Einführung in die Astronomie & Astrophysik II, SS13 W.-R. Hamann Übungsblatt 2.1 (Ausgabe 12.04.2013, Abgabe 24.04.2013) Scheinkriterien Zur Erlangung zur Klausur müssen 50 % der Übungspunkte erreicht und mindestens einmal eine Aufgabe an der Tafel vorgerechnet werden. Die Aufgaben dürfen maximal in Zweiergruppen gelöst werden, wobei unabhängig davon, wer die Lösung erarbeitet hat, der Partner ebenso in der Lage sein muss, die Aufgabe vorzurechnen. Es gilt Anwesenheitspflicht in den Übungen. Die Lösungen der Aufgaben sollen eigenständig erarbeitet werden. Der Lösungsweg muss nachvollziehbar sein. Fotokopien oder Vergleichbares fremder gelöster Übungsblätter werden nicht akzeptiert. Am Ende des Sommersemesters wird eine Klausur über die Themenbereiche beider Grundkurse (Astrophysik I und Astrophysik II) geschrieben , die als Modulprüfung fungiert. 1. Aufgabe Parallaxen, Helligkeiten und Entfernungen (5 Punkte) Blättern Sie in den Skripten und frischen Sie Ihr Gedächtnis auf. Was waren Parallaxen und Helligkeiten nochmal? Was ist der Unterschied zwischen der bolometrischen Helligkeit Mbol und der visuellen Helligkeit MV ? Wie ist die bolometrische Helligkeit mit der Leuchtkraft verbunden? Wie hängen die absoluten und die scheinbaren Helligkeiten zusammen? Welche Rolle spielt dabei die interstellare Extinktion? Notieren Sie sich die relevanten Formeln. Sie werden gleich sehr nützlich sein. Die Wetterbedingungen sind ideal und Sie entscheiden sich, einen Ausflug ins Umland zu machen, um Sterne zu beobachten. Beim Blick durch Ihr Fernrohr fallen Ihnen zwei Sterne A und B auf. Der Stern A ist aufgrund seiner großen scheinbaren Helligkeit leicht zu bemerken, aber der Stern B ist sehr schwer zu entdecken und lässt sich nicht mit bloßem Auge beobachten. Sie merken, dass der Winkel α zwischen den Sichtlinien zu den Sternen A und B 30◦ beträgt (siehe Abbildung). Voller Neugier suchen Sie in den vom Satelliten Hipparcos gemessenen Daten nach den jährlichen Parallaxen der Sterne, um ihre Entfernungen zu bestimmen. Die jährliche Parallaxe des Sterns A beträgt 0.00200 . Leider finden Sie die Parallaxe des Sterns B nicht. Sie geben aber nicht auf und suchen weitere Informationen in der Literatur. Stern B ist vom Spektraltyp A0. Seine Leuchtkraft LB beträgt 100 L . Sie finden auch seine visuelle scheinbare Helligkeit mV,B = 11 mag und die visuelle Extinktion entlang der Sichtlinie zum Stern AV = 0.4 mag. B a) Bestimmen Sie die Abstände zu den Sternen A und B in pc. (Siehe Hinweis auf der Rückseite!) Warum konnte Hipparcos die Parallaxe von Stern B nicht bestimmen? (2 Punkte) Hinweis: Wie groß ist die Parallaxe des Sterns B? Wie groß ist der Messfehler von Hipparcos? Die Parallaxe ist zur Bestimmung des Abstandes nutzlos, wenn sie kleiner als der Messfehler ist. b) Wie groß ist die Entfernung dAB zwischen den Sternen? (1 Punkt) A α Erde Bei Ihrer Suche in der Literatur ist Ihnen aufgefallen, dass der Stern B zwei Planeten Namens X und Z besitzt. Nehmen wir an, dass sich zwei intelligente Zivilisationen auf den Planeten X und Z befinden. Auf dem Planeten X benutzt man einen Satelliten namens Xipparcos und auf dem Planeten Z benutzt man einen Satelliten Namens Zipparcos, um Parallaxen ferner Sterne zu bestimmen. Der Messfehler von Xipparcos sei identisch zu der von Hipparcos. Zipparcos kann jedoch die Parallaxen nur mit einer Genauigkeit von 0,0100 bestimmen. c) Die von Xipparcos gemessene Parallaxe unserer Sonne laut der außerirdischen Freunde auf Planet X sei 0.0057400 . Wie weit entfernt ist der Planet X vom Stern B? Drücken Sie Ihre Antwort in AU aus. Wieso können die Einwohner des Planetens X die Parallaxe unserer Sonne bestimmen, wir aber die Parallaxe ihres Sterns nicht? (1 Punkt) Einführung in die Astronomie & Astrophysik II, SS13 W.