s. auch 2.1.1. - Institut für Medizinische Mikrobiologie

Werbung
Medizinische Mikrobiologie
Vorlesungsskript Herbstsemester 2013
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Universität Zürich
 Prof. Dr. E. C. Böttger
[email protected]
Skript HS 2013
Übersicht
Allgemeine Mikrobiologie und Infektionslehre
Tag 1:
Historischer Überblick
Epidemiologie
Desinfektion und Sterilisation
Morphologie und Physiologie der Bakterien
Taxonomie und Evolution
S.
S.
S.
S.
S.
Tag 2:
Genetik der Bakterien
Pathogenitätsfaktoren und Virulenzmechanismen I
S. 15-17
S. 17-21
Tag 3:
Pathogenitätsfaktoren und Virulenzmechanismen II
Gast-Wirt-Beziehung
Impfungen
S. 22-23
S. 23-32
S. 33-34
Tag 4:
Antibakterielle Chemotherapie
S. 35-48
Tag 5:
Mikrobiologische Diagnostik
S. 49-53
1-2
2-6
6-9
10-13
13-14
Spezielle Medizinische Mikrobiologie
Tag 5:
Staphylokokken
S. 53-57
Tag 6:
Streptokokken
Corynebakterien
Bacillus anthracis
S. 58-63
S. 64-65
S. 66-67
Tag 7:
Enterobacteriaceae
E. coli
Salmonellen
Neisserien
S.
S.
S.
S.
68-70
71-73
73-75
75-76
Tag 8:
Campylobacter
Helicobacter pylori
Tropheryma whipplei
Chlamydien
Legionellen
Coxiellen
S.
S.
S.
S.
S.
S.
77
77-79
80
81-82
82-83
84
Tag 9:
Treponema pallidum
Borrelia burgdorferi
Anaerobier
Clostridien
S.
S.
S.
S.
85-86
86-89
90-92
92-98
Tag 10:
Mykobakterien
Pilze
S. 99-104
S. 105-108
Skript HS 2013
Inhaltsverzeichnis
Organisation des Unterrichts und didaktisches Konzept
I
Lerntip
II
Lernziele
III
Lehrbücher
III
Prüfung
IV
Forschungsschwerpunkte und Arbeitsgruppen am Institut für Medizinische Mikrobiologie
IV
Lernzielkatalog Mikrobiologie
1. Themenblock "Grundlagen"
V
2. Themenblock "Infekt, Abwehr, Systemerkrankungen"
X
3. Themenblock "Atmung"
XI
4. Themenblock "Bewegungsapparat"
XII
5. Themenblock "Gastrointestinaltrakt"
XII
6. Themenblock "Niere"
XIII
7. Themenblock "Nervensystem"
XIII
1.
EPIDEMIOLOGIE; TAXONOMIE UND PHYSIOLOGIE
1
1.1.
Als Krankheitserreger sind Bakterien erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
bekannt
1
1.2.
''It's time to close the book on infectious diseases'': eine falsche Prognose
1
1.2.1.
Es werden immer wieder neue Krankheitserreger entdeckt
2
1.3.
Epidemiologie − Wie wird eine Infektionskrankheit übertragen?
2
1.3.1.
Während einer der grössten Pestepidemien (1347-1352) wurde die europäische Bevölkerung
um fast die Hälfte reduziert
2
1.3.2.
Primäre Infektionsquellen
3
1.3.3.
Epidemiologische Begriffe
3
1.3.4.
Die Bedeutung sozialer Faktoren und Verhaltensweisen für Infektionskrankheiten
4
1.3.5.
Vor allem verbesserte Hygiene und Impfungen haben dazu geführt, dass Seuchen in den
Industrienationen ihren Schrecken verloren haben
4
1.3.6.
Infektionen, die im Krankhaus erworben werden, bezeichnet man als nosokomiale Infektionen
5
1.3.7.
Factors which predispose patients to hospital infection
5
1.3.8.
Risk factors for post-operative infection
6
1.4.
Prophylaxe – Wie wird eine Infektionskrankheit verhindert? Desinfektion, Sterilisation
6
1.4.1.
Prophylaktische Massnahmen senken die Inzidenz einer Infektionskrankheit, während
Antibiotika vor allem die Letalität einer Infektionskrankheit beeinflussen
6
1.4.2.
Keimtötung erfolgt durch Hitze, Strahlung oder chemische Agentien
7
1.4.4.
Kinetik der Keimabtötung
7
1.4.5.
Gebräuchliche chemische Desinfektionsverfahren
8
1.4.4.
Gebräuchliche Sterilisationsverfahren
9
1.5.
Aufbau und Morphologie von Bakterienzellen
10
1.5.1.
Prokaryonten (Bakterien) besitzen keinen Zellkern
10
Skript HS 2013
1.5.2.
Bakterien vermehren sich durch Zweiteilung (exponentielle Vermehrung!)
10
1.5.3.
Bakterien besitzen eine Zellwand
10
1.5.4.
Das Peptidoglykan bildet den Hauptbestandteil der Zellwand von Bakterien
11
1.5.5.
Gramnegative Bakterien besitzen eine äussere Membran
11
1.5.6.
Morphologische Unterschiede sind wichtige Unterscheidungsmerkmale
12
1.6.
Bakterienstoffwechsel
12
1.6.1.
Medizinisch relevante Bakterien sind auf organische Kohlenstoffquellen angewiesen
12
1.6.2.
Das Verhalten der Bakterien gegenüber Luftsauerstoff ist von diagnostischer Bedeutung
13
1.7.
Taxonomie und Evolution
13
1.7.1.
Unter Taxonomie versteht man das Beschreiben und Ordnen von Lebewesen in einem
hierarchischen System
13
1.7.2.
Phänotypische Eigenschaften der Bakterien sind wichtig für die Identifikation
13
1.7.3.
Das bakterielle Spezieskonzept
14
1.7.4.
Die ribosomalen RNA Moleküle (rRNA) stellen ideale Strukturen zur molekularen
Identifikation von Bakterien dar
14
rRNA-Sequenzen ermöglich eine Darstellung der Verwandtschaftsverhältnisse
verschiedener Organismen
14
GENETIK; PATHOGENITÄTSFAKTOREN,VIRULENZMECHANISMEN,
TOXINE − WARUM MACHT EIN INFEKTIONSERREGER KRANK?
15
2.1
Genetik
15
2.1.1.
Austausch genetischen Materials zwischen Bakterien erfolgt über parasexuelle Mechanismen
(Transformation, Transduktion, Konjugation)
15
Durch parasexuelle Mechanismen können medizinische bedeutsame Eigenschaften
übertragen werden
15
2.1.3.
Schematischer Aufbau: Plasmid-Replikation, Mobilisation, Konjugation
15
2.1.4.
Schematischer Aufbau – Integron und Insertionselement: Integration, Mobilisations-, Pathogenitätsgen
16
2.1.5.
Konjugation und Transposition
16
2.1.6.
Fremd-DNA integriert über chromosomale Rekombination ins Bakteriengenom
16
2.1.7.
Die kurze Generationszeit und Plastizität des Bakteriengenoms ist Grundlage der
bakteriellen Evolution
17
Pathogenitätsfaktoren, Virulenzfaktoren, Toxine − Warum macht ein Infektionserreger
krank?
17
2.2.1.
Das Paradigma der Henle-Koch-Postulate (1882)
17
2.2.2.
Determinanten der Pathogenität
18
2.2.3.
Mechanismen der Pathogenität
18
2.2.4.
Genetische Grundlagen der Pathogenität
18
2.2.5.
Systematik der Pathogenitätsfaktoren
18
2.2.6.
Beispiele sezernierter Toxine bei Bakterien
19
2.2.7.
Three ways in which bacterial exotoxins can contribute to progression of a disease
19
2.2.8.
Beispielhafte Virulenzmechanismen von Bakterien
20
2.2.9.
Beispiele von Infektionserregern und ihren Pathogenitätsfaktoren
20
2.2.10.
Sind Bakterien Einzelgänger? − Das Phänomen der Biofilme
20
2.2.11.
Bakterien-Wirt-Interaktion
21
1.7.5.
2.
2.1.2.
2.2.
Skript HS 2013
PATHOGENITÄTSFAKTOREN, VIRULENZMECHANISMEN, TOXINE 
WARUM MACHT EIN INFEKTIONSERREGER KRANK?
GAST-WIRT-BEZIEHUNG
22
3.1.
Symptome einer Infektionskrankheit
22
3.1.1
Die Symptome einer Infektionskrankheit werden meist durch körpereigene Substanzen ausgelöst
22
3.1.2.
Lipopolysaccharide sind Endotoxine, die bei Autolyse gramnegativer Bakterien
freigesetzt werden
23
3.1.3.
Superantigene sind meist von Bakterien sezernierte Exotoxine
23
3.2.
Gast-Wirt-Beziehung und mikrobielle Ökologie
23
3.2.1.
Haut und Schleimhäute des Menschen werden kurz nach der Geburt mit einer mikrobiellen
Flora besiedelt (=Normalflora)
23
3.2.2.
The human microbiome
24
3.2.3.
Mikrobielle Ökologie
24
3.2.4.
Eine Infektionskrankheit stellt eine komplexe Gast-Wirt-Beziehung dar
25
3.2.5.
Die Immunabwehr des Wirtsorganismus beruht auf natürlichen Barrieren: unspezifische und
spezifische Immunabwehr
26
Defekte des Immunsystems und Immunsuppression prädisponieren für Infekte durch
unterschiedlichste Mikroorganismen
27
3.2.7.
Ein paar Grundbegriffe der Infektionslehre …..
28
3.2.8.
Wirt und Pathogen − ein komplexes Gleichgewicht
29
3.2.9.
Role of evolution and selection
31
3.3.
Prophylaxe – Wie wird eine Infektionskrankheit verhindert? Impfung
33
3.3.1.
Der Engländer Edward Jenner führte 1796 die erste − wissenschaftlich dokumentierte −
Impfung durch
33
CHEMOTHERAPIE  WIE WIRD EINE INFEKTIONSKRANKHEIT
BEHANDELT?
35
4.1.
Antibiotika - eine Definition
35
4.1.1.
Wie und wo setzen wir Antibiotika ein?
35
4.1.2.
Das Konzept der selektiven Toxizität (Paul Ehrlich)
36
4.1.3.
Angriffspunkte von Antibiotika
36
4.1.4.
Die wichtigsten Antibiotika
36
4.1.5.
Antibiotika können bakteriostatisch oder bakterizid wirken
37
4.1.6.
Minimale Hemmkonzentration (MHK) und minimale bakterizide Konzentration (MBK)
37
4.1.7.
Drug susceptibility testin in-vitro versus clinical response in-vivo
37
4.1.8.
Es gibt nur drei generelle Resistenzmechanismen
38
4.1.9.
Mutationen und Erwerb von Fremd-DNA können zu Resistenz führen
38
4.1.10.
β-Laktame hemmen die Quervernetzung des Peptidoglykans in der Bakterienwand
39
3.
3.2.6.
4.
4.1.10.1. Die drei generellen Resistenzmechanismen am Beispiel der β-Laktame-Resistenz
40
4.1.10.2. β-Laktamasen inaktivieren β-Laktame
40
4.1.10.3. Penicillin-Resistenz der Pneumokokken durch Genaustausch und homologe Rekombination
41
4.1.11.
41
Chinolone hemmen die DNA-Replikation und Transkription
4.1.11.1. Resistenz gegenüber Chinolonen
Skript HS 2013
41
4.1.12.
Aminoglykoside verursachen einen Falscheinbau von Aminosäuren
42
4.1.13.
Makrolide interferieren mit der bakteriellen Proteinbiosynthese
42
4.1.14.
Makrolidmodifizierende Enzyme (erm) und Resistenz
42
4.1.15.
Induzierbare versus konstitutive erm-Resistenz
43
4.1.16.
Ketolides are the newest generation of macrolide-based antibiotic compounds
43
4.1.17.
The problem of selectivity
44
4.1.18.
Entwicklung der erworbenen Antibiotiaresistenz
45
4.1.19.
Kurzer historischer Überblick über die Entwicklung der Penicillin Resistenz bei S. aureus
45
4.1.20.
Massnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz
46
4.1.21.
Leitsätze zur Antibiotika-Therapie
46
4.1.22.
Beispielhafte Darstellung verschiedener Resistenzmechanismen und ihrer Genetik
47
5.
LABORDIAGNOSE − WIE WIRD EINE INFEKTIONSKRANKHEIT
NACHGEWIESEN?
STAPHYLOKOKKEN
49
5.1.
Labordiagnose − Wie wird eine Infektionskrankheit nachgewiesen?
49
5.1.1.
Zu den Aufgaben eines klinisch-mikrobiologischen Labors gehören Nachweis/Identifizierung
von Krankheitserregern, Resistenztestung und epidemiologische Untersuchungen
49
5.1.2.
Die wichtigste mikrobiologische Färbung ist die Gram-Färbung
49
5.1.3.
Nachweis des Erregers erfolgt durch Mikroskopie, Kultur oder mit Hilfe
molekularbiologischer Methoden
49
5.1.4.
Identifikation von Mikroorganismen mittels MALDI-TOF
50
5.1.5.
Über eine 16S rRNA-Analyse können Mikroorganismen molekularbiologisch identifiziert werden
51
5.1.6.
Mittels molekularer Methoden können Infektketten aufgeklärt werden
52
5.1.7.
Nachweis von Erregerbestandteilen
52
5.1.8.
Nachweis einer erregerspezifischen Immunreaktion
52
5.1.9.
Sensitivität, Spezifität, positiver und negativer Prädikativwert geben Auskunft über die
Aussagekraft diagnostischer Testverfahren
52
5.2.
Staphylokokken
53
5.2.1.
Definition: Staphylokokken
53
5.2.2.
Koagulase negative Staphylokokken (SKN) gehören zur Normalflora von Haut und Schleimhäuten
54
5.2.3.
S. aureus gehört zusammen mit E. coli zu den häufigsten Erregern bakterieller
Infekte des Menschen
54
5.2.3.1.
Krankheitsbilder und Pathogenitätsfaktoren
54
5.2.3.2
1978: Toxic Shock Syndrome − Beschreibung eines neuen Krankheitsbildes
55
5.2.3.3.
MRSA/ORSA synthetisieren ein zusätzliches, Methicillin/Oxacillin-Resistenz vermittelndes
Penicillin Bindendes Protein (PBP2a)
55
5.2.3.4.
Das Phänomen der Methicillin/Oxazillin Heteroresistenz
56
5.2.3.5.
Methicillin versus Vancomycin Resistance in S. aureus
57
6.
STREPTOKOKKEN, CORYNEBAKTERIEN, BACILLUS ANTHRACIS
58
6.1.
Streptokokken
58
6.1.1.
Definition: Streptokokken
58
6.1.2.
Streptokokken werden aufgrund ihres Hämolysevermögens (α-, β-, γ-Hämolyse) sowie der
Antigentität einer in der Zellwand vorkommenden Kohlenhydratstruktur eingeteilt
58
Skript HS 2013
6.1.3.
Streptococcus Virulence Factors
59
6.1.4.
Die wichtigsten Pathogenitätsfaktoren von pyrogenen Streptokokken sind ihre
bakteriophagen-kodierten pyrogenen Exotoxine
59
6.1.5.
Toxic Shock Syndrome versus Toxic Shock Like Syndrome
59
6.1.6.
Streptokokken können immunologische Nachkrankheiten auslösen
60
6.1.7.
Pathogenese und Krankheitsbilder von Infektionen durch S. pyogenes
60
6.1.8.
Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe B
61
6.1.9.
Enterokokken besitzen als klassische Opportunisten ein geringes Pathogenitätspotential, aber …..
61
6.1.10.1. Infektiöse Endokarditis: Symptome und Befunde
62
6.1.10.2. Infektiöse Endokarditis: Risikofaktoren
62
6.1.10.3. Infektiöse Endokarditis: Erregerspektrum
62
6.1.10.4. Infektiöse Endokarditis: Diagnostik
62
6.1.10.5. Infektiöse Endokarditis: Mikrobiologische Diagnostik
63
6.1.10.6. Infektiöse Endokarditis: Empirische Therapie
63
6.2.
Corynebakterien und das Paradigma Exotoxin-vermittelter Krankheiten
64
6.2.1.
Definition: Corynebakterien
64
6.2.2.
Corynebacterium diphtheriae ist für das Krankheitsbild der Diphtherie verantwortlich
64
6.2.3.
Das Diphtherie-Toxin-Gen ist Bestandteil eines Prophagengenoms
64
6.2.4.
Eigenschaften des C. diphtheriae Toxin
64
6.2.5.
Symptome der Diphtherie
65
6.2.6.
Diagnostik: C. diphtheriae
65
6.3.
Bacillus anthracis − der Erreger des Milzbrands
66
6.3.1.
Definition: Bacillus
66
6.3.2.
Aufgrund des Eintrittsortes von Bacillus anthracis unterscheidet man beim Menschen
drei Formen von Milzbrand
66
6.3.3.
Das Anthraxtoxin ist ein klassisches AB-Toxin
66
6.3.4.
Milzbrand ist in erster Linie eine Krankheit von Herbivoren, wie Kühen, Schafen,
Ziegen oder Pferden
67
6.3.5.
Milzbrandsporen: ein biologischer Kampfstoff
67
6.3.6.
Diagnose
67
6.3.7.
Lungenmilzbrand kann nur durch frühzeitige Antibiotikabehandlung erfolgreich behandelt werden
67
6.3.8.
Prävention
67
7.
ENTEROBACTERIACEAE, NEISSERIEN
68
7.1.
Enterobacteriaceae
68
7.1.1.
Definition: Enterobacteriaceae
68
7.1.2.
Krankheitsbilder
68
7.1.3.
Pathogenitätsfaktoren
68
7.1.4.
Die wichtigsten Vertreter der Enterobacteriaceae und die zugehörigen Krankheitsbilder
69
7.1.5.
Multiresistente gramnegative Bakterien besitzen Multiresistenzplasmide
69
7.2.
Escherichia coli
71
7.2.1.
Krankheitsbilder
71
7.2.2.
Die Anwesenheit bzw. Abwesenheit von Virulenzgenen ist entscheidend für das Krankheitsbild
71
Skript HS 2013
7.2.3.
Enterovirulente Escherichia coli
71
7.2.4.
Enterohämorrhagische E. coli (EHEC) besitzen ein bakteriophagen-kodiertes Toxin
72
7.2.5.
EHEC: Epidemiologie
72
7.2.6.
EHEC Ausbruch in Norddeutschland
73
7.3.
Salmonellen
73
7.3.1.
Salmonellen können aufgrund von O- und H-Antigenen in mehr als 2000 verschiedene
Serovare unterteilt werden
73
7.3.2.
Salmonella spp. und Escherichia coli
73
7.3.3.
Krankheitsbild
74
7.3.4.
Nachweis der Salmonellen
74
7.3.5.
Therapie der Salmonellenerkrankung
74
7.3.6.
In Nord- und Mitteleuropa werden die typhösen Salmonellen durch Reisende importiert; die
enteritischen Salmonellen kommen in unserer Bevölkerung endemisch und epidemisch vor
75
Neisserien und die Paradigmen der 'Antigenetic Variation', des 'Molecular Mimicry' und
des 'Harmful Host Response'
75
7.4.1.
Definition: Neisserien
75
7.4.2.
N. gonorrhoeae und N. meningitidis sind die beiden humanpathogenen Spezies der
Gattung Neisseria
75
7.4.3.
Virulence Determinants
75
7.4.4.
Bei der Autolyse gramnegativer Bakterien werden Endotoxine (Lipopolysaccharide) freigesetzt
76
7.4.5.
Mechanismus der molekularen Variabilität des Pilins von Gonokokken
76
7.4.6.
Molecular Mimicry
76
7.4.7.
Epidemiologie
76
7.4.8.
Therapie
76
8.
CAMPYLOBACTER, HELICOBACTER PYLORI, TROPHERYMA WHIPPLEI,
CHLAMYDIEN, LEGIONELLEN, COXIELLEN
77
8.1.
Campylobacter
77
8.2.1.
Definition: Campylobacter
77
8.2.
Helicobacter pylori und das Paradigma unbekannter Infektionskrankheiten
77
8.2.1.
Definition: Helicobacter pylori
77
8.2.2.
Die Geschwürskrankheit wurde früher als primär psychosomatische Krankheit betrachtet
78
8.2.3.
Helicobacter pylori und die Geschwürskrankheit
78
8.2.4.
Pathogenitätsfaktoren
79
8.2.5.
Diagnostik
79
8.2.6.
Therapie
79
8.3.
Tropheryma whipplei und das Paradigma nicht-kultivierbarer Krankheitserreger
80
8.3.1.
Morbus Whipple
80
8.4.
Chlamydien und das Paradigma obligater Zellparasiten
81
8.4.1.
Definition: Chlamydien
81
8.4.2.
Die drei humanpathogenen Spezies der Chlamydiaceae: C. psittaci, C. pneumoniae und
C. trachomatis
81
8.4.3.
Der Vermehrungszyklus von Chlamydien
81
8.4.4.
Diagnostik
82
7.4.
Skript HS 2013
8.4.5.
Therapie
82
8.5.
Legionellen
82
8.5.1.
Definition: Legionellen
82
8.5.2.
Legionella pneumophila wurde erstmals 1977 beschrieben
82
8.5.3.
Lebenszyklus der Legionellen in Amöben und intrazelluläre Vermehrung in menschlichen
Makrophagen − two sides of the same coin?
83
8.5.4.
Aus der Sicht von Legionella pneumophila ist die Infektion des Menschen eine Einbahnstrass
83
8.5.5.
Diagnostik
83
8.6.
Coxiellen
84
8.6.1.
Coxiella burnetii – eine Zoonose
84
9.
TREPONEMEN, BORRELIEN, ANAEROBIER, CLOSTRIDIEN
85
9.1.
Treponemen und das Paradigma serologischer Infektionsdiagnostik
85
9.1.1.
Definition: Treponema
85
9.1.2.
Treponema pallidum: der Erreger der Syphilis
85
9.1.3.
Die Syphilis wurde im 15. Jh. aus der Neuen Welt eingeschleppt
85
9.1.4.
Treponema pallidum kann auf künstlichen Nährmedien nicht kultiviert werden
86
9.2.
Borrelia burgdorferi
86
9.2.1.
Definition und Vertreter der Borrelien
86
9.2.2.
Das Krankheitsbild der Lyme-Borreliose ist vielgestaltig
86
9.2.3.
Die Lyme-Borreliose ist das Paradigma einer Vektor übertragenen Zoonose; die Übertragung
von Borrelia burgdorferi erfolgt über einen Zeckenstich
87
9.2.4.
Lyme Disease − an epidemiological study
87
9.2.5.
Diagnose
88
9.2.6.
VlsE − ein Hauptantigen für die Borrelien-Serologie
88
9.2.7.
Prävention
89
9.2.8.
Therapie
89
9.2.9.
Tick-borne bacterial diseases in Switzerland
89
9.3.
Anaerobier
90
9.3.1.
Generelles Konzept
90
9.3.2.
Klassifikation anaerober Bakterien
90
9.3.3.
The longitudinal distribution making up the normal flora of the human gastrointestinal tract
91
9.3.4.
Infektionen mit anaeroben Bakterien sind häufig Mischinfektionen
91
9.3.5.
Pathogenitätsfaktoren
92
9.3.6.
Therapie
92
9.4.
Clostridien
92
9.4.1.
Definition: Clostridien
92
9.4.2.
Epidemiologie
92
9.4.3.
Klinische Manifestationen
92
9.4.4.
Clostridienerkrankungen sind Toxinerkrankungen
93
9.4.5.
Gasbrand und Clostridium spp.
93
9.4.6.
Tetanus und Clostridium tetani
94
9.4.7.
Pseudomembranöse Colitis und Clostridium difficile
94
Skript HS 2013
9.4.8.
Botulismus und Clostridium botulinum
95
9.4.9.
Wirkmechanismen clostridialer Neurotoxine
98
10.
MYKOBAKTERIEN, PILZE
99
10.1.
Mykobakterien
99
10.1.1.
Definition: Mykobakterien
99
10.1.2.
Mykobakterien werden eingeteilt in Mycobacterium tuberculosis complex (M. tuberculosis,
M. bovis, M. africanum, M. canetti, M. microti) und nichttuberkulöse Mykobakterien
99
10.2.
Klinische Manifestation
100
10.2.1.
Tuberkulöse Mykobakterien werden über Tröpfcheninfektion übertragen; Reservoir ist der
erkrankte Mensch
100
10.2.2.
Nur 5-10% der infizierten Individuen entwickeln das Krankheitsbild der Tuberkulose
100
10.2.3.
Risikofaktoren für Tuberkulose
101
10.2.4.
Die Diagnose einer Tuberkulose basiert auf der klinischen Manifestation und dem Nachweis
säurefester Stäbchenbakterien im Sputum
101
10.2.5.
Tuberkulostatika und Behandlung der Tuberkulose
102
10.2.6.
Chemotherapie
103
10.2.7.
Impfung
103
10.2.8.
Expositionsprophylaxe der Tuberkulose
103
10.2.9.
Tuberkulose und Abwehr
103
10.3.
Nichttuberkulöse Mykobakterien kommen ubiquitär vor
104
10.4.
Pilze
105
10.4.1.
Definition: Pilze
105
10.4.2.
Anatomische Lokalisation von Pilzinfektionen
106
10.4.3.
Barrieren, die Pilzinfektionen entgegenwirken
106
10.4.4.
Übersicht über die medizinisch wichtigsten Pilze
106
10.4.5.
Candida
107
10.4.6.
Schimmelpilze
107
10.4.7.
Cryptococcus neoformans
107
10.4.8.
Therapie
108
10.4.9.
Diagnostik
108
Skript HS 2013
Organisation des Unterrichts und didaktisches Konzept
Medizinische Mikrobiologie (Bakteriologie, Mykologie)

Vorlesung

Praktischer Kurs
Im Rahmen der angebotenen Lehrveranstaltungen soll das notwendige Wissen der Medizinischen
Mikrobiologie einschliesslich der allgemeinen und speziellen Infektionskrankheitenlehre vermittelt
werden, um klinischen Bezug, Therapie und Prophylaxe von Infektionserregern im Kontext mit den
diagnostischen Verfahren verständlich zu machen. Das didaktische Konzept des Unterrichts besteht
darin, − unter Verzicht auf den Anspruch auf systematische Vollständigkeit − wichtige Erregergruppen
exemplarisch darzustellen. Daraus werden allgemeine Struktur- und Pathogenitätsprinzipien abgeleitet,
damit Pathogenese, Diagnostik und Prophylaxe als Einheit begriffen werden können. Bereits zu diesem
Zeitpunkt des Studiums sollen die mikrobiologischen Grundlagen nicht isoliert, sondern die Spezifika
der Infektionserreger – soweit möglich – eng verzahnt mit dem Wissensstoff anderer Disziplinen –
Immunologie, Pharmakologie, Pathologie, Klinik – dargestellt werden.
Entsprechend dem didaktischen Konzept ist es nicht Anliegen der Hauptvorlesung blosses Faktenwissen
zu vermitteln  Faktenwissen lernen Sie im Lehrbuch. Vielmehr sollen Ihnen Lernhilfen in die Hand
gegeben werden, die es Ihnen erlauben, selbständig Kausalketten zu knüpfen und nachzuvollziehen;
Lernhilfen, die das Verständnis für das Fachgebiet fördern und es Ihnen erleichtern, sich das Fachwissen
selbständig zu erarbeiten. Studierende, die nur eine Vorlesung hören, behalten vom Lernstoff sehr
viel weniger als Studierende, die sich vor der Vorlesung mit zentralen Begriffen des
Vorlesungsinhalts vertraut machen (Vorbereitung). Kein Lehrender kann bei den Studierenden
Lernen erzwingen, lernen müssen Sie selbst – Sie können allenfalls dazu angeregt werden. Das Lernen
kann Ihnen erleichtert, aber nicht abgenommen werden. Sie profitieren am meisten von dieser
Hauptvorlesung, wenn Sie sich auf die jeweilige Vorlesungsstunde vorbereiten. Um Ihnen diese
Vorbereitung zu erleichtern, wurde dieses Skript erstellt.
Das Skript soll aber auch eine Erinnerungsstütze sein, um die besprochenen Themen im Eigenstudium
zu vertiefen – zu diesem Zweck nimmt das Skript Bezug auf die jeweiligen Seiten im Kayser Lehrbuch.
Dieses Skript soll Sie die nächsten zwei Jahre begleiten  wann immer eine Lehrveranstaltung der
Medizinischen Mikrobiologie angeboten wird, soll Ihnen dieses Skript als Nachschlagewerk
dienen.
Die Hauptvorlesung und der praktische Kurs sind inhaltlich aufeinander abgestimmte, komplementäre
Veranstaltungen. Die Hauptvorlesung vermittelt den theoretischen Hintergrund und Rahmen, ohne den
ein Verständnis des Praktikums, welches Einblicke in die labordiagnostische mikrobiologische Untersuchungsarbeit gibt, nicht möglich ist.
Kritik und Anregungen:
Prof. Dr. Erik C. Böttger
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Gloriastrasse 30/32
8006 Zürich
Email: [email protected]
Telefon: 044 634 26 60
I
Was ist Lernen?

