen an dem sie hätten schlüpfen können,
so dass ein Massenschlupf entstanden wäre. Es gibt für diesen Unterschied von 43 Exuvien
zwei Erklärungen. Erstens haben wir im Jahr 2002 nur die Uferbereiche abgesammelt.
Dadurch verschwinden diese Unterschiede aber nicht gänzlich, denn auch im darauffolgenden
Jahr sammelten wir dort und fanden bedeutend mehr (etwa 10 Exuvien). Die zweite Erklärungsmöglichkeit liegt in der Entwicklung der Larven. Da die Larven zweijährig sind, müssen
immer zwei Jahre zur Betrachtung der Entwicklung herangezogen werden.
Die Entwicklungsphase der am 17.05.02 geschlüpften Tiere begann im Sommer 2000. Das
Jahr 2000 war zwar insgesamt sehr warm, aber die entscheidenden Temperaturüberschreitungen liegen in der ersten Hälfte des Jahres und haben damit die Entwicklung der Larven nicht beeinflusst. Die darauffolgenden Jahre waren ebenfalls wärmer, aber bei den im
Jahre 2003 geschlüpften Tieren liegen die deutlichen Temperaturüberschreitungen nicht wie
bei der 2002 Population weiter hinten in der Entwicklung, sondern gleich am Anfang (siehe
Diagramme Anlage 2.4.). Dies könnte ihnen einen entscheidenden Entwicklungsvorsprung
verschafft haben, da die Entwicklung stark Temperatur abhängig ist. Die Population von 2002
konnte diesen Vorsprung nicht mehr aufholen, weil sich die Temperaturen der restlichen
Monate im Vergleich beider Populationen ausgleichen.
Bessere Lichtverhältnisse fördern normalerweise den Schlupf, da wir aber alle Sammlungen
nachmittags durchführten, können sich die Verhältnisse seit dem Schlupf am Morgen
geändert haben und müssen daher nicht zwangsläufig eine geringere Schlupfdichte bedeuten.
Entscheidend jedoch sind Wind und Niederschlag. Beide verzögern bzw. verhindern (je nach
Stärke) den Schlupf. Deshalb ist an allen Untersuchungstagen kaum Wind aufgekommen und
gar kein Niederschlag gefallen.
Dies zeigt, dass sowohl Schlupf als auch Entwicklung stark von den Umweltbedingungen
(Wetter) und den inneren Bedingungen der Tiere (genetische Entwicklungsdauer, Schlupfbzw. Flugzeit) abhängen.
29
2.2.6.3. Aeshna viridis:
In den folgenden Abschnitt sind Informationen aus dem bereits in der Einleitung erwähnten
Artikel, den uns Hr. Dr. Mauersberger zur Verfügung stellte, eingeflossen.
Abb.6: Aeshna viridis
Für unser Gewässer ist dies wohl die bedeutendste Art. Deutschlandweit ist sie von Aussterben bedroht. Ihre letzten Massenpopulationen finden sich in Norddeutschland, vor allem in
Brandenburg. Bei diesem Untersuchungsgebiet hatten wir das Glück, ein Fortpflanzungsgewässer zu finden, das die optimalen Bedingungen schafft.
Die hohen Ansprüche, die dieses Tier an seine Umwelt stellt, rühren eigentlich aus einer
Pflanze, der Krebsschere. Sie bildet die Grundlage der Eiablage und der weiteren Entwicklung. Auf keiner anderen Pflanze konnte bisher eine erfolgreiche Reproduktion der Libelle
nachgewiesen werden. Die Tiere sind aber an anderen Gewässern häufiger als Gäste anzutreffen.
Die Ansprüche der stratiotes aloides übertragen sich damit automatisch auf die der Tiere.
Stratiotes aloides wächst in ruhigen, windgeschützten und nährstoffreichen flache Seebuchten, Altwässern, Seichtseen, Kleingewässer im Wald, breite Randlaggs, Restkolken von Mooren oder Torfstichen. Sie bevorzugt humiden Boden und fördert die Verlandung eines Gewässers. Sie meidet zu stark eutrophierte Gewässer. Sie kommt zwar auch in oligothrophen und
mesotrophen Gewässern vor, dort kann aber die Aeshna viridis nicht bodenständig werden, da
die Pflanze am Grund eines solchen Gewässers genügend Licht erhält und somit im Sommers
(Mai bis Oktober) der obere Teil der Pflanze nicht mehr auftaucht. Wird dies verhindert, so
werden die Nymphen nicht mehr zum Schlupf an die Wasseroberfläche befördert. Flache
Gewässer mit einer Braunfärbung des Wassers werden bevorzugt.
Für die Libelle ist eine durchgängige Wasserführung unerlässlich, denn bei längerem völligen
Austrocknen sterben die Larven und eine Neubesiedlung ist unter diesen Umständen fraglich.
Ab Juli findet man dann die Grünen Mosaikjungfern an den norddeutschen Schlupfgewässern.
Sie verbringen zwei bis drei Jahre als Larve im Schutz der Krebsschererosetten und können
während dieser Zeit die Rosetten unter Wasser wechseln. Im Sommer legen die adulten Tiere
Eier in die Rosetten, die den Larven ein sicheres Versteck und einen thermisch idealen Sitzplatz bieten. Im Winter fungiert die Pflanze ähnlich wie ein Fahrstuhl und befördert die
Larven in tiefere frostsichere Schichten. Schließlich klettern die Nymphen in den ersten
beiden Juliwochen aus dem Wasser an den Blättern empor, in die Sonne. Dort angekommen
haken sie ihre Beine in die gezahnten steifen Blätter und schlüpfen. Anders als die Larven der
Leucorrhinia pectoralis, ist diese Art darauf angewiesen, an der Pflanze zu schlüpfen und an
ihr ihre Eier endophytisch abzulegen.
Die Krebsschere (siehe 2.1.3.) gehört zur Schwimmblattblattzone. Auf Grund dessen konnten
wir nur mit einem Boot oder Watstiefeln an den größten Teil der zurückbleibenden Exuvien
gelangen.
Imagines, deren Flugzeit im Hochsommer liegt, trafen wir seltener an, da diese Art zu den
Dämmerungsjägern zählt und sich in der Nachmittagssonne selten zeigt.
Ihre 4 cm großen Exuvien sind hingegen gut zu sehen und von den Blattspitzen leicht abzusammeln.
Mittels jener Methode verfolgten wir die Population über drei aufeinander folgende Jahre.
