Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der

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Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
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Irdische Einflüsse des Mondes
im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Eine kritische Gegenüberstellung für den Physikunterricht
Diplomarbeit
zur Erlangung des Magistergrades
an der Naturwissenschaftlichen Fakultät
der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Eingereicht von
Andreas BERGER
Matrikelnummer 9416666
Im Jänner 2005
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Für meine Eltern
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Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
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Danksagung
Ich darf mich bei Herrn Prof. Dr. Christoph Leubner für die außergewöhnlich gute
Betreuung während dieser Arbeit bedanken, und dafür, dass er unermüdlich ein kritisches
Denken in mir gefördert hat.
Meinen Eltern Erni und Helmar, die mir ein Leben in dieser wunderbar unbeschwerten
Weise ermöglicht haben, und an meine Schwester Alexandra, die mit ihrer „unphysikalischen“ Sicht der Dinge den Denkanstoß zu dieser Arbeit geliefert hat.
Meiner Partnerin Bernadette und Töchterchen Lara Sophie, durch die ich den Sinn des
Lebens erkannt habe.
Meinen Freunden vom „Mountainbike Team Sudden Death“, dem verrücktesten Haufen
dieses Planeten.
Lance Armstrong.
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Inhaltsverzeichnis
1
Warum ich diese Arbeit für wichtig halte - meine Motivation, gerade dieses Thema
aufzugreifen und meine Befunde festzuhalten ..........................................................6
2
Übernatürliches Interesse am Mond..........................................................................8
3
Was bedeutet: Der Mond ist im Stier, absteigend und abnehmend ........................10
4
5
6
3.1
Winter- und Sommersonnenwende .................................................................10
3.2
Die Mondphasen .............................................................................................12
3.3
Der Tierkreis ...................................................................................................13
3.4
Der Stand von Sonne und Mond im Tierkreis ................................................17
3.5
Der Tierkreis aus der Sicht der Physik............................................................21
Die Rhythmen von Sonne und Mond, und die Biologie .........................................26
4.1
Einflüsse von Sonne und Mond auf die Tierwelt............................................27
4.2
Die physikalischen Gezeiten und die „biologische Gezeitentheorie“ .............29
Der Mond und sein behaupteter Einfluss auf Holz .................................................30
5.1
Entnadelung von Fichten.................................................................................30
5.2
Quell- und Schwindverhalten von Holz..........................................................35
5.3
Mondeinfluss auf Holz - Fehlanzeige .............................................................36
Der Mond und das Wetter .......................................................................................36
6.1
Der „hundertjährige“ Kalender .......................................................................37
6.2
Der Neumond als Schutzschild gegen den „Sonnenwind“ .............................38
7
Der Vollmond .........................................................................................................39
8
Medizinische Einflüsse ...........................................................................................40
8.1
Der Einfluss von Mondphänomenen auf die Häufigkeit von Notfällen..........41
8.2
Mondphasen und Operationskomplikationen .................................................41
8.3
Blutungsgefahr und andere Komplikationen...................................................42
8.4
Übelkeit und Erbrechen nach einer Operation ................................................42
8.5
Fruchtbarkeit und Geburtenrate ......................................................................43
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Einfluss des Mondzeichens auf Trainingstage und Leistungen ..............................44
9.1
Leistungstests ..................................................................................................45
9.2
Krafttraining....................................................................................................50
9.3
Trainingseinflüsse ...........................................................................................51
10
Besondere Tage .......................................................................................................52
11
Warum ist trotz dieser Studien der Glauben an den Einfluss des Mondes nicht
auszurotten? ............................................................................................................53
11.1
Manipulation von Statistiken ..........................................................................53
11.2
Die Medien halten Mondeinflüsse aufrecht ....................................................57
11.3
Wahrnehmungstäuschungen oder„Glaubsüchtigkeit“.....................................57
11.4
Irrtümliche Annahmen ....................................................................................58
11.5
Kognitive Voreingenommenheit und gesellschaftliche Unterstützung, verbunden
mit tradierten Weisheiten ................................................................................58
12
Schlussworte ...........................................................................................................59
13
Literaturverzeichnis.................................................................................................61
14
Abbildungsverzeichnis............................................................................................63
15
Eidesstattliche Erklärung ........................................................................................64
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Warum ich diese Arbeit für wichtig halte - meine Motivation, gerade
dieses Thema aufzugreifen und meine Befunde festzuhalten
An einem Sonntag von vielen sitzt meine Familie beim Mittagessen und hört Radio. Eine
Werbeeinschaltung eines Frisörs, der jetzt in Vollmondnächten sein Haarstudio geöffnet
hält, lässt uns aufhorchen. Meine Schwester Alexandra, eine Hardlinerin in Sachen ungeklärte Phänomene, hakt sofort ein und klagt, dass ihr der Frisör schon bald nachlaufen werde, wenn sie nicht selbst hingeht; die Haare sind strähnig und hängen unablässig in die
Stirn, was der Vater mit einem leicht mürrischen Blick ob der unfeinen Optik quittiert.
Meine unschuldige Frage, was denn gegen einen sofortigen Frisörbesuch spreche, wird mit
einem entsetztem Blick bestraft: Zum Frisör gehen, zu dieser Mondkonstellation? Da könne
man das Geld für den Frisörbesuch gleich zum Fenster hinauswerfen, oder besser, dem
Blindenverein spenden. Es sei der Mond, bzw. der Stand des Mondes im Tierkreiszeichen,
der einem erfolgreichen Haarschnitt derzeit im Wege stünde.
Da meiner Schwester nicht der Sinn nach einer Haarverlängerung, sondern nach
einem extravaganten, frisurstabilen Schnitt steht, sei es unmöglich, die Haare zu schneiden,
wenn der Mond zunimmt, und schon gar nicht in der folgenden Woche, wenn der Mond
vom Zeichen der Fische zum Zeichen des Krebses wandert. Dies seien Tage, an denen das
Haar beim Schneiden nicht nur widerspenstig werde, sondern bei einer Haarwäsche zur
übermäßigen Schuppenbildung neige.
Während dieser Erklärungen verzog sich mein Gesicht zunehmend zu einer ablehnenden Grimasse, was meiner Mutter den Appetit zu verderben schien, zumindest jedoch
ein tadelndes „Wie schaust’ denn drein?“ zur Folge hatte. Dies wiederum provozierte mich
zu der Erwiderung: „So ein Blödsinn - ihr mit eurem blöden Mond“, worauf eine tief greifende Kluft unausweichlich war, und einschlägige hitzige Diskussionen darüber sind mittlerweile fester Bestandteil der Familiensonntage.
Ich hielt also nichts vom Einfluss des Mondes auf den Haarschnitt, musste mir deswegen jedoch Vorwürfe der Arroganz, „Die Studenten wissen immer alles besser“, der Ignoranz, „Meinst du, früher waren sie alle dumm?“ und der (in Ermangelung der Existenz
der Weltformel gerechtfertigte) Einwand: „Auch die Physik kann nicht alles erklären, was
in der Natur vor sich geht“ anhören. Insbesondere der letzte Einwand war weder durch einfaches Schulterzucken noch durch beharrliches Verneinen zu entkräften. Vielmehr musste
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ich erkennen, dass ich, obwohl mir aus meinem physikalisch-naturwissenschaftlichem Verständnis heraus ein Einfluss des Mondzeichens auf unsere Welt abstrus erscheint, solchen
Argumenten wie „Aber nicht nach jedem Frisörbesuch halten die Haare gleich gut“ oder
„An den Fingernägeln merke ich es besonders“ nichts wirklich stichhaltiges entgegensetzen
konnte.
Meine Schwester kam jeden Sonntag mit neuen „Beweisen“ für die Mondzeichentheorie daher, und ich kam langsam in Verlegenheit, weil ich außer Bestreiten keine Argumente zur Hand hatte. Als auf den simplen Satz „Überleg> mal: Durch welche Kraft - oder
was auch immer - soll der Mond uns beeinflussen können“ die Erwiderung „Wenn der
Mond sogar die Meere (Ebbe und Flut) beeinflussen kann, dann hat er auch sicher Einfluss
auf die Menschen und die Natur!“ folgte, musste ich zugeben, dass ich ohne genaueres
Nachdenken keine zufriedenstellende Antwort geben konnte. Als dann auch noch eine Bekannte - eine begeisterte Hobbygärtnerin - vom sicheren Einfluss des Mondzeichens (zumindest ob abnehmender oder zunehmender Mond vorherrscht) auf die Wachstumsrate der
Salatköpfe und Gurken zu berichten wusste, und ziemlich gleichzeitig die Tante eines Studienkollegen begann, den Schlafzimmerspiegel bei zunehmenden Mond mit Zeitungspapier
abzudecken, weil das die schädlichen Strahlen des Mondes, die dem nach Erholung suchenden Schläfer den REM - Schlaf rauben, abhält, reifte in mir der Entschluss, eine wirklich fundierte Sammlung von Phänomen und Fakten anzulegen.
Dieser Vorgang gestaltete sich aber schwieriger als angenommen. Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war ja ein regelrechter Mondboom zu spüren. Im
Windschatten des erfolgreichen Buches von J. Paungger und T. Poppe „Vom richtigen Zeitpunkt – Die Anwendung des Mondkalenders im täglichen Leben“ erschienen eine ganze
Anzahl anderer Bücher über den Mond. Um sich ja keinem Trend zu verschließen, wurden
plötzlich Frisörsalons an Sonntagen geöffnet (weil der Mond im Löwen stand und/oder gerade Vollmond war) und Restaurants servierten spezielle Menüs mit Zutaten, die zum richtigen Zeitpunkt geschnitten und geerntet worden waren.
So war es nicht schwer, von Mondgläubigen verfasste Literatur über den Einfluss
des Mondes oder des Mondzeichens zu finden. Mit wissenschaftlichen Studien, die diese
Behauptungen entweder untermauerten oder untergruben sah es aber – mit wenigen Ausnahmen, die größtenteils unbemerkt blieben – schon viel schlechter aus. Deshalb beschloss
ich, diese wenigen Ausnahmen aufzuspüren, zu sichten, aus dem Blickwinkel des Physikers
zu bewerten, und zu überlegen, was davon auf welche Weise in einem kritischen Physikun-
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terricht in der Schule mit Nutzen für die Schüler verwendet werden könnte. Immerhin wissen viele Schüler von diesen „Mondideen“ aus ihren Familien oder aus den Medien, sodass
wir Physiklehrer uns dem Phänomen „Mond“ stellen müssen, auch wenn es nicht explizit
im Lehrplan steht!
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Übernatürliches Interesse am Mond
Seit Menschengedenken begleitet der Mond die Erde und ist besonders nachts ein sehr auffälliger Himmelskörper. Deshalb wundert es nicht, dass bis heute geglaubt wird, der Mond
beeinflusse, ja steuere verschiedenste Vorgänge auf der Erde bis zum Schicksal des einzelnen Menschen, so wie dies auch den Sternen zugeschrieben wird.
In Büchern über den Einfluss des Mondes auf die Welt kommt unweigerlich der
Ausdruck „überliefertes Wissen“ vor. Damit wird ausgedrückt, das alles, was „wir heute
vom Einfluss des Mondes wissen“, bereits unseren Ahnen bekannt war. Johanna Paungger
sagt uns, wie diese zu ihrem Wissen kamen: „Jahrtausendelang lebte der Mensch weitgehend mit den vielfältigen Rhythmen der Natur, um sein Überleben zu sichern. Er beobachtete mit wachen Augen und gehorchte Notwendigkeiten, anfangs noch ohne nach ihren Ursachen zu fragen.“ [Paungger/Poppe, 1991]
Stellen wir uns einen Urmenschen vor, der mit wachen Augen beobachtet. Was
sieht er am Tag? Die Sonne. Und in der Nacht? Den Mond und den Sternenhimmel. Selbstverständlich sind es diese auffälligen Objekte, die er als erstes in Verbindung mit der Natur
zu bringen versucht. Glaubt er nun Verbindungen oder Abhängigkeiten entdeckt zu haben,
gibt er diese an seine Nachkommen weiter, und so gelangt dieses „Wissen“ schließlich bis
zu uns. Der Glaube an die Richtigkeit dieses Wissens wird noch durch ein Phänomen verstärkt, das in der Psychologie „kausale Fixierung“ heißt: Glaubt man nämlich einmal, den
Mond als Einflussfaktor identifiziert zu haben, so wird man immer wieder auf solche Einflüsse stoßen.
Dabei ist diese „kausale Fixierung“ nicht auf den Mond beschränkt, wie ich oft genug an mir selbst erlebt habe. So beschreibt R. Wilson im Roman „Illuminatus“, den ich
mit großem Interesse las, einen Geheimbund, deren Mitglieder, die Illuminaten, in Wahrheit
die Welt regieren. [Wilson, 1997] Deren besonderes Kennzeichen ist die Zahl 23. Nach der
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Lektüre dieses Romans war ich von dieser Idee derart fasziniert, dass seit dem das Aufspüren der Zahl 23 in möglichst vielen Zusammenhängen ein mir lieb gewonnenes Hobby ist.
Man glaubt gar nicht, wie allgegenwärtig seitdem die 23 für mich ist! Ganz egal, ob es sich
um Weltpolitik, Weltwirtschaft oder Weltkriminalität handelt - immer ist die 23 im Spiel.
Man kann diesen Selbstversuch leicht mit jeder beliebigen anderen Zahl durchführen. Zum
Beispiel mit der „heiligen Zahl“ Sieben, die immer wieder auftaucht, oder mit der Kreiszahl
.
In der Zeit, in der ich einen Opel besaß, meinte ich, dass fast ausschließlich Opels
die Autobahn benutzen, sogar in Italien. Jetzt fahre ich einen BMW - und nun sehe ich fast
nur mehr BMW 3er herumfahren - und logischerweise sind sie so wie meiner alle silbern.
