bersicht Diagnostik bei Uveitis im Kindesalter: Welche Tests bei welcher Uveitis? Diagnostics in Childhood Uveitis: What Tests for Which Uveitis? Autoren T. Hudde1, U. Neudorf2, A. Heiligenhaus3, T. Ness4, M. Zierhut5, U. Pleyer6 Institute Die Institutsangaben sind am Ende des Beitrags gelistet. Schlsselwçrter " Diagnose l " Kind l " juvenile idiopathische l Arthritis " Screening l " Uveitis l Zusammenfassung Abstract ! ! Hintergrund: Intraokulare Entzndungen im Kindesalter unterscheiden sich meist deutlich von jenen im Erwachsenenalter. Das diagnostische Vorgehen muss deshalb dem Alter und den spezifischen Krankheitsbildern angepasst sein. Material und Methoden: Verwendet wurden Ergebnisse aus Studien und von Konsensus-Arbeiten neben eigenen Erfahrungen der Autoren. Ergebnisse: Empfehlungen zur Systematik und zum Umfang der Diagnostik wurden erarbeitet und meist in Tabellen dargestellt. Schlussfolgerungen: Systemische Erkrankungen sind bei Uveitis-Kindern hufig und erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen Augenrzten und Kinderrzten. Background: Intraocular inflammation in children differs considerably from that found in adults. Therefore the diagnostic work-up has to be adapted to the age and specific diseases. Materials and Methods: The published literature was reviewed for results of clinical trials and consensus meetings. In addition, the authors have incorporated their own experience. Results: Recommendations for a systematic and complete diagnostic work-up are given using tables where possible. Conclusions: A close cooperation between ophthalmologists and paediatricians is very important. Ziele der Diagnostik die Beurteilung der Laborwerte, die fr die differenzialdiagnostische Zuordnung der Uveitis wesentlich sein kçnnen, sollte ein darin erfahrener Kinderarzt, bevorzugt Kinder- und Jugendrheumatologe, vornehmen. Das Monitoring der medikamentçsen Therapie durch den Kinderarzt wird in den entsprechenden Beitrgen behandelt. Key words " diagnosis l " children l " juvenile idiopathic arthritis l " screening l " uveitis l ! eingereicht 20.11.2006 akzeptiert 20.2.2007 Bibliografie DOI 10.1055/s-2007-963062 Klin Monatsbl Augenheilkd 2007; 224: 494 – 499 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0023-2165 Korrespondenzadresse Priv.-Doz. Dr. Tobias Hudde Augenklinik Wolfsburg Am Spieker 10 38442 Wolfsburg [email protected] Die Ziele der augenrztlichen Diagnostik im Kindesalter sind der frhestmçgliche Nachweis einer Uveitis, ihrer Ursache und ihrer Komplikationen [12]. Eine weitere Differenzierung der Uveitis hat sich bewhrt, um das Spektrum mçglicher assoziierter Erkrankungen einzugrenzen. Die Prognose kann dadurch besser eingeschtzt und die Therapie besser geplant werden. Gemeinsam mit dem Pdiater erfolgt die weiterfhrende Diagnostik und Therapie sowie die Festlegung der Kontroll- bzw. Screening-Intervalle [3, 17]. Weiter dienen die Untersuchungsergebnisse als Grundlage fr das wichtige Gesprch mit den Eltern. Durchfhrung ! Die ophthalmologische Diagnostik wird kurzfristig durch den Augenarzt durchgefhrt. Die Untersuchung des brigen klinischen Befundes und Hudde T et