Krieg oder Frieden? – Spanien und der Islam Vorbemerkungen Christianisierung Spaniens Das Christentum hat sich auf der iberischen Halbinsel trotz kurzer aber heftiger Verfolgungen ab dem 3. Jahrhundert ausgebreitet, nicht zuletzt als römische Staatsreligion wurde. Der Heilige Jakobus bzw. Santiago wurde schon im Frühmittelalter als Nationalheiliger Spaniens verehrt. Der Legende nach wurde nämlich Hispanien vom Apostel Jakobus dem Älteren missioniert, sein Leichnam soll im galizischen Santiago de Compostela beigesetzt worden sein. Westgoten und Sueben Am Ende des Römischen Reiches im Westen kam schon 409 die Eroberung Spaniens durch die Sueben (ja, das waren Schwaben, aber nicht im heutigen Sinne) und dann kamen hinterher gleich die Westgoten (585). Wir erinnern uns an die Feuerzangenbowle mit den Ostgoten und den Westgoten... Die Sueben und die Westgoten waren arianische Christen. Über den Arianismus muss ich glaube ich hier nichts weiter erzählen, die Lehre unterschied sich ja vor allem im Verständnis des Wesens Christi. König Rekkared I. (586–601) selbst trat aber bald (587) vom Arianismus zum Katholizismus über. Das 3. Konzil von Toledo (589) beendete die innerchristlichen Konflikte. Katholizismus und Arianismus standen einige Zeit nebeneinander. Zu den Konzilsbeschlüssen gehörten aber auch Maßnahmen gegen die Juden. Ihnen wurde verboten, ein öffentliches Amt zu übernehmen, christliche Frauen zu heiraten. Zwangstaufe von Kindern aus jüdisch-christlichen Mischehen. Sklaven der Juden sollten freigelassen werden. Auf dem 6. Konzil von Toledo wurde allen Nicht-Katholiken das Bleiberecht im Westgotenreich abgesprochen. Die gotische Herrschaft war durch Rivalität der Adelsfamilien und ein kleines Heer zu schwach, um sich stabil gegenüber Eindringlingen zu halten Die gotische Herrschaft wurde ab 711 durch muslimische Heere beendet. Frühjahr 711 setzte eine relativ kleine, aus Arabern und Berbern bestehende Streitmacht unter ihrem Führer nach Tāriq ibn Ziyād über die Straße von Gibraltar (sein Name kommt übrigens von Jabal Ṭāriq „Berg des Tarik“). Der Westgote Roderich, erlitt im Juli 711 in der Schlacht am Rio Guadalete eine vernichtende Niederlage und Tariq besetzte die Hauptstadt Toledo. Im Juni 712 landete Musa mit einem aus Arabern und Berbern bestehenden Eroberungsheer von 18.000 Mann aus dem Osten des Reiches und setzte gemeinsam mit Tariq die Eroberung fort. Die Westgoten leisteten noch bis 725 Widerstand. Praktisch die gesamte Halbinsel fiel an die Eroberer, bis der Gotenkönig Pelayo ihren Vormarsch in der Schlacht von Covadonga in Nordspanien beendete. Die Mauren in Al Andalus Die Muslime sollten im spanischen Granada fast achthundert Jahre bleiben. Von der arabischen Eroberung 711 bis zur endgültigen Vertreibung der Muslime durch die christliche Inquisition 1614 waren es sogar über 900 Jahre. Von den Berbern aus dem früheren Mauretanien stammt auch der Name Mauren. Zahlenmäßig waren die Eindringlinge der bisherigen Bevölkerung unterlegen. Zu größeren Siedlungsgebieten der Araber wurden aber nur Andalusien und Murcia im Süden sowie Valencia und das Ebro-Becken (Saragossa) im Osten, die dort zeitweise aber bis zu 80 Prozent der Bevölkerung ausmachten. Die Eroberer hatten das Bestreben, die Ordnung möglichst schnell wieder herzustellen und vorgefundene Strukturen mit neuer