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Stellungnahme des Tierarzneimittelfachbeirats (TAMFB) zu Fragen des StMUG vom
05.08.2009
Stand: 12.10.2011
1.
Fragen des StMUG
1.1
Ist eine Abgabe von Arzneimitteln zur Behandlung von Tieren bei den unter Ziffern 2.
und 3. genannten Indikationen, Managementmaßnahmen, Einzeltiererkrankungen bzw.
Bestandserkrankungen ohne vorherige Untersuchung aller zu behandelnden Tiere durch
den Tierarzt vom Stand der veterinärmedizinischen Wissenschaft gedeckt?
Beziehungsweise unter welchen Umständen bezogen auf die jeweilige Ursache und/oder
Ausprägung (Verlauf beim Einzeltier, in der Tiergruppe bzw. als unter bestimmten
Umständen wiederkehrendes Geschehen) des Krankheitsgeschehens ist solch ein
Vorgehen vom Stand der veterinärmedizinischen Wissenschaft gegebenenfalls gedeckt?
1.2
Welche Leistungen einschließlich ggf. Dokumentationen müssen vom Tierarzt nach dem
Stand der veterinärmedizinischen Wissenschaft jeweils erbracht werden, um der
arzneimittelrechtlichen Forderung der ordnungsgemäßen Behandlung insbesondere
hinsichtlich Untersuchung und Kontrolle des Behandlungserfolgs bzw. der
Arzneimittelanwendung zu genügen?
1.3
Fordern die Regeln der tierärztlichen Wissenschaft im Rahmen der ordnungsgemäßen
Behandlung vom Tierarzt mit einem Arzneimittel insbesondere jeweils die
Berücksichtigung therapieflankierender Maßnahmen und wenn ja, inwiefern bzw.
welche?
-1-
2.
Vom Ministerium für die Tierart Rind konkret benannte Indikationen,
Managementmaßnahmen, Einzeltiererkrankungen bzw. Bestandserkrankungen

Systematische Hormonanwendungen
Einsatz von GnRH / Analoga oder Buserelin (Receptal®) beim Rind vor und nach der
Besamung als standardisiertes Verfahren im Rahmen des Fruchtbarkeitsmanagements /
- PG-Programme

Endometritisprophylaxe Rind
standardisierter Einsatz von Prostaglandinpräparaten post partum
standardisierter Einsatz von „Uterusstäben“ post partum

