Analyse des Mononatriumglutamatgehalts in

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Deutschhaus-Gymnasium
Würzburg
Abiturjahrgang
2013
SEMINARARBEIT
Rahmenthema des Wissenschaftspropädeutischen Seminars:
Lebensmittelchemie
Leitfach: Chemie
Thema der Arbeit:
Analyse des
Mononatriumglutamatgehalts in
Tomatenprodukten
Verfasser/in:
Kursleiter/in:
Philipp Stephan
H. Seefried
Abgabetermin:
06.11.2012
Bewertung
Note
Notenstufe in Worten
Punkte
Punkte
schriftliche Arbeit
×3
Abschlusspräsentation
×1
Summe:
Gesamtleistung nach §67 (7) GSO = Summe ÷ 2 (gerundet):
Datum und Unterschrift der Kursleiterin bzw. des Kursleiters
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Geschmacksverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2. Mononatriumglutamat . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1. Vorkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.2. Chemische Einordnung . . . . . . . . . . . . .
1.2.3. Gewinnung und Produktion . . . . . . . . . .
1.2.4. Verbrauchereinschätzung und Risikobewertung
1.3. Wahl der Lebensmittel . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1. Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2. Gewählte Lebensmittel . . . . . . . . . . . . .
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5
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6
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7
8
2. Aufbereitung der Proben
2.1. Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2. Physikalische Aufbereitung: Zentrifugation
2.3. Chemische Aufbereitung: Derivatisierung .
2.3.1. Durchführung . . . . . . . . . . . .
2.3.2. Reaktion . . . . . . . . . . . . . . .
2.4. Probenübersicht . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Verwendete Analysegeräte
16
3.1. Der Gaschromatograph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.2. Das Massenspektrometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
3.3. Das GC/MS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
4. Analyse
19
4.1. Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
4.2. Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
4.3. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
5. Fehlerdiskussion und Fazit
24
A. Chemikalienverzeichnis und Gefahrstoffkennzeichnung
26
Literaturverzeichnis
28
Eigenständigkeitserklärung
31
Kapitel 1. Einleitung
Philipp Stephan
1. Einleitung
Viele Lebensmittel sind heutzutage Convenience Produkte; vor allem als Student wird
man wohl oft auf die einfach zuzubereitende und günstige Kost zurückgreifen. Doch
diese Produkte stehen im Verruf voll von ungesunden oder gar gesundheitsschädlichen
Zusatzstoffen zu sein. Gerade wenn es darum geht ein Gericht lange haltbar und trotzdem schmackhaft zu machen, werden Geschmacksverstärker und Antioxidantien zuhauf
eingesetzt.
Viele Hersteller werben damit, ihre Produkte seien „Ohne künstliche Zusatzstoffe“,
dennoch warnen Verbraucherschutzorganisationen vor den Zusätzen und werfen den Lebensmittelfabrikanten Etikettenschwindel vor.
Zum Beispiel werden statt künstlicher Zusatzstoffe natürliche verwendet, was nicht
heißen muss, dass diese nicht künstlich hergestellt wurden. Auch wird mit „Ohne Zusatzstoffe lt. Gesetz“ geworben, ohne dass vielen klar ist, was die gesetzliche Definition eines
Zusatzstoffes ist. Die deutsche Gesetzgebung legt nämlich fest:
[. . . ] ausgenommen sind Stoffe, die natürlicher Herkunft oder den natürlichen
chemisch gleich sind und nach allgemeiner Verkehrsauffassung überwiegend
wegen ihres Nähr-, Geruchs- oder Geschmackswertes oder als Genussmittel
verwendet werden[. . . ]. [1]
Somit fallen künstlich hergestellte (das heißt: nicht der Natur entnommen) Stoffe nicht
unter die Definition eines Zusatzstoffes, wenn sie so auch identisch in der Natur vorkommen. Als künstlich gelten sie nur dann, wenn sie nicht irgendwo in der Natur vorhanden
sind. So kann man auch dann mit „Ohne künstliche Zusatzstoffe“ werben, wenn man die
Zusatzstoffe in einer Fabrik herstellt.
Eine andere beliebte Praxis ist es, statt langen chemischen Namen einfach eine ENummer1 anzugeben um so den Käufern keine „Angst einzujagen“. Außerdem gibt es für
viele Zusatzstoffe, die mit ihrem chemischen Namen abschreckend wirken, zugelassene
Alternativbezeichnungen, die oft viel harmloser klingen (siehe auch Unterabschnitt 1.2.4).
Viele Verbraucher fühlen sich dadurch in die Irre geführt. [17]
Wenn es natürliche Aromastoffe und Geschmacksverstärker gibt, die auch industriell
eingesetzt werden, was ist dann mit natürlichen Produkten, in denen diese schon vorhanden sind? Diese müssen oder können dann nicht angegeben werden. Vergisst man bei
all der Verteufelung der Geschmacksverstärker nicht, dass auch die Natur solche Stoffe einsetzt um ihre Erzeugnisse schmackhaft zu machen? Wie stark unterscheiden sich
1
„Die E-Nummer ist [. . . ] das Zeichen dafür, dass für den betreffenden Stoff im Rahmen des Zulassungsverfahrens der Europäischen Union nachgewiesen wurde, dass er auf seine gesundheitliche Unbedenklichkeit überprüft wurde[. . . ].“ [7]
3
Kapitel 1. Einleitung
Philipp Stephan
Lebensmittel aus natürlichen Zutaten von der durchschnittlichen Tütensuppe aus dem
Supermarkt?
Da meine Familie selbst darauf achtet, möglichst ohne Convenience Produkte auszukommen und Lebensmittel ohne „künstliche Zusatzstoffe“ zu kaufen, hat mich diese
Fragestellung persönlich interessiert. Um im Rahmen der Seminararbeit zu bleiben, konzentriere ich mich hier ausschließlich auf Geschmacksverstärker und auf Mononatriumglutamat im Besonderen.
1.1. Geschmacksverstärker
Als Geschmacksverstärker werden Stoffe bezeichnet, die unter anderem spezielle Geschmacksnoten wie „Fülle“ oder „Volumen“ beeinflussen. Auch ist es möglich, dass Geschmacksverstärker die Geschwindigkeit verändern, mit dem ein Aromaeindruck entsteht [14] .
Obwohl sie oft keinen Eigengeschmack haben, verstärken sie den Wohlgeschmack einer
Speise. Diese Geschmacksempfindung wird „Umami“ 2 genannt und existiert zusätzlich
zu den bekannten Grundgeschmacksrichtungen süß, salzig, sauer und bitter. [13]
Wie alle anderen Lebensmittelzusatzstoffe müssen auch Geschmacksverstärker geprüft
und zugelassen werden, bevor sie von der Industrie eingesetzt werden dürfen. Möchte
eine Firma einen Stoff zugelassen bekommen, muss sie einen Antrag an die Europäische
Kommission stellen. Dieser Antrag beinhaltet unter anderem auch detaillierte Informationen wie etwa Herstellungsprozess, Analysedaten, Verunreinigungen und die biologischen
und toxikologischen Daten. Außerdem müssen veröffentlichte und unveröffentlichte Studien, die bestimmte Richtlinien der Objektivität erfüllen, zur Überprüfung vorgelegt sowie
weitere Hilfestellung bei der Literaturrecherche zur Verfügung gestellt werden. [5] Nach
Einreichung eines solchen Antrags ersucht die Kommission dann die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit um ein Gutachten. Diese legt das Gutachten binnen neun
Monaten der Kommission, den europäischen Mitgliedstaaten und dem Antragsteller vor.