al. Diagnostik bei Uveitis… Klin Monatsbl Augenheilkd 2007; 224: 494 – 499 Untersuchungen durch den Augenarzt Der Umfang obligater und ergnzender Unter" Tab. 1a zusammengefasst. suchungen wird in l Zur augenrztlichen Diagnostik zhlt eine ausfhrliche Anamnese vom Patienten und/oder eine Fremdanamnese von den Eltern. Eine altersgerechte Prfung des Sehvermçgens ist wichtig. Die Visusprfung muss mit fr das Alter geeigneten Optotypen (siehe Beitrag Uveitis und Amblyopie) entsprechend dem Lesevermçgen erfolgen und dient der Einschtzung der Minderung des Sehvermçgens. Je nach Kooperation des kleinen Patienten schließen sich eine orientierende Untersuchung mit einer geeigne- Heruntergeladen von: IP-Proxy CONSORTIUM:DFG (Charité Berlin), Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt. 494 Tab. 1 a Obligate und ergnzende Untersuchungen durch den Augenarzt obligat Anamnese (entsprechend dem Verstndnis als Eigenoder Fremdanamnese) Visus Spaltlampenuntersuchung in Mydriasis Tonometrie Funduskopie in Mydriasis ergnzend Sehschulstatus (bei verdchtiger und nachgewiesener Amblyopie) Echografie (bei unzureichender Fundusbeurteilbarkeit) OCT (bei verdchtigtem oder nachgewiesenem Makulaçdem) Fluoreszeinangiografie (bei verdchtigtem oder nachgewiesenem Makulaçdem oder zur Einordnung von Lsionen von Aderhaut oder Netzhaut) ERG (bei Chloroquintherapie) Gesichtsfeld (Glaukom und ggf. bei Lsionen von Sehnerv, Aderhaut oder Netzhaut) HRT (bei Glaukom und ggf. bei Lsionen am hinteren Augenabschnitt) ten Lichtquelle (z. B. Skiaskop) an. Bei Verdacht auf eine Amblyopie muss ein Sehschulstatus erhoben werden. Bei vielen Kindern mit Uveitis erscheint das betroffene Auge auch bei aktiver intraokularer Entzndung ußerlich unauffllig. Die konjunktivale und ziliare Injektion als typische Zeichen einer anterioren Uveitis im Erwachsenenalter fehlen. Dadurch kann sich die Diagnose erheblich verzçgern. Viele der typischen entzndlichen Vernderungen kçnnen nur mit der Spaltlampe bei hoher Vergrçßerung festgestellt werden. Vernderungen in der Fundusperipherie sind meist nur bei medikamentçser Mydriasis erkennbar. Der Schweregrad der Entzndung wird anhand der Zellzahl in der Vorderkammer oder im Glaskçrper" Tab. 1b). Von großer Bedeutung sind auch raum bestimmt (l " Tab. 1c). Gute UntersuchungsbeVorderkammertrbungen (l dingungen sind erforderlich, sonst kann ein leichter bis mittlerer Entzndungszustand bersehen werden. Bei Kleinkindern oder schlechter Kooperation kann eine Untersuchung in Kurznarkose erforderlich werden. Erfasst werden mssen typische Komplikationen bestimmter Uveitisformen. Die Ophthalmo- Grad Zellen pro Feld (Spaltlampe 1 1 mm) 0 <1 0,5 + 1–5 1+ 6 – 15 2+ 16 – 25 3+ 26 – 50 4+ > 50 Tab. 1 b Schema fr die Gradeinteilung von Vorderkammerzellen nach der SUN-Arbeitsgruppe (SUN = Standardization of uveitis nomenclature[7]) skopie dient dem Nachweis von Glaskçrpertrbungen, Vernderungen von Papille, Netzhaut, Aderhaut und Gefßen. Mit der Tonometrie mssen erhçhte Augeninnendruckwerte (okulre Hypertonie oder Glaukom) oder erniedrigte Druckwerte (ggf. Hypotonie oder Phthisis bulbi) ausgeschlossen werden. Die Methode