Mit einem ähnlichen Problem kämpfen die Meteorologen - nämlich dem Gerücht, dass das
Wetter immer auf das Wochenende hin schlecht wird, und am Montag darauf wieder schön.
Obwohl es unwiderlegbare Statistiken gibt, die zeigen, dass es im Jahresmittel keine Präferenz für sonntägliche Regentage gibt, kommt man gegen dieses Vorurteil nur sehr schwer
an.
Man könnte diese Reihe beliebig fortsetzen. Sobald man auf etwas fixiert ist, wird
man immer wieder darauf zurückkommen, ganz einfach weil die vielen Eindrücke, die auf
uns einströmen, meist nicht bewusst wahrgenommen werden. Erst wenn man bei einem
solchen Ereignis auf etwas achtet, bleibt es in Erinnerung: Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland tritt am 23.5.1949 in Kraft, und auch die Quersumme des Datums der
Wiedervereinigung, 3.10.1990 beträgt 23. Der Anschlag auf das World Trade Center am
11.9.2001? Na gut, diesmal eben nicht – oder doch? Ein „23-Strenggläubiger“ könnte eventuell auf elf plus neun plus zwei plus eins = 23 verfallen – oder ist dies gar zu weit her geholt? Liest man nach einer schlaflosen Nacht in der Morgenzeitung, dass gerade Vollmond
ist, ist die Schlaflosigkeit sofort erklärt. Ist jedoch gerade nicht Vollmond, erklärt man sich
die Schlafprobleme vielleicht einfach damit, dass man zu spät zu viel gegessen hat. Als
Lizenzfahrer im Mountainbikesport fahre ich fast jeden Tag mit dem Rad. Mittlerweile habe ich schon mindestens 20 schwerere Unfälle hinter mir; an kein Unfalldatum kann ich
mich mehr erinnern, außer an zwei: Einmal am Freitag den 13. und ein andermal am 23.
Juni!
Wer also bewusst nach dem Rhythmus des Mondes lebt, wird sich immer wieder
bestätigt fühlen, ähnlich wie ich, der in allem die 23 erkennt. Wenn eine meiner Bekannten
jedes Jahr das in die Erde wachsende Gemüse zu abnehmendem Mond setzt, und das nach
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oben sprießende bei zunehmendem, dann wird ihr Glauben immer wieder Bestätigung finden, wenn sie ein besonders schön gewachsenes Exemplar aus der Erde zieht; und wenn es
nicht gut gewachsen ist, dann waren es eben zu viele Regentage, zu viele Sonnentage, oder
was immer.
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Was bedeutet: Der Mond ist im Stier, absteigend und abnehmend
In diesem Kapitel wollen wir uns mit den Ideen vertraut machen, mit denen uns die Erfinder der Mondtheorien einen Einfluss des Mondes auf die Welt glauben machen wollen. Da
wir nicht nur wissen sollten, welche Regeln uns der Mond angeblich aufdrängt, sondern
auch, woher diese Regeln ursprünglich kamen, beginnen wir mit einer Einführung in das
Sonne-Erde-Mond-Tierkreiszeichen-System:
3.1 Winter- und Sommersonnenwende
Die Jahreszeiten sind eine Folge des Umlaufs der Erde um die Sonne, und der Tatsache,
dass die Rotationsachse der Erde zur Ekliptikebene, auf der die Erdbahn liegt um 23,5°
geneigt ist. Da die Rotationsachse im Zeitablauf annähernd die gleiche Neigung beibehält,
ändert sich die Einfallsrichtung der Sonnenstrahlen auf den verschiedenen Orten der Erde.
So steht die Sonne während der Tag- und Nachtgleiche am 21. März (bzw. am 23. September) rechtwinkelig zum Äquator, während sie am nördlichen Sommeranfang orthogonal
zum nördlichen Wendekreis bei 23,5° nördliche Breite steht. (Winteranfang: südlicher
Wendekreis, 23,5° südliche Breite)
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Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Abbildung 3.1.1
Die Diskrepanz der Zeiten zwischen Frühlings- und Herbstbeginn, bzw. Herbst- und Frühlingsbeginn ist eine Folge des zweiten Keplerschen Gesetzes: Die Erdumlaufbahn beschreibt eine leichte Ellipse (Exzentrizität 0,017) und es gilt: Der Radiusvektor von der
Sonne zum Planeten überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen:
Abbildung 3.1.2
Der Abstand der Erde zur Sonne ist zum Zeitpunkt der Wintersonnenwende am geringsten,
die Erde daher dort am schnellsten, und daraus folgt, dass der Winter auf der Nordhalbkugel kürzer ist, als der Sommer. (~186 Tage und 10h im Vergleich zu ~178 Tagen und 19h).
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3.2 Die Mondphasen
Während seiner Drehung um die Erde befindet sich der Mond immer wieder in einer anderen Position zur Sonne. Aus diesem Grund ändert sich jener Teil der Mondscheibe, der einem Beobachter von der Erde durch die Sonne beleuchtet erscheint. Dadurch entstehen die
Mondphasen. Unter der Annahme, dass das von der Sonne kommende Lichtbündel aus parallelen Strahlen besteht - aufgrund der großen Entfernung (150
109 m) ist diese Nähe-
rung zulässig - ist diese Erscheinung leicht erklärt:
Abbildung 3.2.1
Wären die Ebenen der Mondbahn und der Erdbahn kongruent, (in Wahrheit um ca. 5° geneigt) gäbe es bei jedem Vollmond eine Mondfinsternis. Bei Neumond stehen Mond und
Sonne auf der selben Seite der Erde, der Mond ist zu diesem Zeitpunkt der Sonne am
nächsten.
Um die behaupteten zahlreichen Einflüsse des Mondes zu erklären, wird ähnlich
dem Aszendenten beim Horoskop auch noch der aufsteigende vom absteigenden Mond
unterschieden. Diese Unterscheidung hat mit den Mondphasen nichts zu tun, ist also nicht
mit den astronomischen Begriffen „abnehmend“ (von Vollmond bis Neumond) und „zunehmend“ (von Neumond bis Vollmond) gleichzusetzen. Aufsteigend ist der Mond von der
Wintersonnenwende am 21. Dezember bis zur Sommersonnenwende am 21.Juni, absteigend in der zweiten Jahreshälfte. Die Zeichen Zwillinge (vor der Sommersonnenwende
21.5. – 21.6.) und Schütze (vor der Wintersonnenwende 23.11. – 21.12.) werden nicht exakt zugeordnet, weil sie Wendepunkte in diesem Zyklus darstellen.
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3.3 Der Tierkreis
Die Benennung der sichtbaren Sterne und ihre Zusammenfassung zu Sternbildern geht auf
eine Zeit zurück, in der man vom heliozentrischen Weltbild, in dem die Planeten um die
Sonne als Mittelpunkt kreisen, noch nichts wusste. Man glaubte vielmehr die Erde im Mittelpunkt des Universums, um die Sonne, Mond und Sternenhimmel, den man sich als eine
Glaskuppel mit darauf angehefteten Sternen vorstellte, kreisten.
Abbildung 3.3.1
Da man also alle Sterne im gleichen Abstand zur Erde wähnte, gruppierte man gewisse
Sterne gedanklich zu Sternbildern. Bilder, die den einzelnen länderspezifischen Mythologien entstammten. Schon vor 3500 Jahren stellten die Babylonier bei ihren Beobachtungen
des Sternenhimmels fest, dass zu Sommeranfang, wenn die Tage am längsten sind, die
Sonne immer vor dem Hintergrund des Sternbildes steht, das später mit dem Namen
„Krebs“ belegt wurde, und zu Frühlingsanfang immer zu Beginn jenes anderen Sternbildes
steht, dem später der Name „Widder“ gegeben wurde.
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Es schien ihnen, als ob die Sonne durch ihre Stellung in wechselnden Sternbildern von eben
diesen beeinflusst, geprägt, modifiziert würde. Stand sie im Steinbock (Winter), war ihre
Kraft schwach, stand sie im Krebs (Sommer), war ihre Kraft groß. Stand sie im Widder
(Frühling), schien sie die Pflanzen „wieder zu erwecken“ und alles zum Blühen zu bringen.
Wenn die Sonne durch die Sternbilder in ihrer „Wesensart“ verändert wurde, so schlossen
die Babylonier weiter, dann hatten ja vielleicht auch die Menschen, die in diesen Zeitabschnitten geboren wurden, Eigenschaften, die eine gewisse Ähnlichkeit mit diesen „Eigenarten“ der Sonne hatten. So wurden nach und nach mit den Sternbildern bestimmte Eigenschaften verbunden, von denen man glaubte, dass sie sowohl die Eigenschaften der Sonne
wie die Eigenschaften der Menschen in ähnlicher Weise „prägten“ [Niehenke, 1994]
Nachdem die Babylonier einmal die Idee geboren hatten, dass bestimmte Sternkonstellationen bestimmte wiederkehrende Ereignisse bewirken, suchten sie diese Zusammenhänge zeitlich genauer festzulegen. Sie suchten nach einer möglichst genauen „Himmelsuhr“ für das „Wann“ des Eintretens dieser Ereignisse. Bei ihrer Suche erfanden sie ein
„himmlisches Ziffernblatt“, auf dem Sonne und Mond als Zeiger fungierten. Man wusste,
dass die Sonne neben ihrem täglichen Lauf auch noch eine jährliche Wanderung am Himmel beschreibt, bei der sie gewisse Sternbilder durchschreitet. Da auch der Mond in einem
Jahr zwölf Mal die Erde umläuft, teilten sie den Himmel in zwölf gleiche Abschnitte zu
dreißig Grad ein, die von Sternbildern bestimmt wurden. Dieser Jahreskreis wurde in späterer Zeit nach dem germanischen Jahresgott Tyr „Tyrkreis“ genannt, aus dem durch die
Lautverschiebung schließlich der heutige „Tierkreis“ wurde. Die Sternbilder des „Tierkreises“ haben in allen Kulturen unterschiedliche Namen, und in der westlichen Astrologie
(und Astronomie) haben sich folgende Namen durchgesetzt:
Widder
Stier
Zwilling
Krebs
Löwe
Jungfrau
Waage
Skorpion
Schütze
Steinbock
Wassermann
Fische
In unserer heutigen, wissenschaftlichen Sprache sagen wir: „Die Ekliptik geht durch die
Sternbilder“, aber seinerzeit konnte nur beobachtet werden, dass sich der Sternenhimmel im
Laufe des Jahres ändert, und der scheinbare Lauf der Sonne immer wieder ein anderes
Sternbild durchwandert. Dieses lässt sich so finden, dass man am Tag die (scheinbare)
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Bahn der Sonne aufzeichnet, und in der Nacht beobachtet, welches Sternbild dieser Bahn
folgt: Es wird immer genau eines der zwölf Sternbilder sein, wobei selbstverständlich Monat für Monat ein Sternbild kontinuierlich in das nächste übergeht. Als andere Möglichkeit
könnte man sich den Punkt merken, an dem die Sonne am Morgen aufgeht, und beobachten, welches der Sternbilder sich in der Dämmerung an diesem Punkt befindet.
Dazu muss man sagen, dass damals die Bahn der Sonne, des Himmels, des Sternenzeltes, der Wandelsterne (der Planeten) und des Mondes als unabhängige Bewegungen angesehen wurden. Eine Bewegung hatte mit der anderen nichts zu tun, eine Fassung all dieser Bewegungen in ein einheitliches Weltbild war mit den geozentrischen Vorstellungen
nicht möglich. Versuche in diese Richtung führten zu so komplizierten Modellen, dass die
Bewegungen lieber mit göttlicher Steuerung erklärt wurden, wie man in Abbildung 3.3.2
erkennt, wo ein Engel den Sternenhimmel mit den darauf sitzenden zwölf Tierkreiszeichen
dreht.
Abbildung 3.3.2
Der Lauf des Mondes, der auch noch seine „Gestalt immerwährend ändert“, wird mythologisch oft mit dieser unterhaltsamen Geschichte erklärt: „Das Liebesspiel von Sonne und
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Mond beginnt kurz nach Sonnenuntergang, wenn der neue Mond zum ersten Mal als
schmale silberne Sichel über dem Westhorizont auftaucht. Von Tag zu Tag strebt er immer
weiter der Sonne fort, sich dabei zum Halbmond und zur vollen Scheibe wandelnd, die am
östlichen Firmament ihren Lauf antritt, wenn die Sonne im Westen ihre Tagesbahn vollendet. Nachdem er sich so am weitesten von ihr entfernt hat, eilt der Mond nun wieder auf die
Sonne zu, sich dabei vor Sehnsucht Stück für Stück verzehrend, bis er sie schließlich erreicht, und in ihren Flammenarmen verschwindet. Doch sie lässt ihn wieder frei, als Sichel
fängt er ein neues Leben an, fliehend, zurückkehrend, wachsend und vergehend, in ewiger
Wiederkehr.“ Wohl kein anderes Geschehen am Himmel hat die Fantasie so beflügelt wie
das vermeintliche Verhalten und Schicksal des Mondes.
Vor 2500 Jahren waren die Babylonier dank langwieriger Beobachtungen in der
Lage, die Stellung von Sonne, Mond und Planeten in hinreichender Genauigkeit vorauszuberechnen. Damit hatten sie die nötigen Voraussetzungen für Horoskope geschaffen, und
ließen sich diese gegen sehr gute Bezahlung abkaufen. Der Astronom war zugleich Astrologe. Der Glaube, aus dem Stand der Planeten und der Sterne die Zukunft vorhersagen zu
können, stimulierte zu immer genaueren Beobachtungen des gestirnten Himmels. Die Ausübenden waren meist Priester - studierte Leute auf der Höhe des Wissens ihrer Zeit. Im
Reich Alexanders des Großen drangen diese Lehren auch zu den Griechen und Römern
durch. Das aufstrebende Christentum konnte mit diesen „Göttern“ freilich nicht viel anfangen, und drängte die Astrologie für Jahrhunderte ins Abseits: Es sei doch töricht und frevelhaft, statt Gott selbst die von ihm geschaffenen Gestirne anzubeten, und sich von ihnen
abhängig zu wähnen.
