Wirtschaftliche und Gesellschaftliche Gefahren des Klimawandels Prof. Dr. Peter Höppe, Leiter Geo Risks Research/Corporate Climate Centre, Munich Re Fachtagung „Klimaschutz: Kälte und Klimatechnik in der Energiewende“, Berlin 11.4.2016 Munich Re • Führender globaler Rückversicherer • Führende Rolle im Bereich der Versicherung von Schäden durch Naturkatastrophen • In Teilen des Kerngeschäfts direkt vom Klimawandel betroffen Munich Re: erste Warnungen vor den möglichen Folgen des Klimawandels bereits 1973 Weltwirtschaftsforum Davos 2016 Globale Risken “Versagen der Klimawandel Mitigation und Anpassung” wird 2016 as das Risiko mit den größten ökonomischen Auswirkungen eingeschätzt Der 5. Sachstandsbericht des IPCC Climate Change 2013 – Die physikalischen Grundlagen Die bodennahe globale Mitteltemperatur ist im Zeitraum 1880 – 2012 um 0,85°C angestiegen (Lineartrend). „Es ist sehr wahrscheinlich (i.e. 95%-100% Wahrscheinlichkeit), dass mehr als die Hälfte des beobachteten Anstiegs der globalen Temperaturen in Oberflächennähe von 19512010 durch den anthropogenen Anstieg von Treibhausgaskonzentrationen und anderer anthropogener Antriebe verursacht wurde“. 5 Klimastatus (NOAA): 2014, 2015, Januar und Februar 2016 2014 und 2015 waren global jeweils das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturmessungen vor 137 Jahren! Der Januar und Februar 2016 waren die wärmsten ersten beiden Monate eines Jahres seit Beginn der Messungen! 2016 könnte wieder einen neuen globalen Temperaturrekord bringen! 6 Abweichungen der jährlichen globalen Mitteltemperaturen vom Mittelwert des 20. Jahrhunderts (Quelle: NOAA, 2016) 2015 2014 http://www.ncdc.noaa.gov/cag/time-series/global/globe/land_ocean/ytd/12/1880-2015 Meeresoberflächentemperaturen in tropischen Ozeanbecken im Zeitraum 1968-2014 (gleitende Fünfjahresmittelwerte) Source: Munich Re, July 2015. Data source: Kaplan SST, via IRI, Columbia University, NYC Mittlerer Anstieg des Meeresspiegels (1900-2012) (IPCC, AR5, 2013) Laut neuem IPCC Bericht ist ein weiterer Anstieg des Meeresspiegels von bis zu 81cm bis zum Ende des Jahrhunderts zu erwarten Überflutete Küstenbereiche bei Anstieg des Meeresspiegels um 1 Meter September 2012 – Rekordminimum der Eisfläche 17 September 2012 2012: Rekordminimum 11 Source: National Snow & Ice Data Centre, 2013 Minimum der arktischen Meereisbedeckung Quelle: NASA, Goddard Space Flight Center, 2013 http://svs.gsfc.nasa.gov/Gallery/ArcticSeaIceResources.html Die gelbe Linie zeigt das mittlere Minimum im Zeitraum 1979-2010. Title of presentation and name of speaker 12/04/2016 12 Minimum der arktischen Meereisbedeckung Quelle: NASA, Goddard Space Flight Center, 2013 http://svs.gsfc.nasa.gov/Gallery/ArcticSeaIceResources.html Sept 16, 2012 13/08/09 14:36 Die gelbe Linie zeigt das mittlere Minimum im Zeitraum 1979-2010. Title of presentation and name of speaker 12/04/2016 13 Zeitlicher Verlauf der CO2-Konzentration an der Messstation Mauna Loa, Hawaii (1958 – 2016) Heute höchste CO2-Konzentrationen seit mindestens 3,3 Millionen Jahren! Source: http://keelingcurve.ucsd.edu/ 14 Der 5. Sachstandsbericht der WGII des IPCC (2014) Die Auswirkungen • Küsten- bzw. Tieflandgebiete werden aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels in Teilen unter diesen absinken und Erosionsverlusten ausgesetzt sein. • Zunehmende Anteile der Weltbevölkerung werden Wasserknappheit oder Überschwemmungen ausgesetzt sein • Migration von Bevölkerung wird verstärkt und das Risiko gewaltsamer Konflikte erhöht • Häufigere und intensivere Extremereignisse erhöhen Schäden und Schadenvariabilität. 