Thermische Simulation im zertifizierungskontext - Scholze-Lava

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Thermische Simulation im Zertifizierungskontext
Die thermische Simulation, die durch die Verbin-
Einleitung
dung von Gebäude und Anlagentechnik dargestellt
Das aus den USA stammende Zertifizierungssystem LEED
wird, kann die Raumbehaglichkeit, das Energie­
(Leadership in Energy and Environmental Design) exis-
konzept, das Regelungsverhalten, die Betriebs- und
tiert bereits seit 1998. Es wurde von der Organisation
Investitionskosten prüfen und optimieren. Die öko-
U.S. Green Building Council (USGBC) entwickelt und
nomischen und ökologischen Bewertungen durch
laufend weiterentwickelt. Das LEED-Zertifizierungssystem
Simulationen spielen eine große Rolle in der Nach-
bietet die Möglichkeit, anhand eines Kriterienkatalogs
haltigkeitszertifizierung nach LEED und DGNB.
die Nachhaltigkeit eines Gebäudes zu bewerten und zu
vergleichen.
120
Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
4
6
100
15
Platin
80
14
Gold
60
35
Silber
Zertifiziert
40
Regional Priority (RP)
(DGNB) wurde 2007 gegründet. Zusammen mit dem
Innovation in Design (ID)
(BMVBS) hat sie 2008 das deutsche Zertifizierungssystem
Indoor E i
Environmental l
Quality (IEQ)
Materials Resources (MR)
Energy Atmosphere (EA)
Water Eficiency (WE)
10
20
Sustainable Sites (SS)
26
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Deutsches Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen (DGNB)
konzipiert und entwickelt.
LEED und DGNB unterscheiden, je nach Art und Struktur
des Gebäudes, verschiedene Zertifizierungsverfahren. Um
genauer vergleichen zu können, wurden hier „Neubau
Büro- und Verwaltungsgebäude“ untersucht, d. h. für
„LEED 2009 for New Construction and Major Renovations“ (LEED-NC 2009) und DGNB „Neubau Büro- und
Verwaltungsgebäude Version 2009“ (DGNB-NBV 2009).
0
LEED‐NC 2009
Abbildung 1: LEED 2009 for New Construction and Major Renovations
LEED
Die LEED-Zertifizierung eines Gebäudes ist ein öffentlichkeitswirksamer Ausdruck seines ökologischen und öko-
100,0%
nomischen Wertes und den Vorkehrungen die getroffen
10,0%
90,0%
Gold
Prozessqualität (Steckbrief 43‐51) 80,0%
wurden, um die Nachhaltigkeit des Gebäudes zu erhöhen.
Die Kategorien sind in folgende Anforderungen unterteilt:
22 5%
22,5%
70,0%
Silber
60,0%
22,5%
50,0%
40,0%
Bronze
Technische Qualität (Steckbrief 33‐42)
Soziokulturelle und funktionale Qualität (Steckbrief 18‐32)
Ökonomische Qualität (Steckbrief 16‐17) 22,5%
Ök l i h
Ökologische Qualität (Steckbrief 1‐15)
30 0%
30,0%
20,0%
10,0%
22,5%
0,0%
, %
DGNB‐NBV 2009
Abbildung 2: DGNB Neubau Büro und Verwaltungsgebäude Version 2009
➔ Nachhaltige Grundstückentwicklung/Sustainable
Sites
➔ Effizienter Wasserhaushalt/Water Efficiency
➔ Energie und Atmosphäre/Energy and Atmosphere
➔ Materialien und Ressourcen/Materials and Resources
➔ Innenraumluftqualität/Indoor Environmental Quality
➔ Innovationen und Design/Innovation and Design
Process­
➔ Regionale Schwerpunkte / Regional Priority
Die jeweilige Gewichtung ist in der Abbildung 1 grafisch
dargestellt. Zu erkennen ist, dass die beiden Kategorien
Sustainable Sites und Energy & Atmosphere einen besonders starken Einfluss haben.