Außerdem können von der Kommission erweiterte Informationen über den zuzulassenden Stoff angefordert werden. Innerhalb von erneuten neun Monaten wird dann eine
Änderung der Liste der zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe von der Kommission dem
europäischen Ausschuss vorgelegt. Dieser muss die Änderungen dann noch bewilligen. [4]
Zu den Geschmacksverstärkern gehören unter anderem Verbindungen der Gruppen:
Glutaminsäure und ihre Salze, Guanylsäure und ihre Salze, Inosinsäure und ihre Salze und Lactate. [6] Da die Salze der Glutaminsäure einige der meist verwendeten Geschmacksverstärker sind, stehen sie besonders in der Kritik, schädlich zu sein. Deshalb
ist es interessant, sich dieser genauer anzunehmen.
2
japan., in etwa für „Wohlgeschmack“
4
Kapitel 1. Einleitung
Philipp Stephan
1.2. Mononatriumglutamat
1.2.1. Vorkommen
O
O
HO
O
OH
NH2
(a) L-Glutaminsäure
O
HO
OH
NH2
(b) D-Glutaminsäure
Abbildung 1.1.: Die Enantiomere der Glutaminsäure
Glutaminsäure, auch „2-Aminoglutarsäure“, ist eine natürliche chirale Aminosäure. In
Abbildung 1.1 sind die Enantiomere der Glutaminsäre in ihrer Neutralform dargestellt,
obwohl sie unter physiologischen Bedingungen in der Regel als Zwitterionen3 vorliegen.
Die L-Form (Abbildung 1.1(a)) ist in der Natur weit verbreitet und proteinogen4 . Sie
kommt in fast allen Proteinen vor, somit auch in vielen Lebensmitteln wie Fleischprodukten oder Weizen- und Maiserzeugnissen. „Beispielsweise enthält Casein 23,6 %, Pepsin 19,8 %, Fleisch-Protein 14,6 % u. Weizen-Protein 31,4 % Glu[taminsäure][. . . ].“ [14] .
Glutaminsäure ist wichtig für den Stoffwechsel, das Gehirn und die Entgiftung von Ammoniak. [14]
Mononatriumglutamat (Abbildung 1.2), oft nur als „Glutamat“ 5 bezeichnet, ist ein
Salz der Glutaminsäure. Es wirkt als Geschmacksverstärker und ist auch in vielen natürlichen Lebensmitteln enthalten. Auch wird es vor allem Fleisch- und Suppenprodukten
als Würze und Aromastoff zugesetzt. Üblich ist eine Konzentration von 0,1–0,3 % [14] .
Mononatriumglutamat trägt die E-Nummer „E 621“. [6]
1.2.2. Chemische Einordnung
Mononatriumglutamat ist wasserlöslich und kommt in durchsichtigen Kristallen vor; aufgehäuft erscheint es weiß. Die Summenformel des Glutamatanions lautet C5 H8 NO4 und
das Molekülgewicht beträgt 169 g/mol. Das Natrium wurde nicht mit einbezogen, da
Mononatriumglutamat in Lebensmitteln oft gelöst vorliegt. Beim Lösen eines Salzes,
zum Beispiel in Wasser, bildet sich eine Hydrathülle um die einzelnen Ionen. Da das
Natrium bei den Eigenschaften von Mononatriumglutamat eine untergeordnete Rolle
einnimmt, betrachten wir hier nur das Glutamatanion. Der Schmelzpunkt von Mononatriumglutamat liegt bei 165 ◦C, dort zersetzt es sich bereits. Die CAS-Nummer ist
142-47-2; die PubChem ID ist 85314. [3]
3
Ein Zwitterion ist ein Molekül das sowohl positive als auch negative funktionelle Gruppen besitzt,
insgesamt aber elektrisch neutral ist. [21]
4
ist am Aufbau von Proteinen beteiligt
5
„Glutamate“ bezeichnet eigentlich allgemein die Gruppe der Ester und Salze der Glutaminsäure, aber
Mononatriumglutamat ist die im Alltag am häufigsten vorkommende Verbindung, daher verwende
ich die Begriffe im Folgenden synonym.
5
Kapitel 1. Einleitung
Philipp Stephan
1.2.3. Gewinnung und Produktion
Zur industriellen Herstellung von Mononatriumglutamat gibt es mehrere MethoO
O
den. Es existieren sowohl Wege der Extraktion oder Isolierung als auch großtechHO
Na⊕
O
nische Syntheseverfahren. Die effizienteste
NH2
und heute am weitesten verbreitete Methode ist allerdings die Herstellung durch FerAbbildung 1.2.: Mononatriumglutamat
mentation mit Bakterien. Hierfür wurde
eine besondere Bakterienkultur Corynebacterium glutamicum gezüchtet, die eine Ausbeute von bis zu 30 % erreicht. [8]
1.2.4. Verbrauchereinschätzung und Risikobewertung
Da viele Verbraucher bei dem Namen „Mononatriumglutamat“ hellhörig geworden sind
und Produkte, denen es zugesetzt wird, meiden, weichen die Hersteller vermehrt auf andere Bezeichnungen aus. Die Begriffe „Würze“, „Speisewürze“, „Sojawürze“, „gekörnte Brühe“
und „Aroma“ bezeichnen alle einen Stoff namens „Hefeextrakt“ [18] , der zwar nicht direkt
Mononatriumglutamat ist, dessen einzige Aufgabe jedoch darin besteht, Mononatriumglutamat freizusetzen. Da Hefeextrakt im Gegensatz zu Mononatriumglutamat nicht als
Geschmacksverstärker gilt [18] , tragen viele solcher Produkte irreführende Aufschriften
wie „Ohne Geschmacksverstärker lt. Gesetz“ (siehe auch Kapitel 1).
Sucht man im Internet nach „Glutamat“ findet man dutzende „Verschwörungsseiten“,
die Glutamatkonsum mit verheerendsten Folgen für Psyche und Körper in Verbindung
bringen. So wird Glutamat als „Gehirnzerstörer“, „Nervengift“, oder sogar als „Droge“
bezeichnet. Oft fällt auch der Begriff „China-Restaurant-Syndrom“ 6 . Betroffene klagen
über Kopf- und Gliederschmerzen und Übelkeit nach dem Verzehr von natriumglutamathaltigen Lebensmitteln. [16] All diese „Verschwörungstheoretiker“ arbeiten mit pseudowissenschaftlichen Methoden und berufen sich zwar ab und an auf Studien, benennen diese
aber nie direkt, sodass man die Behauptungen überprüfen könnte. Diese Quellen dienen
nicht der objektiven Überprüfung solch schwerwiegender Vorwürfe. Sucht man allerdings
in anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften oder Veröffentlichungen, so werden diese
Anschuldigungen unhaltbar.
Gerade weil es eine so kritische Gruppe gibt, wurde eine Vielzahl an Studien durchgeführt, um den Sachverhalt zu überprüfen. Eine doppel-blinde7 Studie mit 71 Probanden
kommt zu dem Schluss:
[. . . ] The present study led to the conclusion that ‘Chinese Restaurant Syndrome’ is an anecdote applied to a variety of postprandial illnesses; rigorous
and realistic scientific evidence linking the syndrome to MSG [Monosodium
Glutamate] could not be found. [24]
6
7
traditionell chinesisches Essen enthält viel Sojasoße, Soja ist reich an Mononatriumglutamat. [19]
Sowohl Probanden als auch Versuchsleiter wissen nicht, welche Probanden ein Placebo (Scheinsubstanz ohne Wirkung) und welche die echte Substanz erhalten
6
Kapitel 1. Einleitung
Philipp Stephan
Diverse Studien haben erneut gezeigt, dass Glutamat nur in sehr hohen Mengen
(> 30 mg/kg Körpergewicht) einen merklichen Einfluss zeigt. Daher wurde keine maximale tägliche Aufnahmemenge festgelegt:
[. . . ] Because human studies failed to confirm an involvement of MSG [Monosododium Glutamate] in “Chinese Restaurant Syndrome” or other idiosyncratic intolerance, the JECFA [Joint FAO/WHO Expert Committee on
Food Additives] allocated an “acceptable daily intake (ADI) not specified” to
glutamic acid and its salts. [. . . ] [25]
Zwar sind Glutamate wichtige Neurotransmitter im Gehirn [13] , da aber das Natriumglutamat, das durch die Nahrung aufgenommen wird, die Blut-Hirnschranke nicht
überwinden kann [11,10] , hat der Glutamatkonsum keinen maßgeblichen Einfluss auf das
Gehirn.
