Holismus in der Quantenphysik: Inwiefern mit Bell

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Holismus in der Quantenphysik:
Inwiefern mit Bell-Experimenten
philosophische Konzepte überprüft
werden können
Bachelorarbeit
für den Titel
Bachelor of Arts
an der
Universität Wien
vorgelegt von
Ferdinand Horvath
betreut von
Mag. Dr. Richard Dawid
Wien, September 2013
Erklärung
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst und
keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe, dass alle
Stellen der Arbeit, die wörtlich oder sinngemäß aus anderen Quellen übernommen
wurden, als solche kenntlich gemacht sind und dass die Arbeit in gleicher oder
ähnlicher Form noch keiner Prüfungsbehörde vorgelegt wurde.
Wien, den 20. November 2013
Inhaltsverzeichnis
1 Die Duhem-Quine-These
1
2 Empirisch äquivalente Interpretationen der Quantenmechanik
2.1 Die Kopenhagener Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Die Bohm’sche Interpretation der Quantentheorie . . . . . . . . . .
5
5
8
3 Das EPR-Argument und die Bell’sche Ungleichung
13
3.1 ,,Unvollständigkeit” der Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . 13
3.2 Die Bell’sche Ungleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
4 Deutungen des Bell-Experiments
4.1 Don Howards Nichtseparabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Paul Tellers Relationaler Holismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Das Bell-Experiment bei Bohm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
21
23
24
5 Eine Interpretation im Sinne Quines und Duhems
26
5.1 Metaphysische Unterbestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
5.2 Experimentelle Metaphysik als Beispiel für Quines Holismus . . . . 28
1
Die Duhem-Quine-These
Pierre Dumen stellte 1908 in ,,Ziel und Struktur der physikalischen Theorien” die
These auf, dass wissenschaftliche Theorien immer nur als Ganzes experimentell
überprüft werden können, das heißt mitsamt all ihrer Hintergrundannahmen und
Hilfsgesetzen. Duhem schrieb:
,,Ein Physiker will die Unrichtigkeit eines Lehrsatzes beweisen. Um aus
diesem Lehrsatz eine zu erwartende Erscheinung abzuleiten, [. . . ] kann
er sich nicht auf die Anwendung des in Frage stehenden Lehrsatzes
beschränken. Er wendet noch eine ganze Gruppe von Theorien an, die
von ihm nicht in Frage gestellt sind.”1
Widersprechen die im Experiment auftretenden Erscheinungen den Vorhersagen
der Theorie, dann bestehe das Problem darin, die Ursache dieser Abweichung zu
finden. Diese kann sowohl in besagtem Lehrsatz als auch in der Gruppe an Hilfsund Zusatz-Theorien liegen. Mit Duhems Worten:
,,Das Experiment lehrt uns bloß, daß unter allen Lehrsätzen, die dazu
gedient haben, die Erscheinung vorauszusagen und zu konstatieren, daß
sie nicht auftritt, mindestens einer ein Irrtum sei.”2
Es ist daher unmöglich, eine einzelne Hypothese zu falsifizieren, weil für die experimentelle Überprüfung stets mehrere Hypothesen angewendet werden müssen.
Umgekehrt muss damit jedes experimentelle Ergebnis als Urteil über eine Gruppe
von Hypothesen aufgefasst werden.
Duhem folgerte daraus die Unmöglichkeit eines ,,Experimentum Crucis” – eines
Experiments, das darüber entscheidet welche von zwei Hypothesen die richtige sei.
Einerseits wäre für ein solches Experiment erforderlich, dass es neben den beiden
untersuchten Hypothesen keine dritte Möglichkeit gäbe, was aber nie der Fall ist.
Praktisch ist es stets möglich, weitere alternative Theorien zu finden, die mit einem Experiment in Einklang stehen würden. Duhem nennt als Beispiel den Streit
um die Natur des Lichts. Hier standen sich zwei Positionen gegenüber: jene, die
Licht als korpuskular auffasste, und jene, die Licht als Welle deutete.3 Tatsächlich
hat sich in diesem Fall herausgestellt, dass Welle oder Teilchen nicht die einzigen Möglichkeiten für das Wesen von Licht darstellen. Die heute vorherrschende
Vorstellung eines Welle-Teilchen-Dualismus din er Quantentheorie ist gewissermaßen ein Mittelweg zwischen beiden Varianten. Der Umstand, dass sich Licht je
nach Experiment entweder als Welle oder als Teilchen darstellt, kann als weiterer Beleg für Duhems These betrachtet werden. Hier ist es tatsächlich so, dass es
1
Pierre Duhem, Ziel und Struktur der physikalischen Theorien, Leipzig 1908, 245.
Duhem, Ziel und Struktur der physikalischen Theorien, 245.
3
Vgl. Duhem, Ziel und Struktur der physikalischen Theorien, 250.
2
1
widersprüchliche Experimenta Cruxis gibt, die gemeinsam als Grundlage für eine dritte Alternative neben Wellen- oder Teilchentheorie gedient haben (eben der
Quantentheorie aus Sicht der Kopenhagener Deutung).
Umgekehrt lässt sich die These so formulieren, dass mit jedem empirischen
Tatbestand stets verschiedene Theorien vereinbar sind. Zwar lässt sich mit einer
geeigneten Theorie eindeutig sagen, welche Beobachtungen man bei einem Experiment zu erwarten hat. Die experimentellen Ergebnisse bestimmen aber nicht
eindeutig eine wissenschaftliche Theorie – die Theorie ist also empirische unterbestimmt. W. V. O. Quine drückte dies so aus, dass es zu jeder Theorie eine andere,
logisch inkompatible aber empirisch äquivalente Theorie gibt.4
Interessant ist, dass Duhem seine These nicht als für jede Wissenschaft relevant betrachtet, sondern sie auf die Physik beschränkt. Für den Chemiker oder
den Physiologen beispielsweise läge die Problematik vor allem darin, dass sie beim
Experimentieren letztendlich der Physikerin vertrauen müssen, auf deren Theorie
ihre Instrumente basieren.5
Quine dehnte Duhems These in ihrer Gültigkeit und Reichweite aus. Ihm zufolge
ist die ,,Einheit der wissenschaftlichen Signifikanz die Wissenschaft als gesamte”6
– seine These wird daher als Holismus (Ganzheitslehre) bezeichnet. Ihr zufolge
könnten Theorien prinzipiell nicht isoliert von anderen Theorien getestet werden.
Die Unmöglichkeit, einzelne Thesen zu überprüfen, wird bei Quine auf alles (wissenschaftliche) Wissen ausgeweitet: ,,Unsere Aussagen über die Außenwelt treten
nicht als einzelne Individuen sondern als Kollektiv vor das Tribunal der sinnlichen
Erfahrung.”7 Quine prägte in diesem Zusammenhang den Begriff des web of beliefs.
Er schrieb:
,,Die Totalität unseres sogenannten Wissens oder unserer Annahmen
– von den saloppsten Dingen der Erdkunde und Geschichte hin zu
den fundamentalsten Gesetzen der Atomphysik oder sogar der reinen
Mathematik und Logik – ist eine vom Menschen gemachte Struktur,
die nur an den Rändern auf die Erfahrung stößt.”8
Im Inneren dieser Struktur sei unser Wissen weitgehend unbeeindruckt von empirischen Belegen. Hierin liegt ein weiterer Schritt, um den Quine Duhems Theorie
erweitert: Quine betrachtet den Fall, dass eine Hypothese gemeinsam mit einer
4
W.V. Quine, On Empirically Equivalent Systems of the World, in: Erkenntnis November
1975, Volume 9, Issue 3, 322.
5
Vgl. Duhem, Ziel und Struktur der physikalischen Theorien, 242f.
6
W. V. O. Quine, Main Trends in Recent Philosophy: Two Dogmas of Empiricism, in: The
Philosophical Review Vol. 60 No. 1, 1951, 39.
7
Quine, Two Dogmas of Empiricism, 38.
8
Quine, Two Dogmas of Empiricism, 39. Übersetzung durch Marin Kusch.
2
Menge zusätzlicher Annahmen durch empirische Untersuchungen widerlegt wird.
Er behauptet nun, dass sich die fragliche Hypothese stets retten lässt, indem eine
der Hilfsannahmen verworfen wird. Es müsse dabei nur darauf geachtet werden,
dass wir bei der Auswahl der zu verwerfenden These möglichst geringen Schaden
anrichten. Das Ziel bleibe aber letztendlich immer den größtmöglichen Erfolg bei
zukünftigen Voraussagen der Theorie zu ermöglichen. Prinzipiell könne dafür jede
Hypothese geopfert werden, Rücksicht sei maximal auf die Einfachheit und Ungestörtheit der verbleibenden Theorie zu nehmen.9 Wäre es uns aber ausreichend
wichtig, eine bestimmte Aussage entgegen der empirischen Beweislage beizubehalten, so ist es stets möglich andere Bereiche unseres Wissens entsprechend zu
revidieren.
Während laut Duhems These über die empirische Unterbestimmtheit also alle
zukünftigen Experimente nie ausreichen, um eine bestimmte Hypothese zu bestätigen, kann laut Quines Holismus auch innerhalb des bestehenden Wissens nie eine
Theorie als einzig Richtige ausgezeichnet werden. Die einzig wirkliche Möglichkeit einer Überprüfung besteht damit laut Quine in der Frage, ob eine Theorie
sich in ein ,,Netz an Überzeugungen” einfügt, das gut zu der Gesamtheit unserer
Erfahrung passt.10 Zusammengefasst mit den Worten Quines:
,,Ein Konflikt mit der Erfahrung an der Peripherie [des Netz des Wissens] veranlasst Nachjustierungen im Inneren des Gebiets [der Wissenschaft]. Das gesamte Gebiet ist allerdings so durch seine Randbedingung, die Erfahrung, unterbestimmt, dass es viel Spielraum für die
Wahl der Aussage gibt, die im Licht einer einzelnen ihr widersprechenden Erfahrung neu eingestuft werden soll. Es ist keine spezielle
Erfahrung direkt mit speziellen Aussagen im Inneren des Feldes [der
Wissenschaft] verknüpft, bloß indirekt durch Rücksichtnahme auf das
Gleichgewicht des Feldes als Ganzem.”11
Kriterien wie Einfachheit einer Theorie oder ihr Harmonieren mit anderen Theorien können jedoch einen sehr großen Unterschied zwischen dem wissenschaftlichen
Wert verschiedener konkurrierender Theorien machen. Die meisten Alternativen
einer empirisch widerlegten Theorie, die rein logisch möglich sind, werden ausgesprochen ad hoc oder abwegig auf uns wirken. Kritiker der These der Unterbestimmtheit, darunter vor allem Larry Laudan, haben daher betont, dass die
meisten solchen Theorien kaum haltbar sind.12 Laudan meint deshalb, dass Unter9
Vgl. W. V. Quine, Pursuit of Truth, Cambridge 1990, 13f.
Vgl. Kyle Stanford, Underdetermination of Scientific Theory, The Stanford Encyclopedia of
Philosophy 2013.
11
Quine, Two Dogmas of Empiricism, 39. Übersetzung durch F.H.
12
Siehe L. Laudan und J. Leplin, ,,Empirical Equivalence and Underdetermination”, in: Journal
of Philosophy 88, 1991, 449–472.
10
3
bestimmtheit nur zeigen könne, dass sehr viele Alternativtheorien möglich seien,
wenn eine Hypothese empirisch widerlegt wird – nicht aber, dass sonst etwas für
diese Alternativen spreche. Laudan meint, dass jene Variante von Quines Holismus, die besagt dass jede Hypothese stets gerettet werden kann, epistemologisch
wenig interessant sei, weil sie eine sehr schwache These darstellt. Für die Behauptung, dass es stets rational haltbar sei, eine Hypothese in Anbetracht bestimmter
Gegenbeweise zu erhalten, gebe es hingegen kaum Argumente.
