LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 1/10 Olivin-Gruppe Als Vorbereitung für die Übungen sind die Kapitel über Nesosilikate (Olivin) und Inosilikate (Pyroxene) in Matthes „Mineralogie“ (oder einem vergleichbaren Lehrbuch) im Selbststudium durchzuarbeiten! Isomorphe Mischungsreihe zwischen den beiden Endgliedern Forsterit Mg2SiO4 Fayalit Fe2SiO4 Die optischen und physikalischen Eigenschaften ändern sich mit der chemischen Zusammensetzung (Abb. 6.2). Abb. 6.1. Optische Kenngrößen für Olivin Spaltbarkeit: unvollkommen nach {010} und {100}, vor allem in Mg-reichem Olivin Habitus: körnig, dicksäulig-prismatisch; eher xenomorph in Plutoniten, eher idiomoroph in Vulkaniten Farbe, Pleochroismus: Mg-reicher Olivin ist farblos, Fe-reicher Olivin selten blaß gelblich; schwacher Pleochroismus nur bei Fe-reicheren Olivinen (α, γ blaß gelb, β orange gelb) Optische Eigenschaften: Abb. 6.1; Details siehe Tröger, Nr. 122 • hohe Doppelbrechung; bunte Interferenzfarben 3. Ordnung! • großer Achsenwinkel für die häufigeren Mg-reichen Zusammensetzungen J.G. Raith LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 2/10 Alteration: Olivine wandeln sich unter Wasseraufnahme leicht in Serpentinminerale um (= Serpentinisierung)! Vorkommen: 1. In ultramafischen Gesteinen (z.B. Dunit); oft mit Pyroxen; extrem häufig (Erdmantel)! Wiederhole das Klassifikationsdiagramm der Ultramafite! 2. Ebenso wichtig in mafischen Gesteinen (z.B. Basalt, Andesit, Olivin-Gabbros) mit Pyroxenen, Plagioklas, etc. Wiederhole das Basalt-Tetraeder! 3. Forsterit kommt seltener in metamorphen Mg-reichen Kalksilkatgesteinen vor. Verwechslungsmöglichkeiten: mit Pyroxen zu verwechseln, hat aber >n, >2V, >Δ, schlechtere Spaltbarkeit (!), selten Zwillinge; sehr oft alteriert zu Serpentin etc! Abb. 6.2. Änderung der optischen Eigenschaften, der Dichte und des (130) Reflexes von Olivin in Abhängigkeit vom Chemismus; n Lichtbrechung, D Dichte, 2V Achsenwinkel. J.G. Raith LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 3/10 Pyroxen-Gruppe Inosilikate mit Einfachketten; verschiedene Endglieder und Mischungsreihen. Allgemeine Formel: X1-n Y1+n Z2O6 X= Ca, Na; Y= Mg, Fe2+, Ni, Li, Fe3+, Cr, Ti; Z= Si, Al Klinopyroxene: CPX monoklin (immer schiefe Auslöschung!) Diopsid-Hedenbergit-Reihe Augit-Ferroaugit-Reihe Pigeonit Ägirinaugit-Reihe Orthopyroxene: OPX orthorhombisch (oft gerade bzw. symmetrische Auslöschung!) Enstatit-Orthoferrosilit-Reihe (Endglieder: Enstatit, Hypersthen; Mischkristalle: Bronzit, Ferrosilit) Pyroxene sind generell durch ihre markante Spaltbarkeit (fast 90°!) erkennbar und auch dadurch von Amphibolen zu unterscheiden! (Abb. 6.3.) Physikalische und optische Eigenschaften, wie Dichte (D), n, 2V, Pleochroismus etc. variieren mit der chemischen Zusammensetzung. Klinopyroxene sind an ihrer fast rechtwinkeligen Spaltbarkeit, ihrer schiefen Auslöschung und ihrem optischen Charakter bestimmbar; Die meisten Klinopyroxene sind optisch zweiachsig positiv (Ausnahme: manche CPX der Ägirinaugit-Reihe). Orthopyroxene zeigen zwar auch 90° Spaltbarkeit, löschen aber in vielen Schnitten gerade bzw. symmetrisch aus, zeigen meist geringere Doppelbrechung, und können zweiachsig optisch positiv (Enstatit) oder negativ (Hypersthen) sein. Die weitere optische Unterscheidung der einzelnen Pyroxene ist oft schwierig. In Ergänzung mit anderen Beobachtungen lassen sich gewisse Einschränkungen über den Winkel der Auslöschungsschiefe in (010) Schnitten machen (Abb. 6. 