-R. Hamann d) Es ist bekannt, dass Zipparcos die Entfernung zum Stern A anhand seiner Parallaxe nicht bestimmen kann. Stellen Sie die obere Grenze für den Abstand zwischen dem Planeten Z und dem Stern B fest. (1 Punkt) Hinweis zur Aufgabe (a): Die bolometrische Leuchtkraft lässt sich auch als absolute bolometrische Helligkeit Mbol ausdrücken. Für die Aufgabe werden Sie jedoch die visuelle absolute Helligkeit MV ermitteln müssen. Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Helligkeiten lautet: Mbol = Mvis + BC. Dabei ist BC die bolometrische Korrektur (engl. bolometric correction). BC lässt sich sowohl anhand Modellen als auch empirisch bestimmen und hängt vom Spektraltyp des Sterns ab. Sie werden also recherchieren müssen, um seinen Wert für den o.g. Stern B zu bestimmen. Vergessen Sie aber nicht, die Quelle zu zitieren! 2. Aufgabe Doppelsterne (9 Punkte) Die Sterne η1 und η2 sind die zwei Komponenten eines bedeckungsveränderlichen SB2-Doppelsterns. Es wurde eine Lichtkurve des Sterns aufgenommen, die die scheinbare visuelle Helligkeit mV als Funktion der Zeit angibt. (Abb. 1, oberes Diagramm). Die gemessene Umlaufzeit U beträgt fünf Monate. Es wurden ferner die Dopplerverschiebungen zweier Spektrallinien als Funktion der Zeit aufgenommen, welche sich jeweils eindeutig einer der beiden Komponenten zuordnen ließen (siehe Abb. 1, unteres Diagramm). Die Spektrallinie der Komponente η1 liegt bei λ1 = 6793 Å, und die Spektrallinie der Komponente η2 bei λ2 = 6797 Å. mV [mag] 13.12 13.65 Zeit ∆λ[Å] 2.5 1 0.5 t1 t2 t3 U Zeit Abbildung 1: Oben: Lichtkurve des Doppelsternes: Aufgetragen ist die scheinbare visuelle Helligkeit als Funktion der Zeit. Unten: Dopplerverschiebung der beiden Linien: λ1 = 6793 Å des Sternes η1 (rote gepunktete Linie) und λ2 = 6797 Å des Sternes η2 (grüne durchgezogene Linie) als Funktion der Zeit. U ist die Umlaufzeit. Einführung in die Astronomie & Astrophysik II, SS13 W.-R. Hamann a) Überlegen Sie zunächst qualitativ: Welche Komponente ist massereicher? Was ist die Ursache dafür, Dass das Spektrum der Komponente η2 im Zeitintervall [t2 , t3 ] nicht beobachtbar ist? Was beschreiben die zwei angegebenen Helligkeiten? Wie groß ist der Inklinationswinkel i der Normalen der Bahnebene (mit sehr guter Genauigkeit)? (1 Punkt) b) Ab jetzt dürfen Sie rechnen: Wie groß ist die Radialgeschwindigkeit des Schwerpunktes relativ zur Erde? Wie groß sind die maximalen Radialgeschwindigkeiten der Komponenten η1 und η2 relativ zum Schwerpunkt? Geben Sie die Geschwindigkeiten jeweils in km/s an. (2 Punkte) c) Angenommen, dass die absoluten Bahnen der Komponenten kreisförmig sind (d.h. = 0), wie groß sind dann jeweils die Bahnradien a1 und a2 der beiden Komponenten in AU? (1 Punkt) d) Wie groß sind jeweils die Massen M1 und M2 der beiden Komponenten in M ? (1 Punkt) e) Sie messen: t2 − t1 = 13 h. Wie groß ist folglich der Sternradius von η2 in R ? Sie haben ferner festgestellt: t3 − t2 = 26 h. Wie groß ist der Sternradius von η1 in R ? (2 Punkte) Hinweis: Nehmen Sie hierfür an, dass die Sichtlinie zum System in der Bahnebene liegt und dass die Geschwindigkeiten in dem Zeitintervall [t1 , t3 ] konstant ist. f) Nehmen Sie näherungsweise an, die Komponenten seien Schwarzkörper , deren Schwarzkörpertemperatur T sehr hoch ist. Wie groß ist dann das Verhältnis zwischen den Temperaturen T1 und T2 der beiden Komponenten? (2 Punkte) Hinweis: Berechnen Sie zunächst das Verhältnis der Flüsse im visuellen Bereich FF12 anhand der angegebenen Helligkeiten. Wenn der Stern sehr heiß ist, ist die thermische Energie kT viel höher als die Strahlungsenergie von Photonen in dem visuellen Bereich hν, so dass hν kT gilt. In welchem Gebiet der Planckverteilung liegt also das visuelle Spektrum? Wie lautet der Zusammenhang zwischen dem gesamten Fluss im visuellen Bereich und der Temperatur? Erstaunlich, wie viel man über diese Sterne wissen kann, ohne ihre Entfernung zu kennen, oder?