Feldlinien-Geste

Bild: vege; fotolia
Mensch-Maschine-Schnittstelle
Feldlinien-Geste
Kein elektronisches Gerät kommt ohne sie aus – die Mensch-Maschine-Schnittstelle ist stets wesentlicher
Bestandteil eines elektronischen Produktes – so auch bei medizinischen Geräten. Sie ist zudem von hoher
Bedeutung, wenn es um die Akzeptanz des Produktes geht. Nur Geräte mit anwenderfreundlicher und
intuitiv vollziehbarer Eingabe sind mittel- und langfristig am Markt erfolgreich.
JUDITH BALFANZ
D
ie Auswahl bei Eingabesystemen ist groß. Sie reicht von
mechanischen Tasten, wie
man sie von den klassischen Tastaturen kennen, bis hin zu Touches, die
uns bei EC-Automaten, Industrieanlagen und Smartphones begegnen
und auch bei medizinischen Geräten Einzug gehalten haben. Noch
ziemlich neu sind Gestensteuerungen. Spätestens seit Verbreitung
der Spielekonsolen in heimischen
Wohnzimmern hat dieses innovative
Eingabesystem neue Anwendungsfelder erobert; und das nicht nur in
der Consumerwelt, sondern auch
im industriellen und medizinischen
Umfeld.
Bislang verfügbare Gestensteuerungen arbeiten zumeist mit Kameras,
d. h. eine Kamera beobachtet die
Bewegungen des Anwenders und
gibt sie als elektrisches Signal an
die Gerätesteuerung weiter. Die Anwendungsfelder dieser Art der Gestensteuerung sind jedoch begrenzt.
Denn die Technik ist im Vergleich
zu anderen Eingabesystemen, wie
Tasten, hochpreisig, da eine Kamera integriert sein muss und große
Datenmengen verarbeitet werden
müssen. Zudem ist diese KameraLösung empfindlich bezüglich Umwelteinflüssen, Verschmutzung,
Feuchtigkeit und nicht zuletzt Beschädigungen – egal ob mutwilliger
oder zufälliger. Die Nachteile der
Kamaras vermeidet eine neue Technik der Gestensteuerung auf Basis
eines elektrischen Feldes.
Ein elektrisches Feld
zur Gestensteuerung
Diese Variante der Gestensteuerung
nutzt statt einer Kamera ein elektrisches Feld zur Detektion der Gesten.
Hierzu wird mit einer Antenne ein
elektrisches Feld an der Stelle im
Raum erzeugt, an welcher der Anwender seine Gesten ausführt. Das
kann z. B. ein bestimmter Bereich
vor dem zu steuernden Gerät sein
oder auch eine Wand, hinter der die
Antenne montiert ist. Grundsätzlich
kann die Antenne mit jedem nicht
leitfähigen Material eingehaust werden. Die maximal mögliche Dicke
der Einhausung ist abhängig vom
verwendeten Material. Führt der Anwender eine Bewegung in dem elek-
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trischen Feld aus, bewirkt
finden. Ebenso ist sie zur
Hauptvorteile der Gestensteuerung mit E-Feld
dies eine Änderung der
Steuerung von Geräten
Feldlinien. Dabei kann
im Operationsaal sehr gut
ZZ Intuitiv bedienbar: Die Art der Bedienung gewährt Anwenderfreundlichkeit und kann damit die Akzeptanz des Gerätes beim Kunden
eine Änderung nur dann
geeignet, da OP-Handerhöhen.
herbeigeführt werden,
schuhe kein Hindernis
ZZ Robust & resistent gegen Verschmutzungen: Die zur Steuerung
wenn das Objekt, das
sind und Resistenz genotwendige Technik kann mit nahezu jedem Material, z.B. Glas,
die Bewegung ausführt,
genüber Feuchtigkeit,
verkleidet werden. Somit ist sie äußerst unempfindlich und kann
Erdpotenzial hat.
Blut und Reinigungsmitauch in Umgebungen mit starker Verschmutzung eingesetzt werden.
Dies ist bei einem Mentel gegeben ist.
ZZ Designansprüche: Die Gestensteuerung auf Basis elektrischer Feldlinien
schen der Fall, der auf
Von Vorteil ist in diesem
kann vollständig in das betreffende Gerät integriert werden. Optisch
der Erde steht und seine
Zusammenhang auch,
wird daher das jeweilige Gerät nicht durch ein Eingabesystem beeinHand vor der Antenne
dass der Anwender die
trächtigt, weder durch ein Display noch durch ggf. störende Schalter.