4). J.G. Raith LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 4/10 Abb. 6.3. Querschnitt durch einen Klinopyroxen normal auf die c-Achse geschnitten mit idealem achteckigen Umriß; Darstellung der fast rechtwinkeligen Spaltbarkeit nach (110) und einem in dieser Schnittlage erkennbaren Austritt. einer optischen Achse (guter Schnitt für Konoskopie!). Abb. 6. 4. Änderung der mittleren Auslöschungschiefe für verschiedene Klinopyroxene in Längsschnitten // (010). J.G. Raith LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 5/10 A. Orthopyroxene Vollständige Mischungsreihe zwischen den beiden Endgliedern Enstatit und Orthoferrosilit (Mg, Fe2+)2 Si2O6, orthorhombisch Abb. 6.5. Optische Kenngrößen von Orthopyroxenen Habitus: tafelig nach (100), gestreckt parallel zu kristallographisch c, z.T auch tafelig // (010) oder körnig Zwillinge: einfache Verzwilligung nach (100) und anderen Flächen, selten! Entmischungslamellen: oft bei starker Vergrößerung beobachtbar; Details siehe Gribble and Hall (1992). Spaltbarkeit: nach (210) gut, und zwei Richtungen nach (110) vollkommen! in Basalflächen beobachtbar; Spaltwinkel: 91.75° (!) Eigenfarbe, Pleochroismus: Enstatit farblos, Fe-führender OPX schwach grün bis braun gefärbt; Pleochroismus letzterer nach folgendem Muster: αrosa, rötlich-braun, purpur/violett; β gelb, blaß grün, braun, blaß rötlich, γ grün, blaß grün. Optische Eigenschaften: • 2+, in Mg-reichen (Fs0-13) und 2– in Fe-reichen (Fs13-87) OPX. • • • durch orthorhombische Symmetrie in vielen Schnitten gerade bzw. auch symmetrische Auslöschung! Zonencharakter l=(+) Andere optische Eigenschaften wie Lichtbrechung, Doppelbrechung und 2V variieren in Abhängigkeit von Chemismus (siehe Abb. 6.6.). J.G. Raith LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 6/10 Abb. 6.6. Änderung der optischen und physikalischen Eigenschaften der Orthopyroxene in Abhängigkeit vom Chemismus. Alteration: Serpentinisierung, Umwandlung zu Amphibolen Diagnose: Unterscheidung von Klinopyroxenen durch Art der Auslöschung, niedrigere Doppelbrechung, ev. auch Pleochroismus! Optischer Charakter von OPX variabel, während CPX meist 2+. Z. T. Verwechslung mit Sillimanit und anderen Mineralen möglich (siehe auch Tröger, Nr. 164, S 73). Vorkommen: 1. Magmatisch in (a) mafischen (z.B. Basalte, Andesite, Norite) und (b) ultramafischen Gesteinen (z.B. Pyroxenite) 2. Metamorph in Gesteinen (a) der Hochtemperaturfazies der Kontaktmetamorphose und (b) der Granulitfazies (mafische Granulite, Charnockite). J.G. Raith LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 7/10 B. Klinopyroxene - calcische und subcalcische CPX Zur Nomenklatur siehe Abb. 6.7. Für die optischen Details dieser Klinopyroxene sei auf die Tabellen von Tröger verwiesen. Es sind nachfolgend nur einige wichtige charakteristische Merkmale herausgegriffen. Die mikroskopische Unterscheidung der einzelnen