Zusammenhang topologischer Räume

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Ergänzungen zur Vorlesung Analysis 2
Nützliche Sätze und Ergebnisse
1 Topologie
Bisher haben wir um Stetigkeit definieren zu können stets Räume mit Struktur benötigt, dh.
metrische bzw. normierte Räume. Man ist jedoch daran interessiert dieses möglichst weit zu
verallgemeinern. Zuerst jedoch die Frage: wieso? Naja das liegt daran, dass stetige Abbildungen viele Eigenschaften bereits vererben. Wir werden dieses am Beispiel des Zusammenhanges
erläutern. Ein anderes Beispiel aus der Vorlesung wäre, dass stetige Bilder kompakter Mengen
wieder kompakt sind.
Versuchen wir jetzt bei einem beliebigen Raum X, welcher nicht notwenig eine Metrik besitzen
soll, sowas wie stetige Abbildungen zu finden, so müssen wir uns überlegen wie wir diese charakterisieren können. Aus obigen Sätzen wissen wir ja bereits, dass Stetigkeit dazu äquivalent ist,
dass Urbilder offener Mengen wieder offen sind. Dh. wir müssen erstmal überlegen was offene
Mengen überhaupt sein sollen, dabei wollen wir nicht mit einer Abstandsfunktion (Metrik)
arbeiten, sondern direkt mithilfe von Umgebungen. Kommen wir einfach zur Definition.
Definition 1.1.
Sei X eine Menge. Eine Topologie ist ein Mengensystem T ⊂ P (X), also der Potenzmenge,
welche den folgenden Axiomen genügt:
1. ∅, X ∈ T
2. Sind beliebige Mengen {Ui : i ∈ I} mit Ui ∈ T , ∀i ∈ I so ist auch
S
Ui ∈ T
i∈I
3. Sind die endlich vielen Mengen A1 , . . . , An ∈ T , so ist auch
n
T
Ak ∈ T
k=1
Die Elemente von T heißen dann offene Mengen nach Definition. Das Paar (X, T ) wird dann
topologischer Raum genannt.
Man kann sich leicht vergewissern, dass die bisherige Definition der offenen Mengen mit
der neuen für metrische Räume übereinstimmt, dieses soll jedoch nicht Gegenstand unserer
Betrachtungen sein. Wir definieren als nächstes Stetigkeit wie folgt:
Definition 1.2.
Ist f : X −→ Y eine Abbildung zwischen topologischen Räumen (X, T ), (Y, T 0 ), so heißt f
stetig, falls
1
∀U ⊂ Y ,U offen, ist auch f −1 (U ) ⊂ X offen.
Also das Urbild einer offenen Menge wieder offen, wie zuvor auch. Oder äquivalent dazu ersetze
man offen durch abgeschlossen.
Wie kann man jetzt eigentlich Topologien finden? Naja man kann sich welche konstruieren,
die Mengensysteme T = {∅, P (X)}, T = P (X) sind ja offensichtlich Topologien. Im Falle von
normierten bzw. metrischen Räumen induziert die Metrik bzw. Norm eine Topologie also ein
System von offenen Mengen. Schliesslich wissen wir aus der Vorlesung, dass alle 3 Axiome erfüllt
sind. Jedoch gilt viel mehr. Zum Beipiel liefern uns äquivalente Normen dieselbe Topologie.
Sowie liefert uns diesselbe Topologie (sofern diese von einer Norm kommt) auch äquivalente
Normen. Damit zeigt sich der vorher bewiesene Satz als eine Art Speziallfall der bisherigen
Überlegungen. Im folgenden und letzten Abschnitt stellen wir jetzt die versprochenen Begriffe
des Zusammenhanges dar.
2 Zusammenhang und Wegzusammenhang
2.1 Zusammenhang
Diese Begriffe finden sich in vielen Bereichen der Mathematik wieder. Zusammenhängende
Bereiche bzw. Wegzusammenhängende Bereiche lassen uns zu mehr Aussagen über Abbildungen auf diesen zu treffen. Man betrachte, dazu komplex differenzierbare Funktionen auf einer
Wegzusammenhängenden Menge. Diese Funktion ist schon durch eine Hand voll Werte eindeutig überalle festgelegt. Im Reellen ist dieses nicht möglich...