SCHOLZEaktuell · Februar 2013
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In der LEED Version 2009 v3 können 110 Punkte erreicht
Nutzungsprofil, interzonaler Luftwechsel, natürliche und
werden. Die Punkte werden wie folgt verteilt:
mechanische Lüftung, Heizungs- und Kühlungssystem
➔ Zertifiziert: 40–49 Punkte
betrachtet.
➔ Silber: 50–59 Punkte
➔ Gold: 60–79 Punkte
Durch hinterlegte Witterungsdaten wird das Modell in
➔ Platinum: 80 und mehr Punkte
definierten Zeitschritten dem Außenklima mit Temperatur,
Luftfeuchte, Sonneneinstrahlung und Windgeschwin-
DGNB
digkeit ausgesetzt und das thermische Verhalten des
Das DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges
Gebäudes mit den sich im Inneren einstellenden Klima­
Bauen) Zertifizierungssystem dient dazu, Wege und
bedingungen simuliert. Als Ergebnis erhält man die Luft-
Lösungen für nachhaltiges Planen, Bauen und Nutzen
temperatur, die Luftfeuchte, die Strahlungstemperatur
von Bauwerken zu entwickeln und zu fördern. In die
und die Luftqualität des Gebäudes. Dadurch können
Bewertung fließen, je nach Nutzungsprofil, ca. 60 Krite-
auch die Heizungs-, Kühlungs-, Planungs- und Rege-
rien aus den Themenfeldern Ökologie, Ökonomie, sozio-
lungsstrategien geprüft und optimiert werden oder der
kulturelle und funktionale Aspekte, Technik, Prozesse
Heiz- und Kühlbedarf ermittelt werden.
und Standort ein. Werden diese in herausragender Weise
erfüllt, erhält das Gebäude das DGNB-Zertifikat in der
Die mit der Gebäudesimulation gekoppelte Anlagen­
Kategorie Gold, Silber oder Bronze.
simulation berechnet die Wärmeerzeugung, Wärmeübertragung, Energieverteilung und das Regelungsverhalten.
Wie in Abbildung 2 dargestellt, beeinflussen vor allem die
Es ist eine virtuelle Inbetriebnahme über das ganze Jahr.
ökologische, die ökonomische, die soziokulturelle und die
Dadurch können Planungsfehler vermieden, verschiedene
technische Qualität, mit jeweils 22,5 % die Gesamtnote
Energiekonzepte verglichen und die Betriebs- und Investi­
des Gütesiegels, die Prozessqualität fließt lediglich mit
tionskosten analysiert werden.
10% in die Gesamtbewertung ein.
Mit den Simulationsergebnissen wie z. B. thermischer
Thermische Simulation
Komfort, Energiebedarf, Inbetriebnahme, Betriebs- und
In der Gebäudesimulation wird das Gebäude in ein
Investitionskosten können mehrere Punkte der LEED-
3D-Modell mit physikalischen Eigenschaften abge-
und DGNB-Zertifizierungssysteme bewertet werden.
bildet. Dabei werden Gebäudehülle, innere Last,
(Abbildung­ 3)
LEED‐NC 2009
DGNB‐NBV
DGNB
NBV 2009
2009
(New Construction)
EAp1 Fundamental Commissioning of
Building Energy Systems
EAp2 Minimum Energy Performance
(Neubau Büro‐ und Verwaltungsgebäude)
Thermische Simulation
B h li hk it LEED/DGNB
Behaglichkeit LEED/DGNB
EAc1 Optimize Energy Performance
Verbrauchsprognose
Betriebskostenanalyse
EAc2 On‐Site Renewable Energy
Anlagenoptimierung
EAc3 Enhanced Commissioning
Regelungsverhalten üf
prüfen
EAc5 Measurement and Verification
EAc6 Green Power
Variantenvergleiche
I
Investitionskostenanalyse
titi k t
l
IEQc7.1 Thermal Comfort‐Design
NBV09‐16 Gebäudebezogene Kosten im y
Lebenszyklus
NBV09‐18 Thermischer Komfort Winter
NBV09‐19 Thermischer Komfort Sommer
NBV09‐35 Wärme‐ und feuchteschutztechnische Qualität
NBV09‐43 Qualität der Projektvorbereitung
NBV09‐45 Optimierung und Komplexität der Herangehensweise in der Planung
NBV09‐51 Systematische Inbetriebnahme
Abbildung 3: Thermische Simulation im LEED- und DGNB-System
SCHOLZE aktuell · Februar 2013
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Unterschiede in der energetischen
Bewertung­ von LEED und DGNB
im Gebäude und Energieerzeugungssystemen werden
nicht berücksichtigt. Der Primärenergiebedarf und die
Aus energetischer Sicht haben LEED- und DGNB-Zerti­
CO2‑Emissionen werden mittels Energy Star berechnet.