Bestimmung zu übernehmen. Schon die Westgoten-Könige hatten von den Römern Steuerwesen, Großgrundbesitz und Sklaverei übernommen. In den ersten Jahren der islamischen Besetzung wurde die ehemals westgotisch-christlich geprägte Ständegesellschaft nach islamischen Wertvorstellungen umstrukturiert. Ernsthafte Widerstände gegen die muslimischen Eroberer gab es nicht - nicht zuletzt, weil sie den Unterlegenen bessere Bedingungen einräumten, als sonst bei siegreichen Heeren üblich. Die "Völker des Buches", also Christen und Juden, wurden unter islamischer Herrschaft als Besitzer eines Teils göttlicher Wahrheit angesehen, die nur einer falschen Auslegung unterliegen. Da sie den Islam anfeinden, sind sie dem Erbe Abrahams untreu geworden, was nach dem Koran den "Heiligen Krieg" rechtfertigte - aber auch Milde nach dem Sieg vorschrieb. Synagogen und Kirchen blieben bestehen, daneben entstanden neue Moscheen. Alle Religionen konnten ihre Gesetze und Richter behalten. Sie mussten aber aus der Mitte ihrer Gemeinde einen Vorsteher wählen, der sie vor der neuen moslemischen Regierung vertrat und für Eintreiben und Abliefern der Steuern zu sorgen hatte. Für die katholische Geistlichkeit bedeutete die neue Herrschaft einen schmerzhaften Machtverlust gegenüber der Zeit unter den westgotischen Königen. Alle Privilegien und Besitzungen waren ihr weggenommen worden. Nun fiel das Recht, die Bischöfe zu ernennen, sogar dem Emir zu. Das gab Anlass zu vielen Ärgernissen und Demütigungen der Kirche, da der Emir die Bischofswürde in der Regel versteigern ließ und der Meistbietende auch Jude oder Moslem sein konnte. Eine Gruppe von Christen Córdobas schmähte 851 und 859 Mohammed und den Islam, wofür die Gerichte 45 Todesurteile verhängten. Hinzu kam, dass Christen bei ihrem Übertritt zum Islam die vollen Bürgerrechte erhielten: sie durften Waffen tragen, uneingeschränkt Boden besitzen und brauchten nicht die Kopf-Steuer zu zahlen, die von allen Bürgern anderen Glaubens zu zahlen war. Der Übertritt zum Islam wurde aber aus staatspolitischen Gründen gar nicht unbedingt begrüßt, weil durch die Konvertiten der Staatskasse Steuern verloren gingen. Die Araber zogen es in der Praxis vor, als Oberschicht über möglichst viele steuerzahlende Menschen anderen Glaubens zu herrschen. Die Konvertiten saßen oft zwischen allen Stühlen, denn die Araber und Berber betrachteten die neuen Gemeindemitglieder misstrauisch als verkappte Ungläubige und die Christen wiederum beschimpften sie als vom Teufel verführte, verlorene Seelen. Mit dem muslimischen Glaubensbekenntnis erhielten sie wohl Zugang zum verheißenen Paradies des Propheten, aber nicht zur exklusiven arabischen Aristokratie. Sie hatten bald das Gefühl durch die Annahme des neuen Glaubens nichts gewonnen zu haben und bildeten eine Gruppe Unzufriedener, die durch diesen Identitätsverlust in späteren Zeiten zu einem leitenden Potential von Frustration und Unzufriedenheit wurde, das sich in Unruhen Luft machte. Die von den Westgoten unterdrückten Juden, die Sepharadim, begrüßten die Moslems zuerst als glaubensverwandte Befreier und halfen ihnen bei der Eroberung der Städte. Als Dank für ihre Dienste erhielten sie die Freiheit von Person und Gewerbe, genossen volles bürgerliches Recht und durften den mosaischen Gesetzen gemäß leben. Obwohl ihr Anteil kaum ein Prozent der