Laudan and Leplin meinen, beim Vergleich verschiedener empirisch äquivalenter Theorien, die zu einer bestimmten Beobachtung passen, sei vor allem ihre
Beziehung zu anderen Theorien und deren Belegen wesentlich. Die empirischen
Konsequenzen, die von der Theorie selbst ableitbar sind, seien nur von zweitrangiger Bedeutung.
Mit der Behauptung, dass es zu jeder Theorie T unzählige empirisch äquivalente Alternativen gebe, wird üblicherweise auf Algorithmen verwiesen, mit denen
diese Theorien generiert werden. Andre Kukla schlägt beispielsweise vor, dass zu
jeder Theorie T eine Theorie T’ konstruiert werden kann, die behauptet, dass die
Beobachtungskonsequenzen von T korrekt sind, T selbst aber nicht stimmt.13 Ein
anderer Algorithmus erstellt zur Theorie T eine Theorie T”, derzufolge die Welt
sich entsprechend der Theorie T verhält, wenn sie beobachtet wird, ansonsten
aber auf eine andere Weise. Derartige äquivalente Alternativen wirken aber sichtlich künstlich und können kaum als Konkurrenten für die ursprüngliche Theorie
betrachtet werden. Im Allgemeinen sei es daher fraglich, ob es zu einer gegebenen Theorie unserer Wissenschaft tatsächlich interessante empirisch äquivalente
Konkurrenten gibt.
Stanford hingegen meint, die eigentliche Frage, die die Duhem-Quine-These
aufwirft, ist ob es bislang unerdachte Alternativen zu unseren wissenschaftlichen
Theorien gäbe, die gut zu unseren Beobachtungen passen würden.14 Die bisherige
historische Entwicklung der Wissenschaft lege nahe, dass dem so sei: im Verlauf der
Forschung tauchen immer wieder neue, radikal andere Theorien auf, die ebenso gut
wie bisher geglaubte Lehren zu den bekannten Daten passen. Dass diese Theorien
nicht früher gefunden wurden liegt laut Stanford nicht an Sturheit oder Ignoranz
von Wissenschaftlern oder daran, dass sie ad hoc und uninteressant wären, sondern
tatsächlich an deren mangelnder Kreativität beim Finden von Alternativtheorien.
Aus Quines Perspektive lässt sich auf Laudan antworten, dass vermeintlich
außenstehende Prinzipien wie Eleganz oder Konsistenz einer Theorie auch Teil
unseres “web of beliefs” sind, und damit ebenfalls nicht unabhängig überprüfbar
und revidierbar. Quine zufolge sind selbst die Prinzipien der Logik, die wir beim re13
Siehe A. Kukla, ,,Does Every Theory Have Empirically Equivalent Rivals?”, in: Erkenntnis
44, 1996, 137–166.
14
Siehe P. K. Stanford, Exceeding Our Grasp: Science, History, and the Problem of Unconceived
Alternatives, New York 2006, 19.
4
vidieren unserer Theorien anwenden, nicht unumstößlich und ebenfalls wandelbar.
Somit lassen derartige Prinzipien zwar tatsächlich nur wenige Alternativtheorien
als vernünftig zu, sie sind aber selbst von Quines Holismus betroffen.15
Die Behauptung, dass jede Hypothese durch Widerrufen von Hilfsannahmen gerettet werden kann, wird oft zur Duhem-Quine-These gezählt. Hier soll sie mit Quines
Terminologie als Holismus bezeichnet werden, um sie von Duhems ursprünglicher
These, dass stets nur Gruppen von Theorien überprüft werden können, zu unterscheiden. Dennoch impliziert Quines Holismus die Duhem’sche Unterbestimmtheit.
Quine schreibt:
Wenn es uns immer frei steht, angesichts ungünstiger Beobachtungen unter verschiedenen adäquaten Modifikationen unserer Theorie zu
wählen, dann sind vermutlich alle möglichen Beobachtungen unzureichend, um eine Theorie eindeutig zu bestimmen.16
Die Duhem-These nimmt eine bestimmte empirische Beweislage als Ausgangspunkt, während Quines Holismus von einer bestimmten Theorie Ausgang nimmt.
Die Unterbestimmtheit wissenschaftlicher Theorien stellt somit gewissermaßen das
Bindeglied zwischen diesen beiden Thesen dar.
2
Empirisch äquivalente Interpretationen der Quantenmechanik
2.1
Die Kopenhagener Deutung
Ein besonders prominentes Beispiel für empirische Unterbestimmtheit ist die Quantenmechanik. Historisch hat sich bereits früh eine einzelne Interpretation von
Quantenphänomenen durchgesetzt, die sogenannte Kopenhagener Deutung. Eine
genaue Beschreibung des Inhalts dieser Interpretation zu geben ist sehr schwierig, weil sie sich bei näherer Betrachtung als sehr uneinheitlich erweist. Das liegt
daran, dass die Kopenhagener Deutung aus Diskussionen einiger weniger Physiker
(vor allem von Werner Heisenberg und Niels Bohr) hervorgegangen ist, die sich
nicht immer in allen Punkten einig waren. Dennoch gibt es einiges, bei dem die
Protagonisten der Kopenhagener Deutung überein stimmen. Im folgenden soll ein
kurzer Überblick über die wichtigsten Aspekte dieser Interpretation der Quantenmechanik gegeben werden.
15
16
Vgl. Kyle Stanford, Underdetermination of Scientific Theory, 2013.
Quine, On Empirically Equivalent Systems of the World, 313. Übersetzung durch F.H.
5
Die Grundlage der Wellenmechanik von Erwin Schrödinger bildet die Schrödingergleichung
∂
iℏ Ψ(~x, t) = HΨ(~x, t),
(1)
∂t
die die zeitliche Entwicklung der Wellenfunktion Ψ(~x, t) bestimmt. Nach der Bornschen Wahrscheinlichkeitsinterpretation wird die Wellenfunktion als Wahrscheinlichkeitsdichte interpretiert: ihr Absolutquadrat kΨ(~x, t)k2 gibt die Wahrscheinlichkeit an, ein Teilchen zum Zeitpunkt t am Ort ~x zu finden.
Ein Grundpfeiler der Quantenmechanik ist die Heisenberg’sche Unschärferelation. Sie besagt, dass es unmöglich ist, bestimmte Messgrößen gleichzeitig präzise
zu ermitteln: etwa Ort und Impuls eines Teilchens. In Zusammenhang damit steht
ein wesentlicher Aspekt der Kopenhagener Deutung, die sogenannte Komplementarität, welche auf Bohr zurückgeht. Komplementarität besagt, dass es in der Quantenmechanik unmöglich sei, gleichzeitig eine kausale und eine raum-zeitliche Beschreibung bestimmte Prozesse zu geben. Diese Annahme steht in engem Verhältnis zum Welle-Teilchen-Dualismus, dem zufolge sich ein physikalisches System je
nach Experiment entweder als Welle oder als Teilchen verhält. Für die Welle kann
keine exakte raum-zeitliche Beschreibung gegeben werden, weil sie raum-zeitlich
delokalisiert ist; für Teilchen hingegen können beispielsweise keine scharfen Werte
für Energie oder Impuls mehr genannt werden. 17
Heisenberg verwendete die Unschärferelation, um dafür zu argumentieren, dass
Wahrscheinlichkeiten in der Quantentheorie sich fundamental von Wahrscheinlichkeiten in der klassischen Physik unterscheiden insofern sie prinzipiell nicht von der
Quantentheorie eliminierbar seien. Besonders Heisenberg ist damit eine weitere
Annahme der Kopenhagener Deutung zuzuschreiben, nämlich die der Vollständigkeit, das heißt der Behauptung, die Wellenfunktion Ψ enthalte alle Information
über ein System, die prinzipiell zu wissen möglich ist. Mit der Die Wellenfunktion
stelle also die vollständige Beschreibung eines Systems dar.
Eine Konsequenz des grundlegend wahrscheinlichkeitstheoretischen Charakters
der Quantenmechanik ist die Aufgabe eines Determinismus, der durch sogenannte ,,statistische Kausalität” ersetzt wird. Im Rahmen der Quantenmechanik sind
daher stets nur Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Ereignisse berechenbar.18
Ein weiterer Aspekt der Kopenhagener Deutung, der auf Heisenberg zurückgeht, ist der Kollaps der Wellenfunktion bei Messungen. Der Zustand eines Systems
17
Siehe James T. Cushing, Quantum Mechanics: Historical Contingency and the Copenhagen
Hegemony, Chicago 1994, 28f. Es muss allerdings eingestanden werden, dass Bohr sein Konzept
der Komplementarität nicht sehr exakt ausformuliert hat.
18
Siehe James T. Cushing, Philosophical Concepts in Physics: The Historical Relation between
Philosophy and Scientific Theories, Cambridge 1998, 334.
6
kann als Summe
Ψ=
X
ci Φi
(2)
i
beschrieben wird, wobei die Koeffizienten ci die Wahrscheinlichkeiten gewichten,
mit der das System in einem der Zustände Φi gefunden wird. Messergebnisse sind in
der Quantenmechanik die Eigenwerte ai eines Operators A, der einer bestimmten
Messgröße zugeordnet ist; das heißt sie erfüllen die Relation
AΦi = ai Φi .
(3)
Die Messung einer Größe entspricht im mathematischen Formalismus der Anwendung des entsprechenden Operators A auf den Zustand des Systems Ψ. Erhält man
als Messergebnis den Eigenwert aj , dann verbleibt auch das System nach der Messung in einem der Eigenzustände Φi , nämlich im zu aj gehörigen Zustand Φj . Das
heißt, das System geht durch die Messung in diesen einen Zustand über, während
die restlichen Ψi wegfallen:
Ψ −→ Φj .
(4)
Diesen Übergang bezeichnet man als Kollaps der Wellenfunktion.
Heisenberg interpretierte den Kollaps der Wellenfunktion als Übergang vom
Möglichen zum Aktualen: von einem der möglichen Zustände Φi wird nach der
Messung ein einzelner Zustand Φj aktualisiert. Vor der Messung allerdings könne
von keinem speziellen Zustand des Systems gesprochen werden. Bei einem ungemessenen Elektron in der Hülle eines Atoms beispielsweise gebe es keine Umlaufbahn im gewöhnlichen Sinn.19 Quantenobjekte verfolgen also keine konkreten
Trajektorien. Die Kopenhagener Deutung wird daher als nichtreale Interpretation
bezeichnet.
Ein besonders interessanter Fall des Kollaps tritt bei ,,verschränkten” Mehrteilchensystemen auf. Verschränkung bedeutet, dass der Zustand eines solchen Systems nicht als Kombination zweier eindeutig separablen Teilsysteme Φi und Θj
der Form
X
Ψ=
cij Φi Θj ,
(5)
ij
angeschrieben werden kann. Das heißt, bis zum Zeitpunkt der Messung ist nur
der Zustand des Gesamtsystems durch die Gesamtwellenfunktion Ψ eindeutig bestimmt, über die Subsysteme der einzelnen Teilchen kann keine Aussage gemacht
werden. Bei einer Messung kann dann ein Kollaps von beispielsweise folgender
Form stattfinden:
1
|Ψi = √ (| ↑i| ↓i − | ↓i| ↑i) −→ | ↑i| ↓i.
2
19
Vgl. Cushing, Quantum Mechanics, 30.