der Wahl ist die Applanationstonometrie nach Goldmann. Alternativ kann die pneumatische Tonometrie angewandt werden. Bei kleinen Kindern und schlechter Kooperation ist eine palpatorische Druckmessung zur groben Orientierung hilfreich. Die Glaukomdiagnostik wird in einem anderen Beitrag abgehandelt. Befundabhngig kçnnen weitere Untersuchungen indiziert sein. Makulaçdeme sind hufiger als bisher erwartet vorzufinden und lassen sich mit der Fluoreszeinangiografie nachweisen. Die Optical Coherence Tomography (OCT) hat sich in der Diagnostik des Makulaçdems bei Uveitis [1] und auch zur Verlaufsbeurteilung bewhrt [13]. Mit den elektrophysiologischen Untersuchungsmethoden wie z. B. dem Elektro-Okulogramm oder dem (multifokales) Elektro-Retinogramm kçnnen toxische Schdigungen (z. B. Chloroquin) von Netzhaut und Aderhaut nachgewiesen werden [10], auch wenn durch Trbung der optischen Medien der Einblick auf den Fundus reduziert ist. Klassifikation der Uveitis durch den Augenarzt Der Augenarzt nimmt eine Einteilung der Uveitis (Arbeitsdiagnose) nach den Empfehlungen der International Uveitis Study Group [2] bzw. der Arbeitsgruppe Standardization of Uveitis Nomenclature [7] vor. Neben der Klassifizierung als anteriore (Iritis, Iridozyklitis, anteriore Zyklitis), intermedire oder posteriore (Chorioretinitis, Retinochoroiditis, Retinitis, Neuroretinitis) " Tab. 2a) sollte auch vermerkt werUveitis bzw. Panuveitis (l den, ob es sich um einen akuten, rezidivierenden oder chroni" Tab. 2b). Auch ob Symptome wie eine schen Verlauf handelt (l Rçtung bzw. Schmerzen vorliegen, ist von Interesse. Von Bedeutung ist auch die Frage, ob der Befund streng oder berwiegend einseitig oder beidseitig ist und ob es sich um eine granulomatçse Form handelt. Die Reaktion auf die bisherige Therapie erlaubt hufig eine diagnostische Aussage und sollte auch deshalb dokumentiert werden. Tab. 2 a Anatomische Uveitis-Klassifikation nach der SUN-Arbeitsgruppe (SUN = Standardization of uveitis nomenclature [7]) Typ Beschreibung engl./dt. 0 none/kein Flair 1+ faint/gerade sichtbar 2+ moderate/gut sichtbar (Iris und Linsendetails klar) 3+ marked/ausgeprgt (Iris und Linsendetails verschwommen 4+ intense/(Fibrin oder plastisches Kammerwasser) schließt mit ein: dungsort1 Tab. 1 c Schema fr die Gradeinteilung von Vorderkammertrbungen nach der SUN-Arbeitsgruppe (SUN = Standardization of uveitis nomenclature[7]) Grad primrer Entzn- 1 anteriore Uveitis Vorderkammer Iritis Iridozyklitis anteriore Zyklitis intermedire Uveitis Glaskçrper Pars planitis posteriore Zyklitis Hyalitis posteriore Uveitis Netzhaut oder Aderhaut fokale, multifokale oder diffuse Choroiditis, Retinochoroiditis, Retinitis, Neuroretinitis Panuveitis Vorderkammer, Glaskçrper und Netzhaut oder Aderhaut klinisch ermittelt und angelehnt an die anatomische Klassifikation der International Uveitis Study Group [2]. Hudde T et al. Diagnostik bei Uveitis… Klin Monatsbl Augenheilkd 2007; 224: 494 – 499 495 Heruntergeladen von: IP-Proxy CONSORTIUM:DFG (Charité Berlin), Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt. bersicht bersicht Tab. 2 b Uveitis-Beschreibung der SUN-Arbeitsgruppe (SUN = Standardization of uveitis nomenclature[7]) Kategorie Beschreibungen Kommentar engl./dt. Beginn Dauer Verlauf sudden/plçtzlich insidious/schleichend limited/begrenzt < 3 Monate Dauer persistend/persistierend > 3 Monate Dauer acute/akut Episode von plçtzlichem Beginn und limitierter Dauer recurrent/rezidivierend Rezidive, die von Inaktivitt ohne Therapie von < 3 Monaten Dauer getrennt werden chronic/chronisch persistierende Uveitis mit Rezidiven innerhalb von 3 Monaten nach Therapieende Augenrztliche Untersuchungen hinsichtlich unerwnschter Medikamentenwirkungen Eine Reihe mçglicher medikamentçser Komplikationen am Auge muss bercksichtigt werden. Eine lngerfristige (> 14 Tage), insbesondere einseitige Mydriatikatherapie erhçht die Gefahr einer Amblyopieentwicklung. Besonders eine langfristige und hoch dosierte lokale oder systemische Kortisonanwendung kann zur Steigerung des Augeninnendrucks und zur Kataraktentwicklung fhren (siehe dazu auch Beitrag Kortisontherapie). Im Kleinkindalter ist u. U. eine systemisch wirksame Steroidkonzentration nach lokaler Therapie nachweisbar. Phosphathaltige Augentropfen kçnnen eine Bandkeratopathie fçrdern. Chloroquin und Hydroxychloroquin werden hufig bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt und kçnnen zu einer Retinopathie fhren. Die schdigende Wirkung ist zeit- und dosisabhngig. Der genaue Schdigungsmechanismus ist nicht bekannt. So wird vermutet, dass entweder die Photorezeptoren selbst oder das retinale Pigmentepithel geschdigt werden. Typisch ist eine parazentrale Depigmentierung um die Foveola („bull’s eye retinopathy“). Die einzige bekannte Behandlung ist das Absetzten des Medikamentes. Trotz Absetzen schreitet die Retinopathie hufig noch eine gewisse Zeit fort. Deshalb ist eine mçglichst frhe Erkennung zur Vermeidung von Sehverlust wichtig. Glcklicherweise ist die Inzidenz einer Retinopathie gering und tritt meist entweder bei Dosen von mehr als 6,5 mg/kg/Tag oder Dosen von 3 mg/kg/Tag ber mehr als 5 Jahre auf. Ausreichende Erfahrungen im Kindesalter liegen nicht vor, weshalb hier die Empfehlungen fr das Erwachsenenalter dargelegt werden. Im ersten Jahr einer Chloroquin- oder Hydroxychloroquintherapie sollte der Augenhintergrund bei erweiterter Pupille angesehen werden. Ein Amsler-Selbsttest oder eine automatisierte Gesichtsfelduntersuchung sollten durchgefhrt werden. Sofern nicht ohnehin zur Beurteilung einer Uveitis notwendig, erfolgt eine erneute Untersuchung jhrlich ab Erreichen eines der o. g. Risikokriterien. Speziellere Untersuchungen wie ein multifokales ERG kçnnen im Zweifelsfall weiterhelfen. Bei Auftreten oder Verdacht auf eine Retinopathie wird das Medikament idealerweise abgesetzt. Der behandelnde Rheumatologe und der Patient mssen informiert werden, um gemeinsam ber die weitere Therapie zu entscheiden [10]. Ablagerungen der Substanzen im Hornhautepithel (Cornea verticillata) sind in der Regel ohne Krankheitswert und reversibel. Diagnostische Mydriasis durch die Eltern Bei chronischem Verlauf der Uveitis kann eine begleitende wçchentliche Kontrolle der Augen durch die Eltern sinnvoll sein. Mit der Taschenlampe