Quantenmechanikvorlesung, Prof. Lang, SS04 Der harmonische Oszillator anhand eines Potentials Christine Krasser - Tanja Sinkovic - Sibylle Gratt - Stefan Schausberger - Klaus Passler Einleitung In der klassischen Mechanik ist der (eindimensionale) harmonische Oszillator ein Teilchen der Masse m, das durch eine elastische Kraft mit der ”Federkonstantek an den Ort x = 0 gebunden ist; er wird also definiert durch ein Parabelpotential k V (x) = · x2 2 Die Gesamtenergie des harmonischen Oszillator ist daher Eh.O. = p2 k + · c2 2m 2 Die Bewegungsgleichung lautet: m· ∂2x +k·x=0 ∂t2 mit der klassischen Lösung x(t) = A · cos(ωt + δ) wobei die Eigenfrequenz ω mit der Federkonstante k verknüpft ist durch k = mω 2 Damit ist der Impuls p(t) = −mω · A · sin(ωt + δ) und wir können die Amplitude ausdrücken durch x und p A2 = x2 + p2 m2 ω 2 Der klassische Zugang des harmonischen Oszillators ist nur für kleine Schwingungen durch das Parabelpotential des harmonischen Oszillators zu approximieren. Nach der klassischen Behandlung eines Potentials wollen wir nun, anhand eines gegebenen Potentials, den harmonischen Oszillator quantenmechanisch behandeln. 1 Quantenmechanische Beschreibung Das Potential hat folgende Gestalt: ( V (x) = kx2 /2 bei x > 0 ∞ bei ≤ 0 (1) Im Bereich x ≤ 0 verschwindet die Wellenfunktion. Um das Potential zu beschreiben, benötigen wir die klassische Hamiltonfunktion des eindimensionalen harmonischen Oszillators: Hkl (p, x) = p2 mω 2 x2 + 2m 2 Der Oszillator ist bestimmt durch die Masse m und die Eigenfrequenz ω. Dies entspricht einer Federkonstanten f = mω 2 . Der Übergang in die quantenmechanische Beschreibung erfolgt weiters durch: p → P = −ih̄ ∂ ∂x Nun können wir den Hamiltonoperator wie folgt anschreiben: H=− h̄2 mω 2 x2 + 2m 2 Die Schrödingergleichung hat folgende Form: HΨ = EΨ Wir setzen nun unseren Hamilton in die Schrödingergleichung ein und erhalten folgende Eigenwertgleichung: (− h̄2 ∂ 2 mω 2 x2 )Ψ(x) = EΨ(x) + 2m ∂x2 2 2 Anzumerken ist noch, dass die Wellenfunktion den Normierungsbedingungen genügen müssen. +∞ Z dx · |Ψn (x)|2 = 1 −∞ Die Lösung der Schrödingergleichung kann nun auf zwei Arten erfolgen: • nach den Regeln für Differentialgleichungen • auf dem algebraischer Weg über Operatoren Zum besseren Verständis unseres Oszillatorpotentials wollen wir beide Lösungsvarianten besprechen: Lösung der Schrödingergleichung auf dem algebraischen Weg Wir schreiben nun die Amplitude gemäß A2 = x2 + A2 = (x + p2 m2 ω 2 formal um: ip ip (x − )) mω mω ∂ Wir verwenden nun p → P = −ih̄ ∂x um 2 neue Operatoren anzuschreiben: r a= m iP (ωx + ) 2ω m r † a = m iP (ωx − ) 2ω m ∂ zu verstehen ist, also: wobei der Impulsoperator P gemäß P = −ih̄ ∂x r a= † a = h̄ ∂ m (ωx + · ) 2ω m ∂x r m h̄ ∂ (ωx − · ) 2ω m ∂x Diese beiden Operatoren sind nicht hermitisch da a† 6= a entsprechen also keiner Observablen, keiner Messgröße! Trotzdem werden sie uns überaus nützlich sein. Um mit Operatoren einfach rechnen zu können, müssen wir ihre Vertauschungsregeln kennen. Wir fragen daher zunächst nach dem Kommutator [a, a† ]. Einsetzen der Definitionen ergibt: [a, a† ] = iP iP m [ωx + , ωx − ] 2ω m m 3 Da für die Kommutatoren das Distributionsgesetz der Algebra gilt und da jeder Operator mit sich selbst kommutiert, können wir dies zu: [a, a† ] = m iω iω { [P, x] − [x, P ]} 2ω m m vereinfachen. Mit der fundamentalen Gleichung x · P − P · x = ih̄ folgt: [a, a† ] = ih̄ Als nächstes drücken wir den Energieoperator ( den Hamiltonoperator ) aus r a= † iP m (ωx + ) 2ω m r a = m iP (ωx − ) 2ω m durch die neuen Operatoren a und a† aus; dazu kehren wir zunächst die beiden obigen beiden Gleichungen um und erhalten: x= √ 1 (a + a† ) 2mω r mω (a + a† ) 2 Im Hamiltonoperator kommen x und P jeweils quadratisch vor, wir müssen also die beiden oberen Formeln unter Beachtung der Nichtvertauschbarkeit quadrieren: 1 x2 = (a2 + a†2 + a · a† + a† · a) 2mω mω 2 (a + a†2 − a · a† − a† · a) P2 = − 2 Damit erhalten wir den Hamiltonoperator für den eindimensionalen harmonischen Oszillator: P = −i H h.O. = m ω P2 + ω 2 x2 = (a · a† + a† · a) 2m 2 2 oder unter Berücksichtigung der Vertauschungsregel: H h.O. = ω (a† a + h̄ ) 2 Der Hamilitonoperator nimmt also mit den Operatoren a und a† eine ganz einfache Form an. Daher können wir nun auch ganz leicht die Vertauschungsregeln dieser Operatoren mit dem Hamiltonoperator bestimmen: [H h.O. , a] = ω[a† a, a] = ω[a† , a]a 4 [H h.O. , a† ] = ω[a† a, a† ] = ωa† [a, a† ] und mit den Vertauschungsregeln: [H h.O. , a] = −h̄ω · a [H h.O. , a† ] = −h̄ω · a† Damit haben wir durch die Vertauschungsregeln die Operatoren a und a† als Leitoperatoren identifiziert. Nach den Gesetzen der Leitoperatoren folgt die Definition des Grundzustandes. Unser Grundzustand wird damit zu a · Ψ0 (x) und aus H h.O. = ω (a† a + h̄2 ) folgt: H h.O. Ψ0 (x) = h̄ω Ψ0 (x) 2 Damit wird das Eigenwertspektrum des linearen, harmonischen Oszillator gemäß ωn = ω0 + n · ω und [H h.O. , a] = −h̄ω · a 1 En = h̄ω(n + ) 2 Wir haben nun wirklich beweisen können, dass das Spektrum des harmonischen Oszillator äquidistante Eigenwerte aufweist. Besondere Beachtung verdient die Grundzustandsenergie E0 = h̄ω 2 Für einen klassischen, harmonischen Oszillator ist der Grundzustand selbstverständlich der Ruhezustand mit der Energie 0. Quantenmechanisch ist dies aber unmöglich, da in einem solchen Zustand sowohl der Ort (x=0) als auch