IP/10/1467 Brüssel, den 4. November 2010 Entdeckung einer neuen Genvariante dank EUfinanzierter Forschung bringt neue Hoffnung für Bluthochdruckpatienten Die Entdeckung einer neuen Genvariante durch ein mit EU-Mitteln finanziertes Forschungsteam verspricht neue Aussichten für Prävention und Behandlung bei Bluthochdruck (Hypertension). Einer von vier Erwachsenen in der EU leidet unter dieser Störung, die als wichtigster Risikofaktor für Herzkreislauferkrankungen letztlich weltweit die häufigste Todesursache ist. Die jetzt entdeckte neue Genvariante vermindert das Risiko für hohen Blutdruck (Hypertension) und Herzerkrankungen. Bei Personen mit dieser Genvariante kommen 15 % weniger Herzinfarkte, Myokardinfarkte und Todesfälle durch Verschluss der Herzkranzgefässe vor. Diese wichtige Entdeckung ist das Ergebnis einer der umfassendsten genetischen Studien, die auf diesem Gebiet jemals angestellt wurden, und an der 40 000 Personen aus acht europäischen Ländern beteiligt waren. Die neue Variante liegt auf einem Gen, das die Produktion des Proteins Uromodulin, welches über den Urin ausgeschieden wird, durch die Niere regelt. Die Forschungsergebnisse werfen ein neues Licht auf die Rolle des Uromodulins bei der Regulierung des Blutdrucks. Die Forschungen fanden unter Federführung der Universität von Glasgow und des Istituto Auxologico Italiano in Mailand statt. Insgesamt waren Wissenschaftler aus 31 Forschungsgruppen beteiligt, die in 11 EUMitgliedstaaten arbeiteten: Italien, Vereinigtes Königreich, Belgien, Tschechische Republik, Deutschland, Spanien, Frankreich, Niederlande, Polen, Finnland und Schweden. Auch Wissenschaftler aus der Schweiz, Russland und China beteiligten sich an dem Netz. Der Beitrag der EU liegt bei 10 Mio. EUR. Máire Geoghegan-Quinn, EU-Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft, erklärte dazu: „Ich möchte allen Beteiligten zu dieser hervorragenden Arbeit gratulieren. Entdeckungen auf der Grundlage umfangreicher genetischer Studien wie dieser können neue Wege für innovative Präventions- und Behandlungsmethoden aufzeigen, so dass jeder Betroffene die besten Arzneimittel für seine jeweiligen Beschwerden erhalten kann. Die Gesundheitsfürsorge hat bei den Vorschlägen im Rahmen der von der Kommission initiierten Innovationsunion absolute Priorität, weil nichts so wichtig ist wie die Erhaltung von Leben und das Lindern von Leiden. Gleichzeitig können Fortschritte, wie sie beim Projekt InGenious HyperCare erzielt wurden, auch zu spürbaren wirtschaftlichen Nutzeffekten führen, indem sich für Unternehmen der EU neue Märkte öffnen und sie dazu beitragen, dass Menschen länger aktiv und gesund bleiben.” Neue Rolle für ein altes Protein Die Forschungen deuten darauf hin, dass die Variante des UMOD-Gens auf dem Chromosom 16 als Schutzfaktor gegen Bluthochdruck wirkt, indem es das Uromodulin regelt. Der Urin von Personen mit dieser Genvariante enthielt weniger Uromodulin. Obwohl Uromodulin eines der wichtigsten im Urin vorkommenden Proteine ist, war seine Funktion bisher weitgehend unbekannt. Aus der Studie ergibt sich jetzt, das Uromodulin wahrscheinlich zu der Blutdruckstörung beiträgt und so den Beginn von Herzkreislauferkrankungen begünstigt, indem es die Natriumreabsorption in der Niere und dadurch die Natriumanreicherung im Körper stimuliert. Eine europaweite Anstrengung Die Studie war Teil des Projekts InGenious HyperCare, eines mit EU-Mitteln finanzierten internationalen Kooperationsprojekts. Die wichtigsten Initiatoren waren Prof. Anna Dominiczak, Professorin am Lehrstuhl für Medizin und stellvertretende Rektorin der Universität von Glasgow und Prof. Alberto Zanchetti, wissenschaftlicher Direktor des Istituto Auxologico Italiano und Koordinator des Projekts InGenious HyperCare. Um festzustellen, welche Genvarianten eine Rolle bei einer Volkskrankheit wie dem Bluthochdruck spielen, wurde eine genomweite Assoziationsstudie durchgeführt: über 500 000 Varianten aus dem gesamten Spektrum des menschlichen Genoms wurden untersucht. Während bei früheren genomweiten Assoziationsstudien zum Bluthochdruck Gruppen von Individuen mit einem breiten Spektrum an Blutdruckwerten untersucht worden waren, konzentrierten sich die Forscher nun auf Individuen mit extremen Blutdruckwerten und verglichen Personen mit sehr hohem und völlig normalem Blutdruck. Insgesamt wurden die genetischen Daten von 39 706 Personen europäischer Herkunft analysiert, davon 21 466 mit Bluthochdruck und 18 240 mit normalem Blutdruck. Offen zugängliche Ergebnisse Die Ergebnisse der Studie wurden in der Open Source-Zeitschrift der Public Library of Science Genetics veröffentlicht. Sie sollen am 4. November auf einer von der Europäischen Kommission organisierten Konferenz über Herzkreislauferkrankungen in Brüssel vorgestellt und erörtert werden. Hintergrund Bluthochdruck ist weltweit die häufigste Todesursache, da sie der wichtigste Risikofaktor für Herzkreislauferkrankungen (Herzinfarkt, Myokardinfarkt und Tod durch Verschluss der Herzkranzgefässe) und Nierenversagen ist. Mehr als einer von vier erwachsenen Europäern ist von Bluthockdruck betroffen, wobei dieser Anteil mit zunehmendem Alter steigt. Der Anteil der Erwachsenen, bei denen es aufgrund eines Zusammenwirkens von Umwelt- und Erbgutfaktoren zu Bluthochdruck kommt, dürfte bis 2025 auf 29,2 % der Weltbevölkerung ansteigen, das bedeutet 1,5 Mrd. Bluthochdruckpatienten weltweit. Die bisher von Wissenschaftlern ermittelten Genvarianten erklären nur 1-2 % der Blutdruckunterschiede bei der Bevölkerung und lassen vermuten, dass noch viele weitere Varianten auf ihre Entdeckung warten. 2 Das EU-Forschungsrahmenprogramm hat bereits in den letzten 20 Jahren die Forschung auf dem Gebiet der Herzkreislauferkrankungen unterstützt. Zwischen 2002 und 2010 wurden 48 kooperative Forschungsprojekte mit EU-Mitteln in Höhe von 254 Mio. EUR finanziert. Das Projekt Ingenious HyperCare ist ein von der EU finanziertes Exzellenznetz im Bereich Genetik, funktionelle Genomik und Molekularmechanismen von Bluthockdruck und dadurch verursachte Herz- und Gefäßschäden. Weitere Informationen Exzellenznetz InGenious HyperCare: http://www.hypercare.eu/ EU-finanzierte Forschung im Bereich Herzkreislauferkrankungen: http://ec.europa.eu/research/health/medical-research/cardiovascular-diseases/index_en.html Public Library of Science Genetics journal (PLOS) http://www.plosgenetics.org/home.action 3