Mononatriumglutamat ist vom Bundesinstitut für Risikobewertung als ungefährlich
eingestuft worden und darf unter Kennzeichungspflicht ohne Mengenbeschränkung eingesetzt werden:
Glutamat ist ein zugelassener Lebensmittelzusatzstoff. [. . . ] Verpackte Lebensmittel, denen Glutamat zugesetzt ist, müssen deshalb nach der LebensmittelKennzeichnungs-Verordnung den Hinweis „Geschmacksverstärker“ tragen, gefolgt von der Verkehrsbezeichnung, d.h. ihrem Stoffnamen oder der entsprechenden E-Nummer (E 620 bis E 625). Die Kennzeichnungspflicht gilt auch
für „lose“ Ware sowie für Kantinen- und Gaststättenverpflegung, wo ein entsprechender Hinweis auf der Speisekarte erforderlich ist. [. . . ] [2]
1.3. Wahl der Lebensmittel
1.3.1. Auswahlkriterien
Da Mononatriumglutamat in sehr vielen Lebensmitteln enthalten ist (siehe Abschnitt 1.2),
kommt eine breite Auswahl zur Analyse in Frage.
Durch die sehr unterschiedliche chemische Zusammensetzung verschiedener Lebensmittel (z.B. Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst, . . . ), gibt es keine einheitliche Methode zur
Extraktion/Derivatisierung von Mononatriumglutamat. Zwar existiert Literatur über die
Bestimmung des Mononatriumglutamatgehaltes in Fleischprodukten [23] , doch diese Methoden sind zu kompliziert, um sie in einem Schülerlabor durchzuführen, oder verwenden
Chemikalien, die für Schüler nicht zugelassen sind.
Um das Verfahren so einfach wie möglich zu halten und nicht mehrere Aufbereitungsmethoden verwenden zu müssen, ist es sinnvoll sich auf eine Art Lebensmittel festzulegen. Suppen eignen sich insofern sehr gut, als dass sie einen recht kleinen Feststoffanteil
besitzen und bereits viel Wasser enthalten, dies erleichtert die Aufbereitung.
Möchte man mit geringen Mitteln eine Stoffanalyse durchführen, sollte man möglichst
darauf achten, dass die Menge des nachzuweisenden Stoffes nicht unterhalb der Nachweisgrenze liegt. Andernfalls könnte man auf Grund unzureichender Messmethoden zu
7
Kapitel 1. Einleitung
Philipp Stephan
falschen Ergebnissen kommen. Deshalb wählte ich Tomatensuppe, da Tomaten schon
von Natur aus einen relativ hohen Glutamatgehalt haben. [12]
1.3.2. Gewählte Lebensmittel
Hausgemachte Tomatensuppe
Zur Herstellung dieser Suppe wurden nur Tomaten und Kräuter aus dem hauseigenen
Garten sowie Pfeffer und Salz verwendet. Es befinden sich also garantiert keinerlei
(Glutamat-)Zusätze in ihr.
Knorr Feinschmecker „Strauchtomaten Suppe mit Basilikum“
Werbung auf der Packung:
[. . . ]
Natürlich. . .
• ohne geschmacksverstärkende Zusatzstoffe
• ohne Konservierungsstoffe (lt. Gesetz)
• ohne Farbstoffe
Zutatenliste:
Zutaten: 54 % Gemüse (42 % Tomatenpulver, 8 %
Tomaten, [. . . ]), [. . . ], Hefeextrakt, [. . . ], Aroma,
[. . . ].
Abbildung 1.3.
Knorr Feinschmecker
„Strauchtomaten Suppe mit Basilikum“ 8
Zubereitung:
1. Beutelinhalt mit einem Schneebesen in 1/2 l (500 ml) kaltes Wasser
einrühren. Unter Rühren aufkochen.
2. 7–8 Minuten köcheln lassen. Ab und zu umrühren.
8
Quelle:http://knorr.de/de/DE/Produktwelt/Produktdetails/KNORR/
e8260b79-2ed2-49c1-a1c3-038887383a41, aufgerufen am 29.10.12
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Kapitel 1. Einleitung
Philipp Stephan
Sonnen Bassermann „Meine Tomaten Cremesuppe“
Werbung auf der Packung:
Unser Küchenversprechen
. . . natürlich ohne:
• künstliche Farbstoffe (lt. Gesetz)
• Konservierungsstoffe (lt. Gesetz)
• geschmacksverstärkende Zusatzstoffe
Zutatenliste:
Zutaten: [. . . ], Tomatenmark 32 %, Tomaten 7,8 %,
[. . . ], Aroma (enthält Sellerie), [. . . ].
Zubereitung:
Im Kochtopf: Bei mittlerer Hitze erwärmen. Ab
und zu umrühren, ohne Aufkochen. Guten Appetit!
In der Mikrowelle: Suppe in ein mikrowellengeeignetes Gefäß geben und abgedeckt bei 700 Watt 2–3
Min. erwärmen. Guten Appetit!
Abbildung 1.4.
Sonnen Bassermann
„Meine
Tomaten
Cremesuppe“ 9
Zusammenfassung
Somit teste ich eine Suppe, die auf jeden Fall Glutamat enthält (Knorr ), da sowohl
„Hefeextrakt“ als auch „Aroma“ angegeben ist. Des weiteren eine Suppe, die garantiert
keine zugesetzten Geschmacksverstärker oder Ähnliches enthält, weil sie mit hauseigenen Mitteln hergestellt wurde (Hausgemachte) und eine, bei der nicht ganz klar ist, ob
Glutamat (oder besser: ein Glutamaterzeuger) zugesetzt wurde: Sonnen Bassermann.
Hier wurde zwar „Aroma“ angegeben, allerdings mit dem Zusatz „enthält Sellerie“, sodass nicht ersichtlich ist, ob es sich um Hefeextrakt handelt. Ich fand leider keine Suppe
im Supermarkt, die tatsächlich ohne Glutamat(-Erzeuger) produziert wurde. Alle diese
Suppen sollten jedoch auch das natürlich in Tomaten vorkommende Glutamat enthalten.
9
Quelle: http://sonnenbassermann.de/?id=151, aufgerufen am 29.10.12
9
Kapitel 2. Aufbereitung der Proben
Philipp Stephan
2. Aufbereitung der Proben
Da zur Analyse des Mononatriumglutamats die Gaschromatographie verwendet wird
und es deshalb bei sehr hohen Temperaturen verdampft werden muss (siehe auch Abschnitt 3.1), würde es sich bei diesem Analyseschritt zersetzen (siehe Unterabschnitt 1.2.2).
Um dies zu verhindern, muss es vor der Analyse derivatisiert10 werden. Bei der Derivatisierung wird das Salz Mononatriumglutamat in eine Neutralverbindung überführt, da
sich diese bei deutlich niedrigeren Temperaturen verdampfen lässt als ein Salz. Damit
sauber derivatisiert werden kann, durchlaufen die Proben eine Reihe von reinigenden
Schritten, bevor Chemikalien hinzugegeben werden.
2.1. Vorbereitung
Die gekauften Suppen wurden gemäß ihrer Zubereitungsanweisungen zubereitet, mit der
Ausnahme, dass destilliertes Wasser statt normales Leitungswasser verwendet wurde, um
die Reinheit zu gewährleisten. Nach der Zubereitung ließ ich sie abkühlen, bevor mit der
Aufbereitung (siehe Abschnitt 2.2) begonnen wurde. Die hausgemachte Suppe wurde
kalt gelassen, da sie bereits gekocht worden war.