Mastitistherapie und Prophylaxe - Verwendung antibiotischer Trockensteller

„Einstallprophylaxe“ in der Kälbermast / Fresseraufzucht

Enzootische Bronchpneumonie (EBP) des Rindes

Räudebehandlung

Kälberkokzidiose

Mastitis

Kälberdurchfall

Nachgeburtsverhaltung

Festliegen

Ketose
-2-

Milchfieber

Ovardystrophie / Follikel-Theka-Zysten

Geburtshilfe

Lahmheit

Indigestion

Lungenentzündung
3.
Vom Ministerium für die Tierart Schwein konkret benannte Indikationen,
Managementmaßnahmen, Einzeltiererkrankungen bzw. Bestandserkrankungen
MMA
Pneumonie- Bronchopneumoniekomplex:
Enzootische Pneumonie: Mycoplasmen v. a. bei Ferkeln und jungen
Mastschweinen kompliziert durch Sekundärerreger (Pasteurellen,
Bordetellen, Streptokokken, Staphylokokken)
APP (Actinobacillus pleuropneumoniae Infektion) v. a. Aufzucht und
Jungsauen
Pasteurelleninfektion: Pasteurella multocida, Läufer bis Jungsauen
Arthritiden:
Glässer`sche Krankheit (in Verbindung mit Polyserositis) bei Saugferkeln und
Läufern
Streptococcus suis (in Verbindung mit Meningitis und Pneumonie)
Arthritis purulenta: Streptokokken, Staphylokokken, Arcanobaculum bei
Ferkeln, Zuchtsauen, Mastschweinen und Läufern
Panaritium: alle Altersstufen
Metaphylaxe oder Prophylaxe von Aufzuchtkrankheiten - Absatzferkel, Mastschweine
Pneumonie-Bronchopneumoniekomplex (siehe oben)
Enteritiden (siehe unten)
-3-
Ödemkrankheit: E. coli, Absatzferkel
Enteritiden – Ferkel, Mastschweine
Colidiarrhoe: E. coli, Ferkel
Kokzidiose: Isospora suis, evtl. Eimeria Arten, bei Ferkeln
Nekrotisierende Enteritis der Saugferkel: Clostridium perfringens Typ C,
(hier wirklich nur Meta- bzw. Prophylaxe möglich mit magensaftresistentem
Penicillin (Aviapen))
Schweinedysenterie: Brachyspira hyodysenteriae,
PIA: porcine intestinale Adenomatose, Lawsonia interzellularis, bei Ferkeln,
Läufern, Mastschweinen
4.
Stellungnahme Tierarzneimittelfachbeirat
4.1.
Vorbemerkungen:
Das Arzneimittelgesetz (AMG) sorgt im Verkehr mit Arzneimitteln für die erforderliche Sicherheit
von Mensch und Tier. Ein Verschreiben oder Abgeben eines Arzneimittels an Tierhalter durch
den Tierarzt ist gemäß § 56a AMG ausschließlich für die vom Tierarzt behandelten Tiere unter
Beachtung festgelegter Fristen möglich. Die Ausführungen des Tierarzneimittelfachbeirats zum
Thema „Ordnungsgemäße Behandlung“
(s.http://www.vis.bayern.de/ernaehrung/lebensmittelsicherheit/tiergesundheit/fachbeirat_stellung
nahme.html.) erläutern den Behandlungsbegriff. Danach ist eine tierärztliche Diagnostik nach
dem Stand der tiermedizinischen Wissenschaft Bestandteil jeder ordnungsgemäßen
Behandlung von Tieren (als Voraussetzung für die Abgabe apothekenpflichtiger einschließlich
verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch den Tierarzt).
Wie in den Auslegungshinweisen der AG TAM der LAGV zur 11. AMG-Novelle bereits
ausgeführt, gibt es Tierbestandserkrankungen und bestandsbezogene
Managementmaßnahmen, bei denen eine Arzneimittelabgabe ohne vorherige Untersuchung
aller zu behandelnden Tiere durch den Tierarzt nach dem Stand der tiermedizinischen
Wissenschaft möglich ist. Derartige Fälle müssen die im Folgenden genannten allgemeinen und
speziellen Kriterien erfüllen.
Auf die Stellungnahme des Tierarzneimittelfachbeirats (s.
http://www.vis.bayern.de/ernaehrung/lebensmittelsicherheit/tiergesundheit/fachbeirat_stellungna
hme.html) wird verwiesen.
-4-
4.2
Allgemeine Kriterien (vgl. auch § 56 a AMG i.V.m. § 12 TÄHAV)
4.2.1 In Fällen von bestandsbezogenen Managementmaßnahmen sind die Notwendigkeit des
Arzneimitteleinsatzes und das entsprechende Behandlungsprogramm vom
behandelnden Tierarzt zu erstellen.
4.2.2 In Fällen von Tierbestandserkrankungen erfolgt die persönliche Diagnosestellung und
Feststellung der Notwendigkeit des Arzneimitteleinsatzes vor Ort durch den
behandelnden Tierarzt.
4.2.3 Mit gehäuftem und zeitlich begrenztem Auftreten der Krankheit ist auf Grundlage von 4.1
nach dem aktuellen Stand der Tiermedizinischen Wissenschaft zu rechnen.
4.2.4 Die diagnostischen Kriterien können nach dem aktuellen Stand der Tiermedizinischen
Wissenschaft sicher und eindeutig festgelegt werden. Die Symptomatik der Erkrankung
ist so spezifisch, dass das Vorliegen einer anderen Erkrankung ausgeschlossen werden
kann.
4.2.5 Die Kontrolle des Behandlungserfolgs, auch in Fällen bestandsbezogener
Managementmaßnahmen, wird vom behandelnden Tierarzt durchgeführt (Beachtung
des § 12a Abs. 2 TÄHAV).
4.2.6 Es besteht kein erhöhtes Behandlungsrisiko für die behandelten Tiere.
4.2.7 Eine sachgerechte Lagerung der im Voraus abgegebenen Arzneimittel ist gewährleistet.
4.2.8 Die „Antibiotika-Leitlinien“ werden beachtet.
4.3
Obliegenheiten des Tierarztes bei der Abgabe:
4.3.1 Alle Fälle prophylaktischer, metaphylaktischer und therapeutischer Verabreichungen von
Arzneimitteln müssen, insbesondere soweit diese nicht vom Tierarzt selbst durchgeführt
werden, mit einer eingehenden Beratung des Tierbesitzers/Tierhalters und
Behandlungsanweisung durch den Tierarzt verknüpft sein.