Dies verbessert die Übersichtlichkeit für den Anwender.
bewegt. Ein schwebenSteuerung intuitiv beZZ Preis: Zur technischen Realisierung sind nur wenige preisgünstige
des Objekt hingegen,
dienen kann und keiKomponenten erforderlich, z.B. die Antenne zum Aufspannen des
z. B. ein Insekt, hat dieses
ne Eingabebefehle z. B.
elektrischen Feldes. Teure weitere Komponenten wie eine Kamera und
Erdpotenzial nicht und
auf einem Display lesen
aufwendige Hardware zur Datenverarbeitung, entfallen.
kann somit auch keine
muss. So kann die InforZZ Hygiene: Die Verkleidung oder Einhausung der Steuerung kann mit
Änderung der Feldlinien
mationsfülle reduziert
jedem nicht leitfähigen Material erfolgen. Sie kann daher komplett
herbei führen. Je nach
werden, mit der viele Bein das betreffende Gerät integriert werden und/oder mit einem entArt der Bewegung, z. B.
dieneinheiten oft belastet
sprechenden Material, z.B. Glas oder Kunststoff, so gestaltet werden,
dass sie optimal zu reinigen ist. Bei Bedarf kann die Oberfläche auch
aufwärts, abwärts oder
sind. Der Anwender kann
resistent gegen spezielle Stoffe (Säuren) sein. Die Handhabung ist
kreisförmige Bewegunsich auf die wesentlichen
äußerst hygienisch, es ist keinerlei Berührung durch den Anwender
gen einer Hand, werden
Dinge konzentrieren.
erforderlich.
die Feldlinien anders verZZ Keine Bedienungseinschränkungen: Im Unterschied zu einigen anderen
Sparsam
ändert. Die Auswertung
Eingabesystemen sind bei der Gestensteuerung keinerlei Einschränund wartungsfrei
dieser Änderungen führt
kungen zur Bedienung gegeben. D. h. sie kann u. a. mit jeder Art
zur Identifikation der ausNeben den Anschafvon Handschuh bedient werden, auch mit OP-Handschuhen. Der
Anwender kann die Steuerung somit in jeglicher Situation nutzen.
geführten Geste und die
fungskosten spielt auch
Er benötigt dazu keine Bedienhilfen wie leitende Stifte.
ihr zugeordneten Steuerdas Thema Betriebs- und
befehle werden anschlieWartungskosten bei der
ßend an die Steuerung
Auswahl einer techniübertragen.
Anwender hat dann die Möglichkeit
schen Lösung eine Rolle. Hier schneiBemerkenswert in diesem Zusambestimmte Steuerungsbefehle über
det eine Gestensteuerung auf Basis
menhang ist, dass nur eine dynamiGesten anstelle oder zusätzlich zur
elektrischer Feldlinien wesentlich
sche Änderung der Feldlinien eine
»normalen« Steuerung zu geben.
günstiger ab, als die kamerabasierte
Gestenerkennung auslöst. Eine staAlternative. Da lediglich das durch
Einsatzfelder
tische Verschiebung der Feldlinien,
die Antenne aufgespannte elektrider Gestensteuerung
wie sie durch Wassertropfen oder ansche Feld kontinuierlich mit Energie
dere Störungen entsteht, löst keinen
Die Gestensteuerung auf Basis elektversorgt werden muss und keine
Impuls aus. Dieser Umstand ist berischer Feldlinien ist überall dort eine
weiteren Peripheriegeräte erfordersonders bei der Nutzung der GestenAlternative, wo nur wenige Signale
lich sind, ist auch der Strombedarf
steuerung im medizinischen Bereich
zur Steuerung eines Geräts erfordergering.
interessant. Flüssigkeiten, die z.B. im
lich sind. Komplexe Steuerungen mit
Zudem gibt es nahezu keinen WarOP auf ein Gerät geraten, haben dort
einer Vielzahl an Steuerungsvariantungsaufwand, da die Technik vollkeinen Einfluss auf die Steuerung.
ten, sind mit ihr allein nicht abbildständig eingehaust ist. Sie ist keinerEbenfalls relevant ist die Frequenz
bar. Anwendungen erschließen sich
lei äußeren Einflüssen ausgesetzt,
des elektrischen Wechselfeldes. Sie
dem neuen Eingabesystem, wenn
die zu Beschädigung und Abnutzung
wird bei der Gestensteuerung so
entweder wenige Gesten für die Beführen könnten. Die Antenne ist sehr
gewählt, dass die Steuerung nicht
dienung ausreichen, oder wenn sie
einfache und stabil gebaut, Anfälligdurch andere Geräte gestört wird.
ergänzend zu anderen Eingabesyskeiten für Fehler und Störungen, z.B.
Die Gestensteuerung auf Basis eines
temen verwendet wird. Unter diesen
durch Materialverschleiß, sind nicht
elektrischen Feldes sind im UnterVoraussetzungen empfiehlt sich die
zu befürchten.
(mc)
schied zu kameragestützten VerfahGestensteuerung besonders wegen
ren eine interessante Alternative zu
ihrer intuitiven Handhabung und der
herkömmlichen Eingabesystemen
Schmutzresistenz für Anwendungen
JUDITH BALFANZ
wie Tasten und Touches. Teils könim medizinischen Umfeld. Dort kann
Editorial Director
nen sie andere Eingabesysteme,
die Technik z.B. zur berührungslobei der Exceet Group.
wie einen Touch, sehr sinnvoll und
sen Betätigung der Wasserhähne in
anwenderfreundlich ergänzen. Der
der OP-Vorbereitung Verwendung
30 02•2016