30
Die größte Anzahl an geschlüpften Tieren an einem Tag (begrenzt auf die in Anlage 2.2.5. b
markierte Fläche) fanden wir am 13.07.01 mit 125 Tieren. Bei einer Temperatur von 23 °C
schlüpften deutlich mehr Weibchen als Männchen (etwa doppelt so viele). Zwei Jahre später,
am 13.06.03, verhielt es sich umgekehrt. Wie an allen Schlupftagen herrschten auch an
diesem Tag hohe Temperaturen (26 °C).
Die Aufteilung von Männchen und Weibchen ist stark abhängig von der Schlupfzeit. Am
Ende des Sommers dürften etwas mehr Weibchen als Männchen geschlüpft sein.
Dass in den folgenden Jahren keine solch hohe Individuenzahlen nachgewiesen werden
konnten, liegt höchstwahrscheinlich an den Untersuchungsdaten. Die Flugzeit der Tiere
beginnt eigentlich erst im Juli und der Massenschlupf lag zwei Monate nach den Auftauchen
der Krebsschere. Bis auf den Spitzenwert von 125 geschlüpften Tieren wurden alle weiteren
Zählungen im Juni durchgeführt, also ungefähr einen Monat vor Flugbeginn und erst einen
Monat nach Auftauchen der Krebsschere. Kein Tier vollzog das letzte Metamorphosestadium
vor dem endgültigen Auftauchen der Pflanze. An den Daten ist daher aber gut der Beginn des
Schlupfes der einzelnen Jahre zu erkennen.
So könnten die hohen Zahlen vom Juni 2003 im ersten Augenblick verwundern, aber wegen
des heißen Sommers des betreffenden Jahres und der damit verbundenen früheren Entwicklung der Organismen schlüpften bereits Mitte des Monats an einem günstigen Tag 33 Tiere.
Solch eine Entwicklung gab es bereits im Jahr 2000, das, wie in dem folgenden Kapitel zu
sehen, sehr heiß war und damit hatte der Schlupf bereits Ende Juni seinen Höhepunkt. Aus
diesem Jahr (2000) liegen uns leider keine vergleichbaren Daten vor, aber es ist sehr wahrscheinlich, das es sich im vergangenen Jahr (2003) ähnlich vollzog.
Wie alle Libellen meidet auch die Grüne Mosaikjungfer regnerische und windige Tage in
Bezug auf den Schlupf, die ihren sicheren Tod bedeuten würden.
Insgesamt zählt unser Untersuchungsgewässer zu einem der drei Gewässer in der Uckermark
mit Schlupfzahlen über 200 Imagines jährlich und zu den 55 Schlupfgewässern. Das liegt an
den nahezu idealen Bedingungen. Die Krebsschere ragt 15-30 cm über die Wasseroberfläche
und die Rosetten sind dicht geschlossen. Auch der Eutrophierungsgrad und die Wasserfärbung sind nahezu ideal.
Günstig an unserem Gewässer ist außerdem neben dem Anschluss an Waldgebiete die Fischfreiheit.
Für Fische sind die dicht über der Wasseroberfläche schlüpfenden Libellen leichte Beute.
Aber nicht nur durch solche natürlichen Feine wird die Art weiter verdrängt.
Auch die Menschen schaden ihr erheblich. Ihre Existenzgrundlage, die Krebsschere, wurde
auf Drängen des Angelsportes oder zur Viehfuttergewinnung vielerorts großflächig gemäht.
Dank solcher Maßnahmen findet man die Aeshna viridis in Deutschland nur noch selten.
Weltweit trifft man die Art zwischen den Niederlanden und dem Ob an. In Süddeutschland ist
sie bereits ausgestorben. Über die Bestände in Mecklemburg-Vorpommern sind noch nicht
genügend Daten gesammelt worden um die Bestandssituation sicher zu werten, es ist aber mit
größeren Vorkommen, auf Grund der geographischen Lage, zu rechnen.
Da die Art soweit zurückgedrängt worden ist, sollten wir gerade hier in Norddeutschland, wo
sie noch in größeren Populationen auftritt, darauf achten, dass sie nicht gänzlich verschwindet.
Für unser Soll ist diese Bestrebung von erheblicher Bedeutung, denn die hohen Individuenzahlen verleihen ihm eine überregionale Bedeutung.
31
2.2.6.4. Flugverhalten aller Arten:
Aber nicht nur auf den Schlupf, sondern auch auf das Flugverhalten haben die abiotischen
Umweltfaktoren Einfluss.
An sieben verschiedenen Tagen, zwischen Anfang Juni und Ende September der Jahre 1999,
2000, 2002 und 2003, konnten wir besonders hohe Individuenzahlen beobachten. Die Daten
beinhalten günstiger Weise, bis auf die Falkenlibellen, alle nachgewiesenen Gattungen. Vergleicht man nun die Zahlen mit den Wetterdaten des jeweiligen Tages, so kommt man zu folgendem Ergebnis:
An keinem der Tage war es kälter als 20 °C. Der 16.06.02 und der 19.09.03 zeigen, dass vor
allem die Kleinlibellen bei günstigen Temperaturen, trotz Wind, hohe Flugaktivitäten zeigen.
Die Gemeine Heidelibelle hingegen zeigt deutlich Präverenz für wärmere (23,5 °C – 28 °C),
sonnige und windstille Tage im Herbst. Wie die Individuen der Kleinlibellen ist auch die
Nordische Moosjungfer in der Lage, bei nicht ganz optimalen Bedingungen (Wind) große
Aktivität zu zeigen. Erstaunlich ist die Resistenz der Herbst-Moasikjungfer. Am 12.09.03
konnten wir bei leichtem Regen und etwas Wind sogar 50 Tiere beobachten. Wahrscheinlich
ist diese Edellibelle auf Grund der späten Flugzeit an die im Herbst häufig wechselnden
Wetterbedingungen gewöhnt und angepasst. Dies könnte auch der Grund für ihren, im Vergleich zu den anderen Edellibellen, kleineren Körper sein. Weniger Sonnenstunden ermöglichen nur das Erwärmen von kleineren Körpern und die kleineren Flügel und der kleinere
Körper könnten für den Wind eine geringere Angriffsfläche bieten.
Zusammenfassend bedeutet das, dass niedrige Temperaturen und extreme Wind-, Licht- und
Regenverhältnisse das Flugverhalten negativ beeinflussen und eine hohe Individuendichte
nicht sichtbar wird. Der Toleranzbereich der Tiere hinsichtlich nicht ganz optimaler Bedingungen ist artspezifisch.
2.2.6.5. Zusammenfassung der Libellenerfassung:
Aus allen aufgeführten Messdaten geht deutlich der Einfluss von Umweltfaktoren hervor.
