Weiterbildung für Führungsaufgaben der mittleren Führungsebene 30.09.2002 –18.06.2003 Kursleitung: Mag. Erika Stelzl Semesterarbeit zum Thema: Gedächtnistraining – Ist Lernen im Alter möglich? Vorgelegt von: Maria Knoller 31.03.2003 [email protected] Gedächtnistraining 1 Maria Knoller [email protected] INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung .................................................................. .................Seite 2 2. Was ist Gedächtnis......................................................................Seite 3 2.1. Das Mehrspeichermodell......................................................Seite 3 2. 2. Das Mehrebenenmodell .......................................................Seite 5 3. Faktoren, die unser Gedächtnis beeinflussen können...........Seite 6 3.1. Ernährung..............................................................................Seite 6 3.1.1. Eiweiß...........................................................................Seite 6 3.1.2. Fette..............................................................................Seite 6 3.1.3. Kohlehydrate................................................................Seite 6 3.1.4. Vitamine........................................................................Seite 7 3.1.5. Flüssigkeitszufuhr.......................................................Seite 7 3.2. Erkrankungen........................................................................Seite 8 3.2.1. Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen............................................Seite 8 3.2.2. Bluthochdruck...........................................................Seite 8 3.2.3.Kreislaufregulationsstörungen.................................Seite 9 3.2.4. Diabetes mellitus.......................................................Seite 9 3.2.5. Hirnleistungsstörungen............................................Seite 9 3.3. Medikamente, Alkohol und psychosoziale Lebenssituation..........................................Seite 10 4. Denken, lernen und Intelligenz im Alter ...................................Seite 11 5. Möglichkeiten für Gedächtnistraining im Alter.........................Seite 12 5.1. Das SIMA Projekt..................................................................Seite 12 5.2. Die Stengel Methode............................................................Seite 14 6. Zusammenfassung......................................................................Seite 16 7. Literaturverzeichnis....................................................................Seite 17 8. Erklärung......................................................................................Seite 17 Gedächtnistraining 2 Maria Knoller [email protected] 1. Einleitung: Fitness ist in unserer heutigen Zeit ein Schlagwort, das uns täglich begegnet. Gemeint ist damit meist die körperliche Fitness. Aber ist es nicht auch wichtig, in einer Zeit in der die Anzahl der hochbetagten Menschen immer mehr zunimmt, auch an die geistige Fitness zu denken? Unser Gehirn ist kein Muskel, trotzdem braucht es ständiges Training, um nicht "einzurosten". Während der Zeit in der wir berufstätig sind, werden wir täglich gefordert, wir müssen mit der immer schneller werdenden Entwicklung der Technik Schritt halten, um im Beruf bestehen zu können. Aber auch der nicht mehr im Berufsleben stehende Mensch tut gut daran, "auf dem Laufenden" zu bleiben um möglichst lange ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Viele