Veränderung bestehenden Wissens und Verknüpfung mit neuem Wissen

Verbindungen zwischen einzelnen Wissenseinheiten herstellen und aufbauen

Auswendigpauken ist kein Lernen!
Lerntip
Halten Sie sich beim Selbststudium stets an folgende sechs Fragen:
Wie wird eine Infektionskrankheit übertragen?
Epidemiologie
Warum macht ein Infektionserreger krank?
Pathogenitäts- und Virulenzfaktoren
Weshalb treten welche Symptome auf?
Gast-Wirt-Beziehung
Wie wird eine Infektionskrankheit nachgewiesen?
Diagnostik
Wie wird eine Infektionskrankheit behandelt?
Therapie
Wie wird eine Infektionskrankheit verhindert?
Prophylaxe
Wenn Sie sich diese Fragen für die wichtigsten Krankheitserreger beantworten können,
haben Sie sich ein fundamentales Verständnis der Medizinischen Mikrobiologie erworben.
Viel Spass beim Lernen!
II
Lernziele
Allgemeine Infektionslehre
Pathogenitäts- und Virulenzfaktoren
Gast-Wirt-Beziehung
Infektabwehr
Allgemeine Epidemiologie
Desinfektion, Sterilisation
Impfungen
Aufbau und Morphologie der Bakterienzelle
Bakteriengenetik
Grundlagen der antibakteriellen Chemotherapie
Wirk- und Resistenzmechanismen
Therapieprinzipien
Labordiagnose
Systematik der Infektionserreger
Beispiele wichtiger Infektionserreger:
u.a. grampositive Kokken (Staphylokokken, Streptokokken)
gramnegative Stäbchenbakterien (Escherichia coli, Salmonellen)
Corynebacterium diphtheriae, Tropheryma whipplei, Helicobacter pylori
Neisserien, Chlamydien, Treponema pallidum, Clostridien
Mykobakterien, Aspergillus, Candida
Lehrbücher
 F.H. Kayser, E.C. Böttger, R.M. Zinkernagel, O. Haller, P. Deplazes, J. Eckert
Taschenbuch der Medizinischen Mikrobiologie, Georg Thieme Verlag, 12. Auflage, 2010
 S. Suerbaum, H. Hahn, G.-D. Burchard, S.H.E. Kaufmann, T.F. Schulz
Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Springer Verlag, 7. Auflage, 2012
 H. Hof, R. Dörries
Duale Reihe: Medizinische Mikrobiologie, Georg Thieme Verlag, 4. Auflage, 2009
(nur bedingt empfehlenswert)
III
Prüfung
Grundlage der schriftlichen Prüfung ist das Lehrbuch von F.H. Kayser et al., ergänzt um die
Vorlesungs- und Kursinhalte
Forschungsschwerpunkte und Arbeitsgruppen
am Institut für Medizinische Mikrobiologie
(www.imm.uzh.ch)
Die Forschungsgruppen am Institut für Medizinische Mikrobiologie befassen sich mit grundlegenden
Fragestellungen und Problemen der Medizinischen Mikrobiologie − Pathogenität, Virulenz, Therapie und
Diagnostik.
Prof. Dr. Erik C. Böttger
Ribosome: drug target and function
- Structural drug-ribosome interactions
- Basic mechanisms of ribosome function
Drug resistance:
- Mechanisms and implications for therapy
- Epidemiology
Vaccine development
Diagnostic microbiology
Prof. Dr. Peter Sander
Mycobacterium tuberculosis:
- Lipoprotein transport and protein secretion
- Host pathogen interaction
- Vaccine development
Dr. Frank Imkamp
Bacterial protein degradation
- Proteasome
Prof. Dr. Reinhard Zbinden
Dr. Guido Bloemberg
Dr. Michael Hombach
Clinical and diagnostic microbiology
IV
Lernzielkatalog Mikrobiologie
1.
Themenblock ''Grundlagen''
1.1
1.1.1
Allgemeine Infektionslehre
Ätiologie
1.1.2
Infektion und Infektionskrankheit
Aufnahme des Erregers und Ausbreitung im
Organismus
Adhärenz des Erregers, Kolonisationsfaktoren,
Vermehrung, Virulenzfaktoren und Toxine des
Erregers
Immunabwehr: natürliche Resistenz, normale
Standortflora, Haut- und Schleimhaut,
Phagozytose (Makrophagen, Granulozyten)
Manifestationsindex
1.1.3
Pathogenese
Pathogenität und Virulenz
Gast-Wirt-Beziehung
Pathogenese und Immunpathogenese
1.1.4
Epidemiologie
Pandemien, Epidemien, Endemien
Morbidität, Inzidenz, Prävalenz, Mortalität,
Letalität, Kontagiosität
Nosokomiale Infektionen
Ansteckungsquelle [Mensch, Tier (Zoonosen),
Umwelt, Nahrungsmittel, Trinkwasser]
Wirtsspektrum, Kranke und gesunde Keimträger,
Dauerausscheider
Eintrittspforte, Austrittspforte
Übertragungsarten: Schmierinfektion, Tröpfcheninfektion, Aerosole, Hautkontakte, Bissverletzungen, Nahrungsmittel einschl. Trink- und
Brauchwasser, Arthropoden als Vektoren
1.1.5
Diagnose
Klinische Diagnose, ätiologische Diagnose
(Erregernachweis, Erregernukleinsäurenachweis,
Antikörpernachweis)
Bewertung diagnostischer Verfahren: Sensitivität,
Spezifität, positiver und negativer Vorhersagewert
1.1.6
Prophylaxe
Expositionsprophylaxe, Dispositionsprophylaxe
Umgebungsuntersuchungen
Hygiene
Desinfektion und Sterilisation
Chemoprophylaxe
Erregerbegriff
Henle-Kochsche Postulate
V
1.2
1.2.1
Allgemeine Bakteriologie
Aufbau und Morphologie der Bakterienzelle
1.2.2
Zellwand
Aufbau der Zellwand, Gramverhalten, Antigenität,
Endotoxin
1.2.3
Zytoplasmamembran und Anhangsgebilde
Geisseln, Fimbrien (Pili)
1.2.4
Sonderformen
Sporenbildner
Diagnostisch wichtige Eigenschaften von Bakterien
1.2.5
Vermehrung
Generationszeit, Anreicherung, Reinkultur
1.2.6
Stoffwechsel
aerobes und anaerobes Wachstum,
artspezifische Stoffwechselleistungen
1.2.7
Antigenität
Zellwand, Geissel, Kapsel, Exotoxine und Exoenzyme, Serotypisierung
1.2.8
Färbbarkeit
Einfachfärbung, Färbungen nach Gram, ZiehlNeelsen, Immunfluoreszenz
1.2.9
Genotypie
DNA, 16S rRNA, Nukleinsäureamplifikation
(z.B. Polymerasekettenreaktion)
Bakteriengenetik
1.2.10
Genomische DNA und Plasmide
Struktur und Replikation des bakteriellen
Chromosoms, Plasmide
1.2.11
Evolution, Genomanalyse
Transfer genetischen Materials: Transformation,
Konjugation, Transduktion
Virulenz- und Resistenzplasmide,
Pathogenitätsinseln, Transposon
1.3
1.3.1
Diagnose bakterieller Infektionen
Materialentnahme
1.3.2
Transport
Indikationsgerechte Materialgewinnung und
Transport: Blutkultur, Liquor, Stuhl, Abstrich,
Sekrete und Bioptate, Blut, Serum
Verwendung geeigneter Transportmedien,
insbesondere bei empfindlichen Erregern (z.B.
Anaerobiern, Neisserien, Mykoplasmen)
Konservierung der Keimzahl bei quantitativen
Nachweisen (z.B. Urin)
VI
1.3.3
Erregernachweis
Mikroskopische Präparate, Nukleinsäureamplifikation (z.B. Polymerasekettenreaktion),
Anzüchtung mittels Kultur (Anreicherungskulturen, Selektivnährböden, Differentialnährboden, Blutkultur, anaerobe Kultur)
Typisierung: Morphologie (Kolonie, Einzelzelle),
Stoffwechseleigenschaften, Exotoxine und
Exoenzyme, Antigenanalyse, 16S-RNA-Analyse
1.3.4
Antikörpernachweis
Indikation, Bewertung serologischer Ergebnisse,
Sensitivität, Spezifität und Fehlermöglichkeiten
1.4
1.4.1
Normale Standortflora des Menschen
Allgemeines
1.4.2
Residente und transiente Flora
1.4.3
Normalflora
1.4.4
Haut, Mundhöhle, Intestinaltrakt, Vagina
1.5
1.5.1
Grundlagen der antimikrobiellen Therapie
Grundbegriffe
Antibiotika, Antituberkulotika, Antimykotika
1.5.2
Wirkmechanismus, Wirkungsspektrum
Angriffspunkte, Wirkmechanismen, Wirkungsspektrum
Begriff der Bakterizidie und Bakteriostase
Minimale Hemmkonzentration
Definition der Sensibilität bzw. Resistenz,
natürliche und erworbene Resistenz
Synergismus, Antagonismus
Kombinationstherapie
1.5.3
Resistenz und Resistenzmechanismen
Mechanismen der Resistenz: Penetrationsbarriere,
Antibiotika inaktivierende Enzyme, verminderte
Affinität für die Zielstruktur
Ursachen der Resistenzentstehung:
Spontanmutation, Gentransfer, Transduktion,
Transformation, Konjugation
Kreuzresistenz, Plasmid/Transposon, konstitutive
versus induzierbare Resistenz, Selektionsdruck,
Multiresistenz
1.5.4
unerwünschte Wirkungen
z.B. Toxizität, Wirkung auf physiologische Flora,
pseudomembranöse Colitis
Begriffsdefinition; Störung des ökologischen
Gleichgewichts durch antibakterielle Chemotherapie
Immunsuppression und Allgemeinerkrankungen
Häufigkeit und Spektrum wichtiger Bakterienarten
und Pilze, Standardflora
VII
1.5.5
Resistenzbestimmung
Verdünnungs- und Diffusionsverfahren
Grenzwerte
Ursachen der Diskrepanz von in-vitro-Befunden
und klinischem Ergebnis
1.5.6
Therapieprinzipien
Initialtherapie, kalkulierte Therapie
Therapie nach Erregernachweis mit und ohne
Resistenzbestimmung
1.5.7
Antibiotikaprophylaxe
Indikationen und Resistenzprobleme
1.6
1.6.1
1.6.1.1
Antibakterielle und antimykotische Substanzen
β-Lactam-Antibiotika
Grundstruktur, Einteilung
wichtigste Wirkstoffe
Penicilline, Cephalosporine, β-LactamAntibiotika, Monobactame, Peneme, Inhibitorgeschütze β-Lactam-Antibiotika, β-LactamaseInhibitoren
1.6.1.2
Wirkungsmechanismus
Penicillinbindeproteine, Hemmung der Zellwandsynthese
1.6.1.3
Resistenzmechanismen
Methicillinresistenz, Betalaktamasen
1.6.2
1.6.2.1
Aminoglykoside
typische Wirkstoffe
z.B. Gentamicin, Amikacin
1.6.2.2
Wirkungsmechanismus
Hemmung der Proteinbiosynthese
1.6.2.3
Resistenzmechanismen
1.6.3
1.6.3.1
Makrolide, Lincosamide
wichtigste Wirkstoffe
z.B. Clarithromycin, Clindamycin
1.6.3.2
Wirkungsmechanismus
Hemmung der Proteinbiosynthese
1.6.3.3
Resistenzmechanismen
1.6.4
1.6.4.1
Chinolone
typische Wirkstoffe
z.B. Ciprofloxacin, Levofloxacin
1.6.4.2
Wirkungsmechanismus
Hemmung der Topoisomerase
1.6.4.3
Resistenzmechanismen
1.6.5
1.6.5.1
Sulfonamide
wichtigste Wirkstoffe
z.B. Kombination mit Trimethoprim
1.6.5.2
Wirkungsmechanismus
Hemmung der Folsäuresynthese
1.6.5.3
Resistenzmechanismen
VIII
1.6.6
1.6.6.1
Antituberkulotika
wichtigste Wirkstoffe
1.6.6.2
Anwendungsprinzip
1.6.6.3
Resistenzmechanismen
1.6.7
1.6.7.1
Antimykotika
wichtigste Wirkstoffe
1.6.7.2
Wirkungsspektrum, Wirkungsmechanismen
1.7
1.7.1
Immunprophylaxe
passive Immunisierung
1.7.2
Aktive Immunisierung (Schutzimpfung)
1.7.2.1
Impfstoffe
Prinzip des Tot- und Lebendimpfstoffes
[Inaktivierung, Erregerbestandteile, Selektion
avirulenter Mutanten (attenuierte Impfstoffe),
gentechnisch hergestellte Impfstoffe]
1.7.2.2
Applikation
Auffrischimpfungen, Simultanimpfung, Impfung
nach erfolgter Infektion (Postexpositionsprophylaxe)
1.7.2.3
Schutzimpfungen gegen bakterielle
Infektionen
z.B. Diphtherie, Haemophilus influenzae b,
Keuchhusten, Meningokokken A und C,
Pneumokokken, Tetanus, Tuberkulose
Indikation, Applikation, Wirksamkeit,
unerwünschte Wirkungen
1.8
Spezielle Bakteriologie
u.a. grampositive Kokken (Staphylokokken, Streptokokken)
gramnegative Stäbchenbakterien (Escherichia coli, Salmonellen)
Corynebacterium diphtheriae
Helicobacter pylori
Mykobakterien
Neisserien
Chlamydien
Treponema pallidum
Clostridien
Aspergillus
Candida
Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol, Pyrazinamid,
Streptomycin
Kombinationstherapie, Therapiedauer
Polyene (Amphotericin B, Nystatin), Azole
(Fluconazol, Ketoconazol, etc.), Flucytosin,
Allylamine (Terbinafin)
Indikation
lokale und systemische Therapie
Gammaglobuline, Hyperimmunglobuline,
Antiseren, monoklonale Antikörper
Nebenwirkungen heterologer Seren
Anwendungsbereiche
IX
2. Themenblock "Infekt, Abwehr, Systemerkrankungen"
1. Unterrichtsziele:




Wichtige Erreger bakterieller Systemerkrankungen
grampositive und gramnegative Sepsiserreger
Erregernachweis, Befundinterpretation
Kenntnisse der Infektionswege, Epidemiologie, Risikofaktoren
Selbststudium:
Vertiefung des Vorlesungsstoffes, siehe auch
 Vorlesungsskript, Kapitel "Morphologie und Physiologie der
Bakterien", "Staphylokokken", "Streptokokken", "Enterobacteriaceae,
E. coli"
 Kursskript, Tag "Sepsis"
 Lehrbuch Medizinische Mikrobiologie, Kayser et al., Thieme Verlag
2010, 12. Auflage
 5.1 "Staphylokokken" (S. 245-250)
 5.2 "Streptokokken" (S. 250-258)
 5.12 "Enterobacteriaceae" (S. 292-296)
 13.9 "Sepsis" (S. 710/711)
2. Unterrichtsziele:
 Antibiotikaresistenz: Mechanismen und Epidemiologie
Selbststudium:
Vertiefung des Vorlesungsstoffes, siehe auch
 Vorlesungsskript, Kapitel "Antibakterielle Chemotherapie"
 Kursskript "Resistenzprüfung", "Leitsätze der Antibiotikatherapie"
 Lehrbuch Medizinische Mikrobiologie, Kayser et al., Thieme Verlag
2010, 12. Auflage
 4.6 "Grundlagen der Antibiotikatherapie" (S. 200-220)
X
3. Themenblock "Atmung"
1. Unterrichtsziele:
 Wichtige Erreger nosokomial und ambulant erworbener Pneumonien
 Kenntnisse der Pathomechanismen
 Kenntnisse der Infektionswege, Epidemiologie, Risikofaktoren,
Prävention
 Diagnostik, Erregernachweis und Befundinterpretation
 Therapie
Selbststudium:
Vertiefung des Vorlesungsstoffes, siehe auch
 Vorlesungsskript, Kapitel "Legionellen", "Chlamydien" u.a.m.
 Kursskript, "Respiratorische Infekte"
 Lehrbuch Medizinische Mikrobiologie, Kayser et al., Thieme Verlag
2010, 12. Auflage
 5.2 "Streptococcus" (S. 250-258)
 5.23 "Legionella" (S. 325-327)
 13.2 "Respirationstrakt" (S. 685-689)
2. Unterrichtsziele:
 Pathogenese, Diagnostik und Therapie der Tuberkulose
Selbststudium:
Vertiefung des Vorlesungsstoffes, siehe auch
 Vorlesungsskript, Kapitel "Mykobakteriosen"
 Kursskript, "Mykobakteriosen"
 Lehrbuch Medizinische Mikrobiologie, Kayser et al., Thieme Verlag
2010, 12. Auflage
 5.9 "Mycobacterium" (S. 277-286)
XI
4. Themenblock "Bewegungsapparat"
Unterrichtsziele:
 Wichtige Erreger von Wund- und Protheseninfektionen einschliesslich
Weichteilinfektionen, Erregerspektrum
 Kenntnisse der Infektionswege, Epidemiologie, Risikofaktoren,
Prävention
 Kenntnisse der Pathomechanismen, z.B. bakterielle Exotoxine
 Diagnostik
 Therapie
Selbststudium:
Vertiefung des Vorlesungsstoffes, siehe auch
 Vorlesungsskript, Kapitel "Staphylokokken", "Streptokokken",
"Anaerobier", "Clostridien"
 Kursskript, "Wundinfektionen"
 Lehrbuch Medizinische Mikrobiologie, Kayser et al., Thieme Verlag
2010, 12. Auflage
 5.1 "Staphylokokken" (S. 245-250)
 5.6 "Clostridium" (S. 262-267)
 13.10 "Fremdkörper" (S. 712/713)
 13.12 "Haut- und Bindegewebe" (S. 715-720)
 13.13 "Bewegungsapparat" (S. 720-723)
5. Themenblock "Gastrointestinaltrakt"
Unterrichtsziele:
 Wichtige Erreger infektiöser Darmerkrankungen
 Kenntnisse der Infektionswege, Epidemiologie, Risikofaktoren,
Prävention
 Kenntnisse der Pathomechanismen
 Diagnostik, Erregernachweis und Befundinterpretation
 Therapie
Selbststudium:
Vertiefung des Vorlesungsstoffes, siehe auch
 Vorlesungsskript, Kapitel "Enterobacteriaceae", "E. coli", "Salmonellen"
u.a.m.
 Kursskript, "Gastrointestinale Infektionen"
 Lehrbuch Medizinische Mikrobiologie, Kayser et al., Thieme Verlag 2010,
12. Auflage
 5.13 "Salmonella" (S. 296-301)
 5.14 "Shigella" (S. 301-302)
 5.16 "Escherichia coli" (S. 306-308),
 5.21 "Campylobacter, Helicobacter" (S. 319-322)
 9.26 "Rotaviren und andere humanpathogene Reoviren" (S. 536-538)
 9.12 "Caliciviren" (S. 504-505)
XII
6. Themenblock "Niere"
Unterrichtsziele:
 Wichtige Erreger bakterieller Infektionserkrankungen der Niere und
der ableitenden Harnwege
 Kenntnisse der Infektionswege, Epidemiologie
 Kenntnisse der Pathomechanismen
 Diagnostik, Erregernachweis und Befundinterpretation
 Therapie
Selbststudium:
Vertiefung des Vorlesungsstoffes, siehe auch
 Vorlesungsskript, Kapitel "Enterobacteriaceae", "E. coli" u.a.m.
 Kursskript, "Urininfektionen"
 Lehrbuch Medizinische Mikrobiologie, Kayser et al., Thieme Verlag
2010, 12. Auflage
 5.16 "Escherichia coli" (S. 306-308)
 5.17 "Enterobacteriaceae" (S. 308-309)
 13.3 "Urogenitaltrakt" (S. 689-693)
7. Themenblock "Nervensystem"
Unterrichtsziele:
 Wichtige Erreger bakterieller Erkrankungen des Nervensystems
 Kenntnisse der Infektionswege, Epidemiologie, Risikofaktoren,
Prävention
 Kenntnisse der Pathomechanismen
 Diagnostik, Erregernachweis und Befundinterpretation
 Therapie
Selbststudium:
Vertiefung des Vorlesungsstoffes, siehe auch
 Vorlesungsskript, Kapitel "Neisserien" u.a.m.
 Kursskript, "Meningitis"
 Lehrbuch Medizinische Mikrobiologie, Kayser et al., Thieme Verlag
2010, 12. Auflage
 5.11.2 "Neisseria meningitidis" (S. 290-292)
 5.19.1 "Hämophilus influenzae" (S. 314-316)
 5.28.2 "Borrelia burgdorferi" (S. 342-344)
 13.7 "Nervensystem" (S. 702-706)
XIII
Tag 1:
Historischer Überblick (Kayser et al.: S. 2-7)
Epidemiologie (Kayser et al.: S. 45-55, 63-67)
Desinfektion und Sterilisation (Kayser et al.: S. 55-63)
Morphologie und Physiologie der Bakterien (Kayser et al.: S. 162-180)
Taxonomie und Evolution (Kayser et al.: S. 230-243)
1.
EPIDEMIOLOGIE; TAXONOMIE UND PHYSIOLOGIE
1.1
Als Krankheitserreger sind Bakterien erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt; früher war man der Meinung, dass Epidemien durch giftige
Dämpfe übertragen werden (Miasmentheorie von Hippokrates, 5. Jh. a. Chr.)
1.2.
1676
Mikroskopische Darstellung von Bakterien durch VAN LEEUWENHOEK
1857
Nachweis von Gärungsprozessen als Folge mikrobieller Fermentationsprozesse
durch PASTEUR
1881
Entwicklung von Festnährböden zum Erhalt von Reinkulturen durch KOCH
1882
Kochsche Postulate
Mycobacterium tuberculosis (KOCH)
1883
Corynebacterium diphteriae (KLEBS)
Vibrio cholerae (KOCH)
1886
Streptococcus pneumoniae (FRAENKEL)
1887
Neisseria meningitidis (WECHSELBAUM)
1888
Salmonella enteritidis (GÄRTNER)
1889
Clostridium tetani (KITASATU)
1892
Haemophilus influenzae (PFEIFFER)
1894
Yersinia pestis (YERSIN)
1882ca. 1900
Entwicklung von Färbetechniken zur besseren lichtmikroskopischen Darstellung
von Bakterien (KOCH, EHRLICH, PASTEUR, GRAM u.a.m.)
ab 1950
Einsatz von Zellkulturverfahren für diagnostische Fragestellungen
ab 1990
Ausbau von molekularbiologischen Arbeitsmethoden
''It's time to close the book on infectious diseases'' − William Stewart (Surgeon
General USA, 1969): eine falsche Prognose
 infectious diseases directly account for 3 of the 10 leading causes of death
 infectious diseases account for 25% of all visits to physicians
 annual costs of infectious diseases reached $ 120 billion; about 15% of the nation’s total
health-care expediture
 every year some 2 million people become infected while hospitalized, with more than 20.000 dying
as a result of a nosocomial infection
 treatment of nosocomial infections costs $ 9.5 billion
 costs of treating drug-resistant pathogens are estimated at $ 4 billion
Quelle: Center for Disease Control, Atlanta, USA (1992)
1
1.2.1.
Es werden immer wieder neue Krankheitserreger entdeckt
New Pathogens
1977
Legionella pneumophila
Campylobacter spp.
1982
Enterohämorrhagische Escherichia coli
Borrelia burgdorferi
1983
Helicobacter pylori
1989
Ehrlichia chaffeensis
1990
Bartonella henselae
1992
Mycobacterium genavense
2009
Streptococcus tigurinus
2010
Neoehrlichia mikurensis
1.3.
Epidemiologie − Wie wird eine Infektionskrankheit übertragen?
1.3.1.
Während einer der grössten Pestepidemien (1347-1352) wurde die europäische
Bevölkerung um fast die Hälfte reduziert
Obwohl erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allgemein akzeptiert wurde, dass Mikroorganismen
die grossen Volksseuchen verursachen, gab es schon früher Querdenker, die ihrer Zeit weit voraus waren.
Mit dem Wissen unserer Zeit lassen sich die Grundlagen der Ätiologie der Infektionskrankheiten und der
Seuchenlehre auf Girolamo Fracastoro (Hieronymus Fracastorius; 1493-1553) zurückführen; Ideen, welche in ihrer
Zeit wenig beachtet und später vergessen wurden. Nach Fracastoro's Vorstellungen, niedergelegt in der 1546
erschienenen Schrift ''De contagionibus et contagiosis morbis et eorum curatione'' hat das Kontagium seine
Ursache in den ''seminaria morbi'', die er für belebt hielt und die jeweils nur die ihnen eigene, gleichartige
Krankheit hervorrufen.
2
1.3.2.
1.3.3.
Primäre Infektionsquellen
Infektionsquelle
Erklärung
Kranker
Wichtigste Quelle. In der Regel werden die Erreger durch das
gleiche Organsystem ausgeschieden, durch das sie aufgenommen
wurden. Ausnahmen existieren.
Inkubationsausscheider
Ausscheidung während der Inkubationszeit.
Typisch für viele Viruskrankheiten.
Rekonvaleszenzausscheider
Ausscheidung nach Überstehen der Krankheit.
Typisch für enteritische Salmonellosen.
Dauerausscheider
Ausscheidung noch mehrere Monate (evtl. Jahre) nach Überstehen
der Krankheit.
Typisch für typhöse Salmonellosen.
Keimträger
Tragen pathogene Keime auf Haut oder Schleimhäuten mit sich
herum, ohne selbst zu erkranken.
z.B. Staphylococcus aureus.
Tiere
Kranke oder gesunde Tiere, die pathogene Erreger ausscheiden /
beherbergen.
z.B. enteritische Salmonellen, Lyme Borreliose.
Umwelt
Erdboden, Pflanzen, Wasser. Primäre Quellen von
Mikroorganismen, deren natürlicher Lebensraum
die entsprechenden Biotope sind.
z.B. Clostridien, Legionellen, Pseudomonaden.
Epidemiologische Begriffe
Begriff
Erklärung
Sporadisches Auftreten
Vereinzeltes Auftreten einer Infektionskrankheit ohne zeitlichen und
räumlichen Zusammenhang
Epidemisches Auftreten
Örtlich und zeitlich gehäuftes Auftreten einer Infektionskrankheit
Pandemie
Zeitlich gehäuftes Auftreten einer Infektionskrankheit ohne örtliche
Begrenzung
Endemisches Vorkommen
Vorkommen von Infektionskrankheiten in Bevölkerungskollektiven
ohne zeitliche Begrenzung
Epidemisches Auftreten
Örtlich und zeitlich gehäuftes Auftreten einer Infektionskrankheit
Pandemie
Zeitlich gehäuftes Auftreten einer Infektionskrankheit ohne örtliche
Begrenzung
Morbidität
Zahl der Erkrankten pro Bevölkerungskollektiv (z.B. 1000, 10'000,
100'000)
Inzidenz
Zahl der Neuerkrankungen pro Zeitperiode
Prävalenz
Zahl der Erkrankten zu einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag)
Mortalität
Zahl der an einer Krankheit Verstorbenen, bezogen auf ein
Bevölkerungskollektiv
Letalität
Zahl der an einer Krankheit Verstorbenen, bezogen auf die
Erkrankten
Manifestationsindex
Zahl Erkrankter pro Anzahl Infizierter
Inkubationszeit
Zeit von Infektion bis zum Auftreten erster Krankheitssymptome
3
1.3.4.
Die Bedeutung sozialer Faktoren und Verhaltensweisen für Infektionskrankheiten
Living
Food
Medicine
the results
water used in cooling systems provides suitable
growth conditions for Legionella
intensive husbandry under antibiotic protection leads
to drug-resistant bacteria in animal products
routine use of antibiotics in medicine
deep-freeze storage, fast-food production and
inadequate cooking (e.g. Listeria, Salmonella, EHEC)
emergence of antibiotic-resistant bacteria as hazards to
hospitalized patients (e.g. multi-resistant
Staphylococcus aureus)
Sex
altered sexual habits
Water
breakdown of filtration systems
overuse of limited water supplies
increase in ownership of pets
(particularly exotic species)
increased frequency of journeys to
tropical and subtropical countries
Pets
Travel
1.3.5.
the causes
altered environments
e.g. air conditioning
changes in food production
and food handling practices
development of opportunistic infections (e.g. Candida,
C. difficile)
promiscuity increases transmission of sexually
transmitted diseases (e.g. gonorrhoea, syphilis, AIDS)
diarrhoeal and other infections (e.g. cryptosporidiosis,
leptospirosis, cholera)
transmission of animal / human infections, through
contamination (e.g. Toxoplasma, Toxocara)
exposure to organisms and vectors not found in
country of origin (e.g. malaria, yellow fever)
Vor allem verbesserte Hygiene und Impfungen haben dazu geführt, dass Seuchen
in den Industrienationen ihren Schrecken verloren haben
Crude infectious disease mortality rate in the USA from 1900 through 1996
4
1.3.6.
Infektionen, die im Krankenhaus erworben werden, bezeichnet man als nosokomiale
Infektionen
A C Q U IS IT IO N O F H O S P IT A L IN F E C T IO N
self-infection
cross-infection
en vironm ental
in fection
air
food
dust
w ater
disinfectants
etc.
IV fluids
catheters
patient
ventilatiors an d
respiratory
equipm ent
patient
hospital staff
or patients
patient
w ashbow ls
bedpans
endo scopes
Hospital-acquired infection can be endogenous, i.e. self-infection from another site in the body, or exogenous,
from another person or from an environmental source. The sorts of organisms acquired from environmental
sources depend on the nature of the source; e.g. moist areas tend to be colonized with gram-negative rods whereas
air and dust-borne organisms are those that can withstand drying (e.g. aspergillus).
The relative frequencies of different kinds of hospital infection vary for different patient groups, but overall
urinary tract infections (UTI) are the most common hospital-acquired infections
42%
24%
11%
5%
18%
1.3.7.
urinary tract infections
surgical wound infections
lower respiratory tract infections
bacteraemia
others
Factors which predispose patients to hospital infection
Hospital patients are not all at equal risk of infection. Some factors that predispose to infection can be influenced
by, for example, treating underlying disease, improving specific immunity and avoiding inappropriate use of
antibiotics. Other factors such as age are unalterable.
Age
patients at extremes of age are particularly susceptible
Specific immunity
patient may lack protective antibodies to e.g. measles, chicken-pox,
whooping cough
Underlying disease
other (non-infectious) diseases tend to lead to enhanced susceptibility
to infection, e.g. hepatic disease, diabetes, cancer, skin disorders,
renal failure, neutropenia (either as a result of disease or of treatment)
Specific medicaments
cytotoxic drugs (including post-transplant immunosuppression) and
steroids both lower host defences, antibiotics disturb normal flora and
predispose to invasion by resistant hospital pathogens
Trauma
- accidental
- intentional
burns, stab or gunshot wounds,
road traffic accidents

disturb natural host
defence mechanisms
(barriers)
surgery, intravenous and urinary
catheters, peritoneal dialysis
5
1.3.8.
Risk factors for post-operative infections
The risks of infection after surgery have been studied in considerable detail and as a result surgeons are much more aware of the
problems. “High-tech” surgery, however, is often long and difficult and predisposes the patient to post-operative infection.
Length of pre-operative stay
longer stay – more likely to become colonized with virulent and
antibiotic-resistant hospital bacteria and fungi
Presence of intercurrent infection
operating on an already infected site more likely to cause
disseminated infection
Length of operation
longer – greater risk of tissues becoming seeded with organisms
from air, staff, other sites in patient
Nature of operation
any operation which results in faecal soiling of tissues has higher
risk of infection (e.g. post-operative gangrene), “adventurous”
surgery tends to carry greater risks
Presence of foreign bodies
e.g. shunts, prostheses, impairs host defences
State of tissues
poor blood supply encourages growth of anaerobes, inadequate
drainage or presence of necrotic tissue predisposes to infection
1.4.
Prophylaxe  Wie wird eine Infektionskrankheit verhindert? Desinfektion, Sterilisation
1.4.1.
Prophylaktische Massnahmen senken die Inzidenz einer Infektionskrankheit, während
Antibiotika vor allem die Letalität einer Infektionskrankheit beeinflussen
Gesetzliche Bestimmungen (Seuchengesetz, Meldewesen)
Expositionsprophylaxe:
 Isolierung, Quarantäne
 Desinfektion, Sterilisation
Dispositionsprophylaxe:
 Immunisierung (aktiv, passiv)
 Chemoprophylaxe
6
1.4.2.
Keimtötung erfolgt durch Hitze, Strahlung oder chemische Agentien
Wirkungsmechanismus
1.4.3.