Intuitiv soll der Begriff des Zusammenhanges genau dass darstellen, was man Anhand der Begrifswahl vermutet. Eine Menge hängt zusammen, als eine Art ganzes. Hat also unter anderem
keine ”Löcher” (im eindimensionalen Fall zumindest R). Zum Beispiel ist R zusammenhängend,
jedoch R\{0} nicht mehr. Kommen wir jedoch zu der genauen Definition:
Definition 2.1. und Satz
Sei X ein topologischer Raum. X 6= ∅ heißt zusammenhängend, wenn es eine der folgenden
2
äquivalenten Bedingungen erfüllt:
(i)
X ist nicht die Vereinigung von 2 nichtleeren, offenen, disjunkten Mengen
(ii)
X ist nicht die Vereinigung von 2 nichtleeren, abgeschlossenen, disjunkten Mengen
(iii)
X besitzt ausser ∅, X keine Teilmengen, welche gleichzeitig offen und abgeschlossen sind
(iv) Jede stetige Abbildung f : X −→ {−1, 1} ist bereits konstant
Beweis. der Äquivalenzen
(i)⇒(ii): Seien also A, B ⊂ X 2 abgeschlossene und diskunkte Teilmengen mit A ∪ B = X,
wobei A, B beide nicht leer sein sollen (disjunkt = A ∩ B = ∅). Nun ist X\A, X\B offen und
X = X\∅ = X\(A ∩ B) = (X\A) ∪ (X\B). Ferner haben wir: (X\A) ∩ (X\B) = X\(A ∪ B) =
X\X = ∅ , dh (X\A), (X\B) sind disjunkte offene Mengen, welches ein Wiederspruch zur
Vorraussetzung ist.
(ii)⇒(iii): Sei V ⊂ X offen und abgeschlossen zugleich, wobei V weder ganz X noch leer ist.
Dann ist X = V ∪ (X\V ) eine Zerlegung in disjunkte abgeschlossene Teilmengen und somit
wieder ein Wiederspruch.
(iii)⇒(iv): Sei f : X −→ {−1, 1} stetig. Es ist {−1} offen und abgeschlossen in der diskreten
Topologie T = P ({−1, 1}) = {{−1}, {1}, {−1, 1}, ∅} und somit wegen der Stetigkeit f −1 ({−1})
offen und abgeschlossen. Nach Vorraussetzung muss das Urbild entweder leer sein oder der
ganze Raum. in beiden Fällen wäre f bereits konstant.
(iv)⇒(i): Angenommen X = A ∪ B wobei A, B ⊂ X offen, nicht leer und disjunkt sind. Dann
ist die Abbildung: f (a) := −1,f (b) := 1, ∀a ∈ A, ∀b ∈ B nicht konstant und stetig. Also ein
Wiederspruch. (Stetigkeit durch Urbilder einfach nachprüfen.
Satz 2.2.
Sei I ⊂ R, I 6= ∅. Es gilt folgendes:
I ist zusammenhängend
⇔ I ist ein Intervall
:⇔ ∀x, y ∈ I, x < y, z ∈ R, x < z < y ⇐ z ∈ I
Insbesondere ist also auch R zusammenhängend, betrachtet als Intervall I = (−∞, ∞)
Neben der Tatsache, dass stetige Bilder kompakter Mengen wieder kompakt sind, ist die fol3
gende Aussage mit am Interessantesten (meiner Meinung nach) und lässt sich auf einige Zusammenhänge geschickt anwenden.
Satz 2.3.
Sei f : X −→ Y eine stetige Abbildung zwischen topologischen Räumen. Ist X zusammenhängend, so ist es auch f (X) = {f (x) : x ∈ X} = {y ∈ Y : ∃x ∈ X, f (x) = y}
Beweis.
Seien U, V ⊂ f (X) 2 offene disjunkte Teilmengen mit U ∪ V = f (X). Dann ist f −1 (U ), f −1 (V )
ebenfalls offen und disjunkt (f stetig) und wir haben somit offensichtlich: f −1 (U )∪f −1 (V ) = X.
Nach Vorraussetzung muss eine der beiden Mengen leer sein und somit entweder U oder V leer
sein.
Wahrscheinlich sind die meisten dieser Betrachtungen recht abstrakt und scheinen evtl.
unnötig kompliziert, aber manchmal muss man ein wenig Arbeit investieren um schöne Erkenntnisse zu gewinnen. Zum Beispiel ist der bekannte Zwieschenwertsatz jetzt in einer viel allgemeineren Form nur noch ein kleiner Korollar:
Korollar 2.4. Zwieschenwertsatz
Sei X ein zusammenhängender topologischer Raum und f : X −→ R stetig. Ferner seinen
x1 , x2 ∈ X sowie c ∈ R beliebig mit: f (x1 ) < c < f (x2 ), dann gibt es ein x ∈ X mit f (x) = c.