SeniorInnen orientieren sich nach ihrer "aktiven" Zeit neu, und beginnen z.B. ein Seniorenstudium. Aber ist es überhaupt möglich, im Alter noch Neues zu lernen? Lassen die geistigen Fähigkeiten ab einer bestimmten Anzahl von Jahren nicht automatisch nach? In meiner Arbeit möchte ich mich damit auseinandersetzen, wie unser Gedächtnis funktioniert, und ob es möglich ist, das Gedächtnis bis ins höhere Lebensalter fit zu halten. Gedächtnistraining 3 Maria Knoller [email protected] 2. Was ist Gedächtnis und wie funktioniert unser Gedächtnis? "Die Fähigkeit des Gehirns Informationen zu speichern und bei Bedarf wieder abzurufen wird als Gedächtnis bezeichnet" (Brauer, Müller und Michelfelder, 1995, S. 53). Es gibt mehrere Modelle, um das Gedächtnis zu beschreiben. 2.1. Das Mehrspeichermodell: Das Mehr – Speicher – Modell Schiffin 1968 Sensorischer wurde veröffentlicht. Speicher, In erstmalig diesem von Etkinson und Modell werden ein Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis unterschieden. Im Sensorischen Speicher wird entschieden, ob eine Information aufgenommen oder abgewiesen wird, und über welche Sinneskanäle sie weitergeleitet wird. Bekanntlich behält der Zuhörer Informationen, die er sowohl gehört als auch gesehen hat eher als solche die nur sprachlich übermittelt wurden. Die über die verschiedenen Kanäle empfangenen Reize werden zum Arbeitsspeicher (Kurzzeitgedächtnis) weitergeleitet und über ein kompliziertes System codiert. Für die Wahrnehmung eines sensorischen Reizes spielen auch noch Motivation und Stimmung eine wesentliche Rolle ( z.B. das Läuten des Telefons wird man rascher wahrnehmen, wenn man einen wichtigen Anruf erwartet, als wenn man gerade mit einer Arbeit konzentriert beschäftigt ist). Das Kurzzeitgedächtnis kann Informationen bis zu mehreren Stunden behalten, es ordnet sie hierarchisch und gibt sie an untergeordnete Zentren des Gehirns weiter. Dies ist häufig der Fall, wenn es um automatisierte Handlungen geht, wie z.B. das Anhalten an einer auf rot stehenden Ampel. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit des Kurzzeitgedächtnisses ist zum einen von Sauerstoff und Glukose, zum anderen von Trainingsintensität, Ritualisierung und Wiederholung von Gedächtnisangeboten abhängig. Gedächtnistraining 4 Maria Knoller [email protected] Das Kurzzeitgedächtnis wird beeinflusst durch verschiedene Faktoren wie: Konzentration: Die Wiedergabefähigkeit von 3 Konsonanten nach einmaliger akustischer Vorgabe reduziert sich nach 18 Sekunden bereits um 90%, wenn die Probanden abgelenkt werden. Wiederholung und Einbeziehung verschiedener sensorischer Kanäle: Informationen können länger im Kurzzeitgedächtnis behalten werden, wenn sie wiederholt und gesprochen werden. Die Wiederholung reicht jedoch nicht aus, um die Information in das Langzeitgedächtnis einzuspeichern, dazu muss sie bearbeitet, geordnet und wiederholt werden. Motivation: Der Lernende muss immer wissen, wofür er etwas lernt. Dekodierung: Eine weitere wichtige Aufgabe des Kurzzeitgedächtnisses liegt in der Fähigkeit, im Langzeitgedächtnis gespeicherte Informationen abzurufen und sie dem Bewusstsein zur Verfügung zu stellen. Im Langzeitgedächtnis liegt der gesamte Erfahrungs – und Informationsschatz. Die Einspeicherung in das Langzeitgedächtnis ist noch stärker von der Sinnhaftigkeit des angebotenen Materials abhängig (vgl. Brauer et al. 1995, S. 54 – 60). (vgl. Abb. 1.) Informationsaufnahme Sensorischer Speicher Langzeitspeicher Abb.1. Kurzzeit – speicher Informationsabruf Gedächtnistraining 5 Maria Knoller [email protected] In diesem Zusammenhang unterscheidet man zusätzlich noch Primär – und Sekundärgedächtnisleistungen. Unter Primärgedächtnisleistungen versteht man eher passive, "mechanische" Behaltensprozesse, sie verändern sich mit zunehmendem Alter nur gering. Sekundärgedächtnisleistungen dagegen sind aktive Prozesse wie zum Beispiel aktives Memorieren. Diese Leistungen nehmen mit zunehmendem Alter deutlich ab (vgl. Oswald, Rödel 1995, S. 9) 2.2. Das Mehrebenenmodell: (levels of processing) wurde von Craik und Lockhard 1972 beschrieben (vgl. Bauer et al.1995, S. 67). Dieses Modell basiert darauf, dass es Unterschiede in der Reizverarbeitung bei der Encodierung ( = Einspeicherung in den Langzeitspeicher) gibt. Die beiden Autoren unterscheiden drei Ebenen der Verarbeitungstiefe: • Flache Verarbeitung • Mittelintensive Verarbeitung • Tiefe Verarbeitung Je weniger "tief" die Verarbeitung erfolgt, umso schlechter ist demnach die Gedächtnisleistung. Eine tiefe Verarbeitung bedeutet, je mehr sinnvolle Verbindungen zwischen den zu speichernden Informationen bestehen und je besser diese mit bereits gespeichertem Wissen verknüpft werden können, umso besser ist später die Abrufbarkeit der Information. Die Funktion unseres Gedächtnisses stellt vermutlich eine Interaktion dieser beiden Modelle dar. Neu angebotenes Informationsmaterial wird durch ständiges Wiederholen mit bereits im Langzeitspeicher vorhandenem Wissen verknüpft (vgl. Brauer et al.1995, S. 68). Gedächtnistraining 6 Maria Knoller [email protected] 3. Faktoren, die unser Gedächtnis beeinflussen können: 3.1. Ernährung: Es ist allgemein bekannt, dass nach einem ausgiebigen, schweren Essen die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt ist. Die Verdauung beansprucht nach einer üppigen Mahlzeit einen Großteil des Blutes. Das Gehirn erhält weniger Sauerstoff, und man hat eher Lust auf ein Nickerchen, als auf geistige Aktivität. Ernährungswissenschaftler haben festgestellt, dass es im Laufe des Tages zu deutlichen Einbußen der Gedächtnisleistung und auch der körperlichen Kraft kommt. Diese Leistungsschwankungen können mit kleinen Zwischenmahlzeiten, die den Zuckerspiegel konstant halten, ausgeglichen werden. Die wichtigsten Bestandteile der Nahrung sind Eiweiß, Fett, Kohlehydrate, Vitamine und Spurenelemente. 3.1.1.Eiweiß: Tierisches und pflanzliches Eiweiß ist wichtig für den Aufbau von Zellen, aber auch für die Herstellung von Transmitterstoffen (Botenstoffen) im Gehirn. Eiweißmangel kann zu Konzentrationsstörungen, eingeschränkter Funktion des Arbeitsspeichers und Störung der Langzeit – Encodierung (Einspeicherung) führen (vgl. Brauer et al.1995, S. 31) 3.1.2. Fette: Ein Mangel an bestimmten Fetten und Fettsäuren kann zu Reizübertragungsstörungen und damit zu Müdigkeit, Abgespanntheit und Antriebslosigkeit führen. Gedächtnistraining 7 Maria Knoller [email protected] 3.1.3. Kohlehydrate: Kohlehydrate sind die wichtigsten Energielieferanten für das Gehirn. Eine nicht ausreichende Versorgung mit Kohlehydraten kann Ermüdungserscheinungen, Unruhe und Konzentrationsstörungen bis hin zu Verwirrtheitszuständen und Aggressivität zur Folge haben. Kohlehydrate sollten möglichst in vollwertiger Form (Vollkornprodukte) zugeführt werden. Weißbrotsorten, Süßigkeiten und Kuchen führen zu einer plötzlichen, kurzfristigen Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Wenig später fällt der Zuckerspiegel wieder ab und es kommt zu Unterzuckerung, die Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Konzentrationsschwäche zur Folge hat. 3.1.4. Vitamine: Für die Gedächtnisleistung stehen vor Allem die Vitamine des B Komplexes und Vitamin C im Vordergrund. Vitamin C erhöht das Denkvermögen. Ein ausgezeichneter Vitamin C Spender ist z.B. Sauerkraut, es enthält außerdem viel Calzium und Magnesium und dient damit auch der Verbesserung der Gehirn - und Nervenfunktion. Vitamin B ist hauptsächlich in Vollkornprodukten enthalten. 