Denaturierung von Proteinen:
Hitze, die meisten chemischen Desinfektionsmittel

Denaturierung von Nukleinsäuren:
UV-Strahlen, ionisierende Strahlen

Zerstörung biologischer Membranen:
oberflächenaktive Verbindungen, quaternäre Ammoniumverbindungen
Sterilisieren
ist das Abtöten bzw. das irreversible Inaktivieren aller vermehrungsfähigen
Mikroorganismen
Desinfizieren
ist das Abtöten bzw. irreversible Inaktivieren aller Erreger übertragbarer
Infektionskrankheiten. (Die Forderung "aller pathogener Erreger" ist im Hinblick
auf Tetanus- und Gasbrandsporen unrealistisch und unter Berücksichtigung ihrer
speziellen Epidemiologie auch unnötig.)
Konservieren
Keimtötende Verfahren werden zur Konservierung von Lebensmitteln eingesetzt.
Kinetik der Keimabtötung
Reaktion 1. Ordnung (exponentielle Abtötung); Wirksamkeit abhängig von:

Empfindlichkeit der Mikroorganismen

Aktivität der Noxe

“Bacterial load“

D-Wert (= dezimale Abtötungszeit)
Keimzahlreduktion bei Einwirkung konstanter Noxen
K0
= Ausgangskeimzahl
K
= Keimzahl zum Zeitpunkt t
k
= konstanter Faktor, der für jede Spezies und Noxe unterschiedlich ist
D
= dezimale Reduktionszeit
(nach Richards)
7
1.4.4.
Gebräuchliche chemische Desinfektionsverfahren
Konzentration (in
wässriger Lösung)
DesinfektionsWirkung
Probleme
Beispiel für
Anwendungsbereich
Alkohole ( Ethyl oder
Isopropyl )
60 – 80 %
1 min (M)
Brennbar, hauttrocknend
Haut
Jodophore (organische
Jodverbindungen)
100 – 1.000 ppm
verfügbares Jod
5 min (M/N)
Vorübergehende Färbung
Haut
Quaternäre AmmoniumVerbindungen
1:500-1:750
(N)
Inaktivierung durch Seife, nicht
gegen alle gramnegativen
Stäbchen wirksam ****
Flächen (nicht als alleiniger
Wirkstoff empfohlen),
Kombination mit Chlorhexidin sinnvoll (Haut)
Diguanide (Chlorhexidin)
4%
5 min (M/N)
Eiweissfehler **
Haut, Kombination mit
quaternären Ammoniumverbindungen sinnvoll
Chlor-Verbindungen
0.1 – 0.5 mg freies Cl-
15 min (M)
Korrosiv, hautreizend,
Eiweissfehler **
Wasser
Glutaraldehyd
2 % (alkalisch)
15 min (M)
Instabil, toxisch
Instrumente
Formaldehyd
0.5 – 1 %
60 min (M)
Eiweissfehler, toxisch **
Flächen, Geräte
Phenol-Verbindungen
1–2%
20 min (M/N)
Korrosiv***, hautreizend
Flächen, Geräte
Substanz
*
**
***
****
M = mittelgradig (alle Keime außer Sporen), N = niedriggradig (ausgenommen Sporenbildner, Tuberkelbakterien, die meisten Viren)
Wirkung beeinträchtigt durch organische Substanzen („Eiweißfehler“)
0.5 % NaHCO3 (Natriumbikarbonat)-Zusatz bei Gerätedesinfektion mit Phenolen wichtig, um Korrosion zu verhüten
Kontamination von Stocklösungen mit gramnegativen Mikroorganismen kann ein Problem darstellen
8
1.4.5.
Gebräuchliche Sterilisationsverfahren
Verfahren
Bedingungen
Probleme
Bemerkungen
Dampf („Autoklavieren“)
121o C, 202 kPa, 15 min
oder
134o C, 302 kPa, 3 min
Empfindlichkeit vieler Materialien
Empfehlenswerte Art der
Sterilisation
Heißluft
160o 2 h, oder
180o 30 min
Empfindlichkeit vieler Materialien;
Verpackung
Preiswert
Ionisierende Strahlen
2.5 x 104 Gy (Richtwert)
Sicherheitsvorkehrungen,
Gammastrahlen penetrieren
gut, Elektronenstrahlen schlecht
Verbandsmaterial, Kunststoffartikel, Nahtmaterial
Ethylenoxid-Gas
400-850 mg/l
30-60% rel. Feucht.
50-60o 2 h
Toxisch; ausreichende Belüftung
nach Sterilisationsvorgang notwendig;
explosiv, falls nicht in korrekter
Mischung
Methode der Wahl für hitzelabile
Gegenstände
Formaldehyd-Wasserdampf
5%, 60-75o,1 h
Toxisch, schlechte Penetration,
Belüftung notwendig
Anstelle von Ethylenoxid
Glutaraldehyd 2 %
10 h bei Zimmertemperatur
Aktivierte Lösung instabil, toxisch
Für hitzeempfindliche Geräte statt
Ethylenoxid
9
1.5.
Aufbau und Morphologie von Bakterienzellen
1.5.1.
Prokaryonten (Bakterien) besitzen keinen Zellkern; dies ist der wichtigste Unterschied
zu eukaryontischen Zellen
Eigenschaft
Prokaryont
Eukaryont
Kernmembran
-
+
Zytoplasmamembran
+
+
Zellwand mit Peptidoglykan
+
-
Organellen (Mitochondrien,
endoplasmatisches Retikulum,
Golgi-Apparat)
-
+
durch Zweiteilung
geschlechtlich
Plasmide
+
-
Zellgrösse
1-5m
Vermehrung
Genomgrösse
6
7
1 x 10 -10 bp
20-100 m
1 x 109-1010 bp
1.5.2.
Bakterien vermehren sich durch Zweiteilung (exponentielle Vermehrung!)
1.5.3.
Im Gegensatz zu tierischen und menschlichen Zellen besitzen Bakterien eine Zellwand;
die Zellwand der Bakterien ist ein wichtiger Angriffspunkt verschiedener Antibiotika
10
1.5.4.
Das Peptidoglykan (Synonym: Murein) bildet den Bestandteil der Zellwand von
Bakterien; das Peptidoglykan besteht aus Zuckerketten, die über Peptidseitenketten
miteinander quervernetzt werden (crosslinking)
G
 1-4
(Gly)5
(Gly)5
G
M
M
L-Ala
L-Ala
D-Gln
D-Gln
L-Lys
L-Lys
D-Ala
D-Ala
(Gly)5
(Gly)5
D-Ala
D-Ala
L-Lys
L-Lys
D-Gln
D-Gln
L-Ala
L-Ala
M
M
G
G
Struktur des Mureins bei Staphylococcus aureus
G = N-Acetylglucosamin, M = Acetylmuraminsäure
1.5.5.
Gramnegative Bakterien besitzen eine äussere Membran, in der neben zahlreichen
Proteinen auch die medizinische wichtigen Lipopolysaccharide lokalisiert sind
aussen
innen
Region I
Region II
sich wiederholende
OligosaccharidEinheiten (O-spezifischeSeitenketten)
Gn
Region III
Kernpolysaccharid
Gal
P
Glc Gal Glc
Hep
Hep
Lipid A
(KDO)2
Lipid A
Schematische Darstellung des Aufbaus von Lipopolysacchariden von Salmonellen
KDO = Ketodesoxyoctonsäure, Hep = L-Glycero-D-mannoheptose, Glc = D-Glucose,
Gal = D-Galactose, Gn = D-Glucosamin, P = Phosphorsäureester (nach Lüderitz, 1970)
11
1.5.6.
Morphologische Unterschiede sind wichtige Unterscheidungsmerkmale
1.6.
Bakterienstoffwechsel
1.6.1.
Katabole Reaktionen
Abbau von Nährsubstraten
Anabole Reaktionen
Biosynthese; Kopplung mit Energie liefernden,
katabolen Reaktionen
Organische Nährsubstrate
Proteine, Aminosäuren, Polysaccharide, Zucker etc.
Medizinisch relevante Bakterien sind auf organische Kohlenstoffquellen angewiesen;
im Gegensatz dazu können Umweltbakterien eine Vielzahl von Energiequelllen nutzen
(Sonnenlicht, verschiedene anorganische Substanzen)
1. Kohlenstoffquellen
- autotroph; Kohlenstoff wird aus CO2 assimiliert
- heterotroph*; organische Kohlenstoffquellen werden benötigt
2. Energiequelle
- phototroph; Sonnenlicht dient als Energiequelle
- chemotroph*; chemisch gebundene Energie wird als Energiequelle benötigt
3. Wasserstoffdonator
- litotroph; anorganische Quellen wie H2S dienen als Wasserstoffdonatoren
- organotroph*; Wasserstoff aus organischen Verbindungen wird benötigt
* Bakterielle Krankheitserreger
12
1.6.2.
Das Verhalten der Bakterien gegenüber Luftsauerstoff ist von diagnostischer Bedeutung
Gruppe
Stoffwechseltyp
obligat aerob
aerobe Oxidation
fakultativ anaerob
aerobe Oxidation
obligat anaerob
O2 ist notwendig zur Oxidation des
organischen Substrates zu CO2 und H2O
Gärung oder anaerobe
Atmung
verläuft ohne O2, organische
Endprodukte entstehen
Gärung
O2 ist toxisch
1.7.
Taxonomie und Evolution
1.7.1.
Unter Taxonomie versteht man das Beschreiben und Ordnen von Lebewesen in
einem hierarchischen System
Taxonomy is an artificial system, created by man to understand nature, i.e.
-
1.7.2.
to describe organisms
to identify organisms
to determine phylogenetic relationships among organisms
Phänotypische Eigenschaften der Bakterien sind wichtig für die Identifikation
der Bakterien in der Labordiagnostik
Phänotypische Eigenschaften
-
Färbeverhalten
Zellmorphologie
Wachstumsbedingungen
Stoffwechselleistungen
Klassifikation von Bakterien
Färbung
Gram positiv
Gram negativ
Physiologie
Morphologie
Eigenschaften
Beispiele
Kokken
Haufen
Ketten
Staphylokokken
Streptokokken
Stäbchen
Sporen
keine Sporen
anaerob
Stäbchen
Sporen
Clostridien
aerob
Kokken
keine Sporen
Neisserien
fakultativ
anaerob
Stäbchen
keine Sporen
Enterobacteriaceae
aerob
Bacillus
Listerien
13
1.7.3.
The zoological definition of a species as groups of interbreeding or potentially
interbreeding natural populations that are reproductively isolated from other
such groups cannot be applied to prokaryotes
In essence, “the” species in bacteriology does not represent a natural entity but is a largely artificial idea
which microbiologists have agreed upon to allow for a coherent taxonomic system in bacteriology.
Spezieskonzept:
Mitglieder einer Spezies zeigen eine Genomähnlichkeit von über 70%.
1.7.4.
Die ribosomalen RNA Moleküle (rRNA) stellen eine ideale Struktur zur molekularen
Identifikation von Bakterien dar
Ribosomale RNA’s
- universell vorhandene, konservierte Makromoleküle
- die Nukleinsäuresequenz ribosomaler RNA’s ist durch konservierte, semikonservierte, variable
und hypervariable Regionen gekennzeichnet
- jeder Mikroorganismus besitzt eine spezifische rRNA Gensequenz
- die evolutionäre Verwandtschaft von Mikroorganismen kann über eine Analyse von rRNASequenzunterschieden ermittelt werden
1.7.5.
Ein phylogenetischer Stammbaum aufgrund der rRNA-Sequenz ermöglicht eine
Darstellung der Verwandtschaftsverhältnisse verschiedener Organismen
14
Tag 2:
Genetik der Bakterien (Kayser et al.: S. 181-200)
Pathogenitätsfaktoren und Virulenzmechanismen I (Kayser et al.: S. 220-230)
2.
GENETIK; PATHOGENITÄTSFAKTOREN, VIRULENZMECHANISMEN,
TOXINE − WARUM MACHT EIN INFEKTIONSERREGER KRANK?
2.1.
Genetik
2.1.1.
Austausch genetischen Materials zwischen Bakterien erfolgt über parasexuelle
Mechanismen (Transformation, Transduktion, Konjugation)
2.1.2.
Durch parasexuelle Mechanismen können medizinisch bedeutsame Eigenschaften
übertragen werden
- Antibiotikaresistenz
- Pathogenitäts- und Virulenzfaktoren
i) Adhäsine und Invasine
ii) Kapselbildung
iii) Toxine
2.1.3.
Schematischer Aufbau: Plasmid-Replikation, Mobilisation, Konjugation
Pathogenitätsgene
(Antibiotikaresistenzen,
Virulenzfaktoren)
Insertion
und
Exzision
Konjugation
(Gene für Pili)
Replikation
(Replikationsursprung)
15
2.1.4.
Schematischer Aufbau – Integron und Insertionselement:
Integration, Mobilisationsgen, Pathogenitätsgen
Integron
Chromosom
Rekombinationsstelle
Pathogenitätsgen
(Antibiotikaresistenz,
Virulenzfaktor)
Mobilisationsgen
Mobilisationsgen
Rekombinationsstelle
Pathogenitätsgen
andere
2.1.5.
andere
Konjugation und Transposition
Klebsiella
Salmonella
Tra
Plasmid
mit Apr
Plasmid
mit Tcr
Konjugation
Transposition
Plasmid
mit Apr
und Tcr
2.1.6.
Fremd-DNA integriert über chromosomale Rekombination ins Bakteriengenom
1. generelle Rekombination
- Integration mittels homologer Rekombination
2. spezialisierte Rekombination
2.1.
ortsspezifisch
- wird über eine Integrase vermittelt
- nur eine kleine Sequenz der zu integrierenden DNA muss mit der ''Wirts''-DNA
homolog sein
 Integration von Plasmiden, Bakteriophagen-Genomen (als Prophage),
Resistenz-Genkassetten
2.2.
ortsunspezifisch
- wird über eine Transposase vermittelt
- Integration von DNA an unterschiedlichsten Stellen der ''Wirts''-DNA
 Integration von Virulenzfaktoren, Resistenz-Genen (einfache Transposons,
zusammengesetzte Transposons)
16
2.1.7.
Kurze Generationszeit und Plastizität des Genoms ermöglichen den Bakterien
eine schnelle Anpassung an veränderte Umweltbedingungen (bakterielle Evolution)
1. Kurze Generationszeit
 Anpassung an veränderte Lebensbedingungen durch stochastische intrachromosomale
Genomveränderungen, z.B. Punktmutation
2. Plastizität des Genoms
 Anpassung an veränderte Lebensbedingungen durch
i) nichtstochastische intrachromosomale Genomveränderungen,
z.B. Genomumlagerung, Rekombination, Leserastermutation
ii) parasexuelle Mechanismen des Genaustauschs
(interchromosomale Genomveränderungen)
2.2.
Pathogenitätsfaktoren, Virulenzmechanismen, Toxine
Warum macht ein Infektionserreger krank?
Pathogenität:
Eigenschaft eines Mikroorganismus, Krankheit auszulösen
Virulenz:
Ausprägungsgrad der krankheitserzeugenden Eigenschaften
einer pathogenen Spezies
Beispiel:
Pathogen Corynebacterium diphtheriae
 avirulent: keine Toxinbildung
 wenig virulent: wenig Toxinbildung
 hochvirulent: viel Toxinbildung
2.2.1.
Mit Hilfe der Henle-Koch-Postulate (1882) kann der Beweis erbracht werden, ob ein
bestimmter Mikroorganismus für eine Krankheit verantwortlich ist
1. Postulat (Optischer Nachweis):
Um als Erreger einer Infektionskrankheit zu gelten, müssen die Erreger mikroskopisch regelmässig
nachweisbar sein.
2. Postulat (Kultureller Nachweis):
Die Mikroorganismen sollen vom Kranken auf einen unbelebten Nährboden übertragen werden;
sie müssen sich dort unter Beibehaltung ihrer charakteristischen Eigenschaften über Generationen
hinweg fortzüchten lassen.
3. Postulat (Pathogenitätsnachweis):
Die ausserhalb des Wirtes fortgezüchteten Mikroorganismen müssen, wenn sie einem geeigneten
Versuchstier einverleibt werden, eine typische Krankheit erzeugen.
4. Postulat:
Der Mikroorganismus muss aus dem derart experimentell infizierten Organismus erneut
anzüchtbar sein.
17
2.2.2.
Determinanten der Pathogenität





2.2.3.
Infektion (Adhärenz und Kolonisierung von Schleimhautoberflächen)
Invasion des Gewebes
Adaptation und Vermehrung im Wirtsorganismus
Interferenz mit den Abwehrvorgängen des Wirtes
Schädigung des Wirtes
Mechanismen der Pathogenität
 Zellständige Mechanismen
i) Kapsel
ii) Oberflächenstrukturen (z.B. Adhäsine, Antigenvariation)
 Toxine und sezernierte Faktoren
i) lokale, am Infektionsort wirksame Toxine (z.B. Kollagenasen, Hyaluronidasen,
Leukozidine, Hämolysine, Streptolysine, Streptokinasen)
ii) fernab vom Infektionsort wirkende Toxine (z.B. Tetanustoxin)
2.2.4.
Genetische Grundlagen der Pathogenität
 Plasmid bzw. Transposonkodiert
- u.a. enteropathogene Toxine (E. coli), Adhäsine
 Phagenkodiert
- u.a. Diphtherietoxin, Scharlachtoxin
 Chromosomale Kodierung
- u.a. Kapsel, Adhäsine
2.2.5.
Systematik der Pathogenitätsfaktoren
Zellständig
vs.
Sezerniert
(z.B. Kapsel, Adhäsine,
Oberflächenstrukturen,
Antigenvariation, LPS)
Wirkort
a) lokal am Infektionsort
b) fernab vom
Infektionsort
Aufnahme
a) Ingestion präformierten
Toxins
b) Schleimhautkolonisation
und Toxinbildung
c) Infektion und Toxinbildung
Wirkmechanismus
a) Extrazellulärsubstanz
b) Zellmembran
c) intrazellulär
18
2.2.6.
Beispiele sezernierter Toxine bei Bakterien
2.2.7.
Three ways in which bacterial exotoxins can contribute to progression of a disease
Ingestion of preformed exotoxin
Bacteria grow in food, produce exotoxin

Exotoxin ingested with food

Exotoxin causes symptoms
Colonization of mucosal surface followed by exotoxin production

Bacteria colonize mucosal surface
Exotoxin produced at site of colonization

Exotoxin acts on tissue colonized
by bacteria or enters bloodstream

Symptoms produced by exotoxin action
Colonization of wound followed by local exotoxin production

Bacteria in wound produce exotoxin(s)

Bacteria colonize wound or form
abscess in the body
Exotoxin acts locally to damage tissue
or enters bloodstream
19
2.2.8.
Beispielhafte Virulenzmechanismen von Bakterien

Adhärenz und Kolonisierung
Toxine
Beeinträchtigung der Ziliarbewegung respiratorischer Epithelien
Pili
Adhärenz an Schleimhautepithelien
Adhäsine
Haftung an spezifischen Rezeptor-tragenden Wirtszellen
Matrixbildung
Adhäsion an leblosen Oberflächen (z.B. Kunststoff)

Invasion
Toxine
- Auflösung der schützenden Mucinschicht bei Schleimhäuten
- Schädigung des umgebenden Gewebes
Invasion der Wirtszelle
Endozytose

Adaptation und Vermehrung in Wirtsorganismen
Siderophore
Eisenaufnahme
Stoffwechsel
Adaptation des Stoffwechsels

Interferenz mit den Abwehrvorgängen des Wirtes
Kapsel
Vermeidung der Phagozytose
Antigenvariation
Ausschaltung antigenspezifischer Antikörper
Toxin-vermittelt
Lyse von Phagozyten
Immunglobulinproteasen
Zerstörung von Antikörpern
Antigenverwandtschaft
Immuntoleranz
Oberflächenproteine
Hemmung der Aktivierung des Komplementsystems

Schädigung des Wirtes
Toxine, Enzyme
Endotoxin (Lipid A)
Zellschädigung
Endotoxinschock
2.2.9. Beispiele von Infektionserregern und ihren Pathogenitätsfaktoren
2.2.10.
Mikroorganismus
verantwortlicher
Pathogenitätsfaktor
C. diphtheriae
C. botulinum
C. tetani
S. pneumoniae
N. meningitidis
N. gonorrhoeae
uropathogene E. coli
V. cholerae
Diphtherietoxin
Botulinustoxin
Tetanustoxin
Kapsel
Kapsel
Pili
Pili
Choleratoxin
Sind Bakterien Einzelgänger? − Das Phänomen der Biofilme
Anheftung von Bakterien an Oberflächen und Ausbildung eines Biobelags, bestehend aus Bakterien
eingebettet in eine Biofilmmatrix (=extrazelluläre Polymersubstanz, EPS)
 Fremdkörper-assoziierte Biofilme:
Fremdkörper (Endoprothesen, Schrittmacher, Katheter, Shunt-Ventile etc.) werden durch Matrix-Proteine des
Makroorganismus (Fibronektin, Fibrinogen, Laminin, Vitronektin) überzogen; an diese Proteine können
Bakterien (z.B. Staphylokokken über Zellwand-assoziierte Proteine) spezifisch binden; Produktion von EPS,
die häufig aus Polysacchariden besteht und deshalb auch Glykokalix genannt wird  Biofilme können mehrere
Millimeter dick werden, derartig eingekapselte Bakterien sind vor Immunsystem und Antibiotika geschützt 
mögliche chronische Infektionsherde.
 Karies:
Anheftung oraler Bakterien (z.B. Streptococcus mutans) an Zahnschmelz; Bildung einer Glucan-Matrix aus
Saccharose (=Zahnbelag, Plaque); durch katabolen Stoffwechsel Produktion saurer Metabolite (besonders bei
Abbau von Zuckern)  Zerstörung des Zahnschmelzes und des Dentins (polymikrobielle Infektion).
20
2.2.11.
Bakterien-Wirt-Interaktion
Extrazelluläre Bakterien
Bakterielle Bestandteile, Toxine, u.a. Bacillus anthracis, Neisseria
z.B. LPS, Lipoproteine, Anthraxtoxin
Zytoplasmamembran
Intrazelluläre Bakterien
(Phagosom, Zytoplasma)
Zellrezeptoren, z.B. TLRs, NLRs
Zellrezeptoren, z.B. TLRs
Bakterielle Bestandteile
z.B. Proteine, Lipide
Manipulation des Zytoskeletts, z.B. zelluläre GTPasen,
u.a. Salmonella, Neisseria
Manipulation der Phagosomenreifung,
u.a. M. tuberculosis
Manipulation der Autophagie,
u.a. Francisella, Legionella
Austritt aus dem Phagosom
u.a. Listeria, Shigella
Schutz vor oxiadativem (ROI), nitrosativem (RNI) Stress und
antibakteriellen Peptiden,
u.a. Ehrlichia, Salmonella
Manipulation der Antigenpräsentation, u.a. Salmonella, Mycobacterium
Manipulation der angeborenen
Immunabwehr, z.B. Inflammasomaktivierung
u.a. Mycobacterium
Manipulation der wirtseigenen
Genexpression, z.B. Cytokinexpression, u.a. Legionella, EPEC
Extra- und intrazelluläre Bakterien interagieren auf vielfältige Weise mit den Zellen des Wirtes. Extrazelluläre
Bakterien und ihre Bestandteile (Toxine, Lipopolysaccharide, Lipoproteine, Flagellen) binden an OberflächenRezeptoren (z.B. TOLL-Like Rezeptoren, Mannose-Rezeptor, FC-Rezeptor, Complement-Rezeptor). Hierdurch
wird die Wirtszelle beeinflusst. Ähnliche Interaktionen existieren auch für intrazelluläre Bakterien und ihre
Bestandteile. Bakterielle Pathogene unterlaufen oder manipulieren erfolgreich angeborene und erworbene
Wirtsabwehrmechanismen. Einige Bakterien induzieren ihre Aufnahme in Wirtszellen; andere Bakterien
vermeiden ihre Erkennung und Aufnahme. Intrazelluläre Pathogene sichern ihr Überleben durch Manipulation von
Phagosomenreifung und Autophagie, Austritt aus dem Phagosom in das Zytoplasma, Abbau toxischer
Wirtsprodukte und Interferenz mit der Antigenpräsentation. Einige Abwehrmechanismen werden sowohl von
extrazellulären als auch von intrazellulären Pathogenen umgangen bzw. manipuliert.
Abkürzungen:
TLR = Toll-like Rezeptor; NLR = Nod-like Rezeptor; LPS = Lipopolysaccharid; ROI = reaktive
Sauerstoffintermediate; RNI = reaktive Stickstoffintermediate; GTPasen = Guanosintriphosphat-spaltende
Enzyme; EPEC = enteropathogene Escherichia coli.
21
Tag 3:
Pathogenitätsfaktoren und Virulenzmechanismen II (Kayser et al.: S. 220-230)
Gast-Wirt-Beziehung (Kayser et al.: S. 7-11)
Impfungen (Kayser et al.: S. 437-440)
3.
PATHOGENITÄTSFAKTOREN, VIRULENZMECHANISMEN, TOXINE −
WARUM MACHT EIN INFEKTIONSERREGER KRANK?
GAST-WIRT-BEZIEHUNG
3.1.
Symptome einer Infektionskrankheit





3.1.1.
Calor
Rubor
Tumor
Dolor
Functio laesa
Die Symptome einer Infektionskrankheit werden meist durch körpereigene Substanzen
Ausgelöst
22
3.1.2. Lipopolysaccharide sind Endotoxine (Bestandteil der gramnegativen Zellwand,
s. 1.4.2.), die bei Autolyse gramnegativer Bakterien freigesetzt werden
Typische Beispiele:




Salmonellen
Shigellen
E. coli
Neisserien

Makrophagenaktivierung

Aktivierung des Komplementsystems

Wirkung auf das Kinin- und das Gerinnungssystem
(Vasodilatation, Permeabilitätsstörungen,
Verbrauchskoagulopathie)

Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom

Herxheimer Reaktion
3.1.3. Superantigene sind meist von Bakterien sezernierte Exotoxine
Typisches Beispiel:
Toxic-shock-syndrome vermittelt durch das TSS
Toxin von Staphylococcus aureus

Aktivierung von T-Zellen und Makrophagen

Freisetzung von Zytokinen

Fieber, Exanthem, Blutdruckabfall
3.2.
Gast-Wirt-Beziehung und mikrobielle Ökologie
3.2.1.
Haut und Schleimhäute des Menschen werden kurz nach der Geburt mit einer
mikrobiellen Flora besiedelt (= Normalflora)
101-3
10
5-6
10 9
10 2
10
6-7
10 3-6
10 5-7
10
3
10
9-11
Anzahl von Bakterien, die verschiedene Körperteile besiedeln; Zahlen entsprechen
der Anzahl Organismen pro Gramm Gewebe / Flüssigkeit bzw. pro cm2 Hautoberfläche
23
3.2.2.
The human microbiome
Microbiome and Health
Your microbiome is what you are exposed to


e.g. microbial genes break down food, such as dietary fibers, aminoacids, carbohydrates
e.g. microbial genes procedure vitamins and methane


microbiome changes constantly (alcohol intake, diet, smoking …)
microbiome establishes following birth
Microbiome and Disease
-
3.2.3.
postantibiotische Enterokolitis
postantibiotischer Soor
Mikrobielle Ökologie
Die Besiedlung des Menschen mit Normalflora (mikrobielle Ökologie) erfüllt zahlreiche wichtige Funktionen

Schutz vor Pathogenen
-
Kolonisationsresistenz
z.B. Darmflora
z.B. Vaginalflora
Produktion “schützender“ Substanzen
z.B. Fettsäuren durch Hautflora

Aufschluss von Nahrungsbestandteilen im Gastrointestinaltrakt
z.B. Aufschluss komplexer Kohlenhydrate

Produktion lebensnotwendiger Vitamine
z.B. Vitamin K
… aber auch unwichtige und eher unangenehme
-
z.B. Körpergeruch
z.B. Mundgeruch
z.B. Flatulenz
24
3.2.4.
Eine Infektionskrankheit stellt eine komplexe Gast-Wirt-Beziehung dar
Parasit
Saprophyt
 Obligat pathogene Mikroorganismen
 Fakultativ pathogene Mikroorganismen (Opportunisten)
 Kommensalen (Normalflora)
Pathogenität