In Analysis 1 wurde dieses für die reellen Zahlen und Intervalle gezeigt. Jedoch ist ein Intervall ja zusammenhängend und somit auch das Bild. Der Rest folgt aus den 2 vorhergehenden
Sätzen (Das Bild ist ein Intervall und somit werden alle Werte dazwieschen angenommen.
Zum Schluss noch ein weiteres Resultat, wobei die Rückrichtung nicht bewieschen wird. Die
Hinrichtung ist ein Korollar aus dem letzten Satz.
Satz 2.5. Seien Xi , i ∈ I topologische Räume. Für den Raum X =
Q
Xi gilt:
i∈I
X ist zusammenhängend genau dann, wenn jeder einzellne Faktor es ist.
Für die Hinrichtung betrachte einfach die Abbildungen: pri : X −→ Xi , x 7−→ xi mit
x = (xi )i∈I . Diese Abbildungen sind stetig und somit die Bilder zusammenhängend. Man
beachte, dass die Indexmenge I stets auch überabzählbar sein kann, jedoch muss man sich dann
Gedanken machen, wie die Topologie in einem solchen Produkt gegeben ist (Produkttopologie). Für den Rn ist alles kein Problem. Damit haben wir also, dass Rn zusammenhängend
ist.(überrascht?)
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2.2 Wegzusammenhang
Dieser Begriff ist etwas spezieller. Die Idee ist einfach den Raum dadurch zu charakterisieren,
dass man schaut, ob und welche Punkte man stets durch Wege, also eine Art Bindfäden im
Raum verbinden kann. Die präzise Definition wäre:
Definition 2.6.
Sei X ein topologischer Raum und x, y ∈ X. Ein Weg von x nach y ist eine stetige Abbildung
ω : [0, 1] −→ X mit ω(0) = x und ω(1) = y.
Der Raum X heißt wegzusammenhängend, wenn je zwei Punkte in X durch einen Weg verbunden werden können.
Der Begriff des Wegzusammenhanges sollte intuitiv und formell etwas leichter Fallen. In
der Funktionentheorie arbeitet man zum Beispiel sehr viel mit solchen Wegen (soweit ich das
beurteilen kann). Insbesondere wenn man ein Integral zwischen 2 Punkten in der komplexen
Ebene berechnen will. Dafür braucht man einen Weg entlang welchem man integrieren kann...
Genauso kann ein solcher Weg, eben genau den Weg eines Teilchens im Raum X = R3
beschreiben, intuitiv wäre es also schlecht, wenn der Rn nicht wegzusammenhängend wäre.
Zum Glück ist dem auch nicht so. Der Weg den das Teilchen zurücklegt ist sogar selbst
Wegzusammenhängend, siehe folgende Sätze:
Satz 2.7.
Sei X ein topologischer und wegzusammenhängender Raum. Dann ist X zusammenhängend.
Beweis.
Angenommen X ist nicht zusammenhängend ist also die Vereinigung von 2 disjunkten offenen
und nichtleeren Mengen A, B. Sind jetzt a ∈ A, b ∈ B 2 beliebige Punkte und ω ein Weg,
welcher diese verbindet, so ist: ω −1 (A), ω −1 (B) offen und nicht leer. Insbesondere ist: [0, 1] =
ω −1 (X) = ω −1 (A ∪ B) = ω −1 (A) ∪ ω −1 (B). Damit ergibt sich ein Wiederspruch, da [0, 1]
zusammenhängend ist.
Die Umkehrung ist falsch, dazu gibt es klassische Gegenbeispiele. Jedoch wollen wir nochmal
folgendes aufgreiffen:
Korollar 2.8.
Der Rn ist wegzusammenhängend und somit insbesondere auch zusammenhängend.
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Beweis.
Seien x, y ∈ Rn . Definiere ω(t) := ty + (1 − t)x = x + (y − x)t. Diese Abbildung ist als
Linearkombination stetiger Abbildungen stetig bzw. ist jede Komponente stetig, also die ganze
Abbildung.
Das ist sogar die kürzeste Verbindungsstrecke (geradlinige Verbindung, Cauchy-SchwarzUngleichung, Bogenlänge)
Satz 2.9.
Sei f : X −→ Y eine stetige Abbildung zwischen 2 topologischen Räumen. Ist X wegzusammenhängend, dann ist es auch f (X).
Beweis.
Seien y1 , y2 ∈ f (X) beliebig. Nach Definition gibt es also x1 , x2 ∈ X mit f (x1 ) = y1 , f (x2 ) = y2 .
Verbinde jetzt x1 , x2 durch einen Weg ω : [0, 1] −→ X. Dann ist die Abbildung η : [0, 1] −→ Y ,
t 7−→ f (ω(t)) stetig als Verkettung stetiger Funktionen und bildet somit einen Weg in Y .
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