15 Munich Re NatCatSERVICE Die größte globale Schaden-Datenbank für Naturkatastrophen Die Datenbank heute: Alle Schadenereignisse global seit 1980, für ausgewählte Länder seit 1970 Alle großen Katastrophen seit 1950 Zusätzlich alle wichtigen historischen Ereignisse seit 79 AD – Ausbruch des Vesuvs (3.000 historische Datensätze) Aktuell mehr als 37.000 Ereignisse dokumentiert 12.04.2016 16 16 NatCatSERVICE Weltkarte der Schadenereignisse durch Naturgefahren 2015 Wintersturm USA, Kanada, 16.–25. Feb. Unwetter USA, 7.–10. Apr. Unwetter USA, 24. Dez.–2. Jan. 2016 Überschwemmungen Großbritannien, Dez. Waldbrände USA, 12. Sep.–8. Okt. Hitzewelle Europa Jun.–Aug. Dürre USA, Jan.–Dez. Sturzfluten Chile, 23.–26. Mär. Tornado China, 1. Jun. Taifun Mujigae China, 1.–5. Okt. Sturzfluten Ghana, 2.–5. Jun. Erdrutsch Guatemala, 1. Okt. Geophysikalische Ereignisse (Erdbeben, Tsunami, vulkanische Aktivität) Taifun Soudelor China, Taiwan, 2.–13. Aug. Sturzfluten USA, 2.–6. Okt. Unwetter USA, 23.–28. Mai 1.060 Schadenereignisse Erdbeben Pakistan, Afghanistan, 26. Okt. Wintersturm Niklas Europa, 30. Mär.–1. Apr. Hitzewelle Indien, Pakistan, Mai–Jun. Überschwemmungen Malawi, Mosambik, Jan.–Mär. Wintersturm Australien, 19.–24. Apr. Erdbeben Nepal, 25. Apr. Meteorologische Ereignisse (Tropischer Sturm, außertropischer Sturm, konvektiver Sturm, lokaler Sturm) Hydrologische Ereignisse (Überschwemmung, Massenbewegung) Klimatologische Ereignisse (Extremtemperaturen, Dürre, Waldbrand) Schadenereignisse Quelle: Munich Re, NatCatSERVICE, 2016 Ausgewählte Katastrophen © 2016 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Geo Risks Research, NatCatSERVICE – As at February 2016 NatCatSERVICE Schadenereignisse weltweit 1980 – 2015 Anzahl der Ereignisse Number Geophysical events (Earthquake, tsunami, volcanic activity) Meteorological events (Tropical storm, extratropical storm, convective storm, local storm) Hydrological events (Flood, mass movement) Climatological events (Extreme temperature, drought, forest fire) © 2016 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Geo Risks Research, NatCatSERVICE – As at February 2016 NatCatSERVICE Schadenereignisse weltweit 1980 – 2015 Gesamt- und versicherte Schäden bn US$ Overall losses (in 2015 values) Insured losses (in 2015 values) Losses in 2015 values, adjusted to inflation based on country CPI © 2016 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Geo Risks Research, NatCatSERVICE – As at February 2016 NatCatSERVICE Schadenereignisse in Deutschland 1970 – 2015 Anzahl der Ereignisse Anzahl Geophysikalische Ereignisse (Erdbeben,Tsunami, vulkanische Aktivität Meteorologische Ereignisse (Tropischer Sturm, außertropischer Sturm, konvektiver Sturm, lokaler Sturm) Hydrologische Ereignisse (Überschwemmung, Massenbewegung) Klimatologische Ereignisse (Extremtemperaturen, Dürre, Waldbrände) © 2016 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Geo Risks Research, NatCatSERVICE – As at February 2016 Hitzewellen und Dürren Hitzewelle in Europa, August 2003 Tödlichste Naturkatastrophe in Europa der letzten hundert Jahre, ca. 70.000 Hitzetote Hitzetote und Gefühlte Temperatur am 8. August 2003, 13 UTC 300 2.300 9.400 19.500 1.000 20.100 2.700 800 15.000 Quellen: Robine et al., 2007; DWD, 2004 Region Europa Gesamtschäden 12,3 Mrd € Versicherte Schäden 1,0 Mrd € Todesopfer > 70.000 22 Waldbrände/Hitzewelle, Russland Juni – August 2010 Studie von Rahmstorf et al. in PNAS (2011) postuliert, dass die Hitzewelle mit 80%iger Wahrscheinlichkeit durch die globale Erwärmung verursacht wurde! Region Russland Gesamtschäden Versicherte Schäden 3,6 Mrd US$ 20 Mio US$ Todesopfer 130 (Waldbrände) ca. 56.000 (Hitzewelle) 23 Sommer 2012: Hitzerekorde und Dürre in den USA Juli 2012 der wärmste Monat in den USA seit Beginn der Messungen Region Gesamtschäden Versicherte Schäden Todesopfer USA 20 Mrd. US$ 16 Mrd. US$ 42 © 2013 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE 24 Temperaturrekorde sind signifikant häufiger geworden Global Die Häufigkeit von lokalen monatlichen Temperaturrekorden ist bereits fünfmal höher als man dies in einem Klima ohne Langzeittrend zur Erwärmung erwarten würde Regionale Sommerliche Temperaturrekorde, verbunden mit ausgedehnten Unterschiede Hitzewellen, sind in einigen kontinentalen Regionen (in Teilen von Europa, Afrika, Südasien und Amazonien) um den Faktor 10 häufiger geworden Quelle: Coumou, D., et al. (2013): Global increase in record-breaking monthly-mean temperatures. Climatic Change. 25 Jährliche Anzahl der Tage mit Temperatur ≥ 30°C in München (Messstation Meteorologisches Institut) Anzahl der Tage mit Temperatur ≥ 30°C Quelle: Meteorologisches Institut München der Ludwig-Maximilians-Universität © 2015 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Geo Risks Research, NatCatSERVICE – Stand September 2015 Konvektive Ereignisse (Tornados, Hagel, Starkregen) Unwetter/Hagelsturm Hilal Deutschland, Mai/Juni 2008 Schwarzenberg Quelle: Andy Offenderlein Region Gesamtschäden Versicherte Schäden Todesopfer Deutschland (BW, NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen) 1,1 Mrd € 0,8 Mrd € 3 28 Hagelschläge am 27. und 28. Juli 2013 in Deutschland Teuerster Hagelschaden weltweit, viertteuerste Naturkatastrophe in D Hagelkörner mit Durchmessern bis zu 8 cm (Tennisball ≈ 7 cm) Region Gesamtschäden Versicherte Schäden Baden-Württemberg, NRW, Niedersachsen 3,6 Mrd. € 2,8 Mrd. € Todesopfer Source: New York Times 29 Starkes Unwetter „Ela“ in Nordrhein-Westfalen am 9. Juni 2014 Besonders betroffen Düsseldorf, Windgeschwindigkeiten bis 144 km/h Region Gesamtschäden Versicherte Schäden Todesopfer Nordrhein-Westfalen 880 Mio. € 650 Mio. € 6 30 Tornado im Raum Augsburg am 14. Mai 2015 Windgeschwindigkeiten bis zu 250 km/h Foto: Christoph Bruder, Bruder Media Region Gesamtschäden Versicherte Schäden Todesopfer Bayern (Affing) 40 Mio. € 30 Mio. € 6 31 NatCatSERVICE Konvektive Schadenereignisse in Europa 1980 – 2015 Anzahl der schadenrelevanten Ereignisse Number Sturzfluten Tornado Hagel Sturm Blitze © 2016 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Geo Risks Research, NatCatSERVICE – As at February 2016 NatCatSERVICE Konvektive Schadenereignisse in Europa 1980 – 2015 Gesamtschäden und versicherte Schäden Mrd EUR Gesamtschäden (in 2015 Werten) Versicherte Schäden (in 2015 Werten) Inflationsbereinigt mittels landesbezogenem Verbraucherpreisindex © 2016 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Geo Risks Research, NatCatSERVICE – As at February 2016 Wassergehalt der Atmosphäre ist im Großteil der Nordhemisphäre signifikant angestiegen Zeitliche Veränderung der Spezifischen Feuchte der unteren Atmosphäre zwischen 1973 und 2012 Schwarze Punkte: Regionen mit signifikantem Trend Quelle: Willett et. al. (2013), Clim. Past, 9, 657–677 Klimamodell-Studien zeigen: Anstieg auf Grund des anthropogenen Klimawandels zu erwarten 34 GDV-Studie 2011: „Herausforderung Klimawandel“ Sturm und Hagel Schadenmodellierung Sturm/Hagel des PotsdamInstituts für Klimafolgenforschung (PIK): Regionale Verteilung der zu erwartenden Schadenänderungen in einem A1BEmissionsszenario im Vergleich zum Mittelwert der letzten 25 Jahre www.pixelio.de www.pixelio.de Klimawandel ist ein Strategisches Thema von Munich Re Die drei Säulen der Klimastrategie RISIKOMESSUNG