7
(6)
Hier etwa kollabiert der zweite Term der Wellenfunktion weg, der erste hingegen
wird ,,aktualisiert”. Interessant ist, dass schon bei einer Messung an einem der
beiden Teilchen festgestellt werden kann, ob das Gesamtsystem zu | ↑i| ↓i oder
zu | ↓i| ↑i kollabiert. In einem gewissen Sinn beeinflusst die Messung an einem
Teilchen also auch, welchen Zustand das zweite Teilchen tatsächlich annimmt –
unabhängig davon, ob die beiden Teilchen so weit von einander entfernt sind, dass
das zweite Teilchen nicht kausal beeinflusst werden dürfte. Dieses Phänomen wird
als Quanten-Nichtlokalität bezeichnet.
Zusammenfassend können folgende Charakteristika der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik genannt werden:
ˆ Im Allgemeinen verfolgen Teilchen keine scharf bestimmten raum-zeitlichen
Trajektorien.
ˆ Eine deterministische Beschreibung von Vorgängen auf der Ebene kleinster
Teilchen ist prinzipiell unmöglich.
ˆ Indeterminismus und Zufall sind unhintergehbar in den Naturgesetzen verankert.
Wesentliche metaphysische Konzepte der Kopenhagener Deutung sind, wie gesagt,
die Zurückweisung des Determinismus, die Unterscheidung zwischen potentiellem
Zustand eines Teilchens, der aus einer Superposition verschiedener Zustände bestehen kann, und dem durch die Messung aktualisiertem Zustand eines Teilchens.
2.2
Die Bohm’sche Interpretation der Quantentheorie
Die Kopenhagener Deutung blieb lange Zeit unangefochten und ist bis heute die am
weitesten verbreitete Interpretation der Quantenmechanik. Dennoch gibt es mittlerweile einige sehr unterschiedliche Interpretation, von denen die Deutung David
Bohms besonders interessant ist. Die 1952 vorgeschlagene sogenannte Bohm’sche
Mechanik enthält sowohl einen eigenen mathematischen Formalismus als auch eine
grundlegend andere Sichtweise der Quantentheorie, die sich von der Kopenhagener
Sichtweise fundamental unterscheidet.
Bohms Interpretation greift Ideen von Louis de Broglie auf, der eine alternative
Deutung der Wellenfunktion Ψ vorschlug. De Broglie deutete die Wellenfunktion
als “Führungswelle”, die den Weg eines Teilchens lenkt. Das Teilchen wird damit
als eindeutig lokalisiert angesetzt. Es bewegt sich wie in einem Strömungsfeld, das
durch die Ψ-Funktion bsetimmt ist. Für den Fall des Elektrons in der Atomhülle
8
bedeutet das beispielsweise, dass das Elektron de Broglie zufolge durchaus stets
eine eindeutige Bahn verfolgt, die durch die Wellenfunktion vorgegeben ist.20
Zunächst zum Formalismus der Bohm’schen Quantenmechanik.21 Bohms Mechanik arbeitet mit der bekannten Schrödingergleichung (1), verwendet aber für
die Wellenfunktion Ψ den Ansatz
iS(~x, t)
Ψ(~x, t) = R(~x, t) · e ℏ .
(7)
Mit der Phase S kann die Geschwindigkeit eines Teilchens mit Masse m als
~v =
1
∇S
m
(8)
definiert werden, wobei ∇ den Nabla-Operator bezeichnet. Derartige eindeutige
Angaben von Geschwindigkeit und Impuls eines Teilchens sind in der Kopenhangener Deutung nicht möglich. Entsprechend kann jedem Teilchen ein Impuls
p~ = m~v = ∇S
(9)
zugewiesen werden. Mithilfe des Impulses kann Bewegungsgleichung des Teilchens
formuliert werden als
d~p
= −∇(V + U),
(10)
F~ =
dt
wobei V das klassische Potential und U das sogenannte Quanten-Potential
U =−
ℏ 2 ∇2 R
2m R
(11)
bezeichnet. Die quantenmechanische Bewegungsgleichung (10) ist damit in direkter Analogie zur klassischen Newton’schen Mechanik schreibbar, das heißt entsprep
chend Newtons zweiten Axiom F~ = d~
. Wichtig ist zu bemerken, dass eine Imdt
d~
p
pulsänderung dt auch vorliegen kann, wenn das klassische Potential V verschwindet, was klassisch nicht möglich ist.
Bohms Mechanik ist insofern komplett deterministisch, als durch fixe Anfangswerte (~x0 , t0 ) der anfängliche Impuls eindeutig durch
~p0 = m~v = ∇S(~x0 , t0 )
20
(12)
Vgl. Kurt Baumann und Roman U. Sexl, Die Deutungen Der Quantentheorie, Brauschweig
1986, 34.
21
Vgl. David Bohm, ,,Vorschlag einer Deutung der Quantentheorie durch ,verborgene’ Variable”, in: Die Deutungen der Quantenmechanik, hg. von Baumann und Sexl, Braunschweig 1986,
163ff.
9
bestimmt ist. Die weitere Bahn des Teilchens ist durch die obigen Gleichungen
vorgegeben. Für gegebene Anfangsbedingungen (~x0 , t0 ) ist damit der zukünftige
Zustand eines Teilchens vollständig determiniert. Da die Anfangsbedingungen aber
nie genau bekannt sind, werden sie auch als ”hidden variables” oder verborgene Parameter bezeichnet, die das Ergebnis einer Messung vollständig bestimmen. Bohm
ersetzt somit den fundamentalen Zufall der Kopenhagener Deutung durch einen
prinzipiellen Determinismus, der bloß erst durch Unwissen über die Anfangsdaten
und ein unumgänglich chaotisches Verhalten des Systems zufällige Messergebnisse
hervorbringt.
Indem Bohm die Annahme macht, dass die Wahrscheinlichkeitsdichte durch
die Born-Regel
P (~x, t) = kΨk2 = R2
(13)
gegeben ist, ist die empirische Äquivalenz von Bohm’scher Mechanik und der
konventionellen Wellenmechanik garantiert. Gemäß dem Ausspruch Quines, unser Wissen sei eine Struktur, die nur am Rand auf die Erfahrung stößt, ließe sich
sagen, dass die Born-Regel gewissermaßen diesen Rand darstellt. Sie ist sozusagen
die empirische Verankerung der Bohm’schen Mechanik. Im Unterschied zur Kopenhagener Sichtweise ist diese Gleichung nun aber so zu interpretieren, dass R2
die Wahrscheinlichkeit dafür angibt, dass sich das Teilchen zum Zeitpunkt t am
Ort ~x befindet – unabhängig davon, ob es gemessen wird oder nicht.
Weiters ist interessant anzumerken, dass in der Bohm’schen Interpretation der
Wellenfunktion durch Gleichung (13) zwei völlig unterschiedliche Rollen zukommen. Anfangs wurde Ψ als Führungswelle charakterisiert, die den Verlauf der Trajektorie eines Teilchens bestimmt. Von vornherein gäbe es keinen Grund, warum
dieselbe Funktion auch die Wahrscheinlichkeitsverteilung für Messergebnisse angeben sollte. Es stellt sich damit die Frage, ob die Born-Regel womöglich nur als
Postulat in die Bohm’sche Theorie eingeführt wurde, allein um die empirische
Äquivalenz mit der gewöhnlichen Quantenmechanik zu erzielen.22 Dieser Verdacht
ist besonders in Hinblick auf Kuklas oben genannte Methoden zur Kornstruktion
empirisch äquivalenter Theorien interessant. Nach Kukla kann stets eine empirisch äquivalente Theorie T” formuliert werden die besagt, dass die ursprüngliche Theorie T bei Beobachtungen (Messungen) gilt, sonst aber andere Gesetze
gelten. Nimmt man die Kopenhagener Interpretation als Theorie T und Bohms
Mechanik als T”, so ergibt sich eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zu dieser Situation. Tatsächlich führt Bohm neue Gesetzmäßigkeiten für das Verhalten unbeobachteter Teilchen ein (deterministisch bestimmte Trajektorien, scharfe Werte für
Ort und Impuls, ...) und behauptet dennoch, dass bei Messungen die Regeln der
Standard-Quantenmechanik gelten. Wenn sich diese Gesetze für das beobachtete
22
Vgl. Christopher G. Timpson, ,,Probabilities in Realist Views of Quantum Mechanics”, in:
Probabilities in Physics, hg. von Claus Beisbart und Stephan Hartmann, Oxford 2011, 221f.
10
Teilchen nicht natürlich aus Bohms Theorie selbst heraus ergeben, ist der Verdacht,
sie wären komplett ad hoc, somit wirklich nicht ganz ungerechtfertigt. Hiermit
wäre allerdings auch ein Beispiel dafür gegeben, dass es tatsächich wissenschaftlich relevante empirisch äquivalente Theorien gibt, die zueinander in demselben
eigentümlichen Verhältnis stehen wie Kuklas Theorien T und T”. Von Valentini
konnte allerdings gezeigt werden, dass die Born-Regel (13) im Rahmen von Bohms
Theorie nicht als bloßes Postulat betrachtet werden muss, sondern im Rahmen eines Gleichvertungssatzes(?) der Wahrscheinlichkeitsverteilung hergeleitet werden
kann.23 Damit muss dieses Element der Theorie wohl sogar als besser gerechtfertigt
betrachtet werden, als es das im Fall der Kopenhagener Interpretation ist.
Da Bohms Theorie für gegebene Anfangsbedingungen deterministisch ist, muss
der für die Quantentheorie charakteristische zufällige Charakter in die Anfangsbedingungen verschoben werden. Durch entsprechend genaues Präparieren eines
experimentellen Aufbaus wäre es im Prinzip möglich, die Anfangsbedingungen beliebig genau festzulegen. Allerdings wird das Quantenpotential U für sehr scharfe
Anfangsbedingungen sehr groß, womit laut Gleichung (10) große Kräfte auf das
Teilchen wirken. Die Bahnen der Teilchen sind deswegen stark von sehr kleinen
Schwankungen der Anfangsbedingungen abhängig und zeigen somit chaotisches
Verhalten. Messergenisse sind also laut Bohm in der Quantenmechanik nur deshalb zufällig, weil die anfänglichen werte von Position und Geschwindigkeit ~x0 und
~v0 nicht ausreichend genau bekannt sind.24 In ähnlicher Weise tritt bei jeder Messung eine Störung des Systems durch den Messapparat auf, die verhindert, dass von
einer Messung zur nächsten das Messergebnis genau vorhergesagt werden kann. In
der Folge unterscheidet Bohm auch zwischen Messergebnis und dem Wert, den ein
System im Moment des Messens gerade angenommen hat – im Allgemeinen werden
sie durch unkontrollierte Störungen verschieden sein. Ein Messwert ist damit stets
ein Wert für das Gesamtsystem von Teilchen und Messapparat. Dafür ist es Bohm
möglich, quantenmechanische Messungen ohne einen Kollaps der Wellenfunktion
zu deuten. Wird bei einem Teilchen mit Wellenfunktion der Form
X
Ψ=
ci Φi
(14)
i
gemessen, dass das Teilchen in einem bestimmten Zustand Φj ist, werden die restlichen Terme der Summe im Bohm’schen Bild nicht auf undurchsichtige Weise
einfach ausgelöscht. Wenn die verschiedenen Wellen Φ(~x, t) räumlich ausreichend
stark separiert sind, sodass sie nicht mehr überlappen, hat nur noch Φj einen Einfluss auf die Bewegung des Teilchens (entsprechend Gleichung (10)); durch die
23
Siehe A. Valentini, Signal-locality, uncertainty, and the Sub-quantum H-Theorem II, Physics
Letters A 158 (1,2), 1–8.
24
Siehe Cushing, Quantum Mechanics 44ff.
11
räumliche Trennung sind alle anderen Wellenpakete an der Stelle des Teilchens
nahezu Null und damit unwirksam. Anstatt zu kollabieren verlieren also gewisse
Teile der Wellenfunktion gewissermaßen an Einfluss auf das Teilchen.