Empfänglichkeit
Stumme/manifeste Infektion, Manifestationsindex
Inkubationszeit, Infektionsmodus, Infektionsdosis
Lokalinfektion, Allgemeininfektion
Exogene/endogene Infektion
Nosokomiale Infektion
S Y M B IO T IC A S S O C IA T IO N S
o n ly o n e
se v e re
p a r a sitism
u n ila te ra l b e n e fit
degree of
h a r m to
th e h o st
c o m m e n sa lism
sh e lte r
a n d fo o d
b e n e fit to
th e tw o
sp e c ie s
m u tu a lism
re c ip ro c a l
b e n e fit
sy m b io sis
(a sso c ia tio n b e tw e e n
sp e c ie s)
b o th
100%
dependence
c lo se n e ss o f a sso c ia tio n ;
fa c to r s p r o v id e d
25
3.2.5.
Die Immunabwehr des Wirtsorganismus beruht auf natürlichen Barrieren;
unspezifische und spezifische Immunabwehr
Natürliche Barrieren, die einer Interaktion der Mikrobenoberfläche mit der Oberfläche der Wirtszelle entgegenwirken
Unspezifische Faktoren
Haut:
Schleimhaut:
Speichel:
Respirationstrakt:
Magen:
Darm:
Harntrakt:
Trockenes Milieu; Hornschicht; saurer pH-Wert, bakterizide und fungizide Wirkung von Fettsäuren
in Schweiss und in Sekreten von Talgdrüsen; Bakterien-Normalflora
Epithelzellen bedeckender Schleim; Bakterien-Normalflora
Lysozym (auch in Tränenflüssigkeit, wirkt vor allem auf gram-positive Bakterien
zellwandauflösend); bakteriostatisch wirkende Substanzen, z.B. basische Proteine und
antibakterielle Peptide von Leukozyten
Gerichtete Ziliarbewegung des Flimmerepithels, die eingedrungene Partikel nach aussen befördert
Salzsäure, die bakterientötend wirkt
Peristaltik; Bakterien-Normalflora
Harnstrom, der mechanisch einer Ansiedlung entgegenwirkt; die Länge der Urethra beim Mann
(> 20 cm) bietet einen besseren Schutz gegen aszendierende Bakterien als die kurze Urethra
(5 cm) der Frau
Faktoren der Immunabwehr
unspezifisch
(natürliche Resistenz)
spezifisch
(erworbene Immunität)
Genetische Faktoren
humoral: Antikörper
lgG
lgM
lgA
Komplementsystem
Phagozyten
(polymorphkernige Granulozyten
und Zellen des mononukleärphagozytären Systems)
Entzündung
Natural Killer Zellen
zellulär: T-Lymphozyten
(Helfer-T-Zellen,
zytotoxische T-Zellen)
B-Lymphozyten
Interferone
Eisenbindung
(Transferrin, Lactoferrin)
26
3.2.6.
Defekte des Immunsystems und Immunsuppression prädisponieren für Infekte durch unterschiedlichste Mikroorganismen
Immundefekt
Agammaglobulinämie,
Hypogammaglobulinämie
Häufige Infektion
Häufige Mikroorganismen
Infekte des Respirationstraktes, Otitis, Sinusitis
Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae,
Neisseria meningitidis
Infekte des Respirationstraktes, bakterielle Sepsis,
Meningitis
Streptococcus pneumoniae, S.pyogenes,
Haemophilus influenzae, Neisseria meningitidis,
Enterobacteriaceae
Meningitis, systemische Infekte
Neisseria meningitidis, N.gonorrhoeae
Sepsis, Infekte der Respirationsorgane
Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae,
Neisseria meningitidis
Störung der Chemotaxis
Kutane und subkutane Infekte
Staphylococcus aureus, Candida
Störung der Mikrobizidie
Chronische Granulomatose
Staphylococcus
Komplementdefekt
C1, 2, 3 oder 4
C5, 6, 7 oder 8
Asplenie, Hyposplenie
Defekte der neutrophilen Granulozyten
(PNG)
aureus,
Pseudomonas,
Entero-
bacteriaceae, Aspergillus, Candida
Agranulozytose
Granulozytopenie
Defekte der zellulären Immunität
Infekte des Oropharynx, des Respirationstraktes, der Staphylococcus aureus, Pseudomonas,
Perianalregion, der Haut, Sepsis
Enterobacteriaceae, Candida, Aspergillus
Infekte der Respirationsorgane, des
Zentralnervensystems, des Magen-Darm-Traktes,
der Haut, Sepsis
27
Mykobakterien, Cryptococcus, Pneumocystis,
Toxoplasma , Herpesviren, Candida,
Cryptosporidium
3.2.7.
Ein paar Grundbegriffe der Infektionslehre …..
Begriff
Erklärung
Pathogenität
Virulenz
Fähigkeit einer Erregerspezies, Krankheit hervorzurufen
Ausmass der krankheitserzeugenden Eigenschaft eines Stammes
einer pathogenen Spezies
keine Krankheitserreger; natürliches Habitat ist tote organische
Materie
Mikroorganismen, die auf Kosten eines Wirts leben
Normale Bewohner von Haut und Mukosa;
die Gesamtheit der Kommensalen entspricht der Normalflora
klassische Krankheitserreger
können Krankheit bei abwehrgeschwächten Individuen
verursachen, wenn die Situation für sie „opportun“ ist; oft Keime
der Normalflora; gelegentlich aus der Umwelt, von Tieren oder
von Keimträgern stammend
Zeit zwischen Infektion und Auftreten von Krankheitssymptomen; charakteristisch für jede Krankheit; kann Stunden,
Tage, Wochen, gelegentlich sogar Jahre betragen
Gesamtheit der Wirtsspezies, die von einem Erreger infiziert
werden können
minimale Anzahl von Mikroorganismen, die eine bestimmte
Infektionskrankheit verursachen
Art des Eindringens eines Erregers in den Wirt
Verunreinigung von Gegenständen, der Umwelt oder von
Untersuchungsproben mit Mikroorganismen
Anwesenheit von Mikroorganismen auf Haut oder
Schleimhäuten; kein Eindringen ins Gewebe; Normalflora;
gelegentlich können auch pathogene Mikroorganismen
kolonisieren
Eindringen von Mikroorganismen in einen Wirtsorganismus,
Vermehrung und Reaktion des Wirts
Infektion ohne klinische Symptome
Infektion mit klinischer Symptomatik
Häufigkeit der klinischen Manifestation einer Infektion
Infektion, die von kolonisierenden Mikroorganismus ausgeht
Infektion, die durch von aussen in einen Wirt eindringende
Mikroorganismen verursacht wird
im Krankenhaus erworbene Infektion (Harnwegsinfekte; Infekte
der Respirationsorgane; Wundinfekte; Sepsis)
der Infekt bleibt auf die Eintrittspforte und die nähere Umgebung
beschränkt
Lymphogene und/oder hämatogene Ausbreitung des Erregers
vom Ort des Eindringens aus. Infektion von Organen, zu denen
die Erreger eine spezifische Affinität (Organotropie) aufweisen.
3 Stadien: Inkubation – Generalisation – Organmanifestation
Systemerkrankung
Saprophyten
Parasiten
- Kommensalen
- pathogene Mikroorganismen
- Opportunisten oder
fakultativ pathogene
Mikroorganismen
Inkubationszeit
Infektionsspektrum
Infektionsdosis
Infektionsmodus
Kontamination
Kolonisation
(Besiedlung)
Infektion
stumme Infektion
Infektionskrankheit
Manifestationsindex
endogene Infektion
exogene Infektion
nosokomiale Infektion
Lokalinfektion
Allgemeininfektion
Sepsis
28
3.2.8.
Im Verlauf der Evolution hat sich in dem komplexen Gleichgewicht zwischen Wirt und Pathogen zu jedem Abwehrmechanismus
des Wirts eine entsprechende Überlebensstrategie des Pathogens herausgebildet
Abwehr und Evasionsstrategie
Mechanische und andere Barrieren
Phagozytose und unmittelbare
Wirtsabwehr
Verteidigung
Antwort
Mechanismus
Beispiel
Mikroben werden durch
Körperflüssigkeit (bzw. Zilienbeweglichkeit im Respirationstrakt) von den
Epitheloberflächen weggespült
Feste Bindung an die Epitheloberfläche
Oberflächenmolekül bindet an
Rezeptormolekül der Wirtsepithelzelle
Gonokokken
E.coli
Wechselwirkung mit der Zilienaktivität
Produktion von ziliotoxischen/
ziliostatischen Molekülen
Bordetella pertussis
Pseudomonas spp.
Epithelschranke
Wirtszellmembran als Barriere
(intrazelluläre Mikroben)
Aktive Internalisierung (Invasion)
durch Pathogendeterminierte
Endozytose
Reorganisation des Zytoskeletts
Salmonella
Shigellen
Aufnahme und Abtötung durch
Phagozyten
Störung der Phagozytenfunktion oder
Lyse des Phagozyten
Leukozidine, Hämolysine etc.
Staphylokokken
Streptokokken
Pseudomonas sp.
E.coli
Inhibierung der Phagozytose
Kapsel behindert die Phagozytose
Pneumokokken
H.influenzae
Inhibierung der Phago-Lysosomenfusion
Hemmung der Reifung des Phagosoms
M.tuberculosis
Austritt aus dem Phagolysosom
Bildung von zytolytischen Faktoren
(Listeriolysin, Phospholipase)
Listeria monocytogenes
Mikroben konkurrieren mit dem Wirt
um freies Eisen
Mikroben besitzen eisenbindende
Moleküle (Siderophoren)
Pathogene Neisserien
E.coli
Pseudomonas sp.
Wirtsmoleküle (Lactoferrin,
Transferrin) vermindern die freie
Eisenkonzentration
29
Phagozytose und unmittelbare
Wirtsabwehr
Humorale (spezifische)
Immunabwehr
Verteidigung
Antwort
Mechanismus
Beispiel
Komplementaktivierung
Störung des alternativen
Aktivierungsweges
Bakterienoberfläche bindet Faktor H bzw.
I  Inaktivierung der alternativen C3
Konvertase C3bBb
verschiedenste Bakterien
Inaktivierung von
Komplementkomponenten
Produktion einer Elastase
Pseudomonas aeruginosa
Aktivierung von Makrophagen, z.B.
durch Induktion proinflammatorischer
Zytokine
Störung der transkriptionellen Induktion Beeinflussung von Signalkaskaden der
Wirtszelle durch bakterielle Komponenten
L.monozytogenes
Shigella flexneri
S.typhimurium
Yersinien
Infizierter Wirt produziert
antigenspezifische Antikörper
Zerstörung des Antikörpers
Bakterium produziert IgA Proteasen
Gonokokken
H.influenzae
Streptokokken
Antigenvariation
Wechsel verschiedener
Oberflächenantigene
(Rekombination)
Trypanosoma sp.
Borrelia recurrentis
Gonokokken
Immuntoleranz
Antigen mimicry (Antigenverwandschaft)
K-Antigen von E.coli
Gruppe B Meningokokken
30
3.2.9.
Role of evolution and selection

Pathogen
-
selection for genetic variants
Host

-
genetic polymorphisms and diesease susceptibility
selection for reistant populations (“susceptibility / resistance alleles”)
MYXOMATOSIS
Myxomatosis provides a well-studied, classic
example of the evolution of an infectious disease
in a highly susceptible population. Myxomavirus,
which is spread mechanically by mosquitoes,
normally infects South American rabbits
(Sylvilagus brasiliensis), but they remain perfectly
well, developing only a virus-rich skin swelling at
the site of the mosquito bite. The same virus in the
European rabbit (Oryctolagus cuniculus) causes a
rapidly fatal disease.
Myxomavirus was successfully introduced into
Australia in 1950 as an attempt to control the
rapidly increasing rabbit population. Initially, more
than 99% of infected rabbits died (see Fig. right),
but then two fundamental changes occurred. First,
new, less lethal strains of virus appeared and
replaced the original strain. This occurred because
rabbits infected with these strains survived for
longer and their virus was therefore more likely to
be transmitted. Second, the rabbit population
changed its character, as those that were
genetically more susceptible to the infection were
eliminated. In other words, the virus selected out
the more resistant host, and the less lethal virus
strain proved to be a more successful parasite. If
the rabbit population had been eliminated the virus
would also have died out, but the host-parasite
relationship quite rapidly selected down to reach a
state of better balanced pathogenicity. And, of
course, Australia’s rabbit problem remained
unsolved.
Figure legend: Maxomatosis is the best-studied example of the
appearance in a host population of a devastating, lethal microbe,
which gradually settles down to a state of more balanced
pathogenicity.
31
 Exposition to infectious agents selects for resistant subpopulations – isolated populations
without previous contact are extremely susceptible to disease, e.g.:
-
Smallpox
Measles
Poliomyelitis
Tuberculosis
Poliomyelitis
Poliomyelitis in exposed, mixed communities in Hawaii 1938-1947
Population
Total
Caucasian
Japanese
Chinese
Filipino
Attach Rate per 100.000
5.5
10.2
3.9
2.7
1.7
Poliomyelitis in isolated communities
Region
Arctic Eskimos
Nicobar Island (India)
Guam
Greenland
St. Helena
Year
1949
1948
1899
1932
1945
Population Size
275
10000
8000
1400
4000
Attack Rate per 100.000
21000
8000
5000
3600
1920
Tuberculosis
Fulminant Infection and High Mortality on 1st Exposure in





American Indians
Black people
Puerto Rican
Eskimos
Polynesians
In 1890 tuberculosis was first introduced into the Saskatchewan Indian Reservation.
The annual death rate was almost 10% of the total population. After three generations
(50 years) half of the Indians had been eliminated - thereafter, the death rate declined
to 0.5%
32
3.3.
Prophylaxe – Wie wird eine Infektionskrankheit verhindert? Impfung
3.3.1.
Der Engländer Edward Jenner führte die erste  wissenschaftlich dokumentierte 
Impfung durch
Edward Jenner (1749 – 1823)
Behandlung mit harmlosem Kuhpockenvirus führte zu
Immunität gegenüber dem verwandten und gefährlichen
Pockenvirus (Variolavirus). Jenner prägte den Begriff
''Vaccination'' – von lat. vacca = Kuh.
Aktive Immunisierung
Impfstoff
Krankheit / Erreger
Bemerkungen
Abgetötete Erreger
Cholera
Poliomyelitis (Salk)
Poliomyelitis (Sabin)
Gelbfieber
Masern
Röteln
Fraglicher Impfschutz
3 Injektionen ; teuer
Orale Applikation
Guter Impfschutz
Guter Impfschutz
Mädchen vor Geschlechtsreife,
Schutz vor Embryopathie
Knaben
Impfschutz umstritten
Lebende, in der Virulenz
abgeschwächte
Mikroorganismen
Mumps
Tuberkulose (Bacillus
Calmette-Guérin)
Typhus
Gereinigte Antigene
- Proteine
- Polysaccharide
- Toxoide
Hepatitis B
Streptococcus pneumoniae
Haemophilus influenzae b
Neisseria meningitidis
Diphtherie
Tetanus
Pertussis
Fraglicher Impfschutz
rekombinantes HBs-Antigen
23 Kapselpolysaccharide
Kapselpolysaccharid Typ b
Kapselpolysaccharid Typ A, C, Y,
W-135
durch Formaldehyd
entgiftete Toxine
entgiftetes Toxin in Kombination
mit gereinigten Proteinen
33
Impfung gegen bakterielle Pathogene
Impfstoffe, welche auf Toxiden beruhen (z.B. Diphterietoxid) beeinflussen nicht die Infektion / Kolonisation
durch das entsprechende Pathogen.
Impfstoffe, welche auf Oberflächenbestandteil beruhen, beeinflussen die Infektion / Kolonisation durch das
entsprechende Pathogen. Derartige Impfstoffe gegen fakultative Pathogene, welche häufig Bestandteil der
Normalflora sind, werden somit die Zusammensetzung der Normalflora beeinflussen.
Passive Immunisierung
infection
source of antibody
indication
Diphtheria
Tetanus
human, horse
human, horse
Varicella-zoster
Gas gangrene
Botulism
Rabies
human
horse
treatment in immunodeficiencies
human
Hepatitis B
human
post-exposure
(plus vaccine)
post-exposure
prophylaxis,treatment
post-exposure
Immunitätsrate von MedizinstudentInnen der Universität Bern
http://www.smw.ch/pdf/1999_13/1999-13-333.PDF
34
Tag 4:
Antibakterielle Chemotherapie (Kayser et al.: S. 200-220)
4.
CHEMOTHERAPIE  WIE WIRD EINE INFEKTIONSKRANKHEIT
BEHANDELT?
4.1.
Antibiotika - eine Definition
Antibiotika sind von Pilzen oder Bakterien gebildete oder synthetisch hergestellte Substanzen,
die schon in geringer Menge das Wachstum von Mikroorganismen hemmen oder diese abtöten.
4.1.1.
Wie und wo setzen wir Antibiotika ein?
 Behandlung von Infektionserkrankungen
 Chemoprophylaxe zur Verhinderung der Manifestation einer Infektionserkrankung
(Dispositionsprophylaxe)
z.B. Rifampicinprophylaxe bei Kontaktpersonen (Meningitis durch N.meningitidis),
Isoniazidprophylaxe bei Konversion zu positivem Tine-Test (Tuberkulose)
 Perioperative Antibiotikaprophylaxe
 Minimierung postoperativer Infektionen
 Selektive Darmdekontamination
 Verhinderung septikämischer Infektionen bei KMT Patienten;
Anfälligkeit für endogene Infektionen besonders durch gramnegative Erreger und Pilze
aufgrund der iatrogen induzierten Immunsuppression
Antibiotische Behandlung von Infektionserkrankungen
Kalkulierte Chemotherapie
 Mutmasslicher Erreger
 Resistenzlage
Gezielte Chemotherapie
 Erregerisolierung und Antibiogramm
Route of infection:
a possible avenue for pathogen eradication
by targeting the host’s reservoir
• Septicemic infections require systemic drug therapy
 Where do the bacteria come from?
Is there a reservoir which needs to be considered?
Does elimination of reservoir assist in eliminating ongoing
systemic spread?
• Failure of anatomical barriers – e.g. peritonitis
 requires surgery in case of gastrointestinal leakage
• Stenotrophomonas maltophilia septicemia in patients
treated with carbapenems
• Mycobacterium avium septicemia in AIDS patients
35
4.1.2.
Das Konzept der selektiven Toxizität (Paul Ehrlich):
Antibiotika schädigen Mikroorganismen, aber nicht den Wirt
4.1.3.
Angriffspunkte von Antibiotika
Proteinbiosynthese
RNA
Aminoglycoside
Tetrazykline
Makrolide
Chloramphenicol
Oxazolidinone
Rifampicin
DNA
Chinolone
Zytoplasmamembran
Stoffwechsel
Purinsynthese
(Sulfonamide,
Trimethoprim)
4.1.4.
Zellwandbiosynthese
β-Lactame
Vancomycin
Carbapeneme
Colistin
Amphotericin B
Nystatin
Die wichtigsten Antibiotika
Chemical class
Examples
Spectrum
Mode of action
Beta-Lactams
(Penicillins, Cephalosporins) and semisynthetic Penicillins
Penicillin G,
Amoxycillin
Cephalothin,
Cefotoxim
Gram-positive and
Gram-negative bacteria
inhibit steps in cell wall
(peptidoglycan) synthesis
and murein assembly
Clavulanic Acid
plus Beta-Lactams
Clavulanic Acid /
Amoxicillin
(Augmentin)
Gram-positive and
Gram-negative bacteria
Clavulanic acid is an
inhibitor of beta-lactamases
Glycopeptides
Vancomycin
Gram-positive bacteria
Aminoglycosides
Gentamicin
Macrolides
Erythromycin
Tetracyclines
Tetracycline
Chinolone
Ciprofloxacin
Rifamycine
Rifampicin
Trimethoprim
Sulfonamide
combination of
Trimethoprim /
Sulfamethoxazol
(Bactrim)
Gram-positive and
Gram-negative bacteria
Gram-positive bacteria,
Neisseria, Legionella,
Mycoplasma
Gram-positive and
Gram-negative bacteria,
Rickettsias
Gram-positive and
Gram-negative bacteria
Gram-positive bacteria,
mycobacteria
Gram-positive and
Gram-negative bacteria
inhibit steps in murein
(peptidoglycan) biosynthesis
and assembly
inhibit translation (protein
synthesis)
inhibit translation (protein
synthesis)
inhibit translation (protein
synthesis)
inhibit DNA-replication and
transcription
inhibit transcription
inhibit bacterial folic acid
synthesis
36
4.1.5.
Antibiotika können bakteriostatisch oder bakterizid wirken
Keimzahl
Chemotherapeutikum
ungehemmtes
Wachstum
1010
 Bakterizid: Aminoglykoside, Chinolone
 Bakterizid vorwiegend in Teilungsphase:
Betalaktame und Derivate
 Bakteriostatisch: Sulfonamide, Tetrazykline
Bakteriostase
105
Bakterizidie
Latenzphase
bis zum Wirkungseintritt
Zeit
Vermeide Kombination eines bakteriostatischen mit einem bakteriziden Antibiotikum:
ein Lehr- oder Leersatz?
In-vitro lässt sich häufig ein Antagonismus zwischen bakteriziden und bakteriostatischen Substanzen nachweisen
(bakterizide Substanzen erfordern vielfach Vermehrung der Mikroorganismen), teilweise auch im Tiermodell, z.B.
Aminoglykoside (bakterizid) und Chloramphenicol (bakteriostatisch).
EINZIG KLINISCHES BEISPIEL:
Pneumokokkenmeningitis
† 21% Penicillin alleine
† 79% Penicillin + Tetrazykline
4.1.6.
Minimale Hemmkonzentration (MHK) und minimale bakterizide Konzentration
(MBK)
Minimale Hemmkonzentration (MHK):
niedrigste Wirkstoffkonzentration mit vermehrungshemmender Wirkung
Minimale bakterizide Konzentration (MBK):
niedrigste Wirkstoffkonzentration, welche mindestens 99.9% der eingesetzten Bakterien abtötet
4.1.7.
Drug susceptibility testing in-vitro versus clinical response in-vivo

standardized test conditions

correlation of in-vitro with in-vivo data
→
the predictive value of drug susceptibility testing must be assessed by clinical studies
37
4.1.8.
Es gibt nur drei generelle Resistanzmechanismen
• Enzymatische Veränderungen des Antibiotikums
-
Betalactam-Antibiotika: Betalaktamasen
Aminoglykoside: Aminoglykosid-modifizierte Enzyme
• Veränderung der Zielstruktur
i.
Synthese einer neuen Zielstruktur (plasmid- bzw. transposonkodiert)
- Betalaktam-Antibiotika: veränderte Penicillin-bindende Proteine
- Glykopeptide: veränderter Aufbau des Peptidoglykans
ii. Mutation der Zielstruktur (Einschritt-, Vielschrittmechanismen)
- Makrolide: ribosomale RNAs
- Rifampicin: RNA Polymerase
- Aminoglykoside: ribosomale RNAs
iii. Enzymatische Modifikation der Zielstruktur
- Makrolide: rRNA Methylasen
- Aminoglykoside: rRNA Methylasen
• Verhinderung der Aufnahme
i.
Influxmechanismen (Porine)
- natürliche Resistenz
ii. Effluxmechanismen (Transportproteine)
- natürliche Resistenz
4.1.9.
Mutationen und Erweb von Fremd-DNA (z.B. Plasmide) können zu Resistenz führen
Antibiotikaresistenz durch Mutation
 Einschrittmuster
Sensible
Bakterienzelle
Mutation
Resistente
Bakterienzelle
 Mehrschrittsmuster
Sensible
Bakterienzelle
1. Mutation
Resistente
Bakterienzelle
Herabsetzung der
Empfindlichkeit
2. Mutation
38
4.1.10. β-Laktame hemmen die Quervernetzung des Peptidoglykans in der
Bakterienzellwand
Primärer Wirkungsort der -Laktame sind die Penicillin-Bindeproteine (PBP), welche die letzten
Schritte der Mureinbiosynthese, die Transpeptidasereaktion, katalysieren. Die PBP reagieren mit Laktamantibiotika, weil der -Laktamring eine strukturelle Ähnlichkeit mit dem Substrat der
Transpeptidasereaktion, dem D-ala-D-ala der Peptidseitenkette des Peptidoglykans, zeigt. Das PBP wird
vom -Laktam abgefangen und steht somit nicht mehr für die Transpeptidasereaktion zur Verfügung
(kompetitive Hemmung).
Betalaktamantibiotika können in drei Klassen eingeteilt werden, die mit jeweils unterschiedlicher
Affinität an die verschiedenen PBP's eines Mikroorganismus binden:

Penicilline und Derivate

Cephalosporine und Derivate

Carbapeneme und monozyklische Laktamantibiotika
Quervernetzung des Peptidoglykans durch PBP. , N-Acetylglukosamin; , N-Acetylmuraminsäure;
, Zuckerkette des Peptidoglykans; Ala, Alanin, Gln, Glutamin; X, Aminosäure; PBP, Penicillin-bindendes
Protein; D-Ala-D-Ala, Substrat der PBP.
General Structure of Penicillin
Penicillin
D-Alanyl - D-Alanin
General Structure of Cephalosporins
39
From β-lactam action to cell death
β-lactams block the active site (transpeptidase domain) of various PBPs
PBPs are catalysing peptidoglycan (PG) crosslinking, e.g. required for cell wall synthesis, cell
division (septum initiation)
blocked PBPs do not recognize their substrate (PG, competitive inhibition)
cell wall peptidoglycan crosslinking decreases
uncrosslinked cell wall material accumulates
cell wall damage is sensed by two component systems (TCSs)
activation of autolytic activities
damage of cell envelope by autolysins
cell lysis and death
4.1.10.1 Die drei generellen Resistenzmechanismen am Beispiel der β-Laktam-Resistenz
 Target modification (penicillin binding proteins)
- mutational (recombinational) target modification (e.g. Neisseria gonorrhoeae,
Streptococcus pneumoniae); chromosomal
- acquisition of a new target (e.g. Methicillin resistant Staphylococcus aureus);
transposon
 Drug inactivation (lactamases)
- plasmid and chromosomal, occurrence: many microorganisms
 Drug uptake / active efflux
- modification of cell wall / carrier proteins; chromosomal; occurrence:
Ps. aeruginosa, E. cloacae, S. marescens, K. pneumoniae, K. oxytoca,
Neisseria spp.
4.1.10.2. β-Laktamasen inaktivieren β-Laktame, indem sie den β-Laktamring spalten; mittels
Punkt-Mutationen erweitern β-Laktamasen ihr Aktivitätsspektrum
Betalaktamasen und Resistenz
MHK (g/ml)
Organismus
Betalaktamase
Escherichia coli
-
Enterobacter
cloacae
Ampicillin
Aztreonam
Cefotaxim
Imipenem
Ampicillin/
Sulbactam
4
0.125
0.125
0.25
4
TEM-1
>256
0.125
0.125
0.25
4
TEM-12
>256
8.0
0.5
0.25
4
TEM-26
>256
32.0
1.0
0.25
4
MIR-1
>256
128.0
64.0
0.25
4
0.25
16
0.25
>256
Wild-Typ
AmpC hoch
16
>256
0.25
64
0.06
32
Der Wild-Typ von E. coli verfügt über keine Betalaktamase; TEM-1 ist die häufigste plasmidkodierte Betalaktamase bei gram-negativen
Bakterien; TEM-12 und TEM-26 sind durch Mutationen aus TEM-1 hervorgegangen; MIR-1 ist eine Breitspektrum-betalaktamase; der WildTyp von E. cloacae verfügt über eine induzierbare AmpC Betalaktamase; AmpC hoch ist ein Stamm mit konstitutiver AmpC Expression, der
durch Mutation aus dem Wild-Typ hervorging; MHK = minimale Hemmkonzentration.
40
4.1.10.3. Penicillin-Resistenz der Pneumokokken durch Genaustausch und homologe
Rekombination
4.1.11. Chinolone hemmen die DNA-Replikation und Transkription, indem sie mit
DNA-Topoisomerasen (z.B. Gyrasen) interagieren; DNA-Topoisomerasen
sind für die Entwindung der DNA-Doppelhelix verantwortlich
4.1.11.1 Resistenz gegenüber Chinolonen
 Mutational modification of target (chromosomal)
type II topoisomerases: DNA Gyrase (gyrA), DNA topoisomerase IV (parC, grlA)
occurrence: many microorganisms
 Active efflux / reduced uptake (chromosomal)
occurrence: Ps. aeruginosa, Enterobacteriaceae, Staph. aureus
Mutationen im gyrA-Gen von Escherichia coli und Chinolonresistenz
ein Beispiel für eine Resistenz nach dem Mehrschrittmuster
Position
Wild-Typ
Aminosäureaustausch
MHK mg/l
(Ciprofloxacin)
-
0.01
67
Ala  Ser
0.05
83
Ser  Leu
0.40
84
Ala  Pro
0.10
87
Asp  Asn
0.20
67
Ala → Ser
83
Ser  Leu
87
Asp  Asn
10.00
Escherichia coli ist hochempfindlich für Chinolone, die minimale Hemmkonzentration liegt um mehrere log10
Stufen unterhalb der therapeutisch erreichbaren Spiegel. Eine einzelne Mutation im Gyrase (gyrA) Gen bewirkt
einen Anstieg der minimalen Hemmkonzentration (MHK), reicht jedoch nicht aus, um eine klinisch wirksame
Chinolonresistenz zu vermitteln. Für das Entstehen einer klinisch relevanten Chinolonresistenz in Escherichia coli
ist eine Akkumulation verschiedenster Mutationen im gyrA Gen erforderlich, wobei jede dieser Mutationen für
sich die MHK um den Faktor 4 bis 30 verändert. Erst eine Dreifachmutation an Aminosäurepositionen 67, 83 und
87 führt zu einer klinisch signifikanten Chinolonresistenz.
41
4.1.12. Aminoglykoside interferieren mit der bakteriellen Proteinbiosynthese, indem sie einen
Falscheinbau von Aminosäuren verursachen und die Translokation blockieren
Resistance to Aminoglycosides
 Drug modifying enzymes (plasmid encoded, chromosomal)
Occurrence: many microorganisms
 Mutational target alteration (16S rRNA, chromosomal)
Occurrence: Mycobacteria spp. and probably other organisms with a single copy rRNA operon,
e.g. Mycoplasma spp.
 Target modification (enzymatic methylation of 16S rRNA; plasmid)
Ocurrence: mainly Enterobacteriaceae
 Active efflux (chromosomal)
Occurrence: mainly Pseudomonads
4.1.13. Makrolide interferieren mit der bakteriellen Proteinbiosynthese, indem sie die
Peptidyltransferaseaktivität des Ribosomes blockieren
Resistance to Macrolides
 Target modification (enzymatic methylation of A 2058 in the 23S rRNA; plasmid and chromosomal)
Occurrence: many organisms
 Mutational alteration
- 23S rRNA, chromosomal
Occurrence: Mycobacteria spp. and other organisms with a limited number of chromosomal rRNA
operons, e.g. Mycoplasma spp., Helicobacter pylori, Chlamydia spp., Streptococci spp.
- Ribosomal protein (L4, L22; chromosomal)
Occurrence: many microorganisms
 Active efflux (plasmid encoded and chromosomal)
Occurrence: rarely observed – different microorganisms
 Drug modifying enzymes (plasmid encoded)
Occurrence: rarely observed – Staph. aureus, Staph. haemolyticus
4.1.14. Makrolidmodifizierende Enzyme (erm) und Resistenz
Macrolide resistance by enzymatic methylation of 23S rRNA A 2058 
the problem of inducible resistance
gene name: erm (enzymatic ribosomal modification)
 methylates 23S rRNA position A2058 (mono- or dimethylation)
 confers resistance towards macrolides and lincosamides
i)
Constitutive erm expression
 in-vitro resistance towards macrolides and licosamides
 in-vivo application of macrolides or lincosamides results in treatment failure
ii)
Inducible erm expression
 in-vitro resistance towards macrolides but not towards lincosamides
 in-vivo application of macrolides results in treatment failure
 in-vivo application of lincosamides frequently results in treatment failure
42
4.1.15. Induzierbare versus konstitutive erm-Resistenz
Inducible erm-resistance may lead to constitutive
resistance
 corresponding mutations are frequent ( ~10-6)
 frequent selection for mutants with constitutive resistance in the
presence of noninducing drugs (lincosamides)
D-Test
Erythromycin
Clindamycin
Nachweis der induzierbaren MLSB Resistenz
durch Erythromycin bei Staphylococcus aureus
durch den Double Disk Test: die Induktion der
MLSB Resistenz durch Erythromycin führt zu
einem typischen D-förmigen Hemmhof um das
Clindamycin-Blättchen.
Laborbemerkung
"Makrolide sind primär als unwirksam zu betrachten. Bei einer allfälligen Therapie muss damit gerechnet
werden, dass mit einer einfachen Mutation die induzierbare MLS Resistenz konstitutiv wird (Frequenz 1/1
Million). Bei Therapie mit Clindamycin ist daher Vorsicht geboten."
4.1.16. Ketolides are the newest generation of macrolide-based antibiotic compounds
Ketolides are presumed to be active in the presence of the main drug resistance mechanisms:
 rRNA methylases (erm),  inducible (constitutive)
 efflux
 Ketolides show varying activity towards organisms endowed with these resistance mechanisms.
 The drug resistance mechanisms (efflux, erm) are characterized by a certain degree of variability with
respect to i) expression, ii) specificity and iii) structure.

