Der Winter – das große Yin im Jahreskreis Die stille Zeit im Jahr aus der Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) Im Herbst haben sich die Säfte in den Schoss der Mutter Erde zurückgezogen, um sich zu regenerieren. Auf die Regeneration folgt die Dynamik. Der Winter stellt für uns die Zeit der Speicherung und Ruhe dar, damit wir dem Frühjahr voller Kraft und Frische begegnen können. Ohne diesen Kreislauf kann Leben und Energie nur erschwert neu entstehen. Auf Yin folgt Yang. Die Nacht geht in den Tag über. Nach dem kalten Winter freuen wir uns auf die ersten warmen Frühlingstage. Wenn wir unsere unmittelbare Umgebung näher betrachten, bemerken wir viele solcher kleinen Abfolgen von Yin und Yang. Yin steht für Verlangsamung, Ruhe und Saft (z. B. auch Blut, Wasser). Yin stellt aber auch das weibliche Prinzip dar: Hierzu gehört auch das Bewahren (Speichern von Stoffen), die Materie, die Dunkelheit, der Schatten und der Mond. Die höchste Form des Yin ist die Weisheit. Yang nimmt folgende Attribute für sich in Anspruch: Dynamik, Veränderung, Aktivität, Transformation (z. B. Verdauung). Yang steht für das männliche Prinzip, für den Geist, das Licht, die Kraft, die Sonne. Die höchste Form des Yang ist die Freude. Yin und Yang sind Begriffe, die genau definiert sind, aber die Vorgänge, die man mit ihnen beschreibt sind ständig im Fluss. Yin und Yang stellen Gegensätze dar, aber das eine wäre nicht lebensfähig ohne den anderen. So entsteht auch eine direkte Abhängigkeit zwischen beiden. Yin und Yang wandeln sich ineinander um, und verbrauchen sich gegenseitig, denn jeder trägt den Keim des anderen in sich (bitte beachten Sie das Symbol für Yin und Yang). Sind Yin und Yang auf Dauer aus dem Gleichgewicht, entsteht Krankheit heit im Chinesischen Sinn. Die Krankheitszeichen wie chronische Müdigkeit, Lustlosigkeit, kalte Füße, Hitzegefühle, Blähungen, Völlegefühl, Süßgelüste, Gereiztheit.....werden in der TCM sehr ernst genommen. Das Erkennen und Behandeln von kleinen Disharmonien soll das Entstehen großer Krankheiten verhindern. Die Traditionelle Chinesische Medizin baut auf das überlieferte Wissen vieler Generationen von Ärzten und Gelehrten, und auf das Beobachten der Natur und seiner daraus gewonnenen Erkenntnisse auf. Das harmonische Nähren und Genießen im Jahreskreis – Der Winter Die Ernährung nach den fünf Elementen ist keine neu erfundene Wunderdiät. Sie findet sich in der guten Österreichischen Hausmannskost genauso wieder, wie in der Alltagsküche in China. Sie beschreibt vielmehr die gesamte Lebenseinstellung eines Menschen, die Bereitschaft im Einklang mit sich und der Natur leben zu wollen. Wichtig sind die Verwendung von Regionalprodukten mit hoher Qualität (Biologisch kontrollierter Anbau) und die richtige Zubereitung. Wenn man die Lebensmittel kauft, die „um einen wachsen“ berücksichtigt man eine weitere Komponente dieser Kostform: Das Leben und Kochen im Jahreskreis. ©Praxis Rundumxund, Heidi Gruber 2016 In der Chinesischen Diätetik werden die Lebensmittel wie folgt eingeteilt: Nach ihrer thermischen Wirkung Nach ihrer Geschmacksrichtung Nach ihrer Bekömmlichkeit Die thermische Wirkung sagt aus, ob uns ein Lebensmittel erwärmt oder abkühlt, also ob es eher Yang- oder Yin-Charakter hat. Sicher haben Sie schon einmal bemerkt, dass Rotwein, Chili, Pfeffer, Meerrettich, gebratenes