Auch die Heisenberg’sche Unschärferelation hat bei Bohm weniger fundamentalen Charakter. Sie resultiert aus einer Störung der Wellenfunktion bei der Messung
einer nichtkommutierenden Größe, durch die für eine weiteren Messung kein genauer Wert mehr vorhergesagt werden kann. Nachdem eine Impulsmessung an einem
Teilchen durchgeführt wurde, ist eine anschließende Ortsmessung also zwangsläufig
ungenau. Die Unschärfe liegt damit gerade in der Korrelation von Messapparat und
Teilchen. Bohm kommt damit nicht zu dem Schluss, dass es beispielsweise nach
der Ortmessung eines Teilchens gar keinen scharfen Impulswert mehr habe. Die
entsprechende Unschärferelation
∆x∆p ≥
ℏ
2
(15)
ist lediglich eine Aussage über die statistische Verteilung von Ort und Impuls. Was
in der Kopenhagener Deutung ein fundamental neuer Aspekt von Quantensystemen ist wird bei Bohm als chaotisches Verhalten eines im Grunde nach wie vor
klassischen Systems interpretiert.25
Nachdem der Vorwurf, Bohms Theorie sei in einigen wesentlichen Punkten ad
hoc und unfundiert, zurückgewiesen werden musste, bleibt anzumerken, dass seine
Interpretation im Vergleich zur Kopenhagener Deutung auch einige Vorteile mit
sich bringt. In der Diskussion über empirischer Unterbestimmtheit wurde festgehalten, dass bei der Wahl empirisch äquivalenter Theorien besonders die Beziehung
zu anderen, gut bestätigten Theorien zu werten ist. In dieser Hinsicht muss betont werden, dass Bohms Darstellung deutlich näher am Weltbild der klassischen
Physik ist als die Kopenhagener Deutung, da sie die Konzepte von Trajektorien
und eindeutig lokalisierte Teilchen mit festen Werten beibehält. Die Kopenhagener Deutung hingegen bietet keine alternative Ontologie zur Deutung von Quantenphänomenen an, verwirft aber die klassischen Konzepte. Auch die im wesentlichen Newtonische Form des Formalismus (der Bewegungslgleichungen (9) und
(10)) ist hinsichtlich dieser ,,außenstehenden” Kriterien ein eindeutiger Vorteil.
Allerdings wird dieser durch die Einführung des neuartigen Quantenpotentials erkauft, das sehr ungewöhnliches Verhalten aufweisen kann. Insbesondere ist es das
Quantenpotential, dass bei verschränkten Mehrteilchensysteme jene nichtlokale
Wechselwirkung vermittelt, die bewirkt, dass die Messung am einen Teilchen das
Messergebnis beim anderen Teilchen unabhängig von der Entfernung beeinflusst.
Ein wesenticher Kritikpunkt an Bohms Quantenmechanik ist, dass es bisher nicht
25
Siehe Cushing, Quantum Mechanics, Kapitel 4.2.3.
12
gelungen ist schließlich, eine relativistische Verallgemeinerung der Theorie zu finden.
An metaphysischen Konzepten der Bohm’schen Mechanik ist somit vor allem die
durchgängige Annahme einer objektiven Wirklichkeit zu nennen. Dazu gehört,
dass Quantensysteme konsequent als korpuskular betrachtet werden und nicht
selbst inhärenten Wellencharakter besitzen. Den Teilchen kann weiters stets eine eindeutige Trajektorie zugewiesen werden und sie besitzen feste Eigenschaften
wie Position und Geschwindigkeit. Bohms Interpretation der Quantentheorie wird
daher als realistisch bezeichnet. Hinzu kommt ein grundsätzlicher Determinismus,
der aber de facto dadurch verwässert wird, dass über die Anfangsbedingungen stets
nur statistische Aussagen gemacht werden können und dass Quantensysteme auf
Messungen mit chaotischen Störungen reagieren, die eindeutige Vorhersagen verhindern. Außerdem ist anzumerken, dass der nichtlokale Charakter der Wirkung
des Quantenpotentials nicht unbedingt als kausal ungewöhnlich gedeutet werden
muss. Zwar widerspricht der instantane Einfluss beliebig weit entfernter Objekte
gewissen Aspekten der Relativitätstheorie, allerdings wird dort die Lichtgeschwindigkeit nur als obere Schranke für Wechselwirkungen eingeführt, um die Kausalität
zu bewahren. Diese ist auch im Rahmen der Bohm’schen Theorie durch Gleichung
(13) bewahrt, sodass es prinzipiell keinen Grund gibt, Wecheselwirkung nur mit
Unterlichtgeschwindigkeit zu erlauben. Auch in der klassischen Theorie Newtons
oder insbesondere auch der nichtrelativistischen Standard-Quantenmechanik gibt
es instantene Fernwirkungen, die dort nicht als neuartige Form der Kausalität
gedeutet werden. Für eine relativistische Verallgemeinerung der Bohm’schen Mechanik müssten solche Aspekte angepasst werden, eine solche wird hier aber nicht
in Betracht gezogen.
3
Das EPR-Argument und die Bell’sche Ungleichung
3.1
,,Unvollständigkeit” der Quantenmechanik
1935 publizierten Albert Einstein, Boris Podolsky und Nathan Rosen (kurz: EPR)
einen Aufsatz mit dem Titel “Can quantum-mechanical description of physical reality be considered complete?”.26 Mit ,,completeness” beziehungsweise Vollständigkeit einer Theorie ist dabei gemeint, dass jede relevante Entität der Realität (“element of physical reality”) sich in einem entsprechenden Gegenstück in der Theorie
wiederspiegeln soll. EPR meinten, dass Größen wie Ort oder Geschwindigkeit, die
26
In: Physical Review Letters 47 1935, 777 - 780.
13
sich von einer Theorie mit Sicherheit und ohne Störung des Systems vorhersagen
lassen, real existieren und den vorhergesagten Wert haben müssen. Im Fall der
Quantenmechanik verhindert die Heisenberg’sche Unschärferelation solche Vorhersagen für bestimmte (nichtkommutierende) Messgrößen. EPR folgern daher,
dass entweder die Beschreibung physikalischer Systeme mittels der Wellenfunktion Ψ unvollständig sein müsse oder nichtkommutativen Größen keine gleichzeitige
Realität zukommen könne.
EPR argumentieren in zwei Schritten für die Unvollständigkeit der Quantenmechanik. Erst zeigen sie, dass Vollständigkeit und gleichzeitige Realität bestimmter
Eigenschaften nicht gleichzeitig möglich sind; dann zeigen sie, dass Vollständigkeit
diese gleichzeitige Realität impliziert, um so die Vollständigkeit der Quantentheorie
ausschließen zu können.
Unter der Annahme, dass die Wellenfunktion Ψ ein System vollständig beschreibt, bedeutet gleichzeitige Realität zweier nichtkommutativer Größen in der
mathematischen Sprache der Quantentheorie, dass sich das System gleichzeitig im
Eigenzustand der beiden Operatoren befindet, die den beiden Messgrößen zugeordnet sind.27 Das widerspricht für nichtkommutierende Messgrößen den Regeln der
Quantenmechanik. Folglich, so das Argument von EPR, ist die Annahme falsch,
dass die Wellenfunktion eine vollständige Beschreibung bietet und Observablen
wie Position und Impuls gleichzeitig real sein können (genauer: die Konjunktion
dieser Annahmen ist falsch).
Die Argumentation bezieht sich weiters auf folgendes Gedankenexperiment: eine Quelle produziere ein Teilchen im Zwei-Teilchen-Zustand Ψ12 , die in verschiedene Richtungen versendet und an den beiden “Flügeln” des Experiments gemessen
werden. Am einen Ende des experimentellen Aufbaus wird nun die Messgröße A
bestimmt. Das Zwei-Teilchen-System lässt sich in der Zerlegung
X
Ψ12 =
ui vi
(16)
i
darstellen, wobei ui und vi Eigenvektoren von A seien und die Zustände der beiden
Teilchen 1 und 2 beschreiben. Wird nun A an Teilchen 1 gemessen, so kollabiert
die Summe in Gleichung (16) zu einem bestimmten Summanden uk vk , sodass mit
vk auch der Wert von A für das Teilchen 2 bestimmt ist. Am anderen Flügel des
Experiments werde die Observable B mit der Zerlegung
X
Ψ12 =
mi ni
(17)
i
gemessen, wobei mi und ni Eigenvektoren von B seien. Hier wird B an Teilchen
2 gemessen, woraufhin die Summe in Gleichung (17) zu ml nl kollabiert. Damit
27
Vgl. Cushing, Quantum Mechanics Chapter 22.
14
ist, ähnlich wie vorhin beim anderen Flügel, der Wert von B für Teilchen 1 durch
ml eindeutig bestimmt. Somit ließen sich die zu vk und ml gehörigen Messwerte
gleichzeitig bestimmen, auch wenn A und B nicht kommutieren. Beispielsweise ließen sich sowohl Ort als auch Impuls eines der Teilchen eindeutig feststellen. Den
Kriterien von EPR zufolge käme diesen Werten damit gleichzeitige Realität zu.
Wenn die Quantenmechanik eine vollständige Theorie ist, dann muss also auch
nichtkommutierenden Observablen gleichzeitige Realität zukommen. Das steht im
Widerspruch zu der oben genannten Erkenntnis, dass nicht gleichzeitig die Wellenfunktion eine vollständige Beschreibung darstellen kann und nichtkommutierende
Messgrößen gleichzeitig real sein können. Dieser Widerspruch könne nur durch
die Annahme aufgehoben werden, dass die Quantenmechanik nicht vollständig
ist. Erst durch eine vollstände Theorie der Realität könne erklärt werden, warum
nichtkommutierende Messgrößen wie Ort und Impuls nicht gleichzeitig bestimmbar
sind.
Wichtig ist, dass in diesem Gedankenexperiment die Möglichkeit instantaner,
langreichweitiger Wechselwirkung (“action-at-a-distance”) zwischen den beiden
Teilchen – also Nichtlokalität – ausgeschlossen wird. Was beim einen Flügel des Experiments geschieht dürfe also nicht durch eine solche ,,spooky interaction” einen
Einfluss auf den anderen Flügel haben. Der Vorstellung von EPR zufolge müssen
die Messergebnisse durch im Vorhinein bestimmte verborgene Parameter (“hidden
variables”) bestimmt sein, die für jedes Teilchenpaar festlegen, welcher Wert gemessen wird. Die Konsequenzen dieser Annahmen zeigen sich deutlicher in John
Bells Ungleichung, welche zeigt, dass Lokalität und die Existenz von verborgenen
Parametern unverträglich sind.
3.2
Die Bell’sche Ungleichung
Als wichtigste Antwort auf das EPR-Argument gilt ein Theorem, das John Bell
1964 bewies.28 Bells Theorem besagt, dass die Quantenmechanik der Konzeption
des Lokalen Realismus widerspricht – wobei das Experiment sich zugunsten der
Quantenmechanik ausspricht. Das bedeutet, dass jede Theorie falsch sein muss, die
annimmt, dass (1) es eine objektive Realität mit festen Werten gibt, ob beobachtet
oder unbeobachtet, (Realität) und dass (2) Messergebnisse an einem Flügel eines
Experiments wie dem EPR-Experiment unabhängig davon sind, welche Größe am
anderen Flügel zu messen gewählt wird (Lokalität).