active against inducible erm, since ketolides do not induce expression
 mutations may result in constitutive expression and thus drug resistance

active against monomethylated A2058 (constitutive)
 only ermB in S. pneumoniae monomethylates; erm in general functions as dimethylase

most efflux pumps transport macrolides and ketolides; however, exceptions may exist
 ketolides are structurally similar to macrolides, mutations may change the specificity of the pump
43
4.1.17. The problem of selectivity
Many antibiotic compounds target the ribosome, a macro-molecular structure conserved in bacteria
and eukaryotes. How is selectivity provided? Is selectivity the key to toxicity?
Toxicity
no
yes
yes
yes
Macrolides
Aminoglycosides
Oxazolidinones
Hygromycin
Identification of bacterial resistance mutations: natural rrn sequence
polymorphisms determine drug selectivity h
Drug
Macrolides
(e.g. Clarithromycin,
Azithromycin,
Erythromycin)
rRNA
Position
resistant a
mitochondrial
cytoplasmic
2058
A
G1
G
2059
A
Ga
Ca
Ua
Ga
Ca
disruption of
base paring i
A
A
A-U
A-U
a
b
c
d
e
f
g
h
i
base pairing
(A-U, G-C)
Lincosamides
(e.g. Clindamycin)
2058
A
Gb
Ub
G
G
Aminoglycosides
(4,6-deoxy-streptamines
with a 6'NH3 group; e.g.
Gentamicin,
1406
U
U
U
1408
1409
A
C
A
C
G
C
Tobramycin,
Kanamycin)
1491
G
C
A2
1495
U
Ad
Cd
c
G (high level)
G e, f
U e, f
C e, f
U e, f
Ad
U
U
1406
1496
1498
U
C
U
Cg
Ug
Cg
U
C
U
U
C
U
Hygromycin B
2
Eukaryotes
susceptible
2057/2611
1
Eubacteria
nucleotides marked in grey are involved in selectivity
alteration of 1491G to A confers low level resistance e, f
Pfister P. et al. (2004). J. Mol. Biol. 342: 1569-1581
Poehlsgaard J. et al. (2005). Antimicrob. Agents Chemother. 49: 1553-1555
Sander P. et al. (1996). Mol. Microbiol. 22: 841-848
Pfister P. et al. (2003). Chembiochem. 4: 1078-1088
Pfister P. et al. (2005). J. Mol. Biol. 346: 467-475
Hobbie S.N. et al. (2005). Antimicrob. Agents Chemother. 49: 5112-5118
Pfister P. et al. (2003). Antimicrob. Agents Chemother. 47: 1496-1502
Böttger E.C. et al. (2001). EMBO Rep. 2: 318-323
Douthwaite S. et al. (1993). J. Mol. Biol. 232: 725-731
44
Macrolides and lincosamides: selectivity and lack of toxicity is conferred by the natural resistance
of cytoribosomes and mitoribosomes, resistance is associated with a guanine at 23S rRNA position
2058
Hygromycin: for hygromycin, a universal inhibitor of ribosome function, no selectivity exists,
because within the binding site only mutational alterations of universally conserved nucleotides
(but not of nucleotides exhibiting natural sequence polymorphism between bacteria and
eucaryotae) result in resistance
4.1.18. Entwicklung der erworbenen Antibiotikaresistenz
Community acquired
S. pneumoniae
S. typhi
H.influenzae
N. gonorrhoeae
Salmonella sp.
S. dysenteriae
Shigella sp.
Hospital acquired
M. tuberculosis
Enterococcus sp.
Pseudomonaden
Enterobacteriaceae
S. aureus
1950
1960
1970
1980
1990
4.1.19. Kurzer historischer Überblick über die Entwicklung der Penicillin Resistenz bei
S. aureus
1928
Alexander Fleming entdeckt Penicillin
1941
Einführung des Penicillins in den klinischen Gebrauch
1944
Penicillin-resistente S. aureus-Stämme
- Plasmidkodierte Beta-Laktamase
1959
Einführung des ersten Beta-Laktamase-festen Penicillins Methicillin
1961
Methicillin-resistente S. aureus-Stämme
- erworbene mec-Determinante kodiert für ein zusätzliches PBP mit
geringerer Affinität zu Methicillin (Veränderung der Zielstruktur)
45
4.1.20. Massnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz
 Strenge Indikation
 Richtige Anwendung
- kalkulierte Therapie
- gezielte Therapie
 Antibiotika nur auf Rezept
 Therapiedauer
 Schutzimpfung, z.B. Haemophilus influenzae
 Hygienemassnahmen und Infektionsmanagement (Krankenhaus)
 Kombinationstherapie
4.1.21. Leitsätze zur Antibiotika-Therapie
1. Indikation zur Therapie mit Antibiotika
- Fieber hat auch nicht-infektiöse Ursachen
- Antibiotika sind keine Antipyretika
- Antibiotika sind wirkungslos bei Virus- und Pilzinfektionen
2. Häufige Ursachen für Versagen einer Antibiotika-Therapie
- Drug fever
- Fremdkörperinfektion (Venen- und Blasenkatheter)
- falsches Antibiotikum
- Antibiotikum kommt nicht an Wirkort
3. Dauer der Antibiotika-Gabe
- Richtlinien beachten
4. Standard-Antibiotika
a. für das Krankenhaus
b. für den Praktiker:
- Cotrimoxazol (Sulfonamid/Trimethoprim)
- Penicillin-V
- Amoxicillin
- Ampicillin / Clavulansäure
- Cefuroxim-Azetil
- Levofloxacin
- Doxycylin
- Roxithromycin
46
4.1.22. Beispielhafte Darstellung verschiedener Resistenzmechanismen und ihrer Genetik
Antibiotikum
Betalaktame
Makrolide
Tetrazykline
a
a
Mechanismus
Genetik
Mikroorganismen
Veränderte Penicillin bindende
Proteine
Chromosomal
(Transposon)
S. aureus
S. epidermidis
Chromosomal
(Rekombination)
S. pneumoniae
N. gonorrhoeae
N. meningitidis
Staphylokokken
Enterokokken
Enterobacteriaceae
N. gonorrhoeae
N. meningitidis
Moraxella
P. aeruginosa
Stenotrophomonas
Acinetobacter
H. influenzae
Bacteroides
Pseudomonaden
Enterobacteriaceae
Neisserien
Streptokokken
Enterokokken
Staphylokokken
Mykobakterien
Mykoplasmen
Helicobacter pylori
Chlamydien
Streptokokken
Staphylokokken
Streptokokken
S. pneumoniae
Betalaktamasen
Chromosomal und Plasmid
Permeabilität
Chromosomal
rRNA Methylasen
Plasmid
Verändertes Ribosom
(23S rRNA, ribosomale Proteine)
Chromosomal
Effluxproteine
Plasmid und Chromosomal
Effluxproteine
Plasmid
Staphylokokken
Streptokokken
Enterokokken
Veränderung des Ribosomes
(Synthese eines Elongationsfaktorähnlichen Proteins)
Plasmid
N. gonorrheae
Mykoplasmen
Verändertes Ribosom
(16S rRNA)
Chromosomal
Propionibakterien
zu den Betalaktamen gehören Penicilline, Cephalosporine, Monobactame und Carbapeneme
47
Aminoglykosid-modifizierende
Enzyme
Plasmid
Staphylokokken
Enterokokken
Streptokokken
Enterobacteriaceae
Pseudomonaden
rRNA Methylasen
Plasmid
Enterobacteriaceae
Verändertes Ribosom
(16S rRNA)
Chromosomal
Mykobakterien
Permeabilität
Chromosomal
Pseudomonaden
Enterobacteriaceae
Rifampicin
Veränderte RNA-Polymerase
Chromosomal
Staphylokokken
Streptokokken
Enterobacteriaceae
Pseudomonaden
Mykobakterien
Chinolone
Veränderte DNA Gyrase/
DNA Topoisomerase
Chromosomal
Staphylokokken
Streptokokken
Pseudomonaden
Enterobacteriaceae
Neisserien
Mykobakterien
Permeabilität
Chromosomal
Pseudomonaden
Enterobacteriaceae
Verändertes Enzym
Plasmid und Chromosomal
Staphylokokken
Streptokokken
Enterobacteriaceae
Neisserien
Permeabilität
Chromosomal
Pseudomonaden
Veränderter Aufbau des
Peptidoglykans
Chromosomal
Enterokokken
Lactococcus
Lactobacillus
Aminoglykoside
Trimethoprim
Sulfonamide
Glycopeptide
48
Tag 5:
Mikrobielle Diagnostik (Kayser et al.: S. 12-33)
Staphylokokken (Kayser et al.: S. 245-250)
5.
LABORDIAGNOSE  WIE WIRD EINE INFEKTIONSKRANKHEIT
NACHGEWIESEN?
STAPHYLOKOKKEN
5.1.
Labordiagnose  Wie wird eine Infektionskrankheit nachgewiesen?
5.1.1.
Zu den Aufgaben eines klinisch-mikrobiolgischen Labors gehören Nachweis/Identifizierung
von Krankheitserregern, Resistenztestung und epidemiologische Untersuchungen; sämtliche
labordiagnostischen Nachweisverfahren lassen sich auf einfache Prinzipien reduzieren:
Diagnostische Nachweisverfahren
Nachweis des Erregers (direkt)
Nachweis von Erregerbestandteilen (direkt)
 Mikroskopie
 Kultur
 Molekularbiologische Verfahren
-
Antigene
Toxine
Nachweis einer erregerspezifischen
Immunreaktion (indirekt)
- Antikörper
Identifizierung des Erregers
 Phänotypische Merkmale
- Morphologie
- Metabolismus
- Antigene (z.B. Kapsel,
Geisselantigene, Lipopolysaccharidstruktur, Toxine)
 Genetische Merkmale
5.1.2.
Die wichtigste mikrobiologische Färbung ist die Gram-Färbung
Aufgrund der Gram-Färbung werden die Bakterien in zwei Gruppen eingeteilt: grampositive und
gramnegative Bakterien.
The gram stain is a quick, easy, diagnostic tool. Gram stains can be performed in minutes, whereas
culture results and definitive identification may take several days. Gram stain results provide
valuable information about the likely pathogen and can be used to guide empiric therapy.
5.1.3.
Nachweis des Erregers erfolgt durch Mikroskopie, Kultur oder mit Hilfe
molekularbiologischer Methoden
Mikroskopie
 Lichtmikroskopie
- Nativpräparat
- Spezielle Färbungen, z.B. Gramfärbung, Methylenblaufärbung, Ziehl-Neelsen-Färbung
 Immunfluoreszenz
- Einsatz spezifischer Antikörper (direkt markiert mit einem Fluorochrom bzw.
Entwicklung mit einem markierten Zweitantikörper)
49
Kultur
 Basismedien
z.B. Blutnährboden, Kochblutnährboden
 diese Nährböden erlauben die Anzucht einer Vielzahl von Krankheitserregern
 Selektive Nährböden und Indikatornährböden
(oft kombiniert: Differentialnährböden), z.B. MacConkey Agar (Enterobakterien), Telluritagar
(Diphtheriebakterien), Bierwürzagar (Pilze), Löwenstein-Jensen Agar (Mykobakterien)
 diese Nährböden dienen meist dem Nachweis und der Isolierung von Krankheitserregern
aus einem polymikrobiellen Keimgemisch
 Spezialnährböden
 diese Nährböden dienen dem Nachweis von Krankheitserregern, die
besondere Anforderungen an das Kulturmedium stellen
z.B. Brucellen, Chlamydien (Zellkultur)
Molekularbiologie
 Zielstruktur
- Universelle Zielstruktur, z.B. 16S rRNA
- Erregerspezifische Zielstruktur (erregerspezifische Gene), z.B. Toxingene
5.1.4.
Identifikation von Mikroorganismen mittels MALDI-TOF
Matrix assisted laser desorption/ionization-time of flight
Prinzip: Mikroorganismen werden mittels einer “Matrix” aus Acetonitril in eine Kristallgitterstruktur
eingebettet. Ein Laser in einem Hochvakuum “sprengt” diese Kristallgitterstruktur und zerreisst die
Mikroorganismen (desorption) in Bruchstücke (u.a. Proteine).

Proteine tragen eine positive Ladung (ionization). Im einem Hochvakuum-“Flugrohr” wird an
einen Detektor eine negative Ladung angelegt. Die positiv geladenen Proteine werden von der
negativen Ladung angezogen.

Die Fluggeschwindigkeit und -zeit (time of flight) bis zum Detektor verhält sich proportional zur
Proteinmasse (je kleiner desto leichter und schneller).

Ein “Protein-Massenspektrum” kann so bestimmt werden, welches für einen Organismus
spezifisch ist und mit einer Referenzdatenbank zum Zwecke der Identifizierung abgeglichen
werden kann (“Proteinmassen-Fingerabdruck”).
50
5.1.5.
Über eine 16S rRNA-Analyse können Mikroorganismen molekularbiologisch
identifiziert werden
 1.7.4.
16S rRNA-Sequenzanalyse ausgehend von einer Reinkultur
Böttger, EC, ASM News 1996, 62: 247
Kulturunabhängiger Nachweis von bakteriellen Krankheitserregern mittels Genamplifikation
Böttger, EC. FEMS Microbiol. Lett. 1989, 62: 171
Beispielhafte Darstellung der Strukturbesonderheiten der 16S-rRNA mit den auf den unterschiedlichsten
taxonomischen Ebenen konservierten Nukleinsäuresequenzen
51
5.1.6.
5.1.7.
Mittels molekularer Methoden können Infektketten aufgeklärt werden
-
Molekulare Epidemiologie

Restriktionslängenpolymorphismus (RFLP), “Footprinting“

Genomsequenzierung
Nachweis von Erregerbestandteilen
 Antigennachweis mittels spezifischer Antikörper
z.B. spezifische Kohlenhydratstrukturen
(z.B. Cryptokokken, Streptokokken der Gruppe B)
 Toxinnachweis
- immunologisch
- Tierversuch (z.B. Botulismustoxin)
- Zellkultur (z.B. Verotoxin bei EHEC)
5.1.8.
Nachweis einer erregerspezifischen Immunreaktion
 erlaubt meist keinen direkten Erregernachweis; gibt vielfach nur indirekte Hinweise
(Problem: Durchseuchung) und ist häufig für die akute Infektionsdiagnostik
ungeeignet (Ausnahmen: Syphilisdiagnostik, Lyme Disease, Rheumatisches Fieber)
5.1.9.
Sensitivität, Spezifität, positiver und negativer Prädikativwert geben Auskunft über die
Aussagekraft diagnostischer Testverfahren
Aussagekraft diagnostischer Testverfahren: 4-Felder Tafel
Infizierte
(n = 200)
Nichtinfizierte
(n = 9'800)
Sensitivität:
Test positiv
Test negativ
180
richtig positiv
200
falsch positiv
20
falsch negativ
9’600
richtig negativ
misst im Kollektiv der Infizierten die Häufigkeit richtig positiver Resultate
richtig positv
180
Sensitivität (%) :  x 100 =  = 90.0%
(Kollektiv der
richtig positiv + falsch negativ
200
Infizierten)
Spezifität:
bestimmt im Kollektiv der Nichtinfizierten die Häufigkeit richtig negativer Resultate
richtig negativ
9’600
Spezifität (%) :  x 100 =  = 98.0%
(Kollektiv der
richtig negativ + falsch positiv
9’800
Nichtinfizierten)
Die Treffsicherheit eines Testverfahrens wird durch die Sensitivität und Spezifität beschrieben: je mehr
falsch-positive Ergebnisse, desto geringer die Spezifität; je mehr falsch-negative Ergebnisse, desto geringer
die Sensitivität.
52
Positiver Voraussagewert (Prädiktivwert)
Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Krankheit vorliegt, wenn der Test positiv ausfällt?
richtig positiv (A)
180
Positiver Prädiktivwert (%) :  x 100 =  = 48.0%
(Kollektiv der
richtig positiv + falsch positiv
380
Infizierten und Nichtinfizierten)
Negativer Voraussagewert (Prädiktivwert)
Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass keine Krankheit vorliegt, wenn der Test negativ ausfällt?
richtig negativ
9’600
Negativer Prädiktivwert (%) :  x 100 =  = 99.5%
(Kollektiv der
richtig negativ + falsch negativ
9’620
Infizierten und Nichtinfizierten)
Die prädiktiven Werte des positiven und negativen Resultats sind von der Prävalenz abhängig
(Sensitivität und Spezifität dagegen nicht); Sensitivitätsunterschiede beeinflussen hauptsächlich
den negativen Vorhersagewert (kaum den positiven Prädiktivwert), Spezifitätsunterschiede
beeinflussen den positiven Vorhersagewert (kaum den negativen Prädiktivwert).
ist die Anzahl der Erkrankung in einer Population (s. 1.3.3.)
Prävalenz:
Zahl der Infizierten
200
Prävalenz (%) :  x 100 = --- = 2.0%
Zahl der Infizierten + Zahl der Nicht-Infizierten
10’000
Sensitivität
Treffsicherheit eines Testverfahrens
Spezifität
Positiver Prädiktivwert
Wertigkeit eines Testverfahrens
Negativer Prädiktivwert
5.2.
Staphylokokken
5.2.1.
Definition: Staphylokokken
-
grampositive, unbewegliche Kokken
in Haufen angeordnet
fakultativ anaerob
keine Sporenbildung
 Staphylococcus aureus (Koagulase positiv)
 Koagulase negative Staphylokokken (z.B. S. epidermidis, S. hämolyticus)
53
5.2.2.
Koagulase negative Staphylokokken (SKN) gehören zur Normalflora von Haut
und Schleimhäuten; problematisch sind Fremdkörperinfektionen
Staphylococcus epidermidis

5.2.3.
 Glykokalixbildung
- Adhärenz an Plastik
Katheterinfektionen
vgl. 2.2.10., ''Sind Bakterien Einzelgänger?  Das Phänomen der Biofilme''
S. aureus gehört zu den häufigsten Erregern bakterieller Infekte des Menschen; S. aureus
besiedelt die Nasenschleimhaut bei 10-30% der Bevölkerung
S. aureus – ein Problemkeim
 Häufiger nosokomialer Infektionserreger
 Übertragung durch medizinisches Personal
 Zunehmende Resistenz gegenüber penicillinasefesten Betalaktamantibiotika, sogenannte
Methicillin / Oxacillin resistente S. aureus (MRSA / ORSA)
 Grundlage ist die de-novo Synthese eines zusätzlichen Penicillin Bindenden Proteins (PBP2a)
 Problem der Resistenztestung in-vitro
 induzierbarer Resistenzmechanismus
 Heteroresistenz
5.2.3.1. Krankheitsbilder und Pathogenitätsfaktoren
Staphylococcus aureus
PATHOGENITÄTSFAKTOREN
KRANKHEITSBILDER
 Ortsständig wirkende Enzyme
(Plasmakoagulase, Hyaluronidase,
Fibrinolysin, Lipase, DNase)
- Ausbreitung im Gewebe
Abszesse, Karbunkel,
Wundinfektionen,
Osteomyelitis, Sepsis,
Pneumonie, Endokarditis
 Cytotoxine, Hämolysine
(pore-forming toxins, e.g. PVL)
- Zellschädigung
 Exfoliativtoxine
- epidermolytisch: intraepidermale
Spaltbildung zwischen Stratum spinosum und Stratum granulosum
Staphylococcal scaled skin
Syndrome (SSSS)
 Toxic-Schock-Syndrom Toxin
- Freisetzung von Zytokinen, z.B.
IL-1, IL-2, TNF
- Endothelzellschädigung
Toxic Schock Syndrom
 Enterotoxine
Gastroenteritis
54
5.2.3.2. 1978: Toxic Shock Syndrome  Beschreibung eines neuen Krankheitsbildes bei
jungen Frauen







Fieber
Diffuses makulöses Exanthem
Hyperämie der Schleimhäute (z.B. konjunktival)
Hypotonie (< 100 mm Hg systolisch)
Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
Desorientiertheit, Bewusstseinsstörung
Das Krankheitsbild ist assoziiert mit dem Toxic Shock Syndrome Toxin; das Toxic Shock
Syndrome Toxin ist ein Superantigen.
5.2.3.3. MRSA/ORSA synthetisieren ein zusätzliches Methicillin/Oxacillin-Resistenz vermittelndes
Penicillin Bindendes Protein (PBP2a)
MRSA
ORSA
Methicillin/
Oxacillin
mec A-Gen
PBP2a
 vgl.
Methicillin Resistenter Staphylocccus aureus
Oxacillin Resistenter Staphylococcus aureus
-Laktamasefeste -Laktam Antibiotika
-liegt auf einem Transposon, das über einen parasexuellen Mechanismus aufgenommen wurde
-codiert für ein zusätzliches, ''fremdes'' Penicillin Bindendes Protein PBP2a
weist geringere Affinität zu -Laktam Antibiotika auf als die ''eigenen'' PBP und übernimmt die
Zellwandbiosynthese bei Anwesenheit von -Laktam Antibiotika (induzierbare Veränderung
der Zielstruktur)
2.1.2.
''Durch parasexuelle Mechanismen können medizinisch bedeutsame Eigenschaften übertragen
werden''
4.1.8. ''Es gibt nur drei generelle Resistenzmechanismen''
4.1.10. ''-Laktame hemmen die Quervernetzung des Peptidoglykans''
SCCmec
MRSA
• mecA, PBP2a
• low-affinity penicillinbinding protein
repressor
mecI
transmembrane
low affinity PBP2a
-lactam sensor-transducer
mecR1
mecA
55
5.2.3.5. Das Phänomen der Methicillin/Oxacillin Heteroresistenz
cfu/m l (lo g10)
MRSA-heterogeneity
oxacillin MIC <1 - >256
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0.01
0.1
1
10
oxacillin m g/l
100
1000
MRSA strain 1
MRSA strain 2
MRSA strain 3
Kayser et al. Zeitschrift f Hygiene 1965, 151:45



the level of mecA expression (PBP2a) influences the resistance level
the genetic background determines resistance level
selection of high-level resistant MRSA
Hygienemassnahmen beim Auftreten Oxacillin resistenter Staphylococcus aureus (ORSA)
1. Allgemeines
ORSA sind in der Regel Hospitalkeime, die vor allem im stationären Bereich endemisch auftreten können. Sie können Erreger
schwerster Infektionen sein, die sich nur mit potentiell toxischen und teuren Antibiotika (Vancomycin) therapieren lassen.
Erregerquelle ist der kolonisierte oder infizierte Patient (Haut, Hände, Nasen-/Rachenraum, Blut- und Körperflüssigkeiten,
Wunden, Wundsekrete). Die Übertragung erfolgt über Hände durch direkten Patientenkontakt, durch indirekten Kontakt mit
Flächen, Gegenständen oder Geräten in der Patientenumgebung oder aerogen über Niesen oder Husten des Patienten.
2. Hygienemassnahmen gegen die Weiterverbreitung von ORSA
Aufklärung aller am Patienten tätigen Personen über das Vorhandensein des Problemkeims und über die nachfolgend
aufgeführten Isolierungsmassnahmen.
„Den beschlossenen Massnahmen ist vom gesamten Personal, ob stationseigen oder konsiliarisch tätig, Folge zu leisten.“
2.1. Isolierungsmassnahmen bei Patienten mit ORSA-Infektion oder Kolonisation sowie Patienten mit Kontakt zu ORSA
(Zimmernachbarn, s. 2.7.)

Einzelunterbringung oder Kohortenisolierung. Türen sind geschlossen zu halten. Warnhinweise sind gut sichtbar an der
Aussenseite der Tür anzubringen.

Es ist, soweit möglich, eine Zimmerpflege vorzusehen.

Schutzmittel, wie Handschuhe, Mund-/Nasenschutz, saubere Kittel etc., sind vor dem Patientenzimmer gut erreichbar
bereitzustellen.

Lagerung von Gebrauchsartikeln (Einmalmaterialien, Medikamente etc.) im Patientenzimmer sind möglichst auf einen
Tagesbedarf zu beschränken.

Körperwäsche mit einer antimikrobiellen Waschlotion, 2x wöchentlich auch der Kopfhaare. Bettwäsche, Nachthemd,
Handtücher, Waschlappen etc. täglich wechseln.

Bei Patiententransport aus dringender Indikation, ist der Patient im Krankenzimmer auf Trage/Rollstuhl umzulagern. Das
Krankenbett verbleibt im Raum. Ausserhalb des Krankenzimmers hat der Patient Einmalhandschuhe (nach
Händedesinfektion), Mund-/Nasenschutz und, falls möglich, einen Schutzkittel zu tragen. Der Nachweis von ORSA
berechtigt nicht zur Ablehnung konsiliarischer Untersuchungen in anderen Fachbereichen. Diese sind allerdings über den
Status des Patienten sowie die notwendigen Hygienemassnahmen frühzeitig zu informieren.

Bei Verlegung eines infizierten oder kolonisierten Patienten auf eine andere Station oder in ein anderes Krankenhaus, ist
der weiterbehandelnde Arzt und die Station über den Status zu informieren. Befunde und dieses Merkblatt sind dem
Verlegungsbericht beizufügen.
2.2 ORSA-Ausbruch

Bei gleichzeitigem Auftreten von mehr als einem ORSA-Fall in einer Abteilung werden Nasen-/Rachenabstriche beim
gesamten Personal durchgeführt. Bei ORSA-Nachweis werden die betroffenen Mitarbeiter therapiert (s. 2.6) und haben
währenddessen bei allen Stationstätigkeiten einen Mund-/Nasenschutz zu tragen. Mitarbeiter auf Intensivstationen sind in
Absprache mit dem Personalarzt/Pflegedienstleitung für die Dauer der Kolonisation anderweitig einzusetzen.
56
2.3. Personalverhalten

Wirksamste Verhütungsmassnahme gegen ORSA-Ausbreitung ist die
!!!!!! HYGIENISCHE HÄNDEDESINFEKTION !!!!!
Diese ist vor und nach jedem Patientenkontakt durchzuführen.

Einmalhandschuhe tragen ! Dies ersetzt nicht die hygienische Händedesinfektion, die vor sowie nach Benutzung von
Handschuhen durchzuführen ist.

Mund-/Nasenschutz anlegen !

Schutzkittel (sterilisierte OP-Kittel nicht notwendig) sind zu benutzen, wenn Personalkleidung in Kontakt mit dem
Patienten, Oberflächen oder Gegenständen im Raum kommt.

Vor Verlassen des Patientenzimmers sind Schutzkittel, Einmalhandschuhe und Mund-/Nasenschutz abzuwerfen und eine
hygienische Händedesinfektion durchzuführen.

Der Zugang zum ORSA-Patienten ist auf ein Minimum zu beschränken.
2.4. Reinigungsmassnahmen, Entsorgung

Alle Flächen und Geräte einschliesslich des Bettgestells sind innerhalb des Patientenzimmers in definierten Zeiträumen
desinfizierend zu reinigen. Dies gilt auch für benutztes diagnostisches und therapeutisches Equipment bevor es aus dem
Zimmer entfernt wird.

Abfall wird im Patientenzimmer (Abwurf mit Deckel) gesammelt und täglich entsorgt.

Schmutzwäsche wird ebenfalls im Zimmer gesammelt und in den üblichen Wäschesäcken entsorgt.

Nach Entlassung oder Aufhebung der Isolierung erfolgt eine Scheuer-Wischdesinfektion als Schlussdesinfektion (keine
Raum-Sprühdesinfektion !) Patienten, die weiterhin stationär behandelt werden, sind für diese Tätigkeiten in ein anderes
Zimmer zu verlegen (Bettwechsel erforderlich).
2.5 Besucherverkehr

Besucher haben sich beim Pflegepersonal zu melden und sind in der Anwendung der Hygienemassnahmen zu unterweisen.

Vor dem Patientenzimmer müssen Besucher einen Mund-/Nasenschutz und Schutzkittel anlegen.

Vor Verlassen des Zimmers sind Schutzkittel abzuwerfen. Eine hygienische Händedesinfektion ist anzuschliessen.
2.6 Therapie von Infektionen und Kolonisationen mit ORSA

Bei Infektionen mit ORSA ist eine Therapie mit der Abteilung Mikrobiologie/Infektiologie abzustimmen.

Die Therapie der Kolonisation mit ORSA erfolgt in der Regel lokal mit der Gabe einer Mupirocin-haltigen Salbe für die
Nase (Appl. Turixin ® - Salbe 4x tgl. für 5 Tage). Zwei Tage nach Beendigung der Behandlung sind Kontrollabstriche aus
Nase und Rachenraum vorzunehmen.
2.7 Aufhebung der Isolierung

Die Isolierungsmassnahmen für Patienten und Mitarbeiter dürfen erst nach drei negativen Abstrichserien von Nase, Rachen
und ev. vorhandenen ORSA-Nachweisorten (Wunden etc.) im Abstand jeweils 48 Stunden aufgehoben werden. Die
Materialbegleitscheine sind durch Ordnungszahlen zu kennzeichnen. Lässt sich ORSA in einer Abstrichserie nachweisen,
sind Kontrollabstriche einmal wöchentlich vorzunehmen.