Gesamtbevölkerung betrug, gehörten sie durch ihre Handelsgeschäfte zu den wirtschaftlich aktivsten Gruppen in Spanien. Durch die jetzt viel günstigeren Lebensverhältnisse und die Gewerbefreiheit trugen sie viel zum Aufblühen spanischer Städte bei. Fest verwurzelt in ihrer eigenen Religion, übernahmen sie kaum etwas von der maurischen Kultur; trugen aber in Wissenschaft und Philosophie viel zu ihr bei. Ihre neue Freiheit in Spanien wurde in späteren Jahrhunderten von der jüdischen Geschichtsschreibung als die "Goldene Diaspora" bezeichnet. Emir Abd ar-Rahman III. (* 889 † 961) ließ Córdoba als alternativen Wallfahrtsort zu Mekka gelten, was der Stadt ungeheuren wirtschaftlichen Aufschwung brachte. Vordergründig wollte er den Gläubigen den weiten Weg ersparen, hieß es; in Wirklichkeit aber wollte er die auf der iberischen Halbinsel lebenden Moslems zu einer vom Orient losgelösten Einheit machen. So ließ er verkünden, der Erzengel Gabriel habe ihm befohlen eine große Moschee zu bauen. Auf dem Gelände der den Christen in Cordoba teuer abgekauften San Vincento Kirche wurde die neue zentrale Moschee erbaut. Abd ar-Rahman erhob sich selbst zum Kalifen. Mit der Unabhängigkeit Córdobas von Bagdad war eine geschlossene Kultur entstanden, die sich nun in der Auseinandersetzung zwischen Christentum und Islam ungestört entwickeln konnte. Dank der fruchtbaren Zusammenarbeit aller Bevölkerungsteile, die einander respektierten, stieg das maurische Spanien zum reichsten und am dichtesten bevölkerten Land Europas auf. Kunst und Wissenschaft erfuhren in dieser Zeit ihre höchste Blüte. Die Bevölkerung wuchs stark an. Córdoba hatte 113.000 Häuser und 600 Moscheen und prächtige Paläste, darunter den Alcázar. Córdoba wurde mit einer Bevölkerung von vielleicht 500.000 Einwohnern schließlich die größte und wohlhabendste Stadt in Europa noch vor Konstantinopel. So wurde in Córdoba eine Bibliothek mit 400.000 Bänden aufgebaut, die jedoch gegen Ende des Kalifats verlorenging. Die christliche und jüdische Bevölkerung dominierte den Handel, während die Eroberer einen Teil der Erträge abschöpften. Auch die Außenkontakte wurden, schon aufgrund ihrer Sprachkenntnisse, weitgehend von Christen abgewickelt. Das Konzept war: Die unangefochtene politische und militärische Macht der muslimischen Herrscher bot den äußeren Schutz, wofür die übrige Bevölkerung durch ihre Arbeit die nötigen Abgaben aufbringen musste. Nachdem sich die familiären und politischen Erben des Kalifen von Cordoba zerstritten hatten und das Land in zahlreiche Herrschaften zerstückelt war, ist es außerlich und innerlich schwach geworden. Dies führte 1086 zum Eingreifen der nordafrikanischen Almoraviden. Die Almoraviden waren Berber und islamische Fundamentalisten, die den Dschihad predigten. Das islamische Spanien war jetzt geprägt von starken Konflikten, wobei die Konfliktlinien nicht zwischen Islam und Christentum verlief, sondern eher zwischen islamischen Gruppen: Schiiten und Sunniten, Ethnien, wie Berber und Araber, sowie konkurrierenden Herrscherfamilien. Die Almoraviden übernahmen die Herrschaft in al-Andalus, das nun Teil eines Reiches wurde, das seinen Mittelpunkt in Nordwestafrika hatte. Empört über den „dekadenten“ Lebensstil und die „Aufweichung“ der Religion, die sie vorfanden, waren die neuen Herren im Gegensatz zu den früheren Kalifen