Hauptseminar Schlüsselexperimente der Teilchenphysik SS2010 Die Entdeckung des Urknalls Carolin Seith 4.Juni 2010 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 1 Übersicht I. Grundlagen • Relativitätstheorie • kosmologische Grundlagen • Friedmann-Gleichungen II. Hubble-Expansion • Definition • Entdeckung • Interpretation III. Kosmische Hintergrundstrahlung • • • • • Entdeckung Vermessung des Spektrums Interpretation akustische Oszillationen Geometrie des Universums IV. Elementverteilung des Universums • Vorhersage über Urknalltheorie • Messung im aktuellen Universum 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 2 Einführung Urknall • Unendlich heiße und dichte Anfangssingularität, in der physikalische Gesetze, Raum und Zeit zusammenbrechen • Anfang von Raum und Zeit Urknalltheorie I. Grundlagen • Beschreibung der Ereignisse unmittelbar nach dem Urknall • Erste 10-43 s noch nicht zugänglich mit gegenwärtigen Theorien • Zeitliche Entwicklung des Universum bis heute 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 3 Albert Einstein: Relativitätstheorie Lichtgeschwindigkeit ist bzgl. Beobachter konstant 1905: spezielle Relativitätstheorie Raum und Zeit bilden eine Einheit, die Raumzeit 1915: allgemeine Relativitätstheorie neue Gravitationstheorie: Gravitation ist Scheinkraft, verursacht durch Raumkrümmung. I. Grundlagen Elektromagnetische Wellen werden durch sie beeinflusst. Feldgleichungen: 1 8πG Rνµ − gνµ R + g µν Λ = 4 Tν µ µ ,ν ∈{0,1,2,3} 2 c Kosmologische Konstante Λ: -statisches, ewiges Universum04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 4 Alexandr Friedmann 1922 Postulat: das Universum ist dynamisch Kosmologische Konstante wird aus den Gleichungen der ART eliminiert. Friedmann-Gleichungen r r r (t ) = a(t ) * x 2 a& 8πGρ Kc 2 − 2 H = = 2 3c a a a&& 4πG H& + H 2 = = − 2 (ρ + 3 p ) a 3c 2 H (t ) = Kosmischer Skalenfaktor Mitbewegte Koordinate Hubble- Parameter K: Krümmung 3 Modelle eines expand. Universums: Sphärische Geometrie K=1 I. Grundlagen a& (t ) a(t ) a(t): r x: K=-1 Hyperbolische Geometrie K=0 Flache Geometrie 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 5 Die 3 Säulen der Urknalltheorie Urknalltheorie Kosmische Hubble-Expansion Hintergrund- Primordiale Strahlung Nukleosynthese -es hat den Urknall gegeben- 04.06.2010 -das Universum war heiß- Die Entdeckung des Urknalls Folie 6 Die 3 Säulen der Urknalltheorie II. Hubble-Expansion Urknalltheorie II. III. IV. Hubble-Expansion Kosmische Primordiale Hintergrund- Nukleosynthese Strahlung 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 7 Rotverschiebung Rel. Doppler-Verschiebung: λErde = λQuelle c0 − v c0 + v Annäherung v<0: Blauverschiebung II. Hubble-Expansion Entfernung v>0: Rotverschiebung λErde (1 + z ) 2 − 1 z= − 1 ⇔ v = c0 λQuelle (1 + z ) 2 + 1 Erwartung bei statischem Universum: Geschwindigkeiten der Galaxien sind zufällig verteilt. 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 8 Abstandsbestimmungen Perioden-Leuchtkraft-Beziehung für Cepheiden • Pulsationsveränderliche Sterne durchlaufen einen Zyklus bei dem periodisch das Entweichen von Strahlung ausbleibt II. Hubble-Expansion • Cepheiden: - klar definierte Periode - eindeutige Leuchtkraft - häufiges Vorkommen • Henrietta Leavitt 1912: Entdeckung der Perioden-LeuchtkraftBeziehung an Cepheiden in den Magellanschen Wolken M = −2,81 ⋅ log( p) − 1,43 M: absolute Helligkeit p: Periodendauer • Eichung der Beziehung an nahen Sternhaufen, deren Entfernungen mittels Parallaxe bestimmt