Libellen sind während ihres gesamten Lebens auf gute Bedingungen angewiesen. Die Reaktion der Tiere auf jene erfolgt jedoch nicht bewusst, sondern nach einem festen, genetisch
programmierten Verhaltensschema. Unterschiede zwischen den Arten werden am Beispiel des
Revierverhaltens oder der Habitatspezifität deutlich. Auch die Fortpflanzung ist eine innerartig immer gleich ablaufende Handlungskette, an deren Beginn das Auftauchen des Weibchens (Schlüsselreiz für das Männchen) steht.
Platz für Lernverhalten findet sich höchstens in Bezug auf die Orte der Nahrungsaufnahme
oder Gefahren, also im Appetenzverhalten. Wir konnten beobachten, dass kurzeitig gefangene
Tiere danach für eine Viertelstunde die Ufernähe mieden.
Insgesamt betrachtet weist unser Soll für seine recht geringe Größe und seine erheblichen
Wasserschwankungen doch ein sehr breites Artenspektrum auf. Zwischen vielen euryöken
Arten findet man auch die eine oder andere kleine Besonderheit.
Den Kern dieses labilen Systems bildet die Krebsschere, die vielen der gefundenen Arten die
Existenz ermöglicht.
32
2.3. Wasserstand:
•
2.3.1. Messdaten:
Seit Anfang des Jahres 2000 führen wir in unserem Untersuchungsgebiet regelmäßige
Wasserstandsmessungen durch, denn uns ist der stark schwankende Pegel aufgefallen. Um
diesen konkreter bestimmen zu können, brachten wir eine Messlatte im Wasser an (Abb. 7).
Abb. 7: Messlatte für den Wasserstand
Mit dem Ablesen der Daten begannen wir im März 2000.Trotz eines deutlich zu warmen und
zu trockenen Jahres 1999 fiel über die Wintermonate genügend Wasser, um das Defizit
wieder auszugleichen. Nach sechs folgenden zu trockenen Monaten, überstiegen die Niederschläge im Dezember den Normalwert um 194 %, die des Februars überstiegen ihn um 156
% und die des März um sogar 230 %. Somit lässt sich im Vergleich zu den folgenden Jahren
der doch sehr hohe Einstiegswert vom 10.03.00 erklären. Auffallend ist aber, dass trotz ausbleibender Schneeschmelze, da die Wintermonate sehr schneearm waren, dieser Wert erreicht
werden konnte. Der Folgemonat April war sehr niederschlagsreich und ließ den Wasserpegel
auf den Jahreshöchststand von 39 cm steigen. Ab Mai fielen die Werte dann wieder, da der
Monat vor allem am Anfang sehr trocken war. Ebenso verhielt es sich mit den übrigen Sommermonaten. Die natürliche Abnahme der Niederschläge im Sommer ließ den Wasserspiegel
auf –10 cm sinken. Mit dem Mai begann eine relativ warme, sonnenreiche und etwas zu
trockene Periode, die bis Ende August anhielt. Da die Trockenheit von höherer Verdunstung
begleitet war und die warmen Temperaturen einen höheren Wasserbedarf der Pflanzen nach
sich zogen, fiel der Pegel in den Sommermonaten trotz eines kalten und regnerischen Julis,
der die Wärme- und Trockenperiode unterbrach, so stark ab, dass bei der Differenz der
extremen Pegelstände (aus September und April) eine Jahresschwankung von fast 50 cm
ergibt.
Markant ist, dass der Hochpunkt des Pegels in allen Jahren immer in den Monaten März bis
Mai zu finden ist und der Tiefpunkt konstant im September bzw. Oktober erreicht wird.
Der folgende Herbst war mit zu milden Temperaturen und zu wenig Niederschlag insgesamt
zu trocken. Das Jahr 2000 war seit 1965 das trockenste. Diese Trockenheit ist durch sehr viele
warme Monate bedingt und hatte Auswirkungen auf Flora und Fauna, so begann die Vegetationsperiode mindestens zwei Wochen vor dem Normaldatum. Es waren bereits im Februar
erste Ansätze der Vegetation zu beobachten.
Erst im Februar hatten die milden Temperaturen und deutlich zu wenig Niederschläge kurzzeitig ein Ende. Aber auch im März konnte das Defizit des Winters nicht ausgeglichen
werden. So ist auch der Anfangswert des Jahres 2001 recht niedrig und steigt erst im April auf
sein Maximum von 10 an. Aber auch in diesem Monat wird der Winterrückstand nicht
aufgeholt. Nach einem durchschnittlichen Mai folgt ein zu trockener Sommer. Dazu kommen
33
sehr warme und heiße Sommertage mit vielen Sonnenstunden, die die Verdunstung noch
zusätzlich begünstigen. Anfang September erreicht der Pegel dann seinen Tiefstand mit –25
cm. Daraus ergibt sich eine Schwankung des Wasserspiegels von 35 cm. Im Vergleich zum
Vorjahr, in dem der Pegel mit einer Differenz von fast 50 cm stark schwankte, sind die Unterschiede eher gering, aber auf deutlich geringerem Niveau. Ein nasser September ließ den
Pegel steigen. Diese Entwicklung wird aber sofort wieder durch den warmen und trockenen
Oktober gestoppt.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Rückstand des Winters 200/01 eine schlechte Ausgangsposition geschaffen hat. Drei zu feuchte und vier zu fechte Monate scheinen relativ ausgeglichen, aber viele Sonnenstunden und viele zu warme Monate bewirkten eine hohe Verdunstung und großen Wasserbedarf in der gesamten Region.
Die Vegetationsperiode wurde dadurch um zwei Wochen nach hinten verschoben.
Der folgende Winter 2001/02 kann als sehr durchschnittlich beschrieben werden. Erst gegen
Ende, im Februar zeigten sich deutliche Veränderungen. Die 2,5-fache Niederschlagsmenge
des Normalwertes ließ den Pegel sprunghaft steigen. Im März, zur alljährlichen ersten Messung des Jahres waren wir doch sehr erstaunt, einen solch hohen Pegel vorzufinden, zumal
wir im November noch einen Jahresendstand von –15 verzeichnet hatten. Diese Entwicklung
setzte sich im März fort und ließ trotz etwas zu warmer Temperaturen den Wasserspiegel
weiter ansteigen. Ab Ende Mai setzte dann eine 20-tägige Trockenperiode ein, die die Entwicklung der Wassermenge stagnieren ließ. Zum Ende des vierten Monats fiel dann aber eine
solche Menge von Regen, dass der Monatsdurchschnittswert noch leicht überboten werden
konnte. Bis zu den ersten Maitagen stieg der Pegel noch an und erreichte am 05.05.02 den
Höchststand der gesamten vier Messjahre.