religiös intolerant. Die schutzbefohlenen Einwohner - Juden und Christen - wurden vor die Wahl gestellt: Auswanderung oder Islam. Viele jüdische Familien wanderten nach Ägypten, und Christen ins nördliche Spanien nach Kastilien, León und Asturien ab. In Granada, einem Zentrum des Judentums in al Andalus, kam es 1066 zum ersten und einzigen Judenprogrom in der arabischen Geschichte, dem 1.500 Familien zum Opfer fielen. Zugleich erfasste die Islamisierung die bisherigen Führungsschichten. Die Städte wurden nun stärker von muslimischer Architektur und Wirtschaft geprägt. Viele afrikanische und nahöstliche Techniken und Produkte wurden nach Spanien übertragen, wo sich Feigen und Datteln einbürgerten, hingegen Hausschweine verschwanden und stattdessen mehr Ziegen und Schafe gehalten wurden. Im Jahr 1147 endete mit dem Tod des letzten Almoraviden diese Dynastie. Mit den Almohaden folgte eine ebenfalls strenge religiöse Reformbewegung. Darauf folgte wiederum das Emirat von Granada (1232–1492) unter den Nasriden. Im nasridischen Königreich Granada unter Yusuf I. (1333–1354) und Muhammad V. (1354–1359) blühten Kultur und Wirtschaft erneut. Granada wurde ausgebaut und es entstanden Paläste in der Alhambra, darunter der Löwenhof. Von nun an erhielten die Muslime keine Unterstützung mehr aus Nordafrika. Wirtschaftlich geriet Granada in die Abhängigkeit von Aragón und Genua, die den Außenhandel kontrollierten. Reconquista Gedanklich gab es immer das Bestreben des christlichen Nordens das Land für das Christentum zurückzuerobern: die Reconquista. Es dauerte etliche Jahrhunderte, bis der Norden die militärische Kraft und politische Einheit aufbrachte, um dem muslimischen Süden des Landes substantiell gebiete abzutrotzen. Ferdinand III. gewann nach mehreren Siegen über die zersplitterten muslimischen Reiche, 1236 die Stadt Córdoba. 1248 fiel das Reich von Sevilla, 1340 wurden sie in der Schlacht am Salado durch eine Flotte unter Führung der Kastilier geschlagen. Nur das 1247 gegründete Emirat von Granada bestand noch bis 1492 fort. Die inzwischen als Reichsaufgabe aufgefasste Wiederbesiedlung wurde verstärkt betrieben, wobei die Gefolgsleute des Königs und die Bischöfe mit umfangreichen Landgebieten ausgestattet wurden. Zahlreiche Mauren verließen das Land. Das Mißtrauen der mystisch geprägten Almohaden gegen die angewandte Logik und Vernunft führte auch dazu, das viele Wissenschaftler direkt ins mittlerweile christliche Toledo abwanderten. Alfonso VIII. von Kastilien, genannt "der Weise", hatte in Toledo begonnen, die Mischbevölkerung aus Juden, Mauren und Christen neu zu organisieren. Weil er und seine Nachfolger Toleranz übten, konnte sich Toledo noch 200 Jahre lang - trotz heftigem päpstlichen Widerspruch - frei entfalten. Die zwei Jahrhunderte nach der Auflösung des spanischen Kalifats von Córdoba waren die eigentliche Blütezeit der spanisch-maurischen Kultur in Wissenschaft und Kultur. Dabei wurde unter anderem klassische griechische Literatur, die nur über das Arabische überliefert war übersetzt. Muslime und Juden wurden nicht gezwungen den christlichen Glauben anzunehmen. Sie durften bei weiterhin freier Glaubensausübung als Handwerker ihre hochwertigen Konsumwaren produzieren Als Granada 1482 durch einen Bürgerkrieg geschwächt war, griffen die vereinigten Reiche von Kastilien und Aragón unter