Patienten, die in einem Zimmer mit einem ORSA-Patienten gelegen haben, (Kontaktpatienten 1. Grades) sind erst nach
einer negativen Abstrichserie (Nase, Rachen, Wundbereiche) aus der Isolierung zu entlassen.
 Entlassung oder Verlegungen können unabhängig vom ORSA-Status erfolgen (Informationsweitergabe s. 2.1).
5.2.3.6. Methicillin versus Vancomycin Resistance in S. aureus
Are MecA methicillin resistance and VanA-type
vancomycin resistance compatible with each
other in Staphylococcus aureus?
MecA methicillin resistance: an altered penicillin-binding-protein PBP 2a
crosslinks peptidoglycan with terminal D-Ala-D-Ala but with low affinity for
betalactam antibiotic
VanA-type vancomycin resistance: synthesis of an altered peptidoglycan
with a terminal D-Ala-D-Lactate which does not bind vancomycin

PBP 2a cannot crosslink peptidoglycan D-Ala-D-Lactate
However, this example of antagonistic resistance mechanism cannot be
generalized, as
1. Betalactam resistance due to PBP 2a is only found in S. aureus
2. Vancomycin resistance can be due to different mechanisms,
e.g. vanA, vanB, vanC
Severin et al. J. Biol. Chem 2004, 279: 3398-3407
Severin et al. Antimicrob. Agents Chemother. 2004, 48: 4566-4573
Fox et al. Antimicrob. Agents Chemother. 2006, 50: 2951-2956
Perichon et al. Antimicrob. Agents Chemother. 2006, 50: 3622-3630
57
Tag 6:
Streptokokken (Kayser et. al.: S. 250-258)
Corynebakterien (Kayser et al.: S. 270-267)
Bacillus anthracis (Kayser et al.: S. 260-262)
6.
STREPTOKOKKEN, CORYNEBAKTERIEN, BACILLUS ANTHRACIS
6.1.
Streptokokken
6.1.1.
Definition: Streptokokken
-
6.1.2.
grampositive, unbewegliche Kokken
in Ketten oder als Pärchen angeordnet
fakultativ anaerob
keine Sporenbildung
Streptokokken werden aufgrund ihres Hämolysevermögens (-, -, -Hämolyse) sowie
der Antigenität einer in der Zellwand vorkommenden Kohlenhydratstruktur eingeteilt
Streptokokken
Hämolyse
Gruppen-Antigen
(Lancefield)
Erkrankungen
S. pyogenes

A
Pharyngitis, Pyodermien,
Erysipel, StreptokokkenNachkrankheit, Scharlach,
Nekrotisierende Fasciitis
S. agalactiae

B
Wundinfektion
Sepsis
Meningitis
S. faecalis, Enterokokken
-
D
Endokarditis
Mischinfektion
Vergr. Streptokokken

verschiedene
S. pneumoniae

-
Karies
Endokarditis
Pneumonie
Meningitis
 vgl. 4.1.10.1. ''Die drei generellen Resistenzmechanismen am Beispiel der β-Laktam Resistenz''
 vgl. 4.1.10.3. ''Penicillin Resistenz der Pneumokokken durch Genaustausch und homologe Rekombination''
 s. auch 2.1.1. ''Austausch genetischen Materials zwischen Bakterien: Transformation''
58
6.1.3.
6.1.4.
Streptococcus Virulence Factors
Capsule
antiphagocytic
M protein
antiphagocytic
Lipoteichoic acid
(Peptidoglycan)
stimulates release of cytokines, e.g. IL-1, TNF
Pyrogenic toxins (A-C)
mediate scarlatiniform rash, “toxic shock like syndrome”
(TSLS)
Streptolysin S
Streptolysin O
lyses leukocytes, platelets and erythrocytes, stimulates release
of lysosomal enzymes
Streptokinase
lyses blood clots, facilitates spread of bacteria in tissues
Hyaluronidase
lyses hyaluronic acid, facilitates spread of bacteria in tissues
Desoxyribonuclease
lyses DNA; decreases viscosity of inflammatory exsudates,
facilitates spread of bacteria in tissues
Die wichtigsten Pathogenitätsfaktoren von pyrogenen Streptokokken sind ihre
bakteriophagen-kodierten pyrogenen Exotoxine
Pyrogene Streptokokken-Exotoxine (PSE, A-C)
(S. pyogenes)
 Scharlach (''erythrogenes Toxin'')
 ''Toxic-shock syndrome like disease''
- Freisetzung von Zytokinen, z.B. IL-1, IL-2, TNF
- Endothelzellschädigung
 wirken als Superantigene
6.1.5.
Toxic Shock Syndrome versus Toxic Shock Like Syndrome
TSS
S. aureus growing
in a tampon or
infected wound

TSST-1 enters bloodstream
(no bacteremia)

Fever, rash, shock
(death rate 3%)
S. pyogenes
growing in an
infected wound

Bacteria enter bloodstream,
produce pyrogenic toxins
(bacteremia)

Fever, rash, shock
(death rate 30%)
TSLS
59
6.1.6.
Streptokokken können immunologische Nachkrankheiten auslösen

6.1.7.
Diagnose durch Bestimmung des Antistreptolysin O-Titers
Pathogenese und Krankheitsbilder von Infektionen durch S. pyogenes
(vereinfachtes, hypothetisches Schema, nach Kayser et al. S. 254)
S. pyogenes
(M-Protein; PSE; weitere Pathogenitätsfaktoren)
Eindringen über Haut oder Mukosa
Wirtsorganismus
anti-M-Antikörper (+)
anti-M-Antikörper (-)
lokale
Infektion
stumme Infektion
Impetigo,
Erysipel,
Phlegmone,
Sinusitis,
Otitis media,
Tonsillitis
oder
generalisierte invasive
Infektion
anti-PSE-Antikörper (-)
Risiko-MHC-Allotyp
Sepsis
septischer Schock
nekrotisierende Fasziitis
anti-PSE-Antikörper (-)
Scharlach
(Tonsillitis)
60
6.1.8.
Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe B

finden sich bei einem Teil der erwachsenen Frauen im weiblichen Genitaltrakt (Kommensalen)

verursachen bei Neugeborenen (ca. 1/1000 Geburten bei unbehandelter Mutter) Meningitis

Risikofaktoren
-
vorzeitiger Blasensprung
Geburtskomplikationen
fehlende maternale Antikörper

Prophlylaxe
-
Screening für Keimträger während Schwangerschaft
bzw. kurz vor Geburt
antibiotische Sanierung bzw. Antibiotikagabe sub partum
-
Two distinct group B streptococcus (S. agalactiae) neonatal meningitis: early onset disease (EOD) and late
onset disease (LOD)
• EOD: manifestation in neonates 0-6 d p. partum
• LOD: manifestation in neonates 7-70 d p. partum
 Intrapartum administration of Penicillin decreases incidence of EOD but not of LOD
Pathogenesis
• EOD: infection sub partum, bacterial translocation, septicemia
• LOD: infection sub partum, intestinal colonization, intestinal multiplication, bacterial translocation,
septicemia
6.1.9.
Enterokokken besitzen als klassische Opportunisten ein geringes
Pathogenitätspotential, aber .....
Enterokokken als Problemkeime
Vancomycin resistente Enterokokken (VRE)
 kommen natürlicherweise in der Umwelt vor
 Selektion durch Antibiotika, z.B. Cephalosporine (Enterokokken sind
natürlicherweise resistent gegenüber Cephalosporinen), Vancomycin
 besonders ein Problem im Krankenhaus (nosokomiale Infektion):
z.B. multimorbide Intensivpatienten, abwehrgeschwächte Patienten,
Transplantation (KMT)
Massnahmen:
 Antibiotikareduktion (Vancomycin)
 Überwachungskulturen
 Hygienische Massnahmen
61
6.1.10.1. Infektiöse Endokarditis: Symptome und Befunde






Fieber
Allgemeinsymptome
- Schwäche, Gewichtsverlust, Nachtschweiss
Pathologisches Herzgeräusch
Periphere Hautmanifestationen
- Petechien, Splitterhemorrhagien
Neurologische Komplikationen
- Hirnembolien  Hirnabszess
Embolien
6.1.10.2. Infektiöse Endokarditis: Risikofaktoren





rheumatische Herzerkrankung
kongenitale Herzerkrankung
degenerative Herzklappenerkrankung
Zustand nach herzchirurgischen Eingriffen
intravenöser Drogenmissbrauch
20-30 %
10-20 %
10-20 %
10-20 %
ca. 5 %
6.1.10.3. Infektiöse Endokarditis: Erregerspektrum
Endocarditis bei Nativklappen


vergrünende Streptokokken
Staphylococcus aureus (Drogenabusus)
> 90 %
- HACEK Gruppe, z.B. Haemophilus, Cardiobacterium, Eikenella
- Enterokokken
- Gram-negative Mikroorganismen
- Pilze
Endocarditis bei Kunstklappen


Koagulase-negative Staphylokokken
Staphylococcus aureus
> 80 %
- Gram-negative Mikroorganismen
- Pilze, HACEK Gruppe, Enterokokken
- Propionibacterium acnes
6.1.10.4. Infektiöse Endokarditis: Diagnostik

Herausforderung für den Praktiker
- Bedrohliches Krankheitsbild
- Oft uncharakteristische Zeichen
 Initial schwer von banaler Störung unterscheidbar
 Oft verzögerte Diagnose
- Fieber und Herzgeräusch in über 85%

Diagnostik: klinische Kriterien, Ultraschalluntersuchung

Mikrobiologische Diagnostik
- Blutkulturen
- Entnahme vor der Antibiotikagabe und sofortige Abklärung im Spital
62
6.1.10.5. Infektiöse Endokarditis: Mikrobiologische Diagnostik
 3 Blutkulturen innerhalb 24 Stunden, d.h. 6 Flaschen zu je 5-10 ml Blut
- Volumen ist entscheidend (min. 30 ml)
 Nur wenige Bakterien pro ml Blut vorhanden
- Darstellung einer kontinuierlichen Bakteriämie

Entnahme möglichst vor Antibiotikagabe
- Notfalls alle 6 Flaschen simultan abnehmen

Möglichst viele Entnahmestellen
- Beurteilung einer Haut-Kontaminante

Koagulasenegative Staphylokokken, Propionibakterien, Corynebakterien sind typische
Hautkontaminanten, wenn in 1 von 4 oder 6 Flaschen isoliert; cave bei Mehrfachisolation!
 Entnahmen durch i.v.-Katheter zeigen häufiger Kontaminanten; unbedingt verschiedene
Entnahmestellen !
Fehler: -
Antibiotikagabe vor Abnahme der Blutkultur
Abnahme nur einer Blutkultur
Interpretation von Kontaminanten als Erreger
Interpretation von Erregern als Kontaminanten
6.1.10.6. Infektiöse Endokarditis: Empirische Therapie
Klinische Situation
Therapie
Kommentar
bei akutem Verlauf
3er-Therapie mit
Penicillin G 6x4 Mio IE i.v., 4-6 Wo
Garamycin 3x1.0 mg/kg i.v., 4-6 Wo
Floxapen 6x2 g i.v., 4-6 Wo
Wirksam gegen Strepto-, Entero- und die
meisten Staphylokokken (ca. 80% der
Erreger). Cave nosokomiale koagulasenegative Staphylokokken!
Penicillinallergie
3er-Therapie mit
Vancocin 2x15 mg/kg i.v., 4-6 Wo
Garamycin 3x1.0 mg/kg i.v., 4-6 Wo
Rimactan 2x600 mg p.o., 4-6 Wo
3er-Therapie mit
Vancocin 2x15 mg/kg i.v., 6 Wo
Garamycin 3x1.0 mg/kg i.v., 6 Wo
Rimactan 2x600 mg p.o., 6 Wo
Klappenprothesen
63
6.2.
Corynebakterien und das Paradigma Exotoxin vermittelter Krankheiten
6.2.1.
Definition: Corynebakterien
-
6.2.2.
6.2.3.
grampositive, unbewegliche Stäbchenbakterien
aerob wachsend
keine Sporenbildung
Corynebacterium diphtheriae ist für das Krankheitsbild der Diphtherie verantwortlich
Corynebacterium diphtheriae
Diphtherie
Apathogene Corynebakterien,
z.B. C. xerosis
Vorkommen: Haut, Rachen, Nase, Schleimhäute, Auge
Das Diphtherie-Toxin-Gen ist Bestandteil eines Prophagengenoms; nur C. diphtheriae,
die vom entsprechenden Phagen infiziert sind, sind pathogen
Diphtherietoxin
 phagenkodiert
 ADP-Ribosylierung des Elongationsfaktors 2; führt zur Inhibion der Proteinbiosynthese
6.2.4.
Eigenschaften des C. diphtheriae Toxin
Zwei Polypeptide mit S-S Brücke mit einem katalytischen und einem Rezeptor-bindenden Teil
H+
H+
NAD
-SH
E F -2
A D P -R ibose
N iko tina m id
H+
E F -2
Der Elongationsfaktor eEF2 in Säugetierzellen
hat als eine strukturelle Besonderheit die modifizierte histidinähnliche Aminosäure Diphthamid.
An dieser Stelle ist die Zelle verwundbar: das
Toxin des Diphtherie-Erregers (Corynebacterium
diphtheriae) katalysiert die Übertragung eines
ADP-Ribose-Restes von NAD auf Diphthamid.
Der ADP-ribosylierte Faktor eEF2 ist inaktiv, als
Folge stirbt die Zelle ab. Das bakterielle
Gegenstück, der Faktor EF-G, enthält die
modifizierte Aminosäure nicht. Bakterien werden
daher durch das Diphtherie-Toxin nicht angegriffen.
Schritte: Rezeptorbindung
Aufnahme durch Endocytose
Spaltung der S-S Brücke
Translokation der katalytischen Teils
Wirkung des katalytischen Teils:
ADP-Ribosylierung es EF-2
EF-2 in Säugetierzellen besitzt Diphthamid. Nur auf diese veränderte Aminosäure wird ADP-Ribosyl
transferiert.
EF2 + NAD  EF2-ADP-Ribose + Nikotinamid + H+
Kontrolle der Toxinbildung durch chromosomalen Regulator: DtxR  Fe++ aktiviertes Protein,
welches Transkription des Toxingens blockiert  keine Toxinbildung
64
6.2.5.
Symptome der Diphtherie (Inkubationszeit 2-5 Tage)
Lokalisierte Rachen-Diphtherie
(auch Nase, Augen, Haut, Wunde)
Erhöhte Temperatur
Pseudomembranöse Angina mit fleckförmigen, später konfluierenden weissen (braunen) Belägen
Fad-süsslicher Foetor ex ore
Regionäre Lymphknoten geschwollen (weich)
Intensives allgemeines Krankheitsgefühl
6.2.6.
Progrediente Diphtherie
Maligne Diphtherie
(Diphtheria gravissima)
Erhöhte Temperatur
Deszendierender Croup mit Stenosierung
Oberflächliche, beschleunigte Atmung
Erschwertes Exspirium
Patienten blass und zyanotisch
Erhöhte Temperatur (ab 2.-3. Inkubationstag)
Erbrechen, Bauchschmerzen
Toxisches Kreislaufversagen
Myokarditis
Schwellung des Halses (Caesarenhals)
Haut- und Schleimhautblutungen
Nierenversagen
Diagnostik: C. diphtheriae
Diagnostik
 Kultureller Nachweis
- Selektivagar, z.B. Telluritagar
 Biochemische Identifizierung
 Nachweis der Toxinproduktion
- Elek-Test
- PCR
Therapie
 Bei Verdacht auf Diphtherie: ANTITOXINGABE !
 Ergänzend antibiotische Behandlung (Penicillin, Makrolide)
Epidemiologie





Reservoir: ausschliesslich Mensch
Übertragung: Tröpfcheninfektion
Isolierung der Erkrankten und Überwachung von Kontaktpersonen
Sanierung von Keimträgern
Impfung  schützt vor Erkrankung, aber nicht vor Besiedlung
65
6.3.
Bacillus anthracis − Der Erreger des Milzbrands
6.3.1.
Definition: Bacillus
- grampositive Stäbchenbakterien
-
6.3.2.
aerob (fakultativ anaerob)
Sporen bildend
(Lebensfähigkeit der Sporen: mehrere Jahrzehnte)
Aufgrund des Eintrittsortes von Bacillus anthracis unterscheidet man beim Menschen
drei Formen von Milzbrand
-
Hautmilzbrand
lokale Infektion, kaum systemische Symptome
schmerzlose ödematöse Papel
nach 5 bis 6 Tagen: schwarzes, kohleähnliches Geschwür
> 99% Heilung bei Antibiotikabehandlung
Darmmilzbrand
-
nach Verzehr kontaminierter sporenhaltiger Nahrungsmittel
Inkubationszeit: 2-5 Tage
akute Entzündung des Verdauungstraktes, Nausea, Appetitverlust, Erbrechen, Fieber, gefolgt
von Abdominalschmerzen, Erbrechen von Blut und starkem Durchfall
systemische Verbreitung des Erregers
Problem der zu späten Diagnose: „point of no return“
-
einatmen von B. anthracis-Sporen in Aerosolen (5000 – 15‘000 Sporen)
Inkubationszeit: 3-5 Tage
grippeähnliche Symptome
systemische Verbreitung des Erregers
unbehandelt: 90 % Letalität, 3-5 Tage nach Auftreten erster Symptome
Problem der zu späten Diagnose: „point of no return“
Nasenabstrich als screening
Lungenmilzbrand
6.3.3.
Das Anthraxtoxin ist ein klassisches AB-Toxin


Pathogenitätsfaktoren
Kapsel
- plasmidkodiert
- Inhibition der Phagocytose
Toxin bestehend aus 2 Komponenten:
i)
protective antigen (PA)
ii) lethal factor (LF) bzw. edema factor (EF)
- plasmidkodiert
AB-Toxine bestehen aus zwei Untereinheiten (A und B): die Untereinheit B ist für die Bindung an
spezifische Rezeptoren auf der Oberfläche von Zielzellen verantwortlich (bei B. anthracis: PA);
die Untereinheit A stellt die eigentliche Wirkkomponente dar, welche Zellschädigung hervorruft
(A-Anteil bei B. anthracis: LF bzw. EF).
66
6.3.4.
Milzbrand ist in erster Linie eine Krankheit von Herbivoren, wie Kühen, Schafen,
Ziegen oder Pferden
-
Sporen im Erdboden; kontaminierte Flächen sind auf Jahre hinaus verseucht
Primär veterinärmedizinische Erkrankung
(orale Aufnahme von Sporen  Darmmilzbrand, Sepsis)
- Infektion des Menschen durch Tiere oder kontaminierte tierische Produkte
(Lederverarbeitung!), Milzbrand ist eine Berufskrankheit (''woolsorter‘s disease'')
- keine Übertragung von Mensch zu Mensch
6.3.5.
Milzbrandsporen: ein biologischer Kampfstoff
-
6.3.6.
Sperrung der englischen Insel Gruinard für 45 Jahre nach Durchführung von
Freilandversuchen durch die britische Armee
Epidemie 1979 in Sverdlowsk, Russland: 66 Tote (Unfall in Biowaffenfabrik)
2001: verseuchte Briefe in den USA
Diagnose
-
6.3.7.
Erregernachweis
Hautläsion
Stuhl
Sputum
Blut
Lungenmilzbrand kann nur durch frühzeitige Antibiotikabehandlung erfolgreich
behandelt werden
 Penicillin
 Chinolone

Problem: lange Therapiedauer, Erkrankungen bis mehrere Monate nach Infektion möglich
(Widerstandsfähigkeit der Sporen)

6.3.8.
eine einzelne Milzbrandspore macht keinen Milzbrand
Prävention





Kontrolle der Milzbrandinfektionen im Tierbereich durch Impfung
Impfung exponierter Personen (Tierärzte, Abdecker, Soldaten)
attenuierter Lebendimpfstoff
zellfreier Impfstoff (Toxin)
Chemoprophylaxe
67
Tag 7:
Enterobacteriaceae (Kayser et al.: S. 292-296)
- Escherichia coli (Kayser et al.: S. 306-308)
- Salmonellen (Kayser et al.: S. 296-301)
Neisserien (Kayser et al.: S. 287-292)
7.
ENTEROBACTERIACEAE, NEISSERIEN
7.1.
Enterobacteriaceae
7.1.1.
Definition: Enterobacteriaceae
-
7.1.2.
gramnegative, teils bewegliche, teils unbewegliche Stäbchenbakterien
fakultativ anaerob
keine Sporenbildung
Vergärung von Glucose und anderen Kohlenhydraten unter Säurebildung
viele Vertreter der Enterobacteriaceae sind Bewohner des Darmtraktes von Mensch und Tier
Krankheitsbilder
- Eiter- und Entzündungserreger
- Urethritis, Cystitis, Pyelonephritis
- Nosokomiale Infektionen
 vgl. 1.3.6. ''Infektionen, die im Krankenhaus erworben werden, bezeichnet man als nosokomiale
Infektionen''
 vgl. 1.3.7. ''Factors which predispose patients to hospital infection''
 vgl. 1.3.8. ''Risk factors for post-operative infections''
7.1.3.
Pathogenitätsfaktoren
- Adhäsine
- Invasine
- Kapsel
- Multiresistenz
- Endotoxin ( LPS)
- Bildung von Exotoxinen
68
7.1.4.
Die wichtigsten Vertreter der Enterobacteriaceae und die zugehörigen Krankheitsbilder
Krankheit
Bemerkungen
Sepsen, Wundinfekte, Infekte der
Harnwege und des
Respirationstrakts
fakultativ pathogene Keime;
verursachen nosokomiale Infekte;
häufig resistent gegen Antibiotika
Typhus abdominalis
(Syn. Typhoides Fieber)
Gastroenteritis (Diarrhö)
septische Allgemeininfektion
Shigella
bakterielle Ruhr (Dysenterie)
Durchfälle, Koliken, Tenesmen, oft Blut
und Schleim im Stuhl
Yersinia
Y. pestis
Pest
systemische Allgemeininfektion; selten
Enterokolitis, Lymphadenitis der
Mesenteriallymphknoten
Pseudoappendizitis, reaktive Arthritis,
Erythema nodosum
intestinale Infekte
siehe darmpathogene E. coli
Escherichia coli
Citrobacter, Klebsiella,
Enterobacter,
Serratia, Proteus,
Providencia,
Morganella und weitere
Salmonella
S. typhi
S. typhimurium
S. enteritidis und weitere
Y. enterocolitica
Y. Pseudotuberculosis
Escherichia coli
7.1.5.
profuse, wässrige Durchfälle
Multiresistente gramnegative Bakterien besitzen Multiresistenzplasmide
Multiresistenzplasmide kodieren häufig für Antibiotika modifizierende Enzyme
 vgl. 4.1.8.
4.1.9.
''Es gibt nur drei generelle Resistenzmechanismen''
''Mutationen und Erwerb von Fremd-DNA können zu Resistenz führen''
4.1.10.2. ''-Laktamasen inaktivieren -Laktame, indem sie den -Laktamring spalten;
mittels Punkt-Mutationen erweitern -Laktamasen ihr Aktivitätsspektrum''
4.1.11.1. ''Resistenz gegenüber Chinolonen"
69
MERKBLATT
über Hygienemassnahmen beim Auftreten von multiresistenten gramnegativen Keimen
1. Allgemeine Informationen über multiresistente gramnegative Erreger
 Multiresistente gramnegative Erreger treten vor allem im Krankenhaus und dort u.U. endemisch auf. Bei Multiresistenz dieser
Erreger sind nur noch einzelne oder gar keine Antibiotika mehr therapeutisch wirksam. Diese Stämme werden unter
Antibiotikaeinfluss entweder aus einer physiologischen Mischflora selektiert oder Resistenzmechanismen werden unter
Therapie induziert.
Bei epidemischem Auftreten werden sie dabei von Patient zu Patient über die Hände des Personals oder über Zwischenstationen
in der Umgebung übertragen.
Multiresistent können z.B. die folgenden gramnegativen Erreger sein:
Stenotrophomonas maltophilia
Acinetobacter baumannii
Enterobacter cloacae
Klebsiella pneumoniae
Pseudomonas aeruginosa
Serratia marcescens u.v.a.
Der Nachweis dieser Keime ist nicht zwangsläufig mit einer Infektion gleichzusetzen, vielmehr handelt es sich nicht selten um
eine Besiedlung ohne Infektzeichen. Alle o.g. Keime sind aber auch Erreger schwerster nosokomialer Infektionen.
 Infektionsquelle ist in der Regel der kolonisierte oder infizierte Patient (Haut, Schleimhaut, Hände, respiratorisches und
Wundsekret, Körperflüssigkeiten).
 Die Übertragung erfolgt hauptsächlich über die Hände des medizinischen Personals. Die Flächen und Geräte in der Umgebung
des Patienten können nach Kontamination oder unzureichender Aufbereitung zur Quelle werden.
2. Hygienemassnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung von multiresistenten, gramnegativen Erregern
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
Information des gesamten, am kolonisierten oder infizierten Patienten tätigen Personals über das Vorhandensein des
Problemkeimes. Einhaltung der nachfolgend aufgeführten Isolierungsmassnahme durch Aerzte, Pflege-personal,
Reinigungspersonal, Techniker, Studenten usw. (auch konsiliarisch tätiges Personal!).
Die Notwendigkeit einer systemischen Therapie ist zwischen Klinik und Infektiologen/Mikrobiologen abzustimmen.
Isolierungsmassnahmen sind bei Patienten mit Infektion oder Kolonisation mit multiresistenten, gram-negativen Keimen:
 Einzelunterbringung oder Kohortenisolierung von Patienten. Türen sind geschlossen zu halten.
Warnhinweise sind für alle sichtbar an der Tür anzubringen.
 Die ausgewiesenen Isolierungsmassnahmen sind vom gesamten Personal einzuhalten, insbesondere auch von den nur
zeitweise am Patienten tätigen Konsiliarien, Röntgenpersonal, Physiotherapeuten, Laborpersonal, usw.
 Tägliche Körperwäsche mit einer antimikrobiellen Waschlotion, 2x wöchentlich auch der Kopfhaare.
Bettwäsche, Nachthemd, Handtücher, Waschlappen tägl. wechseln.
 Die Hygienemassnahmen inkl. Isolierung gelten bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus. Kolonisierte Patienten in der
Rekonvaleszenz können bei Einhaltung von Schutzmassnahmen (z.B. Handschuhe) das Krankenzimmer verlassen. Die
Isolierung sollte nur nach dreimalig negativem Kontrollabstrich (48 Stunden Abstand) aufgehoben werden.
 Müssen kolonisierte / infizierte Patienten aus dringender Indikation transportiert werden, sollten sie, wenn möglich, vom
Bett auf eine Trage umgelagert werden (Bett verbleibt im Patientenzimmer). Die Information über den Kolonisationsstatus
ist mitzugeben, die Hygieneregeln müssen auch ausserhalb der Station (z.B. CT, Endoskopie...) unbedingt befolgt werden.
Der Nachweis multiresistenter Keime berechtigt nicht zur Ablehnung konsiliarischer Untersuchungen in anderen
Fachbereichen.
Verhalten des Personals:
 Vor und nach infektionsträchtigen Eingriffen (z.B. endotracheales Absaugen, Manipulation am Venenkatheter,
Blasenkatheter) ist eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen. Einmalhandschuhe tragen!
 Im Isolierzimmer dort befindlichen Schutzkittel anziehen, der 1x (Intensivstation 3x) täglich gewechselt wird.
 Unbedingt Händedesinfektion vor Verlassen des Zimmers!
Laufende Desinfektion aller Flächen und Geräte nach den etablierten, zugelassenen Verfahren. Nach Entlassung erfolgt
Scheuer-Wischdesinfektion als Schlussdesinfektion (keine Raum-Sprüh-Desinfektion!).
Besucher müssen sich beim Pflegepersonal melden und über die Hygieneregeln informiert werden. Sie sollten tgl. einen
neuen Schutzkittel anlegen und vor Verlassen des Zimmers die Hände desinfizieren.
Bei Verlegung infizierter oder kolonisierter Patienten auf eine andere Station oder in ein anderes Krankenhaus ist der
weiterbehandelnde Arzt über den Status zu informieren; Befunde und dieses Merkblatt sind dem Untersuchungsbericht
beizufügen.
70
7.2.
Escherichia coli
7.2.1.
Krankheitsbilder
-
7.2.2.
Diarrhoen
Hämolytisch-urämisches Syndrom
Harnwegsinfektionen
Pneumonie
Sepsis
Meningitis
Die Anwesenheit bzw. Abwesenheit von Virulenzgenen ist entscheidend für das
Krankheitsbild
 Uropathogene E. coli
- Adhäsine
 Darmpathogene E. coli
- ETEC
- EIEC
- EHEC
- EPEC / EAEC
7.2.3.
Enterovirulente Escherichia coli
ETEC
Enterotoxin-bildende E.c.
Cholera-ähnlich,
wässrige Durchfälle;
LT/ST, Adhäsine
Kinder in Entwicklungsländern, Reisen
Hitzestabile oder - labile
Enterotoxine; stimulieren
Guanylat - oder Adenylatcyclase,
Flüssigkeits- und
Elektrolytverlust
EIEC
enteroinvasive E.c.
Dysenterie; gleiche
Virulenzmechanismen
wie Shigellen;
verschiedenste
Virulenzfaktoren
Reisen
Plasmidkodierte
Invasionsmechanismen
Reisen und Schweiz
Cytotoxisches „Verotoxin“
(„shiga-like“ Toxin);
Typ III-Sekretionssystem;
Adhäsionsfaktoren
(chromosomale
Pathogenitätsinsel)
Adhäsionsfaktoren
(aagR, AAF Locus, LEE Locus,
chromosomale
Pathogenitätsinsel);
Typ III-Sekretionssystem
erst wässrige, dann
EHEC
enterohämorrhagische E.c. blutige Durchfälle,
Verotoxin-bildende E.c.
Komplikationen
(HUS, TTP);
Cytotoxine, Adhäsine
EPEC / EAEC
enteropathogene E.c.
enteroaggregative E.c.
persistierende,
wässrige Diarrhoe,
Fieber, Erbrechen;
Adhäsine,
verschiedene
Virulenzfaktoren
Säuglingsdiarrhoe
(selten), Reisen ?
71
7.2.4.
Enterohämorrhagische E. coli (EHEC) besitzen ein bakteriophagen-kodiertes Toxin
Enterohämorrhagische E. coli (EHEC)
Pathogenitätsfaktoren
- Fimbrien (Adhärenz; chromosomal kodiert)
- „shiga-like“ Toxin (bakteriophagen kodiert)
Krankheitsbilder
- hämorrhagische Colitits
häufige Komplikation (10%):
- hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS)
 akutes Nierenversagen, Thrombozytopenie, Anämie
 hohe Letalität
 Antibiotikatherapie wirkungslos
 besonders betroffen: Kinder < 5 J.
Epidemiologie
- Infektion durch kontaminierte Nahrungsmittel, besonders
Rinderhackfleisch
Diagnostik
- Toxinnachweis
 mittels Zellkultur
 mittels molekularer Methoden
- kultureller Erregernachweis (sorbitnegative E. coli,
Serotyp 0157 H7)
7.2.5.
EHEC: Epidemiologie

Häufiger bakterieller Durchfallerreger

Etwa 3% aller Durchfallstuhlproben

Inzidenz ca. 13/105 Einwohner

Sehr geringe Infektionsdosis (102 bis 103 Keime)

Übertragung häufig durch Rindfleisch,
nicht pasteurisierte Milch oder Schmierinfektion