Abbildung 2.1.: Einige Suppen vor der Zugabe von Norvalin
Bei der Aufbereitung wird zwangsläufig ein Teil des Glutamates verloren gehen. Um
bei der Analyse den Glutamatgehalt dennoch quantifizieren zu können, wird parallel zu
den normalen Proben jeweils noch eine Version hergestellt in der Norvalin (chemisch: L-αAminovaleriansäure) hinzugegeben wurde. Norvalin ist Glutamat chemisch sehr ähnlich,
10
Derivate sind Abkömmlinge einer chemischen Verbindung, die mit ihr in engem Verwandtschaftsgrad
stehen und so zur Charakterisierung herangezogen werden können. [14]
10
Kapitel 2. Aufbereitung der Proben
Philipp Stephan
hat aber eine andere Masse und eignet sich deshalb gut als Vergleichsgröße. Da man weiß,
wie viel Norvalin hinzugegeben wurde, kann man später anhand der Messwerte ungefähr
den verarbeitungsbedingten Verlust abschätzen und wegen der chemischen Ähnlichkeit
auch auf das Glutamat übertragen. So lässt sich also die Wiederfindungsrate bestimmen.
Es wird jedoch auch eine Probe ohne Norvalin getestet, da die Zugabe von Norvalin unter
Umständen dazu führen kann, dass kein Glutamat mehr nachgewiesen werden kann. [27]
Damit dieser Vergleich funktioniert, sollte ungefähr die gleiche Menge Norvalin wie
Glutamat zugegeben werden. Da die angegeben Werte von Glutamat in Suppen stark
schwanken (130–1100 mg/250ml) [26] , wurde ein Mittelwert von 200 mg Glutamat pro
100 ml Lösung angenommen. Dieser entspricht der zugegebenen Menge von 160 mg Norvalin pro 100 ml Lösung (siehe Gleichung 2.1 und 2.2).
n(Glutaminsäure) =
0,2 g
m
=
= 0,001 36 mol
M
147 g/mol
m(Norvalin) = M · n = 117 g/mol · 0,001 36 mol = 0,16 g
(2.1)
(2.2)
Es wurden zusätzlich noch zwei Testlösungen angesetzt. Ein mal Glutaminsäure und
Norvalin im Stoffmengenverhältnis 1 : 1. Dazu wurden 20 mg Glutaminsäure und 16 mg
mit der Präzisionswaage gewogen und mit Hilfe eines Ultraschallbads in einem Erlenmeyerkolben in 20 ml destilliertem Wasser gelöst. Ebenfalls wurde eine Probe mit ausschließlich 20 mg Glutaminsäure in 20 ml Wasser angefertigt. Diese sollen als Vergleichsprobe dienen.
2.2. Physikalische Aufbereitung: Zentrifugation
Um alle Feststoffe aus den Proben zu entfernen wurden diese zentrifugiert, da die
Suppen zu dickflüssig für eine Filtration
sind. Während der Zentrifugation setzen
sich durch die Zentrifugalkraft die schwersten Bestandteile (Feststoffe) im Gefäßboden ab, die leichteren schwimmen auf (Lipide) und es kommt zu einer Phasentrennung, bei der die gewünschte Phase vorsichtig abpipettiert werden kann (siehe Abbildung 2.2).
Von allen Proben wurden jeweils 100 ml
in große Zentrifugengläser gefüllt. Dabei Abbildung 2.2.: Phasentrennung nach der
ist zu beachten, jeweils gleich schwere PaaZentrifugation
re zu bilden, und diese genau mit einer
Waage auszutarieren, da auch die Zentrifugengläser unterschiedlich schwer sind. Bereits kleine Unterschiede im Gewicht können
bei hohen Drehzahlen in einer Zentrifuge zu Unwuchten führen und diese zerstören. Im
11
Kapitel 2. Aufbereitung der Proben
Philipp Stephan
ersten Durchlauf wurden die Proben 20 min bei 3500 min−1 zentrifugiert.
Nachdem Abpipettieren blieben etwa 25 ml übrig, die zwar nicht mehr dickflüssig, aber
noch sehr trüb und voller Schwebstoffe waren. Deshalb wurden die Proben erneut für
30 min bei 4000 min−1 zentrifugiert.
Es blieben etwa 20 ml, die zwar klar erschienen, aber noch zu unrein für eine erfolgreiche Derivatisierung waren. Deshalb wurden die einzelnen Proben in jeweils 9 × 1,5ml
Eppendorfreaktionsgefäße gefüllt und mit einer Hochgeschwindigkeitszentrifuge 20 min
lang mit 14 000 min−1 zentrifugiert. Dieser Schritt wurde nach dem Abpipettieren noch
einmal wiederholt.
Nun waren die Proben sauber genug um derivatisiert zu werden.
2.3. Chemische Aufbereitung: Derivatisierung
2.3.1. Durchführung [27,20]
Da zur Analyse nur kleine Mengen gebraucht werden, verwendet man zum Abmessen
der Volumina Microliterpipetten. Diese weisen eine hohe Präzision auch bei kleinsten
Mengen auf. Allerdings muss darauf geachtet werden, den Plastikkopf immer zu wechseln
um keine Verunreinigungen in die Chemikalien zu bringen.
Folgende Stoffe kommen nacheinander in ein Reaktionsgefäß:
270 µl
30 µl
60 µl
40 µl
600 µl
destilliertes Wasser
Probe
Methanol
Pyridin
Chlorameisensäuremethylester
Da bei einer ersten Messung zwar Norvalin, jedoch keine Glutaminsäure nachgewiesen wurde, wurde im zweiten Durchgang
dann 300 µl Probe unverdünnt verwendet,
jedoch bei den norvalinversetzten Proben
noch eine Version mit der oben angegebenen Verdünnung hergestellt.
Nach Verschluss des Reaktionsgefäßes
wird es 15 min unter gelegentlichem Schütteln und Entlüften zur Reaktion gebracht.
Das Derivat wird nun aus der wässrigen
Lösung extrahiert. Dazu wurden 250 µl DiAbbildung 2.3.: Phasentrennung nach der chlormethan hinzugegeben. Es kommt zur
Zugabe von Dichlormethan Phasentrennung, das Derivat ist in der
unteren organischen Phase des Dichlormethans (es hat eine höhere Dichte) gelöst (siehe Abbildung 2.3). Die obere wässrige Phase
wurde mit der Pipette abgenommen und erneut mit Dichlormethan versetzt, um eine
12
Kapitel 2. Aufbereitung der Proben
Philipp Stephan
höhere Ausbeute zu erzielen. Auch hier wurde die obere Phase abgenommen und die
beiden unteren Phasen vereint. In dieser ist nun das Derivat in Dichlormethan gelöst.
Als Lösungsmittel für den Gaschromatographen eignet sich n-Hexan sehr gut, da es
inert11 gegenüber dem Derivat ist und einen geringen Siedepunkt hat. Deshalb wurde
das Dichlormethan unter Stickstoff aus dem Reaktionsgefäß ausgeblasen (beschleunigte
Verdunstung). Dazu verwendet man eine Nadel oder Pasteurpipette als Aufsatz auf der
Stickstoffflasche.
Nach dem das gesamte Dichlormethan verdunstet wurde, wurde der verbliebene Feststoff (das Derivat) in 1 ml n-Hexan gelöst.
Vor der Analyse wurden die Proben noch einmal 10 min lang mit 14 000 min−1 zentrifugiert, da feinste Schwebstoffe den Gaschromatographen zerstören können.