Ein recht trockener warmer Mai verursachte den Wasserrückgang. Auch Juni, Juli, August
und September waren etwas zu warm. Erst Ende September kühlte es merklich ab. Zusätzlich
gab es im September viele Sonnenstunden und die Monate Mai, Juni und Juli waren etwas zu
trocken. Die Folge war ein sommerlicher Pegelabfall um ca. 32 cm. Da das Frühjahr aber sehr
feucht war, blieb der jährliche Tiefstand mit 10 cm am 25.10.02 über der Nullmarke. Der
Oktober fiel deutlich zu kalt aus. Es wurde mit dem 13. 10. ein Rekord aufgestellt, die
früheste Schneedecke der Uckermark. Aber auch Regen ging reichlich in diesem Monat
nieder und ließ den Messwert zum Ende des Jahres auf den letzten Stand von 14 cm steigen.
Der Dezember war auffällig trocken und extrem kalt. Die Tagestemperaturen stiegen nur an
sieben Tagen über 1°C.
Insgesamt waren die ersten neun Monate des Jahres zu warm, der Dezember dagegen deutlich
zu kalt. Die Niederschlagsmenge bewegte sich nahe unter dem Normalwert. Die Niederschläge waren aber ungleichmäßig verteilt und so waren vor allem die Sommermonate (Mai
bis Juli) und der Dezember viel zu trocken. Januar bis März und Oktober hingegen deutlich zu
nass. Es fehlten ungefähr 200 Sonnenstunden um das Jahressoll zu erfüllen.
Die Trockenperiode des Vorjahres, die im Dezember begann, waren Anfang Januar des Jahres
2003 fortgesetzt. Mitte des Monats stieg dann plötzlich die Temperaturen und die Reste des
wenigen Schnees schmolzen nicht, sondern sublimierten sofort in die Luft. Der gesamte
Januar war etwas zu trocken.
Wurden in diesem Monat noch 90 % der langjährigen Niederschlagsmittel erreicht, so folgte
der Februar, der mit gerade mal 10 % der normalen Wassermenge ebenfalls deutlich zu
trocken ausfiel. Aber auch der folgende März brachte nicht den erhofften Niederschlag, sondern blieb 47 % unter den zu erwartenden Niederschlägen.
Der erste Messwert dieses Jahres ließ dies sehr deutlich werden. Nach einer sehr positiven
Bilanz des Jahres 2002 war der Wasserstand zwischen November und März nur um 6 cm
gestiegen. Das nötige Polster für die heißen Monate konnte in diesem sehr trockenen Winter
nicht geschaffen werden. Die Trockenperiode setzte der April fort. Auch in diesem Monat
34
konnte nur 28 % der Durchschnittsmenge an Niederschlägen gemessen werden. Zusätzlich
schien ab dem 12.04.03 tagsüber fast ununterbrochen die Sonne. Die damit steigenden Temperaturen begünstigen zusätzlich die Verdunstung. Im Mai und Juni blieben die Niederschläge
ebenfalls hinter den Erwartungen zurück. Diese Dürreperiode dauerte bereits sieben Monate
an.
Ähnlich wie im Jahr 2000, das mit sechs Dürremonaten eines der wärmsten war und die
Niederschläge erst in den Herbst- und Wintermonaten die Auswirkungen für das folgende
Jahr in Grenzen hielten. Der im März erreichte Wasserstand mit 20 cm war deutlich zu niedrig für das Frühjahrshochwasser und stagnierte bis in den Mai.
Letztlich wurde in den nicht so sehr trockenen Jahren der Höchststand erst Ende April
erreicht. Zu diesem Zeitpunkt war keine Veränderung des Wasserspiegels zu beobachten. Erst
Ende Mai regte er sich, aber nicht zum Positiven, sondern begann drastisch zu sinken. Am
13.06.03 hatte er bereits einen beunruhigenden Stand von Null erreicht, von dem der
Tiefstand des Oktobers des vorhergehenden Jahres noch 10 cm entfernt war.
Die wenigen Schauer Ende Juni und im Juli konnten diese Entwicklung nicht aufhalten, denn
beide Monate waren deutlich zu warm und die Verdunstung tat wieder ihr Übriges, um den
Wasserspiegel zu senken. Spätestens im August wurden dann endgültig alle Hoffnungen auf
Regen zerschlagen. Bis zum 27.08.03 fiel fast kein Tropfen Regen in der Uckermark. Dazu
kamen tropische Tagestemperaturen, die am 13.08.03 sogar bis auf 34 °C stiegen. Die Niederschläge Ende August und in der ersten Septemberwoche änderten am Wasserstand von -50
cm nichts mehr.
Während der drei Sommermonate war der Wasserstand um 50 cm gesunken und im Vergleich
zum Jahresanfang sogar um 70 cm. Die Folgen waren deutlich sichtbar, das Soll glich eher
einer Schlammgrube mit vereinzelten Pfützen als einem stehenden Kleingewässer. An den
Randbereichen lagen weite Teile, die stark morastig waren, so trocken, dass man den Tümpel
an seiner engsten Stelle überqueren konnte. Dies wäre in allen vorhergehenden Jahren nicht
denkbar gewesen. Hatte das Jahr 2002 noch mit dem Höchststand der gesamten vier Jahre
aufwarten können, so stellte das folgende Jahr gleich den Negativrekord von -50 cm auf.
Erst im September konnte der Wetterdienst überdurchschnittliche Niederschläge vermelden.
Oktober, November und Dezember blieben wieder leicht unter den Normalwerten und ließen
das Jahr mit dem Pegelendstand von –40 cm im Dezember ausklingen.
Zusammenfassend war das Jahr extrem trocken und dazu auch noch zu warm. 77% des zu
erreichenden Normalniederschlags fiel im vergangenen Jahr nur in der Uckermark. Gleichzeitig konnten im ganzen Jahr 2000 Sonnenstunden verzeichnet werden. Das sind 300 über
dem Durchschnitt.
Das Jahr 2004 beginnt mit 35 % Niederschlag über dem Normalwert vielversprechend und
lässt auf ein erfreulicheres Jahr hoffen. Aber wie im vergangenen Jahre wird wohl auch in
diesem Jahr die grundsätzlich geringe Schneeschmelze völlig ausbleiben.
35
•
3.3.2. Auswertung der Pegelstände in Verbindung mit den Klimadaten:
Grundsätzlich sind starke Wasserschwankungen in Söllen durchaus normal und werden mit
zunehmender Eutrophierung drastischer.
Der durchschnittliche Wasserstand von 1,6 cm wurde jedes Jahr deutlich überschritten und
meist auch genauso deutlich unterschritten.
Die von uns angebrachte Messlatte hat ihren Null - Punkt ungefähr bei dem jährlichen Durchschnittswert. Die Unterschreitungen bedeuten also nicht zwangsläufig ein Trockenfallen.