der Impuls (p=0) exakt bekannt wären, was der Unschärfrelation widerspräche!!! Die Nullpunktenergie ist also die direkte, messbare Konsequenz der Unschärferelation und zeigt deutlich, dass es sich dabei nicht um eine Grenze handelt, die aus unseren Möglichkeiten folgt, sondern dass es sich dabei um eine höchst realen, physikalischen Effekt handelt! Da die Leitoperatoren a und a† um Energiezustand des harmonischen Oszillators jeweils um ein Quantum h̄ω hinzufügen oder abziehen, werden sie auch Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren genannt. Wir wollen nun noch die Eigenfunktion des harmonischen Oszillators zuwenden: Wie wir bereits wissen, gilt für den Grundzustand: a · Ψ0 (x) = 0 oder ωx + h̄ ∂ · Ψ0 (x) = 0 m ∂x 5 Die Lösung dieser linearen, totalen Differentialgleichung ist leicht zu finden: Ψ0 (x) = C · e −mωx2 2h̄ wobei die Konstante C aus der Normierungsbedingung +∞ R dx · |Ψn (x)|2 = 1 −∞ zu bestimmen ist. Dazu benutzen wir die bekannte Integralformel: +∞ Z 2 e−λx dx = r −∞ π λ und erhalten mω 1/4 iα ·e πh̄ mit einer unbestimmten Phase α, die wir aber ohne Beschränkung der Allgemeinheit 0 setzen dürfen, da sie aus allen physikalisch relevanten Größen herausfällt. Somit erhalten wir die Wellenfunktion des Grundzustandes des harmonischen Oszillators C= Ψ0 (x) = ( mω 1/4 −mωx2 )e 2h̄ πh̄ Es handelt sich dabei um eine Gaußschen Glockenkurve. Wir wollen auch angeregte Zustände mathematisch darstellen, so benutzen wir E± = cn±1 un±1 um mittels Erzeugungsoperatoren die Leiter der Zustände hinaufsteigen: Ψn+1 (x) = cn a† Ψn (x) Wir nehmen an, dass die Eigenfunktion Ψn schon normiert ist und verlangen die Normierung und auch für Ψn+1 . Somit erhalten wir mit Ψn+1 (x) = cn a† Ψn (x) +∞ Z 2 dx · |Ψn+1 (x)| = −∞ Aus H h.O. = ω +∞ Z Ψ∗n (x)aa† Ψn (x) = 1 c2n −∞ (a† a + h̄ 2) und [aa† = h̄] folgt: aa† = 1 h̄ H h.O. + ω 2 Setzen wir dies ein, können wir die Eigenwertgleichung ausnutzen und berechnen wegen E0 = h̄ω 2 und der Normierungsbedingung: c2n +∞ Z −∞ h̄ 1 h̄ 1 dx · Ψ∗n (x)[ H h.O. + ]Ψn (x) = c2n [ E n + ] ω 2 ω 2 = c2n h̄(n + 1) = 1 6 Damit erhalten wir eine Rekursionsformel für die Eigenfunktionen ( wobei wir der Einfachheit n + 1 durch n ersetzt haben ): r Ψn (x) = mω h̄ ∂ (x − · )Ψn−1 (x) 2h̄n mω ∂x −mωx2 1/4 Mit Ψ0 (x) = ( mω )e 2h̄ können wir daraus alle Eigenfunktionen durch πh̄ einfache Differentiation errechnen. Die resultierenden Funktionen sind die so genannten Hermite - Polynome, multipliziert mit der Exponentialfunktion des Grundzustandes. Lösung der Schrödingergleichung nach den Regeln der Differentialgleichungen Wir lösen die Eigenwertgleichung HΨ = EΨ, mit H = [− −h̄2 2m 1 h̄2 d2 + kx2 ]Ψ(x) = EΨ(x) 2m dx2 2 1 h̄2 ∂ 2 + kx2 )Ψ = EΨ 2m ∂x2 2 Geeignete Eigenfunktionen dieser Gleichung sind (− Ψn = Nn Hn (x)e(− bx2 ) 2 , wobei • N der Normierungsfaktor, • Hn (x) das Hermitesche Polynom vom Grad n und • b eine Konstante ist. Für die Hermiteschen Polynome gilt • H0 (x) = 1, √ • H1 (x) = 2 bx und √ • Hn+1 (x) = 2 bxHn (x) − 2nHn−1 (x). 