2.3.2. Reaktion
Im ersten Schritt findet eine Amidierung der Glutaminsäure durch den Chlorameisensäuremethylester statt. Hierbei greift der Stickstoff der Glutaminsäure durch nukleophil
an das Kohlenstoffatom des Chlorameisenäuremethylesters an und substituiert dessen
Chlorid. Da aber Glutaminäure in wässrigem Milieu als Zwitterion vorliegt, also die Carboxylgruppe deprotoniert und die Aminogruppe protoniert ist, besitzt das Stickstoffatom
kein freies Elektronenpaar und ist somit nicht nukleophil. Durch den Zusatz von Pyridin
als Base wird die protonierte Aminogruppe deprotoniert, sodass der Aminstickstoff nukleophil am Chlorameisensäuremethylester angreifen kann. Das Pyridin erfüllt allerdings
noch einen weiteren Zweck: Es beschleunigt die Reaktion durch eine nukleophile Katalyse. In einem vorgelagerten Schritt greift es nukleophil am Chlorameisensäuremethylester
an und setzt das Chlorid frei. Dadurch entsteht ein positiv geladener Carbaminsäureester,
der elektrophiler ist als Chlorameisensäure, und so schneller vom Stickstoff der Glutaminsäure angegriffen wird. Als Nebenprodukt entsteht Pyridiniumchlorid. Diese Reaktion
ist in Abbildung 2.4 dargestellt.
Dieses Pyridiumchlorid katalysiert als Säure den zweiten Schritt der Reaktion: Die
Veresterung der Carboxygruppen der Glutaminsäure. Dies ist nötig, da im basischen
Milieu die Carbonsäure deprotoniert und somit nicht elektrophil genug für den nukleophilen Angriff eines Alkohols ist. Der Carbonylsauerstoff wird protoniert, wodurch der
Kohlenstoff der Carboxylgruppe so elektrophil wird, dass selbst das schwache Nucleophil
Methanol mit einer nukleophilen Substitution angreifen und nach Umprotonierung Wasser abspalten kann. Dieser schritt ist in Abbildung 2.5 für eine Carboxygruppe dargestellt,
funktioniert aber bei der zweiten genauso.
Die hier für Glutaminsäure beschriebene Reaktion läuft ebenso bei Norvalin ab. Es
enstehen das in Abbildung 2.6(a) gezeigte Glutaminsäurederivat und das in Abbildung
2.6(b) gezeigte Norvalinderivat.
11
reaktionsträge gegenüber einem potentiellen Reaktionspartner [21]
13
Kapitel 2. Aufbereitung der Proben
Philipp Stephan
O
Cl
O
Cl
O
N⊕
CH3 +
CH3
O
N
O
O
HO
OH
NH2
O
O
Cl
HO
OH
O
O
HN
O
O
N⊕
+ HO
Cl
H
OH
O
N
O
⊕
O
H
CH3
O
N
CH3
H
O
O
Abbildung 2.4.: Reaktion der Amidierung
O
O
HO
N⊕
OH
O
O
HN
O⊕
O
Cl
H
HO
OH
O
H
O
O
HN
CH3
O
O
CH3
O
O
H3 C
R
O
O
R
O
O
O
O⊕
H2 O + R
H
H
H
CH3
O
⊕
CH3
CH3
O
H
H
H
O⊕
R
CH3
H
O
H
+ H⊕
Abbildung 2.5.: Reaktion der Veresterung
14
Kapitel 2. Aufbereitung der Proben
O
H3 C
Philipp Stephan
O
O
O
O
HN
O
CH3
H3 C
O
HN
CH3
O
O
CH3
CH3
O
(a) Das Glutaminsäurederivat
(b) Das Norvalinderivat
Abbildung 2.6.: Die enstandenen Derivate
2.4. Probenübersicht
Abbildung 2.7.: Die Proben der Messreihe 1
rein
Knorr (Tüte)
T
Sonnen Bassermann (Dose) D
Hausgemacht
H
gelöste Glutaminsäure
G
12
Blindprobe
X
1
4
7
10
mit Norvalin
TN
DN
HN
GN
2
5
8
11
mit Norvalin, verdünnt
TNV
DNV
HNV
GNV
3
6
9
12
13
Tabelle 2.1.: Übersicht über die Proben der Messreihe 2
12
Eine Bildprobe aus reinem n-Hexan, ohne Glutaminsäure
15
Kapitel 3. Verwendete Analysegeräte
Philipp Stephan
3. Verwendete Analysegeräte
3.1. Der Gaschromatograph [14,22]
Ein Gaschromatograph (oft abgekürzt mit
„GC“) trennt die zu analysierenden Verbindungen auf, indem er sie mit Hilfe eines
Gases als mobile Phase durch eine Säule
4
leitet, in der die stationäre Phase als Film
2
1
aufgetragen ist.
5
Die Trennsäule (Abbildung 3.1 3 ) besteht aus einer 10–200 m langen, kapillaren
Röhre, die meist aus synthetischem Quarzglas hergestellt wird. Die Analyten werden
nun mit dem Trägergas durch diese Säule
gedrückt. Die Geschwindigkeit, mit der sie Abbildung 3.1.: Schematische Darstellung eines Gaschromatographen13
die Säule durchqueren, hängt von ihrer Verteilung zwischen stationärer und mobiler Phase ab. So brauchen Stoffe um so länger, je
besser sie sich in der stationären Phase lösen. Die Wechselwirkungen der Analyten mit
der mobilen Phase spielen kaum eine Rolle.
Die stationäre Phase kann entweder ein Feststoff wie zum Beispiel ein Gel sein, oder
eine Flüssigkeit. In der Organik hat vor allem die Methode mit flüssigen stationären
Phasen eine Bedeutung, man spricht auch von Gas-Flüssig-Chromatographie (engl. GLC
– Gas Liquid Chromatography).
Über einen Injektor (Abbildung 3.1 2 ) werden kleine Mengen der zu untersuchenden Substanz eingespritzt und in die Gasphase überführt. Da die Analyten verdampft
werden, ist diese Methode nur für Stoffe anwendbar, die gasförmig oder unzersetzt verdampfbar sind. Ist ein Stoff das nicht, muss er entsprechend derivatisiert werden, siehe
auch Abschnitt 2.3. Nachdem die Analyten die Säule mit dem Trägergas durchquert
haben, werden sie detektiert (Abbildung 3.1 4 ).
Die Zeitspanne die benötigt wurde, die Säule zu durchlaufen, auch Retentionszeit genannt, wird aufgezeichnet (Abbildung 3.1 5 ) und kann mit Literaturwerten verglichen
werden, um einen Stoff zu identifizieren. Da diese Methode ungenau ist, und nur funktioniert, wenn sie unter exakt gleichen Bedingungen stattfand, wird ein Gaschromatograph
oft in Kopplung mit einem Massenspektrometer betrieben, mit dem ein genauerer Nachweis möglich ist.
13
Quelle: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Gaschromatograph.svg, modifiziert
16
Kapitel 3. Verwendete Analysegeräte
Philipp Stephan
3.2. Das Massenspektrometer [9,15]
Stra
hl
po
si
t
Strom
Ein Massenspektrometer (oft abgekürzt
mit „MS“) trennt Ionen gemäß ihrer MasDetektion
Faradaysenzahl, also dem Verhältnis von Masse zu
Becher
sse 46
Ma
Ladung (m/z) aufgetrennt.
n
e
Masse 45
on
rI
Masse 44
e
Zuerst wird die zu untersuchende Subiv
stanz ionisiert oder fragmentiert. Diesen
Teil der Apparatur nennt man auch „Ionenquelle“. Hierfür gibt es mehrere MethoMagnet
Verstärker
den, die am meisten verbreiteten sind der
Elektronenstoß und die chemische IonisatiVerhältnis
on. Beim Elektronenstoß wird den MoleküIonenquelle
Ausgang
len der Substanz durch den Beschuss mit
fokussierter Strahl
Ionenbeschleuniger
schnellen Elektronen so viel Energie überElektronenfalle
tragen, dass ihr Ionisierungspotential überIonenreflektor
schritten wird und sie in geladene FragmenGaseinlass (von hinten)
Glühwendel
te zerfallen. Es bilden sich bevorzugt posiAbbildung 3.2.: Schematische Darstellung ei- tive Molekül- und Fragmentionen und unnes Massenspektrometers14 geladene Teilchen. Bei der chemischen Ionisation wird ein Reaktantgas durch Elektronenbeschuss ionisiert, meist Methan oder Ammoniak, welches dann seinerseits die
untersuchende Substanz ionisiert, indem ein Proton übertragen wird. [21] Dieses Verfahren ist schonender als ein Elektronenstoß und führt zu weniger Fragmentierung.