Das Bell-Theorem behandelt einen dem EPR-Argument entsprechenden experimentellen Aufbau mit einer Quelle, die Teilchenpaare (beispielsweise Elektronen)
an zwei ,,Flügel“ A und B des Experiments versendet. Dort kann am Messapparat ein Parameter gewählt werden, der bestimmt welche Größe bei der Messung
28
J. S. Bell: On the Einstein-Podolsky-Rosen paradox, in: Physics. 1, Nr. 3, 1964, 195-200.
15
bestimmt wird. Beispielsweise kann bei einer Spinmessung an Elektronen vom Experimentator bestimmt werden, wie der zur Messung verwendete Magnet gedreht
ist. Für eine vertikale Einstellung wird beispielsweise der Spin entlang der z-Achse
gemessen. Im folgenden wird davon ausgegangen, dass an jedem Flügel nur zwei
Einstellungen dieses Parameters gewählt werden können; die Experimentatoren
bei A und B (nennen wir sie Alice und Bob) beschränken sich also beispielsweise
darauf, ihre Magnete entweder auf 0° oder 90° zu stellen. Desweiteren gebe es nur
zwei mögliche Messresultate für jede der beiden Messungen bei A und B: ein Elektron kann einen Spin von ,,up” oder ,,down” entlang einer bestimmten Richtung
haben. Im ersten Fall wird das Messergebnis als “+1” bezeichnet, im zweiten Fall
als ”−1”. Welches Resultat eine einzelne Messung habe, sei komplett zufällig. Es
wird aber angenommen, dass es prinzipiell verborgene Parameter λ gebe, die eine
vollständige Beschreibung des kompletten Systems von Quelle, Teilchenpaar und
Messapparat ermöglichen (darunter beispielsweise die Wellenfunktion der Elektronen). Mit dem Wissen um λ ließe sich also das Ergebnis jeder Messung vorhersagen.
Nun bezeichne pAB
λ (x, y|i, j) die Wahrscheinlichkeit, dass die Messung bei A mit
der Einstellung i das Ergebnis x habe und die Messung bei B mit der Einstellung
j das Ergebnis y. So würde etwa pAB
λ (+1, −1|0, 90) die Wahrscheinlichkeit dafür
sein, dass bei der Messung an Elektronen, die durch die Parameter λ vollständig
beschrieben werden könnte, bei A ein Elektron Spin up hat bei auf 0° gedrehtem
Magneten, während das zweite Elektron bei B Spin down hat bei 90°-Einstellung.
Die beiden möglichen Einstellungen des Messapparats bei A und B seien mit i
und i′ beziehungsweise j und j ′ bezeichnet. Die Quelle erzeuge Teilchen mit der
“hidden variable” λ mit einer Wahrscheinlichkeitsdichte ρ(λ). Die gemeinsame
Wahrscheinlichkeit für die Messergebnisse bei A und B ergibt sich damit durch
Mittelung über alle verborgenen Parameter:
Z
AB
p (x, y|i, j) = pAB
(18)
λ (x, y|i, j)ρ(λ)dλ.
Nach einem Grundgesetz der Wahrscheinlichkeitsrechung gilt, dass die Wahrscheinlichkeit für das gemeinsame Eintreffen zweier Ereignisse gleich dem Produkt derer
einzelner Wahrscheinlichkeiten ist, wenn diese Ereignisse stochastisch unabhängig
sind:
p(x ∩ y) = p(x)p(y).
(19)
Unter der Annahme, dass die Quelle genau lokalisierte Teilchen emittiert, die weit
von einander entfernt gemessen werden, und dass es keine nichtlokale Fernwirkung
zwischen den Teilchen geben kann, lässt sich pAB
λ (x, y|i, j) folglich als
A
B
pAB
λ (x, y|i, j) = pλ (x|i)pλ (y|j)
16
(20)
schreiben. Diese Bedingung wird Faktorisierbarkeit genannt und oft mit Lokalität
gleichgesetzt. Naturgemäß gilt für jede einzelne Wahrscheinlichkeit
0 6 pA
λ (x|i) 6 1
(21)
und ebenso für Flügel B. Daher gilt außerdem auch
B
A
′ B
A
′ B
′
− 1 6 pA
λ (+1|i)pλ (+1|j) + pλ (+1|i )pλ (+1|j) + pλ (+1|i )pλ (+1|j )
B
′
A
′
B
− pA
λ (+1|i)pλ (+1|j ) − pλ (+1|i ) − pλ (+1|j) 6 0.
(22)
Abgekürzt ließe sich das auch als
− 1 6 x1 y1 + x2 y1 − x1 y2 + x2 y2 − x2 − y1 6 0
(23)
anschreiben. Diese Ungleichung ergibt sich aus der Annahme (21), dass jeder dieser
Werte zwischen Null und Eins liegen muss – man kann sich selbst davon überzeugen, dass der obige Ausdruck für keine Kombination von x1 , x2 , y1 und y2 außerhalb
dieser Schranken liegt.
Durch Multiplizieren von Ungleichung (23) mit ρ(λ) und Integration über alle
hidden variables λ erhält man die Bell-Ungleichung (in der Variante von Clauser
und Horne 197429 )
− 1 6 pAB (+1, +1|i, j) + pAB (+1, +1|i′, j) + pAB (+1, +1|i′, j ′ )
− pAB (+1, +1|i, j) − pA (+1|i′ ) − pB (+1|j) 6 0.
(24)
Die Annahmen, die zu dieser Ungleichung geführt haben, sind nun also die Existenz
eines verborgenen Parameters λ, der das Ergebnis einer jeden Messung vorherbestimmt (Realität), und die Faktorisierbarkeit (20) (die für gewöhnlich als Lokalität
bezeichnet wird). Es ist insbesondere anzumerken, dass in der Herleitung dieser Ungleichung von der Quantenmechanik keine Rede war. Die Bell-Ungleichung
muss deshalb für jede lokal-realistische Theorie gelten. Tatsächlich lässt sich zeigen, dass die von der Quantenmechanik vorhergesagten Wahrscheinlichkeiten die
Bell-Ungleichung verletzen können. Für eine bestimmte Wahl der Parameter (der
Ausrichtung der Magneten) und wenn Teilchenpaare in einem bestimmten Zustand
verwendet werden, kann der mittlere Ausdruck in (24) außerhalb der Schranken 0
und 1 liegen. Maximal verletzt kann die Ungleichung (24) beispielsweise werden,
wenn die Quelle Teilchen in dem Singlett-Zustand |Ψ− i verwendet werden, wobei
1
|Ψ− i = √ (| ↑i| ↓i − | ↓i| ↑i) .
2
29
(25)
Clauser und Horne, Experimental consequences of objective local theories, Phys. Rev. D 10,
526-535, 1974.
17
|Ψ− i einen maximal verschränkten Zustand zweier Teilchen beschreibt, bei denen
stets eines Spin up (| ↑i) und eines Spin down (| ↓i) hat, wenn der Spin beider
Teilchen entlang der z-Achse gemessen wird. Der Spin der beiden Teilchen ist
bei einer derartigen Messung also perfekt antikorreliert. Misst man hingegen den
Spin eines Teilchens entlang der z-Achse und den des anderen Teilchens in der
Horizontalen, sind die Ergebnisse völlig unkorreliert. Interessant an |Ψ− i ist, dass
dieser Zustand dieselbe Form annimmt, egal in welcher Basis er angeschrieben wird.
Wenn man den Zustand (25) etwa nicht bezüglich einer vertikalen Spin-Messung
anschreibt, sondern bezüglich einer Messung mit gekippten Messapparaten, hat er
dieselbe Gestalt30 :
1
(26)
|Ψ− i = √ (| →i| ←i − | ←i| →i) .
2
Hier sind also die Messergebnisse von schrägen Spin-Messungen an beiden Teilchen antikorreliert. Von einem klassischen Blickwinkel her würde sich also die
Frage stellen, wie beispielsweise Bobs Teilchen ,,wissen“ kann, ob Alice ihr Teilchen waagrecht oder vertikal gemessen hat – je nachdem muss Bobs Teilchen antikorreliert oder unkorreliert sein. Die Quantenmechanik sagt Korrelationen von
Messergebnissen voraus, die stärker sind, als dies in einem lokal-realistischen Bild
möglich wäre. Experimentell wurde dieser Umstand, der sich mathematisch in der
Verletzung der Bell-Ungleichung äußert, etwa von Aspect et al. 1981 nachgewiesen.
Ein zentraler Schritt in der Herleitung der Bell-Ungleichung ist die Annahme von
Faktorisierbarkeit (20). Jarrett (1984) zeigte, dass diese Annahme sich aus zwei
Bedingungen zusammensetzt, die nach Shimony parameter independence und outcome independence genannt werden. Parameter-Unabhängigkeit besagt, dass die
Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Messergebnis bei A unabhängig von der
Wahl des Parameters j bei B ist:
A
pA
λ (x|i, j) = pλ (x|i).
(27)
Unabhängigkeit der Resultate besagt, dass die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Messwerts bei A unabhängig von dem Messergebnis bei B ist:
A
pA
λ (x|i, j, y) = pλ (x|i, j).
(28)
A
B
Hier bezeichnet pA
λ (x|i, j, y) = pλ (x, y|i, j)/pλ (y|i, j) die Wahrscheinlichkeit, dass
die Messung bei A das Ergebnis x hat, wenn die Apparate bei A und B auf i und
j eingestellt sind, für den Fall dass bei B der Wert y gemessen wird. Diese zweite
Voraussetzung wird von der Quantenmechanik nicht erfüllt.
Jarrett bezeichnet Parameter-Abhängigkeit als unvereinbar mit der Relativitätstheorie: wären die Wahrscheinlichkeiten der Messergebnisse bei Alice von
30
Wobei | →i =
√1 (|
2
↑i + | ↓i) und | ←i =
√1 (|
2
18
↑i − | ↓i).
der Wahl der Messparameter bei Bob abhängig, könnte Bob Alice durch seine
Wahl eine Nachricht zukommen lassen. Unabhängig von seiner Entfernung zu Bob
könnte Alice aus der relativen Häufigkeit ihrer Messergebnisse darauf schließen,
welchen Parameter Bob ausgesucht hat. Eine solche Art der Kommunikation wäre
offensichtlich in keiner Weise durch die Lichtgeschwindigkeit begrenzt und stünde
damit im Widerspruch zur Relativitätstheorie.
Outcome dependence wird von der Quantenmechanik verletzt, steht aber in
keinem Widerspruch zur Relativitätstheorie. Zwar ist auch eine Verletzung von
Bedingung (28) eine Form von Nichtlokalität, sie erlaubt aber nicht die Übertragung von Nachrichten mit Überlichtgeschwindigkeit. Solange die Messergebnisse
selbst nicht der Kontrolle der Experimentatoren unterliegen (was bei den Messparametern schon der Fall ist), ist die starke Korrelation der Resultate von Alice
und Bob mit der Relatitvitätstheorie verträglich – Shimony spricht daher von
unkontrollierbarer Nichtlokalität oder auch “passion-at-a-distance”. Outcome independence ist außerdem verwandt mit dem Begriff der Vollständigkeit bei EPR:
wenn jede kausal relevante Information schon in den (verborgenen) Parametern
λ inkludiert ist, muss die Wahrscheinlichkeit pA
λ (x|i, j) für Alice’s Ergebnisse unA
abhängig von der Konditionalisierung pλ (x|i, j, y) der Wahrscheinlichkeit sein, ob
ein bestimmtes Messergebnis bei Bob vorausgesetzt wird.31
Interessant ist, dass diese Bedingungen sich in der Bohm’schen Mechanik ganz anders darstellen. Hier wird die Parameter-Unanhängigkeit (27) verletzt, aber nicht
die Unabhängigkeit der Messresultate (28). Durch die Verschränkung des Zustands
der beiden Elektronen spielt bei Bohm tatsächlich die Einstellung des Messapparats an beiden Flügeln für beide Teilchen eine Rolle. Wenn nur eine der Einstellungen geändert wird beeinflusst das durch die Wirkung des Quantenpotentials
den Spin beider Teilchen – eben dadurch entstehen laut Bohm die Korrelationen
von Ψ− . Da wir durch die chaotische Abhängigkeit von den Anfangsbedingungen
des Elektrons nicht wissen können, wie das Quantenpotential durch eine Änderung
der Einstellung auf das zweite Elektron wirken wird, können so aber dennoch keine Nachrichten übertragen werden. Outcome independence ist hingegen in Bohms
Theorie erfüllt: da die Theorie deterministisch ist, bestimmen λ, i und j vollständig
das Ergebnis der Messung, die Konditionalisierung auf y in (28) ist daher überflüssig. Je nach Wahl der Theorie können also unterschiedliche Folgerungen aus
Jarretts Analyse gezogen werden.32
31
Jon P. Jarrett, ,,Bell’s Theorem: A Guide to the Implications”, in: Philosophical consequences
of quantum theory: reflections on Bell’s theorem, hg. von J. T. Cushing und Ernan McMullin,
Notre Dame (IN) 1989, 60f.