Die Schicksalsauffassung des Islam kam der Astrologie allerdings zugute, und bescherte ihr eine Auferstehung in allen Bereichen des menschlichen Daseins. Durch den europäischen Kontakt zum Orient und zum byzantinischen Reich, wie er sich infolge der
Kreuzzüge ergab, brach eine gewaltige Flut von astronomischen Schriften über Europa herein. Renaissance und Humanismus verstärkten diese Flut durch ihr Interesse an griechischrömischen Überlieferungen. Die Sterndeutung durfte gar mit päpstlicher Gunst prahlen,
nachdem sich Papst Julius II. den günstigsten Tag für seine Krönung nach dem Sternenstand berechnen ließ. Leo X. schuf für die Astrologie sogar einen eigenen Lehrstuhl. Selbst
die bedeutendsten Astronomen wie Nicolaus Kopernikus, Tycho de Brahe, Galileo Galilei
und Johannes Kepler waren mit der Horoskopie vertraut, wenngleich sie diese ohne echte
innere Überzeugung ausübten – vielmehr um das karge Wissenschaftlergehalt aufzubessern.
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So wird Kepler oft zitiert: „Es ist wohl die Astrologie ein närrisch Töchterlein, aber, du
lieber Gott, wo wollt’ ihre Mutter, die hochvernünftige Astronomie bleiben, wenn sie diese
närrische Tochter nicht hätte! Auch sind sonst der Mathematiker Einkünfte so seltsam und
gering, dass die Mutter gewisslich Hunger leiden würde, wenn die Tochter nichts erwürbe.“
Die Epoche der Aufklärung mit ihrer zunehmenden Einsicht in naturwissenschaftliche Zusammenhänge – dank der gänzlich neuen Ansätze von Kopernikus, der die zentrale
Stellung der Erde im Kosmos ad absurdum führte, von Kepler, der die wahren Bahnformen
der Planeten entdeckte, und von Newton, der das Gravitationsgesetz formulierte – drängte
die Sterndeutung mit ihren ganz anders gearteten Fundamenten in den Hintergrund und
entkleidete sie ihres Nimbus. Der Mensch fühlte sich dem Walten von Naturmächten immer
weniger hilflos ausgeliefert, der Schicksalsglaube verlor an Boden, und mit ihm die Astrologie, die ab der Mitte des 18. Jahrhunderts für viele Jahrzehnte aus dem allgemeinen Bewusstsein verschwunden war.
Erst die Spiritismus- und Okkultwelle des späten 19. Jahrhunderts brachte ein neues
Interesse an Astrologie, wenn auch in veränderter Form: Nun zeigten die Sterne nicht mehr
ein unabänderliches Schicksal, sondern bloß Tendenzen an, die realisiert werden können oder auch nicht. So wurde die Astrologie für den Menschen der Industrialisierung, der sich
sein Schicksal selbst schaffen wollte, vertretbar. Eine derart weit verbreitete Akzeptanz wie
im römischen Reich oder zur Zeit der Renaissance konnte die Astrologie allerdings nicht
mehr finden. Vielmehr standen sich nun Menschen, die sich für Astrologie interessieren,
und Menschen, die diese Lehre ablehnen, in zwei Lagern gegenüber. Eine Situation, die bis
heute anhält. [Teile aus Drössler, 1984 und Schmid, 2000]
3.4 Der Stand von Sonne und Mond im Tierkreis
Wie bereits erwähnt entstammten die Sternbildnamen größtenteils den jeweiligen Mythologien. So wurde ein und dasselbe Sternbild in verschiedenen Kulturen mit unterschiedlichem
Namen bedacht. Darüber hinaus wurden auch in verschiedenen Kulturen verschiedene Sterne zu Bildern verbunden. War es bei den einen der Schwanz eines Skorpions, war es anderswo der Bogen eines Kriegers. Hipparch von Nicäa, ein bekannter griechischer Astronom, legte schließlich um ca. 125 v. Chr. die Namen der Sternbilder fest – der Jahreskreis
begann von da an am Frühlingspunkt mit dem Sternbild des Widder, und umfasste die
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zwölf bekannten Zeichen. Sternbild und Tierkreiszeichen waren identisch. In den nun folgenden Abbildungen 3.4.1 bis 3.4.5 sieht man, wie sich die Zeichen, in denen sich Sonne
und Mond befinden, ergeben:
Abbildung 3.4.1
Abbildung 3.4.2
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
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Abbildung 3.4.3
Abbildung 3.4.4
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
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Abbildung 3.4.5
Bis heute hat sich jedoch der Frühlingspunkt infolge der Präzession der Erdachse, die in
25.800 Jahren um den Himmelspol präzediert, verschoben. Der Frühlingspunkt wandert
also vor dem Hintergrund des Sternenhimmels in durchschnittlich 2150 Jahren auf der Ekliptik um ein Sternbild rückwärts. Somit befindet er sich heute zwischen den Sternbildern
Fische und Wassermann. Man spricht deshalb auch vom Übergang des Zeitalters der Fische
ins Zeitalter des Wassermanns, was die Astrologen werbewirksam als eine „Zeit des Übergangs“ interpretieren, wobei sie sich nicht sicher sind, ob es nun ein kontinuierlicher Übergang über Jahrzehnte oder ein sprunghafter sein soll.
In der westlichen Astrologie (also auch bei unseren Mondbüchern) wird der Tierkreis immer am 21. März neu gestartet. Das heißt die Mondzeichen, die in den Mondkalendern bzw. in den Horoskopen stehen, weichen von den am Himmel beobachtbaren ab.
Deutlich wird das bei Neumond, wenn Mond und Sonne auf der selben Seite der Erde stehen (siehe 3.2), und folglich Sonne und Mond im gleichen Zeichen stehen müssten, was
aber nicht immer der Fall ist.
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Paungger/Poppe erklären das so: „Vertrauen Sie jedoch den Kalendern. Bestimmte Bahnabweichungen von Sonne, Mond und Sternen in einem Rhythmus von 28.000 Jahren sind
für diese Differenz verantwortlich. Der Einfluss des Tierkreises wird deshalb nicht nach
dem wirklichen Stand des Mondes, sondern nach dem „Frühlingspunkt“ berechnet. Auch
die Erfahrung zeigt, dass diese Berechnung zur Identifikation der Einflüsse die richtige ist,
denn selbst wenn der Mond real noch in den Fischen steht, herrscht bisweilen schon der
Kraftimpuls, dem unsere Vorfahren den Namen „Widder“ gegeben haben.“ [Paungger/Poppe, 1991]
3.5 Der Tierkreis aus der Sicht der Physik
Wie beschrieben, stammt das „überlieferte Wissen“, das in allen Publikationen über Astrologie oder Mondmythen vorkommt, von den Babyloniern, und wir haben historisch dargelegt, um was für eine Art von „Wissen“ es sich dabei handelte. Verglichen mit dem Wissen
der heutigen Astronomie, warum die Erde jeden Monat in einem anderen Tierkreiszeichen
steht, war das „Wissen“ der Babylonier völlig unwissenschaftlich, was aber bestimmt kein
Vorwurf sein soll – wie hätten sie die Welt in ihrem Denken auch anders sehen sollen.
Doch auch den Babyloniern fiel bereits auf, dass die Sonne zu Sommeranfang nicht
in jedem Jahr an derselben Stelle des Sternbildes Krebs steht. Der Unterschied macht zwar
in 100 Jahren nur etwas mehr als einen Grad aus, dennoch war abzusehen, dass die Sonne
zu Sommeranfang in etwa 2000 Jahren nicht mehr im Krebs stehen würde, sondern, da die
Verschiebung gegen die Tierkreisrichtung stattfindet, im Sternbild Zwilling. Würde das
heißen, dass im Sommer dann nicht die längsten Tage des Jahres waren? Wenn es die
Sternbilder waren, die der Sonne ihre Eigenart aufprägten, dann müsste sich doch der
Sommeranfang im Laufe der Zeit immer weiter vom längsten Tag des Jahres entfernen, und
würde in einigen tausend Jahren schließlich mit dem kürzesten Tag des Jahres zusammenfallen. Demnach müsste bereits in unseren Jahren ein „Widder“-Geborener eigentlich ein
„Fisch“ sein. Diese Verschiebung der Tierkreiszeichen zeigt die folgende Abbildung 3.5.1
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 22
Abbildung 3.5.1
Auch die Verfasser von Horoskopen und Mondbüchern wissen um diese Tatsache. Allerdings legen sie dieses Wissen unterschiedlich aus. Die Astrologen berufen sich auf den
„tropischen Tierkreis“ der immer am 21. März neu beginnt, während Paungger/Poppe (s.
Kapitel 3.4) behaupten, dass gerade dieser Wechsel ein Beweis dafür sei, dass der Mond
selbst der Einfluss ist, und nicht etwa nur ein „Uhrzeiger“: „Die Diskrepanz zwischen tatsächlichem Mondstand und Kalendermondstand gibt vielleicht einen Hinweis auf die möglichen Ursachen der Mondrhythmen, denn damit dürfte feststehen, dass die Sternkonstellation selbst - in Milliarden von Lichtjahren Entfernung - beim Erkennen und Nutzen der
zwölf Kraftimpulse keine Rolle spielt“ [Paungger/Poppe, 1991]
Im Gegensatz dazu schreibt die Astrologin A. Cortesi: „Astrologen glauben nicht
daran, dass die Sterne unser Leben beeinflussen! .. Der Sternenhimmel ist vergleichbar mit
einem Barometer, auf dem man die Wetterlage ablesen kann. Aus dem Sternenhimmel lässt
sich die „Stimmung“ im Kosmos und auf Erden erkennen. Es gibt sehr harmonische Zeiten,
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 23
aber auch spannungsgeladene. Genauso wie ein Barometer das Wetter nicht beeinflusst,
sondern es lediglich anzeigt, so sind die Gestirne nur „Anzeiger“ für Stimmungen, in der
Menschen mit bestimmten Charaktereigenschaften geboren werden. Einen direkten Einfluss
auf unser Leben haben Sterne nicht.“ [Cortesi, 2004]
Ein Physiker könnte versucht sein, diesen „Richtungsstreit“ sarkastisch mit der Beobachtung zu vergleichen, dass er sehr häufig immer dann Hunger verspürt, wenn auf seiner
Armbanduhr der große und der kleine Zeiger auf „zwölf“ stehen und eine ferne Kirchenglocke zum Ave Maria läutet. Aus diesem „Zusammentreffen“ würde er aber nie und nimmer
schließen, dass seine Armbanduhr oder deren Zeiger oder die ferne Glocke seinen Hunger
verursachen, sondern weil sein Frühstück bereits fünf Stunden zurückliegt.
Angesichts der heute von niemandem mehr bestrittenen Tatsache, dass die Sterne
nicht wie bei den Babyloniern auf einer Glasplatte kleben, sondern in fast unvorstellbaren
Entfernungen von uns ihre eigenen Bahnen ziehen, begreift der Physiker nicht, wie die
„Mondgläubigen“ noch immer an ihrem Glauben an den Einfluss eines „Sternbildes“ festhalten können. Die Sternbilder sind ja nichts anderes als eine optische Täuschung, weil unser Auge auf solche Entfernungen nicht mehr dreidimensional sieht. Ein Stern der doppelt
so weit weg ist wie ein anderer, aber dreimal so hell leuchtet wie dieser, erscheint uns näher. Riesige Distanzen zwischen den Sternen werden nicht mehr wahrgenommen. Obwohl
der Orion kein Sternzeichen ist, aber von der Erde aus gut sichtbar ist, möchte ich an diesem Beispiel die Sinnlosigkeit der Sternbilder erläutern: Abbildung 3.5.2 zeigt das Sternbild des Orion von der nördlichen Erdhalbkugel aus betrachtet:
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 24
Abbildung 3.5.2
Obwohl Bellatrix der Erde fast vier Mal näher ist als Saiph, werden die beiden Sterne in
einem Sternbild zusammengefasst. Würde man dieses Sternbild nicht von der Erde aus (also von vorne) sondern zum Beispiel von der Seite aus betrachten (Abb. 3.5.3), ergibt sich
etwas gänzlich anderes – aus meiner Mountainbike-geprägten Sicht nämlich ganz eindeutig
einen Radfahrer! - man käme niemals auf die Idee, gerade diese Sterne zu einem Bild des
Orion zusammenzufassen!
Abbildung 3.5.3
Im Dreidimensionalen sieht das so aus:
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 25
Abbildung 3.5.4
Das „American Museum of Natural History Hayden Planetarium“ hat in einem Forschungsprojekt den Orionnebel dreidimensional animiert, und gestattet dem Betrachter auf
seiner Homepage einen dreiminütigen Flug durch dieses Sternbild. [Hayden Planetarium,
2000]. Abbildung 3.5.5 zeigt einen Screenshot daraus.