An den letzten vier Jahren lassen sich die jahreszeitlichen Schwankungen gut erkennen. Wie
stark die Amplitude ausfällt, hängt vorwiegend von zwei Faktoren ab. Einerseits von dem
Ausgangswasserstand, der vom Vorjahr übergeben wird und andererseits von den klimatischen Bedingungen (Niederschlag, Temperaturen) des jeweiligen Jahres.
Relevant für die Entwicklung sind hauptsächlich die Tiefpunkte. Überschwemmungen beeinflussen das Biotop eher geringfügig. Trockenperioden, vor allem über längere Zeit, haben
hingegen drastische Auswirkungen.
Besonders sind die Auswirkungen auf den Krebsscherebestand, damit auch auf den Libellenbestand zu beobachten (siehe Gesamtauswertung).
Die Ursachen für solche starken Schwankungen wie die der Jahre 2000 (mit 50 cm Schwankung) und 2003 (mit 70 cm Schwankungen) können verschiedenartig sein.
Der Grund des starken Wasserverlustes liegt im Jahre 2000 an den hohen Temperaturen. Die
Voraussetzungen des Vorjahres waren doch nahezu ideal. Viele Sonnenstunden und hohe
Temperaturen ließen der Verdunstung ihren Lauf. Warum wir solche warmen Jahre im kürzerer Abfolge erleben ist noch nicht mit Sicherheit geklärt. An sich sind Ausnahmetemperaturen
nicht bedenklich, solange sie nicht in kürzere Zeit hintereinander auftreten. Diese Abstände
allerdings sind in letzter Zeit immer kürzer geworden und dies fordert Erklärungen. Grundsätzlich gibt es hierzu zwei Theorien.
Auf der einen Seite besteht der dringende Verdacht, dass der Treibhauseffekt die Temperaturen steigen lässt, denn die in die Atmosphäre eindringende Strahlung kann nach der Reflexion von der Erde nicht mehr entweichen, da eine Gasglocke in höheren atmosphärischen
Schichten jenes größtenteils verhindert, und so treffen die Strahlen mehrmals auf die Erdoberfläche auf. Die Mehrfachreflexion bewirkt ein stärkeres Steigen der Boden- und der Lufttemperaturen. Gleichzeitig wird durch Schadstoffbelastung und höheren CO2-Ausstoß die Ozonschicht zerstört, die teilweise die energiereiche Strahlung durch Reflexion und Absorption
filtert. Eine dünnere Ozonschicht lässt also folglich mehr energiereiche Strahlung auf die
Erde, die damit stärker erhitzt wird.
Die zweite Möglichkeit basiert auf den natürlichen Zyklen der Erdgeschichte. Die Geologie
und Paläontologie haben gezeigt, dass sich in der Erdgeschichte immer Erdwarm- und Erdkaltzeiten (Eiszeiten) abwechselten. Fest steht, dass wir uns in einer Warmzeit befinden, wann
und mit welchen Temperaturen diese Warmzeit ihren Höhepunkt erreicht hat, wissen wir
nicht. Daher nehmen einige Experten an, dass sich die globale Erwärmung nur geringfügig
auf den Treibhauseffekt zurückführen lässt und vielmehr durch natürliche Veränderungen
begründet ist. Einig sind sie sich allerdings in der Ansicht darüber, dass der Treibhauseffekt
daran beteiligt ist. Die Frage ist nur, wie groß sein Anteil ist.
Eine weitere Entwicklung die sich in dieser Gegend abzeichnet, ist das Absinken des Grundwasserspiegels. Wie stark die Auswirkungen auf unseren Tümpel dabei sind, lässt sich aus
Messdaten von vier Jahren nicht entnehmen. Die Schüler, die dieses Projekt weiterführen
werden, können in fünf Jahren (mit dann insgesamt 9 Messjahren) eine sichere These diesbezüglich formulieren.
Außerdem muss man hier zwischen einem natürlich entstandenen Soll und einem künstlich
geschaffenen unterscheiden.
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Sollte es sich um ein natürliches Soll handeln, so dürfte der Einfluss des Grundwasserspiegels
eher gering sein, da das Soll auf Grund seiner Entstehungsgeschichte (vgl. 2.1.) von den
unteren Bodenhorizonten durch einen Lehmboden hermetisch abgeriegelt ist und das Wasser
nur sehr langsam diese Bodenschicht durchdringt.
Ist der Soll jedoch künstlich geschaffen, so fehlt diese isolierende Bodenschicht und mit
sinkendem Grundwasserspiegel sinkt auch der Wasserpegel, da der vom Grundwasser ausgehende Druck einem Absinken des Wassers des Tümpels entgegenwirkt.
2.4. Das Problem:
Den Ansatzpunkt für das Umweltproblem liefert die Grüne Mosaikjungfer. Ihr Erhalt ist das
zentrale Ziel. Es gibt verschiedenste Richtungen, aus der ihr Bestand bedroht ist.
Die Libelle wird immer weiter zurückgedrängt. Die letzten großen Vorposten müssen demnach verteidigt werden. Unser Gewässer bildet einen solchen „Vorposten“. Das Problem
besteht also in dessen Schutz und Bewahrung.
Grundlegend gilt: „Libellenschutz ist Biotopschutz“. Hierin liegt wohl auch die größte
Schwierigkeit.
Natürliche Kleingewässer verlanden schnell und können über die Sommermonate völlig
trocken fallen. Weiterhin trägt die zunehmende Eutrophierung zur Verschlechterung der
Bedingungen und letztlich zur Verlandung des Tümpels bei.
Eine zunehmende Verlandung hat eine Verringerung der Wasserfläche, auf der die Krebsschere einen geschlossenen Rasen ausbilden kann, zur Folge. Das bedeutet wiederum, dass
mit der Verringerung der Krebsscherepflanzen auch die Individuendichte der Aeshna viridis
zurück geht und genau jenes gilt es zu verhindern. Außerdem endet dieser Prozess in der
völligen Verlandung, also mit der Ausrottung aller Libellen an diesem Standort.
Das gänzliche Austrocknen hat ähnliche Folgen. Obwohl die Grüne Mosaikjungfer in den
Rosetten der stratiotes aloides gut geschützt ist, kann sie dort nicht langfristig einer Austrocknung entgehen. Die Pflanzen sinken während längerer Dürreperioden in den Schlamm, der für
eine gewisse Zeit sowohl die Pflanzen als auch die Tiere mit Wasser versorgt. Beginnt aber
ebenso der Schlamm auszutrocknen oder stirbt die Krebsscherepflanze ab, so sind auch alle in
ihr lebenden Libellenlarven zum Tode verurteilt.
