Beitrag aus: „Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009“ Ausländerextremismus Sicherheitsbehörden – Bedeutung von Konvertiten für die Die Sicherheitsbehörden verstehen unter dem Begriff „Konvertit“ zum einen Personen, die die islamische Religion nach „westlicher“ Sozialisation und Herkunft annehmen. Zum anderen fallen jedoch auch so genannte re-islamisierte Personen unter diese Bezeichnung, d. h. als Muslim geborene Personen, die sich trotz einer überwiegend säkularen Sozialisation der Religion des Islam zuwenden. Zwar gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass Konvertiten überproportional in terroristische Netzwerkstrukturen eingebunden sind. Dennoch machten insbesondere die Personengeflechte der im Zusammenhang mit den vereitelten Anschlägen vom Herbst 2007 entdeckten Terrorzelle der ISLAMIC JIHAD UNION (IJU) sowie nachfolgende Hinweise auf jihadistische Aktivitäten von Personen aus Deutschland Bezüge zur Konvertitenszene deutlich. Sie zeigen, dass sich dieser Personenkreis trotz einer westlichen Sozialisation für religiös motivierte Terroranschläge rekrutieren lässt. Konvertiten sind daher nicht generell ein Fall für die Sicherheitsbehörden. Der weitaus überwiegende Teil verhält sich friedlich und erkennt unsere rechtstaatlichen Regeln an. Jedoch müssen die Sicherheitsbehörden die Möglichkeit des Einsatzes von aus dem hiesigen Kulturkreis stammenden einzelnen Konvertiten etwa bei der Planung und Durchführung islamistisch-terroristischer Anschläge genau im Auge behalten. Denn diese Personen verfügen über ein hier unauffälliges Aussehen, führen einen gängigen Namen und kennen die kulturellen Gepflogenheiten sowie die Infrastruktur des Landes. Islamistische Einflussfaktoren auf Konvertiten Wenngleich man nicht von einem typischen Profil islamistischer Einflusspersonen sprechen kann, können insbesondere religiöse Autoritätspersonen (z. B. Islamgelehrte oder Imame1), aber auch Kontaktpersonen, die religiös motivierte Gewalt aktiv oder passiv unterstützen, für eine Radikalisierung von Konvertiten mit ursächlich sein. Ein weiterer Einflussfaktor für eine islamistische Grundhaltung und Radikalisierung kann die Aufnahme und anschließende Übernahme fremden Gedankengutes durch die Rezeption einschlägiger Medien sein. Das betrifft insbesondere islamistische Schriften und Bücher, die z. T. über das Internet abrufbar sind, aber auch einschlägige Internetforen, die in zunehmendem Maße gezielt ein deutschsprachiges Publikum ansprechen. Zudem können auch der Besuch extremistisch orientierter Islamseminare und der Aufenthalt an einschlägigen Bildungseinrichtungen im islamisch geprägten Ausland zu Zwecken des Studiums von Sprache und Kultur hierfür in Betracht kommen. Zahl der Konvertiten Die Konversion zum Islam wird vollzogen, wenn vor mindestens zwei Zeugen das islamische Glaubensbekenntnis (Schahada), „Es gibt keinen Gott außer Gott und Muhammad ist sein Prophet“, aufgesagt wird. Da nicht unbedingt eine schriftliche Fixierung des Glaubensübertritts erfolgt und die islamische Religionszugehörigkeit nicht erfasst wird, lässt sich die Zahl der Konvertiten kaum ermitteln. Gegenwärtige allgemeine Schätzungen der Gesamtzahl der deutschen Konvertiten zum Islam bewegen sich je nach Quelle im fünf- bis sechsstelligen Bereich. 1 Islamische Vorbeter. Seite 1 von 2 Beitrag aus: „Sächsisches Handbuch zum Extremismus und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen 2009“ Bei einem Großteil der Konvertiten handelt es sich um Frauen, die z. B. im Zusammenhang mit der Eheschließung mit einem Muslim den Islam annehmen. Lage im Freistaat Sachsen Die Zahl der Konvertiten, die sich in Sachsen aufhalten, ist aus bereits genannten Gründen nicht bestimmbar. Aus verschiedenen Quellen liegen jedoch Hinweise darauf vor, dass sich islamische Einrichtungen aktiv um Konvertiten, z. B. mittels Sprach- und Koranunterricht sowie religiös geprägte Seminare, bemühen und deren Zahl kontinuierlich steigt. Im Umfeld von islamischen Vereinen mit Bezug zum Extremismus sind einige Konvertiten aufgefallen, ohne bislang erkennbar eigene extremistische Aktivitäten zu entfalten. Bei der Mehrzahl der Konvertiten handelt es sich auch hier um Frauen, die vermutlich durch Heirat eines muslimischen Ehepartners den Islam angenommen haben. Vereinzelt liegen auch Erkenntnisse vor, dass sich Personen durch das Wirken maßgeblicher islamistischer Einflusspersonen aus Sachsen einer extremistischen Islaminterpretation zugewandt haben. Seite 2 von 2