Die so erhalten geladenen Teilchen werden in einem elektrischen Feld beschleunigt und
gebündelt. Die so beschleunigten Molekülfragmente werden durch einen engen Eingangsspalt in ein magnetisches Feld konstanter Feldstärke geschossen, das senkrecht zu der
Feldrichtung des elektrischen Feldes steht. Durch das Magnetfeld werden die Ionen auf
Kreisbahnen abgelenkt, deren Radius von der Ladung e, der Masse m, ihrer Geschwindigkeit v und der Magnetfeldstärke B abhängt; siehe Gleichung 3.1, wobei U die Spannung
des Beschleunigungsfeldes darstellt.
2·m·U
(3.1)
e·B
Wenn die Feldstärken konstant gehalten werden, beschreiben die Ionen nun einen
für ihr Masse-Ladungs-Verhältnis spezifischen Radius und treffen so aufgefächert auf
einen Detektor. Nachdem die Signale verstärkt wurden, registriert dieser sowohl das
m/z-Verhältnis als auch die Häufigkeit der Einschläge und erstellt so ein Spektrum. Für
die meisten erwarteten Fragmente existieren Literaturwerte, sodass mit Hilfe der Massenspektrometrie die Zusammensetzung einer Verbindung sehr genau bestimmt werden
kann.
r=
14
Quelle: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Mass_Spectrometer_Schematic_
DE.svg
17
Kapitel 3. Verwendete Analysegeräte
Philipp Stephan
3.3. Das GC/MS
Das GC/MS stellt die Kombination von Gaschromatograph und Massenspektrometer
dar, indem anstatt eines Detektors bei dem Gaschromatographen direkt das Massenspektrometer angeschlossen wird. Das bietet den großen Vorteil, dass die Proben vor der
Aufnahme des Massenspektrums noch zeitlich getrennt werden, was es einfacher macht
Verunreinigungen oder Ähnliches auszublenden. Damit diese Technik funktioniert, muss
das Massensprektrometer in der Lage sein, mehrmals pro Sekunde ein komplettes Spektrum zu erfassen. [22]
18
Kapitel 4. Analyse
Philipp Stephan
4. Analyse
Da im Schülerlabor die benötigte GC-Säule nicht vorrätig war, wurden die Messungen
freundlicherweise von Herrn Dr. Markus Krischke am Biozentrum der Universität Würzburg durchgeführt und die Ergebnisse zur Verfügung gestellt.
Im Folgenden spreche ich davon, dass „Glutamat oder Norvalin nachgewiesen oder
gemessen wurde“; gemessen wurde natürlich das Glutaminsäure- beziehungsweise Norvalinderivat, allerdings geht es ja um den Nachweis von Glutamat in Lebensmitteln, eine
Messung von Glutaminsäurederivat entspricht somit einem Nachweis von Glutamat in
der ursprünglichen Probe.
4.1. Durchführung
Zum Einsatz kam eine „Phenominex DB/ZB5“ GC-Säule der Länge 30 m mit einem
Durchmesser von 0,25 mm. Davor befand sich eine 5 m lange Vorsäule. Die stationäre
Phase bildete ein 0,25 µm dicker Film (5%-Phenyl)-methylpolysiloxan; als mobile Phase
wurde Helium eingesetzt. Die eingespritzte Probenmenge betrug 2 µl. Der GC-Ofen wurde wie folgt erhitzt: Als Starttemperatur wurde auf 80 ◦C aufgeheizt, diese Temperatur
für 2 min gehalten. Anschließend wurde die Temperatur pro Minute um 20 ◦C erhöht, bis
300 ◦C erreicht waren. Diese Endtemperatur wurde erneut 2 min gehalten.
Bei dem Massenspektrometer handelte es sich um ein „Thermo TRACE GC Ultra“
mit einem Dual Stage Quadropol Detektor.
4.2. Auswertung
Da man mit einem GC/MS die Masse der ankommenden Teilchen misst, muss man zur
Auswertung wissen, nach welchen Massen man sucht. Zum einen sind das die Massen
der Moleküle, die man versucht nachzuweisen: Das derivatisierte Glutamat mit 233 u
und das derivatisierte Norvalin mit 189 u. Allerdings gilt es hier zu beachten, dass
die Moleküle bei der chemischen Ionisation mit einem zusätzlichen Proton (H+ ) ionisiert wurden (siehe Abschnitt 3.2). Gesucht sind also die Massen 234 u beziehungsweise
190 u. Da aber so große ionisierte Moleküle sehr instabil sind, kommt es zur Fragmention. Zwar nicht derartig ausgeprägt wie bei der radikalischen Ionisierung durch einen
Elektronenstoß, aber dennoch ist dieser Effekt zu beachten. In Abbildung 4.1 sind die
möglichen Molekülfragmente zu sehen, die sich durch Abspalten einer der roten Gruppen bilden können. Für Glutamat sucht man also noch zusätzlich nach den Massen 174 u
und 202 u (Abbildung 4.1(a) und 4.1(b)); für Norvalin außerdem nach 174 u und 202 u
(Abbildung 4.1(c) und 4.1(d)).
19
Kapitel 4. Analyse
Philipp Stephan
O
O
O
H3 C
CH3
O
H3 C
CH3
O
O
HN
O
O
O
HN
O
CH3
O
(a) Glutamatfragmente der Masse 174 u
(Masse der abgespaltenen Gruppe: 59 u)
CH3
O
(b) Glutamatfragmente der Masse 202 u
(Masse der abgespaltenen Gruppe: 31 u)
O
O
CH3
H3 C
O
HN
O
CH3
H3 C
O
HN
O
CH3
O
(c) Norvalinfragmente der Masse
130 u (Masse der abgespaltenen
Gruppe: 59 u)
CH3
O
(d) Norvalinfragmente der Masse
158 u (Masse der abgespaltenen
Gruppe: 31 u)
Abbildung 4.1.: Typische Molekülfragmente
Ein weiteres Charakteristikum, auf das man bei der Auswertung eines GC/MS-Spektrums achten muss ist die Retentionszeit. Diese beträgt unter den hier angewandten
Versuchsbedingungen für das Glutaminsäurederivat 8 min 18 s und für das Norvalinderivat 6 min 28 s. Diese Werte lassen sich in Datenbanken nachschlagen oder durch Referenzmessungen ermitteln. Falls die Referenzmessungen von anderen Systemen stammen,
lassen sich die Zeiten mit dem sogenannten „Kovac-Index“ normalisieren und ineinander
umrechnen. [21]
Die Auswertung der Spektren (zum Beispiel Abbildung 4.2) erfolgt in zwei Schritten:
Zum einen lässt sich die ankommende Teilchenzahl am Spektrum des Gaschromatographen (Abbildung 4.2 oben) ablesen. Hier ist die Zeit an der horizontalen, die Menge an
der vertikalen Achse aufgetragen. Da das Massenspektrometer alle 0,5 s ein komplettes
Spektrum aufnimmt, lässt sich hier das Chromatogramm nach der Masse (beziehungsweise dem Masse-Ladungs-Verhältnis) filtern.
So finden wir in Abbildung 4.2 sieben verschiedene Chromatogramme, alle nach unterschiedlichen Massen gefiltert. Von oben herab:
schwarz:
m/z = 130
rot:
m/z = 158
grün:
m/z = 190
blau:
m/z = 174
gelb-grün: m/z = 202
lila:
m/z = 234
blau-grün: TIC (Total Ion Current), entspricht der ungefilterten Gesamtteilchenzahl
20
Kapitel 4. Analyse
Philipp Stephan
Abbildung 4.2.: Ein typisches Spektrum (Probe 6—Knorr, mit Norvalin, verdünnt)
So kann man die gesuchten Fragmente schnell erkennen: Sie müssten einen Peak15 im
Chromatogramm ihrer Masse bei der Retentionszeit ihrer Verbindung erzeugen. In Abbildung 4.2 sehen wir einen deutlichen Peak bei den Massen 130, 158 und 190 bei einer
Retentionszeit von 6 min 28 s. Die Mengen werden immer in Relation zum Maximum angegeben, sodass bei den Massen 202 und 234 das Untergrundrauschen, verursacht durch andere Verbindungen, etwa Dreivatisierungsreagenzien oder Verunreinigungen, sehr stark
zu sehen ist.