Solche Trockenperioden zeigen erst in den späten Sommermonaten (Ende Juli und im
August) ihre Wirkung. Bis dahin konnten ein Großteil der Libellen der Vorjahre schlüpfen
und sind somit unbetroffen. Jedoch legen sie in die trocken fallenden Pflanzen ihre Eier,
welche darauf angewiesen sind, dass die Pflanze sie mit genügend Feuchtigkeit versorgt.
Stirbt die Pflanze nun ab, dann sterben die Eier bzw. Larven ebenfalls oder sie überdauern die
Periode und können dann aber nicht im nächsten Frühjahr, wenn der Wasserspiegel wieder
gestiegen ist, mit der Pflanze in die höheren Wasserschichten aufsteigen. Einerseits werden
sie so am Schlupf gehindert, andererseits ist fraglich, ob sie überhaupt diese
Entwicklungsstufe erreichen, da die Larve auf dem Grund verbleibt und ihr so die für die
Entwicklung notwendigen thermischen Verhältnisse fehlen.
Ein weiteres Problem liegt in der zunehmenden Ausbreitung der Schilfbestände und der
Weiden. Die Weiden entziehen ihm Wasser und begünstigen damit die Verlandung des Gewässers. Gleichzeitig drängen beide Pflanzen die Krebsschere zurück.
Ein das Problem verstärkender Faktor ist der Abfluss von Wasser nach der Schneeschmelze.
Dieses Wasser ist für den Verlauf der Pegelschwankungen von großer Bedeutung. Je mehr
Wasser im Frühjahr gesammelt wird und je weniger davon abfließt, desto geringer ist die
Wahrscheinlichkeit, dass das Gewässer trocken fällt. Das gesammelte Wasser fungiert ähnlich
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eines Puffers, der bei Trockenheit die hohen Verdunstungen (direkt oder durch Pflanzen) abfedert und somit die fatalen Auswirkungen mildert.
Den Schutz dieses Gewässers erleichtert uns ein sehr wichtiger Aspekt. Die Fläche ist in den
Naturpark „Uckermärkische Seenlandschaft“ eingegliedert. Für den Besitzer bedeutet dies
eine eingeschränkt Nutzung der Flächen. Es besteht also keine Gefahr, dass von der angrenzenden Schaafweide Nährstoffe in zu hoher Konzentration eingetragen werden.
Das dies nicht der Fall ist konnten wir in unseren drei Messungen der Wasserwerte (siehe
2.1.) nachweisen. Auch eine übermäßige Nutzung der restliche in den vergangenen fünf Jahren brachliegenden Flächen kann damit ausgeschlossen werden.
Der Einfluss der angrenzenden Straße hat für die Libellenpopulation keine Bedeutung, allerdings wurde bei den Beobachtungen der Amphibien klar, dass eine starke Migration im
Frühjahr zu unserem Tümpel stattfindet, die davon beeinflusst wird.
Neben den bereits genannten Faktoren, die kritisch zu sehen sind, gilt es die anderen Einflüsse, die für diese Art unerlässlich sind zu sichern . So darf z.B. das angrenzende Waldgebiet nicht verschwinden, da es Ruheplätze und Schutz bietet.
3. Lösungsvorschläge
3.1. Biotopschutz
• 3.1.1. Rodung:
Um dem Absinken des Wasserstandes entgegen zu wirken, gibt es die Möglichkeit die sich
stark ausbreitenden Weiden einzugrenzen und größere Bestände zu entfernen.
Diese Maßnahme muss allerdings regelmäßig oder zumindest mehrmals durchgeführt werden,
da die Weiden bereits weite Uferbereiche bewachsen haben und nach einer Rodung die
Stümpfe wieder ausschlagen. Ein Entfernen der Stümpfe würde bei dem durchwucherten
Boden nicht sinnvoll sein. Regelmäßiges Roden ist daher effektiver.
• 3.1.2. Staudämme:
Die beiden Abflüsse des Tümpels führen im Frühjahr Wasser in benachbarte Gewässer.
Einerseits in einen kleinen Tümpel, der bis auf die Frühjahrsmonate, in denen er die Dolgenseekette mit Wasser speist, trocken fällt und daher ökologisch von geringerem Wert ist.
Außerdem sammelt sich dort trotzdem Regen- und Schmelzwasser.
Der andere Abfluss führt über weitere kleine Tümpel in Richtung Grenzwasser-Fährsee.
Dieser Abfluss ist aber fast ständig ausgetrocknet und ein Staudamm würde hier ebenfalls das
Frühjahrswasser zurückhalten. Die Stauung des ersten Abflusses ist letztlich von entscheidenderer Bedeutung. Hierbei erhoffen wir uns den Wasserverlust zu verringern um das Schmelzwasser, sowie die Niederschläge effektiver als Puffer für trockene Sommermonate nutzen zu
können.
• 3.1.3. Schilfentfernung:
Der stark auswuchernde Schilfgürtel könnte gemäht und abgetragen werden und würde der
Krebsschere dadurch wieder neuen Raum zur Besiedlung frei geben.
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3.2. Libellenschutz
• 3.2.1. Schutzgebiet:
„Libellenschutz ist Biotopschutz!“
Die oben erwähnten Maßnahmen sind nur kurzfristige Initiativen. Um langfristig den Bestand
der Grünen Mosaikjungfer zu sichern, müssen weitreichendere Maßnahmen ergriffen werden.
Der Schutz, der von dem Naturpark ausgeht ist ein Anfang, kann aber nicht ausreichen für ein
solches Gewässer mit zahlreichen Bewohnern, die auf der Roten Liste erwähnt werden und
zwei Libellen für die die FFH Richtlinien gelten. Das Gebiet muss in ein stärkeres Schutzprogramm eingebunden werden, das seine zukünftige Existenz gewährleistet. Außerdem gelten
für die Tiere der Roten Liste und die, die in die FFH Bestimmung eingebunden sind, spezielle
Richtlinien, die es durchzusetzen gilt. Wir sind verpflichtet ihr Bestehen zu sichern.
3.3. Weitere Aspekte
• 3.3.1. Amphibien:
Da sich jährlich eine große Anzahl von Moorfröschen an unserem Tümpel einfinden und
gleichzeitig die Bundesstraße B109 seit kurzem durch Kreuzkrug führt, wäre das Aufstellen
von Lurchzäunen denkbar.
• 3.3.2. Öffentlichkeitsarbeit:
Viel solcher Kleinbiotope, wie das unsere werden nur im Vorbeifahren aus dem Auto heraus
wahrgenommen. Dass sie aber eine viel wichtigere Aufgabe haben, als die ebene Ackerlandschaft zu unterbrechen, wissen die meisten nicht. Deshalb wollen wir mit der Veröffentlichung dieser Arbeit im Zuge ihres Wettbewerbs und durch die Weiterleitung zu Fachleuten,
eine allgemeine Aufklärung erreichen.
