Seite 1 von 4 Information der Radiologischen Gemeinschaftspraxis in Wittmund Funktion der Schilddrüse Die Schilddrüse ist nur ein kleines Organ in unserem Körper. Sie wiegt bei Gesunden etwa 20 g und macht somit 0,03 % des Körpergewichtes aus. In diesem Organ werden jedoch lebenswichtige Hormone für die Steuerung vieler Stoffwechselvorgänge im Körper hergestellt und abgegeben. Die vielfältigen Steuerungsvorgänge kann die Schilddrüse nur leisten, wenn ihr zur Hormonbildung Jod in ausreichender Menge angeboten wird. Geschieht das nicht, reagiert die Schilddrüse zunächst damit, daß sich das Gewebe vergrößert, es entsteht der Kropf (Struma). Bei andauerndem Jodmangel kann es zu Knotenbildung mit verschiedensten Funktionsstörungen (Über- oder Unterfunktion, Entzündung bis zur Krebserkrankung) kommen. Tabelle 1: Stoffwechselsteuerung durch die Schilddrüse Organsystem Gesundheitliche Risiken bei Jodmangel Gehirn/Nerven Reifungsstörung bei Kindern, Konzentrationsschwäche, Depression Herz/Kreislauf Bluthochdruck, Aderverkalkung Magen/Darm Darmträgheit, Verstopfung, Durchfall Keimdrüsen Menstruationsstörung Haut/Haare Trockene Haut, Haarausfall Leber Störung des Zucker- und Fettstoffwechsel Knochen Reifungsstörung Entwicklung im Geistige Störung mit Schwerhörigkeit, Mutterleib Anstieg der Rate von Fehl- und Totgeburten Kosten des Jodmangels Der menschliche Körper benötigt etwa 150 Mikrogramm Jod am Tage, wobei eine längere Speicherung des Jods im Körper nicht möglich ist. Leider ist die Jodaufnahme häufig viel zu niedrig, und zwar in ganz Deutschland. Dieses hat zur Folge, daß über 14 Millionen Deutsche (etwa 20 % der Bevölkerung) an Schilddrüsenerkrankungen leiden. Allein 100.000 Schilddrüsenoperationen mit den entsprechenden Risiken sind die Folge. Dabei ist mit etwa 90 % der einfache Kropf durch Jodmangel am Häufigsten. Dieses hat enorme wirtschaftliche Konsequenzen (Tabelle 2). Tabelle 2 Folgekosten der Jodmangel bedingten Schilddrüsenerkrankungen (1992) Krankenhauskosten 550 Mio. DM Arbeitsausfall 750 Mio. DM Ambulante Untersuchungen und Behandlungen 700 Mio. DM Medikamente 200 Mio. DM Insgesamt 2200 Mio. DM Mögliche Kostenersparnis durch Jodgabe 1500 Mio. DM Seite 2 von 4 Wie bemerke ich eine Kropfentwicklung? Zunächst wird der Kragen zu eng. Eng anliegende Kleidungsstücke und Krawatten werden als störend empfunden. Häufig bemerkt man ein Kloßgefühl sowie Schluckbeschwerden. Entzündungen im Rachenraum werden häufiger, der bronchitische Husten hält länger an, ebenso Schleimabsonderungen aus dem Halsbereich. Schließlich kommt es zur Luftnot besonders im Liegen. Dazu bekommt man nach und nach die Auswirkungen der Stoffwechselfunktionsstörung zu spüren. Hierzu gehören Leistungsminderung, Blutdruckstörung, Herzklopfen, Schlafstörung, Haut- und Haarerkrankungen sowie Menstruationsstörung. Jod und Schwangerschaft/Stillzeit Ganz besonders wichtig ist eine ausreichende Jodversorgung in der Schwangerschaft. Zu einem steigt der Jodbedarf in der Schwangerschaft und Stillzeit bis zum dreifachen an, so daß sich häufig bis zum Ende der Schwangerschaft ein Kropf gebildet hat. Zum anderen ist der ausreichende Jodaustausch in der Gebärmutter sowie die Jodweitergabe in der Muttermilch für eine gesunde Kindesentwicklung von äußerster Wichtigkeit (siehe oben). Wie wird der Kropf behandelt? Zunächst ist es notwendig, die Schilddrüse mit ihrer Stoffwechselleistung bei Ihrem Arzt genau zu untersuchen. Dazu gehört in erster Linie die Ultraschalluntersuchung sowie eine Blutabnahme zur Bestimmung der Schilddrüsenhormone. Neuerdings kann auch die Jodausscheidung bestimmt werden, wobei genaue Rückschlüsse auf die Jodzufuhr erhalten werden können. Aufgrund dieser Untersuchungen entscheidet ihr Arzt, ob weitere Spezialuntersuchungen notwendig sind und bespricht die notwendige Behandlung mit Ihnen. Hierbei müssen die Medikamente oft über Jahre genommen werden. Kann ich durch Ernährung die Kropfentwicklung verhindern? Es ist besonders wichtig, schon im Kindesalter auf eine ausreichendeJodzufuhr zu achten. Auch die Ernährungsgewohnheiten im Alter führen meist dazu, daß nur unzureichende Jodmengen mit der Nahrung aufgenommen werden können. Der Jodgehalt von Trinkwasser, aber auch von