werden konnte. Abstandsbestimmung zu Sternen anderer Galaxien möglich 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 9 Erste Entdeckung der Rotverschiebung Vesto Melvin Slipher 1912 Untersucht die Wasserstoffspektrallinien naher Galaxien. Ergebnis II. Hubble-Expansion Die Spektren sind alle rotverschoben. Die Galaxien bewegen sich von der Erde weg. Georges Lemaître 1927 Die Rotverschiebung ist ein Hinweis auf die Expansion des Universums. Sie müsste proportional zur Entfernung einer Galaxie sein. Bezeichnet Urknall als primordiales Uratom. 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 10 Edwin Hubble ~1929 Am 100inch-Mount Wilson Teleskop II. Hubble-Expansion Hubble identifiziert Cepheiden in der Andromeda-Galaxie. • Abstandsbestimmung mit der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung möglich • Durchführung weiterer Entfernungsund Geschwindigkeitsbestimmungen an ~18 weiter entfernten Galaxien. 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 11 Hubble-Expansionsgesetz Ergebnisse Hubble‘s Untersuchungen: II. Hubble-Expansion Die Fluchtgeschwindigkeit der Galaxien ist proportional zu ihrer Entfernung. Hubble- Expansionsgesetz v = H0R 04.06.2010 H 0 : Hubble - Konstante ~ 70 km/(s * Mpc) Die Entdeckung des Urknalls Folie 12 Interpretation Die Galaxien bewegen sich im Raum von uns weg? Durch relativistischen Dopplereffekt entsteht eine Rotverschiebung. Falsch: erklärt nicht die Zunahme der Fluchtgeschwindigkeit mit größerem Abstand. II. Hubble-Expansion Der Raum expandiert? Ausgesendete Lichtwellen werden durch Expansion des Raumes gedehnt. Die Rotverschiebung ist darum mit größerem Abstand zur Erde größer. Die Lichtwellen durchlaufen längeren Weg in dem sie mehr und mehr gestreckt werden. Richtig: es expandiert jedoch nur das Universum, zusammenhängende Objekte (z.B. Galaxien) darin nicht. 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 13 II. Hubble-Expansion Modell: backender Rosinenkuchen 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 14 Alter des Universums Für die Hubble-Konstante gilt eine Unsicherheit von einem Faktor 2. Darum wird definiert: H0 = 100 ⋅ h ⋅ km mit 0.4 ≤ h ≤ 1 Mpc ⋅ s beste Näherung H 0 ≈ 71km Mpc ⋅ s II. Hubble-Expansion Das Alter des Universums lässt sich über den Kehrwert des HubbleParameters bestimmen: ΤUniversum = 1 1 ≈ = 13,3 *109 a H 0 71km sMpc Die Altersbestimmung der ältesten Sterne (weiße Zwerge) liefert Werte von ~12-13 Milliarden Jahren. ~1 Milliarde Jahre dauert die Entstehung von Sternen. Die Ergebnisse passen gut zusammen. 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 15 III. Kosmische Hintergrundstrahlung Die 3 Säulen der Urknalltheorie Urknalltheorie II. III. IV. Hubble-Expansion Kosmische Primordiale Hintergrund- Nukleosynthese Strahlung 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 16 Kosmische Hintergrundstrahlung III. Kosmische Hintergrundstrahlung Arno Penzias und Robert Wilson 1964 Versuch der Eichung des Radioteleskops der Bell Laboratories in New Jersey Entdeckung eines Rauschens extraterrestrischen Ursprungs • Keine Richtungsabhängigkeit • Unabh. von der Sonnenposition und der Milchstraßenposition am Himmel • M31 im Andromedanebel weißt keine solche Strahlung auf • Reinigung des Teleskops verringerten das Rauschen nicht Kein Ursprung in unserer Galaxie Isotrope Strahlung im Mikrowellenbereich ≅ 3,5 K 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 17 ...gleichzeitig an der Princeton University III. Kosmische Hintergrundstrahlung Robert Dicke und James Peebles 1964 Die Arbeitsgruppe suchte nach einem 10 K- Radiorauschen, das aus dem frühen Universum stammen muss. Beginn des Baus eines rauscharmen Radiometers an der Princeton University Telefonat mit Penzias: „Boys- we‘ve been scooped!