Seite 26
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Abbildung 3.5.5
4
Die Rhythmen von Sonne und Mond, und die Biologie
Das Leben auf unserer Erde lässt sich derzeit etwa 3,8 Milliarden Jahre zurückverfolgen. In
den 800 Millionen Jahren von der Entstehung der Erde bis zum Auftreten der ersten hefeähnlichen Gebilde, die in Quarzgesteinen im Süden Grönlands gefunden wurden, und bereits deutliche Ähnlichkeiten mit heute noch lebenden Organismen aufweisen, hat das Leben eine gewaltige Entwicklung durchlaufen. Man darf voraussetzen, dass auf der Erdoberfläche bereits von Anfang an organische Materie vorhanden war. Ob sie dort entstand oder
kosmischer Herkunft ist, ist nicht sicher. Beides ist möglich, wie einerseits erstaunlich einfache Experimente von S. L. Miller und Nachfolger [Himmelein, 2003] zeigten, und andererseits astronomische Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte, dass es im bis dahin als lebensfeindlich angenommenen Weltraum von organischen Molekülen von der Ameisensäure bis
zu Aminosäuren nur so wimmelt. Man geht davon aus, dass sich diese Kohlenstoffverbin-
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 27
dungen im äußerst reaktionsfreudigen Urmeer in beträchtlicher Konzentration anreicherten,
und eine schier unendliche Folge von Reaktionsprodukten entstehen und wieder abbauen
ließen. Von wesentlicher Bedeutung dürften hier die Tümpel im Uferbereich der Meere
gewesen sein. Durch Wind, Wellenschlag und die Gezeiten wurden diese gefüllt und wieder
entleert. Durch die geringe Tiefe wurden sie im Tagesverlauf mittags erhitzt und nachts
abgekühlt. H. Rahmann vermutete 1980, dass die temperaturabhängige Durchlässigkeit der
Membranen sehr primitiver Bakterien eine Folge des Tagesganges der Temperatur in diesen
Tümpeln ist – somit eine uralte „Erinnerung“ an den Auf- und Untergang der Sonne aus der
allerersten Zeit des Lebens sein könnte. [Rahmann, 1980]
Seit der Entstehung des Lebens ist die Sonne mehr als eine Billion Mal auf- und
untergegangen, haben Ebbe und Flut über vier Billionen Mal gewechselt, und es wurde über
50 Milliarden Mal Vollmond. Die sich langsam entwickelnden Sinnesorgane waren daher
einem streng periodischen und niemals unterbrochenen Reizmuster ausgesetzt.
Es fällt schwer anzuzweifeln, dass dieses Auf und Ab, welches das Leben seit seiner
frühesten Phase begleitete, die einzelne Zelle bis hin zu ihrer chemischen Feinstruktur geprägt hat. Hier also dürfte die Wurzel der periodischen Vorgänge in der belebten Natur liegen, alle inneren Uhren, vom Schwarmverhalten des Palolowurms (vgl. 4.1) bis zum Afrikaflug der Störche. Ebenso kann vermutet werden, dass die Beschäftigung mit der Astronomie seit Urzeiten durch den Gleichklang „der natürlichen Gesetzlichkeit in uns und dem
gestirnten Himmel über uns“ gefördert wurde - frei nach dem Zitat von I. Kant. [Teile aus
Schlosser/Cierny, 1996]
4.1 Einflüsse von Sonne und Mond auf die Tierwelt
Der Palolowurm, ein entfernter Verwandter unseres Regenwurms, ist ein Meister in der
Bestimmung astronomischer Konstellationen. Er schwärmt immer im letzten Mondviertel
des Monats nach dem Frühlingstag aus - eine Regelmäßigkeit, ähnlich unserer Regel für das
Osterfest (Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond).Wie er diesen Zeitpunkt bestimmt
ist unbekannt. Im Korallenkalk unter Wasser lebend, kann er die Mondphasen ja schlecht
beobachten. Ein Vorschlag lautet, dass die von Sonne und Mond gleichermaßen beeinflussten Gezeiten (vor allem der Tidenhub) sein Verhalten bestimmen.
Bienen navigieren mit dem Schwänzeltanz nach der Sonne, sobald eine Futterquelle mehr
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 28
als 100m entfernt ist, und ein planloses Umherfliegen nach dem animierenden Rundtanz
nur mehr wenig Erfolg bringen würde. Dabei leisten sie nichts anderes als eine Polarkoordinatendarstellung des Zieles bezogen auf das Sonnenazimut.
Die Wüstenameise Cataglyphis fortis durchläuft auf der Suche nach Futter in wildem Zickzackkurs die Wüste, und nachdem sich etwas gefunden hat, kehrt sie auf dem kürzesten Weg zu ihrem Nest zurück. Sie kennt dabei die direkte Richtung zu ihrem Nest zu
jeder Zeit, und berechnet den Gang der Sonne am Himmel immer mit ein, indem sie die an
die Sonne gekoppelte Polarisation des Himmelslichtes als Kompass benutzt. Der Heimweg
ist im Schnitt nur ca. sechs Prozent länger, als der mathematisch berechnete. [Wehner,
2001] Südlich der Sahara lebt ein Eulenfalter, der nach dem Mond navigiert und mit einem
Problem zu kämpfen hat, das für äquatornahe Länder spezifisch ist. Der Mond (und auch
die Sonne) steht oft im oder sehr nahe am Zenit, wo er keine klare Himmelsrichtung mehr
auszeichnet. Der Falter legt dann bei seiner Wanderung eine Pause ein, bis sich der Mond
vom Zenit entfernt, und wieder eine klare Richtung hat. [Schlosser/Cierny, 1996]
Beim Vogelzug nutzen die Vögel mehrere Mechanismen, wie das irdische Magnetfeld, Infraschall, Luftdruck, ultraviolettes und polarisiertes Licht. Nachtziehende Vögel
verwenden offenbar einen Sternenkompass. Dies haben Experimente mit Grasmücken und
anderen Arten unter dem Planetariumshimmel bewiesen. Diese Vögel scheinen sich nicht
nach individuellen Sternbildern zu orientieren, sondern erkennen den Punkt am Himmel,
um den die Sterne laufen, also den Himmelsnord- bzw. -südpol. Diese Wahl ist äußerst
intelligent, da die Drehorte des Sternhimmels über die Jahrtausende unveränderlich sind.
Würden sich die Tiere nach dem Polarstern orientieren, so würde die Präzession desselben
ihren Kompass in wenigen Jahrhunderten unbrauchbar machen. Jedoch scheint es auch Vogelarten (z.B. die Stockente) zu geben, die individuelle Sternbilder lernen, und dann wieder
erkennen können.
Dies sind Beispiele, wie Mond und Gestirne das Lebensverhalten wesentlich beeinflussen. Die Autoren der Mondbücher gehen hier aber einen wesentlichen Schritt weiter sie leiten aus diesen vereinzelten Beispielen die unzulässige Behauptung ab, dass alle Lebewesen von Mond und Gestirnen wesentlich beeinflusst werden!
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 29
4.2 Die physikalischen Gezeiten und die „biologische Gezeitentheorie“
Wann immer ich versuchte, gegenüber einem „Mondgläubigen“ den Einfluss des Mondes
auf die verschiedensten Vorgänge auf der Erde zu bezweifeln, kam unweigerlich das Argument - und das nicht nur von naturwissenschaftlich weniger gebildeten Menschen, sondern sogar von einem guten Freund und langjährigen Mathematik-Physik Studienkollegen:
„Wenn der Mond sogar Einfluss auf die Gezeiten hat, dann muss er auch Einfluss auf alles
Andere haben.“
Die Gezeiten entstehen durch die Wirkung der Gravitationskräfte des Mondes und
der Sonne auf die Erde. Dabei ist der Einfluss der Sonne etwa 180 Mal stärker als der des
Mondes – schließlich bewegt sich die Erde ja um die Sonne, und nicht um den Mond. Die
Gezeiten hängen jedoch nicht von der Gravitationskraft selbst ab, sondern von deren Änderung pro Längeneinheit (dem Gradienten). Diese so genannte „Änderungsrate“ ist jedoch
nicht proportional zum inversen Quadrat des Abstandes von Erde und Sonne, bzw. von
Erde und Mond, sondern umgekehrt proportional der dritten Potenz dieses Abstandes. Und
da gewinnt nun der Mond und übt einen doppelt so großen Gezeiteneinfluss auf die Erde
aus, als die viel weiter entfernte Sonne. [Park, 2000] Eine genaue Berechnung der wirkenden Kräfte findet man bei E.I. Butikov und A. B. Arons. Die Gezeiten wirken jedoch nicht
nur auf die Weltmeere, sondern auf die gesamte Erde, also auch auf die Landmassen. Da
sich eine Flüssigkeit einer einwirkenden Kraft weniger widersetzt als ein fester Körper, sind
die Gezeiten vor allem bei den Ozeanen sehr auffällig; die viel kleinere Hebung und Senkung der Landmassen mit freiem Auge jedoch nicht.
Da der menschliche Körper zu gut 80% aus Wasser besteht, vermutet A. Lieber in
seinem Buch „Der Mondeffekt“ unter dem Titel „Die biologische Gezeitentheorie“, dass
der Mond auch im Körper des Menschen gewisse Gezeiten verursacht – sozusagen Tidenhübe des Blutes und der Körperflüssigkeiten. [Lieber, 1984] Wir erkennen hier eine primitive und irreführende Analogie: Jeder Schüler der Unterstufe lernt das Newtonsche Gravitationsgesetz:
Die Anziehungskraft zweier Körper ist direkt proportional zu den beiden Massen. Da das
Gewicht des Menschen im Vergleich zu den Weltmeeren zu vernachlässigen ist, kann man
diese Analogie einfach und schnell widerlegen. In einer stichhaltigen Rezession des Lieber-
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 30
schen Werkes, die bereits 1979 im „Skeptical Inquirer“ erschien, berechnete G. O. Abell,
dass die Anziehungskraft des Mondes weniger als den Impuls einer Mücke ausmacht, die
gegen einen Menschen fliegt; R. Culver und R. Ianna zeigten später, dass die gravitative
Zugkraft des Mondes kleiner ist, als der eines Gebäudes, das 15 cm entfernt steht, bzw. die
Gravitationskraft, die die Masse einer Mutter auf ihr in ihrem Arm liegendes Baby ausübt.
[Culver/Ianna, 1988]
Außerdem hängen die Gezeiten vom Stand des Mondes zur Erde ab, und haben absolut nichts mit der Phase des Mondes oder in welchem Zeichen er sich gerade befindet, zu
tun.
5
Der Mond und sein behaupteter Einfluss auf Holz
5.1 Entnadelung von Fichten
Alle Jahre wieder rückt das Wissen um den richtigen Zeitpunkt für viele Leute dann in den
Mittelpunkt, wenn Christbäume verkauft werden. Da diese auch noch bis Dreikönig ihre
Nadeln behalten sollen, werden sie natürlich zum „richtigen Zeichen“ gefällt. In der Literatur findet man zu diesem Thema verschiedene Zeitpunkte, an denen das Schlägern besonders vorteilhaft für das Behalten der Nadeln sein soll.
Im Gegensatz zu A. Harrer, der den besten Zeitpunkt als drei Tage vor dem elften
Neumond angibt [Harrer, 1982], meint J. Paungger dazu: „Tannen, drei Tage vor dem elften Vollmond geschlagen, behalten ihre Nadeln sehr lange Zeit. Auch Fichten nadeln dann
nicht, sollten aber kühl gelagert werden. Sie verlieren ihre Nadeln dennoch früher als Tannen. Natürlich kann man seinen Christbaum nicht immer genau an diesem Termin geschlagen bekommen. Die Bäume halten aber auch dann länger, wenn generell auf zunehmenden
Mond als Termin geachtet wird.“ [Paungger/Poppe, 1991]
Jens Triebel und Claus-Thomas Bues vom Lehrstuhl für Forstwirtschaft der TU
Dresden führten dazu eine umfassende Untersuchung durch, die unter dem Titel „Der
Weihnachtsbaum - hilft der Mond?“ in der Fachzeitschrift für Anbau, Verkauf und Zubehör
„Der Weihnachtsbaum“, sowie in der Zeitung für Forstwirtschaft „AFZ - Der Wald“ veröffentlicht wurde, und auch in den österreichischen Medien (Tiroler Tageszeitung, Die Krone,
Seite 31
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Der Standard) Erwähnung fand. [Triebel, 2000] Ziel der Untersuchung war es zu bestimmen, ob die in speziellen Regeln beschriebenen Zeitpunkte zur optimalen Weihnachtsbaumernte unter wissenschaftlichen Versuchsbedingungen nachgewiesen werden können.
Für die Untersuchung wurden 16 geklonte, d.h. gentechnisch idente Fichten ausgewählt. An
jedem der 21 Jahre alten Bäume wurde ab dem 6.10.1999 in vierzehntägigem Rhythmus
aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen ein Ast in ein bis zwei Metern Höhe abgesägt.
Lufttemperatur
relative
(°C)
feuchte (%)
abnehmend
7,1
89
2
zunehmend
4,9
81
5.11.99
3
abnehmend
6,9
87
19.11.99
4
zunehmend
-1,4
94
3.12.99
5
abnehmend
5,8
71
20.12.99
6
zunehmend
-1,8
90
Schnitttermin
Zweigbündel
Mondphase
* 6.10.99
1
** 21.10.99
*Günstiger Termin nach Harrer
Luft-
**günstiger Termin nach Paungger/Poppe
Unmittelbar nach der Ernte wurde von jedem Probeast der jüngere Teil mit den ersten sechs
Nadeljahrgängen für die weitere Untersuchung abgeschnitten, und die Schnittstelle mit
Weißleim gegen Feuchteverluste abgedichtet. Anschließend wurden die Zweige mit einem
luftdurchlässigen Papierschlauch umgeben und in einer klimatisierten Kammer bei 20°C
Lufttemperatur und 65% relativer Luftfeuchtigkeit so aufgehängt, dass abfallende Nadeln
für jeden Zweig getrennt aufgefangen werden konnten. Die an einem bestimmten Tag geernteten Zweige wurden mit dem Datum gekennzeichnet und zu einem Zweigbündel zusammengefügt. Im Abstand von zwei Wochen wurden die Zweige mit Hilfe einer Vorrichtung mit konstanter Kraft und Häufigkeit angeklopft, und anschließend die abgefallenen
Nadeln aus den Auffangbehältnissen entnommen. Aus dem Verhältnis von Gesamtnadelmasse der einzelnen Zweige zu Versuchsbeginn und den jeweils abgefallenen Nadelmassen
wurde das Entnadelungsverhalten der insgesamt 96 Probezweige in den sechs Zweigbündeln über den Versuchszeitraum berechnet.