Um eine Verbindung nun eindeutig zu identifizieren kann man das Massenspektrum
einer bestimmten Retentionszeit ansehen: Abbildung 4.2 mitte und unten. Bei einem
Massenspektrum ist auf der horizontalen Achse die Masse (genauer: das Masse-LadungsVerhältnis) und auf der Vertikalen die Intensität aufgetragen. Bei dem mittleren Spektrum, das zur Retentionszeit 6 min 28 s aufgenommen wurde, erkennt man sehr schön
charakteristische Peaks bei den Massen 130, 158 und 190. Auch hier ist die Skala wieder
relativ, sodass bei dem unteren Spektrum zum Zeitpunkt 8 min 18 s das Untergrundrauschen prominent zu Tage tritt. Hier sind keine charakteristischen Peaks zu sehen.
15
signifikanter Spitzenwert des Messsignals über dem Grundrauschen [21]
21
Kapitel 4. Analyse
Philipp Stephan
Bei diesem Beispiel-Spektrum findet sich nur Norvalin, identifiziert an Hand der Retentionszeit von 6 min 28 s und den charakterischen Fragmentmassen 130, 158 und 190.
Glutmat mit einer Retentionszeit von 8 min 18 s und den charakterischen Fragmentmassen 174, 202 und 234 wurde nicht nachgewiesen.
Um eine quantitative Analyse durchzuführen würde man in diesem Fall ein Verfahren
mit einem internen Standard anwenden. Ein interner Standard bezeichnet einen der
eigentlich zu bestimmenden Substanz physiko-chemischen sehr ähnlichen Stoff, der zu
einem frühen Verarbeitungsschritt in bekannter Menge hinzugegeben wird. In diesem Fall
wäre das, wie in Abschnitt 2.1 erwähnt, Norvalin. Anschließend wird bei der Auswertung
des Chromatogramms das Integral16 des zu untersuchenden Stoffes mit dem internen
Standard, hier wäre das Glutamat und Norvalin, gemessen und verglichen. So lässt sich
auf die ursprüngliche Konzentration zurückrechnen. [21]
4.3. Ergebnisse
Knorr
rein
mit Norvalin
mit Norvalin, verdünnt
Sonnen Bassermann
Hausgemacht
rein
mit Norvalin
mit Norvalin, verdünnt
rein
mit Norvalin
mit Norvalin, verdünnt
gelöste Glutaminsäure
Blindprobe
rein
mit Norvalin
mit Norvalin, verdünnt
rein
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Glutamat
Norvalin
nein
nein
nein
ja
nein
nein
nein
nein
nein
nein
ja
ja
nein
nein
nein
nein
ja
ja
nein
nein
nein
nein
nein
ja
nein
ja
Tabelle 4.1.: Die Messergebnisse der Analyse
Die Ergebnisse der Auswertung der Analysespektren sind in Tabelle 4.1 abzulesen. In
keiner der untersuchten Proben wurde Glutamat gefunden (diesen Umstand werde ich in
Kapitel 5 näher behandeln), deshalb wurde im Folgenden auf eine quantitative Analyse
verzichtet. Dennoch lassen sich einige interessante Phänomene an diesen Messergebnissen
ablesen.
16
Fläche unter dem Graphen
22
Kapitel 4. Analyse
Philipp Stephan
Das Ergebnis der Probe 1 (Knorr, rein) ist in sofern verwunderlich, als das Norvalin
gemessen wurde, allerdings keines zugegeben wurde. Da Norvalin nicht natürlich vorkommt und außerdem bei der Probe 2 (Knorr, mit Norvalin) kein Norvalin gemessen
wurde, obwohl es zugesetzt wurde, handelt es sich hier offensichtlich um eine Verwechslung. Dies kann während der Aufbereitung durch das ständige Umfüllen in andere Gefäße
oder während der Messung passiert sein. Da der Umstand allerdings ziemlich eindeutig
ist, halte ich es für vertretbar, diese Außergewöhnlichkeit nicht weiter zu beachten.
Ebenfalls unerwartet ist Probe 13 , die Blindprobe. Hier wurde Norvalin nachgewiesen,
obwohl es sich nur um reines n-Hexan handelte. Ich habe beim Abfüllen dieser Probe
besonders darauf geachtet, dass keine Verwechslung vorliegt, da sie befüllt, geschlossen
und beschriftet wurde, während sich die anderen Proben in der Zentrifuge befanden.
Eine Verwechslung bei der eigentlichen Messung ist auch sehr unwahrscheinlich. Zwar
findet sich in Probe 11 (gelöste Glutaminsäure, mit Norvalin) wider Erwarten kein
Norvalin, doch eine Verwechslung scheidet aus, da bei der Blindprobe die gemessene
Gesamtmenge aller Stoffe viel kleiner war, als bei anderen Proben, denen Norvalin zugegeben worden war, zumal diese Probe nicht einmal verdünnt war. Erklären lässt sich die
positive Blindprobe durch ein Phänomen, dass man „carry-over“ [21] nennt. Dabei werden
kleine Mengen des Analyts von einem Messvorgang auf den nächsten Übertragen und so
das Ergebnis verfälscht. In diesem Fall befand sich noch etwas Flüssigkeit der vorherigen
Probe in der Einspritzanalge des Gaschromatographen.
Ein weiterer Effekt, der sich an einigen der aufgezeichneten Chromatogrammen beobachten lässt, ist das sogenannte „fronting“ [21] . Es bezeichnet die Asymmetrie der Peaks
eines Chromatogramms. Normalerweise stellen sich die Peaks eines Chromatogrammss
annähernd wie eine Gaußsche Normalverteilung dar (siehe Abbildung 4.3(a)). Dies hängt
mit der mittleren Retentionszeit zusammen, die gleichmäßig in beide Richtungen abweicht, da sie durch die Interaktionsgeschwindigkeit des Analyts mit der stationären
Phase bestimmt wird. Befindet sich nun so viel Analyt in der GC-Säule, dass die Aufnahmefähigkeit der stationären Phase ausgelastet ist, kann ein Teil des Analyts ungebremst die Säule durchqueren und die „Spitze“ des Peaks verschiebt sich nach vorne
(siehe Abbildung 4.3(b)). Fronting tritt bei den Proben 1 (beziehungsweise 2 wegen
der Verwechslung), 5 und 8 auf, da all diese Proben Norvalin enhalten, aber nicht
verdünnt wurden. So ist Norvalin in so großer Menge vorhanden, dass es zum fronting
kommen konnte. Bei den verdünnten Proben mit Norvalin tritt dieser Effekt nicht auf.
(a) Normale Peaks
(b) Peaks mit fronting
Abbildung 4.3.: Unterschiedliche Peaks
23
Kapitel 5. Fehlerdiskussion und Fazit
Philipp Stephan
5. Fehlerdiskussion und Fazit
Wie bereits in Abschnitt 4.3 angemerkt, wurde in keiner der Proben Glutamat nachgewiesen. Hierfür gibt es mehrere Erklärungsansätze:
Zum einen kann es sein, dass tatsächlich keine der Suppen Mononatriumglutamat
enthält. Dies ist allerdings höchst unwahrscheinlich, da es in der Branche Gang und
Gebe ist, diesen Geschmacksverstärker zuzugeben. Bei der Suppe von Knorr war sogar
„Hefeextrakt“ in der Liste der Lebensmittelzusatzstoffe angegeben, sodass zumindest dort
etwas Glutamat enthalten sein müsste.
