RATGEBER Hüftarthroskopie und Knorpelzelltransplantation Minimalinvasive Behandlung von Knorpelschäden am Hüftgelenk Mehr als 200.000 Patienten erhalten jährlich in Deutschland eine Hüftprothese aufgrund der Diagnose „Arthrose“. Unter Arthrose versteht man einen generalisierten Knorpelschaden, also den Verschleiß der für die Gleiteigenschaften verantwortlichen Gelenkoberflächen. Die Arthrose beginnt häufig mit einem kleinen, umschriebenen Knorpelschaden im Gelenk, welcher sich nicht von selbst regenerieren kann und schließlich immer weiter fortschreitet. „Mit einer rechtzeitigen Behandlung kann man diesen schmerzhaften Prozess in vielen Fällen aufhalten und sogar die Implantation eines Kunstgelenks verhindern“, erklärt Privatdozent Dr. med. Hans Gollwitzer von der ATOS Klinik in München, der mit Hüftarthroskopie und Knorpeltransplantation gleich zwei besonders innovative Verfahren anbietet. D abei war es auch früher bereits möglich, Knorpelschäden im Hüftgelenk mittels Knorpeltransplantation operativ zu behandeln. Allerdings war dieses Verfahren eine sehr große Operation, welche mit dem Ausrenken des Hüftgelenks verbunden war. Nur so konnte der Arzt an den inneren Gelenkraum gelangen, in dem die neuen Knorpelzellen platziert werden und anwachsen müssen. Da der Aufwand und die Risiken dieser OP letztlich sogar größer waren als beim Hüftgelenksersatz, konnte sich die Technik am Hüftgelenk nicht durchsetzen. Erst mit der Entwicklung minimalinvasiver Techniken rückte die Reparatur kleiner Knorpelschäden in den Vordergrund. Dr. Gollwitzer: „Heute können wir mit der entsprechenden Erfahrung viele Gelenkerkrankungen der Hüfte rein arthroskopisch, also mittels Schlüssellochchirurgie, behandeln und durch eine Weiterentwicklung der Technik neuerdings auch Knorpeltransplantationen arthroskopisch durchführen.“ Entscheidend für den Behandlungserfolg ist allerdings die Kenntnis und Therapie der zugrunde liegenden Ursache des Knorpelschadens. Um diese zu erkennen ist eine subtile Diagnostik und Analyse durch einen Spezialisten notwendig, denn es gibt eine ganze Reihe von Gelenkschäden, die ein ähnliches Beschwerdebild hervorrufen können. Nicht selten klagen Patienten über schon länger bestehende Probleme wie wie ein Knacken im Hüftgelenk, oder Schmerzen beim Anwinkeln des Beins, Schmerzen bei Belastung, beim längeren Sitzen und bei Drehbewegungen. Indikationen für eine Hüftarthroskopie sind Einrisse im Labrum (der Gelenklippe) und Knorpelschäden, welche durch ein Unfallgeschehen, aber auch durch ein femoro-acetabuläres Impingement hervorgerufen werden können. Dabei bestehen knöcherne Anbauten an Hüftkopf und / oder Hüftpfanne, wodurch es bei Bewegung zu einem Anschlagen Entnahme der zur Anzüchtung benötigten Knorpelzellen mit einer Stanze Arthroskopisches Abfräsen der knöchernen Anbauten Einbringen der angezüchteten Knorpelzellen in den Defekt 6 ORTHOpress 3 / 2013 Häufig bestehen die Beschwerden schon lange Hüftarthroskopie – wann ist sie sinnvoll? t"OTDIMBHQIµOPNFOFTPHGFNPSPB[FUBCVMµSFT*NQJOHFNFOU t#MPDLBEFOEVSDIGSFJF(FMFOLL¤SQFS t,OPSQFMTDIµEFOBN)GUHFMFOL t3JTTFEFS1GBOOFOMJQQF-BCSVNMµTJPO t#FXFHVOHTFJOTDISµOLVOHEFT)GUHFMFOLFTPIOFGPSUHFTDISJUUFOF"SUISPTF t&OU[OEVOHFOEFS(FMFOLTDIMFJNIBVU tVOLMBSFS)GUVOE-FJTUFOTDINFS[ der beiden Gelenkpartner kommt. Dieses Anschlagen kann zu einer Beschädigung des Labrums und zu einer stetigen Knorpelquetschung und schließlich Knorpelablösung führen. Auch unbehandelte Hüftdysplasien, Fehlstellungen und Hüftkopfnekrosen oder Sportverletzungen sowie Band- und Kapselinstabilitäten können in einer Arthrose münden. Amerikanische Studien gehen davon aus, dass sich viele Hüftgelenksprothesen vermeiden ließen, wenn die Ursache der Arthrose rechtzeitig behandelt würde. Auch Dr. Gollwitzer ist überzeugt davon, dass mit der Hüftarthroskopie ein neues Kapitel in der Behandlung von Hüfterkrankungen aufgeschlagen wird: „Durch eine wissenschaftliche Auswertung einer eigenen Serie von mehr als 300 Hüftarthroskopien konnten wir wichtige Erkenntnisse über Risikofaktoren und Ursachen für die Entwicklung eines Knorpelschadens am Hüftgelenk gewinnen. Dies hilft uns in der Beratung unserer Patienten über die Therapiemöglichkeiten, da wir das individuelle Risiko für die Entwicklung eines Knorpelschadens und einer Arthrose nun noch besser einschätzen können.“ nem zweiten Eingriff in den zu reparierenden Defekt eingebracht werden. Damit der Knorpel möglichst gut anwachsen kann, ist natürlich eine intensive Nachbehandlung in Form von Entlastung notwendig. Ist die Heilung erfolgreich abgeschlossen, so ist die Knorpeloberfläche vollständig regeneriert. „Natürlich muss die eigentliche Ursache des Knorpelschadens im Rahmen der Arthroskopie mit ausgeräumt werden, sodass sich das Geschehen nicht sofort wiederholt. Im Falle eines umschriebenen Knorpeldefekts kann mit dieser Methode eine echte Reparatur der Gelenkfläche erreicht und das Risiko für eine spätere Arthrose deutlich reduziert werden“, resümiert Dr. Gollwitzer das Verfahren. Knorpelzelltransplantation jetzt auch an der Hüfte möglich Ein Verfahren, welches jetzt auch an der Hüfte arthroskopisch durchgeführt werden kann, ist die Autologe Knorpelzelltransplantation (ACT). Hierbei wird körpereigenes Knorpelgewebe angezüchtet, womit bestehende Knorpeldefekte repariert werden können. Dazu muss bei einem ersten Eingriff lediglich ein kleines Knorpelstückchen aus einer wenig belasteten Stelle am Gelenk entnommen werden. Im Labor werden dann über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen dreidimensionale Knorpelzellkügelchen (Sphäroide) erzeugt, welche dann in ei- Privatdozent Dr. med. Hans Gollwitzer ist Leitender Arzt für Hüftchirurgie und Knieendoprothetik an der ATOS Klinik München und Sektionsleiter für gelenkerhaltende Hüftchirurgie am Klinikum rechts der Isar der TU München. Weitere Informationen Tel.: 089 - 20 40 00 - 217 www.drgollwitzer.de ORTHOpress 3 / 2013 7