32
Vgl. Cushing, Quantum Mechanics, 84.
19
4
Deutungen des Bell-Experiments
Die experimentelle Verletzung der Bell’schen Ungleichung erweist sich als Faktum,
das ganz genau jener Situation entspricht, die Duhem in ,,Ziel und Struktur der
physikalischen Theorien” behandelt. Wie dort beschrieben wird auch hier eine
einzelne These – der sogenannte lokale Realismus – auf die Probe gestellt, die
jedoch mit vielen sehr subtilen Zusatzannahmen einhergeht. Zu diesen Annahmen
zählen insbesondere durchaus metaphysische Vorstellungen darüber, wie kausale
Wirkung zwischen zwei Teilchen aussehen kann und wodurch der Ausgang einer
Messung bestimmt sein kann – A. Shimony prägte in diesem Zusammenhang den
Begriff der “experimentellen Metaphysik” 33 . Ganz wie von Duhem antizipiert wird
schon durch Jarrett’s Analyse ersichtlich, dass viele verschiedene Annahmen zu
Bells Ungleichung führen, die nur gemeinsam einen Widerspruch zum Experiment
produzieren. Das wesentliche Problem ist damit sichtlich die Frage, welche dieser
Annahmen nun tatsächlich auf Basis der experimentellen Erkenntnisse verworfen
werden soll. Um dieses Problem dreht sich dementsprechend auch ein großer Teil
der entsprechenden Fachliteratur.
Besonders interessant ist es jedoch, die Bell-Verletzung nicht als Entscheidung
im Kampf von Realismus gegen Lokalität anzusehen. Stattdessen soll hier näher
auf die Frage eingegangen werden, welche alternativen Konzepte zur Herleitung
von Bell-Ungleichungen herangezogen werden können. Tatsächlich finden sich in
der Literatur sehr unterschiedlich Ansichten darüber, aus welchen Thesen genau
sich die Prämissen der Bell-Ungleichung zusammensetzt. Neben dem Duhem’schen
Problem, dass die Verletzung einer Bell-Ungleichung stets nur die Gesamtheit der
Annahmen, die zu ihr führen, widerlegen kann, stellt sich also zudem noch die Frage
um welche Gesamtheit es sich genau handelt. Die Bell-Ungleichung ist gewissermaßen interpretatorisch unterbestimmt: ihre Prämissen sind allgemein genug, um
erhebliche Uneinigkeit darüber zuzulassen, worin genau sie bestehen. Insbesondere
sind es sehr verschiedene metaphysische Konzepte, die von verschiedenen Autoren
mit den hinter der Bell-Ungleichung stehenden Annahmen in Zusammenhang gebracht werden. Ich möchte deshalb dafür argumentieren, dass die Frage nach der
Interpretation von Bell-Verletzungen ein Beispiel für eine Art von ,,metaphysischer
Unterbestimmtheit” darstellt.
Zur Illustration dieser Thesen soll zunächst auf die Analyse zweier Autoren, P.
Teller und D. Howard, eingegangen werden, die sehr kreative Vorschläge für die
Deutung von Bells Ungleichung machen und dabei auch auf die Frage nach der
zugrundeliegenden Metaphysik näher eingehen.
33
Siehe etwa Cohen, Robert S. und Horne, M. AND Stachel, J.J. Experimental Metaphysics:
Quantum mechanical studies for Abner Shimony, Dordrecht 1997.
20
4.1
Don Howards Nichtseparabilität
Don Howard schlägt vor, die Verletzung der Bell’schen Ungleichung als eine Verletzung des raumzeitlichen Separabilitäts-Prinzips zu deuten.34 Dieses besagt, dass
der Inhalt zweier raum-zeitlich getrennter Bereiche der Raumzeit separate physikalische Systeme bildet, insofern (1) jeder der Bereiche einen eigenen Zustand
hat und (2) der gemeinsame Zustand der beiden Systeme vollständig durch die
Zustände der beiden Subsysteme bestimmt ist. Das Separabilitäts-Prinzip besagt
damit, dass die raumzeitliche Entfernung zweier Bereiche die hinreichende Bedingung für die Individuierung physikalischer Systeme und ihrer Zustände ist, und
dass diese Zustände die gesamte Realität ausmachen, die die Physik zu beschreiben sucht.
Besonders zu beachten ist, dass dieses Prinzip nicht äquivalent zu dem der Lokalität ist. Lokalität besagt nur, dass raumartig separierte Ereignisse nicht kausal
verknüpft sein können, macht aber keinerlei Aussagen über die Separabilität der
betreffenden Ereignisse.
Das Separabilitäts-Prinzip zu verneinen ist auf zwei Wegen möglich: Eine Alternative wäre Nichtseparabilität von Zuständen, die andere Nichtseparabilität von
Systemen. Die erste dieser Möglichkeiten besagt, dass raum-zeitlich entfernte Systeme nicht immer separate Zustände haben. Entweder haben sie keine separaten
Zustände oder ihr Gesamtzustand ist durch die Zustände der Einzelsysteme nicht
eindeutig bestimmt. Dies ist im Wesentlichen was die (Kopenhagener) Quantentheorie für den Fall von verschränkten Systemen postuliert: diese haben einen wohl
ebstimmten Gesamtzustand, über die einzelnen Subsysteme kann aber keine Aussage gemacht werden. Die zweite, radikalere Möglichkeit ist die Nichtseparabilität
von Systemen, welche besagt, dass raum-zeitliche Entfernung nicht hinreichende
Bedingung dafür ist, dass zwei Systeme selbst als separat und individuell aufgefasst werden können.
Howard reduziert weiters die in die Bell-Ungleichung eingehende FaktorisierbarkeitsBedingung (20) auf seine Bedingung der Separabilität. Ihm zufolge ist die Aussage
der Verletzung von Bell-Ungleichungen damit, dass alle lokalen und separablen
Theorien falsch sein müssen. Howard untersucht in der Folge mögliche Theorien
für den Fall, dass wir aufgrund dessen die Separabilität verwerfen, aber an der
Lokalität festhalten.
Nichtseparable Theorien stellen methodologisch ein gewisses Problem dar. Howard zitiert in diesem Zusammenhang Einstein mit den Worten: ,,Physikalisches
34
Don Howard, ,,Holism, Separability and the Metaphysical Implications of the Bell Experiments”, in: Philosophical consequences of quantum theory: reflections on Bell’s theorem, hg. von
J. T. Cushing und Ernan McMullin, Notre Dame (IN) 1989, 224.
21
Denken wäre nicht möglich ohne Separabilität.”35 Einstein schrieb dies mit dem
methodologischen Hintergedanken, dass zur Beschreibung physikalischer Systeme
stets irgendein Verfahren zur Individuierung von Systemen erforderlich ist. Erst so
ist es möglich von einem System zu sprechen, das nach außen hin abgegrenzt werden kann. Einstein zufolge sei die Wahl eines Kriteriums, anhand dessen Systeme
individuiert werden können, eine reine Konvention, jedoch gebe es keine Alternative zur Separabilität. In der Theorie von Einstein selbst ist die Idee zentral,
physikalische Eigenschaften auf geometrische zu reduzieren. Damit ist für ihn klar,
dass das metrische Intervall – der raum-zeitliche Abstand zwischen zwei Ereignissen – als relativistische Invariante das einzig mögliche Individuations-Kriterium
sein kann. Interessanterweise hatte Einstein laut Howard mit diesem Verweis auf
den Konventionalismus gerade das Prinzip des Holismus von Duhem und später
Quine im Sinn. Demzufolge ist sogar unsere Ansicht dessen, was alles zu einem
System zusammengefasst werden kann, letztlich eine Konvention und damit jederzeit revidierbar, wenn die Empirie eine entsprechende Anpassung unserer Theorien erfordert. Howard untersucht nun die Möglichkeiten einer solchen Revidierung, indem er dafür argumentiert, dass Separabilität nicht das einzig mögliche
Individuierungs-Kriterium sei.
Die Separabilitäts-Bedingung ist sichtlich sehr fest in unseren Vorstellungen von
der Welt verwurzelt. Howard zufolge gründet sie schon in der Unterscheidung der
griechischen Atomisten zwischen primären und sekundären Qualitäten der Atome.
Diese führte zu der Annahme Descartes und Newtons, nur ,,mathematische” Eigenschaften seien objektiv und primär. Ein weiterer Zusammenhang zum Atomismus
liegt in der Vorstellung, dass alles bis hin zu infinitesimalen Punkt-Teilchen zerlegt
werden könne. Aus der Feststellung, dass Wechselwirkung zwischen Atomen nicht
nur durch Stöße erklärt werden können, stammt weiters die Idee, dass es im Raum
zwischen den Atomen etwas geben müsse, dass als Mediator der Wechselwirkung
dienen könnte. Diese Denkweise wurde schließlich durch die Arbeiten von Boscovich, Faraday und Maxwell etabliert und bildet seitdem einen Grundzug unserer
Vorstellung vom Aufbau der Welt.
Howard versucht nun eine Art nichtseparable Ontologie zu erdenken. Als Folgerung aus Bells Theorem schlägt er folgendes vorläufige Kriterium zur Individuierung von Systemen vor: Wann immer Quanten-Korrelationen wie die des Ψ− Zustands nicht vorliegen, können zwei Bereiche als separate Systeme aufgefasst
werden. Situationen wie die in dem oben beschriebenen Bell-Experiment werden
damit also als Ausnahme ausgeklammert. Problematisch ist aber, dass die Korrelationen in derartigen Situationen durch Verschränkung hervorgerufen werden,
35
Howard, Holism, Separability and the Metaphysical Implications of the Bell Experiments,
240.
22
das heißt durch die Wechselwirkung der Subsysteme.36 Theoretisch muss jedoch
im Allgemeinen jedes System als mit einem anderen wechselwirkend betrachtet
werden, sodass derartige Korrelationen praktisch überall vorliegen müssten.
Als eine erste Alternative zu gewöhnlichen separablen Vorstellungen schlägt
Howard ein kontextuelles Individuierungs-Kriterium vor. Diesem zufolge ließen
sich Systeme stets nur in Bezug auf eine bestimmte Wechselwirkung abgrenzen.
So würde beispielsweise etwas, das unter einem gravitativen Gesichtspunkt ein
einzelnes System bildet, unter einem elektromagnetischen Gesichtspunkt als zwei
Systeme aufgefasst werden.
Eine andere Möglichkeit wäre die Einführung höherer Dimensionen, die unterschiedlichen Wechselwirkungen entsprechen. So ließe sich beispielsweise argumentieren, dass die beiden an Alice und Bob verschickten Teilchen im Bell-Experiment
zwar in den vier Dimensionen der Raumzeit von einander getrennt sind, während
sie in einer anderen, höheren Dimension jedoch benachbart wären.
