V A R I A A Fotos: St aatliche Museen zu Berlin us Stein geformt, sitzt der Gott der Blumen, des Tanzes und der Dichtkunst, oder kurz Xochipilli genannt, im Schneidersitz auf einem blumenverzierten Thron. Auf seinen Armen und Beinen trägt er Blumenreliefs. Seinen breiten Kragen schmücken Jaguarzähne. Er gehört zu der Welt der Götter wie auch Mictlantecuhtli, Gott der Unterwelt, oder Quetzalcoatl, Gott des Morgensterns, Urpriester und Kulturbringer zugleich. Die Religion bestimmte das ganze Leben der Mexica, wie sie sich selbst nannten. Mit etwa 450 Exponaten zeigt die Ausstellung „Azteken“ im Martin-Gropius-Bau in Berlin die Welt der aztekischen Kultur. Statische, stilisierte Skulpturen von Menschen, Göttern und Tieren aus Stein oder gebranntem Ton, Türkismosaike, Goldschmuck, Federarbeiten, farbig bemalte Keramik und seltene Bilderhandschriften sind dort zu sehen. Die aztekische Religion mutet mit ihrer Vielzahl an Feuilleton Martin-Gropius-Bau Berlin Gott der Dichtkunst 450 Exponate aus der Welt der aztektischen Kultur Gottheiten verwirrend an. Es gab 13 Hauptgötter und mehr als 200 untergeordnete Götter. Diese hohen Wesen hatten, teilweise unter denselben Namen, verschiedene Funktionen, wie beispielsweise die Götter der Fruchtbarkeit auch Gottheiten des Regens, des Wassers und des Lebensunterhalts waren. Die Azteken wanderten im 12. Jahrhundert aus dem Norden ins Hochtal von Mexiko ein. Sie bauten 1430 ein riesiges Reich auf, das mit der spanischen Eroberung 1521 unterging. Die Mexica waren die letzte Hochkultur in Zentralmexiko. Sie betrachteten sich als die Nachfolger der Tolteken, da sie unter anderem deren Steinmonumente bewunderten. Sie übernahmen viele Elemente ihrer Kultur, auch die Verehrung der Götter. Zu Ehren der Gottheiten gab es dabei verschiedene Blumen-, Speise- und Trankopfer sowie Gesänge, Tänze und Prozessionen. Es wurden im Rahmen besonderer Zeremonien auch Menschenopfer gebracht. Bevor diese geopfert wurden, stellten sie eine Zeitlang den jeweiligen Gott oder die Göttin dar und wurden in dieser Zeit auch verehrt. Die Herzen gefangener Krieger waren nach aztekischer Vorstellung als Nahrung der Götter notwendig, sie garantierten den Fortbestand der Welt. Es gab verschiedene Formen des Menschenopfers. Häufig wurde die Brust mit einem speziellen Opfermesser geöffnet und danach das Herz herausgerissen. Die Herzen wurden dem Kriegsgott Huitzilopochtli geopfert, damit er den Mächten der Finsternis entgegentreten konnte. Auch wäre die Sonne ohne dieses Opfer am nächsten Tag nicht aufgegangen. Die Konquistadoren wa- Jg. 100 Heft 27 4. Juli 2003 Deutsches Ärzteblatt ren einerseits beeindruckt von der strahlenden Aztekenmetropole Tenochtitlan (heute: Mexico City), jedoch auch schokkiert von den religiösen Bräuchen wie den Menschenopfern. Der größte Teil der präsentierten Objekte kommt aus mexikanischen Museen. Viele sind zum ersten Mal in Europa zu sehen. Hauptleihgeber sind das Museo Nacional de Antropologia und das Museo del Templo Mayor in MexikoStadt. Die Ausstellung wurde von der Royal Academy of Arts in London organisiert. In Berlin wird sie von den Berliner Festspielen und dem Ethnologischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin gezeigt. Ermöglicht wurde sie durch den Hauptstadtkulturfonds, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, die Kulturstiftung der Länder und das Auswärtige Amt. Die Exposition konnte nur mit der Unterstützung der mexikanischen Regierung verwirklicht Susanne Lenze werden. Xochipilli Die Ausstellung ist bis zum 10. August, täglich außer dienstags von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Anschrift: MartinGropius-Bau, Niederkirchner Straße 7, Berlin-Kreuzberg, Katalog: 29,90 Euro. Vom 26. September bis 11. April 2004 ist die Ausstellung in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn zu sehen. A 1887