ERNÄHRUNG Yin und Yang auf dem Teller Eine richtige Ernährung hält den Körper im Lot, sagt die chinesische Medizin Die chinesische Ernährungslehre hat immer mehr Anhänger. Ihr Grundgedanke: Alles, was wir essen, soll die Lebensenergie Qi stärken. lumenkohl ist süss, erfrischt den Körper und unterstützt Milz und Magen. Die Tomate ist sauer und kühlt den Körper. Sie tut zudem Leber und Gallenblase gut. Doch wenn man zu viele Lebensmittel isst, die kühlen, wird der Körper schwach und krank. Ebenfalls, wenn man zu viel isst, was den Körper wärmt, wie Huhn oder Zwiebeln. Solche Zusammenhänge mögen auf den ersten Blick fremdartig erscheinen – doch die chinesische Ernährungslehre hat in der Schweiz einen grossen Aufschwung erlebt. Zahlreiche Bücher füllen die Ge- B stelle in den Buchhandlungen. Kürzlich gründeten Fachleute gar eine Vereinigung. «Eine gute Ergänzung zur Schulmedizin» Auch Ärzte und Fachleute aus der Schulmedizin unterstützen die chinesische Ernährungslehre. Bettina Kneip, Ärztin am Institut für Naturheilkunde des Unispitals Zürich, sagt: «In der westlichen Medizin wird der Einfluss der Ernährung auf die Gesundheit zu wenig beachtet.» Gesundheitstipp-Arzt omas Walser kommt zum Schluss: «Die chinesische Ernährungslehre ist eine gute Ergänzung zur Schulmedizin.» Allerdings sind sich beide einig: Bei schweren Krankheiten stösst sie an Grenzen. Der Grundgedanke der traditionellen chinesischen Ernährungslehre lautet: Alles, was man isst, soll die sogenannte Lebensenergie Qi stärken. Dieses Qi ist stark, wenn die Kräfte Yin und Yang im Gleichgewicht sind. Yin steht für das Helle und Kalte, Yang für das Dunkle und Warme. Wenn der Körper zu viel Yang hat, zeigt sich das in einer roten Gesichtsfarbe, Wutausbrüchen, übersteigerter Aktivität und Hitzeempfinden. Wer daran leidet, sollte beispielsweise auf Kaffee und scharfe Speisen verzichten und Lebensmittel essen, die kühlen. Bei einem Zuviel an Yin bekommt man kalte Füsse, fröstelt Chinesische Ernährung – so wirken Lebensmittel auf die Organe Geschmack Wirkt der Nahrung auf Sauer Leber Gallenblase Bitter Herz Dünndarm Süss Lamm Gegrilltes Fleisch Cognac Milz Magen Scharf Lunge Dickdarm Salzig Nieren Blase 30 Art der Wirkung Erhitzt Hirsch Chili Curry Ingwer Wärmt Granatapfel Huhn Essig Petersilie Rosenkohl Ziegenkäse Kaffee Basilikum Süssreis Fenchel Pfirsich Vanille Hafer Lauch Zwiebel Rebhuhn Schinken Geräuchertes Fleisch Parmesan Neutral Dinkel Brombeere Himbeere Hagebuttentee Roggen Eisbergsalat Endivien Schwarzer Tee Polenta Karotte Dattel Erdnuss Reis Rettich Kaninchen Pute Bohne Erbse Kichererbse Forelle Erfrischt Ente Weizen Orange Saurer Apfel Buchweizen Chicorée Kopfsalat Grüner Tee Gerste Aubergine Blumenkohl Süsser Apfel Kresse Radieschen Salbei Pfefferminze Auster Tintenfisch Olive Kühlt Weizenkleie Tomate Ananas Yoghurt Salatgurke Mango Wassermelone Krabbe Salz Sojasauce Mineralwasser und ist erschöpft. Wer davon betroffen ist, sollte vermehrt Lebensmittel zu sich nehmen, die wärmen, wie Ingwer, Knoblauch, Zimt und Zwiebel. Es gibt auch neutrale Lebensmittel, die aber ebenfalls eine medizinische Wirkung haben. Beispiel Milch. Gemäss der Lehre fördert sie die Bildung von Schleim. Bettina Kneipp: «Bei schleimigen Erkältungen ist es hilfreich, weniger Milchprodukte zu essen.» Der Geschmack bestimmt die Wirkung Die fünf Geschmacksrichtungen der Lebensmittel bestimmen laut der chinesischen Ernährungslehre zudem, wo die Lebensmittel im Körper wirken. Saure Nahrung beeinflusst die Leber und Gallenblase, bittere das Herz und den Dünndarm. Süsses wirkt auf Milz und Magen, Scharfes vermehrt auf Lunge und Dickdarm. Salziges beeinflusst Niere und Blase. Gesundheitstipp September 2010 ERNÄHRUNG TIPPS So ernähren Sie sich nach der chinesischen Ernährungslehre } NehmenSienurdreiMahl- GETTYIMAGES Ausgewogen: Mahlzeiten solltenimmer alleGeschmacksrichtungen enthalten Wer Probleme zum Beispiel mit der Leber hat, sollte aber nicht einfach auf eigene Faust eine Orangen-Kur machen. Denn dahinter könnte eine schwere Krankheit stecken. Antje Styskal, Präsidentin des Verbands «Ernährung nach den fünf Elementen», sagt: «Zuerst muss ein Arzt die Diagnose stellen.» Anhänger der chinesischen Ernährungslehre sind überzeugt, dass man durch sie Krankheiten vermeiGesundheitstipp September 2010 den kann. Bewiesen ist das aber kaum. Es gibt nur vereinzelte Studien, die einen Nutzen belegen. Bei Menschen mit Typ-II-Diabetes zum Beispiel hatte die Ernährung einen guten Einfluss. Nach einer Diät von sechs Wochen sanken die langfristigen Blutzuckerwerte leicht und die Patienten nahmen im Schnitt zweieinhalb Kilogramm ab. Auch der Komplementärmediziner Severin Bühlmann hält die Er- nährung für gesund – wenn man es nicht übertreibt. Man solle sich nicht nur nach Regeln und Tabellen ernähren: «Wer sich Esswaren verbietet, hat die Lehre falsch verstanIsabelle Meier den.» Buchtipp: Ernährungnachden fünfElementen.VonBarbara Temelie.JoyVerlag,Oy-Mittelberg(D),1999.Fr.27.50. zeitenproTagzusich, damitdieVerdauungdazwischenruhenkann. } EineMahlzeitsolltehauptsächlichausneutralen Lebensmittelnbestehen. DasbautdieLebensenergie Qiauf,weilsiewederzu vielYangnochzuvielYin enthalten. } JedeMahlzeitsolltealle fünfGeschmacksrichtungen enthalten(sieheTabelle). } EssenSiemöglichstviel warm.AusgekochtenSpeisenkönnenSiedieNährstoffeschnelleraufnehmen. } Dasgiltbesondersfürdas Frühstück:KochenSiedie Müesliflockenkurzaufund mischenSieHonig,Obst undNüssedazu. } EssenSievielGetreide, gefolgtvonGemüseund Obst.FleischundFischdient nuralsErgänzung. } EssenSiewenigMilchprodukte,siebildenSchleim. } EssenSiewenigRohkost:Sie istschwerverdaulichund kühlt. } SetzenSievieleKräuterund GewürzewieKardamom undKorianderein.SieförderndieVerdauung. } VermeidenSieTiefkühlprodukte:Einfrierenentzieht derNahrungEnergie. } TrinkenSiekeineeisgekühltenGetränke. 31