Ferdinand V. und Isabella I. gemeinsam den muslimischen Süden an. Der letzte Emir Muhammad XII. „Boabdil“ kapitulierte 1492. Judenvertreibung und Inquisition 1492 kam die Reconquista auf dem Festland zum Abschluss. Das Bestreben aus Spanien ein einheitliches katholisches Reich zu machen, begründete die dortige Inquisition. Das Ende der Reconquista bedeutete dann auch das Ende der Toleranz: Am 31. März 1492 unterzeichneten die „katholischen Majestäten“ das Alhambra-Edikt, den Ausweisungsbefehl für alle Juden, auf Betreiben des Großinquisitors Tomás de Torquemada. Die Mudéjares mussten konvertieren oder fliehen. Von den vielleicht 200.000 Juden war bereits zu Anfang des 15. Jahrhunderts die Hälfte zur Konversion zum Christentum gezwungen worden. Um diese Neuchristen (conversos) von höheren Ämtern fernzuhalten, wurde die Blutreinheit zur Voraussetzung für diese Ämter gemacht. Mehr als 100.000 spanische Juden machten auf den Weg ins Exil. Die meisten flüchteten in die Länder der Levante, nach Nordafrika, und wieder andere in die Nordseehäfen Antwerpen und Amsterdam sowie nach Hamburg oder Italien. Der Hauptstrom der Flüchtlinge fand im Osmanischen Reich eine neue Heimat. Das Osmanische Reich nahm ohne Bedingungen die aus Spanien und Portugal vertriebenen Juden auf. Sultan Bayezid II. soll gesagt haben: „Wie töricht sind die spanischen Könige, dass sie ihre besten Bürger ausweisen und ihren ärgsten Feinden überlassen.“ Doch auch der Balkan wurde jüdisch besiedelt und mit den osmanischen Eroberungen gelangten sephardische Juden nach Bulgarien, Belgrad, Budapest und Bosnien. Morisken Alle Besonderheiten maurischer Kultur wurden von der Inquisition verfolgt. Die Moriscos, die Nachkommen der Mauren, wurden unterdrückt und gedemütigt. Arabische Kleidung, Sprache und Lebensweise (z.B. die Benutzung der Bäder) wurde verboten. Auf Drängen der Kirche wurden alle nichtchristlichen Araber vertrieben oder zwangschristianisiert. Massentaufen waren an der Tagesordnung und wer sich weigerte, das Christentum anzunehmen, wurde zum Scheiterhaufen verurteilt. Die Wohlhabenderen schafften es nach, Afrika zu fliehen, der Rest blieb. Der Zündstoff für Revolten war gelegt. Davon handelt das Buch „Pfeiler des Glaubens“ von Ildefonso Falcones. Im April 1568 kam es im Gebirge von Alpuaxarras zum ersten Aufstand der Morisken. Der Herzog von Mondejar verhinderte gerade noch den Verlust von Granada. Im Jahr 1570 wurde der Aufstand erstickt. Ein weiterer Aufstand der Morisken (1569–1571) in den südlich von Granada gelegenen Gebirgen unter der Führung von Abén Humeya gegen die spanische Unterdrückung führte dazu, dass viele Morisken in die Gebiete Kastiliens und Aragoniens umgesiedelt wurden. Im Jahr 1609 unterzeichnete König Philipp III. von Spanien ein Edikt, das die Ausweisung der letzten 275.000 Morisken aus Spanien anordnete. Ihnen wurden 3 Tage gelassen, um ihre Habseligkeiten zu ordnen und sich an Bord von Schiffen zu begeben, die sie nach Nordafrika und in das Osmanische Reich brachten. Schließlich konnte König Philipp dem Papst in Rom offiziell melden, das christliche Werk sei getan und der Unglauben in Spanien sei besiegt. Kirche und Staat bis Franco Die weitere Geschichte der Religionen in Spanien ist eine rein katholische Geschichte bis ins 20. Jahrhundert. Im Spanischen Bürgerkrieg in den dreißiger