4.3.2 Der Tierarzt muss in dem/für den jeweiligen Tierbestand eine nachvollziehbare
Dokumentation einrichten bzw. nutzen, die es ermöglicht, den Gesundheitsstatus des
Bestands in Bezug auf die jeweiligen Bestandserkrankungen sowie den
Behandlungserfolg zu beurteilen. In Fällen bestandsbezogener
Managementmaßnahmen ist der Behandlungserfolg durch periodisch durchzuführende
Bestandsbegehungen mit Datenauswertungen zu kontrollieren (Beachtung des § 12a
Abs. 2 TÄHAV).
-5-
4.3.3 In allen Fällen einer Arzneimittelabgabe muss der Tierarzt Nachuntersuchungen
(Erfolgskontrolle) bzw. periodisch stichprobenartige Überprüfungen des Erfolgs von
Managementmaßnahmen durchführen. Bezüglich des Einsatzes von Trockenstellern
werden periodisch stichprobenartige kulturelle Untersuchungen von
Viertelgemelksproben mit Resistenz-/Empfindlichkeitsprüfungen zur Ermittlung von
Leitkeimen und deren Eigenschaften als erforderlich angesehen.
4.4.
Stellungnahme zu einzelnen Indikationen, Managementmaßnahmen,
Einzeltiererkrankungen bzw. Bestandserkrankungen bei der Tierart Rind
4.4.1 Anwendung von Arzneimitteln zur systematischen Steuerung des
Fruchtbarkeitsmanagements
- Einsatz von GnRH / Analoga beim Rind vor und nach der
Besamung als standardisiertes Verfahren im Rahmen des Fruchtbarkeitsmanagements / - PGProgramme
FA Rind:
Der Einsatz von Prostaglandinen und Hormonen im Rahmen von
Reproduktionsmanagementprogrammen (sogenanntes „Strategisches
Fruchtbarkeitsmanagement“) erfordert bei gesunden Tieren keine vorherige
Einzeltieruntersuchung durch den Tierarzt.
Die Inhalte der Ziffern 4.1 bis 4.3 sind zu berücksichtigen. Jedes
Reproduktionsmanagementprogramm, bei dem Prostaglandine oder/und Hormone angewendet
werden, muss unter Kontrolle des Tierarztes durchgeführt werden, d.h. Zielsetzung, Konzeption,
Behandlungsanweisung und Erfolgskontrolle (Stichproben, Datenauswertungen) liegen in seiner
Verantwortung (Beachtung des § 12a Abs. 2 TÄHAV).
Eine entsprechend aussagekräftige Dokumentation muss vorliegen.
Beispiele für geeignete Dokumentationen finden sich in der einschlägigen Literatur (z.B. De
Kruif, A., R. Mansfeld u. M. Hoedemaker (2007): „Tierärztliche Bestandsbetreuung beim
Milchrind“, MVS Medizinverlage Stuttgart, ISBN 3-8304-1046-8) oder auch in den „Leitlinien für
die Tierärztliche Bestandsbetreuung, Abschnitt Rind“ des Bundesverbandes Praktizierender
Tierärzte e.V.
-6-
4.4.2 Endometritisprophylaxe Rind
- standardisierter Einsatz von Prostaglandinpräparaten post partum
- standardisierter Einsatz von „Uterusstäben“ post partum
FA Rind:
Der standardisierte Einsatz von Prostaglandinpräparaten oder von „Uterusstäben“ post partum
zur Endometritisprophylaxe wird vom TAMFB grundsätzlich für nicht erforderlich gehalten. Im
Fall des gehäuften Auftretens von Puerperalstörungen sind nach eingehender Diagnostik durch
den Tierarzt in Zusammenarbeit mit dem Tierbesitzer die Ursachen abzustellen (Optimierung
geburtshilflicher Maßnahmen, Optimierung der Verhältnisse bezüglich der Faktoren Haltung,
Fütterung und Management im peripartalen Zeitraum).
4.4.3 Mastitistherapie und Prophylaxe - Verwendung antibiotischer Trockensteller
FA Rind:
Die systematische Anwendung „antibiotischer Trockensteller“ im Rahmen eines
Eutergesundheitsprogramms erfordert bei klinisch gesunden Tieren, die insbesondere keine
Symptome einer klinischen Mastitis aufweisen (keine äußerlich erkennbaren Erscheinungen
einer Euterentzündung, keine Sekretveränderungen) keine vorherige Einzeltieruntersuchung
durch den Tierarzt.
Die Anwendung von antibiotischen „Trockenstellern“ zum Zweck der Unterstützung der
Ausheilung vorhandener subklinischer Mastitiden während der Trockenstehzeit und der
Vermeidung von Neuinfektionen ist ein weltweit anerkanntes Verfahren. Bei Anwendung eines
„totalen Trockenstellverfahrens“ werden alle Tiere einer Herde, die nicht klinisch euterkrank
sind, am Ende der Laktation mit einem Trockensteller behandelt. Die Inhalte der Ziffern 4.1 bis
4.3 sind zu beachten. Insbesondere muss die Person, die die Behandlung durchführen soll, vom
Tierarzt eine exakte Behandlungsanweisung bekommen.
Aus der Konzeption des Eutergesundheitsprogramms muss hervor gehen, welches Ziel mit dem
Programm verfolgt wird, welche Tiere zu welchem Zeitpunkt zu behandeln sind und auf welche
Weise die Erfolgskontrolle durchgeführt wird (Beachtung des § 12a Abs. 2 TÄHAV). Eine
entsprechende Dokumentation muss vorliegen. Mikrobiologische Untersuchungen mit
Resistenz-/Empfindlichkeitstest von Viertelgemelksproben sollen zur Bestimmung von
„Leitkeimen“ mindestens einmal pro Jahr von einer repräsentativen Stichprobe von Tieren mit
erhöhten Zellgehalten im Gesamtgemelk (> 200.000/ml) durchgeführt werden.
-7-
4.4.4 „Einstallprophylaxe“ in der Kälbermast / Fresseraufzucht
FA Rind:
Die systematische Anwendung von antimikrobiell wirksamen Substanzen im Rahmen einer so
genannten „Einstallungsprophylaxe“ erfordert keine vorherige Untersuchung aller Einzeltiere