fizierungen das gleiche Ziel. Beide Systeme wollen die
Das Ergebnis des Energy Stars beeinflusst die Zertifizie-
ökologischen und ökonomischen Belastungen so gering
rungsbewertung jedoch nicht. Bei der DGNB-Zertifizierung
wie möglich halten. Aufgrund des unterschiedlichen Auf-
gibt es keine Mindestanforderungen an den Jahresener-
baus der Zertifizierungssysteme und der Kriterien können
giebedarf. Der Heiz- / Kühlenergiebedarf der Nutzenergie,
unterschiedliche Ergebnisse für ein Gebäude heraus-
Endenergie und Primärenergie wird nach den Vorgaben
kommen. Folgender Vergleich zeigt die Unterschiede der
der EnEV 2009 berechnet. Die Endenergie zusammen mit
beiden Zertifizierungssysteme für einen Neubau.
den Investitionskosten für ein HLK-System im Gebäude
und die Energieerzeugungssysteme beeinflussen die
Wie in Tabelle 1 dargestellt ist, werden „Realgebäude“
Lebenszykluskosten. Zusätzlich wirkt sich der Endenergie-
und „Referenzgebäude“ bei LEED „Proposed Building“
bedarf auf die Ökobilanzbewertung aus. Die Unterschiede
und „Baseline Building“ genannt.
in Jahresenergiebedarf sind in Tabelle 1 dargestellt.
Heiz-/Kühlenergieerzeugung
Thermischer Komfort
Sowohl eine Anlagensimulation, als auch eine 10-pro-
Zur Bewertung des thermischen Komforts sind in bei-
zentige Kosteneinsparung des gesamten Jahresenergie­
den Zertifizierungssystemen die Stoffwechselrate und
bedarfs im Vergleich zum Baseline Building, ist für LEED‑NC
die Bekleidung je nach Nutzungsprofil vorgegeben. Die
(New Construction v2009) Pflicht. Die Ansprüche an die
Bewertung des thermischen Komforts ist bei LEED nicht
Simulationssoftware sind nach ASHRAE 90.1-2007 vor-
so bedeutend wie die Bewertung der Jahresenergie­
geschrieben. Die Investitionskosten von HLK-Systemen
kosten. Für die DGNB-Zertifizierung spielt die Bewertung
LEED (Simulation)
Proposed
Building­
Gebäudemodell
real
U-/g-Wert
Baseline Building
Realgebäude
Referenzgebäude
real, aber nur bis zu
40 % der Fensterfläche und bis zu 5 %
der Dachoberlichter
real
real
nach ASHRAE
real
nach EnEV
2009
real, aber begrenzt
nach den Vorgabewerten/ Rechenverfahren der DIN V
18599
nach EnEV
2009/DIN V
18599
HLK im Gebäude
Heiz-/
Kühlenergie­erzeugung­
real, mit technischen
Daten vom Hersteller
Heizenergie für
Trinkwarmwasser­
real
DGNB (Ennovatis EnEV+)
Beleuchtung
nach Vorgabewerten
der DIN V 18599
die von der Realität
ergänzt werden
Ventilator
nach DIN V 18599
nach EnEV
2009
wird nicht berücksichtigt
wird nicht
berück­sichtigt
Pumpe
Prozessenergie
(z. B.Bürogeräte, Computer,
Aufzug, Rolltreppe, Küchengeräte, Kühlschrank,
Wasch­maschinen, Sonderleuchten, Wasserfallpumpen, usw.)