Jahren wurde der Begriff der Reconquista wieder bemüht, um die Eroberung durch Franco-treue konservative Kräfte als „christliche Wiedereroberung“ darzustellen. Entsprechend war auch die Bildsymbolik dieser Zeit. Mir scheint aber, dass die katholische Kirche durch das Bündnis mit dem Franco-Regime an Boden verloren hat, vor allem nach dessen Ende. Islam in Spanien heute 1,5 Millionen Muslime leben in Spanien, rund 3,5 %. Der Schwerpunkt liegt aber im Süden. Allein in Granada sind heute von den 250.000 Einwohnern fast 20.000 Muslime. Fazit Die Geschichte Spaniens ist von wechselnder Vorherrschaft beider Religionen bestimmt, von friedlichem Zusammenleben oder Krieg. Auf Phasen von Toleranz folgten wieder Zwangskonversionen und Unterdrückung. Interessanterweise gibt es zwei aus heutiger Sicht „goldene Zeiten“ des Zusammenlebens von Religionen. Zum einen nach Ankunft der ersten muslimischen Eroberer im Cordoba des 10. bis 11. Jahrhundert und zum anderen am Anfang der Rückeroberung durch den christlichen Norden im 12. und 13. Jahrhundert in Toledo. Einmal unter muslimischen Vorzeichen, einmal unter christlichen Vorzeichen. Beides mal gab es die Situation einer zahlenmäßigen Unterlegenheit der Eroberer, die es erforderlich machte, Toleranz zu üben, falls man nicht seine eigene neu gewonnene Macht gleich aufs Spiel setzen wollte. Dies änderte sich im Falle Cordobas durch das notwendige militärische Eingreifen radikaler Kräfte aus Nordafrika zum Zwecke des Machterhalts. Im Falle Toledos war es die erfolgreiche Durchsetzung der Reconquista im ganzen Land. Rücksichtnahme auf religiöse Minderheiten war jetzt weder notwendig noch gewünscht, denn sie stellten eine Gefahr für die eigene Macht dar. Nun aber die Frage, waren diese beiden „goldenen Zeitalter“ in Toledo und Cordoba wirklich so tolerant, wie man es vielleicht romantisierend aus heutiger Sicht sehen könnte? Ich bin der Meinung nein, denn genau betrachtet bedeutet Toleranz in dieser Zeit kaum mehr als „Leben lassen“. Die Macht liegt bei der jeweiligen Oberschicht der Muslime bzw. der Christen. Es wurde kein Zweifel daran gelassen, wer die „Leitkultur“ innehat, wenn man dieses unselige Wort bemühen will. Die religiösen Minderheiten wurden rechtlich nicht gleichgestellt, vor allem auch nicht bei Ämtern und beim Grundbesitz. Dafür waren aber die Minderheiten voll steuerpflichtig, nämlich mit Sondersteuern nur für diese Gruppen. Eine Herrschaftsmethode mit der das osmanische Reich noch bis ins 19. Jahrhundert den christlichen Balkan einerseits beherrschte und andererseits eingeschränkte religiöse Freiheiten ließ. Auch die „goldene Zeit“ von Toledo eines toleranten christlichen Herrschers war von einer katholischen Dominanz geprägt. Mit echter Religionsfreiheit im heutigen Sinne dürfen wir beide Fälle nicht verwechseln, auch wenn am Hofe Kunst und Wissenschaft blühten und dort Gelehrte aller Religionen aufeinandertrafen. Seine eigene Religion zu behalten, kostete die Bevölkerung auch dort Überzeugung, Ausgrenzung und materielle Einschränkung, wenngleich man nicht von Tod und Vertreibung bedroht war. Als historische Vorbilder eines gleichberechtigten Zusammenlebens von Christen und Muslimen heute taugen deshalb beide Beispiele kaum. Sie sind dennoch bemerkenswert, da sie sich vor allem von den wesentlich dunkleren Zeitaltern in Spanien abheben.