PFLANZEN + SORTIMENTE Blattfraß an Polygonatum vulgaris durch die Afterraupen der Blattwespe Phymatocera aterrima Fraßschäden an Lysimachia punctata durch Monostegia nigra Krankheiten und Schädlinge an Stauden (9) Afterraupen erkennen und bekämpfen Gelegentlich tritt an Polygonatum oder Lysimachia stark zerfressenes Laub auf, sodass man dahinter eine Armee von Nacktschnecken vermuten könnte. Bei genauem Hinsehen werden vor allem bei Sonnenschein auf der Blattunterseite die wahren Schädlinge sichtbar – die Afterraupen. D ies sind keine normalen Schmetterlingsraupen, sondern Larven der eng mit Bienen und Wespen verwandten Blattwespe. Die Afterraupe ist am einfachsten an ihren sechs bis acht Bauchfußpaaren plus Nachschieber zu erkennen, während Schmetterlingsraupen nur zwei bis vier Beinpaare und einen Nachschieber besitzen. Die erwachsene Blattwespe sieht wespenähnlich aus, mit vier durchsichtigen Flügeln. Brust und Hinterleib sind aber nicht durch eine „Wespentaille“, wie bei echten Wespen, sondern breit verbunden. Lebenszyklus Bei vielen Blattwespen überdauert die Larve den Winter in 37/20055 Die Larve von Pseudodineura enslinii in einer geöffneten Platzmine von Trollius chinensis einem Kokon im Boden. Im April verpuppt sie sich dort und die erwachsenen Tiere schlüpfen im Mai/Juni. Der Flug der unscheinbaren Insekten, die etwa die Größe einer Fliege besitzen, wird meist nicht wahrgenommen. Nach der Eiablage entwickeln sich die sehr gefräßigen Afterraupen. Ende Juni bis Juli verkriechen sich die ausgewachsenen Larven im Boden. Pro Jahr tritt nur eine Generation auf. Larven bekämpfen Da das Auftreten der erwachsenen Blattwespen nur schwer zu beobachten ist, muss sich die Bekämpfung auf die Larven konzentrieren. Die gefräßigen Tiere treten oft in Gruppen auf und verursachen schnell große Platzminen an Trollius chinensis verursacht durch die Larven der Blattwespe Pseudodineura enslinii 33 PFLANZEN + SORTIMENTE Die circa 3 mm große NatterkopfNetzwanze Dictyla echii Fraßschäden an Geranium sp., verursacht durch Larven der Blattwespen der Gattung Macrophya Massive Blattverbrennungen an Symphytum durch Saugschäden der Natterkopf-Netzwanze Dictyla echii Schäden. Es ist wichtig, den Pflanzenbestand im Frühjahr im Abstand von einigen Tagen zu überprüfen, um einen beginnenden Befall rechtzeitig zu störte Hosta. Verursacht wird der Fraß von blaugrau bepuderten Afterraupen, die sieben Bauchfußpaare und einen schwarzen Kopf besitzen. Sie Pflanzenbestände im Frühjahr GRÜNDLICH auf Befall KONTROLLIEREN erkennen und Gegenmaßnahmen schnell einleiten zu können. Die meisten Insektizide, die zur Bekämpfung von Schmetterlingsraupen empfohlen werden (zum Beispiel Conserve, Dimilin, Karate Zeon, Spruzit Neu, Tamaron/Arvestor) sind auch gegen Afterraupen geeignet. Allerdings muss beachtet werden, dass Bacillus-thuringiensis-Präparate wie Bactospeine, Dipel oder Turex hier nicht wirksam sind. Schäden verschiedener Blattwespenarten ➜ Am häufigsten tritt Phymatocera aterrima an Polygonatum vulgaris auf. Aus einiger Entfernung erinnern befallene Pflanzen an von Schnecken zer- 34 treten häufig gruppenweise auf und befinden sich bei sonnigem Wetter meist auf der schattigen Blattunterseite. ➜ Vor rund 100 Jahren kam Lysimachia punctata aus dem Kaukasus in die Bauerngärten – unbewusst wurde auch Monostegia nigra im Substrat eingeschleppt. Die Afterraupen von M. nigra sind graugrün bepudert, besitzen sieben Fußpaare und einen helloliv farbenen Kopf mit schwarzen Augen. Der sehr starke Blattfraß verwundert zunächst, da bei Sonnenschein keine Schädlinge sichtbar sind – die Larven sitzen bei Sonne auf der Blattunterseite an der Pflanzenbasis. ➜ Ein völlig anderes Befallssymptom, verursacht durch Blattwespenlarven von Pseudodineura enslini, findet sich an Trollius europaeus. Mitte Mai traten im Sichtungsgarten Weihenstephan sehr deutliche, aufgeblasene Platzminen an den Blatträndern auf. Bei Sonne scheinen die Larven durch die großen, mit dünner, weißer Epidermis bedeckten Minen hindurch. Nach deren Öffnung werden die Schädlinge sichtbar: Afterraupen mit weißlich durchsichtigem Körper, sieben Bauchbeinpaaren, schwarzem Kopf und dunklem Verdauungssystem. Nach ihrer Entwicklung verlassen die Larven die Minen und verstecken sich im Boden, um dort zu überwintern. Die leeren Minen vertrocknen rasch. Nachdem die Pflanzen zahlreiche neue Blätter gebildet haben, ist der ur- sprünglich deutlich sichtbare Schaden im Juli kaum noch zu erkennen. ➜ Bei Geranium treten ab und zu größere Fraßschäden auf. Auffällig ist, dass zwar große Blattflächen zerstört sind, sie aber deutlich von den Blattadern begrenzt sind. Auf den ersten Blick könnten Schnecken die Ursache sein, aber weder Schleimspuren noch Kotreste deuten darauf hin. Bei den Schädlingen handelt es sich um Arten von Macrophya, zum Beispiel M. carinthiaca, M. albipunctata oder M. tenella. Prof. Dr. Wolfgang W. P. Gerlach, Institut für Gartenbau an der Forschungsanstalt für Gartenbau FH-Weihenstephan, Freising Bilder: Gerlach ■ S C H Ä D E N D U R C H N E T Z WA N Z E N Blattverbrennungen Im Sichtungsgarten Weihenstephan wurden vor einigen Jahren im Sommer massive Blattschäden (Verbrennungen) an Symphytum beobachtet. Erst nach genauen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass diese Schäden nicht durch Mikroorganismen, sondern durch die Natterkopf-Netzwanze Dactyla echii verursacht wurden. Wanzenschäden werden meist durch die Abscheidung von phytotoxischem Speichel während des Anstechens verursacht. Die erwachsenen Tiere überwintern in der Laubstreu. Im Mai/Juni werden die stiftförmigen Eier in der Unterseite der Blattrippen eingesenkt. Spritzungen mit Rogor konnten den Schaden erfolgreich verhindern. Insektizide wie Confidor (Imidacloprid), Karate Zeon (lambda-Cyhalothrin) oder Tamaron = Arvestor (Methamiodphos) sind ebenfalls wirksam. 37/2005