kçnnen nach dem Eintrufeln von kurzwirksamen Mydriatika (Tropicamid) neue Synechien erkannt werden. Zweckmßig ist eine Tropfengabe abends vor dem Schlafengehen, um das Sehen mçglichst wenig zu beeintrchtigen. Bei Befundnderungen muss der Augenarzt unverzglich aufgesucht werden. Untersuchungen durch den Pdiater An der Grunderkrankung sich orientierende Diagnostik: Eine effektive und kostengnstige Diagnostik soll angestrebt werden; eine ungezielte Diagnostik ist nicht hilfreich und zudem teuer. Sollte eine entzndlich-rheumatische Systemerkrankung den Ausgangspunkt der Befunderhebung darstellen, orientiert sich die Diagnostik an der Leitlinie zur rheumatischen Uveitis [11]. Die Subgruppen der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) unterscheiden sich hinsichtlich der Uveitisinzidenz, Symptomatik " Tab. 3, l " 4). Daraus resulund Komplikationsrate erheblich (l " Abb. 1). tieren unterschiedliche Screeningintervalle (l Die Diagnostik sollte sich an der anatomischen Klassifikation der Uveitis orientieren. Infektionen mssen als Ursachen wegen der kausal mçglichen Therapie soweit mçglich ausgeschlossen werden [4, 8, 14, 15]. " Tab. 5 zusammengeTypische infektiçse Ursachen sind in l fasst. Tab. 3 Uveitis bei Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) RF-negative Polyarthritis 5 – 10 %, asymptomatisch RF-positive Polyarthritis sehr selten systemische Arthritis sehr selten Oligoarthritis 15 – 50 % Psoriasis-Arthritis Beginn Kleinkindesalter: bis 20 % Beginn Schulkindesalter: keine Daten 1 Enthesitis 1-assoziierte Arthritis 5 – 10 % sonstige Arthritis 5 – 10 % Fr HLA-B-27-assoziierte Erkrankungen typische Entzndung der Sehnen und Sehnenanstze. Tab. 4 Entzndlich-rheumatische Erkrankungen mit Uveitis: typische Symptomatik, Verlauf und anatomische Uveitisformen RF-negative Polyarthritis asymptomatisch, chronisch, anteriore Uveitis RF-positive Polyarthritis kein typischer Verlauf systemische Arthritis kein typischer Verlauf Oligoarthritis asymptomatisch, chronisch, anteriore Uveitis Psoriasis-Arthritis asymptomatisch, chronisch oder rezidivierend oder akut oder rezidivierend symptomatisch, anteriore Uveitis Enthesitis-AA symptomatisch, rezidivierend, anteriore Uveitis sonstige Arthritis asymptomatisch oder symptomatisch, chronisch, akut oder rezidivierend Hudde T et al. Diagnostik bei Uveitis… Klin Monatsbl Augenheilkd 2007; 224: 494 – 499 Heruntergeladen von: IP-Proxy CONSORTIUM:DFG (Charité Berlin), Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt. 496 bersicht 497 Arthritis Subgruppen: Oligoarthritis oder RF-negative Polyarthritis oder Psoriasis-Arthritis (Frühmanifestation) oder andere Arthritis-Formen Erstdiagnosis ≤ 6 Lebensjahr Dauer der Erkrankung ≤ 4 Jahren Uveitis-RiskoKategorien: Augenärztliche Screening-Intervalle: hohes Uveitis-Risiko mit hoher Komplikationsrate typischerweise asymptomatisch Systemische Arthritis oder RF-positive Polyarthritis Enthesitis-assoziierte Arthritis oder Psoriasis-Arthritis (Spätmanifestation) (HLA-B27-positiv) geringes UveitisRisiko hohes Uveitis-Risiko, typischerweise symptomatisch Alle 12 Monate Alle 6 Monate ANA-pos.: 3-monatlich ANA-neg.: 