4.2
Paul Tellers Relationaler Holismus
Paul Teller wies darauf hin, dass die Problematik von Bell-Ungleichungen eng mit
einem Konzept zusammen hängen, das er Partikularismus nennt.37 Dem Partikularismus zufolge besteht die Welt aus Individuen, die nichtrelationale Eigenschaften
haben; alle Relationen, die zwischen solchen Individuen bestehen, supervenieren
über nichtrelationalen Eigenschaften, das heißt zwischen Individuen mit denselben nichtrelationalen Eigenschaften bestehen dieselben Relationen. Partikularismus stellt Teller zufolge eine Art ontologische Lokalitäts-Bedingung dar, insofern
er fordert, dass alle Eigenschaften eines Teilchens lokal ,,in ihm” manifestiert sein
müssen. Dem gegenüber stellt er eine Metaphysik von Eigenschaften, die nur zwischen zwei Teilchen bestehen können.
Teller meint, dass quantenmechanische Verschränkung vor allem als Relation zwischen zwei oder mehr Teilchen verstanden werden muss. Jedoch gibt es
im Fall dieser Relation keine nichtrelationale Eigenschaft der Teilchen, über die
die Relation superveniert. Das liegt daran, dass die einzelnen Teilchen eines verschränkten Paares sich in diesem Fall in keinem bestimmten Zustand befinden,
also keine eindeutige nichtrelationale Eigenschaft besitzen (sofern der Zustandsvektor als Repräsentant einer Eigenschaft des Teilchens interpretiert wird).38 Teller
36
Allerdings ist der genaue Zusammenhang gravitativer Wechselwirkung mit Verschränkung
immer noch Gegenstand der Forschung.
37
Paul Teller, ,,Relativity, Relational Holism, and the Bell Inequalities”, in: Philosophical consequences of quantum theory: reflections on Bell’s theorem, hg. von J. T. Cushing und Ernan
McMullin, Notre Dame (IN) 1989, 208.
38
Vgl. Paul Teller, ,,Relational Holism and Quantum Mechanics”, in: The British Journal for
the Philosophy of Science, Vol. 37, No. 1, 1986, 71-81.
23
spricht daher von Verschränkung als einer inhärent relationalen Eigenschaft. Die
Quantentheorie könne damit als Widerlegung des Partikularismus gedeutet werden, demzufolge es solche irreduziblen Relationen nicht geben sollte. Teller spricht
sich daher für den sogenannten relationalen Holismus aus: den Standpunkt, dass
es Relationen gibt, die nicht über nichtrelationale Eigenschaften supervenieren.
Teller argumentiert nun, dass Partikularismus implizit in den meisten Deutungen der Bell-Experimente angenommen ist – speziell in unseren Vorstellungen
davon, wie Korrelationen entstehen können. Unter der Annahme des Partikularismus können Korrelationen nur durch eine gemeinsame Ursache oder durch eine
direkte kausale Verbindung entstehen. Außerdem schließt die Relativitätstheorie,
die ebenfalls partikularistisch ist, kausale Wechselwirkung mit Überlichtgeschwindigkeit aus. Die Annahme eines bestimmten verborgenen Parameters λ schließt
eine gemeinsame Ursache als Erklärung für Bell-Korrelationen aus. Für einen gegebenen Parameter λ und bestimmte Messparameter hängen die Wahrscheinlichkeiten zweier Möglicher Messergenisse bei einem Teilchen nicht vom Ergebnis der
Messung beim anderen Teilchen ab – die Vorgabe des durch λ charakterisierten Zustandes ,,schirmt“ gemeinsame Ursachen ab.39 Eine direkte kausale Verbindung ist
hingegen durch die Relativitätstheorie ausgeschlossen. Teller folgert also, da beide
Erklärungen der beobachteten Korrelationen ausgeschlossen werden und Jarrets
outcome independence dennoch verletzt wird, dass durch einen reductio-Schluss
der Partikularismus verworfen werden muss. Die Verletzung von Bells Ungleichung
impliziere also den relationalen Holismus.
Tellers Interpretation zufolge muss die Korrelation zwischen dem Teilchenpaar
im Bell-Experiment also nicht als erklärbar durch Eigenschaften der einzelnen Teilchen verstanden werden, sondern als Relation zwischen ihnen – als eine Eigenschaft
des Paares als Ganzen. Damit würde sich die Frage nach einem kausalen Mechanismus, der mit nichtrelationalen Eigenschaften das Entstehen dieser Relation erklärt,
gar nicht stellen. Teller betont daher auch, dass er den Schritt von Partikularismus
zu relationalem Holismus vor allem als eine Bruch darin sieht, welche Phänomene
wir als erklärungsbedürftig auffassen.
4.3
Das Bell-Experiment bei Bohm
Das oben beschriebene Bell-Experiment lässt sich leicht im Sinn der Bohm’schen
Mechanik deuten. Die besonderen Korrelationen der Messergebnisse werden hier
durch das Quantenpotential verursacht. Dieses ist in der Bohm’schen Theorie als
explizit nichtlokal beschrieben, sodass die im Experiment beobachteten Phänomene für den Bohmianer nicht gänzlich unerwartet und ungewöhnlich sind.
39
Vgl. Arntzenius, Frank, Reichenbach’s Common Cause Principle, The Stanford Encyclopedia
of Philosophy 2010.
24
Wie oben beschrieben verlassen im Bell-Experiment zwei Teilchen, deren Gesamtdrehimpuls null ist, eine Quelle in entgegen gesetzter Richtung. In zwei Messgeräten wird nun der Spin eines jeden Teilchens entlang einer frei wählbaren Richtung gemessen. Da der Zustand der beiden Teilchen verschränkt ist, wirkt sich die
Einstellung des 1. Messapparates auf die Wellenfunktion des zweiten Teilchens aus.
Wenn der erste Apparat beispielsweise so eingestellt ist, dass er den Spin des ersten
Teilchens in z-Richtung misst, ist die (effektive) Wellenfunktion des zweiten Teilchens dadurch ein Eigenvektor der z-Komponente des Spins. Der Spin des zweiten
Teilchens kann also instantan durch einen beliebig weit entfernten Messapparat
beeinflusst werden.40 Diese Interaktion ist es, die die beobachteten Korrelationen
der Messergebnisse hervorruft. Bohms Analyse dieses Experiments zufolge ist also
das Resultat jeder Messung von Vornherein durch die Einstellung der Messapparate und die (unbekannten) genauen anfänglichen Positionen der beiden Teilchen
festgelegt. Wie bereits beschrieben muss betont werden, dass die Born-Regel (13)
(|Ψ|2 = P ) garantiert, dass nichtlokale Effekte wie die hier vorkommenden nicht
ausgenutzt werden können, um instantan Nachrichten zu übertragen, was der Relativitätstheorie widersprechen würde.
Mithilfe des Quantenpotentials ist es also möglich, das andernfalls rätselhafte
Bell-Experiment im Rahmen einer klassischen, realistischen Ontologie zu beschreiben. Dass dafür aber der Preis nichtlokaler Wechselwirkung gezahlt werden muss,
ist bereits durch Bells Ungleichung nahegelegt (die in ihrer klassischen Deutung
die Unvereinbarkeit von Realismus und Lokalität besagt). Dennoch zeigt sich hier,
dass auch innerhalb von Bohms Theorie eine gewisse Uneindeutigkeit bezüglich
des ontologischen Status der verwendeten Begriffe besteht. Dabei geht es um den
Spin des Teilchenpaars. Dieser kann in Analogie zu Drehimpulsen in der klassischen Physik als Rotation der beiden Teilchen gedeutet werden. Der Preis, den die
Konvertierung dieses quantentheoretischen Konzepts in eine klassische Betrachtungsweise verlangt, ist allerdings, dass der Spin eines mehr-Teilchen-Systems als
relationale Größe des gesamten Systems aufgefasst werden muss.41 Diese Deutung
wäre im Einklang mit den Überlegungen Tellers, die allerdings ansonsten wenig
zum Bohm’schen Programm passen. Dessen Idee ist gerade, den klassischen Begriff
des Teilchens, das durch nichtrelationale Eigenschaften wie Masse, Position und
Geschwindigkeit charakterisiert ist, in einer Quantenmechanik unterzubringen. Rotierende Teilchen, deren Rotation eine relationale Größe des kompletten Ensembles
ist, wären wenig konsistent mit der Ontologie der restlichen Bohm’schen Mechanik.
Die Alternative zu dieser Deutung des Spins ist eine rein instrumentalistische.
Dabei könnte der Spin als bloßes mathematisches Konstrukt aufgefasst werden,
40
Siehe Sheldon Goldstein, Bohmian Mechanics, The Stanford Encyclopedia of Philosophy
2013.
41
Vgl. Cushing, Quantum Mechanics, 83f.
25
das der Beschreibung der Bewegung des konkreten Teilchens dient. Damit wäre
ein weiterer Schritt in Richtung der strengen Reduktion der Theorie auf die beiden Begriffe von exakter Position und Geschwindigkeit eines Teilchens getan, die
in der Bohm’schen Theorie basal sind. Allerdings wird diese Reduktion sichtlich
verwässert, je mehr formale Konstrukte sie erfordert, um in dieser reinen Form
aufrecht erhalten zu bleiben.
Die Ergebnisse des Bell-Experiments ergeben sich aus Bohm’scher Sichtweise
(das heißt unter Akzeptanz nichtlokaler Einflüsse) also auf natürliche Weise, beinhalten aber weiterhin eine gewisse Freiheit in der Wahl der Ontologie, die man der
physikalischen Theorie zugrunde legt.
5
5.1
Eine Interpretation im Sinne Quines und Duhems
Metaphysische Unterbestimmtheit
Nichtseparabilität und Relationaler Holismus stellen zwei Beisiele für mögliche Ontologien dar, anhand deren Bell-Korrelationen erklärt erklärt werden können, und
vor allem auch für verschiedene Schlussfolgerungen, die aus der Verletzung der
Bell-Ungleichung gezogen werden können. Beide Theorien gehen in eine ähnliche
Richtung: den Versuch, das Teilchenpaar aus dem Experiment nicht als zwei unabhängige Systeme zu verstehen, zwischen denen eine ,,spukhafte Fernwirkung”
herrschen muss. Stattdessen bewirkt die Verschränkung der Teilchen laut Howard
und Teller, dass sie in irgendeiner Form als ein Ganzes zu betrachten sind. Bei
Howard gilt das insofern die einzelnen Teilchen nicht mehr ,,einzeln” sind, sondern
ein einziges System bilden; bei Teller insofern die beiden einzelnen Teilchen eine einzige Eigenschaft gemeinsam teilen: die zwischen ihnen bestehende Relation.
Healey führt daher in Bezug auf Howard und Teller die Unterscheidung von ontologischem Holismus und Eigenschafts-Holismus ein.42 Es bleibt also gewissermaßen
offen, ob der von den beiden Autoren gefundene Holismus sich auf die Eigenschaften der beiden Teilchen im Bell-Experiment erstreckt oder selbst bis auf unsere
Vorstellung davon, ob wir diese überhaupt als einzelne Teilchen auffassen können.
Beide Theorien umgehen damit die Erfordernis einer äußeren Interaktion zwischen den Teilchen, die nach klassischen Vorstellungen für Korrelationen verantwortlich sein müsste, vorerst aber unerklärbar bleibt. Es muss allerdings darauf
hingewiesen werden, dass andere Autoren auch ganz andere ontologische Folgerungen aus der Verletzung von Bells Ungleichung ziehen. Bas van Fraassen spricht
42
Healey, Holism and Nonseparability in Physics, The Stanford Encyclopedia of Philosophy
2009.