den meisten Mineralwässern ist äußerst gering: Einige Lebensmittel (siehe Tabelle 3), wie z. B. Seefisch, haben einen größeren Jodgehalt. Daher sollten diese Ernährungsbestandteile in der ausgewogenen Ernährung nicht fehlen. Seite 3 von 4 Tabelle 3 Jodgehalt in Nahrungsmitteln (Pfannenstiel et al., 1997) Nahrungsmittel Jodgehalt (ug pro 100g) Erforderliche tägliche Verzehrmenge in g zur Deckung des Jodbedarfs Schellfisch 416 25 Seelachs 260 38 Hering 52 190 Scholle 50 200 Forelle 3 3100 Miesmuscheln 130 75 Krabben 130 75 Schwein unbearbeitet 5 2500 Rind, Kalb unbearbeitet 5 2500 Innereien 20 400 Roggenbrot 9 1200 Weißbrot 7 1500 Reis 2 4500 Kartoffeln 4 2500 Spinat 12 700 Champignons 16 500 Frischmilch 6 2000 Eier 10 1000 Fisch Fleisch Backwaren Gemüse Jodiertes Speisesalz 250 40 Wie leicht aus Tabelle 3 ersichtlich, ist es mit den üblichen Ernährungsgewohnheiten nicht möglich, den notwendigen Jodbedarf zu decken. Weiterhin bewirken einige pflanzliche Lebensmitteln, so Kohl, Bohnen, Sojabohnen, Mais, Süßkartoffel eine Störung der Jodaufnahme. Das Risiko der Kropfentstehung wird erhöht. Seit dem 19. 06. 1989 darf in der Lebensmittelindustrie sowie bei der Herstellung von Gemeinschaftsverpflegung jodiertes Speisesalz verwendet werden. Inzwischen setzten über 70 % der Bäcker und Fleischer Jodsalz bei der Fertigung ein. Der Jodgehalt derart hergestellter Backwaren und Fleischprodukten liegt bis zum Dreifachen über den Rohprodukten. Daher ist anzuraten, mit Jod verarbeitete Backwaren und Fleischprodukte in der täglichen Ernährung einzusetzen. Gerade bei Säuglings- und Kleinkinderfertignahrung sollte immer darauf geachtet, daß bei der Herstellung Jodsalz verwendet wurde. Seite 4 von 4 Reicht die Jodmenge in der Ernährung für eine Verhinderung der Kropfentstehung aus? Bei einer vollwertigen Kost reicht die Jodmenge zur sicheren Verhinderung einer Kropfentstehung nicht aus. Ausgenommen sind lediglich diejenigen, die regelmäßig mehrmals pro Woche Seefisch essen. Im Haushalt sollte daher ausschließlich Jodsalz benutzt werden, wobei durch den üblichen Salzverbrauch etwa 25 % des täglichen Jodbedarfs gedeckt werden können. Häufig muß allerdings geraten werden, zusätzlich Jod in Tablettenform einzunehmen. Dieses insbesondere bei jodarmer Ernährung (überwiegend pflanzliche Kost), während Schwangerschaft und Stillzeit, während der Wachstumsphase bei den Kindern und häufig auch im Alter. Bevor allerdings Jodtabletten eingenommen werden, sollte ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt geführt werden und anders geartete Schilddrüsenfunktionsstörungen ausgeschlossen werden. Erfolg einer ausgewogenen Ernährung Regelmäßige Reihenuntersuchungen in Mecklenburg- Vorpommern in den letzten 15 Jahren durch die Universität Rostock mit dem "Schilddrüsen- Mobil" zeigten, daß insbesondere der vermehrte Jodsalzgebrauch in den Haushalten, eine verbesserte Ernährungsaufklärung sowie insbesondere der Gebrauch von Jodsalz bei der Herstellung von Brot- und Backwaren sowie in der Fleischverarbeitung eine deutliche Verbesserung bei der Jodversorgung brachten. Einen entscheidenden Sprung nach vorn brachte die Freigabe des Jodzusatzes 1989. Durch die Initiative, in breitem Rahmen Jodsalz einzusetzen, haben die Bäcker und Fleischer einen wichtigen Schritt für eine effektive Gesundheitsvorsorge in der Vorbeugung von Schilddrüsenerkrankungen getan. Zusammenfassung Eine ausgewogene Ernährung mit Seefisch- und Fleischprodukten kann einem Jodmangel als häufigste Ursache der Kropfbildung vorbeugen. Hierbei hat die Verwendung von Jodsalz zur Herstellung von Lebensmittelprodukten wie Backwaren, Säuglingsfertignahrung und bei der Fleischverarbeitung einen herausragenden Stellenwert. Eine alleinige Verwendung von Jodsalz im Haushalt ist unbedingt zu empfehlen. Damit kann ein Jodmangel als Ursache vielfältiger Erkrankungen und Reifungsstörungen verhindert werden. Dennoch muß empfohlen werden, insbesondere in Schwangerschaft und Stillzeit Jod zusätzlich zuzuführen (z.B. in Tablettenform). Auch bei verstärkt pflanzlicher Ernährung ist auf zusätzliche Jodzufuhr zu achten. Vor zusätzlicher Einnahme von Jodpräparaten sollte man ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt führen.