3.1.5. Flüssigkeitszufuhr: Ein erwachsener Mensch sollte pro Tag mindestens 2 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Das Gehirn reagiert auf Flüssigkeitsmangel sehr negativ. Jede elektrische Erregung die von einer zur anderen Zelle durch Botenstoffe (Transmitterstoffe) übertragen wird, und die Grundlage der Nervenzellfunktion darstellt, ist vom Flüssigkeitsgehalt des Nervengewebes abhängig. Schon kurzzeitige Flüssigkeitsmangelzustände können beim älteren Menschen zu Konzentrationsstörungen bis hin zu Verwirrtheitszuständen führen. Häufig kommt es bei älteren Menschen jedoch zu "schleichendem" Flüssigkeitsmangel, da betagte Menschen meist ein verringertes Durstgefühl haben, und einfach auf das Trinken vergessen. Aber auch Inkontinenz kann das Trinkverhalten älterer Menschen beeinflussen, wenn sie dadurch Angst haben, in eine "peinliche Situation" zu geraten. Gedächtnistraining 8 Maria Knoller [email protected] Um den Bedarf an Flüssigkeit zu decken, eignet sich am besten Mineralwasser oder Tee. Kaffee dagegen hat nur eine kurzfristige und gering anregende Wirkung auf den Geist. Außerdem führt zu viel Kaffee zu einer Übersäuerung des Körpers ( vgl. Oppolzer, 1998, S. 59). Zusammenfassend kann man also sagen: eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend vollwertigen Kohlehydraten, genügend frischem Obst und Gemüse als Vitamin – und Mineralstofflieferanten und viel Flüssigkeit ist nicht nur für unseren Körper gesund, sondern trägt auch entscheidend zur geistigen Fitness bei. 3.2. Erkrankungen: 3.2.1. Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen Das Gehirn Nachlassen benötigt der Herzmuskelschwäche überproportional Herzförderleistung oder viel an z.B. Blutflüssigkeit. verursacht Herzrhythmusstörungen führt Ein durch daher unweigerlich zu einer Beeinträchtigung des Gehirns. Frühsymptome sind häufig Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Leistungsschwäche und in weiterer Folge Konzentrationsschwäche und akute Verwirrtheitszustände. 3.2.2. Bluthochdruck: Hoher Blutdruck ist in der heutigen Zeit eine weitverbreitete, häufig nicht rechtzeitig erkannte Erkrankung, die durch Gefäßverengung und – Verschlüsse zu ernsthaften Schädigungen von Organen führen kann. Besonders auf das Gehirn hat diese Mangeldurchblutung starke Auswirkungen. Je nachdem, welcher Teil des Gehirnes betroffen ist, kommt es zu unterschiedlichsten Auswirkungen, wie z.B. Seh– oder Sprachstörungen, Lähmungen aber auch Störungen des Gedächtnisses (die sogenannte Multiinfarkt- Demenz). Wichtig für ein für lange Zeit gut funktionierendes Gedächtnis ist daher auch die regelmäßige Kontrolle des Blutdruckes und gegebenenfalls eine entsprechende Behandlung eines zu hohen Blutdruckes. Gedächtnistraining 9 Maria Knoller [email protected] 3.2.3. Kreislaufregulationsstörungen: Auch zu niedriger Blutdruck führt zu einer Mangeldurchblutung im Gehirn mit den bekannten Folgen. Vor allem die Reaktionszeit ist verlängert, was im Alltag, z.B. im Straßenverkehr zur Gefahr werden kann. Kreislauf - und Ausdauertraining ist für die Gesundheit jedes Menschen von Bedeutung. Vor Allem ältere Menschen sollten also auch mitbedenken, dass ein regelmäßiges körperliches Training auch die Hirnleistung deutlich verbessert. 