“ Nobelpreis für Wilson& Penzias 1978 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 18 Schwarzer Strahler III. Kosmische Hintergrundstrahlung Planck‘sche Strahlungsformel 8πhν 3 1 u (ν , T ) = ⋅ c3 e hν / kT − 1 Wien‘sches Verschiebungsgesetz λmax = 2,8978mmK T Photonendichte maximal: ρ Photon ~ 1 / λ3max Nγ = 20.3 ⋅ Tγ3cm −3 r r r (t ) = a (t ) ⋅ x Raumexpansion Rotverschiebung der Wellenlänge λmax (t ) = a(t − t0 ) ⋅ λmax (t0 ) Temperatur des schwarzen Strahlers sinkt ab. 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls 2,8978 ⋅ 10−3 mK Tγ (t ) = a(t − t0 ) ⋅ λmax (t0 ) Folie 19 Cosmic-Background-Explorer (COBE) III. Kosmische Hintergrundstrahlung NASA-Satellit 1989-1993 Misst das Spektrum eines schwarzen Strahlers von 2,725K mit präziser Genauigkeit. FIRAS: Far InfraRed Absolute Spectrometer DMR: Differential Microwave Radiometer John Mather 2006 04.06.2010 George Smoot 2006 Die Entdeckung des Urknalls Folie 20 Ergebnisse FIRAS- DMR III. Kosmische Hintergrundstrahlung FIRAS: Messung der spektralen Form der Hintergrundstrahlung(CMB) Ergebnis: Spektrum eines perfekten Schwarzen Strahlers bei Tγ=(2,725 ± 0,001)K 04.06.2010 DMR: Nachweis von TemperaturAnisotropien in der CMB Ergebnis: deutliche Temperaturfluktuationen in 3 Frequenzbereichen. Die Entdeckung des Urknalls Folie 21 DMR-Temperaturskalen III. Kosmische Hintergrundstrahlung Isotropie kosmologischer Ursprung der CMB Dopplereffekt durch Relativbewegung der Sonne zum CMB-Hintergrund Primordiale Dichtefluktuationen 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 22 WMAP-Wilkinson Microwave Anisotropy Probe III. Kosmische Hintergrundstrahlung Nachweis von Temperatur-Anisotropien auf kleinen Winkelskalen Start: Juni 2001 durch die NASA ~ 0,2° Winkelauflösung ∆T/T=200µK/2,7K ~ 7° Winkelauflösung ∆T/T=18 µK/2,7K 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 23 Ursache der Hintergrundstrahlung (CMB) III. Kosmische Hintergrundstrahlung Robert Dicke und James Peebles 1964 Thermonukleare Fusion: ~98% des Heliums im Universum Universum besteht zu 75% aus Wasserstoff Strahlungsdruck extrem kurzwelliger Strahlung verhindert Rekombination. 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 24 III. Kosmische Hintergrundstrahlung Übergang Plasma- neutrales Gas ~10-6 Vheute:Photonen besitzen mehr als genügend Energie um Wasserstoff zu ionisieren. Thomson-Streuung • keine Atombildung möglich • Meer freier Kerne und Elektronen • Mittlere freie Weglänge des Photons sehr kurz Expansion und gleichzeitige Abkühlung des Universums: Photonenenergie reicht nicht mehr aus, um die sich bildenden Atome zu ionisieren Entkopplung bei 3000K • Alle Elektronen im Grundzustand • Keine Wechselwirkung der Photonen • das Universum wird durchsichtig • Ursprung der CMB • Das Universum war ~370.000 Jahre alt 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 25 Akustische Oszillationen Fluktuationen im Photon-Baryon-Gas III. Kosmische Hintergrundstrahlung 1) 2) ...usw. Akustische Schwingungen mit Dichteschwankungen Urknall ist hörbar! Erklärt Temperatur-Anisotropien von COBE und WMAP Ursache für die Überdichten am Anfang: Inflation 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 26 Anisotropien auf kleinen Winkelskalen Θ~ 1° Abschätzungen der kausalen