Prozessenergie
wird durch entsprechende Dokumenation nachgewiesen
oder gleich wie das
Baseline Building
gerechnet
25 % der gesamten
Energiekosten des
Baseline Building
Tabelle 1: Jahresenergiebedarfsberechnung bei LEED und DGNB
SCHOLZEaktuell · Februar 2013
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des thermischen Komforts eine große Rolle. Im Gegen-
Die energetische Bewertung durch die thermische Simu-
satz zu LEED ist die Bewertung in mehrere Stufen unter-
lation ist somit flexibler und auch weltweit geeignet.
teilt. Die Berechnung des Jahresenergiebedarfs durch
EnEV 2009 ist dabei nicht so exakt wie die der ther-
Zusammenfassung
mischen Simulation, da die Vorgabewerte nach DIN V
Durch die hohe Komplexität und Flexibilität der Gebäude-
18599 verwendet werden müssen. Der Energieausweis
und Anlagensimulation können unterschiedliche Energie-
ist deswegen für eine weltweite Betrachtung nicht geeig-
versorgungsstrategien analysiert werden. Im Vergleich
net.
zu den Kosten der Simulation ist die Einsparung der
Betriebs- und Investitionskosten deutlich höher. Durch die
Für die LEED-Zertifizierung wird der thermische Komfort
Simulation können ökologische und ökonomische Belas-
nach ASHRAE Standard 55-2004 in der Planungs- und
tungen so gering wie möglich gehalten werden. Das glei-
Nutzungsphase betrachtet. Um die erforderliche Punkt-
che Ziel haben Nachhaltigkeitszertifizierungen wie LEED
zahl zu erzielen, müssen im LEED-System, im Unterschied
und DGNB auch, weshalb die Ergebnisse einer Simulation
zu DGNB, die Anforderungen an die Lufttemperatur-,
auch in den Zertifizierungsystemen verwendet werden.
Strahlungstemperatur-, Zugluft- und Luftfeuchtebedingun-
Die Simulation, die für ein ganzes Jahr durchgeführt wird,
gen jeweils einzeln für jede Anforderung erreicht werden.
ist wie eine virtuelle Inbetriebnahme. Dadurch werden
die Planung und die Regelungsstrategie überprüft. Als
Bei der DGNB-Zertifizierung wird die operative Temperatur
Ergebnisse können Planungsfehler schon in den frü-
durch die Über-/Unterschreitungshäufigkeiten während
hen Planungsphasen vermieden werden, die zu einem
der Nutzungszeit nach DIN EN 15251 und DIN 4108-2
späteren Zeitpunkt nur mit einem sehr hohen Aufwand
bewertet. Die Bewertung durch die Über-/Unterschrei-
behoben werden können.
tungshäufigkeiten und die Grenzwerte der maximalen und
minimalen operativen Temperatur wird in drei Ränge für
Yu Wang
|<
den Winter und in fünf Ränge für den Sommer unterteilt.
Ergänzend gibt es Punkte für Zugluft, Strahlungstemperatur und relative Luftfeuchte.
Sonstiger Energiebedarf
Bei LEED werden reale Nutzungszeiten für das Proposed
Building und das Baseline Building angenommen, während bei einer EnEV Berechnung (DGNB) für das Realund Referenzgebäude festgelegte Nutzungszeiten/Nutzungsprofile nach DIN V 18599 verwendet werden. Beide
Zertifizierungssysteme berechnen den Jahresenergie­
bedarf unter Berücksichtigung der Wärmeabgabe von
Computern und anderen Bürogeräten. Zusätzlich berücksichtigt die LEED-Zertifizierung den Strombedarf dieser
Geräte im Jahresenergiebedarf. Außerdem werden weitere Energieverbraucher im Gebäude wie z. B. Aufzüge,
Rolltreppe, Küchengeräte, Kühlschränke, Waschmaschinen etc. bei der Betrachtung nach LEED berücksichtigt.
In der DGNB-Zertifizierung werden diese Geräte von dem
Jahresenergiebedarf ausgeschlossen.
Internationale Projekte
Für LEED-Zertifizierungen, die außerhalb der USA stattfinden, können bei einigen Credits die Alternative Compliance Paths (ACPs) benutzt werden. Dadurch ist die
Verwendung von äquivalenten lokalen Standards erlaubt.
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