3.2.4. Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit): Wie auch bei zu hohem Blutdruck kann es durch einen schlecht eingestellten Diabetes zu Gefäßverkalkungen und in weiterer Folge zur Multiinfarkt - Demenz mit den bereits beschriebenen Gedächtniseinschränkungen kommen. Auch auf Unterzuckerung, die beim Diabetiker häufig in der Nacht auftritt, reagiert das Gehirn sehr sensibel. Die Funktionen des Merkens und des Erinnerns sind energieabhängig und werden als Erstes gestört. Ältere Menschen sollten daher eine kleine Spätmahlzeit zu sich nehmen. 3.2.5. Hirnleistungsstörungen: "Unter Hirnleistungsstörung versteht oder chronische kognitiven man eine vorübergehende Hirnleistungsschwäche, die mit Verlust des (geistigen) und affektiven (gefühlsmäßigen) Leistungsvermögens einhergeht" (Brauer et al. 1995, S. 42) Die Ursache für eine Hirnleistungsstörung kann entweder ein akutes Geschehen wie z.B. ein Schädelhirntrauma oder eine chronisch fortschreitende Erkrankung sein. Die Zahl der Menschen mit Hirnleistungsstörungen steigt analog zur steigenden Lebenserwartung. Gedächtnistraining 10 Maria Knoller [email protected] Aber auch soziologische Veränderungen der Lebenssituation wie z.B. der Trend zur Kleinfamilie oder zu Einpersonenhaushalten mit der damit verbundenen Gefahr der Vereinsamung im Alter beeinflussen die psychosoziale und psychointellektuelle Kompetenz des Menschen in der zweiten Lebenshälfte (vgl. Brauer et al. 1995 S. 42). Eine Hirnleistungsstörung beginnt häufig schleichend mit der Verschlechterung des Kurzzeitgedächtnisses. Die Patienten versuchen diese Situation meist durch Strategien wie dem Schreiben von Notizzetteln oder dem Bauen von Eselsbrücken zu begegnen. Länger zurückliegende Ereignisse können sehr gut wiedergegeben werden. Mit zunehmender Verschlechterung der Erkrankung ziehen sich die Patienten immer mehr aus der Gesellschaft zurück, da sie Gesprächen nicht mehr folgen können. Dieser Rückzug hat jedoch zur Folge, dass sie immer mehr unter Vereinsamung leiden, weniger Ansprache haben, Depressionen bekommen, und sich ihr Zustand dadurch noch verschlechtert. Der weitere Verlauf der Erkrankung geht mit Beeinträchtigung der Sprache (wird stereotyp) und des Sprachflusses (durch ständiges Suchen nach Begriffen) einher. In der letzten Phase der Erkrankung kommt es zu einem völligen Abbau der Intelligenz, der Patient wird zum Pflegefall. 3.3. Medikamente, Alkohol und psychosoziale Lebenssituation: Medikamente wie z.B. Schmerz – oder Beruhigungsmittel können die Wahrnehmung und Konzentration beeinflussen. Alkohol ist ein Zellgift, das regelmäßig und in größeren Mengen genossen zu einer Zerstörung von Hirnzellen führt. Psychosoziale Lebenssituation: der Mensch ist kein Einzelwesen, soziale Isolation und Vereinsamung führen zum Abbau der geistigen Leistungen. Gedächtnistraining 11 Maria Knoller [email protected] 4. Denken, Lernen und Intelligenz im Alter: Es gibt verschiedene wissenschaftliche Meinungen dazu, ob die Gedächtnisleistung im Alter grundsätzlich abnimmt, oder durch verschiedene Aktivitäten beeinflusst werden kann. Ich möchte hier nur einige wissenschaftliche Erkenntnisse zur geistigen Leistungsfähigkeit im Alter aufzählen: ! Stoffwechselvorgänge