Fleisch uns Wärme entwickeln lassen, wobei Gurkensalat mit Naturjoghurtmarinade, Tomatensuppe oder ein saftiger Apfel uns eher erfrischen. Schon die Äbtissin Hildegard von Bingen hat. 1000 n. Chr. Macht viele Angaben über Gewürze und Lebensmittel, die „kalt“ oder „warm machen“. In der TCM werden die Lebensmittel als kalt, erfrischend, neutral, warm und heiß bezeichnet. „Kalte“ Lebensmittel sollen Hitze, die durch unangebrachte Emotionen, zu „heiße“ Nahrung und durch verschiedene Arten von Stagnation (Stau) entstanden sind, lindern. Zu den kalten Nahrungsmitteln zählen u. a. die Salatgurke, die Tomaten, Zitrusfrüchte, Joghurt und Salz. Ein Zuviel an „kalten Lebensmitteln“ kann Kälte im Körper verursachen. Daher wäre es sinnvoller im Winter ein gekochtes Getreidefrühstück (Hafermus, Polenta, gekochte Hirse) zu sich zunehmen, anstatt einen Frischkornbrei mit rohem Obst. Der Winter ist auch die Zeit, in der man stolz sein „Eingemachtes“ aus dem Keller holen kann – also Zeit für Kompotte und Mus. „Erfrischende“ Lebensmittel regenerieren die Körpersäfte (Blut, Lymphe, Gelenskflüssigkeit) und stärken die Substanz. Im Winter spielen hier eher kleine Mengen eine Rolle. Im Sommer sollten viele „erfrischende Lebensmittel“ genossen werden, um im Herbst, wenn sich die Säfte zurückziehen, genügend Flüssigkeiten vorhanden sind, um Reserven für die Speicherzeit Winter zu haben. Im Vordergrund stehen die Sprossen, die leicht zu Hause zu ziehen sind. Sprossen entstehen aus dem ganzen Samen. Der Same und der Keim werden dem Wasserelement, dem Winter zugeordnet. Aus ihm entsteht neues Leben. Die Sprossen liefern uns sehr viel „Qi“ (Chin.: Energie, Kraft) in der frischkostärmeren, kalten Jahreszeit. Erfrischende Lebensmittel sind: Weizen, Preiselbeeren, Alfalfasprossen, Kresse, Pfefferminztee, weißer Rettich, Ente, bittere Blattsalate, Sellerieknolle, Karfiol, Sahne, süße Apfelsorten, Leinöl, Olivenöl, Kichererbsen u. v. a. mehr. Um sein Immunsystem nun mit der Ernährung zu unterstützen, gilt es nun im Winter vorwiegend „warme“ bzw. „neutrale“ Nahrung zu sich zu nehmen. Drei warme Mahlzeiten am Tag, frisch gekocht, vertreiben auch die stärksten Kältegefühle aus dem Körper. Gutes Kauen und Einspeicheln der Nahrung hilft dem Körper seine Wärme zu speichern, da der Magen keine Zähne hat, muss er sonst zu „hart arbeiten“ um an die wertvollen Inhaltsstoffe zu gelangen. Kühle oder kalte Nahrung wird als Beigabe oder gekocht zugegeben (Sprossen). ©Praxis Rundumxund, Heidi Gruber 2016 Neutral bis warme Lebensmittel sind: Karotten, Kartoffeln, Kraut, Eier, Fenchel, Kürbis, Kürbiskernöl, Walnüsse, Huhn, Rindfleisch, Vollrohrzucker, Honig u. v. a. mehr. Ganz besonders gut eignen sich die Hülsenfrüchte als „Winterkost“. Hülsenfrüchte wie Wachtelbohnen, Saubohnen, Steirische Käferbohnen, grüne Linsen, rote Linsen, Spalterbsen, Kichererbsen steigern unser „Nieren-Yang“ im Körper. Die Nieren werden ebenfalls mit Ihrem Partnerorgan der Blase dem Wasserelement zugeordnet. Sie sind der Ursprung des Lebens, Ursprung von Saft und Kraft (Yin und Yang), und speichern unsere wertvolle Nierenessenz (vorgegebene Lebensspanne). Aus der Sicht der TCM kommen 70 % der Lebensenergie aus der Nahrung, die wir 3-5 mal täglich zu uns nehmen. Wäre es darum nicht angebracht, mehr auf die Qualität, als auf den Preis bzw. Quantität zu achten? Daher sind Lebensmittel, die aus biologisch, kontrolliertem Anbau stammen, natürlich anderen vorzuziehen, da jene Produkte auch mehr Aroma, Geschmack und Reife aufweisen und dadurch mehr Dynamik (YangKomponente / Verdauung!) im Körper erzeugen. Man hört oft den weisen Spruch: „Der Mensch ist, was er isst“ – zutreffender wäre: „Der Mensch ist, was er verdaut.