6-monatlich bis 7 Jahre nach Diagnosestellung danach alle 12 Monate Abb. 1 Dargestellt sind die Uveitis-Risiko-Kategorien in Abhngigkeit von der Arthritis-Subgruppe bei Kindern und Jugendlichen mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) ohne vorbestehende Uveitis. Die augenrztlichen Screeningintervalle reichen von vierteljhrlich bis jhrlich. Tab. 5 Typische Infektionen bei den unterschiedlichen anatomischen Uveitisformen anteriore Uveitis Tuberkulose, Borreliose, Lues, HSV oder Zoster intermedire Uveitis Tuberkulose, Borreliose, Lues posteriore Uveitis HSV, Varicella-Zoster-Virus, CMV, Toxoplasmose, Toxocariasis, HIV, Lues, Bartonellen, Mykoplasma pneumoniae Tab. 6 Basisdiagnostik in Abhngigkeit von der anatomischen Uveitisform; entsprechend der individuellen Anamnese ist eventuell eine gezielte weitere Diagnostik sinnvoll anteriore Uveitis Differenzialblutbild, Urin-Status, HLA-B27, ANA, Lues, Borreliose, ACE, Rçntgen-Thorax, pdiatrische Untersuchung intermedire Uveitis Differenzialblutbild, Lues, Borreliose, ACE, RçntgenThorax, ggf. MRT Schdel, pdiatrische Untersuchung posteriore Uveitis Differenzialblutbild, Urin-Status, Lues, Borrelien, ACE, Rçntgen-Thorax, ANA, ggf. HLA-B51, HLA-A29, HSV, VZV, HIV, Toxoplasmose, Toxocara, pdiatrische Untersuchung Grundstzlich sollte die Diagnostik gemeinsam durch den Augenarzt und den Kinderarzt vorgenommen werden. Treten zuerst Allgemeinsymptome auf, so nimmt der Kinderarzt anhand der Anamnese und der erhobenen Befunde eine erste Risiko- einschtzung fr eine Mitbeteiligung der Augen vor. Bei allen entzndlichen Systemerkrankungen mit mçglicher Augenbeteiligung muss eine Vorstellung beim Augenarzt kurzfristig erfolgen. Hufig verluft eine Uveitis im Kindesalter lange schleichend und unbemerkt. Die hufigste Erkrankung mit Uveitis ist die Oligoarthritis. Bei Fehlen von Gelenkbeteiligungen kçnnen Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust und Fieber beispielhaft auf eine Sarkoidose [5] oder ein TINU-Syndrom [6] hinweisen. Auswahl gebruchlicher diagnostischer Verfahren ! Aufgrund der Anamnese und des Untersuchungsbefundes sowie der Angaben des Augenarztes kann der Kinderrheumatologe die weiterfhrende Diagnostik einleiten. Bei allen Uveitiden sind dabei folgende Laborwerte gebruchlich: Differenzialblutbild, Urin-Status, ACE, Lues, Bartonella, Borreliose und ggf. ein Rçntgen-Thorax und andere bildgebende Verfahren [16]. Gebruchliche Laboruntersuchungen sind weiterhin antinuklre Antikçrper (ANA), Leberenzyme, HLA-B27 und Toxocara. Sehr eingeschrnkt hilfreich ist die Serologie auf Toxoplasmose, Yersinia und Herpes-Viren. Eine Vorderkammerpunktion oder Glaskçrperbiopsie an einem hierin erfahrenen Zentrum ist bei entsprechendem Verdacht zu berlegen [9]. Entsprechend der anatomischen Klassifikation der Uveitis werden weitere Tests " Tab. 6). empfohlen (l Typische Laborbefunde bei rheumatischen Erkrankungen im " Tab. 7 dargestellt [11]. Kindesalter sind in l Hudde T et al. Diagnostik bei Uveitis… Klin Monatsbl Augenheilkd 2007; 224: 494 – 499 Heruntergeladen von: IP-Proxy CONSORTIUM:DFG (Charité Berlin), Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt. JIA