durch den behandelnden Tierarzt, sofern eine tierärztliche Betreuung der Tiere während eines
Mastdurchgangs sichergestellt ist.
Aus der Konzeption des vereinbarten Betreuungsprogramms muss hervorgehen, welches Ziel
mit dem Programm verfolgt wird, welche Tiere zu welchem Zeitpunkt zu behandeln sind und auf
welche Weise die Erfolgskontrolle durchgeführt wird. Eine entsprechende Dokumentation muss
vorliegen (Beachtung des § 12a Abs. 2 TÄHAV).
Beispiele finden sich u.a. in den „Leitlinien für die Tierärztliche Bestandsbetreuung, Abschnitt
Rind“ des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte e.V.
Die Inhalte der Ziffern 4.1 bis 4.3 sind zu beachten. Treten trotz Einstallungsprophylaxe
Erkrankungsfälle sowie andere Krankheitssymptome auf, sind diese vom Tierbesitzer in
geeigneter Weise zu dokumentieren und der Tierarzt ist hinzu zu ziehen.
4.4.5 Enzootische Bronchpneumonie (EBP) des Rindes
FA Rind:
Die Behandlung der Enzootischen Bronchopneumonie unter Anwendung von antimikrobiell
wirksamen Substanzen erfordert nicht die vorherige Untersuchung aller Einzeltiere durch den
Tierarzt. Ist aufgrund der festgestellten Erkrankung davon auszugehen, dass weitere Tiere des
Bestandes oder einer Gruppe erkranken, so kann die Behandlung durch den Tierhalter auf
Behandlungsanweisung des Tierarztes erfolgen (Verweis auf § 56a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG
i.V.m. § 12 Abs. 1 und 2 TÄHAV), ohne dass letzterer zuvor jedes Einzeltier untersucht haben
muss.
Aus der Behandlungsanweisung muss hervorgehen, welches Ziel mit der Durchführung der
Behandlung verfolgt wird, wie die Indikation für die Behandlung bei betroffenen Tieren zu
erkennen ist und auf welche Weise die Erfolgskontrolle durchgeführt wird. Eine entsprechende
Dokumentation muss vorliegen (Beachtung des § 12a Abs. 2 TÄHAV). Die Inhalte der Ziffern
4.1. bis 4.3 sind zu beachten.
-8-
4.4.6 Ektoparasitenbehandlung
FA Rind:
Die Räudebehandlung unter Anwendung entsprechender Antiparasitika erfordert nicht die
vorherige Untersuchung aller Einzeltiere durch den Tierarzt. Inhalte der Ziffern 4.1 bis 4.3 sind
zu beachten.
4.4.7 Kälberkokzidiose
FA Rind:
Ist die Diagnose Kälberkokzidiose aufgrund tierärztlicher Untersuchung eindeutig gestellt und
soll eine metaphylaktische Behandlung des Tierbestands / der Tiergruppe durchgeführt werden,
so muss vor dieser Behandlung nicht jedes Einzeltier vom Tierarzt untersucht werden. Die
Behandlung erfolgt auf Anweisung des Tierarztes, dem auch die Erfolgskontrolle obliegt
(Beachtung des § 12a Abs. 2 TÄHAV). Treten nach Stellung der Diagnose weitere therapeutisch
behandlungswürdige Erkrankungsfälle auf, so sind die betroffenen Tiere vor einer weiteren
Behandlung vom Tierarzt zu untersuchen.
4.4.8 Mastitis
FA Rind:
Die Behandlung einer klinischen Mastitis unter Anwendung antimikrobiell wirksamer Substanzen
erfordert die vorherige Untersuchung durch den Tierarzt.
Ausschließlich im Rahmen von systematischen Programmen zur Eutergesundheitsüberwachung
/-kontrolle, in denen aufgrund regelmäßig durchgeführter kultureller Untersuchungen die in
einem Bestand vorherrschenden Mastitis-Erreger bekannt sind, kann von Satz 1 abgewichen
werden.
Aus der Konzeption des Eutergesundheitsprogramms muss hervor gehen, welches Ziel mit dem
Programm verfolgt wird, welche regelmäßigen diagnostischen Maßnahmen erfolgen und auf
welche Weise die Erfolgskontrolle durchgeführt wird (Beachtung des § 12a Abs. 2 TÄHAV). Eine
entsprechende Dokumentation muss vorliegen. Inhalte der Ziffern 4.1 bis 4.3 sind zu beachten.
Beispiele für geeignete Dokumentationen finden sich in der einschlägigen Literatur (z.B. De
Kruif, A., R. Mansfeld u. M. Hoedemaker (2007): „Tierärztliche Bestandsbetreuung beim
-9-
Milchrind“,MVS Medizinverlage Stuttgart, ISBN 3-8304-1046-8) oder auch in den „Leitlinien für
die Tierärztliche Bestandsbetreuung, Abschnitt Rind“ des Bundesverbandes Praktizierender
Tierärzte e.V.
4.4.9 Kälberdurchfall
FA Rind:
Treten Durchfallerkrankungen mit Störungen des Allgemeinbefindens oder bestandsweise auf,
so ist in jedem Fall eine Diagnose auf Basis einer tierärztlichen Untersuchung,
erforderlichenfalls inklusive der dazu gehörigen Laboruntersuchungen, zu stellen.
Ist aufgrund der festgestellten Erkrankung davon auszugehen, dass weitere Tiere eines
Bestandes oder einer Gruppe erkranken, so kann in leichteren Erkrankungsfällen die
Behandlung durch den Tierhalter auf Behandlungsanweisung des Tierarztes (Verweis auf § 56a
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG i.V.m. § 12 Abs. 1 und 2 TÄHAV) erfolgen, ohne dass letzterer zuvor
jedes Einzeltier untersucht haben muss. In mittelschweren und schweren Fällen ist in jedem Fall
eine tierärztliche Untersuchung der betroffenen Einzeltiere erforderlich.
4.4.10 Nachgeburtsverhaltung
FA Rind:
Die Behandlung einer Nachgeburtsverhaltung unter Anwendung antimikrobiell wirksamer
Substanzen erfordert die vorherige Untersuchung durch den Tierarzt.
4.4.11 Festliegen
FA Rind:
Die Behandlung festliegender Tiere erfordert in allen Fällen die vorherige Untersuchung durch
den Tierarzt.
4.4.12 Ketose
FA Rind:
- 10 -
Die Behandlung der Ketose erfordert in allen Fällen die vorherige Untersuchung durch den
Tierarzt.
4.4.13 Milchfieber
FA Rind:
Die Behandlung an „Milchfieber“ erkrankter Kühe (Vorliegen einer klinisch apparenten
Hypokalzämischen Gebärparese) erfordert die vorherige Untersuchung durch den Tierarzt.
4.4.14 Ovardystrophie / Follikel-Theka-Zysten
FA Rind:
Die Behandlung von Ovardystrophie und zystöser Degeneration der Ovarien
erfordert in allen Fällen die vorherige Untersuchung durch den Tierarzt.
4.4.15 Geburtshilfe
FA Rind:
Medikamentelles Eingreifen im Rahmen der Geburtshilfe erfordert in allen Fällen die vorherige
Untersuchung durch den Tierarzt.
4.4.16 Lahmheit
FA Rind:
Die Anwendung systemisch wirksamer Arzneimittel im Rahmen der Behandlung von
Lahmheiten erfordert grundsätzlich die vorherige Untersuchung durch den Tierarzt. Ausnahmen
sind vom Tierarzt persönlich diagnostizierte Bestandserkrankungen, die die unter Ziffer 4.2
zusammengestellten Bedingungen erfüllen, und die bei allen Tieren in gleicher Weise zu
behandeln sind (z.B. Mortellaro). Inhalte der Ziffern 4.1 bis 4.3 sind zu beachten.
- 11 -
4.4.17 Indigestion
FA Rind:
Der Tierarzt ist in jedem Einzelfall hinzuzuziehen.
4.4.18 Lungenentzündung
FA Rind:
Die Behandlung an Lungenentzündung erkrankter Tiere erfordert die vorherige Untersuchung
durch den Tierarzt.
- 12 -
4.5
Tierart spezifische Vorbemerkung sowie Stellungnahme zu einzelnen Indikationen,
Managementmaßnahmen, Einzeltiererkrankungen bzw. Bestandserkrankungen bei
der Tierart Schwein
4.5.1 Allgemeines zur Untersuchung und Behandlung von Erkrankungen des Schweins
Es ist grundsätzlich jeder Bestand als ein Patient zu betrachten. Die Untersuchung umfasst eine
ausführliche Anamneseerhebung, die Untersuchung exemplarischer Tiere sowie eine
Bestandsbegehung. Die Bestandsbegehung muss bei einem Erstbesuch umfassend und
wesentlich ausführlicher sein als bei Folgeuntersuchungen und muss auch die Futterlager und
Lüftungsanlagen mit einbeziehen. Unabhängig von der bei Vorliegen einer Einzeltiererkrankung
ggf. gebotenen Untersuchung des jeweils betroffenen Tieres ist vor jeder Abgabe von
Arzneimitteln zur Behandlung von Bestandserkrankungen zumindest eine Besichtigung der
Stallabteile bzw. Stallungen unverzichtbar. Ausnahmen sind hier lediglich die sogenannten
Managementmedikamente. Klassisches Beispiel ist das Eisendextran, da es jedem Ferkel, das
geboren wird, am 1.-3. Lebenstag appliziert werden muss. Ebenso werden für einen Betrieb mit
einem drei-Wochen-Abferkelmanagement entsprechende Präparate zur Synchronisation der
Sauen notwendig sein.
Eine Bestandserkrankung im Sinne des Nachfolgenden liegt immer dann vor, wenn trotz
Anwendung von Arzneimitteln die Krankheit nicht nachhaltig aus dem Bestand eliminiert werden
kann, sondern hierfür flankierende, nicht arzneiliche Maßnahmen wie z. B. Verbesserungen der
Hygiene- und Haltungsbedingungen notwendig sind.
Ziel der tierärztlichen Tätigkeit im Rahmen der Bestandsbehandlung auch als Voraussetzung für
die Arzneimittelabgabe muss sein, die dem Problem zugrundeliegende Ursache zu erkennen
und zu definieren und den Tierhalter auf Mängel und Versäumnisse im Bereich der Tierhygiene
bzw. -haltung hinzuweisen. Die diesbezüglich gewonnenen tierärztlichen Erkenntnisse sowie die
daraufhin getroffenen – auch nicht arzneilichen – Maßnahmen und Verlaufskontrollen, müssen
dokumentiert werden und nachvollziehbar sein.
Alle im speziellen Teil aufgeführten Erkrankungen können sowohl als Einzeltiererkrankung wie
auch als Bestandserkrankung auftreten.
Es ist in fast allen Krankheitsfällen in einem Schweinebetrieb notwendig, dass nach
Diagnosestellung bei exemplarisch untersuchten Tieren eine Metaphylaxe durchgeführt wird.
Metaphylaxe ist dabei eine Behandlung von allen Tieren eines Abteils, des Stalles oder einer
- 13 -
Gruppe in Bezug auf eine konkrete Erkrankung, an der nach tierärztlicher Feststellung mit hoher
Wahrscheinlichkeit klinisch noch gesunde Tiere ebenfalls erkranken werden. In einigen Fällen
(z. B. in Ferkelaufzuchtbetrieben) kann es im Rahmen der Metaphylaxe notwendig werden, die
Tiere schon bei Einstallung zu behandeln. Vielfach stehen zur Bekämpfung von
Infektionskrankheiten zugelassene Impfstoffe zur Verfügung. Auch in diesen Fällen ist bis zum
Aufbau eines belastbaren Impfschutzes in vielen Fällen eine zwischenzeitliche metaphylaktische
Behandlung (noch) gesunder Tiere notwendig (sog. eingebettete Antibiose). Im Falle der
metaphylaktischen Behandlung erübrigt sich in der Regel eine Einzeltieruntersuchung der zum
Arzneimittelabgabezeitpunkt (noch) gesunden Tiere. Um dennoch einen ordnungsgemäßen
Arzneimittelverkehr sicherzustellen, sind im Falle der metaphylaktischen Behandlung von Tieren
die Kriterien unter Nr. 4.1 - 4.3 zu beachten. Zudem ist ein besonderes Augenmerk auf die
Behandlungskontrolle in Anlehnung auch an die Schweinehaltungshygieneverordnung zu legen.