Winkelskala: x Kausale Fluktuation • max. Ausdehnung der ak.Welle bei tEntk: s (t Entk ) = v Schall ⋅ t Entk mit tEntk= 3,8 * 105 a und vschall=c/√3 v Schall ⋅ tRe k Entkopplung • Öffnungswinkel Θ : v ⋅ t ⋅ (1 + z ) Θ = schall Re k = 0,0175 =ˆ 1° c ⋅ (t0 − tRe k ) Beobachter heute max. ∆T/T <1° 04.06.2010 Zeit t heute: kosmische Expansion beachten: λheute ' T 3000 K = 1 + z ∝ Entk = ≈ 1100 λEntk Theute 2,7 K Θ III. Kosmische Hintergrundstrahlung Diese Anisotropien waren bei tEntk in kausalem Zusammenhang (Gravitation ↔ Strahlungsdruck) Die Entdeckung des Urknalls Folie 27 III. Kosmische Hintergrundstrahlung Lage des 1. Maximums Geschlossene Geometrie 04.06.2010 Offene Geometrie Die Entdeckung des Urknalls Folie 28 III. Kosmische Hintergrundstrahlung Geometrie des Universums Das Universum ist flach! 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 29 IV. Elementverteilung des Universums Die 3 Säulen der Urknalltheorie Urknalltheorie II. III. IV. Hubble-Expansion Kosmische Primordiale Hintergrund- Nukleosynthese Strahlung 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 30 IV. Elementverteilung des Universums Big Bang-Nukleosynthese 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 31 Primordiale Nukleosynthese IV. Elementverteilung des Universums 1. Schwache Prozesse bei 1010K n ↔ p + e− +ν e Protonen und Neutronen im thermischen Gleichgewicht n + e+ ↔ p +ν e n +ν e ↔ p + e− 2. Ab kT ≈0,8 MeV ist Wechselwirkungsrate zu gering für thermisches Gleichgewicht: nn exp(− mn c 2 / kT ) = n p exp(− m p c 2 / kT ) = exp(− ∆mc 2 / kT ) ≅ 04.06.2010 3. Freie Neutronen sind instabil n → p +ν e + e − τ=614s Neutronen/Protonen- Verhältnis wird kleiner um Faktor − ln 2⋅t 1 5 e Die Entdeckung des Urknalls τ Folie 32 Primordiale Nukleosynthese ← p + n → D + γ (2.22MeV ) IV. Elementverteilung des Universums 4. Beginn der Bildung der leichten Elemente 3 ← D + p → He + γ (5.49 MeV ) 3 ← n + D → H + γ (6.26 MeV ) 5. tUniv=340s Spaltungsprozesse ab kT=0,06 MeV unbedeutend. 4 ← p + 3H → He 4 ← n + 3He → He 4 ← D + D → He nn 1 340 s ⋅ ln 2 1 )≅ = exp(− np 5 614 s 7,3 Alle Neutronen in 4He Teilchendichte von 4He: n He = nn / 2 4 Masseanteil von 4He an Gesamtmasse: 2 ⋅ nn Y4 = ≅ 0.24 nn + n p 04.06.2010 24% der Materie im Weltraum müsste als 4He vorliegen. Die Entdeckung des Urknalls Folie 33 IV. Elementverteilung des Universums 4He-Häufigkeit im Universum Kernfusionsreaktionen in Sternen erhöhen den 4HeHe Anteil stetig 4p + 2 e- 4He + 2νe Messung von Y in Sternen mit geringer Metallizität (Sauerstoff/WasserstoffVerhältnis O/H) Primordialer Massenanteil Y durch Extrapolation zu O/H=0 Aktueller Wert (2008): Y= 0,249 ± 0,009 Berechnungen stimmen mit Messungen überein. 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 34 Zum Mitnehmen I. Hubble-Gesetz • Das Universum expandiert II. Kosmische Hintergrundstrahlung V. Zusammenfassung • CMB aus Photonen-Baryonen-Gas in Form schwarzer Strahlung im Universum messbar. Theute =2,7 K TEntk= 3000K • Akustische stehende Wellen durch Dichteschwankungen im heißen Plasma in Form von Temperaturanisotropien heute messbar. Der Urknall ist noch heute hörbar! • Das Universum ist flach, da sich die Photonen seit der Entkopplung auf geraden Bahnen bewegt haben (Θ<1°). III. Elementverteilung im Universum • Big Bang- Nukleosynthese sagt Zusammensetzung des Universums voraus. 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 35 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 04.06.2010 Die Entdeckung des Urknalls Folie 36