Seite 32
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Das Ergebnis dieser Untersuchung war, dass die zu verschiedenen Zeitpunkten im Spätjahr
1999 gewonnenen Fichtenzweige sich alle in gleicher Weise entnadelten: Zwei Wochen
nach der jeweiligen Ernte der Probezweige war mit durchschnittlich fünf Prozent Nadelverlust nur eine unwesentliche Entnadelung zu beobachten. Lediglich die am 21.10.1999 (guter
Termin nach Paungger/Poppe) abgeschnittenen Zweige hatten mit ca. 14% überdurchschnittlich viele Nadeln verloren, während die am 20.12.99 (einem für Mondgläubige ungünstigen Tag) abgesägten Zweige unter einem Prozent Nadelverlust blieben. Zwischen der
zweiten und vierten Woche steigerte sich der Nadelverlust dramatisch und erreichte Werte
von 74% bis 93%. Nach sechs Wochen waren die Zweige nur noch spärlich benadelt (neun
bis ein Prozent), nach acht Wochen kahl.
Benadelung in %
Zweigbündel
Schnitt / Untersuchungstermin
6.10.99 21.10.99 5.11.99 19.11.99 3.12.99 20.12.99 3.1.00 17.1.00 31.1.00 14.2.00
1
100
94,1
25,5
6,3
0
2
-
100
86,5
21,7
9
0
3
-
-
100
96,9
12,6
0,9
0
4
-
-
-
100
96,9
82
1,1
0
5
-
-
-
-
100
95,4
7,1
0,8
0
6
-
-
-
-
-
100
99,1
15,6
2,6
0
Die Zweige die an einem „besonders guten Tag“ geschnitten wurden, entnadelten sich ebenso rasch und umfangreich, wie die anderen. Auch kann man kein günstigeres Verhalten
zwischen Bündeln des abnehmenden, bzw. zunehmenden Mondes erkennen. Weitgehend
volle Benadelung über die Weihnachtsfeiertage hatten erwartungsgemäß nur die am 22.12.
geernteten Zweige. Die einzelnen Zweige eines Bündels verloren ihre Nadeln unterschiedlich schnell. Ein Zusammenhang zwischen den Himmelsrichtungen, bzw. den Schnittterminen und den Nadelverlusten der Einzelzweige konnte nicht nachgewiesen werden. Die
Streuung der ermittelten Einzelwerte entspricht der natürlichen biologischen Variabilität.
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 33
Die beiden folgenden Abbildungen zeigen die Ergebnisse der Untersuchungen in grafischer
Form.
Abbildung 5.1.1
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 34
Abbildung 5.1.2
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 35
5.2 Quell- und Schwindverhalten von Holz
In einem vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft geförderten Projekt untersuchten die beiden Holzforscher Dr. Alfred Teischinger und DI Josef Fellner von der Versuchsanstalt für Holzindustrie der HTBLuVA Mödling in Abhängigkeit von mehreren
Schlägerungsterminen Quell- und Schwindverhalten (Feuchtegehalt im Stammquerschnitt),
Brennbarkeit und natürliche Dauerhaftigkeit gegen Pilzbefall für Fichte, Kiefer und Lärche.
Die Untersuchungen beschränkten sich auf einen Vergleich von unmittelbar nach der Schlägerung verarbeitetem Holz.
Als Ergebnis stellte sich heraus, dass die Feuchteprofile im Stammquerschnitt keine
wesentliche Abhängigkeit von der Schlägerungszeit zeigten. In den Maxima zeigt die Winterschlägerung sogar höhere Feuchtewerte als jene im Sommer, womit althergebrachte Vorstellungen zu revidieren sind, die meinen, dass „Winterholz“ trockener sei als „Sommerholz“, denn „im Winter steht der Baum ja nicht mehr im Saft!“.
Abbildung 5.2.1
Im Quell- und Schwindverhalten konnte kein Unterschied zwischen den verschiedenen
Schlägerungszeitpunkten festgestellt werden. Hinsichtlich der Brennbarkeit wurde belegt,
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 36
dass Lostage („1. März Regel“) zu keiner erhöhten Brandbeständigkeit des Holzes führten.
Im Rahmen der statistischen Streuungen waren Proben aus der 1. März-Schlägerung im
Brandwiderstand sogar schlechter einzustufen als andere. Ebensowenig fand sich ein Unterschied in Bezug auf Resistenz gegen Pilzbefall. [Teischinger, 1999]
5.3 Mondeinfluss auf Holz - Fehlanzeige
Bäume, bzw. Äste die dank „Berücksichtigung des Mondes“ keine Nadeln verlieren, Holz
das nicht brennt, nicht schwindet, nicht fault und nicht vom Holzwurm befallen wird, wie
es in den „Regeln“ der zahlreich erschienenen Büchern behauptet wird, kann durch diese
Untersuchungen nicht bestätigt werden. Auch gibt es keinerlei Hinweise, dass diese Eigenschaften wenigstens in einer abgeschwächten Form wie „weniger leicht brennt, weniger
schnell fault, weniger leicht nadelt...“ vorhanden sind. Vielmehr zeigt sich, dass es die
Maßnahmen der Verarbeitungskette (Rundholzlagerung, Zeitdauer bis zum Einschnitt und
Trocknung) sind, die die Qualität des Holzes wesentlich beeinflussen. Viele Holzeigenschaften sind zudem materialspezifischer Natur (Dichte, Faserneigung/Drehwuchs, Wachstumsstruktur usw.), sind also selektions- und nicht schlägerungsbedingt.
„Wer sein Holz um Christmett’ fällt, dem sein Haus wohl zehnfach hält“ weist z.B.
auf eine typische Winterschlägerung hin. Dabei ist das Holz zwar grundsätzlich nicht besser
als bei einer Sommerschlägerung, die Gefahren einer Sekundärschädigung bei Lagerung
und Transport sind allerdings im Winter bei sofortiger Aufarbeitung deutlich geringer als
im Sommer.
6
Der Mond und das Wetter
Das Wetter ist nicht nur ein beliebtes Thema, wenn es um unverfänglichen Smalltalk geht,
es gilt seit jeher als unberechenbar und unvorhersehbar. Wer das Wetter voraussagen könnte, würde nicht nur zu hohen Ehren, sondern auch zu Reichtum kommen. Es ist also nicht
verwunderlich, dass es schon immer Versuche gab, das Wetter mit gewissen Ereignissen in
Verbindung zu bringen, oder gar als deren unweigerliche Folge anzusehen – zum Beispiel
als vom Mond abhängig. Die Meteorologen wissen zwar um zahlreiche Faktoren, die das
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 37
Wetter beeinflussen, der Mond ist aber keiner davon. Dagegen berücksichtigen die Wetterkundler die Großwetterlage und ihre überregionalen Zusammenhänge, kennen die Einflüsse
von Sonne und CO2, und sind sogar bereit, über Zusammenhänge zwischen dem Wetter in
Tirol und einem Flügelschlag eines Schmetterlings im Amazonasgebiet zu diskutieren - das
Paradebeispiel für die Chaostheorie.
Die Mondgläubigen führen auch hier wieder die Gezeiten ins Treffen und argumentieren, dass der Mond angesichts seines Einflusses auf das Wasser in den Ozeanen auch die
Atmosphäre darüber beeinflussen muss. Jedoch gilt auch dafür wieder das Newtonsche
Gravitationsgesetz, das ja im Gegensatz zur „Mondtheorie“ seine Gültigkeit bewiesen hat.
Und da die Masse der irdischen Atmosphäre nur weniger als den zehntausendsten Teil der
Masse der Ozeane beträgt, gilt dasselbe wie für die „biologische Gezeitentheorie“: Eine
falsche Annahme verbunden mit einer ungültigen Schlussfolgerung ergibt ein unsinniges
Ergebnis.
Geradezu lebensnotwendig war (und ist) das Wetter für die Landwirtschaft - kein
Wunder also, dass es im Bereich der Bauernschaft von „Wetterregeln“ und einschlägigen
„Erkenntnissen“ nur so wimmelt.
6.1 Der „hundertjährige“ Kalender
Der hundertjährige Bauernkalender ist uns allen ein Begriff, und ich komme nicht umhin,
darüber ein paar Worte zu verlieren. Im 17. Jahrhundert sammelte Mauritius Knauer, Abt
des fränkischen Zisterzienserklosters Langheim, exakte Daten über das Wetter in sieben
Jahren, weil er glaubte, dass die damals bekannten sieben Planeten das Wetter je ein Jahr
steuern. Der thüringsche Arzt Christoph Hellwig erkannte das geschäftliche Potenzial eines
solchen Werkes, und veröffentlichte dieses Anfang des 18. Jahrhunderts als „Auf Hundert
Jahr gestellter Curioser Calender”. Als Zeitraum für die Gültigkeit seines Wetterkalenders
gab er 1701 bis 1801 an, und wertete so die siebenjährigen Knauerschen Beobachtungen
geschäftstüchtig auf. 100 klingt doch wesentlich besser als sieben. Sein „Hundertjähriger
Kalender” stützt sich also nicht auf eine 100 Jahre umfassende Wetterbeobachtung, sondern
ist eine Hochrechnung aus der Siebenjahresperiode. Obwohl sich das Werk noch auf andere
undurchsichtige Quellen stützte, und die Aufzeichnungen von Druckfehlern nur so strotzen
(durch Herausgeber und Drucker im Vergleich zu Knauers Notizen verursacht), erfreut sich
der „Hundertjährige Kalender” noch heute einiger Beliebtheit.
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 38
6.2 Der Neumond als Schutzschild gegen den „Sonnenwind“
Ken Ring, Autor von „Predicting the Weather by the Moon” behauptet, entdeckt zu haben,
wie sehr der Mond das Wetter beeinflusst, indem er zehn Jahre lang Aufzeichnungen mit
Mondphasen verglich. [Ring, 2000] In seinem Buch enthüllt er, wie er mit Hilfe von Mathematik, antiker Prophezeihungstechniken und aktuellen Daten der Weltraumforschung zu
seinen Vorhersagen kommt. Er erklärt, wie Erdbeben, Stürme und extreme Wetterverhältnisse durch Beobachtung des Abstandes des Mondes von der Erde vorhergesagt werden
können. In der zwei- oder dreitägigen Phase des Neumonds befindet sich der Mond und die
Sonne auf der selben Seite der Erde (s. Abbildung 3.2.1), und so soll uns der Mond vor dem
Sonnenwind (einem von der Sonne „fort geblasenen“ Strom elektrisch geladener Teilchen)
schützen – vor dem uns jedoch zu allen Mondphasen das Magnetfeld der Erde schützt. Außerdem ist der Mond viel zu klein, um bei Neumond „als Schutzschild gegen den Sonnenwind“ zu wirken. Ring behauptet, mit seiner Technik das Wetter in Neuseeland zum
Millennium, zum Wahltag und zu den Olympischen Spielen in Sydney korrekt vorhergesagt
zu haben. Dazu sei gesagt, dass auch ich für die Radrennsaison 2004 das Wetter für die fünf
wichtigsten Rennen schon bei der ersten Teamsitzung im April korrekt vorhersagte, indem
ich – ganz ohne den Mond zu beachten - einfach frisch weg behauptete, es würde immer
regnen – was dann auch tatsächlich der Fall war.
Auf naturwissenschaftlicher Seite stellte eine Gruppe von Wissenschaftlern der
„State University of New York“ in Stony Brook einen Zusammenhang zwischen erhöhter
Wolkenbildung über den Vereinigten Staaten und erhöhter Sonnenaktivität fest. [Scafetta,
2003] Ihr zufolge beeinflusst die Intensität der solaren UV-Strahlung die Lage der so genannten Jet-Winde der oberen Troposphäre, welche einen wichtigen Einfluss auf die Wolkenbildung haben. Solare Maxima führen zu einer Erhöhung der ultravioletten Sonnenstrahlung um bis zu zehn Prozent, was eine Aufheizung der Ozonschicht der Stratosphäre
mit sich bringt. Dies könnte zu einer Verschiebung der darunter liegenden Jetströme und
damit zu einer Veränderung der Wolkenbildung führen. Doch ein Jahr später erkannten
Wissenschaftler in einer Folgestudie „Sonniger Freispruch aus Mangel an Beweisen“ [Foukal, 2004], dass die Sonne weit gleichmäßiger strahlt, als bis dahin angenommen, und daher
die Wolkenbildung nicht so beeinflussen kann, wie in der Stony Brook Studie vermutet.
Noch einfacher lässt sich der Mondeinfluss auf das Wetter mit einem ebenso einfachen wie stichhaltigen Argument entkräften: Da sich die Mondphasen auf der ganzen Welt
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
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zur selben Zeit ändern, müsste sich auch das Wetter überall zur gleichen Zeit ändern. Das
ist aber, wie sich jeder durch einen Blick auf die Großwetterlage leicht selber überzeugen
kann, nicht der Fall.
Ein weit verbreiteter Glauben ist auch, dass es bewiesen sei, dass bei zunehmendem
Mond öfter die Sonne scheint. Professor Baur vom meteorologischen Institut Potsdam hat
den angeblichen Sonnenstundenbonus während der zunehmenden Mondphase untersucht.