Ziel einer erfolgreichen Metaphylaxe ist, dass der Bestand unter der Behandlung symptomfrei
ist. In Abhängigkeit vom Einzelfall kann die Behandlungskontrolle durch den behandelnden
Tierarzt ausnahmsweise auch durch (telefonische) Rücksprache mit dem Landwirt erfolgen.
Werden parallel zur metaphylaktischen Bestandsbehandlung Impfungen durchgeführt, so ist der
Impferfolg vom Tierarzt zu überprüfen (Beachtung § 44 Abs. 4 TierimpfstoffVO). Ein belastbarer
Impfschutz ist in der Regel dann gegeben, wenn nach Absetzen der Metaphylaxe kein erneuter
Krankheitsausbruch im Bestand auftritt.
Von der Metaphylaxe abzugrenzen ist die Abgabe von Arzneimitteln zur therapeutischen
Anwendung im Rahmen eines im Bestand bestehenden Krankheitsgeschehens (z. B. Auftreten
von Arthritiden im Rahmen von Streptococcus suis-Infektionen). Bei einer entsprechenden,
tierärztlich diagnostizierten Bestandserkrankung kann die Abgabe von Arzneimitteln für noch
gesunde Tiere, die aber erwartungsgemäß innerhalb einer bestimmten Zeit an der definierten
Erkrankung klinisch erkranken werden, notwendig sein. Es ist hierbei auf eine umfängliche
Erstuntersuchung des Bestandes nach den Regeln der tierärztlichen Kunst zu verweisen.
Anschließend kann bei der Abgabe von Arzneimitteln eine Untersuchung eines jeden
Einzeltieres entbehrlich sein.
Wenn es in Abhängigkeit von den Erkenntnissen des Tierarztes notwendig ist, eine
Bestandsbehandlung auf Grundlage des o. g. durchzuführen, dann ist dabei dennoch
keineswegs von Bestand zu Bestand gleich zu verfahren. Im Rahmen der Sorgfaltspflicht muss
vom Tierarzt nachvollzogen werden, wie mit den abgegebenen Arzneimitteln verfahren wird.
Gegebenenfalls sind Behandlungsanweisungen entsprechend anzupassen. Die Betriebsform
und das Betriebsmanagement sind ebenso in diese Überlegungen einzubeziehen.
- 14 -
Eine wichtige Formulierung zur Behandlung findet sich in der Stellungnahme des Ausschusses
für Jugend, Familie und Gesundheit zum Begriff (Bundestagsdrucksache 7/1845, v. 20. März
1974, Seite 5).
“…Ferner war vorgeschlagen worden, den auf das tierärztliche Dispensierrecht bezogenen § 28
Abs. 4 im Sinne einer Klarstellung dahingehend zu ergänzen, daß auch die “wissenschaftlich
gerechtfertigte Anwendung von Arzneimitteln zu vorbeugenden Zwecken” als Behandlung
anzusehen ist. Der Ausschuß ist der Meinung, daß eine solche Ergänzung nur Teilaspekte des
Begriffes “Behandlung” erfaßt. Der Ausschuß sieht in dem Begriff “behandeln” eine umfassende
Bezeichnung für alle Maßnahmen, die ein Tierarzt bei ordnungsgemäßer Ausübung seines
Berufes und unter Berücksichtigung aller gesundheitlichen und wirtschaftlichen Aspekte
hinsichtlich Zweck und Erfolg der Behandlung in einem Tierbestand glaubt ergreifen zu müssen
und die nach dem Stand der (tier)medizinischen Wissenschaft zu rechtfertigen sind. Dazu
gehören ganz selbstverständlich die geeigneten Maßnahmen, die veterinärmedizinisch geboten
sind, um beispielsweise den drohenden Ausbruch einer übertragbaren Krankheit, die
Ausbreitung bestimmter Krankheitserreger oder Parasiten im Tierbestand oder das Auftreten
einer Eisenmangelanämie zu verhüten. Der Ausschuß sieht sich auch nicht in der Lage
vorzuschreiben, ob und ggf. wie häufig ein Tierarzt vor der Abgabe von Arzneimitteln die zu
behandelnden Tiere im Einzelfall untersucht haben muß. Den Maßstab hierfür muß vielmehr
generell die veterinärmedizinische Wissenschaft setzen, und im Einzelfall muß der Tierarzt
aufgrund der von ihm von Fall zu Fall lege artis gewonnenen Erkenntnis entscheiden. …”
Dem ist aus Sicht des Fachausschusses Schwein des TAMFB nichts hinzuzufügen.
- 15 -
4.5.2 Stellungnahme zu einzelnen Indikationen, Managementmaßnahmen,
Einzeltiererkrankungen bzw. Bestandserkrankungen bei der Tierart Schwein
4.5.2.1 MMA
Allgemeines:
Der Begriff Mastitis-Metritis-Agalaktie-Komplex beinhaltet schon, dass mehrere Symptome
gleichzeitig bei einem Tier auftreten. In der Praxis sieht es so aus, dass in über der Hälfte der
Fälle nur eine Mastitis oder Metritis mit Agalaktie und der Folge der Hypoglykämie für die Ferkel
auftritt. Der Begriff MMA ist so gebräuchlich, dass jedem Schweinetierarzt klar ist, was darunter
zu verstehen ist. Bei MMA handelt es sich häufig um eine Bestandserkrankung, die nur durch
die gezielte Verbesserung der Haltungs- und Hygienekonditionen nachhaltig aus dem Bestand
eliminiert werden kann. Häufig führen Maßnahmen im Rahmen einer Bestandsbehandlung,
wenn überhaupt, erst mittel- bzw. langfristig zum Erfolg. In der Zwischenzeit ist eine möglichst
frühzeitige arzneiliche Versorgung erkrankter Tiere mit entsprechenden Arzneimitteln besonders
auch zur Lebenserhaltung der Ferkel angezeigt. Nur bei tatsächlichem Vorliegen einer
Bestandserkrankung (siehe vorne) ist eine Abgabe von Arzneimitteln ohne vorherige
Untersuchung jeweils aller Tiere vertretbar. Es wird auf die Punkte 4.1 - 4.3 und 4.5.1
hingewiesen.
Untersuchung und Diagnose:
Die Diagnose ist abhängig vom Zeitpunkt im Laufe des Krankheitsgeschehens adspektorisch
leicht zu stellen. Subklinische Verlaufsformen können anhand von Kontrollen der
Körpertemperatur ermittelt werden.
Therapieflankierende Maßnahmen:
-
Verbesserung des Fütterungsregimes tragender Sauen
-
Verbesserung der Haltungskonditionen z.B. Förderung der Bewegung, frühzeitiges
Aufstallen vor der Geburt, Verbesserung der Geburtshygiene und des -managements
4.5.2.2 Pnemonie-Bronchopneumonie-Komplex:
Enzootische Pneumonie: (Mycoplasmen) v. a. bei Ferkeln und jungen Mastschweinen
kompliziert durch Sekundärerreger (Pasteurellen, Bordetellen, Streptokokken, Staphylokokken)
- 16 -
Die Enzootische Pneumonie ist in Deutschland sehr weit verbreitet. Die Ansteckung erfolgt über
Luft (Tröpfcheninfektion). Eine systematische Antibiotikumtherapie führt in den meisten Fällen
der unter diesem Symptomenkomplex subsumierten Erkrankungen nicht zur
Erregereliminierung. Es gibt sehr gute Impfstoffe gegen Mycoplasma hyopneumoniae. Die
Impfregimes sind allerdings betriebsabhängig. Bis zum Erreichen eines belastbaren
Impfschutzes muss eine Metaphylaxe durchgeführt werden. Eine zeitgleiche
Managementoptimierung muss angeregt werden. Eine Abgabe von Arzneimitteln kann, je nach
Umständen des Einzelfalls, ohne dass der Tierarzt jedes einzelne Tier untersucht haben muss,
sowohl für eine metaphylaktische als auch eine therapeutische Behandlung vertretbar sein. In
der Regel wird bei vorherrschendem Bestandsproblem eine orale Antibiotikatherapie des
Gesamtbestandes und zusätzlich Injektionspräparate für Tiere mit entsprechenden Symptomen
notwendig werden. Zur grundsätzlichen Durchführung der ordnungsgemäßen Behandlung wird
auch hier auf die Ausführungen unter 4.1 - 4.3 und 4.5.1 verwiesen.
Die Erstuntersuchung umfasst eine umfängliche Untersuchung des Bestandes. Besonderes
Augenmerk ist auf das Stallklima, das Lüftungssystem und den Funktionszustand der
Belüftungsanlage zu legen. Die Diagnose kann häufig schon durch Anamnese und Adspektion der
Tiere gestellt werden. Erfahrene Tierärzte sind in der Lage, anhand der klinischen Symptomatik
bestimmte Erkrankungen wie Influenza und APP festzustellen. Ein Auskultieren der Tiere ist in
Einzelfällen notwendig. Wichtiger Bestandteil des Untersuchungsganges ist die Anamnese in
Bezug auf Herkunft, Impfstatus und Haltung der Tiere. Hierüber sind entsprechende
Dokumentationen zu führen. Vielfach ist eine weiterführende Diagnostik in Form von Blut-,
Tupferproben oder ggf. durch Sektion angezeigt. Einfache Feststellungen, z. B. „respiratorische
Erkrankung“ oder „Atemwegserkrankungen“ etc., stellen dabei keine fachlich korrekte Diagnose
dar.
Therapieflankierende Maßnahme könnten sein:
-
Selektion infizierter Tiere
-
Verbesserung der Hygiene und des Stallklimas
-
Schaffung möglichst geschlossener Produktionssysteme (Zukauf aus wenigen Betrieben,
Abstimmung Impfregime zwischen Ferkelerzeuger und Mäster etc.)
4.5.2.3 APP: (Actinobacillus pleuropneumoniae Infektion) v. a. Aufzucht und Jungsauen
Hier gilt ähnliches wie bei der Enzootischen Pneumonie bereits erörtert.
4.5.2.4 Pasteurelleninfektion: (Pasteurella multocida) Läufer bis Jungsauen
Pasteurellen treten als Begleitkeime bei fast allen Bronchopneumonien auf. Daher gilt das unter Nr.
4.5.2.2 erörterte.
- 17 -
4.5.2.5 Erkrankungen des Bewegungsapparates
-
Glässer’sche Krankheit: (Haemophilus parasuis) bei Saugferkeln und Läufern in
Verbindung mit Polyserositis
-
Streptococcus suis-Infektionen: in Verbindung mit Meningitis und Pneumonie
-
Arthritis purulenta: (Streptokokken, Staphylokokken, Arcanobacterium pyogenes)
bei Ferkeln, Zuchtsauen, Mastschweinen und Läufern
-
Panaritium: alle Altersstufen
Allgemeines:
Gegen Hämophilus parasuis gibt es Vakzine und somit gilt ähnliches wie o. g. (Metaphylaxe bis
zum Impferfolg). Zur grundsätzlichen Durchführung der ordnungsgemäßen Behandlung wird
auch hier auf die Ausführungen unter 4.1 - 4.3 sowie 4.5.1 verwiesen.
Diagnose:
In vielen Fällen (Streptococcus suis, Arthritis purulenta, Panaritium) kann die Diagnose
adspektorisch ausreichend sicher gestellt werden oder aber es kann aufgrund des schwierigen
Erregernachweises wie bei der Glässer`schen Erkrankung eine „diagnostisch therapeutische
Behandlung“ vertretbar sein. In Einzelfällen sollte eine weiterführende Diagnostik z. B. anhand
von Gelenkpunktaten durchgeführt werden. Bei der Arthritis purulenta ist der klinische Befund
sehr eindeutig, und die Erreger sind wenig mit Resistenzproblemen behaftet. Bei einer Infektion
mit Streptococcus suis können hingegen bei länger andauernder Problematik bakteriologische
Untersuchungen aufgrund der schlechten Resistenzlage notwendig werden. In jedem Fall ist
auch immer eine Überprüfung der Haltungsbedingungen in den Untersuchungsgang mit
aufzunehmen und Befunde entsprechend zu dokumentieren. Einfache Feststellung wie
„Arthritis“ etc. reichen als korrekte Diagnose nicht aus.
Therapieflankierende Maßnahmen:
Verbesserung der Haltungskonditionen
- 18 -