laufen im Alter verlangsamt ab. ! Das Kurzzeitgedächtnis lässt nach, die Einspeicherung in das Langzeitgedächtnis dauert länger, das heißt, ältere Menschen benötigen zum Erlernen neuer Inhalte mehr Zeit und mehr Wiederholungen, können den Stoff dann aber fehlerfreier wiedergeben. ! Das Langzeitgedächtnis ist bei älteren Menschen oft besser als bei jüngeren. ! Mangelndes körperliches Training und geistige Anregung beeinflussen die Gehirnleistung negativ. ! Herz - und Kreislaufprobleme verringern die Durchblutung des Gehirns und wirken sich negativ auf die Leistungsfähigkeit aus. ! Die Wahrnehmung wird durch das Nachlassen der Sinnesorgane eingeschränkt. ! Ältere Menschen lernen häufig schlechter, wenn sie keinen Bezug zum Lernstoff haben, sie haben oft nicht mehr die richtigen Lernmethoden und der Lernvorgang ist leichter störbar. ! Einen altersbedingten biologischen Abbau des Gehirns sowie ein altersbedingtes Nachlassen der Lernfähigkeit gibt es beim gesunden alten Menschen nicht, bzw. erst jenseits der Achtziger. ! Schlechtere Lernleistungen älterer Menschen sind oft die Folge von innerer Unsicherheit. ! Man geht heute davon aus, dass es verschiedene Formen von Intelligenz gibt. Die beiden Forscher Horn und Cantell (1966) unterscheiden zwischen "fluider " und "kristalliner" Intelligenz. Gedächtnistraining 12 Maria Knoller [email protected] Fluide Intelligenz beinhalt die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung und nimmt mit zunehmendem Alter eher ab. Kristalline Intelligenz bezeichnet die Problemlösefähigkeit und ist von Schulbildung und Lebenserfahrung abhängig (vgl. Oppolzer 1998, S.66). 5. Möglichkeiten für Gedächtnistraining im Alter: Ich möchte in meiner Arbeit zwei Modelle für Gedächtnistraining im Alter vorstellen. 5.1. Das SIMA Projekt: Ein Forschungsprojekt mit dem Thema "Bedingungen der Erhaltung und Förderung von Selbstständigkeit im höheren Lebensalter" das an der Universität Erlangen / Nürnberg im Auftrag des Bundesministeriums für Familie und Senioren in Deutschland durchgeführt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass Gedächtnisleistungen auch in höherem Lebensalter noch verbessert werden können. Die Zielgruppe für dieses Programm sind SeniorInnen mit altersgemäßen kognitiven Leistungen ohne klinische Auffälligkeiten. Der Ansatzpunkt ist das Training von alltagspraktischen Fähigkeiten, die für die Lebensbewältigung von großer Bedeutung sind, wie z.B. Planung des Einkaufes und Vorratshaltung, die Bedienung von technischen Geräten wie Fahrkartenautomaten oder Kontoauszugsdrucker oder die Planung und Einhaltung von Terminen. Im Zuge dieses Projektes wurde ein praxisorientiertes Trainingsprogramm für SeniorInnen erarbeitet. Es handelt sich dabei um eine Langzeitstudie, bei der die Probanden auch nach mehreren Jahren nochmals getestet wurden. Die Studie wurde von Jänner bis November 1992 mit 375 Probanden im Alter von 77 bis 93 Jahren durchgeführt (Durchschnitt 80 Jahre) unmittelbar nach Beendigung des Trainings kam man zu dem Ergebnis, dass das regelmäßige Training zu einer deutlichen Verbesserung der Konzentration, der Aufmerksamkeit, der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit und des Gedächtnistraining 13 Maria Knoller [email protected] logischen Denkvermögens sowie zu einer Reduzierung von leichten Demenzsymptomen geführt hatte (vgl. Oswald, Rödel 1995, S.1, S.15 bis 17). Vier Jahre später allerdings stellte man fest, dass die Einzeltrainings (also nur Gedächtnistraining