Die umfassende 50-jährige Studie förderte ein Patt zwischen abnehmender und zunehmender Mondphase zutage. [Sachweh, 2001]
7
Der Vollmond
„Kein Einfluss des Mondstandes ist aber so eindeutig und stark wie der des Vollmondes. In
den wenigen Stunden macht sich auf der Erde bei Mensch, Tier und Pflanze eine deutlich
spürbare Kraft bemerkbar. Menschen wandeln im Schlaf, Wunden bluten stärker, Polizeistationen verstärken ihre Mannschaften.“ [Paungger/Poppe, 1991].
Selbst Personen die nicht an die Mondrhythmen glauben, werden beim Gedanken an
den Vollmond wankelmütig, und verweisen auf Studien, die einen solchen Einfluss beweisen sollen. Ivan Kelly, James Rotton und Roger Culver haben über 100 Studien untersucht,
die vom Einfluss des Vollmondes handeln, und kamen zu dem Schluss, „dass diese Studien
es nicht schaffen, eine zuverlässige und signifikante Korrelation zwischen den Zeitpunkten
von Ereignissen und den herrschenden Mondphasen herzustellen.“ [Kelly, 1996]
Man glaubt kaum, wofür der Vollmond verantwortlich gemacht wird. Zum Beispiel
gibt es Studien über Mordraten, Verkehrsunfälle, Notrufe an Polizei oder Feuerwehren,
häusliche Gewalt, Geburtsraten, Selbstmorde, Casinogewinne, Attentate, Entführungen,
Gewalt in Gefängnissen, Körperverletzungen, Schusswunden, Messerstechereien, epileptische Anfälle, Notfallaufnahmen, Alkoholismus, Schlafwandeln, ja sogar über die Anzahl
der gelben und roten Karten bei Fußballspielen, sowie Vampirismus und Werwölfigkeit.
Im möglicherweise am weitestverbreiteten Mythos wird der Vollmond mit Wahnsinn in Verbindung gebracht. Wie auch immer: in der Auswertung der über 100 Studien
fanden Kelly, Rotten und Culver, „dass Mondphasen für nicht mehr als drei hundertstel
eines Prozents (0,3l) aller dem Wahnsinn zugeordneten Taten verantwortlich gemacht
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 40
werden können.“ Da kann man J. Rotten nur zustimmen, dass ein so geringer Prozentsatz
zu nahe an Null liegt, als dass man von irgendeiner theoretischen, praktischen oder statistischen Bedeutung sprechen könne.
Die Behauptung, dass der Vollmond Einfluss auf die Selbstmordrate hat, ist ebenso
unbegründet. Martin, Kelly und Saklofske überprüften zahlreiche Studien, die in den letzten
30 Jahren erstellt wurden, und fanden keinerlei Zusammenhang zwischen den einzelnen
Mondphasen und der Zahl der Selbstmorde, Selbstmordversuche oder Selbstmordandrohungen. 1997 studierten J. M. Gutiérrez-Garcia und F. Tusell 897 Selbstmorde und fanden
„keine bedeutende Beziehung zwischen dem Mondumlauf und der Selbstmordrate“.
[Gutiérrez-Garcia, 1996] Leider wurde jedoch über diese Studien in der Öffentlichkeit
großteils nichts berichtet.
8
Medizinische Einflüsse
„Für chirurgische Eingriffe jeder Art – außer für Notoperationen – gilt: Je näher am Vollmond, desto ungünstiger. Der Vollmondtag hat die negativsten Auswirkungen. Wenn man
die Wahl hat, sollte man bei abnehmendem Mond operieren. Alles was die Körperregion,
die von dem Zeichen regiert wird, das der Mond gerade durchschreitet, besonders belastet
oder strapaziert, wirkt schädlicher als an anderen Tagen. Chirurgische Eingriffe an diesen
Tagen sollte man daher, wenn irgend möglich, vermeiden. Jeder Chirurg wird diese Entdeckung machen oder hat sogar schon entsprechende Erfahrungen gesammelt. Komplikationen und Infektionen sind an solchen Tagen weit häufiger. Die Heilungs- und Genesungsphase dauert länger. Gegen Vollmond zu kommt es häufiger zu stärkeren, schwer stillbaren
Blutungen. Hippokrates (460-377 v. Chr.) hat in seinen Tagebüchern wörtlich formuliert:
»Berühre nicht mit Eisen jenen Teil des Körpers, der vom Zeichen regiert wird, das der
Mond gerade durchquert«“ [Paungger/Poppe, 1991]
Wenn sogar der große Hippokrates, der Namensgeber für den ärztlichen Eid, das
schon wusste, dann muss es ja stimmen! Da sich aber jeder Chirurg selbst davon überzeugen könne, hat sich ein Ärzteteam der Universität Graz diesem Glauben angenommen, und
zwei sehr aussagekräftige Studien veröffentlicht, denen die folgenden beiden Abschnitte
gewidmet sind.
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 41
8.1 Der Einfluss von Mondphänomenen auf die Häufigkeit von Notfällen
Ziel dieser sechs Jahre zurückreichenden Studie war es, zu ermitteln, ob es überhaupt irgendeine statistische Häufung von Notfällen gibt, und wenn ja, ob diese mit dem Mond in
Verbindung gebracht werden kann. Dazu wurde das Mondzeichen, der Abstand zwischen
Mond und Erde, und die Mondphase betrachtet. 11.134 Patienten wurde für diese Studie
herangezogen. Obwohl es bemerkenswerte Anhäufungen von Notrufen, vor allem für Lungenbeschwerden, gab, ließ sich auch nicht der geringste Zusammenhang zwischen irgendeiner bestimmten Phase des Mondes und der Frequenz dieser Notrufe herstellen: „Jedweder
Einfluss des Mondes und des Standes des Mondes im Tierkreis kann definitiv ausgeschlossen werden“ so die Forscher. [Wolbank, 2002]
8.2 Mondphasen und Operationskomplikationen
Die perioperative Mortalität (definiert als Tod während der Operation oder innerhalb eines
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 42
postoperativen Zeitraums von 30 Tagen aus irgendwelchen Gründen) von 14.970 Patienten,
die einem chirurgischen Eingriff unterzogen wurden, wurde in Relation zu den Mondphasen zum Operationszeitpunkt untersucht. Es zeigte sich, dass weder mit zu- noch mit abnehmendem Mond, noch mit Vollmond eine signifikante Erhöhung der tödlichen Komplikationen auftrat, und dass sich nicht einmal eine Tendenz in die behauptete Richtung abzeichnete. Ergänzend wurden die postoperativen Verläufe von 600 Patienten mit thoraxchirurgischen Operationen hinsichtlich aller postoperativen Komplikationen detailliert untersucht. Wiederum zeigte sich kein Zusammenhang mit den Mondphasen. „Die Untersuchungen weisen darauf hin, dass die behaupteten Zusammenhänge zwischen Mondphase
und Operationskomplikationen durch Beobachtung nicht bestätigt werden können, und damit als Aberglaube zu betrachten sind!“ [Wolbank, 2002]
8.3 Blutungsgefahr und andere Komplikationen
W. Wunder und E. Schardtmüller führten am LKH Kirchdorf/Krems (OÖ) eine Studie an
228 Patienten durch, die das erste Mal Knie- oder Hüftprothesen erhielten. Sie erkannten
Einflüsse des Lebensalters, des Geschlechts, sowie des Operationstyps, allerdings „gibt es
keine empirischen Belege, die die Auffassung stützen, die Mondphase oder die Stellung des
Mondes im Tierkreis stimme mit einer wie auch immer gearteten Komplikation bei Operationen überein.“ [Wunder, 2002]
8.4 Übelkeit und Erbrechen nach einer Operation
In einer Umfrage zu diesem Thema wurde von den befragten Patienten unerwartet häufig
neben dem Wetter auch der Einfluss des Mondzeichens als möglicher Grund der individuellen Beschwerden genannt. Unter der Leitung von H. J. Eberhart von der Universitätsklinik
für Anästhesiologie in Ulm wurden diese Behauptungen untersucht. An insgesamt 203 Tagen wurden 2488 Patienten für mindestens 24 Stunden hinsichtlich Beschwerden nach der
Operation befragt. Zwei Bioklimatologen analysierten diese Tage anhand der Boden- und
Höhenwetterkarte und der monatlichen Witterungsberichte des Deutschen Wetterdienstes,
sowie die an den einzelnen Tagen im Raum der durchführenden Klinik herrschenden meteorologischen Verhältnisse. Anhand dieser Informationen leiteten sie ohne Kenntnis der tatsächlichen Beschwerden eine Prognose ab, ob sich die herrschenden Bedingungen positiv
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 43
oder negativ auf die Beschwerden der Patienten auswirken sollen. In einer Parallelstudie
wurde der Mondzyklus - in vier Phasen eingeteilt - berücksichtigt.
Für 68.7 % der Tage lagen die Klimatologen mit ihren Prognosen richtig. Die Irrtumswahrscheinlichkeit, dass die Zuteilung rein zufällig erfolgte, betrug p = 0,0251 (
2
Test mit Yates-Korrektur). Dagegen waren die Tage mit erhöhtem, bzw. erniedrigtem Beschwerdeauftreten in allen vier definierten Mondphasen gleich verteilt (p = 0.97).
Die Ärzte folgerten daraus: „Die vorliegenden Ergebnisse deuten auf einen Einfluss
der Wetterlage auf das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen in der postoperativen Phase
hin. Die Mondphasen haben dagegen keinerlei Einfluss auf diese Symptome.“ [Eberhart,
2000]
8.5 Fruchtbarkeit und Geburtenrate
Ein antikes assyrisch-babylonisches Fragment manifestierte: „Eine Frau ist im Einklang mit
dem Mond fruchtbar“. Solche Aussagen wurden in weit reichende irrtümliche Annahmen
über Fruchtbarkeit und Geburtenraten umgedeutet. Zum Beispiel wurde dadurch Eugen
Jonas, ein slowakischer Psychiater, inspiriert, eine Methode zur Geburtenkontrolle zu entwickeln, die in astrologischem Aberglauben wurzelt. Der Glaube, dass während des Vollmondes mehr Geburten zu verzeichnen seien als zu anderen Zeiten, hält sich hartnäckig bis
in unsere Zeit. Wissenschaftliche Studien fanden hingegen keinerlei Zusammenhang zwischen Vollmond und der Anzahl der Geburten. [Martens, 1998]
H. C. Benski und M. Gerin berichteten 1991, dass sie die Geburtsdaten von 4256
Babys einer Klinik in Frankreich analysierten, und diese „gleichmäßig über den Mondkreislauf verteilt“ fanden. 1994 untersuchten die Italiener E. Periti und R. Biagiotti über eine
Dauer von fünf Jahren an einer Klinik in Florenz 7842 Geburten, und fanden „keinerlei
Beziehung zwischen Mondphase und spontaner Entbindung“. [Periti, 1994]
Trotz dieser Nullresultate behaupten manche Leute nicht nur das Gegenteil, sondern
bieten dafür auch folgende „wissenschaftliche“ Erklärung an: „Lichtsignale werden von der
Linse und der Netzhaut des Auges in hormonelle Signale verwandelt und an die Zirbeldrüse
gesandt. Diese ist es, die den Ausbruch der Pubertät beim Menschen steuert, und Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit bei allen Lebewesen hat. Bei Tieren, die sich jahreszeitlich
bedingt fortpflanzen, ist es das wechselnde Lichtmuster, das den Fruchtbarkeitszyklus steuert. Die allmähliche Änderung in der Länge des Tages und dem Einfallswinkel der Sonnen-
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 44
strahlen wird durch die Zirbeldrüse als Signal für den Eintritt der Fruchtbarkeitsphase interpretiert. Natürlich pflanzen sich Menschen nicht jahreszeitlich bedingt fort. Unsere Fruchtbarkeitszyklen weisen einen offensichtlich monatlichen Rhythmus auf. Die Lichtquelle, die
eine monatliche Periodizität hat, ist - natürlich - der Mond. Es ist interessant zu notieren,
dass die Menstruation in Wirklichkeit ein Häutungsprozess ist. Gerade wie der Menstruationszyklus 28 Tage hat, schält sich eine Hautschicht in annähernd 28 Tagen ab. Es ist nicht
nur die sich ändernde Tageslänge, sondern auch die sich ändernde Winkelposition der Sonne, die diesen Prozess steuert. Die Zirbeldrüse empfängt diese Lichteindrücke und verwandelt sie in hormonelle Nachrichten, die diese Zyklen ausbrechen lassen. Beim Menschen ist
dies genauso, aber da unsere Zyklen monatlich sind, werden diese offensichtlich von Fluktuationen des Mondlichtes gesteuert.“
Offensichtlich ist dies für mich zwar nicht, denn das Mondlicht ist für die meisten
weiblichen Lebewesen eine sehr unwichtige Lichtquelle, ähnlich wie die Gravitationskraft
des Mondes ein sehr unwichtiger Einfluss für den Eisprung ist! Darüber hinaus dauert der
durchschnittliche Menstruationszyklus 28 Tage, während das Mondmonat 29,53 Tage dauert. Einige von uns haben schon erkannt, dass diese Zyklen nicht ident sind. Außerdem wäre es eigenartig, wenn die natürliche Selektion einer wetterabhängigen Methode der Fortpflanzung für unsere Spezies zum Durchbruch verholfen hätte. Immerhin blockieren Wolken regelmäßig das Mondlicht.
9
Einfluss des Mondzeichens auf Trainingstage und Leistungen
Wenn man so wie ich sechs Tage die Woche auf dem Fahrrad sitzt, und so viel Zeit in den
Sport investiert, dann will man nichts dem Zufall überlassen. Von der richtigen Ernährung
angefangen, über die perfekte Ausrüstung bis hin zur mentalen Vorbereitung. Paungger und
Poppe würden mir vielleicht raten, auch den Mond in mein Training einzubeziehen. Konkret hieße dies in meinem Fall, zu überprüfen, ob die diversen Trainingseinheiten, Leistungsdaten und Rennergebnisse mit den Mondrhythmen so in Einklang zu bringen sind, wie
es manche einschlägige Behauptung aus den „Mondbüchern“ wissen will. Dazu habe ich
seit 1. Juni 2003 tägliche Aufzeichnungen über das Training an meinen Trainer übermittelt.