4.5.2.6 Metaphylaxe oder Prophylaxe von Aufzuchtkrankheiten – bei Absatzferkeln und
Mastschweinen
Allgemeines:
Bei folgenden Erkrankungen im Bereich der Aufzucht ist in der Regel bis zum Erfolg von
Managementoptimierungen eine zwischenzeitliche arzneiliche Versorgung der Tiere
durchzuführen:
-
Pneumoniae-Bronchopneumoniekomplex: (siehe Nr. 4.5.2.2)
-
Enteritiden: (siehe Nr. 4.5.2.5)
-
Enterotoxämie: (Erreger: E. coli) bei Absatzferkeln
Die Colienterotoxämie ist eine Erkrankung, die unmittelbar oder ca. bis drei bis vier
Wochen nach dem Absetzen auftritt. Die Infektion wird durch Maldigestion
(Eiweißüberschuss) besonders frohwüchsiger Rassen bedingt. Eine antibiotische
Therapie sollte Tage vor Ausbruch der Erkrankung verabreicht werden, da eine
antibiotische Behandlung nur in der Frühphase der Infektion erfolgreich ist. Der richtige
Behandlungsbeginn sollte für jeden Betrieb anhand Erfahrungen vorangegangener
Produktionsdurchgänge ermittelt werden. Die Erkrankung tritt als Bestandserkrankung,
wurfweise oder als Einzeltiererkrankung auf. Die metaphylaktische Versorgung des
Bestandes sollte im Falle der Enterotoxämie als Bestandserkrankung alle Tiere
umfassen. Unter Beachtung der Punkte 4.1 - 4.3. und 4.5.1 ist hierbei die Abgabe der
Arzneimittel ohne Untersuchung des jeweiligen Einzeltieres vertretbar. Zudem müssen
im Falle einer Enterotoxämie metaphylaktische Maßnahmen immer in Kombination mit
einer Umstellung des Fütterungsregimes zur Verbesserung der Rohfaseraufnahme der
Tiere durchgeführt werden.
Untersuchung und Diagnose:
Die Diagnose lässt sich klinisch ermitteln.
4.5.2.6 Enteritiden:
-
Colidiarrhoe: (E. coli) bei Ferkeln
-
Kokzidiose: (Isospora suis evtl. Eimeria-Arten) bei Ferkeln
-
Nekrotisierende Enteritis der Saugferkel: (Clostridium perfringens Typ A und C)
-
Schweinedysenterie: (Brachyspira hyodysenteriae)
-
Porcine intestinale Adenomatose (PIA): (Lawsonia intrazellularis) bei Ferkeln, Läufern,
Mastschweinen
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Allgemeines:
Erkrankungen wie E.coli-Durchfälle, Kokzidiose, Nekrotisierende Enteritis der Saugferkel,
Schweindysenterie und PIA stellen in den häufigsten Fällen eine Bestandserkrankung dar.
Eine ausschließlich antibiotische Behandlung kann die Erkrankungen nicht eliminieren.
Im Falle einer Bestandserkrankung muss vorherrschendes Ziel die Senkung des Keimdrucks im
jeweiligen Bestand sein. Zudem ist auch im Falle der Behandlung von Enteritiden als
Bestandserkrankung auf die Punkte 4.1 - 4.3 hinzuweisen.
In Fällen, in denen Impfstoffe zur Verfügung stehen (Vakzine für Muttersauen gegen
Nekrotisierende Enteritis der Saugferkeln, Vakzine gegen PIA bei definiertem Ferkelbezug)
sollten die Bestände geimpft werden. Bei Vorliegen der Colidiarrhoe müssen zum Teil
bestandsspezifische Impfstoffe hergestellt werden. Es empfiehlt sich in schwerwiegenden Fällen
eine impfbegleitende Metaphylaxe. Auf die Notwendigkeiten der Behandlungskontrolle und
Verifizierung des Impferfolgs durch Absetzen der Metaphylaxe wurde bereits unter Nr. 4.5.1
hingewiesen.
Die Schweinedysenterie ist in Süddeutschland sehr weit verbreitet. Eine antibiotische
Behandlung der Erkrankung wird mehrmals nötig sein und muss sich mindestens über drei
Wochen erstrecken.
Auch bei Isosporabefall sollte aufgrund der geringen Chance der Erregereliminierung über einen
ausreichend langen Zeitraum bei gleichzeitiger Durchführung von Hygienemaßnahmen zur
Minimierung des Infektionsdrucks behandelt werden.
Untersuchung und Diagnose:
Diagnosen können in der Regel adspektorisch insbesondere anhand der Beschaffenheit der Fäzes
unter Berücksichtigung des Alters des Tieres eingegrenzt werden. In unklaren Fällen sind
labordiagnostische Untersuchung von Blut- bzw. Kotproben sowie Sektionen notwendig.
Insbesondere bei E-coli-Durchfällen sollten aufgrund der Resistenzlage bakteriologische
Untersuchungen des Kotes erfolgen. Bakteriologische Untersuchungen sind bei E-coli Durchfällen
dringend erforderlich, wenn es sich um eine Bestandserkrankung handelt.
Ein Befall mit Kokzidien sollte parasitologisch abgeklärt werden.
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Die Nekrotisierende Enteritis der Saugferkel kann über das Erscheinungsbild insbesondere der
Fäzesbeschaffenheit diagnostiziert werden.
Bei der Schweinedysenterie ist die Diagnose am Erscheinungsbild der Tiere häufig gut zu stellen.
Atypische und latente Verlaufsformen der Schweinedysenterie erfordern hingegen einen
Erregernachweis, der bei Bestandserkrankungen zum Teil auch wiederholt durchgeführt werden
muss, da hier der Nachweis häufig schwierig ist.
Zur sicheren Abklärung der Porcinen intestinalen Adenomatose (PIA) sollten Kotproben
labordiagnostisch untersucht werden.
In allen geschilderten Fällen reichen einfache Feststellungen wie „Durchfall“ oder „Enteritis“ etc. als
Diagnose nicht aus.
Therapieflankierende Maßnahmen:
-
Rein-Raus-Verfahren
-
Reinigung und Desinfektion
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