Breites Verständnis für die Probleme der Natur erleichtert grundsätzlich auch den Erhalt und
den Schutz.
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4. Umsetzung
4.1. praktische Maßnahmen
Nach dem wir im März 2000 eine Messlatte angebracht hatten, konnten wir die Pegelveränderungen verfolgen. Daraufhin entschieden wir uns im Dezember den beobachteten Schwankungen mit einem Staudamm entgegen zu wirken. Wir stauten beide Abflüsse noch vor dem
Frühjahrs-Hochwasser, um die Auswirkungen im darauf folgenden Jahr beobachten zu können (Abb. 8).
Abb.8: Bau eines Staudammes.
Die vorgeschlagenen Rodungen nahmen wir in zwei Jahren vor. Im Januar des Jahres 2001
die erste auf der in Anlage 2.1.3. b gekennzeichneten Fläche. Da der Bestand aber auch nach
dieser ersten Rodung noch viel zu dicht war entschieden wir uns zu einer weiteren Rodung
am 11.01.02 und am 18.01.02. An jenen zwei Tagen räumten wir zusammen mit einigen anderen Schülern die wir für diese Aktion gewinnen konnten, eine größere Fläche frei (Abb.9)
Abb. 9: Bei der Rodung.
Beide Rodungen fanden im Winter statt und zu einem Zeitpunkt, zu dem das Soll gefroren
war und wir demnach auch die von Wasser umgebenen Bereiche roden konnten.
Einerseits ist der Erfolg dieser Maßnahmen sehr schwer einzuschätzen. Aus den vier Jahren
die uns Daten zu den Wasserpegelveränderungen liefern, können z.B. für das vergangene Jahr
keine vergleichbaren Daten benutzt werden und damit wissen wir nicht, in wie fern unsere
Maßnahmen erfolgreich waren. Obwohl wir 2000 den Staudamm bauten, war der Einstiegswert des Jahres der niedrigste der gesamten 4 Jahre. Hier fehlt uns leider der Vergleich zu
einem klimatisch ähnlich verlaufenden Jahres. Solche vergleichbaren Jahre finden sich
höchstens mit 2000 und 2003. Ersteres war extrem warm und letzteres ausgesprochen trocken.
Die Auswirkungen der Trockenheit haben den Pegel trotz aller Maßnahmen in Addition 2003
stärker fallen lassen, als in allen vorhergehenden Jahren.
Andererseits könnten die Maßnahmen immer noch nicht weitreichend genug gewesen sein.
Obwohl wir entlang der stark bewucherten Uferseite einen breiten Streifen entfernt haben. Für
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unsere Nachfolger gilt es nun herauszufinden ob sich durch die Maht von Teilen des breiten
Schilfgürtels Verbesserungen erreichen lassen.
Wir denken, dass der Staudamm im Frühjahr seine Wirkung nicht verfehlt. Trotzdem am
Staudamm 1 nach der Schneeschmelze beide Seiten geflutet sind, verhindert er doch ein
Abfließen des Wassers in den tiefer gelegenen Nachbartümpel.
Nicht nur die Grauweiden breiteten sich großflächig aus, ebenso wucherte die Himbeersträucher, so dass der Zugang zum Tümpel versperrt wurde. Daraufhin rodeten wir in zwei
Jahren (2000, 2002) und machten den Tümpel damit wieder zugänglich.
Alle von uns getroffenen Maßnahmen wurden unter Absprache mit dem Besitzer Reinhardt
Köpping getätigt.
4.2. Öffentliche Maßnahmen
Die Eingliederung eines solchen Gewässers in den Naturpark kann wie bereits erwähnt nur
eine vorläufige Alternative sein. Für den ernsthaften Artenschutz reicht dies jedoch nicht.
Daher haben wir einen Antrag, auf Aufnahme des Solls bei Kreuzkrug in die Liste der
geschützten Biotope des Landkreises Uckermark, beim Landwirtschafts- und Umweltamt
gestellt. Weiterhin leiteten wir diesen Antrag an den Leiter des Naturparks, Herrn Resch, und
den Vorsitzenden des Fördervereins Feldberg – Uckermärkische Seenlandschaft e.V. weiter.
Für den Besitzer zieht der Antrag kaum Veränderungen nach sich, da bereits Auflagen für die
Nutzung des Grundstückes bestehen.
Der Erfolg dieser Initiative ist noch abzuwarten. Wir konnten den Antrag erst nach Abschluss
unserer theoretischen Arbeit einreichen, da wir wissenschaftlich begründete Zweifel an dem
jetzigen Schutzstatus angeben mussten und gleichzeitig belegte Argumente vorweisen mussten.
Fest steht allerdings, das unser Soll mit der Veröffentlichung den Sprung aus der Kreisklasse
heraus geschafft hat.
In wie fern dies den Schutzstatus beeinflusst bleibt abzuwarten.
Anmerkung: Seit dem 7.10.04 gehört das Untersuchungsgebiet zu den geschützten Biotopen.
Sehr geehrte Frau Kilias,
leider hatte ich aus dem Gebiet noch nicht alle Biotopdaten verfügbar und
konnte erst jetzt die Daten prüfen. Tatsächlich wurde das von ihnen
gemeldete Kleingewässer bislang nicht als geschützter Biotop erfasst, obwohl
für den Naturpark Uckermärkische Seen alle geschützten Biotope erfasst sein
sollten. Da die Fläche direkt im Randbereich des Naturparks zum angrenzenden
Biospärenreservat liegt, scheint die Fläche übersehen worden zu sein, denn
interessanterweise enden alle kartierten Biotope nördlich der Bahnlinie.
Ich habe die Fläche zunächst unter der Nummer 0609-312/1001 im Verzeichnis
der geschützten Biotope des Landesumweltamtes registriert und nachgetragen,
im Zuge der Einarbeitung in das Kataster wird sich die Nummer
voraussichtlich nochmal ändern. Demnächst werden sie die Daten im Internet
sehen können.
Vielen dank für ihre Angaben
Kasten 1: Bestätigungsschreiben: Aufnahme des Untersuchungsgebietes zu den geschützten Biotopen.
Da das Gebiet bereits Teil des Naturparks „Uckermärkische Seenlandschaft“ ist und der
Leiter des Fördervereins Feldberg – Uckermärkische Seenlandschaft e.V. der Libellenexperte
Hr. Dr. Mauersberger ist, setzten wir uns mit ihm in Verbindung und luden ihr zu einer
Besichtigung des Gewässers ein.