Diese Daten werden im Folgenden mit mondspezifischen Daten abgeglichen:
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 45
Ich habe während dieser 14 Monate bewusst nie auf die Mondzeichen geachtet, um
nicht dem Fehler der Fixierung zu unterliegen. Ab Juni absolvierte ich in monatlichen Abständen einen Leistungstest bei meinem Trainer Helmut Dollinger, sodass ich mich im Laufe eines Jahres durch alle Tierkreiszeichen durch arbeitete. Dazu kamen noch zwei Testtage
unabhängig vom Zeichen - einmal bei Vollmond und einmal bei Neumond. Erst nach Abschluss dieser 14-monatigen Studie habe ich die Daten dem Mondkalender gegenübergestellt.
9.1 Leistungstests
Der Test findet auf einem Ergometer statt, bei dem die Tretleistung von 70 Watt alle fünf
Minuten um 30 Watt erhöht wird. Vor Ende jeder Belastungsstufe wird aus dem Blut das
aufgebaute Laktat (Milchsäure) in mMol/l gemessen. Der Test endet, wenn die Testperson
die geforderte Trittfrequenz von 90 U/min nicht mehr halten kann. Vor jedem Leistungsanstieg wird notiert, ob die Testperson eher mit den Beinen oder dem Kreislauf zu kämpfen
hat. In einer Skala von eins bis zehn gibt die Testperson an, wie stark a) der Kreislauf und
b) die Beine beansprucht sind (1 locker, 10 unerträglich).
Bei diesem Test sollte es somit möglich sein, festzustellen, ob es an bestimmten
Tagen einen Unterschied in der Leistungsfähigkeit der Beine einerseits, und von Herz und
Lunge andererseits gibt, und wenn, ob diese Tage mit solchen zusammenfallen, an denen
ein entsprechender Einfluss des Mondzeichen behauptet wird.
Auf der folgenden Seite findet sich der Ausdruck eines Leistungstests mit allen erhaltenen Kurven und Werten. Da aber die Form der Herzfrequenzkurve (rot) nicht von Bedeutung ist, habe ich die anderen Tests auf das Wesentliche reduziert, und nur noch die
relevanten Daten in ein einziges Diagramm zusammengefasst - also die Laktatkurven bezogen auf die Testdauer.
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 46
Seite 47
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Zeit in Minuten 6 25
30
35
40
45
50
55
Test 1
1
1
1,11
2,1
2,8
4,1
8,6
Test 2
1
1
1,13
2
2,65
3,96
8,68
Test 3
1
1
1,15
2,2
2,6
4
8,55
Test 4
1
1
1,13
1,97
2,7
3,99
8,81
Test 5
1
1
1,13
2
2,55
3,9
8,73
Test 6
1
1
1,11
2,05
2,47
4,1
8,46
Test 7
1
1
1,24
1,97
2,56
3,84
8,53
Test 8
1
1,1
1,2
2,23
2,61
3,85
8,2
Test 9
1
1
1,5
1,93
2,51
3,87
8,4
Test 10
1
1,1
1,1
1,9
2,3
3,7
8
13,2
Test 11
1
1
1,2
2,2
2,4
3,85
8,3
12,2
Test 12
1
1,1
1,13
1,79
2,48
3,5
8,22
14,4
Test 13
1
1
1,11
1,99
2,5
3,43
8,21
Test 14
1
1
1,13
2,03
2,51
3,42
8,17
gemessene Laktatwerte im relevanten Bereich
Laktat (mmol / l)
Grafische Balkendarstellung der einzelnen Testreihen:
10
Reihe1
9
Reihe2
8
Reihe3
Reihe4
7
Reihe5
6
Reihe6
5
Reihe7
4
Reihe8
3
Reihe9
2
Reihe10
1
Reihe11
0
Reihe12
30
35
40
Te s tdaue r in M inute n
45
50
Reihe13
Reihe14
60
14,3
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Kurvendiagramm der ermittelten Testreihen
Seite 48
Seite 49
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Man erkennt, dass das aufgebaute Laktat umso weniger wird, je höher die Testnummer ist.
Das ist ein wünschenswertes Ergebnis, denn dies ist ja das Ziel eines Trainings. Auffallend
ist vielleicht die Testreihe 10 vom 2. März 2004, bei der der Laktatwert geringer ist als im
durchschnittlichen Trendverlauf. Dieser Test fand nach einem zweiwöchigen Trainingslager
statt, und es ist somit wenig verwunderlich, dass bei diesem Test die „Form“ besonders gut
war. Beim besten Willen ist es nicht möglich, einen „Ausreißer“ zu finden, der die Behauptung eines Mondzeicheneinflusses stützte.
Ebenso wenig kann ein signifikanter Unterschied zwischen Reihe 13 (Neumond)
und 14 (Vollmond) festgestellt werden. Im Gegenteil: die Werte sind beinahe identisch,
wobei zu beachten ist, dass der Test an Neumond eine Wattstufe früher abgebrochen werden musste, weil, wie in der nächsten Tabelle ersichtlich ist, sowohl Beine als auch Kreislauf am Leistungslimit angelangt waren. Der Neumond stand da in der Waage, was vor allem die Nieren, Hüfte und die Blase beeinflussen, jedoch keinen negativen Einfluss auf die
Leistungsfähigkeit haben soll.
Tabelle der Befindlichkeiten in Abhängigkeit von der Leistung
Test
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
220
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
3/3
250
4/5
4/5
4/5
4/5
4/4
4/5
4/5
4/5
4/5
5/5
4/5
4/4
5/5
4/5
280
6/6
6/6
6/6
6/6
6/6
6/6
6/6
6/6
6/6
6/6
6/6
5/6
6/5
5/6
310
7/7
7/7
7/7
7/7
7/7
7/7
7/7
7/7
7/7
7/7
6/7
7/7
6/7
6/7
340
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
8/9
370
9/10
9/10
9/10
9/10
9/10
9/10
9/10
9/10
9/10
9/9
9/10
9/10 10/10
Watt
400
10/10 10/10 10/10
9/9
10/10
Auch in dieser Tabelle kann man keinerlei Ausreißer in den Werten entdecken, die auf einen Einfluss des Mondes hindeuten würden. Vielmehr ist die Ähnlichkeit der einzelnen
Werte bemerkenswert. Die subjektive Bewertung auf einer Skala von eins bis zehn, wie
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 50
„angestrengt man sich fühlt“, führt üblicherweise zu großen Unterschieden. Dass die Werte
bei mir so exakt liegen, führe ich darauf zurück, dass ich als Leistungssportler meinen Körper wesentlich genauer einschätzen kann als andere.
9.2 Krafttraining
Im Dezember 2003 habe ich zusätzlich innerhalb von zwei Wochen alle zwei Tage ein intensives Oberschenkelkrafttraining absolviert, bei dem mit einem Gewicht von 100 kg auf
den Schultern möglichst viele Kniebeugen zu machen waren.
Datum
Mond in
Mondphase
Anzahl
Montag, 15. Dezember 2003
Jungfrau
Ab
12
Mittwoch, 17. Dezember 2003
Jungfrau
Ab
13
Freitag, 19. Dezember 2003
Waage
Ab
14
Sonntag, 21. Dezember 2003
Skorpion
Ab
14
Dienstag, 23. Dezember 2003
Schütze
Neumond
14
Steinbock
Zu
15
Samstag, 27. Dezember 2003
Wassermann
Zu
15
Montag, 29. Dezember 2003
Fische
Zu
15
Donnerstag, 25. Dezember 2003
Seite 51
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
16
14
Anzahl Kniebeugen
12
10
8
6
4
2
0
15.12.
17.12.
19.12.
21.12.
23.12.
25.12.
27.12.
29.12.
Trainingstag
Die Anzahl der durchführbaren Kniebeugen steigerte sich in den ersten drei Trainingstagen
jeweils um eine. Nach einer zweitägigen Stagnation am sechsten Tag wieder eine mehr.
Eine Abhängigkeit vom Mondzeichen kann auch hier nicht festgestellt werden.
9.3 Trainingseinflüsse
Während des Wintertrainings, das vor allem für die Grundlagenausdauer nötig ist, wird die
erreichbare Leistung niemals auf ein so hohes Niveau wie während des Frühjahrtrainings
kommen. Nach intensiven Phasen wie einem Trainingslager ist die Leistungsfähigkeit generell wesentlich höher. Ein Einfluss des Mondzeichens ist jedoch bei bestem Willen nicht
festzustellen.
Einer meiner besten Renntage war der Gardaseemarathon in Riva am 1. Mai 2004.
Der Mond war damals aufsteigend, zunehmend und stand im Zeichen der Jungfrau. Diese
steht für die Nerven und Verdauungsorgane, beeinflusst also radrennspezifische Elemente
nicht, der zunehmende Mond allerdings speichert Energie und lädt zur Schonung und Erholung ein, während eines Radrennens fürwahr keine empfehlenswerte Haltung. Der aufsteigende Mond steht für Wachstum und Blüte. Es lässt sich somit keine klare Aussage machen, ob mein guter Tag durch ein Mondzeichen verursacht wurde, oder ob der besonders
schlechte Tag meines Teamkollegen M. Eberharter durch einen anderen, negativen Mondeinfluss verursacht wurde!
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 52
Bei diesen Ergebnissen tritt ein Phänomen auf, das viele Personen an die Mondrhythmen
Glauben lässt: Es sind so viele verschiedene, einander mehr oder weniger widersprechende
Voraussagen zu beachten, dass auch jene eintritt, an die man glaubt. Und an die nicht zutreffenden glaubt man eben nicht!
10 Besondere Tage
Diese Tage hängen nicht direkt mit dem Mond zusammen, sind aber solche, an denen etwas
Außergewöhnliches passiert: „Am 18. Juni vormittags bis 12 Uhr mittags (13 Uhr Sommerzeit), wächst alles Unkraut und alle Stauden, die an diesen wenigen Stunden beseitigt werden nicht mehr nach, sogar die Wurzeln verfaulen - dies lässt sich auch auf Körperhaare
erweitern, solange nur dieser 18. Juni auch ein Tag ist, der gut für die Haarentfernung
geeignet ist.“ [Paungger/Poppe, 1991] Also Steinbock im abnehmenden Mond in der ersten
Jahreshälfte. Leider tritt diese Konstellation in den nächsten paar Jahren nicht mehr ein,
sonst hätte ich sie mit Freuden genutzt, und mir so manche Rasur erspart! Überhaupt muss
man davon ausgehen, dass, falls diese Regel zuträfe, sich mein Vater, der sich in den vergangenen 40 Jahren mindestens einmal täglich rasierte, auch an einem solchen „Lostag“
zum Rasierer gegriffen hat. (K)ein Wunder also, dass er nun nicht „bartlos“ ist!
Das Problem mit dem Unkraut habe ich aber in meinem Garten an drei verschiedenen „Stauden“ und zwei verschiedenen Arten von Unkraut nachgeprüft, kam aber zum Ergebnis, dass im August diese „Stauden“ prächtig im Wuchs standen, und auch das Unkraut
seiner sprichwörtlichen Unverwüstlichkeit treu geblieben war.
Mir gefällt dieses Beispiel besonders gut, weil sich die dazu aufgestellte Behauptung so leicht widerlegen lässt, ebenso wie jene, dass am 1. März geschlagenes Holz nicht
brennt. (s. Kapitel 5).
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 53
11 Warum ist trotz dieser Studien der Glauben an den Einfluss des Mondes nicht auszurotten?
11.1 Manipulation von Statistiken
Immer wieder gibt es „wissenschaftliche Studien“, die den Einfluss des Mondzeichens oder
des Vollmondes beweisen wollen, aber dies in Wirklichkeit keineswegs tun. Sind solche
„Studien“ erst einmal in Umlauf gebracht, tritt eine Eigendynamik in Gang, weil eine gewisse Bevölkerungsschicht ohnehin den Einfluss des Mondes endlich bewiesen haben
möchte. Erfährt man dann von einer solchen Studie, dann ist der Volksglauben auf unbestimmte Zeit zementiert. Studien, die solche Behauptungen widerlegen, können immer nur
im Nachhinein gemacht werden. Dadurch haben sie einen entscheidenden zeitlichen Nachteil, und erhalten nie mehr dieselbe Aufmerksamkeit wie die ursprüngliche populistische
Falschmeldung.
Dazu gibt es ein bemerkenswertes Beispiel aus Deutschland, das zeigt, wie in solchen „Studien“ Daten auf eine Weise manipuliert werden, dass unkritische (oder leichtgläubige) Leser in die Irre geführt werden. [Carroll, 2003] „According to Allan Hall of the
Sunday-Times, German researchers Hans-Joachim Mittmeyer of the University of Tübingen
and Norbert Filipp from the Health Institute of Reutlingen claim that "a study of police
reports for 50 new and full Moon cycles" shows that the moon is "responsible for binge
drinking. According to Hall, Mittmeyer and Filipp claim in their paper "Alcohol Consumption and the Moon's Influence" to have studied police arrest reports and blood-alcohol tests
of 16,495 people and Mittmeyer said "The results show that there is a definite correlation
between new and full Moons and the amount of alcohol consumed." Hall writes: More of
those with an excess of 2ml of alcohol per 100ml of blood inside them - drunk, according to
German law - were caught by police during the five-day full Moon cycle. On average 175
drink [sic]-drivers per day were caught in two German states two days before a full Moon,
161 were caught during the full Moon cycle and the figure dropped to about 120 per day at
other times.”