E. coli O157 häufigster Serotyp; Non O157 EHEC
auf dem Vormarsch (O26, O111, O55, O103)

Erreger sind sehr umweltresistent

Inapparente Ausscheider
E. coli O157:H7 – Carriage and Shedding in Cattle
Infection
 Asymptomatic
Shedding
 Highest in warmer months
 Duration of shedding per animal:
~ several weeks to ~ several months
 Quantity of organisms shed:
~ 10 2 to > 10 6 cfu per g feces
Prevalence estimate
 ~ 28% of beef cattle infected (U.S., summer)
72
7.2.6.
EHEC Ausbruch in Norddeutschland
-
Ende Mai 2011 – Anfang Juli 2011
• > 3000 EHEC Erkrankungen (blutige Diarrhoe)
• > 800 HUS Fälle (hämolytisch-urämisches Syndrom)
• 50 Todesfälle
-
Early Warning Robert-Koch-Institut, Berlin 23.05.2011
-
letztes Erkrankungsdatum 04.07.2011
EHEC Ausbruch in Frankreich
-
Ende Juni 2011
• 16 EHEC Erkrankungen
• 8 HUS Fälle
• 11/16 Erkrankten nahmen an einer gemeinsamen Veranstaltung mit Essensverzehr in
Begles teil
 Genomsequenzierung
• Escherichia coli O104:H4
• EAEC (enteroaggregativer E. coli – aggR Gen; daneben die üblichen Pathogenitätsfaktoren
wie Adhäsine, Typ III-Sezernierungssysteme u.a.m.)
• Bakteriophagen-kodiertes Shigatoxin
 Übertragungsmechanismus
• Keine Verbindung zu tierischem Reservoir (z.B. Rinder)
• Kontaminierte Lebensmittel, z.B. Rohkost
• Menschliche Ausscheider
 Infektionsquelle
• Bockshornkleesamen
(Import aus Ägypten, Lot #48088)
7.3.
Salmonellen
7.3.1.
Salmonellen können aufgrund von O- und H-Antigenen in mehr als 2000 verschiedene
Serovare unterteilt werden
 sporenloses, gramnegatives, begeisseltes Stäbchen
 fakultativ anaerob
 O- (Körper, Polysaccharid) und H- (Geissel, Protein) Antigene
7.3.2.
Salmonella spp. und Escherichia coli
 Nach heutigen Kriterien würden Salmonellen und E. coli eine Spezies bilden, da sie eine genomische
Ähnlichkeit von 90% aufweisen
 Salmonella ist überklassifiziert; die vielen verschiedenen „Arten“ sind als Serovare bzw.
Pathovare anzusprechen
Pragmatischer Kompromiss:
Aufteilung der Salmonellen in zwei Gruppen:
i) S. typhi, S. paratyphi
ii) S. enteritidis (über 2000 Serotypen)
73
7.3.3.
Krankheitsbild
 Typhus (S. typhi, S. paratyphi A, B und C)
Septikämisches Krankheitsbild, kleines Keiminokulum ausreichend, Nachweis des Erregers zuerst im
Blut, später im Stuhl; Problem des Dauerausscheiders.
 Gastroenteritis (z.B. S. typhimurium, S. enteritidis, S. panama)
Grosses Keiminokulum > 105 notwendig, natürlicher Schutz durch Azidität des Magens; septikämische Erkrankungen möglich bei Neugeborenen, Säuglingen, resistenzgeschwächten (HIV !) und sehr
alten Patienten; Dauerausscheider selten.
7.3.4.
Nachweis der Salmonellen
 Stuhl
 Blut
 Serologie
-
Stuhlprobe
Blutkultur
Antikörpernachweis über Gruber-Widal-Reaktion, entspricht einer Agglutinationsreaktion; im Prinzip nur bei Typhus, Paratyphus und septikämischen Erkrankungen
sinnvoll
Schema der Isolierung von Salmonellen aus Stuhl (Urin)
Stuhl (Urin)
Selektivnährmedium
flüssiges Anreicherungsmedium
Bebrütung ca. 16 Std. 37°C
von "verdächtigen" Kolonien
(Reinkultur)
Selektivnährmedium
Prüfung der biochemischen
Leistungen durch Beimpfung
geeigneter Differentialnährmedien
Bebrütung ca. 16 Std. 37°C
Auswertung der biochemischen
Leistungen, Antigenanalyse durch
Objektträgeragglutination mit
bekannten Antiseren
7.3.5.
weiterer Gang wie links
Therapie der Salmonellenerkrankung
 Enteritis: symptomatisch
 Typhus: antibiotisch (Dauerauscheider: antibiotisch, Cholecystektomie)
74
7.3.6.
In Nord- und Mitteleuropa werden die typhösen Salmonellen durch Reisende importiert;
die enteritischen Salmonellen kommen in unserer Bevölkerung endemisch und epidemisch vor
Epidemiologie
1) Typhus
Erregerreservoir:
Übertragung:
Inkubationszeit:
Mensch
Wasser- und Lebensmittel
1-3 Wochen
2) Gastroenteritis
Erregerreservoir:
Übertragung:
Inkubationszeit:
Tier
Fleisch (Geflügel)
Eiprodukte
Speiseeis und Milchprodukte
(Problem der Aufbewahrung bei Zimmertemperatur
und Unterbrechung der Kühlkette)
1-3 (5) Tage
 Salmonellenerkrankungen sind meldepflichtig
 Problem des Dauerausscheiders (Küchenpersonal)
7.4.
Neisserien und die Paradigmen der 'Antigenetic Variation', des
'Molecular Mimicry' und des 'Harmful Host Response'
7.4.1.
Definition: Neisserien
- gramnegative, unbewegliche Kokken
- keine Sporenbildung
7.4.2.
N. gonorrhoeae und N. meningitidis sind die beiden humanpathogenen Spezies
der Gattung Neisseria; andere Arten gehören zur Normalflora der Schleimhäute
N. meningitidis
(Meningokokken)
Meningitis
Arthritis
Septicemia
Pneumonia
nonpathogenic Neisseria
7.4.3.
N. gonorrhoeae
(Gonokokken)
Urethritis
Cervicitis
Salpingitis
Septicemia
Arthritis
Conjunctivitis
Pharyngitis
Pelvic inflammatory disease
part of the normal flora
Virulence Determinants
N. meningitidis
antiphagocytic
endotoxin
capsule
LPS
N. gonorrhoeae
Pilin
outer membrane protein
outer membrane porin
outer membrane lipooligosaccharide
transferring / lactoferrin binding proteins
lgA protease
initial binding to epithelial cells
intimate attachment, contributes to invasion of
host cells
interferes with phagolysosome fusion in
granulocytes
elicits inflammatory response, triggers cytokine
release
iron acquisition
digests lgA
 vgl. 2.2.8. ''Beispielhafte Virulenzmechanismen von Bakterien''
75
7.4.4.
Bei der Autolyse gramnegativer Bakterien werden Endotoxine (Lipopolysaccharide)
freigesetzt
Typisches Beispiel: Meningokokken (N. meningitidis)




Freisetzung von Interleukin I und TNF: Fieber
Makrophagenaktivierung
Aktivierung des Komplementsystems
Wirkung auf das Kinin- und das Gerinnungssystem (Vasodilatation, Permeabilitätsstörungen,
Verbrauchskoagulopathie)
 Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom
 vgl. 3.1.2.
''Lipopolysaccharide sind Endotoxine, die bei Autolyse gramnegativer Bakterien freigesetzt
werden''
7.4.5.
Mechanismen der molekularen Variabilität des Pilins von Gonokokken
7.4.6.
Molecular Mimicry
The capsule of Neisseria meningitidis serotyp B consists of polysialic acid, a structure which is
expressed during human embryogenesis in brain (attached to N-CAM)
7.4.7.
Epidemiologie
Übertragung nur durch den Menschen
 Gonokokken (N. gonorrhoeae)
- Geschlechtsverkehr
- sub partu
7.4.8.
 Meningokokken (N. meningitidis)
- Tröpfcheninfektion
Therapie
Gonokokken
 Cephalosporine (häufig Penicillinresistenz aufgrund Penicillinase-bildender Stämme); Chinolone
Meningokokken
 Meningitis: Penicillin G
 Chemoprophylaxe: Rifampicin
76
Tag 8:
Campylobacter (Kayser et al.: S. 320)
Helicobacter pylori (Kayser et al.: S. 321-322)
Tropheryma whipplei (Kayser et al.: S. 236/S. 276)
Chlamydien (Kayser et al.: S. 351-355)
Legionellen (Kayser et al.: S. 325-327)
Coxiellen (Kayser et al.: S. 347-351)
8.
CAMPYLOBACTER, HELICOBACTER PYLORI, TROPHERYMA
WHIPPLEI, CHLAMYDEN, LEGIONELLEN, COXIELLEN
8.1.
Campylobacter
8.1.1
Definition: Campylobacter
- gram-negative, spiralig gekrümmte Stäbchenbakterien
- mehr als 40 Spezies und Subspezies
- am häufigsten C. jejuni, C. coli
Der bedeutendste Verursacher von bakterieller Gastroenteritis in der EU:
-
akute Gastroenteritis, z.B. (blutiger) Durchfall, krampfartige Bauchschmerzen, Fieber
hohe Dunkelziffer >90%
9.2 Millionen Erkrankungen pro Jahr (EU-weit, Schätzung)
2.4 Milliarden Euro jährliche Kosten
90% C. jejuni, 10% C. coli
Infektionsquelle: Geflügel
Chinolonresistenz: Schweiz ~30% / Österreich ~60%
Therapie: Makrolide
8.2.
Helicobacter pylori und das Paradigma unbekannter Infektionskrankheiten
8.2.1.
Definition: Helicobacter pylori
- spiralig gekrümmtes, gramnegatives Stäbchen
- mikroaerophil
77
8.2.2.
Die Geschwürskrankheit wurde früher als primär psychosomatische Krankheit
Betrachtet
Die Geschwürskrankheit
(Ulcus ventriculi et Ulcus duodeni)
(aus: “Lehrbuch der Inneren Medizin“, R. Gross, P. Schölmerich,
Schattauer Verlag, 1977)
Ätiologie und Pathogenese
 keine isolierte Organveränderung, sondern Beeinflussung durch
übergeordnete komplexe Vorgänge
 vegetative Labilität („Ulcusgesicht“)
 Stress (berufliche Belastung)
 fehlerhafte Ernährung (Nikotin, Kaffee, Alkohol)
 Disharmonie zwischen Motilität und Sekretion des Magens
(gestörte Entleerung versus saurer Magensaft)
 „Ohne Säure kein Ulcus“ (Zuckerschwerdt 1935)
Therapie
 Bettruhe
 Antazida
 Parasympatholytika
 Psychosedativa
 Psychotherapie
Problem
 Häufig Rezidive
8.2.3.
Helicobacter pylori und die Geschwürskrankheit
- Hohe Durchseuchung der Bevölkerung (altersabhängig):
mehr als die Hälfte der Menschheit ist infiziert, wird meist im Kindesalter über fäkal-orale
Übertragung erworben und persistiert lebenslang
- Ätiologische Bedeutung in der Genese der Geschwürskrankheit viele Jahre umstritten
 Klärung durch grossangelegte Therapiestudien
Traditionelle Säurehemmung vs. Säurehemmung plus Chemotherapie
 Keimelimination senkt Rezidivhäufigkeit unter 10%
78
8.2.4.
Pathogenitätsfaktoren
-
Adhärenz an Zellen des Magenepithels
Alkalisierung der stark sauren Umgebung durch Bildung von Ammoniak (Urease)
Bildung von Zytotoxinen (z.B. VacA)
H. pylori - Virulence factors
Factor
Function
Distribution
LPS
Inflammation
All strains
VacA
Cytotoxicity
All strains
Urease
Buffers stomach acid
All strains
cag PAI
31 genes coding for
type IV secretion system
Type I strains
(Pathogenitätsinsel)
8.2.5.
Diagnostik
Nichtinvasiv:
- ''Atemtest'': orale Aufnahme von 13C-markiertem Harnstoff, Messung des durch die Urease gebildeten
radioaktiven CO2 in der Atemluft
- Nachweis von Antikörpern (wenig geeignet zur akuten Infektionsdiagnostik)
Invasiv:
- Magenbiopsie
 Nachweis der Urease-Aktivität (Schnelltest)
 Erregernachweis (kulturell, molekulargenetisch)
8.2.6.
Therapie
 Ziel: Keimeradikation
 Tripletherapie:
Antibiotikakombination (z.B. Clarithromycin, Amoxicillin) plus Protonenpumphemmer
(z.B. Omeprazol)
 Resistenzentwicklung, primäre Makrolidresistenz
 Reinfektionsrate < 1% pro Jahr
79
8.3.
Tropheryma whipplei und das Paradigma nicht-kultivierbarer Krankheitserreger
8.3.1.
Der Morbus Whipple ist eine seltene systemische Infektionskrankheit mit
unterschiedlichen Manifestationen
Morbus Whipple
 Vorwiegend Männer im Alter von 30 bis 60 Jahren betroffen
 Systemische Erkrankung
 Anämie, Hautpigmentierungen, Polyarthralgie und Arthritis, Diarrhoe, Maladsorption und Gewichtsverlust
 Im Dünndarm elektronenmikroskopisch grosse Menge von pleomorphen Bakterien nachweisbar
 Prompte Besserung auf antibiotische Therapie
The New England
Journal of Medicine
©Copyright, 1992, by the Massachusetts Medical Society
Volume 327
JULY 30, 1992
Number 5
IDENTIFICATION OF THE UNCULTURED BACILLUS OF WHIPPLE’S DISEASE
DAVID D. RELMAN, M.D., THOMAS M. SCHMIDT, PH.D., RICHARD P. MACDERMOTT, M.D., AND
STANLEY FALKOW, PH.D.
Abstract: Background. Whipple’s disease is a
systemic disorder known for 85 years to be associated with an uncultured, and therefore
unidentified, bacillus.
Methods. We used a molecular genetic approach
to identify this organism. The bacterial 16S ribosomal RNA (rRNA) sequence was amplified directly from tissues of five unrelated patients with
Whipple’s disease by means of the Polymerase
chain reaction, first with broad-range primers and
then with specific primers. We determined and
analyzed the nucleotide sequence of the amplifycation products.
Results. A unique 1321-base bacterial 16S rRNA
sequence was amplified from duodenal tissue of
one patient. This sequence indicated the presence

vgl. 5.1.5.
of a previously uncharacterized organism. We then
detected this sequence in tissues from all 5 patients
with Whipple’s disease, but in none of those from
10 patients without the disorder. According to
phylogenetic analysis, this bacterium is a
grampositive actinomycate that is not closely
related to any known genus.
Conclusions. We have identified the uncultured
bacillus associated with Whipple’s disease. The
phylogenetic relations of this bacterium, its distinct
morphologic characteristics, and the unusual
features of the disease are sufficient grounds for
naming this bacillus Tropheryma whipplei gen.
nov. sp. nov. Our findings also provide a basis for
a specific diagnostic test for this organism. (N Engl
J Med 1992; 327: 293-301)
"Über eine 16S rRNA-Analyse können Mikroorganismen molekularbiologisch
identifiziert werden''
80
8.4.
Chlamydien und das Paradigma obligater Zellparasiten
8.4.1.
Definition: Chlamydien
- gramnegativ
- obligate Zellparasiten
- zwei Formen:
 Elementarkörperchen (ausserhalb der Wirtszelle)
 Initialkörperchen (innerhalb der Wirtszelle)
8.4.2.
Die drei humanpathogenen Spezies der Chlamydiaceae: C. psittaci, C. pneumoniae
und C. trachomatis
Chlamydiaceae
8.4.3.
 C. psittaci
 Pneumonie
 C. pneumoniae
 häufig inapparente Infektion
hohe Durchseuchung
 Infekte des Respirationstraktes (meist milder
Verlauf)
- „Grippeähnliche“ Infekte
- Pharyngitis
- Konjunktivitis
- Bronchitis
- Pneumonie
 C. trachomatis
 Trachom (Keratokonjuktivitis)
 Infektionen des Urogenitaltraktes
 Neugeborenenpneumonie
 Einschlusskonjunktivitis
 Lymphgranuloma venereum
Serovar A-C
Serovar D-K
Serovar D-K
Serovar D-K
Serovar L
Der Vermehrungszyklus von Chlamydien
Infektion mit Elementarkörper ()
 Umwandlung in Initialkörper ( ) und
Vermehrung
 Rückbildung der Initialkörper in
Elementarkörper ()
81
8.4.4.
Diagnostik
Erregernachweis
 Immunfluoreszenz
 Molekulargenetische Verfahren
 Zellkultur
8.4.5.
Therapie
 Makrolide
 Tetrazykline
8.5.
Legionellen
8.5.1.
Definition: Legionellen

natürliches Habitat:
- Feuchtbiotope, z.B. Warm- und Kühlwassersysteme (v.a. Duschköpfe, Luftbefeuchter,
Inhalationskammern, Klimaanlagen, Kühltürme)
- Legionellen können Wassertemperaturen bis 50°C tolerieren; Abtötung durch kurzzeitige
Erhitzung auf 70°C
Natürlicher Wirt: freilebende Amöben (in den Zysten der Amöben entziehen sich die
Legionellen der Chloreinwirkung)

8.5.2.
gramnegative, aerobe Stäbchenbakterien
mehr als 10 humanpathogene Arten beschrieben
Legionella pneumophilia ist der Erreger der Legionärskrankheit
Legionella pneumophila wurde erstmals 1977 beschrieben, nachdem an einem Veteranentreffen der US-Streitkräfte 221 an Lungenentzündung erkrankten und 34 daran starben
Krankheitsbild

-

-
Legionellose, Legionärskrankheit
Pneumonie
Hohes Fieber, Schüttelfrost, "grippeähnliche Symptome", trockener unproduktiver Husten,
Myalgie, Pleuritis, häufig Durchfälle
Lethalität ohne Therapie > 15%
Pontiac Fieber
oft selbstlimitierend
"grippeähnliche Symptome", aber weniger stark als bei Legionellose
Therapie
Makrolide
82
8.5.3.
Lebenszyklus der Legionellen in Amöben und intrazelluläre Vermehrung in
menschlichen Makrophagen  two sides of the same coin?
Pathogenitätsmechanismen
-
8.5.4.
Aus der Sicht von Legionella pneumophila ist die Infektion des Menschen eine
Einbahnstrasse
-
8.5.5.
Vermehrung in professionellen Phagocyten
Hemmung der Phago-Lysosomenfusion
Infektion über Aerosole
Keine Übertragung von Mensch zu Mensch
Robuste Immunantwort ist oft ausreichend, um Infektion zu kontrollieren
Risikofaktoren: Alter, Immunsuppression, chronische Lungenerkrankungen, Chemotherapie
Diagnostik
- Direkte Immunfluoreszenz
- Kultur (Spezialmedien)
- PCR
- Antigennachweis im Urin
(verlässlich nur für L. pneumophila)
83
8.6.
Coxiellen
8.6.1.
Coxiella burnetii – eine Zoonose
- kleine, pleomorphe, gramnegative Stäbchenbakterien
- anspruchsvolle Wachstumsbedingungen

äußerst resistent gegen Austrocknung, Hitze, Kälte und Sonnenlicht, bleiben in getrockneten
Materialien über Monate infektiös

hochkontagiös (≤ 10 Keime)

besonders Erkrankungen in der Nutztierzucht, z.B. Schafe, Ziegen




erkrankte Tiere meist asymptomatisch
Erregerausscheidung mit Kot und Urin
Aborte (massive Erregerausscheidung – Placenta, Amnionflüssigkeit)
menschliche Erkrankungen




Pneumonie (“Q-Fieber“)
Endokarditis
meist über Inhalation, selten kontaminierte Lebensmittel
Diagnose: Serologie, Erregernachweis mittels PCR
84
Tag 9:
Treponema pallidum (Kayser et al.: S. 336-340)
Borrelia burgdorferii (Kayser et al.: S. 342-344)
Anaerobier
Clostridien (Kayser et al.: S. 262-267)
9.
TREPONEMEN, BORRELIEN, ANAEROBIER, CLOSTRIDIEN
9.1.
Treponemen und das Paradigma serologischer Infektionsdiagnostik
9.1.1.
Definition: Treponema
-
9.1.2.
Treponema pallidum, der Erreger der Syphilis, ist der bekannteste Vertreter der
Gattung Treponema




9.1.3.
spiralig gewundene Stäbchenbakterien (Spirochäten)
T. pallidum supsp. pallidum
T. pertenue
T. carateum
zahlreiche apathogene Arten
Lues (Syphilis)
Frambösie
Pinta
Die Syphilis wurde im 15. Jh. aus der Neuen Welt eingeschleppt
 Lues connata
-
Uebertragung von Mutter auf Fetus (diaplacentar)
Abort bzw. schwerkranker Säugling
 Lues
-
Primärstadium (1-8 Wochen nach Infektion):
Ulcus durus, regionäre Lymphadenitis (Primäraffekt, harter Schanker)
Diagnostik: Nachweis der Treponemen im Geschwürsgrund, Serologie
-
Sekundärstadium (4-8 Wochen nach Primäraffekt):
Generalisation, makulöse Exantheme, Condyloma lata
Diagnostik: Serologie
-
Tertiärstadium (Monate bis Jahre nach Primäraffekt):
Organbefall; Neurolues, Tabes dorsalis (Rückenmark), Progressive Paralyse
(Enzephalopathie), Aneurysma
Diagnostik: Serologie
85
9.1.4.
Treponema pallidum kann auf künstlichen Nährmedien nicht kultiviert werden
Serologische Diagnostik
Screening Test
TPHA (Treponema pallidum Hämagglutinationstest)
Bestätigungstest
FTA abs. (Fluoreszenz Treponema Antikörper Adsorptionstest)
Aktivitätsnachweis
VDRL (Veneral Disease Research Laboratory Test)
IgM FTA abs.
9.2.
Borrelia burgdorferi
9.2.1.
Definition und Vertreter der Borrelien
Borrelien sind spiralförmige Bakterien (Spirochäten)
Erreger des Rückfallfiebers:
Borrelia recurrentis
Borrelia duttonii
Borrelia hermsii
Erreger der Lyme-Borreliose:
Borrelia afzelii
Borrelia burgdorferi
Borrelia garinii
9.2.2.
Das Krankheitsbild der Lyme-Borreliose ist vielgestaltig

Stadium I (wenige Tage bis Wochen post infectionem)
Erythema chronicum migrans (Primärläsion)

Stadium II (Wochen bis Monate post infectionem)
Meningoradikulitis, Menigitis, Karditis

Stadium III (Monate bis Jahre post infectionem)
Arthritis, Acrodermatitis chronica atrophicans,
Meningoencephalitis
86
9.2.3.
Die Lyme-Borreliose ist das Paradigma einer Vektor übertragenen Zoonose; die
Übertragung von Borrelia burgdorferi erfolgt durch einen Zeckenstich
Erregerreservoir: Wildtiere, z.B. Nagetier, Fuchs, Rotwild
Übertragung:
Zecken
Zecken als Krankheitsüberträger
Drei Entwicklungsstadien
● Adulte
9.2.4
Eier
(deer and other medium / large mammals)
Larven
(mice, chipmunks and other small mammals)
Nymphen
(mammals, humans)
•
Jedes dieser drei Stadien benötigt zur
Weiterentwicklung eine Blutmahlzeit; Wirtswechsel
•
Möglichkeit der transovariellen Transmission
(selten bei B. burgdorferi, die Regel bei B. hermsii)
Lyme Disease − an epidemiological study (Ostfeld et al., Plos Biol. 2006; 4:e145)
Risk correlates with:





dear abundance
precipitation (current)
growing-season temperature (prior year)
mice, chipmunks abundance (prior year)
abundance of acorn (2 years previously)
weak
weak
weak
strong
strong
]
Larvenstadium
Diagram of Tick Life Cycle - I. scapularis
Ostfeld et al., PLoS Biol 4(6): e145
Adulte
Adulte
Eier
Eier
Larven
Larven
Nymphen
Nymphen
The four life stages, egg, larva, nymph, adult, and the times during the life cycle that both
abiotic GDD (temperature), PPT (precipitation) and biotic (acorns and various hosts)
factors might exert influence. Year t is the year during which nymphal ticks seek hosts,
including humans, and represents the focal year with respect to risk of exposure.
 Ausbreitung der Lyme Borreliose wird wesentlich durch das
Larvenstadium bestimmt
87
9.2.5.
Diagnose

-
Nachweis erregerspezifischer Antikörper
Screening Test, z.B. Hämagglutionationstest
Bestätigungstest mittels Western Blot
Im Gegensatz zu Lues persistieren IgM Antikörper auch bei erfolgreicher Therapie, d.h. IgM Antikörper
können nicht als Marker einer Krankheitsaktivität dienen.
9.2.6
VlsE − ein Hauptantigen für die Borrelien-Serologie
Was ist VlsE und welche Funktion hat es?
VlsE (variable major protein-like sequence, expressed) ist ein Oberflächenprotein von Borrelia burgdorferi.
Nach dem Eindringen in den Wirtsorganismus verändern die Borrelien ständig das auf der Oberfläche exprimierte
VlsE und versuchen so, der Erkennung und Eliminierung durch das Immunsystem zu entgehen.
Das VlsE-Protein unterteilt sich in mehrere Abschnitte:
Konservierte Bereiche, die als Transmembran-Domänen das VlsE in
der Borrelienmembran verankern, sowie variable und invariable
Regionen. Die variablen Regionen des VlsE weisen nach aussen und
werden durch Rekombination ständig variiert, wodurch das
angreifende Immunsystem immer wieder auf neue, veränderte
Antigenepitope trifft. Die invariablen Regionen werden durch die
variablen Regionen verdeckt und sind bei lebenden Borrelien dem
direkten Zugriff des Immunsystems entzogen. Werden abgestorbene
Borrelien von Antigen präsentierenden Zellen prozessiert und somit
das ganze VlsE in Kontakt mit dem Immunsystem gebracht, bildet
der Wirtsorganismus auch Antikörper gegen invariable und
konservierte Bereiche des VlsE. Diese können sich zwar in vivo
VlsE auf der Borrelien-Oberfläche
nicht an die Borrelien binden, da ihre spezifischen Epitope verdeckt
sind, sie eignen sich aber auf Grund der hohen Konservierung
ihrer Zielantigene zur Diagnostik der Borreliose.
Wie kommt die Vielfalt der variablen Regionen des VlsE zustande?
Zur Herstellung des VlsE-Proteins besitzen die Borrelien in ihrem Genom 15 bis 20 sog. “variable major pro-teinlike sequence(vls)-Kassetten”, die gewissermaßen eine Bibliothek genetischer Information darstellen. Sie setzen
sich jeweils aus 12 Genabschnitten zusammen: sechs invariablen Regionen und sechs variablen Regionen. Durch
die Kombination verschiedener Elemente dieser Kassetten kann eine nahezu unbegrenzte Anzahl an
Oberflächenproteinen hergestellt werden, die sich in ihren variablen Regionen unterscheiden (Rekombination). Die
aus den einzelnen vls-Kassetten zusammen-gestellte DNS, die zur Synthese des Proteins genutzt wird, bezeichnet
man als vlsE (E = exprimiert). Sie enthält zusätzlich die Transmembran-Domänen des VlsE-Proteins. VlsE wird
ausschliesslich in vivo exprimiert, Borrelien in Zellkultur exprimieren dieses Antigen nicht.
Literatur: Lawrenz et al., J. Clin. Microbiol. 37: 3997-4004 (1999); Eicken et al., J. Biol. Chem. 277: 2169121696 (2002)
variable Regionen (VR)
VR VR VR
IR
IR IR
VR VR
IR
IR
VR
IR
invariable Regionen (IR)
konservierte Bereiche
(Transmembran-Domänen)

vgl. 7.4.5.
"Mechanismus der molekularen Variabilität des Pilins von Gonokokken''
88
9.2.7.
Prävention
- in Endemiegebieten entsprechende Kleidung im Wald (in Endemiegebieten sind bis zu
10% aller Zecken infiziert; mögliche Doppelinfektionen mit anderen zoonotischen
Krankheitserregern: ''a tick is not a needle'')
- sofortige mechanische Entfernung der Zecke
- Impfung (in Entwicklung)
9.2.8.
Therapie
- Tetracykline oder Amoxicillin (Stadium I,II)
- Cephalosporine (Stadium III)
9.2.9.
Tick-borne bacterial diseases in Switzerland
Pathogen
Disease
Symptoms
Borrelia burgdorferi
Lyme disease, borreliosis
Erythema migrans, fever,
headache, fatigue, neurological
disorders, arthritis.
Francisella tularensis
Tularemia
Cutaneous ulcers,
lymphadenitis, pneumoniae.
Rickettsia spp.
Rickettsioses, spotted
fever
Anaplasma
phagocytophylum
Anaplasmosis
Ehrlichia spp.
Ehrlichiosis
Candidatus Neoehrlichia
mikurensis
Neoehrlichiosis
Emerg. Infect. Dis., 2010
Fever, malaise, weight loss
headache, myalgias.
J. Clin. Microbiol., 2013
89
9.3.
Anaerobier
9.3.1.
Generelles Konzept
Die grobe Unterteilung der Bakterien in anaerobe, aerobe oder fakultativ anaerobe Bakterien basiert auf der Art
und Weise, wie Bakterien für das Wachstum und andere Aktivitäten Energie gewinnen. Aerobe Bakterien
benötigen zwingend molekularen Sauerstoff als terminalen Elektronenakzeptor. Im Gegensatz dazu können
anaerobe Bakterien nicht wachsen, wenn Sauerstoff vorhanden ist; Sauerstoff ist giftig für sie und sie sind
abhängig von anderen terminalen Sauerstoffakzeptoren. Ihr Metabolismus ist oft fermentativ, sie reduzieren
organisches Material zu verschiedenen Endprodukten, wie organischen Säuren und Alkohol. Die fakultativ
anaeroben Bakterien schliesslich sind die häufigsten. Sie bevorzugen Sauerstoff als terminalen
Elektronenakzeptor; sie können aber auch wachsen, wenn Sauerstoff fehlt, indem sie andere Stoffe reduzieren.
Aerobe Bakterien können nur wachsen, indem sie sich vor der Toxizität von Sauerstoff schützen (Superoxid
Dismutase, Katalase, Peroxidase). Obligat anaerobe Bakterien besitzen diese Abwehr nicht; deshalb können sie in
Luft nicht überleben.
Infektionen mit anaeroben Bakterien sind meist verbunden mit der Abwesenheit von Sauerstoff an der betroffenen
Stelle: z.B. Abszesse, devitalisiertes Gewebe und Fremdkörper.
Verhalten der Bakterien gegenüber Luftsauerstoff
Gruppe
Stoffwechseltyp
obligat aerob
aerobe Oxidation
fakultativ anaerob
aerobe Oxidation
obligat anaerob
9.3.2.
O2 ist notwendig zur Oxidation
des org. Substrats zu CO2 und
H2O
Gärung oder anaerobe
Atmung
verläuft ohne O2, organische
Endprodukte entstehen
Gärung
O2 ist toxisch
Klassifikation anaerober Bakterien
Sporenbildner
 Grampositive Stäbchenbakterien
Clostridium
Keine Bildung von Sporen
 Grampositive Stäbchenbakterien
u.a. Actinomyces
 Grampositive Kokken
u.a. Peptostreptococcus
 Gramnegative Stäbchenbakterien
u.a. Bacteroides
Capnocytophaga
Fusobacterium
 Gramnegative Kokken
Veillonella
90
9.3.3.
The longitudinal distribution making up the normal flora of the human
gastrointestinal tract
distribution of bacteria in the intestine
Lactobacilli
1
Lactobacilli
Streptococci
Enterobacteriaceae
Bacterioides ssp.
2
3
4
Bacteroides ssp., Fusobacterium ssp.,
Clostridium ssp., Bifidobacteria
Enterobacteriaceae
Enterococci
Lactobacilli, S. aureus, Streptococci,
Pseudomonas
Bacteroides spp., Bifidobacteria,
Enterobacteriaceae
Enterococci
1: very low (103-105/g)
2: low (105-108/g)
3: medium (108-1010/g)
4: high (>1010/g)
9.3.4.
Infektionen mit anaeroben Bakterien sind häufig Mischinfektionen
common locations of infections involving anaerobic bacteria
91
9.3.5.
Pathogenitätsfaktoren
9.3.6.
Therapie
 Geringe Invasivität, geringe Virulenz
- Abszesse durch Anaerobier sind immer Mischinfektionen
 Ortsständig wirkende Exotoxine
 Cytotoxine
 Chemotherapie
- Metronidazol
- Clindamycin
- Betalaktam + Laktamaseinhibitor
(Ampicillin / Sulbactam für leichtere Infektionen, z.B. Sinusitis; Piperacillin / Tazobactam für
schwere Infektionen, z.B. Peritonitis)
- Carbapeneme (nur für schwere Infektionen)
 Infektionen mit Anaerobiern sind immer Mischinfektionen, aerobe / fakultativ anaerobe Begleitflora
nicht vergessen ! (z.B. Standardtherapie der Peritonitis: Piperacillin / Tazobactam, Aminoglykosid)
 Chirurgische Sanierung
9.4.
Clostridien
9.4.1.
Definition: Clostridien
 obligat anaerobe, grampositive Sporenbildner
mehr als 50 Arten, davon ein Teil menschen- und tierpathogen
9.4.2.
Epidemiologie
Clostridien sind ubiquitär vorhanden und werden in der Erde und
im Verdauungstrakt von Mensch und Tier gefunden
9.4.3.
Klinische Manifestation
 Gasbrand (Gewebsnekrose)
- Wundinfektion
C. perfringens
C. novgi
C. septicum
C. histolyticum
 Tetanus (Starrkrampf)
- Wundinfektion
C. tetani
 Pseudomembranöse Colitis
- Fehlbesiedlung des Darms
C. difficile
 Botulismus
C. botulinum
- Nahrungsmittelvergiftung
- Wundbotulismus
- Säuglingsbotulismus
92
9.4.4.
Clostridienerkrankungen sind Toxinerkrankungen
Mikroorganismus
Toxin
Wirkung
Clostridium
perfringens
-Toxin
Clostridium
perfringens
Clostridium
tetani
o-Toxin
Phospholipase C
(Wirkung auf Zellmembran)
Hämolysin
Clostridium
difficile
Enterotoxin A
(Tcd A)
Clostridium
botulinum