7 + kx2 2 Einsetzen von Ψ0 = N0 H0 (x)e(− − bx2 ) 2 in die Schrödingergleichung ergibt 2 2 2 1 2 h̄2 ∂ 2 (− bx2 ) (− bx2 ) (− bx2 ) (N e ) + = E N e kx N e 0 0 0 0 2m ∂x2 2 2 h̄2 ∂ 2 (− bx2 ) 1 2 (− bx2 ) (− bx2 ) 2 ) + 2 = E e (e kx e 0 2m ∂x2 2 2 bx2 bx2 bx2 h̄ ∂ 1 (bxe(− 2 ) ) + kx2 e(− 2 ) = E0 e(− 2 ) 2m ∂x 2 h̄ 1 2 2 2 2 (b · e−bx /2 − b2 x2 e−bx /2 ) + kx2 e−bx /2 = E0 e−bx /2 2m 2 h̄ h̄ 2 2 −bx2 /2 1 2 −bx2 /2 2 2 b · e−bx /2 − b x e + kx e = E0 e−bx /2 2m 2m 2 Da die Energie E0 eine Konstante, also unabhängig von x sein soll, müssen die beiden x-abhängigen Terme auf der linken Seite zusammen Null ergeben. − h̄ 2 2 −bx2 /2 1 2 −bx2 /2 b x e + kx e =0 2m 2 h̄ 2 2 −bx2 /2 1 2 −bx2 /2 kx e = b x e 2 2m 1 h̄2 2 k= b 2 2m km b2 = 2 h̄ √ Daraus erhält man die Konstante b = km h̄ und h̄2 h̄2 km 1 E0 = b= = h̄ 2 2m 2m h̄ 2 Mit dem klassischen Ergebnis für die Frequenz f = Ergebnis für die Frequenz f = 1 2π q k m und h̄ = h 2π s k m 1 2π q k m Mit dem klassischen ergibt sich: 1 E0 = hf. 2 √ bx2 Analog erhält man mit Ψ1 = N1 2 bxe(− 2 ) den Energieeigenwert 1 E1 = (1 + )hf, 2 mit Ψ2 = N2 (4bx2 − 2)e(− bx2 ) 2 den Energieeigenwert 1 E2 = (2 + )h̄ω, 2 8 Daraus folgt 1 En = (n + )h̄ω 2 Wenn man die allgemeine Form der Hermiteschen Polynome in die Lösung der Schrödingergleichung einsetzt erhält man: Ψn (x) = bx2 nmω Hn (x)e(− 2 ) h̄ Analyse der Lösungen anhand des gegebnen Potentials Wir wollen uns nun nochmals an unser Potential erinnern: und an unsere Lösung des harmonischen Oszillators: r Ψn (x) = mω h̄ ∂ (x − · )Ψn−1 (x) 2h̄n mω ∂x 1 En = h̄ω(n + ) 2 Die graphische Auswertung des eindimensionalen Oszillators für unterschiedliche n hat folgende Gestalt: 9 Es sind hier die Wellenfunktionen, Aufenthaltswahrscheinlichkeiten und Energieniveaus aufgetragen. Wenn wir nun unseren Potentialtopf anschauen, erkennen wir, dass auf der negativen x - Achse unser Potential 0 ist. Dadurch muss auch die Wellenfunktion an der y - Achse verschwinden. Aus diesem Grund kommen für uns nur jene Wellenfunktionen in Frage, an denen die Funktion an der y - Achse verschwindet. Dies ist bei ungeraden n der Fall! Die graphische Auswertung reduziert sich hier nur mehr auf den x - positiven Teil. Da wir wie erwähnt nur die ungeraden Wellenfunktionen brauchen, reduziert sich die Graphik auf: Dies entspricht die Lösung unseres Potentialtopfes 10