“ Die Geschmacksrichtung gibt die Wirkrichtung der Lebensmittel an. Sie hat eine große Bedeutung für den TCM/TCD -Therapeuten. Es gibt fünf Geschmacksrichtungen: sauer (adstringierend) bitter (trocknet aus) süß (befeuchtet, nährt) scharf (zerstreut, trennt) salzig (löst Stagnation) leitet nach innen leitet nach unten verteilt überall leitet nach außen leitet nach innen/unten Holzelement Feuerelement Erdelement Metallelement Wasserelement Die Praxis der Bekömmlichkeit Auch die gute, heimische Kost, traditionell zubereitet, weist fast alle Elemente bzw. Geschmäcker in einer Speise auf. Alte Kochbücher zeugen noch von dem Wissen unserer Großmütter um die Wichtigkeit der Verwendung unserer heimischen Gewürze und die richtige Reihenfolge des Würzens („Gesalzen wird am Schluss!“). Von großer Bedeutung sind eine angenehme, ruhige Atmosphäre während der Mahlzeiten und ein schönes Ambiente rund um den Esstisch. Somit fällt einem auch das langsamere Essen (gut kauen!) wieder leichter. Tiefkühlkost, Nahrung, die mit der Mikrowelle in Berührung gekommen ist, und Kunstnahrung (Fertigprodukte, Industrie-Designnahrung) sind äußerst unbekömmlich, entziehen dem Körper mehr Energie, als sie ihm zuführen, und sind daher der Erhaltung unserer Gesundheit nicht dienlich. Wichtig ist es, die Ernährung nur schrittweise in eine gesündere Richtung zu lenken. Mit unserer traditionellen Hausmannskost bzw. Fünf-Elemente-Ernährung stellt sich bald ein Wohlgefühl ein, ohne auf den vollen Geschmack und Genuss verzichten zu müssen. Deshalb ist es dann auch nicht nötig, eine „Diät“ zu halten. ©Praxis Rundumxund, Heidi Gruber 2016 Unsere Ernährungsweise kann uns so auch in unsere Mitte bringen, von der wir in unserer schnelllebigen Zeit weit entfernt sind. Unsere „gute Mitte“ distanziert uns von Süchten und Verblendung, unangebrachten Emotionen und Extremen. Die Mitte wird dem Erdelement zugeordnet. Mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen, bedeutet eine Heimat gefunden zu haben, bedeutet sich geborgen zu wissen, für sich zu sorgen, sich und anderen eine gute Mutter zu sein. Meiner Meinung nach doch einige lohnende Gründe, sich mehr mit etwas ganz Alltäglichem zu beschäftigen: Dem Kochen und dem Essen. Steirische Sterzsuppe 6 Esslöffel Sterzmehl (Polenta) 1 Karotte 1 Scheibe Sellerie Lauch nach Belieben Petersilie, Kräutersalz, od. frische Sprossen Zum Garnieren: etwas Kürbiskernöl, geröstete Kürbiskerne -Suppentopf erwärmen -Polenta darin rösten, Gemüse zugeben, -mit Muskatnuss od. Bohnenkraut würzen -mit Wasser oder Suppe aufgießen (ca. ½ Liter, je nach erwünschter Konsistenz) Ca. 15 Minuten kochen lassen, Suppe in Teller geben und garnieren. Guten Appetit! Weiterführende Literatur: Ernährung nach den Fünf-Elementen Barbara Temelie Kochen nach den Fünf Elementen Christiane Seifert Das Fünf-Elemente-Kochbuch Roswitha Fehrer Fünf-Elemente-Küche Ursula Wetter, Heilung der Mitte Georg Weidinger ©Praxis Rundumxund, Heidi Gruber 2016