9.4.5.
Toxin
Bedeutung in vivo
Toxikämie,
Zellnekrose,
Hämolyse
Zellnekrose
Hämolyse
Blockiert Wirkung überschiessende
Aktion motorischer
hemmender
Neurone, MuskelNeurone
krampf
Wasser- und
GlykosyltransElektrolytverlust im
ferase
Darm
Zytotoxin B
(Tcd B)
Glykosyltransferase
zytotoxisch
Toxin
blockiert Acetylcholinfreisetzung
neurotoxische
Wirkung, Lähmungen
vgl. 2.2.6. ''Beispiele sezernierter Toxine bei Bakterien''
Gasbrand und Clostridium ssp.
Gasbrand
Toxine entfalten cytotoxische, proteolytische und gewebsschädigende Wirkung
 Muskelzerfall, Nekrosen, Hämolyse, Endothelzellschädigung mit Ödem
 Voraussetzung: anaerobe Verhältnisse, d.h. verschmutzte, tiefe Wunden mit schlechter
Durchblutung, Fremdkörper, häufig Mischinfektionen
 Prophylaxe: chirurgische Wundtoilette
 Diagnostik: - klinisch
- Mikroskopie
- Kultur (nur zur Bestätigung)
 Therapie: - Antitoxin, hyperbare Oxigenierung, chirurgische Sanierung (Amputation)
 wichtig für Diagnose: Gasbrand kann sich rasch ausbreiten und innerhalb weniger Stunden zum
Tod führen
93
9.4.6.
Tetanus und Clostridium tetani
Tetanus
Tetanustoxin blockiert Wirkung hemmender Neurone im Rückenmark
 überschiessende Aktion motorischer Neurone, Muskelkrampf
 Voraussetzung: anaerobe Wundverhältnisse
 Prophylaxe: - chirurgische Wundtoilette
- Impfung (aktiv und passiv)
 Diagnostik: - klinisch
- Toxinnachweis (Tierversuch)
- adäquate Überwachung, symptomatische Massnahmen,
 Therapie:
z.B. künstliche Beatmung, Muskelrelaxation
9.4.7.
Pseudomembranöse Colitis und Clostridium difficile
Pseudomembranöse Colitis
Toxine wirken zytotoxisch und führen zu Wasser- und Elektrolytverlust im Darm
 Voraussetzung:
 Diagnostik:
 Therapie:
Fehlbesiedelung des Darms
 postantibiotische Colitis
- Endoskopie
- Toxinnachweis (ELISA, Zellkultur)
Metronidazol (Vancomycin per os)
Therapierefraktäre Clostridium difficile Infektion – rezidivierende Episoden einer pseudomembranösen
Enterocolitis
 trotz mehrwöchiger Therapie mit Vancomycin kommt es nach Abschluss der Antibiotikatherapie immer
wieder zu rezidivierenden “Schüben“ einer Enterocolitis
•
•
unter Antibiotikatherapie sind weder Erreger noch Toxin nachweisbar
im Rezidiv sind jeweils Erreger und Toxin nachweisbar
 was geht hier vor?
•
Resistenzentwicklung?
•
Exogene Reinfektion?
•
Genetische Prädisposition?
•
Versagen der “Kolonisationsresistenz“?
(mikrobielle Ökologie)
-
die pseudomembranöse Enterocolitis ist primär eine endogene Infektion im Gefolge einer
Antibiotikatherapie (auch wenn nosokomiale Infektionen beschrieben sind)
-
die antibiotische Therapie greift die vegetativen Erregerformen an, nicht aber die Sporen
-
auf diesem pathogenetischen Konzept aufbauende Therapiemöglichkeiten
94
9.4.8.
Botulismus und Clostridium botulinum
Clostridium botulinum
(botulus = Wurst)
 Ubiquitär im Erdreich und in marinen Sedimenten vorkommend sowie teilweise im Darmtrakt
von Tieren (z.B. Rinder, Geflügel)
 Sporen sind hitzeresistent (mehrstündiges Kochen); Abtötung durch gesättigten Wasserdampf
(ca. 120C, 30 min.)
Botulismustoxin
 Bakteriophagen kodiert (Serotyp C,D)
- nicht alle Isolate von C. botulinum produzieren das Neurotoxin
- obwohl C. botulinum der mit Abstand häufigste Toxinproduzent ist, können vereinzelt auch andere
Clostridienarten dieses Toxin produzieren, i.e. C. baratii, C. butyricum
COOH
10 kDA
Vorläufertoxin
S
S
Aktivierung durch
proteolytische Spaltung
NH2
COOH
S
S
NH2
schwere Kette
(Rezeptorbindung)
NH2
COOH
leichte Kette
(enzymatische Aktivität)
Botulismustoxin

Neurotoxin; antigenetisch werden sieben Toxintypen unterschieden (A-G)
-
Botulismus des Menschen (A, B, E, F)
Tierischer Botulismus: Rinder, Geflügel (C, D)

Toxin hitzelabil; Inaktivierung durch 1 bis 5 min. Kochen oder 5-30 min. 800C

Neurotoxin blockiert die Acetylcholin-vermittelte Signalübertragung (z.B. motorische
Endplatte, parasympathische Synapsen)
Klinische Formen des Botulismus
Nahrungsmittelvergiftung
Intoxikation; Verzehr von nicht genügend konservierten oder verdorbenen Nahrungsmitteln; Bildung
des Toxins unter anaeroben Bedingungen, z.B. fehlerhaft sterilisierte Konserven, unsachgemäss haltbar
gemachte Fisch- und Fleischprodukte (Wurst, Schinken)
Wundbotulismus
tiefe, verschmutzte Wunden mit anaeroben Verhältnissen; lokale Vermehrung des Erregers und
Toxinproduktion
Säuglingsbotulismus
Aufnahme von Sporen; Vermehrung des Erregers und Toxinproduktion im Gastrointestinaltrakt
(fehlende Kolonisationsresistenz); milder bis paralytischer Verlauf; geringe Letalität < 1%
95
Nahrungsmittelvergiftung
C. botulinum im
Nahrungsmittel
Toxinproduktion
orale
Aufnahme des Toxins
Wundbotulismus
Kontamination der Wunde
mit C. botulinum Sporen
Säuglingsbotulismus
Aufnahme von
C. botulinum Sporen
TOXIN IN DER
BLUTBAHN
Vermehrung von
C. botulinum und
Toxinproduktion
Vermehrung von
C. botulinum im
Gastrointestinaltrakt
und Toxinproduktion
HEMMUNG DER
ACETYLCHOLINVERMITTELTEN
SIGNALÜBERTRAGUNG
Körperliche Untersuchung und Anamnese
 typische durch das Neurotoxin ausgelöste Krankheitszeichen
zusätzlich:
Nahrungsmittelvergiftung:
 häufig Übelkeit, Erbrechen und Schwindel
 in der Regel nur spärliche epidemiologische Hinweise, da nur
wenige Personen betroffen
Wundbotulismus:
 Hinweis auf Trauma; entsprechende Verletzung
Säuglingsbotulismus:
 typisches Alter (2-12 Monate)
 allgemeine Muskelschwäche („floppy infant Syndrom“)
 Obstipation
Klinik
 Neurologische Symptome meist bilateral, beginnend mit Hirnnerven:
- Lähmungserscheinungen der Augenmuskulatur (Lichtscheu, Doppelsehen,
Akkomodations-Störungen, Pupillenstarre)
- Mundtrockenheit, Schluck- und Sprechschwierigkeiten (Dysarthrie, Dysphagie)
- Fortschreitende Lähmung der Stamm- und Extremitätenmuskulatur
- Atemlähmung durch Paralyse der Zungen-, Pharynx- oder Zwerchfellmuskulatur
 Keine sensorischen Verluste; Sensorium bleibt voll erhalten
 Kein Fieber, normale Pulsfrequenz, normaler Liquor, kein Meningismus, keine
Pyramidenbahnzeichen
96
Mikrobiologische Diagnose
Nahrungsmittelintoxikation
 Nachweis des Toxins aus Mageninhalt, Serum oder Speiseresten
 Kultureller Nachweis des Erregers aus verdächtigen Nahrungsmitteln
Wundbotulismus
 Nachweis des Toxins aus Serum
 Kultureller Nachweis des Erregers aus infizierter Wunde
Säuglingsbotulismus
 Nachweis des Toxins aus Faeces oder Serum
 Kultureller Nachweis des Erregers aus Faeces
Prophylaxe
Nahrungsmittelintoxikation
 Lebensmittelhygienisches Problem
 Fachgerechtes Sterilisieren von Konserven
 Fachgerechte Zubereitung geräucherter oder gesalzener Fisch- und Fleischwaren
 Ausreichendes Erhitzen von Speisen
Wundbotulismus
 Chirurgische Wundtoilette
Säuglingsbotulismus
 Verzicht auf bestimmte biologische Nahrungsmittel in den ersten sechs Lebensmonaten,
z.B. Honig
Therapie
 Nahrungsmittelintoxikation
- Magenspülung zur Entfernung restlichen Toxins
- Gabe von polyvalentem (A, B, E oder A, B, C, D, E, F) Antitoxin
 Wundbotulismus
- Chirurgische Wundtoilette
- Gabe von Antitoxin
- Antibiotikatherapie, z.B. Penicillin
 Säuglingsbotulismus
- (Antibiotikatherapie)
 Cave Komplikationen: Aspirationspneumonie, Atemlähmung
 Adäquate Überwachung und symptomatische Massnahmen, z.B. künstliche
Beatmung und andere intensivmedizinische Interventionen reduzieren die
Letalität auf unter 10%
97
9.4.9.
Wirkmechanismen clostridialer Neurotoxine
Transcytosis
Schematic view of a mammalian motor neuron and an interacting
spinal inhibitory interneuron
TenT
The sites of action of tetanus (TeNT) and botulinum neurotoxins
(BoNTs) are shown, together with their specific intracellular trafficking
route. At the neuromuscular junction (NMJ), NTs are internalized in
synaptic endosomal compartments, BoNT remains in the periphery.
TeNT is sorted to the retrograde transport pathway. Both cytoskeletal
elements, microtubules and actin microfilaments, are required for fast
retrograde transport of TeNT in motor neurons. Crosses indicate the
preferential sites of neuro-transmitter release inhibition caused by
BoNTs (NMJ) and TeNT (inhibitory interneuron synapse of the spinal
cord).
Retrograde
TeNT
carriers
TenT
T
Transcytosis
TenT
TeNT
Retrograde
transport
The four-step cellular mechanism of action of clostridial neurotoxins. Similar to other bacterial protein toxins of the
A-B family, tetanus (TeNT) and botulinum neurotoxins (BoNTs) follow a four-step mechanism to enter and inhibit
neurons: membrane binding (1), internalization (2), translocation (3) and intracellular action (4). (1) Clostridial
neurotoxins bind to polysialogangliosides, including GT1b, and specific proteins on the surface of neuronal cells.
These lipid and protein receptors cluster in lipid microdomains, which are enriched in cholesterol and sphingolipids.
In neuronal cells, TeNT binds polysialo-gangliosides and GPI-anchored proteins, including Thy-1, within lipid rafts.
(2) Neurospecific binding is followed by internalization and sorting to specific intracellular routes which differ for
BoNTs and TeNT. TeNT enters non-acidified carriers that are recruited to the fast retrograde transport pathway and
then reaches adjacent inhibitory interneurons via transcytosis. BoNT-containing endocytic structures instead remain
at the neuromuscular junction. (3) Upon arrival at their final destination, the light (L) chain has to cross the
endocytic membrane to reach the cytoplasm. This translocation process is assisted by the N-terminal portion of the
heavy chain (HN) and is triggered by acidification of the endosomal lumen. Acidic pH triggers a conformational
change in the HN domain enabling its insertion into the lipid bilayer and the formation of a trans-membrane channel
large enough to accommodate the unfolded L chain. (4) Different L chains specifically cleave distinct members of
the SNARE family. TeNT (T) and BoNT serotype B, D, F and G act on VAMP/synaptobrevin localized on SV.
BoNT-A and E cleave SNAP-25, where BoNT-C cleaves both syntaxin 1 and SNAP-25, two proteins of the presynaptic plasma membrane.
98
Mykobakterien (Kayser et al.: S. 277-286)
Pilze (Kayser et al.: S. 360-387)
Tag 10:
10.
MYKOBAKTERIEN, PILZE
10.1.
Mykobakterien
10.1.1.
Definition: Mykobakterien
-
säurefeste, unbewegliche
Stäbchenbakterien
obligat aerob wachsend (?)
lipidreiche, mykolsäurehaltige Zellwand
-
Aufbau der mykobakteriellen Zellwand
Exrazellulärraum
Glykolipide
Lipoarabinomannan
Mykolsäuren
Arabinogalaktan
Peptidoglykan
Phosphatidylinositolmannosid
Membran
Protein
10.1.2.
Zytoplasma
Mykobakterien werden eingeteilt in Mycobacterium tuberculosis complex (M. tuberculosis,
M. bovis, M. africanum, M. canetti, M microti) und nichttuberkulöse Mykobakterien;
molekularbiologische Methoden erleichtern die Unterscheidung
Obligat Pathogen
Fakultativ Pathogen, z.B.
Mycobacterium africanum
Mycobacterium bovis
Mycobacterium tuberculosis
Mycobacterium leprae
Mycobacterium ulcerans
Mycobacterium abscessus
Mycobacterium avium
Mycobacterium chelonae
Mycobacterium fortuitum
Mycobacterium genavense
Mycobacterium haemophilum
Mycobacterium interjectum
Mycobacterium intracellulare
Mycobacterium kansasii
Mycobacterium malmoense
Mycobacterium marinum
Mycobacterium mucogenicum
Mycobacterium paratuberculosis
Mycobacterium peregrinum
Nichtpathogen, z.B.
Mycobacterium gordonae
Mycobacterium phlei
99
10.2.
Klinische Manifestation der Tuberkulose

10.2.1.
Tuberkulose manifestiert sich meistens im unteren Respirationstrakt und führt zu chronisch produktivem
Husten, Fieber, Nachtschweiss und Gewichtsverlust
Tuberkulöse Mykobakterien werden über Tröpfcheninfektion übertragen;
Reservoir ist der erkrankte Mensch
Pathogenitätsfaktoren M. tuberculosis
-
10.2.2.
Lipidreiche Zellwand vermittelt Schutz gegenüber reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffmetaboliten
Arretierung der Phagosomenreifung
Intrazelluläre Persistenz
Nur 5-10% der infizierten Individuen entwickeln das Krankheitsbild der Tuberkulose
Primärtuberkulose
Primärtuberkulose
aerogen
2–3
Wochen
10%
Jahre (50% - 75% 1-2 Jahre
post infectionem) bis Jahrzehnte
Primäraffekt
Befall der lokalen Lymphknoten
(Primäraffekt und Lymphknoten
bilden den Primärkomplex,
Ghon'scher Komplex)
lymphogene / hämatogene
Aussaat
2–3
Monaten
Postprimärtuberkulose
Postprimärtuberkulose
Miliartuberkulose
lokalisierte
Streuherde
(bei ungenügender
Immunität)
(oft Simon'sche
Spitzenherde)
verkäsende Nekrose,
Kaverne
Granulom
(am Ort des
Primäraffekts)
Vernarbung,
Verkalkung
Abheilung
(90%)
extrapulmonale
Organtuberkulose
(hämatogene Streuung)
offene
Lungentuberkulose
Reaktivierung
Streuung über
Bronchialsystem
Daten zur Epidemiologie
 Infectivity depends on the bacterial load:
50 per cent of 0-14 year old household contacts of smear positive cases become infected, but only
5 per cent when the contact is culture positive but smear negative
 5 to 15 per cent of infected people develop active disease
 30 to 50 per cent of those with active disease become infectious, i.e. smear positive
 If 10 per cent of those infected develop active disease and 50 per cent of those with active disease
themselves become infectious, it would be necessary for one case to infect 20 people in order to
produce another infectious case and maintain the same level of infection in the population
100
10.2.3.
Risikofaktoren für Tuberkulose
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Armut und sozialer Status
allgemein abwehrschwächende Faktoren, z.B. Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, Alter, Kachexie
HIV Infektion
Autoimmunerkrankungen (iatrogene Immunsuppression)
Angeborene Immundefizienz
Onkologische Erkrankungen
Tuberkuloseinzidenz in Risikogruppen
Risikogruppen
Obdachlose (Glasgow)
Obdachlose (Boston)
Gefängnisinsassen (New York)
Altersheimbewohner (tuberkulinpositiv bei Aufnahme)
Altersheimbewohner (Tuberkulinkonverter)
Tuberkulinpositive Flüchtlinge aus Indochina
- alle Altersgruppen
- > 65 J.
Dialysepatienten (San Francisco)
Ostindische Dialysepatienten (London)
AIDS Patienten (Haiti)
Inzidenz
(pro 100.000)
1.946
317
105
2.400
5.900
926
7.160
5.800
25.000
60.000
(aus: Haas, D.W., R.M. Des Prez. „Mycobacterium tuberculosis“. In „Principles and practice of infectious diseases“, Eds.
Mandell, G.L., J.E. Bennett, R. Dolin, 4th Edition, Churchill Livingstone, New York, U.S.A., 1995, p. 2213-2242
10.2.4.
Die Diagnose einer Tuberkulose basiert auf der klinischen Manifestation und dem
Nachweis säurefester Stäbchenbakterien im Sputum
1. Mikroskopie, z.B. Ziehl-Neelsen-Färbung, Auramin-Färbung
Vorteil:
Nachteil:
 schnell
 mangelnde Sensitivität (> 104 Keime/ml)
 keine Speziesdiagnose
 Verwechslung mit anderen säurefesten Bakterien
2. Kultur
Vorteil:
 sensitiv (≥ 10 Keime/ml)
 Möglichkeit der Speziesidentifikation
 Möglichkeit der Resistenztestung
Nachteil:
 sehr langwierig (ca. 3-8 Wochen)
3. Molekulare Nachweisverfahren
Vorteil:
 schnell
 sensitiv
 Möglichkeit der Speziesidentifikation
 Möglichkeit der Resistenztestung
101
Ausgangsmaterial
Anreicherung und Abtötung der Begleitkeime bei nichtsterilen
Untersuchungsmaterialien, z.B. Sputum, Magensaft, Urin
Direktpräparat
(säurefeste
Stäbchenbakterien)
Molekulargenetischer
Keim- und
Resistenznachweis
Kultur
Differenzierung
(biochemisch,
molekulargenetisch)
Resistenzbestimmung
(phänotypisch,
molekulargenetisch)
Mantoux Test
- Zelluläre Immunreaktion (positiv 6-8 Wochen nach Infektion)
- Ablesung nach 48-72 h
 Eine positive Reaktion besagt, dass der Patient Kontakt mit Tuberkuloseerregern hatte (frühere
Infektion) oder mit BCG aktiv geimpft wurde
 mittlerweile gibt es auch Tests, welche die zelluläre Immunreaktion in-vitro messen
(Stimulation peripherer Blutlymphozyten mit M. tuberculosis-Proteinen)
10.2.5.
Tuberkulostatika und Behandlung der Tuberkulose
Standardtuberkulostatika
Therapie der Tuberkulose
 Isoniazid
 Rifampicin
 Streptomycin
 Ethambutol
 Pyrazinamid
 unkomplizierte Lungentuberkulose
Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid für
2 Monate, gefolgt von Isoniazid und Rifampicin für
weitere 4 Monate
 komplizierte Lungentuberkulose, tuberkulöse
Meningitis, Miliartuberkulose
Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Streptomycin
für 2 Monate, gefolgt von Isoniazid und Rifampicin für
6-9 Monate
102
10.2.6.
Chemotherapie
Kontrolle des Therapieerfolgs
- bei mikroskopisch positiven Ausscheidern: Negativierung (meist nach 1 Monat)
- bei nur kulturell positiven Ausscheidern: Negativierung (meist nach 1 Monat)
Problem der nicht adäquat durchgeführten Chemotherapie ist die Resistenzentwicklung!
 Die Resistenz ist ausschliesslich chromosomaler Natur und beruht auf sich zufällig ereignenden,
spontanen Mutationen, z.B.
Isoniazidresistenz 10-8
Rifampicinresistenz 10-8
Streptomycinresistenz 10-8
 Die Wahrscheinlichkeit einer gleichzeitigen Resistenz gegen Isoniazid, Rifampicin und Streptomycin
ist 10-24
 Kombinationstherapie
1. zur Vermeidung einer Resistenzentwicklung
2. aufgrund synergistischer Wirkung
10.2.7.
Impfung
Abgeschwächter Lebendimpfstoff, M. bovis BCG
 die Impfung sollte im Neugeborenen- bzw. Säuglingsalter erfolgen (Impferfolg bei erstmaliger
Impfung im Erwachsenenalter unsicher; im Erwachsenenalter muss vor einer BCG Impfung eine
Tuberkulintestung durchgeführt werden, um überschiessende Impfreaktionen zu vermeiden)
 verhindert relativ zuverlässig Miliartuberkulose sowie tuberkulöse Meningitis; ansonsten Wirksamkeit umstritten, in Europa 7-20 mal niedrigere Infektionsrate als bei Nichtgeimpften
 kontroverse Diskussion über Vor- und Nachteile einer BCG-Impfung (schwere disseminierte BCG
Infektionen bei Kindern mit angeborenen Immundefekten; Tuberkulintestung als diagnostisches
Instrument wird aussagelos)
10.2.8.
Expositions- und Dispositionsprophylaxe der Tuberkulose
1. Mundschutz (Tröpfcheninfektion)
2. Chemoprophylaxe (6 Monate Isoniazid)
bei engem Kontakt, z.B. Familienangehörige, Altersheim
bei Serokonversion
10.2.9.
Tuberkulose und Abwehr
•
hohe genetisch determinierte natürliche Immunität
 Problem der genetisch Empfindlichen
•
keine zuverlässige post-infektiöse Immunität
 Problem für Impfstoffentwicklung, siehe Problematik der BCG Impfung
103
10.3. Nichttuberkulöse Mykobakterien kommen ubiquitär vor
Risikofaktoren für Infektionen mit nichttuberkulösen Mykobakterien
1. Angeborene und erworbene Immundefizienzen (SCID, HIV-Infektion), iatrogene Immunsuppression
(Transplantation, Autoimmunerkrankungen, Zytostatikatherapie)
2. Chronisch pulmonale Erkrankungen (z.B. Bronchiektasien, Zystische Fibrose, Silikose, Emphysem)
3. Fremdkörperimplantation (z.B. Mammaplastik)
4. Mangelhafte Asepsis (z.B. Wundversorgung, Spritzenabszess)
5. Chirurgische Eingriffe (z.B. Herzklappenersatz, Osteotomie)
Durch nichttuberkulöse Mykobakterien verursachte Krankheitsbilder
(Angabe der häufigsten Krankheitserreger)
Lungenerkrankungen
M. avium, M. intracellulare, M. kansasii, M. chelonae,
M. abscessus, M. xenopi, M. malmoense
Lymphadenitiden
M. avium, M. malmoense, M. interjectum, M. lentiflavum
Haut- und Weichteilinfektionen
M. marinum, M. ulcerans, M. chelonae, M. abscessus,
M. haemophilum
Knochen- und Gelenkinfektionen
verschiedene nichttuberkulöse Mykobakterien
Disseminierte Infektionen
M. avium, M. genavense
Wund- und Fremdkörperinfektionen
M. chelonae, M abscessus, M fortuitum
Chemotherapeutische Behandlung von Infektionen durch langsamwachsende
nichttuberkulöse Mykobakteriena
Chemotherapeutika mit Aktivität gegen
nichttuberkulöse Mykobakterien
Therapie
 Makrolide (Clarithromycin, Azithromycin,
Roxithromycin)
 2-Deoxystreptamine (Amikacin, Kanamycin)
 Rifabutin (ein lipophiles Derivat des
Rifampicins)
 Chinolone (Moxifloxacin)
 Ethambutol
Clarithromycin, Rifabutin und Ethambutol für
6-12 Monate (ggf. zusätzlich Amikacin für die
ersten 2-3 Monate)
a
z.B. M. avium, M. intracellulare, M. kansasii, M. genavense, M. xenopi, M. malmoense, M. interjectum, M. lentiflavum,
M. haemophilum

Die Chemotherapie von Infektionen durch schnellwachsende nichttuberkulöse Mykobakterien
(z.B. M. abscessus complex, M. chelonae, M. fortuitum) ist problematisch
-
sichere Aktivität haben meist nur 2-Deoxystreptamine und Chinolone
Rifabutin und Ethambutol sind prinzipiell unwirksam
Makrolide sind unwirksam bei M. fortuitum und bestimmten Subspezies von M. abscessus
(erm Gen)
Therapie bleibt den Spezialisten vorbehalten (Speziallabor mit entsprechender Expertise,
enge Zusammenarbeit mit Infektiologen)
104
10.4.
Pilze
10.4.1.
Definition: Pilze
-
eukaryotisch
obligat aerob und fakultativ anaerob
abhängig von exogenen, organischen Kohlenstoffquellen
nicht zur Photosynthese befähigt
Zytoplasmamembran enthält Sterole
starre Zellwand, die aus Polymeren von Kohlenhydraten besteht (Glucan, Mannan, Chitin,
Cellulose)
morphologisches Grundelement: Hyphe und Sprosszelle
1. Vegetative Entwicklungsphase
- Wachstum durch Hyphenbildung
- Wachstum durch Sprossbildung
2. Fruktifikative Entwicklungsphase (asexuelle versus sexuelle Vermehrung)
- asexuelle Reproduktionsorgane:
aufgrund bestimmter Signale kommt es zur Ausbildung spezieller Sporen (Konidien, Sporangiosporen, Arthrosporen, Blastosporen), die als asexuelle Sporen bezeichnet werden  entsprechen
haploiden Genomen ohne Kernphasenwechsel
- sexuelle Reproduktionsorgane:
die sexuelle Vermehrung geht mit Meiose einher: Verschmelzung zweier haploider Genome 
Bildung einer diploiden Zygote  Meiose und Bildung von 4 haploiden Kernen  Sporenbildung
(Askosporen, Zygosporen, Basidiosporen)
1a:
1b:
2:
septierte Hyphe mit Verzweigungen
Myzel
Sprossformen
105
10.4.2.
Anatomische Lokalisation von Pilzinfektionen




10.4.3.
Oberflächlich
Haut
Subkutan
Systemmykosen (Organbefall)
- opportunistische Systemmykosen
- primäre Systemmykosen
Barrieren, die Pilzinfektionen entgegenwirken
 Haut und Schleimhaut als mechanische Barriere
 Kolonisationsresistenz durch bakterielle Schleimhautflora
 Neutrophile Granulozyten (unspezifische Immunität)
 Zelluläre Immunität (spezifische Immunität, T-Zellen)
10.4.4.
Übersicht über die medizinisch wichtigsten Pilze
Pilzgruppe
1. Sprosspilze (Hefen)
Candida albicans
Candida tropicalis
Candida pseudotropicalis
Candida parapsilolis
Candida krusei u.a.
Torulopsis glabrata
Cryptococcus neoformans
Malassezia furfur
2. Schimmelpilze
Aspergillus fumigatus
Aspergillus niger u.a.
Mucor-Arten
Rhizopus-Arten u.a.
Scopulariopsis
Cladosporium
Madurella
3. Dermatophyten
Trichophyton rubrum
Trichophyton mentagrophytes
Trichophyton schoenleinii u.a.
Microsporum canis
Microsporum audouinii
Microsporum gypseum u.a.
Epidermophyton floccosum
4. Dimorphe Pilze
Coccidioides immitis
Paracoccidioides brasiliensis
Blastomyces dermatitidis
Histoplasma capsulatum
Sporothrix schenckii
bevorzugt befallene Organe
Haut, Schleimhäute (“Soor”), bei
Abwehrschwäche Organmykosen, Sepsis
Lunge, Gehirn
Haut (Pityriasis)
Lunge, Ohr
Ohr, Nebenhöhlen
Gefässe
geschädigte Nägel
Hirnabszesse, Verletzungsmykosen
Verletzungsmykosen
Haut, Nägel, Haare
Favus (Kopfhaare, -haut)
Haare, Kopfhaut, Haut
Haut
Lunge, Hirnhaut
Mundhöhle, Lunge
Lunge, Haut, Knochen
Lunge
nach Verletzungen: Geschwüre,
Abszesse, Lymphangitis
106
10.4.5.
Candida

meist endogene Infektion
Oberflächliche Infektion
 Soor (Haut, Schleimhäute)
 Ösophagitis
 Nagelmykose
Organmykosen
 Pneumonie
 Peritonitis
 Endokarditis
 Sepsis
 Katheterassoziierte Infektionen
 Meningitis (Fremdkörper)
 Osteomyelitis
 Endophtalmitis
Predisposing Factors for Candida Infections
Burns
Local occlusion
Obesity
Extremes of age
Diabetes mellitus
Malignancy (especially hematologic)
Immunodeficiency states (chronic granulomatous disease, neutropenia, AIDS)
Indwelling catheters
Corticosteroids and other immunosuppressive agents
Antibacterial antibiotics (especially broad-spectrum)
10.4.6.
Schimmelpilze
 primär exogene Infektion (ubiquitär vorhanden)
aerogene Aufnahme von Sporen (cave Baustellen !)
 Allergische bronchopulmonale Aspergillose
 Aspergillom (Nasennebenhöhlen, Lunge)
 Invasive pulmonale Aspergillose
 Expositionsprophylaxe für KMT Patienten (HEPA-Filter, Umkehrisolierung)
nichtaerogene Aufnahme (meist Folge einer Verletzung)
 Otitis externa
 Keratitis, Endophtalmitis
10.4.7.
Cryptococcus neoformans

primär exogene Infektion
 aerogene Aufnahme  Lunge (inapparente Infektion bei Immunkompetenz)  hämatogene
Streuung (bei Immundefizienz)
 Meningitis
 Diagnostik: - Antigennachweis
- Kultur
 bei Immunsupprimierten bzw. AIDS-Patienten lebenslange Rezidivprophylaxe (Fluconazol)
notwendig (Persistenz der Kryptokokken)
107
10.4.8.
Therapie
Candida
 Oberflächliche Infektionen, Infektionen der Haut und Hautanhangsgebilde
 lokal: Azolpräparate (z.B. Canesten)
Polyenpräparate (Nystatin, Amphotericin B)
 Organbefall, systemische Infektionen
 systemisch: Azolpräparate (z.B. Fluconazol, Voriconazol)
Amphotericin B
Caspofungin
Schimmelpilze
 Organbefall, systemische Infektionen
 systemisch: Amphotericin B
Caspofungin
10.4.9.
Diagnostik
 Oberflächliche Infektionen, Infektionen der Haut und Hautanhangsgebilde
- Mikroskopie
- Kultur
 Organbefall, disseminierte Mykosen
- Kultur wenig sensitiv (Ausnahme: Crytokokkenmeningitis)
- Antigennachweis wenig sensitiv (Ausnahme: Cryptokokkenmeningitis)
- Antikörpernachweis hilft wenig
- bildgebende Verfahren
 häufig Verdachtsdiagnose
108
Herunterladen