26
sich etwa dafür aus, dass wir ein grundsätzlich anderes Verständnis von Kausalität
entwickeln müssen, das auch mit Quanten-Korrelationen umgehen kann.43 Informationstheoretisch orientierte Physiker wie Anton Zeilinger hingegen meinen, dass
der Zustand des Teilchenpaars einfach nur als unser Wissen über dieses aufgefasst
werden muss. Die instantane Beeinflussung des einen Teilchens nach der Messung des anderen stellt also nur die abrupte Änderung unseres Wissens über die
Situation dar. Was mit Lichtgeschwindigkeit übertragen wird ist also nur unser
Wissensstand über die beiden Teilchen.44 Für die hier durchgeführte Betrachtung
sollen allerdings nur Howard und Teller exemplarisch herangezogen werden.
Besonders interessant ist, dass sich die Duhem’sche These hier auf die grundlegende Ontologie von Verschränkung übertragen lässt: offensichtlich gibt es verschiedene metaphysische Theorien, die mit den Bell-Experimenten vereinbar sind.
In Howards Fall wird in Anbetracht der experimentellen Daten die Theorie dessen, was wir als ein System erachten können, angepasst; in Tellers Fall die Theorie
dessen, welche Objekte Träger einer Eigenschaft sein können. Neben der empirischen Unterbestimmtheit der Quantenmechanik, die besagt, dass die beobachteten
Phänomene anhand verschiedener Theorien erklärbar sind, finden wir also auch
eine Art ,,metaphysische Unterbestimmtheit” der Quantentheorie. Diese zeichnet
selbst auf ontologischer Ebene keine einzelne Theorie aus.
Bezogen auf die Fragestellung, ob mit Bell-Ungleichungen metaphysische Konzepte überprüft werden können, beziehungsweise ob es so etwas wie experimentelle
Metaphysik geben kann, kann also gefolgert werden, dass uns im Angesicht der
empirischen Verletzung von der Bell-Ungleichung (24) auf zweierlei Ebenen eine
Wahl übrig bleibt. Zum einen wissen wir durch Duhem, dass es verschiedene Theorien geben muss, die die Korrelationen im Bell-Experiment erklären können. Hier
wurde beschrieben, wie sich dieses Phänomen sowohl aus der orthodoxen Quantenmechanik als auch aus der Bohm’schen Mechanik ergibt. Es gibt also zumindest
zwei verschiedene Theorien, die im Einklang mit den experimentellen Ergebnissen stehen und die mit grundlegend verschiedenen metaphysischen Vorstellungen
verknüpft sind. Es ist daher folglich nicht so, dass Bell-Experimente ein einzelnes
dieser metaphysischen Weltbilder bevorzugen.
Darüber hinaus wurde gezeigt, dass es auch innerhalb dieser beiden Theorien
beträchtliche metaphysische Uneindeutigkeiten gibt. Howard und Teller versuchen
beide, im Rahmen der Standard-Quantenmechanik konkrete Konsequenzen im Bezug auf die zugrunde liegende Ontologie zu ziehen. Dabei gelangen sie zu ähnlichen
43
Bas C. van Fraassen, ,,The Charybdis of Realism: Epistemological implications of Bell’s
inequality”, in: Philosophical consequences of quantum theory: reflections on Bell’s theorem, hg.
von J. T. Cushing und Ernan McMullin, Notre Dame (IN) 1989, 97.
44
Anton Zeilinger, ,,Experiment and the foundations of quantum physics”, in: Reviews of Modern Physics, Volume 71, Issue 2, 1999, 288f.
27
Ideen, aber dennoch deutlich verschiedenen ontologischen Hypothesen. In ähnlicher
Weise stellt sich auch bei der Bohm’schen Mechanik die Realität als zu komplex
heraus, als dass Bohms Programm mit seiner streng reduzierten Ontologie in aller
Konsequenz durchgeführt werden könnte. So bleibt bei Bohm beispielsweise offen,
wie genau der Spin eines verschränkten Teilchenpaars gedeutet werden soll. Obwohl
die von EPR aufgeworfene Frage und die Antwort Bells also durchaus den Bereich
der reinen physikalischen Beschreibung überschreitet und bis in die Metaphysik
führt, stoßen wir auch hier, jenseits der reinen Naturwissenschaft, auf Duhems
Problematik. Es fragt sich daher, ob die hier im Fall der Bell-Ungleichung vorgefundene Situation allgemeine Geltung hat und sich Duhems Unterbestimmtheit
(entgegen Duhems eigener Auffassung) generell auch auf den Bereich philosophischer Probleme erstreckt oder ob es ein Experiment geben könnte, das zwischen
verschiedenen metaphysischen Grundlagen derselben physikalischen Theorie entscheiden könnte.
Diese Frage muss wohl eindeutig entgegen Duhems Ansicht entschieden werden.
Duhem meinte, dass sich sein Prinzip nur auf die Physik beziehen ließe, weil andere
Wissenschaften wie Physiologie oder Biologie zu konkret seien, als dass Platz bliebe
für die von ihm beschriebene Freiheit in der Wahl empirisch äquivalenter Theorien
im Angesicht eines bestimmten Experiments. Nun muss zugestanden werden, dass
die Ontologie eine weit vagere Wissenschaft als die Physik ist. Duhems Argument
kann daher schlecht angewendet werden, um zu zeigen, dass ein experimentum
crucis in der Ontologie doch möglich wäre. Sofern im Bereich der Philosophie
nicht grundlegend andere Regeln herrschen, gibt es also keinen Grund anzunehmen,
dass die Duhem’sche Unterbestimmtheit sich nicht bis hierher erstreckt. Da mit
der Verletzung von Bells Ungleichung bereits ein Fall gefunden wurde, bei dem
Duhems These perfekt zu der vorliegenden Problematik passt, ist es naheliegend,
dass diese auch im Allgemeinen für philosophische Fragestellungen gilt.
5.2
Experimentelle Metaphysik als Beispiel für Quines Holismus
In Anbetracht dieser Überlegungen bietet sich eine Antwort auf die Frage an, inwiefern Bell-Experimente dazu dienen können, philosophische Theorien zu überprüfen.
Bisher wurde festgestellt, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Resultate
solcher Experimente zu erklären – sowohl auf physikalischer als auch auf metaphysischer Ebene. Die verschiedenen Antworten unterschieden sich dabei im direkten
Vergleich beträchtlich von einander. Das Bell-Experiment stellt offenbar wirklich
nur den schmalen ,,Rand” dar, an dem unsere Theorien (mit Quines Worten) mit
der Empirie in Berührung kommen. Die verschiedenen Antworten auf die Phänomene der Quantenphysik gleichen daher tatsächlich einem Netz an Überzeugungen,
28
in dem verschiedene Hypothesen an wenigen Punkten an bestehendes Wissen anschließen (etwa Bohms Teilchen an die Korpuskeln der klassischen Physik, oder
Howards Thesen an die Denkweise der allgemeinen Relativitätstheorie), aber im
,,Inneren” des Netzes sehr verschiedene Sachen behaupten.
Quine zufolge ist die Entscheidung, welche dieser Alternativen wir wählen,
prinzipiell eine reine Konvention, auch wenn Faktoren wie Kohärenz oder Erklärungsfähigkeit der verschiedenen Theorien mit ins Gewicht fallen. Auf metaphysischer Ebene bleibt es uns also frei zu entscheiden, in Anbetracht der BellExperimente die Metaphysik unserer Wahl anzunehmen. Wenn uns Nichtlokalität als annehmbarer Preis erscheint, können wir den Bohm’schen Determinismus wählen. Ebenso gut könnten wir aber auch eine Variante der Kopenhagener
Deutung mit Howards höherdimensionalem Lokalitäts-Begriff annehmen und dafür
Determinismus und Realismus opfern. Die ,,Hilfsannahmen”, die dafür aufgegeben
werden müssen, sind gewissermaßen das komplette Verständnis von Teilchen und
Messungen der klassischen Physik – was laut Quine aber kein Problem darstellt.
Besonders deutlich wird hier Quines Ansicht, dass selbst jene vermeintlich übergeordneten Kriterien, nach denen wir die hier genannten Theorien bewerten und
zwischen ihnen wählen, selbst Teil des ,,Netzes des Wissens” sind, das wir zu beurteilen versuchen. So spricht für Bohms Theorie etwa, dass sie sich gut in das bereits
bestehende gedankliche Gebäude der klassischen Physik einfügt. Auf metaphysischer Ebene ist aber genau das – die Fortsetzung des klassischen Partikularismus
– eigentlich das Bohm’sche Programm selbst. Die Konsistenz mit der bestehenden
Ontologie kann also kein übergeordnetes Kriterium sein, wenn sie im Wesentlichen
gleichzeitig auch der Inhalt der Metaphysik Bohms ist. In ähnlicher Weise spricht
für die Kopenhagener Deutung, dass sie weniger gewagte Aussagen darüber macht,
was in Quantenprozessen tatsächlich passiert. Laut dieser Interpretation kann über
Positionen oder Impulse von Teilchen keine exakte Aussage gemacht werden, was
berechenbar bleibt sind reine Wahrscheinlichkeiten. Die Kopenhagener Deutung
stützt sich damit eher auf greifbare Resultate nach einer Messung, beziehungsweise deren Statistik. Erneut ist aber dieser Vorteil – die weniger spekulative Ontologie
– im Wesentlichen selbst bereits der Kern der metaphysischen Seite der Kopenhagener Theorie. Dass sich die Duhem-Quine-These hier bis auf die Philosophie der
fraglichen Theorien erstreckt bewirkt also, dass viele übergeordnete Kriterien, die
für eine Theorie sprechen können, von der entsprechenden philosophischen Theorie
selbst nicht mehr klar getrennt sind.
Welchen konkreten Wert hat die Bell-Ungleichung also nun zum Überprüfen metaphysischer Konzepte? Sicher ist, dass sie eine gewisse Klasse an Sichtweisen der
Welt auschließt – den so genannten lokalen Realismus. Ob das nun bedeutet, dass
etwa das Separabilitäts-Prinzip oder das des Partikularismus aufgegeben werden
29
muss, bleibt eine Frage der Auslegung. Auf jeden Fall erweisen sich durch die
Bell-Verletzung bestimmte philosophische Vorstellungen darüber, wodurch manche Vorgänge in der Welt festgelegt sind und wie sie ablaufen könnten, als definitiv falsch. Welche Vorstellungen hingegen zutreffen kann offenbar nicht gesagt
werden. Dennoch bietet die Verletzung der Bell-Ungleichung – wenn schon keine
Test-Möglichkeit – doch eine Gelgenheit, unsere metaphysischen Konzepte untereinander zu vergleichen und aneinander zu messen. Wir lernen durch Bell, dass
Lokalität und Determinismus keine unabhängigen Qualitäten sind, die eine Theorie aufweisen sollte. Vielmehr sind sie selbst Inhalt metaphysischer Theorien, die
wir auf Kosten anderer Aspekte wählen können. Es wird dadurch offensichtlich,
dass es uns frei steht zu entscheiden, welche ,,außenstehenden” Werte uns wichtiger erscheinen: Eben beispielsweise Lokalität oder Determinismus oder Holismus
von Systemen oder von Eigenschaften. Insbesondere wäre ein sinnvoller Vergleich
von Kopenhagener und Bohm’scher Theorie ohne Bell nicht möglich. Darüber hinaus ist die Bell-Ungleichung und unser Wissen um die Unterbestimmtheit unserer
bisherigen physikalischen und ontologischen Theorien als eine Aufforderung zu
verstehen, neuartige Alternativtheorien zu finden, die wirklich plausibel zu dem
Gesamtbild passen, das uns durch die Bell-Experimente vermittelt wird.
30
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