Entomologische Gesellschaft Zürich Sitzung vom 26. Februar 2016 Vorsitz: Michael Greef Anwesend: Mitglieder und Gäste --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Markus Müller Erfahrungen mit dem Schutz des Libellen-Schmetterlingshafts (Libelloides coccajus) in der Nordostschweiz Markus Müller hat sich während seiner Masterarbeit an der ZHAW mit dem Schmetterlingshaft befasst und führt heute Förderungsprojekte in verschiedenen Kantonen durch. Die Schmetterlingshafte gehören in die Ordnung der Netzflügler (Neuroptera) aus der weltweit ca. 3000 Arten bekannt sind. In der Schweiz kommen drei Arten vor: Libelloides coccajus, L. longicornis und L. x risi (nur alte Funde). Der Mittelmeerraum ist das Zentrum ihrer Verbreitung. In der Schweiz sind sie vor allem in klimatisch günstigen (warmen) Regionen anzutreffen. Die Schmetterlingshafte fliegen zwischen Mai und Juni. Wenn es zu kühl wird oder wenn Wolken am Himmel sind, setzen sich die Falter mit geschlossenen Flügeln auf einen Grashalm. Sobald es wärmer wird öffnen sie ihre Flügel und starten wieder mit ihrem Schwirrflug. Die Adulten fangen ihre Beute (kleinere Insekten) im Flug und auch die Larven sind am Boden räuberisch unterwegs. Das männliche Geschlecht ist anhand der gekrümmten Zangen am Hinterleib zu erkennen. Die Weibchen legen ihre Eier links und rechts an vertrockneten Grashalmen ab. Wie der Halm für eine Eiablage auszusehen hat, ist sehr variabel. Oft werden offene Bodenstellen bevorzugt, jedoch konnten auch Eigelege in dichteren Magerwiesen beobachtet werden. Geneigte Flächen werden favorisiert und das Mikroklima sollte warm und trocken sein. Bis zu 50 Eier pro Weibchen werden an die Grashalme gelegt. Es kann auch sein, dass mehrere Gelege an einen Halm „geklebt“ werden. Nach einem Monat Entwicklungszeit (das Ei wird dann grau), schlüpfen die Larven meistens zwischen dem 1. und 15. Juli. Der Schlüpfzeitpunkt passt sich den Witterungsbedingungen an. Über die Larven ist noch vieles unbekannt. Zurzeit wird davon ausgegangen, dass es auch zweijährige Entwicklungszyklen geben kann. Es gibt drei Larvenstadien, deren Unterscheidung jedoch sehr schwierig ist. Im Feld Larven zu finden ist eine Glückssache, da sie sich Sandkörner und Steinchen als Tarnung auf den Rücken werfen. Die Verpuppung findet auf dem Boden statt. Die Imago lebt bis zu 6 Wochen. Die adulten Schmetterlingshafte fliegen den ganzen Tag über, auch über Rapsfelder, wo sie anscheinend ein gutes Nahrungsangebot finden. Laut Beobachtungen aus Deutschland können Hecken Ausbreitungshindernisse darstellen. In Glattfelden ZH (eine der beobachteten Populationen) war dies jedoch kein Problem, wie mit markierten Tieren nachgewiesen werden konnte. Im Kanton Zürich wurden Ansiedlungsversuche in Hüntwangen, Weiach und Wasterkingen gemacht. Die Eigelege an Grashalmen wurden an Holzspiessen befestigt und in neue geeignete Flächen gesteckt. Der Erfolg war durchzogen. Mit wenigen Gelegen sollte man sich auf wenige Standorte konzentrieren. Im Kanton Zürich ist das Ziel, dass die Population in Glattfelden stabil bleibt und sich die Schmetterlingshafte selber in geeignete Flächen ausbreiten können (Aufwertungen in der Umgebung). Bei der Ansiedlung von neuen Populationen beschränkt man sich zurzeit auf Wasterkingen. Im Kanton Aargau sind laut CSCF 22 Standorte mit Vorkommen der Schmetterlingshafte bekannt. Nachgewiesen werden konnten sie noch auf 2 Standorten. 1 Standort scheint einigermassen stabil zu sein, der andere hat die Tendenz zu einer Populationsabnahme. Das grosse Problem an diesen Standorten ist die Isolation, es besteht ein hohes Aussterberisiko. Um dem entgegen zu wirken, wäre die Pflege vom angrenzenden lichten Wald wichtig. Die starke Abnahme im Kanton AG kann auf die fetteren und intensiver bewirtschafteten Wiesen und eine andere Landwirtschaftliche Nutzung zurückgeführt werden. Aus dem Kanton Solothurn waren 4 Fundstellen bekannt, davon konnten 2 Populationen noch nachgewiesen werden. Ein Standort (Rinderweide) lag höher, weshalb die Tiere auch später im Jahr geflogen sind. Da der Standort als Rinderweide dient, wurde als Schutz- und Fördermassnahme das Auszäunen der Eigelege vorgeschlagen und auch das Schnittregime wurde geändert (die Fläche wurde halbiert und wird nun alternierend alle Jahre gemäht). Auch im Kanton Schaffhausen fliegen die Schmetterlingshafte. Eine Umgebungsanalyse im Dostental hat gezeigt, dass durch vermehrtes Auflichten der Wälder eine natürliche Ausbreitung stattfinden kann. Die Eiablagesubstrat ist für das Vorkommen des Schmetterlinghafts der zentrale Punkt. Das Weibchen braucht vertrocknete Grashalme, oft sind diese jedoch wegen zu früher Mahd bereits verschwunden. Eine Mahd nach dem Schlupf der Larven im August, wäre ein guter Zeitpunkt. Beweidung von Wäldern stellen kein Problem dar. Es besteht nach wie vor grosser Forschungsbedarf über die Entwicklung der Larven, deren Habitat und Phänologie. Ende: 20.45 Uhr Für das Protokoll: Adrienne Frei