Zweimal folgt er unserer Einladung. Letztlich ließ er unsere Daten in den bereits in der
Einleitung benannten Artikel mit einfließen und eröffnete uns im Gegenzug die Möglichkeit
unsere Arbeit bei der jährlichen Tagung und Exkursion der Libellenfachgruppe vorzustellen.
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Zur Veröffentlichung der Arbeit hielten wir in unserem Leistungskurs ein Referat über unsere
Aktivitäten. Der im Zuge der Arbeit entstandene Schaukasten dient nachfolgenden Schülern
als Anschauungsmaterial und repräsentierte unsere Aktivitäten noch vor deren Abschluss auf
mehreren Tagen der offenen Tür in unserer Schule.
In dem bereits in der Einleitung benannten Schulprojekt „Kanal“ brachten wir unsere Kenntnisse ein. Es erschienen mehrere Zeitungsartikel, in denen auch unsere Beteiligung Erwähnung fad. Der Artikel (Kasten 2) wurde von uns verfasst und in der Templiner Zeitung veröffentlicht.
Kasten 2: Artikel aus der Templiner Zeitung am 23. Mai 2004.
4.3. Maßnahmen zur Datengewinnung:
Bei der Bestimmung von Libellen, kommt es vor allem anfänglich häufiger zu Fehlern. Um
dem entgegenzuwirken, besuchten wir ein Seminar, das sich unter anderem mit der Bestimmung von Exuvien beschäftigte und wir nahmen an zwei Exkursionen der Libellenfachgruppe
teil.
Damit waren wir in der Lage die eine Informationsquelle zu sichern, die Exuvien. Eine andere
Methode Libellendaten zu belegen, ist die Tiere zu fotografieren. Wir arbeiteten eng mit der
Foto-AG unserer Schule zusammen, die uns nützliche Tipps zur Verbesserung unserer
Dokumentationsfähigkeiten gab.
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5. Zusammenfassung
5.1. Zusammenfassung:
Die Bilanz, die wir aus unseren Untersuchungen ziehen können fällt sehr positiv aus.
Als wir mit den Beobachtungen begannen, hätten wir nicht gedacht, dass wir dort eine solche
Artenvielfalt vorfinden werden.
Neben den Bewohnern, die häufig in solchen Kleinoden anzutreffen sind stießen wir auf zwei
Tierarten, die in der Roten Liste vermerkt sind. Vor allem die insgesamt acht Pflanzen, die
ebenfalls dort aufgeführt sind, beeindruckten.
Hinsichtlich der Libellen trafen wir an dem Gewässer 26 Arten an. Unter den bodenständigen
sind 9 Rote Liste-Arten und zwei FFH-Arten. Alle typischen Libellenarten eines optimalen
Krebsscheregewässers, wie dem unseren, beobachteten wir (Aeshna mixta, Sympetrum sanguineum, Lestes sponsa, Coenagrion puella, Coenagrion pulchellum, Aeshna isocelis, Somatochlora flavumaculata, Leucorrhinia pectoralis).
In der Zeit der praktischen Problemerörterung zeigten sich uns alle Entwicklungsstufen der
Tiere.
Die Amphibienbeobachtungen untermauern das Problem, da die Individuendichte der BioIndikatorart Moorfrosch zurückgegangen ist und insgesamt drei stark gefährdete (Kammmolch, Rotbauchunke, europ. Laubfrosch), sowie zwei gefährdete Arten (Moorfrosch, Teichfrosch) von uns nachgewiesen wurden.
Die umliegende Wiese weist Senken auf, in denen sich nach der Schneeschmelze Wasser
sammelt, das wiederum von Urzeitkrebsen besiedelt wird.
Geologisch betrachtet gehören Sölle zu den Überresten der letzten Eiszeit und sind so Zeitzeugen längst vergangener Tage.
Große Schwierigkeiten ergaben sich aus den starken Pegelschwankungen und der direkten
Abhängigkeit des Solls von den äußeren Bedingungen. Der Wasserstand bildet im Rückblick
das größte Problem, dessen Behebung uns in den letzten Jahren öfter Kopfschmerzen bereitete.
Das von uns erkannte Problem versuchten wir auf verschiedenste Weisen zu bewältigen. Hinsichtlich der Minderung der Wasserpegelschwankungen erlebten wir größtenteils Rückschläge, aus denen wir gelernt haben, in dem wir unsere Bemühungen ausweiteten, wiederholten und neue Lösungsansätze suchten.
In Bezug auf die Veröffentlichung und Aufklärungsarbeit, sind wir erfolgreicher gewesen.
Der erwähnte Zeitungsartikel, die Libellenfachgruppe und Schulveranstaltungen ermöglichten
dies.
In wie weit unsere Maßnahmen hinsichtlich des öffentlichen Schutzstatus erfolgreich sind,
lässt sich noch nicht beantworten, da der gestellte Antrag weder bewilligt, noch abgelehnt
wurde.
5.2. Prognosen:
Die Zukunft des kleinen Solls ist ungewiss. Bis zum Ende unserer Schulzeit in diesem Sommer werden wir das Projekt noch leiten und in dieser Zeit unseren Nachfolgern so viele Hinweise wie möglich mit auf den Weg geben. Dann werden sie es übernehmen. Bis dahin allerdings werden wir selbst den öffentlichen Schutz vorantreiben. Wir hoffen, dass die nachfolgenden Generationen, die Populationsüberwachung weiterführen und ausbauen. Sie sollten
auch die von uns erwägten Lösungsvorschläge, die als Resultat des letzten Jahres entstanden
sind umsetzen (z. B. die Verkleinerung des Schilfgürtels).
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Zur endgültigen Klärung der Frage ob es sich um ein natürliches oder künstliches Soll handelt
schlagen wir eine Bodenuntersuchung (Bohrung) vor. Hierbei könnte gleichzeitig der Staudamm in Richtung Fährsee auf seine Dichtheit überprüft werden und bei Bedarf eine Sohlschwelle errichtet werden.
Potential liegt in der Untersuchung der Amphibienpopulation. Es stehen noch Fragen offen,
die vielleicht eine andere Schülergruppe klären könnte, so z. B. die Verfolgung der Migrationsbewegungen und damit verbunden die Notwendigkeit von Lurchzäunen.
Hinsichtlich der Libellenentwicklung sind die folgenden zwei Jahre von höchstem Interesse.
Da die Grüne Mosaikjungfer mehrjährig ist werden sich die direkten Auswirkungen des
feuchten und des darauffolgenden trockenen Jahres erst in den nächsten beiden Jahren zeigen.
Letztlich bleibt uns jetzt nur noch die Hoffnung etwas zum Schutz der Grünen Mosaikjungfer
und ihrer Heimat beigetragen zu haben. Für die Art wäre es ein Schritt in die richtige Richtung.
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