GESCHÄFTSPOTENTIALE INVESTMENT Analyse von Naturgefahren und Auswirkungen des Klimawandels Führender Anbieter von Risikotransferlösungen für Erneuerbaren Energien / Neuen Technologien Neue (direkt) Investitionsmöglichkeiten CO2 Vermeidung / Klimaneutralität Initiierung und Begleitung von Lösungsansätzen / Projekten (z.B. MCII) 36 Munich Re Versicherungslösungen für erneuerbare Energien/ Technologien Munich Re bietet Versicherungsschutz entlang der gesamten Wertschöpfungskette erneuerbarer Energien. Deckungsbeispiele: Garantiedeckung für Effizienz (20-25 Jahre) von PV-Solarmodulen Leistungsgarantiedeckung für KonzentratorPhotovoltaik-Anlagen Leistungsgarantiedeckung für CSP-Anlagen Garantiedeckung (Absicherung von Serienschäden) für Windkraftanlagen Liefergarantiedeckungen für Wind- und Sonnenenergie Kooperation zur Absicherung des Fündigkeitsrisikos bei Geothermieprojekten Übernahme von neuen Risiken bei Erneuerbaren Energien erleichtert es Investoren sich für solche Investitionen zu entscheiden! 37 Munich Re‘s strategischer Ansatz Klimawandel – Investments in Erneuerbare Energien Synergien zw. Versicherung und Assetmanagement bei Bewertung technischer und versicherungstechnischer Risiken und zur Verfügung stellen operativer Daten Onshore Windparks in Deutschland, UK, Frankreich PV Anlagen in Italien und Spanien / Teneriffa Hochspannungs-Stromnetz (Amprion) Stand 2016: Munich Re hat rund € 2 Mrd. im Umfeld Erneuerbare Energie investiert Mittelfristiges Ziel: Investitionen von ca. € 8 Mrd. in erneuerbare Energien / neue Technologien und Infrastruktur 38 Entwicklung von Versicherungslösungen für die am stärksten vom Klimawandel Betroffenen Munich Climate Insurance Initiative (MCII) MCII wurde 2005 auf Initiative von Munich Re gemeinsam mit Germanwatch, IIASA, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Tyndall Centre, Weltbank und weiteren unabhängigen Fachexperten gegründet. Ziele von MCII: Entwicklung von Risikotransferlösungen zur Unterstützung von Anpassungsmechanismen an Klimaänderungsfolgen in Entwicklungs- und Schwellenländern im Rahmen des UNFCCC-Prozesses MCII Side Events bei allen COP seit 2005, Policy Briefs, Pilotprojekte in der Karibik G7-Beschluss in Elmau zu Klimarisikoversicherung InsuResilience 5-Jahres Projekt, finanziert durch die G7 zur Implementierung direkter und indirekter Versicherungslösungen für Extremwetterereignisse für zusätzlich 400 Mio Personen in Entwicklungsländern. - Direktversicherung („Mikroversicherung“), Begünstigte: Personen - Indirekte Versicherung, Begünstigte: Regierungen/Institutionen Derzeitiges zur Verfügung gestelltes Budget der G7 Regierungen: 420 Mio US$ Munich Re Expertise ist in die Erstellung der Beschlussvorlagen für Elmau und in die Aufsetzung des Projekts eingeflossen, MCII wird das Projekt weiter unterstützen Gewinner und Verlierer des Klimawandels (Quelle DB Research) Fazit Der Klimawandel existiert und ist hauptsächlich vom Menschen verursacht Wetterbedingte Naturkatastrophen nehmen an Zahl und Ausmaß zu Immer mehr wissenschaftliche Studien liefern Belege, dass der Klimawandel das Risiko für Wetterkatastrophen bereits erhöht hat und weiter erhöhen wird Der Klimawandel ist nicht mehr zu stoppen, kann aber noch begrenzt werden In Deutschland wird der Klimawandel v.a. zu mehr Hitzebelastung und Starkniederschlägen führen Wir müssen uns an die bereits heute unvermeidlichen Folgen anpassen und gleichzeitig die Emissionen von Treibhausgasen senken Die Kälte- und Klimatechnik-Industrie sollte weiter die Energieeffizienz erhöhen und klimafreundliche Kühlmittel einsetzen. Der Klimawandel birgt große Geschäftschancen.