Religion und Identität junger Muslime in Deutschland

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Koranunterricht auf Deutsch, Sprachwechsel – Konfliktstoff im Moscheeverein?
Linden-Museum Stuttgart, 13.12.2006
Kaweh: Religion und Identität junger Muslime in Deutschland
Religion und Identität junger Muslime in Deutschland
Dr. Silvia Kaweh, Braunschweig
Wie eng sind Sprache und Religion mit einander verbunden, wenn wir an theologische Sakralsprache
und biographisch bedingte Muttersprache denken? Ist ein Koranunterricht auf Deutsch überhaupt
sinnvoll, wenn dieser mit eventuellen Brüchen und Transformationen im Bereich des Glaubens und
religiöser Symbole verbunden ist? Und zeigen sich diese Brüche nicht auch in einer veränderten
Einstellung zu Religion?
Sprache im Allgemeinen vollzieht sich in Sprechakten zwischen Sender und Empfänger, geht mit
Konnotationen und Assoziationen einher, die Begriffe hervorrufen. Erreichen Muslime ihre
muslimische Jugend in Deutschland überhaupt noch mit ihrer Heimatsprache? Und wer zeichnet sich
verantwortlich für die Religionsvermittlung: die Familie, der Imam, die Schule oder die Gemeinde?
Wenn wir Religion als erlebnishafte Begegnung mit dem Heiligen und antwortendes Handeln darauf
verstehen (Gustav Mensching) wirft dies die Frage auf: Wer ist heute noch so religiös geprägt, daß
gelebte religiöse Erfahrung und das Nachvollziehen dieser die sprachliche Bindung an die
Heimatsprache obsolet macht? Wie zeigt sich der Zugang zu Religion unter jungen Muslime hier in
Deutschland? Ist dieser emotional-erlebnishaft, wissensbasiert oder kritisch-rational, oder alles
zusammen?
Religion bleibt wichtig - entgegen früherer Prognosen - sowohl für die zweite wie auch teilweise dritte
Generation der vorwiegend türkischen Muslime und Musliminnen in Deutschland. Gewandelt hat
sich der Zugang zu sowie der Umgang mit religiösen Werten und Ritualen. Wird der ersten
Generation noch ein emotionaler und als selbstverständlich gelebter, eher wenig reflektierter Glaube
attestiert, so ist der Zugang zu Religion der meist schon in Deutschland aufgewachsenen Kinder ein
anderer: Er muß unter anderem in einer nicht-islamischen Umwelt den Kindern durch die Eltern
erklärt, aber auch der Mehrheitsgesellschaft plausibel gemacht werden, was einem kognitiven, eher
rationalen Umgang mit religiösen Glaubensformen und Geboten förderlich ist. So verwundert es
weniger, daß innerhalb einer Familie nicht mehr einheitliche religiöse Traditionen vorherrschen.
Die Aneignung und Weitergabe religiösen Wissens der ersten Migrantengeneration erfolgt oft noch
mit Hilfe erbaulicher Geschichten und Erzählungen. Die zweite und dritte Generation spricht diese
Form der Religionstradierung jedoch nicht mehr unbedingt an. (Kaweh 2006, Schiffauer 2000, Sandt
1996)
Der Rekurs auf den Islam erfolgt bei vielen jungen Muslimen und besonders bei den jungen
Musliminnen als Privatsache. Die Intensität der Befolgung religiöser Gebote und ritueller Pflichten ist
dem Ermessensspielraum des einzelnen überlassen. Der Zugang zum Islam ist ein individuell
selbstverantworteter. Die Ausübung ritueller Pflichten tritt für einen Großteil der zweiten (und
dritten) Generation immer mehr in den Hintergrund. Der Pflicht des Fastens wird noch am häufigsten
nachgekommen. An die Stelle äußerlicher Pflichterfüllung tritt eine verinnerlichte und freiwillige
religiöse Selbstverpflichtung.
Einig sind sich die Studien darüber, daß die untersuchten Muslime damit die „Individualisierungsund Rationalisierungserwartungen in der modernen Gesellschaft [...] aufgreifen.“ (Klinkhammer, S.
285)
http://downloads.akademie-rs.de/interreligioeserdialog/ 061213_kaweh_jungemuslime.pdf
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Idealvorstellungen
Höflichkeit, Freundlichkeit, würdiges Verhalten, eine angemessene und überlegte Haltung gelten als
Ideal guten Muslim-Seins für die erste, zweite wie dritte Generation. Der Islam wird als tolerant und
friedliebend gesehen. Immer wieder betonen junge wie ältere Muslime, daß kein Glaubenszwang
herrschen solle (vgl. auch den Koranvers Sure 2, Vers 256, Kaweh). Andersgläubigen wird nach
Aussagen der meisten Muslime mit Akzeptanz und Toleranz begegnet. Gleiches erwarten sie jedoch
auch von der Aufnahmegesellschaft.
Spezielle Normen wie sexuelle Keuschheit, Jungfräulichkeit der Frau oder Kleidergebote, wie
beispielsweise das Tragen des Kopftuches, werden im Prinzip beibehalten, wobei die Frauen das
Kopftuch freiwillig wählen. Die meisten Studien sehen hierin die Tendenz der Frauen dazu, sich nicht
nur sexuell keusch zu zeigen, sondern sich der Situation „durch die Zurücknahme ihrer Reize durch
die Verhüllung“ zu „bemächtigen“. (Klinkhammer, Jessen)
Erziehungsideale
Befragt nach ihren Erziehungsvorstellungen geben sich viele meist junge Muslime ebenfalls tolerant:
Die Weitergabe religiöser Inhalte an ihre eigenen Kinder wird weiterhin als wichtig erachtet, jedoch
sollen sie freiwillig zum Glauben finden (Biehl/Kabak, Kelek, Karakaşoğlu, Alacacioglu). Gleichzeitig
wird den Kindern auch gegenüber den Eltern ein Vetorecht eingeräumt, wenn ihre Handlungen
denen islamischer Grundsätze widersprechen.