oder Psychomotorisches Training) keine relevante Wirkung gezeigt hatten, nur die Testgruppe, die ein kombiniertes Gedächtnisund Psychomotorisches Training durchgeführt hatte, zeigte eine nachhaltige Verbesserung im kognitiven Bereich (Christine Diestelmann, der Begriff der "Bildung" in der Erwachsenenbildung (1999) online im www unter URL: http//diestelmann.de (Stand 10.03.2003). Es ist also demzufolge nicht ausreichend, den Körper durch entsprechendes Training fit zu halten, wie es heute häufig propagiert wird, sondern nur die Kombination von körperlichem und geistigem Training ermöglicht auf lange Zeit eine hohe Kompetenz. Im folgenden möchte ich das SIMA Gedächtnistraining noch kurz beschreiben. Das SIMA Gedächtnistraining umfasst: ! das Training der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit: z. B aus einem "Buchstabensalat" die Namen von bestimmten Entdeckern und Erfindern herausfinden oder bestimmte Zahlenkombinationen aus einer Liste herausfinden. ! Konzentration und Aufmerksamkeit: z.B. das Suchen eines bestimmten Buchstaben in einer Buchstabenreihe oder "das Kuckucksei" (vier Wörter in einer Reihe haben etwas gemeinsam, das Fünfte passt nicht dazu) ! Wahrnehmungsübungen: z.B. Geräusche erkennen oder Düfte erraten. ! Kurzzeitgedächtnis: Auf mehreren Bildern sind Einkaufskörbe abgebildet, auf jedem Bild ist ein Gegenstand mehr im Korb. Die TeilnehmerInnen sollen sich möglichst viele Gegenstände merken. Gedächtnistraining 14 Maria Knoller [email protected] ! Langzeitgedächtnis: z.B. Städten ihre Sehenswürdigkeiten zuordnen. ! Mnemotechniken/Namen: z.B. Städtenamen sind in einem "Buchstabensalat" verschlüsselt. ! Mnemotechniken/Zahlen: z.B. Rhythmisierung von Zahlen (Zusammenfassung in 2er oder 3erGruppen) Im SIMA Gedächtnistraining werden neben den eigentlichen Übungen auch theoretische Grundlagen über die Funktion des Gehirnes und des Gedächtnisses vermittelt. Die TeilnehmerInnen erhalten zusätzlich noch weitere Übungsunterlagen für die Bearbeitung zu Hause. Die Gruppengröße kann bis zu 20 Personen umfassen. (vgl. Oswald, Rödel 1995) 4.1. Die Stengel Methode: Dr. med. Erika Stengel war Chefärztin am größten Zentrum für Alterskrankheiten in Lainz. Sie begann bereits Ende der vieriger Jahre mit dem Gedächtnistraining. Anlass dafür war, dass sie beobachtete, dass viele Heimbewohner teilnahmslos den Tag verbrachten oder stundenlang mit Suchen beschäftigt waren. Die Stengel Methode versteht sich als ganzheitliche Methode, das heißt, es werden neben dem Denken auch Gefühle, individuelle Bedürfnisse und Motorik miteinbezogen. Es ist also ein Training mit "Hand, Herz und Hirn". Der Kopf repräsentiert das Wissen, die Hand das Handeln und das Herz steht für Motivation, "das Wollen". Das Stengel Gedächtnistraining ist ein spielerisches Training von Konzentration, Wortfindung, Merkfähigkeit, Formulierung und Reproduktion. Gedächtnistraining 15 Maria Knoller [email protected] Es eignet sich auch als Unterstützung bei der Therapie von Demenzerkrankungen und Depressionen, wenn die Spiele vereinfacht und das Tempo verlangsamt wird. Wichtig ist in diesem Zusammenhang darauf zu achten, dass das Langzeitgedächtnis zuerst aktiviert wird, um den Beteiligten ein Erfolgserlebnis zu vermitteln. Im Vordergrund stehen Spaß und Freude ohne Zeit - und Leistungsdruck. Ein wichtiger Punkt ist aber auch der soziale Aspekt. Durch die regelmäßigen Treffen der Gruppe entstehen neue Freundschaften, neue soziale Netze und außerfamiliäre