Patienten ohne vorbestehende Uveitis bersicht Tab. 7 Diagnostik bei kindlicher Uveitis im Rahmen von Systemerkrankungen [11] 1. juvenile idiopathische Arthritis (frhkindliche) Oligoarthritis: Antinuklere Antikçrper (ANA) sind meist, jedoch nicht immer erhçht. RF-negative Polyarthritis: keine spezifischen Marker fi klinisches Bild Enthesitis-assoziierte Arthritis: HLA-B27 meist positiv Psoriasis-assoziierte Arthritis: – Kleinkindalter: ANA hufig positiv – Schulalter-Form: HLA-B27 vermehrt nachweisbar 2. juvenile ankylosierende Spondylitis HLA-B27 vermehrt nachweisbar, bildgebende Verfahren (Wirbelsule, ISG) 3. reaktive Arthritis (z. B. Reiter-Syndrom) HLA-B27 vermehrt nachweisbar, mikrobiologische einschließlich infektionsserologischer Diagnostik 4. entzndliche Darmerkrankungen HLA-B27 vermehrt nachweisbar, Endoskopie, Biopsie 5. Sarkoidose Angiotensin-converting-enzyme-Erhçhung oft nicht zu verwerten, da hufig bei Kindern physiologisch erhçht nachweisbar; Diagnose erfordert Nachweis der granulomatçsen Entzndung (z. B. Hautbiopsie); – Blau-Syndrom: Die genetische Analyse des CARD15/NOD2-Gens ist hilfreich bei der Diagnosestellung. 6. Morbus Behçet HLA-B51 zu ca. 40 – 60 % nachweisbar, positiver Pathergietest, Klinik 7. systemische Vaskulitiden, Kollagenosen Nachweis von Autoantikçrpern, z. B. cANCA (Wegener’sche Granulomatose), ANA, dsDNS-Antikçrper (systemischer Lupus erythematodes) 8. Lyme-Arthritis Anamnese, Klinik, Serologie (hufig schwierig zu beurteilen) 9. CINCA/NOMID Klinik, Genetische Untersuchung des NALP3/CIAS1/PYPAF1-Gens Bewertung diagnostischer Verfahren ! Bei Nachweis von ANA ist bei der JIA das Manifestationsrisiko einer Uveitis erhçht; HLA-B27 gilt als Indikator fr ein erhçhtes Manifestationsrisiko fr eine akute Iridozyklitis. Der sichere Nachweis des Rheuma-Faktors (RF) macht bei JIA die Entwicklung einer Iridozyklitis unwahrscheinlich. Bei Nachweis des HLA-DRB11 (DRB1*13 [16]) ist mçglicherweise, hnlich wie beim Nachweis der ANA, von einem erhçhten Manifestationsrisiko auszugehen, whrend dieses bei Nachweis von HLA-DR1 reduziert ist. Die Diagnose einer reaktiven Arthritis und einer Lyme-Arthritis erfordern den direkten oder infektionsserologischen Erregernachweis. Bei Verdacht auf eine Kollagenose oder eine Vaskulitis ist die Differenzierung der ANA bzw. die Bestimmung der ANCA (antineutrophile zytoplasmatische Antikçrper) durchzufhren. Bei Verdacht auf CINCA/NOMID (chronic infantile neurologic, cutaneous, articular syndrome/neonatal onset multisystem inflammatory disease) kann eine, jedoch teure, genetische Diagnostik weiterhelfen. Biopsien sind bei den entzndlichen Darmerkrankungen, bei Sarkoidose und bei systemischen Vaskulitiden zu erwgen. Ausschlussdiagnostik Soweit mçglich, sollten Infektionen als Ursache ausgeschlossen werden, besonders wenn eine immunsuppressive Therapie erwogen wird. Fr den Ausschluss von Maskierungssyndromen bzw. Pseudouveitiden (wie Retinoblastom, maligne Lymphome): Ophthalmoskopie und ggf. entsprechende weiterfhrende diagnostische Maßnahmen (Knochenmarkspunktion bei Leukmieverdacht, MRT Schdel, diagnostische Vitrektomie). Wichtig: Bei V. a. Retinoblastom darf keine Probeentnahme aus dem Auge (z. B. durch Vitrektomie) erfolgen, da hierdurch eine Tumorausbreitung begnstigt wird. Eine sofortige berweisung in ein spezialisiertes Zentrum sollte erfolgen. Kontrollen bei Komplikationen ! Amblyopie Besonders bei einseitiger Uveitis, aber auch bei ausgeprgter beidseitiger Uveitis kann die Sehentwicklung gestçrt ablaufen, sodass sich eine Amblyopie entwickeln kann. Eine altersgerechte Visusprfung und auch eine Prfung des rumlichen Sehver- mçgens sind daher sinnvoll. Gegebenenfalls muss das strkere, fhrende Auge zeitweise abgeklebt werden, um das schwchere Auge zu fçrdern. Eventuell ist auch eine chirurgische Intervention notwendig, um klare optische Medien wiederherzustellen (siehe Beitrag in diesem Heft). Glaukom Jede Uveitis kann zu akuten oder chronischen Augeninnendruckvernderungen fhren, die den Sehnerven dauerhaft schdigen kçnnen. Chronische Augeninnendrucksteigerungen entwickeln sich meist ohne Schmerzen und ohne Trbung der Hornhaut. Regelmßige Augeninnendruckmessungen sind daher unerlsslich. Auch ein zu niedriger Augeninnendruck schadet dem Auge (siehe Beitrag in diesem Heft). Zystoides Makulaçdem Die Macula lutea ist anfllig fr entzndliche Flssigkeitseinlagerungen, die bei der Untersuchung als zystenartige Vernderungen auffallen. Biomikroskopisch nicht erkennbare Makulaçdeme sind mit der optischen Kohrenztomografie (OCT) gut erfassbar. Ebenso kann die Fluoreszeinangiografie den Nachweis erbringen. Da ein Makulaçdem zu ultrastrukturellen Vernderungen fhrt, ist es wichtig, mçglichst rasch eine Therapie einzuleiten oder besser die Ausbildung zu verhindern (siehe Beitrag in diesem Heft). Zusammenfassung ! Die Diagnostik der Uveitis im Kindesalter erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Fachdisziplinen, insbesondere Kinderrheumatologen und Augenrzten. Die Basisdiagnostik kann grundstzlich von jedem Augenarzt bzw. Kinderund Jugendarzt durchgefhrt werden. In vielen Fllen ist jedoch die Kontaktierung eines spezialisierten Zentrums erforderlich. Durch die Vermeidung von unnçtigen Untersuchungen und ggf. Therapien ist dies oft auch wirtschaftlich sinnvoll. Institute 1 Augenklinik Wolfsburg 2 Universitts-Kinderklinik Essen 3 Augenabt. am St.-Franziskus-Hospital Mnster 4 Universitts-Augenklinik Freiburg 5 Universitts-Augenklinik Tbingen 6 Universitts-Augenklinik, Charit, Campus-Virchow-Klinik, Berlin Hudde T et al. Diagnostik bei Uveitis… Klin Monatsbl Augenheilkd 2007; 224: 494 – 499 Heruntergeladen von: IP-Proxy CONSORTIUM:DFG (Charité Berlin), Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt. 498 Literatur 1 Antcliff RJ, Stanford MR, Chauhan DS et al. Comparison between optical coherence tomography and fundus fluorescein angiography for the detection of cystoid macular edema in patients with uveitis. Ophthalmology 2000; 107: 593–599 2 Bloch-Michel E, Nussenblatt RB. International Uveitis Study Group recommendations for the evaluation of intraocular inflammatory disease. Am J Ophthalmol 1987; 103: 234–235 3 Cassidy J, Kivlin J, Lindsley C et al. 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