Klinopyroxene ist oft schwierig (bis unmöglich). Abb. 6.7. Nomenklatur der calcischen und subcalcischen Klinopyroxene J.G. Raith LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 8/10 Diopsid-Hedenbergit Abb. 6.8. Optische Kenngrößen von Diopsid-Hedenbergit Eigenfarbe, Pleochroismus: meist farblos, Hedenbergit schwach braungrün, schwacher Pleochroismus. Spaltbarkeit: gute Spaltbarkeit // den Prismenflächen, im Querschnitt 87° Spaltwinkel! Optische Eigenschaften: mittlere Doppelbrechung, schiefe Auslöschung mit großer Auslöschungsschiefe (auch >45°) in (010) Schnitten. Vorkommen: 1. Regional- und kontaktmetamorphe Gesteine: Kalksilikatgesteine, Skarne; gemeinsam mit Ca-reichem Granat, Tremolit, Forsterit etc. 2. Diopsid auch in basichen Vulkaniten, Hedenbergit in Fe-reichern Plutoniten (Ol-Granite, Ol-Gabbros) Pigeonit CPX sehr ähnlich von Diopsid und Augit, aber kleinerer Achsenwinkel (2V <30°). Er kommt nur in rasch abgekühlten Magmatiten vor, da sich Pigeonit sonst in OPX umwandelt. J.G. Raith LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 9/10 Augit Abb. 6. 9 . Optische Kenngrößen von Augit Eigenfarbe und Pleochroismus: farblos, schwach braun, Ti-Augit ist blaß purpur; schwacher Pleochroismus Habitus: variabel; in Plutoniten hypidiomorph, in Vulkaniten idiomorph prismatisch Spaltbarkeit: ca. 90°! sehr ähnlich Diopsid und anderen Pyroxenen Optische Eigenschaften: • Interferenzfarben 2. Ordnung • große Auslöschungsschiefe (Abb. 6. 4 ) • manchmal "Uhrglas"-Sektor Zonierung! Vorkommen: Augit kommt in mafischen und ultramafischen Plutoniten vor, während der optisch schwer unterscheidbare Diopsid v.a. in mafischen Vulkaniten und Plutoniten und in Metamorphiten auftritt. J.G. Raith LV 620.108 Mikroskopie I – Kurs 6 10/10 C. Klinopyroxene - Alkalipyroxene Jadeit NaAlSi2O6, monoklin Jadeit ist optisch sehr ähnlich Diopsid, hat aber einen kleineren 2V (33-40°). Es ist ein seltener Klinopyroxen, der nur in Hochdruckgesteinen (z.B. Glaukophanschiefer) gemeinsam mit anderen Hochdruckmineralen (Lawsonit, Glaukophan) vorkommt. Omphacit Ein Na-Ca-Al Mischkristall der Klinopyroxengruppe mit optischen Eigenschaften sehr ähnlich dem Jadeit und Augit. Er kommt aber nur in Eklogiten (Hochdruckmetamorphose) vor! Spodumen LiAlSi2O6, monoklin Spodumen ist ein farbloser Li-Klinopyroxen, der sehr ähnlich dem Diopsid ist. Er ist selten und kommt nur in Li-reichen Magmatiten (vor allem Li-Pegmatite) gemeinsam mit Quarz, Feldspäten, Li-Glimmern, Beryll, Turmalin etc. vor. Ägirin-Ägirinaugit Farbe, Pleochroismus: diagnostisch! deutlich grün gefärbt; markanter Pleochroismus beobachtbar Habitus: eher gelängt prismatisch Spaltbarkeit: wie andere Pyroxene ca. 90° Spaltrisse nach (110) Optische Eigenschaften: • hohes Relief, hohe Doppelbrechung (3. Ordnung)! Wird aber oft von starker Eigenfarbe überlagert, die auch bei gekreuzten Polarisatoren noch erkennbar ist. • Auslöschungschiefe gering!: α^prismat. Spaltbarkeit ca. 0-20° • Zonencharakter l=(-) Vorkommen: 1. Vor allem in akalireichen Plutoniten (Syenit, Nephelin-Syenit, Alkaligranit) gemeinsam mit (Alkali)-Amphibolen etc. 2. In Na-reichen Schiefern mit Riebeckit und Glaukophan. J.G. Raith