Wenn jedoch an den ersten beiden Tagen im Mittel 175 Fahrer positiv getestet wurden, und der Durchschnitt über alle fünf Tage bloß 161 beträgt, wurden am Tage des Vollmondes wesentlich weniger Autofahrer erwischt, als an den ersten beiden Tagen. Also haben die Autoren keine Erhöhung der Trunkenheit am Steuer bei Vollmond festgestellt. In
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Seite 54
diesem Dilemma führte Hall als Ausweg einen „Fünf-Tages-Zyklus“ ein, der ihm die statistische Übereinstimmung brachte, die er haben wollte!
Nicht von ungefähr bezeichnet deshalb Jan Willem Nienhuys, ein Mathematiker an
der Technischen Universität Eindhoven, Halls Geschichte als eine völlig entstellte Version
eines Berichtes der DPA. Hall erfand einen „Fünf-Tages-Zyklus“, der in der Veröffentlichung von Mittmeyer und Filipp gar nicht vorkam. Weiters wurden 668 der 16.495 vorübergehend Inhaftierten wieder als stocknüchtern entlassen, und vom Rest waren nur 4512
betrunken (d.h. hatten mehr als zwei Promille Alkohol im Blut). Nienhuys schreibt weiter,
dass die Zahl 161 für den Durchschnitt der als betrunken inhaftierten Fahrer für jedes beliebige Datum im Mondmonat steht. Er glaubt, dass diese Zahl durch Division von 4512 durch
28 erreicht wurde - anstatt durch 29.53 - die Länge des Mondmonats, und somit 153 und
nicht 161 sein müsste.
Das einzige, das Hall nach Nienhuys richtig wieder gegeben hat, ist die Behauptung
von Mittmeyer und Filipp, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Mond und exzessivem Trinken gibt. Er bemerkt, dass die beiden zwar Grafiken bereitstellten, aber ihre Daten
nicht statistisch analysierten. Wird nämlich eine solche Analyse gemacht, sagt Nienhuys,
erkennt man die Studie als „wichtigtuerisch und pseudowissenschaftlich“. [Nienhuys,
2000] Diese Daten zusammen mit einer Analyse von Nienhuys finden sich in folgender
Tabelle (Tag 0 ist Neumond und Tag 14 Vollmond).
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Tag
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
Betrunkene
145
160
162
122
162
157
156
158
140
152
150
146
173
150
150
149
145
142
143
119
157
163
156
148
154
158
175
176
169
Trinker, inkl. Betrunkene
551
528
552
527
538
531
504
560
523
540
552
477
563
545
523
498
543
539
507
508
532
552
513
530
528
536
582
581
590
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Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
Grafische Darstellung der Werte aus der obigen Tabelle:
15827 Trinker
600
580
Anzahl
560
540
520
500
480
460
0
5
10
15
20
25
Tage nach Ne um ond
Abbildung 11.1.1
4512 Betrunkene
180
170
Anzahl
160
150
140
130
120
110
0
5
10
15
20
25
Tage nach Ne um ond
Abbildung 11.1.2
Die meisten Betrunkenen wurden also an den Tagen 12, 26 und 27 getestet. Nienhuys kommentiert dieses Ergebnis mit den Worten „Ich habe keine weiteren Fragen.“
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11.2 Die Medien halten Mondeinflüsse aufrecht
„Einflüsse des Mondes“ sind nicht nur in verschiedenen Mondbüchern und Wochenillustrierten zu finden, sondern auch in zahlreichen Filmen. Durch die immerwährende Wiederholung solcher Behauptungen ist es nicht verwunderlich, dass sich der Glaube an Mondeinflüsse in den Köpfen der Leser oder Zuseher verankert. Natürlich bevorzugen die Redakteure und Filmemacher Geschichten und Aussagen von Personen, die an diese Mythen glauben, weil ihre Hauptabnehmer nicht unter den „Mondskeptikern“ sondern unter den
„Mondgläubigen“ zu finden sind. Für dieses Publikum wäre es keine besondere Story,
wenn bei Vollmond nichts passierte. Anekdotisches „Beweismaterial“ ist nicht schwer zu
finden, und die Journalisten nehmen dies freudig auf, egal wie unzuverlässig es auch sein
mag. Die Möglichkeit der Selbsttäuschung und Voreingenommenheit wird in einer für kritische Denker unannehmbaren Weise ignoriert.
11.3 Wahrnehmungstäuschungen oder„Glaubsüchtigkeit“
Oft erleben wir nur, was wir - bewusst oder unbewusst - erwarten, und nehmen nur das
wahr, was ein Zensurprozess in unserem Gehirn für realistisch hält. Dies ist auch die alltägliche Erfahrung von z. B. Polizisten oder Gerichten, die immer wieder feststellen müssen,
dass sich Augenzeugen eklatant widersprechen, obwohl jeder das Geschehen so genau wie
möglich darstellen will. Die menschliche Wahrnehmung ist keine Videokamera, die präzise
die Umgebung aufnimmt. Wahrnehmungsexperimente zeigen, dass alle Menschen diesen
Täuschungen unterliegen können, unabhängig von Persönlichkeitseigenschaften wie
Leichtgläubigkeit, Intelligenz oder ihrer Haltung gegenüber Parawissenschaften.
Wir tun also gut daran, unseren Sinnen nicht unkritisch zu trauen. Unsere vermeintlich zuverlässigen Wahrnehmungen sind lediglich Hypothesen über die Welt, die unser Gehirn unbewusst-rational konstruiert, und falsche Hypothesen führen zu Wahrnehmungstäuschungen. Der uns angeborene „Gestaltungsdruck“ lässt uns in Zufallsereignisse Gesetzmäßigkeiten hineininterpretieren, die wir dann selektiv wahrnehmen und uns gut merken. Haben wir einmal eine bestimmte Überzeugung gewonnen, neigen wir dazu, daran festzuhalten - auch dann, wenn diese Zusammenhänge experimentell widerlegt worden sind. Diese
„Credomanie“ (Glaubsüchtigkeit) erweist sich als eine tierische Erblast und ist eine unerschöpfliche Quelle menschlicher Fehlvorstellungen. „Die Existenz einer unbewussten Zen-
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sur von Sinnesdaten bei der Wahrnehmung mahnt zur Vorsicht: Bei Esoterikern besteht die
Gefahr, dass sie persönliche Erfahrungen irrtümlich fehlinterpretieren.“ [Wolf, 1993]
11.4 Irrtümliche Annahmen
Der durchaus „handfeste“ Einfluss des Mondes beim Phänomen der Gezeiten trägt wesentlich zur Mondmythologie bei. Dazu gehört der weit verbreitete Glaube, dass der Mond Erdbeben verursachen kann. Er kann es nicht - und die Sonne auch nicht, die viel weniger Gezeitenkraft auf die Erde ausübt als der Mond.
11.5 Kognitive Voreingenommenheit und gesellschaftliche Unterstützung, verbunden mit tradierten Weisheiten
Viele glauben an die Mondmythen, weil sie so oft davon gehört haben, diese von den Medien, den Verwandten und Freunden, von Ärzten, Polizisten, Sozialarbeitern, und anderen
Personen mit Autorität und Einfluss wiederholt werden. Sobald ein Mensch erfährt, dass
sein Glaube von anderen Leuten geteilt wird, fühlt er sich durch den Glauben dieser Gleichgesinnten in seinen Ansichten gewaltig bestärkt. Dazu kommt noch, dass im Laufe der Zeit,
sämtliche mündlich weitergegebenen (tradierten) Geschichten übertrieben werden. Aus
einer Mücke wird ein Elefant, und aus dem Haus „das besser hält, das Haus das zehnfach
hält.“ (s. Kapitel 5.3)
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12 Schlussworte
Gelingt es durch diese Arbeit, die Physiklehrer zu ermuntern, auch ein solches Thema im
Unterricht zu behandeln, und so die Schüler zum kritischen Denken zu ermuntern, können
diese selbständig an ihnen unbekannte Phänomene herangehen. Auch ein Physiker hat nicht
immer sofort die richtige Antwort parat, wenn er mit unglaublichen Meinungen konfrontiert
wird. Diese „esoterischen Behauptungen“ sind ja bei weitem (leider) nicht nur auf den
Mond beschränkt, sondern in allen Bereichen des Lebens zu finden (Feng Shui, Wünschelrutengeher, Auspendeln, Granderwasser, Horoskopie, Wahrsagerei, u.v.a.m.). Zum Abschluss dieser Arbeit kann ich vielleicht noch ein paar „misconceptions“ über diese Unart
der Esoterik revidieren:
R. Weinberger von der Universität Innsbruck hielt vor etlichen Jahren Vorträge über
Astrologie und Mondeinflüsse. Er erzählte mir, dass ihm im Anschluss an einen solchen
eine ältere Frau entrüstet erklärte, dass sie schon ihr Lebtag immer zum richtigen Zeitpunkt
den Frisör besucht hätte, und dass ihre Haare deshalb immer wunderbar gewesen wären.
Auf Weinbergers Frage, ob sie nicht auch einmal einen anderen Zeitpunkt versucht hatte,
stutzte sie: „Ja, aber warum denn, wenn es so gut funktioniert!“
Mit der gleichen Logik könnte jemand behaupten, dass alle aus einem Meter Höhe
fallen gelassenen Gegenstände beim Aufprall auf den Boden bersten würden, und diese
Behauptung mit einem Weinglas öffentlich beweisen. Ein Zuseher könnte auf die Idee kommen, diesen Versuch zu Hause mit einem Bierglas zu wiederholen. Da dieses auch zerspringt, hat er die gehörte These „am eigenen Leib“ bestätigt. Und solange er nur Gläser aus
einem Meter Höhe fallen lässt, wird er an seiner Theorie festhalten und sie schließlich so
unerschütterlich glauben, dass er gar nicht mehr auf die Idee kommt, es auch einmal mit
einem Gummiball oder einem Holzstück zu probieren.
Ein weiteres beliebtes Objekt der Diskussion ist das Granderwasser – das nach einer
kürzlichen Folge von „Unkraut“ im Bayrischen Fernsehen als „dicker Hund“ apostrophiert
wurde. Trotzdem fühlen sich viele unbedarfte Käufer von Grandwasser in ihrer Entscheidung bestätigt. Grander behauptet unter anderem, man brauche mit seinem Wasser (das in
Wirklichkeit natürlich nur ganz gewöhnliches Wasser ist) beim Geschirr spülen nur mehr
halb so viel Spülmittel. Anstatt also sonst zwei Spritzer Spülmittel zu verwenden, versucht
man es mit einem – und welch ein Wunder! - das Geschirr wird sauber. Dabei übersieht
Irdische Einflüsse des Mondes im Volksglauben und in der Naturwissenschaft
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man, dass nach der Gebrauchsanweisung bereits drei (!!) Tropfen auf fünf Liter (nicht
Grander-) Wasser völlig ausreichen, um den Reinigungseffekt zu erzielen. Hat man früher
20-fach überdosiert, wird das Geschirr dank Granders Wunderwasser nun auch mit nur der
10-fachen Überdosierung sauber.
In meiner Studienzeit war ich Trainer in einem Fitnessstudio, wo viele der männlichen Besucher auf deutlich sichtbaren Muskelzuwachs hoffen, und viele der weiblichen
Besucher auf deutlichen Gewichtsverlust. Es gibt zahlreiche so genannte „food supplementals“, die zwar nachgewiesener Maßen keine Wirkung haben, aber trotzdem bei den Käufern dieser Produkte Erfolge erzielten. Neben dem Plazeboeffekt kommt hier noch zum
Tragen, dass diese „supplementals“ richtig viel Geld kosten, und nach einem exakten
Schema einzunehmen sind. Die Fitness Sportler geben so fast 200 Euro im Monat aus, und
weil das viel Geld ist, wollen sie den versprochenen Effekt auch nicht verschenken, indem
sie zu viele Pausen machen und zu locker trainieren. Personen, die sonst zwei Mal die Woche für eine Stunde trainierten, waren plötzlich vier Mal die Woche für zwei Stunden im
Studio. So konnte nach einem oder zwei Monaten ein sichtbarer Fortschritt einfach nicht
ausbleiben, und wurde natürlich auf die Wirkung der empfohlenen Nahrungsergänzung
zurückgeführt!
Die Mondbücher wurden von Schriftstellern geschrieben, die das journalistische
Handwerk verstehen! Was gut geschrieben ist, scheint allein deshalb schon überzeugend.
Das menschliche Gehirn ist in zwei Hälften unterteilt. Während eine für rationale Denkprozesse zuständig ist, reagiert die andere auf der Gefühlsebene. Je weniger Fakten dem Gehirn
zur Verfügung stehen, desto eher wird über die Gefühlsebene gehandelt, die auch für den
Glauben zuständig ist. Man kann grob sagen: Wer wenig weiß, glaubt viel. Die ASFINAG
hat in letzter Zeit besonders gefährliche Tunnels auspendeln lassen. Ich vermute nicht, weil
man dort wenig weiß und daher viel glaubt, sondern weil man sich nicht dem Vorwurf eines
großen Teils der Bevölkerung aussetzen wollte, das überlieferte Wissen der Menschheit aus
Hochmut ignoriert zu haben.
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Drössler, Rudolf: “Planeten, Tierkreiszeichen, Horoskope” 1984
3.5.5
The American Museum of Natural History Hayden Planetarium
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5.1.1
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11.1.1 Nienhuys, J. W. „Dronken van de maan“ Skepter 13(2), 2000
11.1.2 Nienhuys, J. W. „Dronken van de maan“ Skepter 13(2), 2000
Alle anderen Abbildungen wurden von mir persönlich entworfen und gezeichnet.
Geschrieben mit Microsoft Word XP, 13.606 Worte gesetzt mit „Times New Roman“ 10
Standard, 12 Standard, 12 kursiv und 12 Fett, 14 Standard, sowie 16 Fett.
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