Kontakte, die wesentlich zur Lebenszufriedenheit und damit wiederum zur körperlichen Gesundheit der TeilnehmerInnen beitragen. Weiters dient das Stengel Gedächtnistraining der Erhaltung der Kompetenz und damit auch der Verbesserung der Lebensqualität (vgl. Brauer et al.1995, S. 222 - 225). Einige Beispiele für das Stengel Gedächtnistraining : ! Wissensfragen z.B. ab welchem Tag hört ein Kücken ? ( bereits in der letzten Eiwoche) ! Wortfindungsübungen: gefragt wird nach Ein-Wort-Antworten, die alle mit dem gleichen Anfangsbuchstaben beginnen müssen. ! Konzentrationsfähigkeit, Assoziation und Wortfindung werden durch Spiele wie Steckbriefe trainiert. Z.B.: "Mädchen nett, führt adrett Hauswesen für Kumpelseptett" (Lösung: Schneewittchen) ! Beurteilung und Entscheidung: eine Behauptung wird ausgesprochen und die Lösung dazugegeben, die Trainierenden müssen entscheiden, ob die Lösung falsch oder richtig ist. ! Zum Ordnen des Denkens eignet sich die Übung Ober – oder Unterbegriffe suchen. (vgl. Brauer et al. 1995, S. 233 bis 235) Das Gedächtnistraining nach Stengel sollte möglichst in Kleingruppen stattfinden, das Niveau der TeilnehmerInnen sollte ungefähr gleich sein. Gedächtnistraining 16 Maria Knoller [email protected] 6. Zusammenfassung: Zusammenfassend kann man also sagen, dass Lernen beim gesunden Menschen in jedem Lebensalter möglich ist. In höherem Alter lernt der Mensch üblicherweise langsamer, dafür aber genauer. Die von vielen älteren Menschen oft beklagte "Vergesslichkeit" hängt zum Teil auch damit zusammen, dass das Gehirn nicht entsprechend gefordert wird. Neben regelmäßiger sportlicher Betätigung, einer gesunden, ausgewogenen Ernährung, ausreichender Flüssigkeitszufuhr und der Vermeidung von sozialer Isolation ist auch das Training der geistigen Fähigkeiten eine wichtige Voraussetzung für ein bis ins hohe Alter selbstständiges und selbstbestimmtes Leben. Aber auch für SeniorInnen, die an Hirnleistungsstörungen leiden, ist ein speziell abgestimmtes Training von Vorteil um den Abbau der geistigen Leistungen zu verzögern. Täglich 10 Minuten Training der verschiedenen Gehirnfunktionen bringen bereits gute Erfolge, besser ist es allerdings regelmäßig in Gruppen zu trainieren, um gleichzeitig auch einer sozialen Isolation entgegenzuwirken. Dass körperliches Training wichtig ist, wird uns täglich nahegebracht, für den Erhalt der geistigen Fitness werden uns aber meist nur Knoblauchkapseln in der Werbung empfohlen. Gedächtnistraining sollte nicht nur ein Thema in Seniorenheimen sein, sondern auch der/die noch rüstige, jüngere Senior/in kann sehr viel für die Erhaltung seiner/ihrer geistigen Fähigkeiten tun. Gedächtnistraining 17 Maria Knoller [email protected] 7. Literaturverzeichnis ! Brauer, Harald / Michelfelder, Hildegund / Müller, Ernst: Leitfaden Gedächtnistraining. Stuttgart 1995 ! Oppolzer, Ursula: Hirntraining mit ganzheitlichem Ansatz. Dortmund 1998 ! Oswald, Wolf D. / Rödel, Gisela (Hrsg): das SIMA Projekt Gedächtnistraining Hogrefe Verlag Göttingen – Bern – Toronto – Seattle 1995 ! Christine Diestelmann, Erwachsenenbildung der (1999), Begriff online der im "Bildung" WWW unter in der URL: http//diestelmann.de (Stand 10.03. 2003). 8. Erklärung: Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Semesterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die benutzten Quellen als solche kenntlich gemacht habe. Datum: _________________ Gedächtnistraining Unterschrift: ____________________ 18 Maria Knoller [email protected]