Es könnte auch sein, dass zwar in den Suppen Mononatriumglutamat enthalten war,
jedoch keines mehr in den Proben. Das verwendete Verfahren geht davon aus, dass das
Glutamat im Wasser der Suppen gelöst ist und nimmt keine weiteren Schritte der Extraktion vor. Befindet sich nun aber das Glutamat in Tomatensuppen in irgendeiner
Bindung mit anderen Bestandteilen der Tomate, würde es einfach durch die Zentrifugation herausgefiltert. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Glutamat in einer Bindung
unempfänglich für die Derivatisierungsreaktion wird und so der Nachweis fehlschlägt.
Allerdings hätte dann zumindest die Gegenprobe mit gelöstem Glutamat positiv sein
müssen, aber dazu später mehr.
Denn zum anderen besteht die Möglichkeit, dass zwar Glutamat in den Proben vorhanden war, es nur nicht nachgewiesen wurde. Ist der Glutamatanteil in den Suppen so
gering, dass er nicht mit dem GC/MS nachgewiesen werden kann, spricht man von Mengen unterhalb der Nachweisgrenze. Dass wäre in sofern schwierig zu beweisen, als dass
mir keine besseren Analyseverfahren zur Verfügung stehen und ich so keine Möglichkeit
habe, dieser Theorie nachzugehen. Auch hier hätte allerdings die Gegenprobe ein Resultat erzeugen müssen, da das Norvalin, welches in gleicher (Stoff-)Menge hinzugegeben
wurde, einwandfrei nachgewiesen wurde. In diesem Fall kann es also nicht an einer zu
hohen Nachweisgrenze liegen.
Viel wahrscheinlicher ist es, dass etwas mit der Methode der Derivatisierung oder
Analyse fehlerbehaftet war. Da allerdings Nils Zottmann den gleichen Versuch mit Gemüsebrühen durchgeführt hat [27] , schätze ich, dass das Verfahren an sich richtig ist und
viel mehr ich einen Fehler bei der Derivatisierung gemacht habe. Dagegen spricht jedoch,
dass die Derivatisierung und die Analyse bei Norvalin in beiden Versuchsreihen einwandfrei funktioniert haben, aber bei Glutamat nicht. Grundsätzlich kann also eigentlich kein
handwerkliches Problem vorliegen.
Gerade weil auf der einen Seite nicht einmal in der Gegenprobe mit reinem Glutamat
in Wasser keines nachgewiesen wurde, es sich aber durch den Nachweis von Norvalin
gezeigt hat, dass die Methode funktioniert, halte ich einen monokausalen Erklärungsansatz für unzureichend. Vielmehr scheint es nötig, die Suppenproben getrennt von den
Gegenproben zu betrachten. Zu diesem Zweck hat Herr Dr. Markus Krischke noch ein-
24
Kapitel 5. Fehlerdiskussion und Fazit
Philipp Stephan
mal die Derivatisierung mit Chemikalien aus seinem Institut für mich durchgeführt. In
diesem Versuchsdurchlauf konnte er Glutamat gut nachweisen. Dies legt die Vermutung
nahe, dass die Glutaminsäure meines Labors verschmutzt war, oder anderweitig nicht
einwandfrei. Was die Suppen anbelangt halte ich die Erklärung, dass das Glutamat eine
Bindung mit anderen Bestandteilen der Tomate am plausibelsten, da Niels Zottmann
das Verfahren nur erfolgreich auf Gemüsebrühen ohne großen Feststoffanteil angewendet
hat.
Wegen mangelnder Ergebnisse lässt sich so leider keinerlei Antwort auf die ursprüngliche Fragestellung finden, ob in sowohl industriell hergestellten Produkten als auch natürlichen Lebensmitteln Geschmacksverstärker enthalten sind und wie sie sich mengenmäßig
unterscheiden. So kann man auch keine Aussage darüber treffen, ob das Bedenken beim
Einsatz von Geschmacksverstärkern begründet ist, oder nicht. Festhalten lässt sich jedoch, dass ein Großteil der Gefahren, die Mononatriumglutamat zugeschrieben werden,
nicht existieren, beziehungsweise nicht belegt werden konnten. Grundsätzlich macht es
Sinn im Hinterkopf zu behalten, dass auch die Natur Geschmacksverstärker einsetzt und
man nicht sofort alles unbedacht verteufeln sollte. Ein kritischer Blick auf Lebensmittelzusatzstoffe schadet allerdings nie.
25
Anhang A. Chemikalienverzeichnis und Gefahrstoffkennzeichnung
Philipp Stephan
A. Chemikalienverzeichnis und
Gefahrstoffkennzeichnung
Chlorameisensäuremethylester
Symbole
F — Leicht entzündlich
T+ — Sehr giftig
R- und S-Sätze
R: 11-26-21/22-34
S: (1/2)-26-14-28-36/37/39-45-46-63
O
CH3
O
Cl
Dichlormethan
Cl
Symbole
R- und S-Sätze
Xn — Gesundheitsschädlich R: 40
S: 23-24/25-36/37
C
H
Cl
H
L-Glutaminsäure
O
keine Gefahrstoffkennzeichnung
O
HO
OH
NH2
n-Hexan
Symbole
R- und S-Sätze
F — Leicht entzündlich
R: 11-38-48/20-62-65-67-51/53
Xn — Gesundheitsschädlich S: (2)-9-16-29-33-36/37-61-62 H3 C
N — Umweltgefährlich
CH3
26
Anhang A. Chemikalienverzeichnis und Gefahrstoffkennzeichnung
Philipp Stephan
Methanol
Symbole
F — Leicht entzündlich
T — Giftig
R- und S-Sätze
R: 11-23/24/25-39/23/24/25
S: (1/2)-7-16-36/37-45
H3 C
OH
Norvalin
O
keine Gefahrstoffkennzeichnung
H3 C
OH
NH2
Pyridin
Symbole
R- und S-Sätze
F — Leicht entzündlich
R: 11-20/21/22
Xn — Gesundheitsschädlich S: (2)-26-28
N
Stickstoff
N
keine Gefahrstoffkennzeichnung
N
Wasser (destilliert)
O
keine Gefahrstoffkennzeichnung
H
H
27
Philipp Stephan
Literaturverzeichnis
[1] Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) §2 (3).
http://www.gesetze-im-internet.de/lfgb/__2.html, Abruf: 16.09.2012
[2] Hensel, Andreas (Hrsg.) ; Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR) (Hrsg.):
Überempfindlichkeitsreaktionen durch Glutamat in Lebensmitteln.
Version: Juli 2003.
http://www.bfr.bund.de/cm/343/
ueberempfindlichkeitsreaktionen_durch_glutamat_in_lebensmitteln.pdf,
Abruf: 30.09.12
[3] Monosodiumglutamate Compound Summary.
Version: August 2005.
//pubchem.ncbi.nlm.nih.gov/summary/summary.cgi?cid=85314,
16.09.2012
http:
Abruf:
[4] Le Maire, B. (Hrsg.):
VERORDNUNG (EG) Nr. 1331/2008 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über ein einheitliches
Zulassungsverfahren für Lebensmittelzusatzstoffe, -enzyme und -aromen.
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:
32008R1331:DE:NOT.
Version: Dezember 2008.
http://eur-lex.europa.
eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:354:0001:0006:DE:PDF, Abruf:
18.10.2012
[5] Barroso, José Manuel (Hrsg.): VERORDNUNG (EU) Nr. 234/2011 DER
KOMMISSION zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1331/2008 des
Europäischen Parlaments und des Rates über ein einheitliches Zulassungsverfahren
für Lebensmittelzusatzstoffe, -enzyme und -aromen. http://eur-lex.europa.
eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32011R0234:DE:NOT. Version: März
2011.
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Philipp Stephan
Eigenständigkeitserklärung
Ich habe diese Seminararbeit ohne fremde Hilfe angefertigt und nur die im Literaturverzeichnis angeführten Quellen und Hilfsmittel benutzt.
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