Diese Toleranz meinen besonders junge Musliminnen auch bei ihren potentiellen Ehemännern
voraussetzen zu können. Ihnen geht es um eine „vernünftige, dem Islam gemäße Ausübung von
elterlicher [und männlicher] Autorität, die die Persönlichkeitsrechte“ der jungen Frauen wahrt. Hier
wird eine freiwillige Selbstverpflichtung vom Ehepartner gefordert, der sich als „wahrer“ Muslim
„freiwillig aus der Einsicht des Besseren heraus an die islamischen Regeln einer reziproken
Gleichberechtigung bindet.“ (Nökel, S. 137, Jessen, S. 41 )
Jedoch verstehen die Frauen unter Emanzipation eher die Freiheit, sich zu bilden, das eigene Leben
selbstbestimmt und selbstverantwortlich (in den von Gott gesetzten Grenzen) zu gestalten. Wichtig
sind ihnen weniger die Autonomie als Individuum, sondern mehr die Harmonie zwischen
Individuum und Gesellschaft. (Biehl/Kabak)
Verhältnis zu den Eltern
Die Hinwendung zu und der Rekurs auf islamische Werte und Normen vollzieht sich für die jungen
Muslime als ein „Prozeß der Selbstkonstitution als Moralsubjekt und der Selbstbehauptung.“ (Nökel,
S. 124) Die Religiosität und Zugehörigkeit zum Islam ermöglicht den jungen Muslimen die
Veränderung ihrer persönlichen Situation. Dadurch gewinnen diese Distanz zu den Eltern und zu
bestehenden Lebensbedingungen.
Eine Vorbildfunktion scheinen die meisten Eltern der ersten Generation für die zweite Generation in
nicht mehr so starkem Maße einzunehmen. Zumindest scheint sich hier ein Perspektivenwechsel
anzudeuten. Manche jungen Frauen nehmen sich eher männliche Attitüden zum Vorbild.
(Klinkhammer, Nökel)
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Weitergabe religiösen Wissens
Ein unterschiedlicher Zugang zu religiösem Wissen scheint wohl ausschlaggebend für die Kritik zu
sein, die die Muslime der zweiten (und dritten) Generation direkt oder indirekt an ihren Eltern üben.
Dabei kann man immer wieder herauslesen, daß die Weitergabe religiösen Wissens durch die Eltern
an die Kinder nicht störungsfrei erfolgt. Dabei reicht das Spektrum der gegen die Eltern
vorgebrachten Kritik vom Vorwurf des überholten, mechanisch, eklektizistisch und spontan statt
systematisch vermittelten Islam bis hin zu dem Vorwurf, von den Eltern zu sehr kontrolliert zu
werden oder dem Gefühl des Im-Stich-Gelassenseins.
Eine Studie zeigt - ohne jedoch explizit darauf einzugehen - dieses widerspruchsvolle Verhältnis von
religiöser Wissensaneignung und Wissensvermittlung. Die meisten Jugendlichen sehen die
Aneignung religiösen Wissens als wichtig an. Dabei bewerten die Kinder die Kompetenz ihrer Eltern
in der religiösen Wissensvermittlung teilweise noch höher als die des Imams der jeweiligen
Moscheegemeinde, in der sie Koranunterricht erhielten. Dennoch zeigen die einfachen
Wissenskontrollfragen, daß die Weitergabe religiösen Wissens weder durch die Moscheegemeinde
noch durch die Eltern erfolgreich war.(Alacacioglu)
Der Besuch der Koranschulen ist seit den siebziger Jahren (mit 60 Prozent) rückläufig. Heute
schwankt die Zahl der Koranschüler zwischen 15 und 22 Prozent. (Frühjahrsumfrage 2005)
Insgesamt besteht eine relativ große Nachfrage nach fundierter religiöser Unterweisung. Wobei man
dabei auch ruhig mal zur „Konkurrenz“ geht. 70 Prozent der türkischen Kinder und Jugendlichen, die
beispielsweise die Korankurse des Verbandes islamischer Kulturzentren (VIKZ) besuchen,
entstammen nicht dem Umkreis des quasi-mystisch orientierten VIKZ, sondern aus anderen
türkischen Konkurrenzverbänden wie der Milli Görüs oder der DITIB. Nicht wenige Eltern - und
meist sogar eher die Mütter - sind darum bemüht, ihr religiöses Bildungsdefizit aufzuholen, indem sie
teilweise mit ihren Kindern die Korankurse des VIKZ gemeinsam aufsuchen. Oft ist die Begeisterung
der Kinder besonders der Mädchen ausschlaggebend für diese Entscheidung.
Allerdings nehmen die meisten Eltern ihre Kinder nach Erreichen eines bestimmten für sie
ausreichenden religiösen Wissenstandes und dem Erlernen muslimischer Benimm-Regeln wieder
zeitig aus den Korankursen heraus. ( Jonker 2002)
Auch die Erziehungsvorstellungen einiger türkischen Pädagogikstudentinnen lassen erkennen, daß
sich diese, was ihre eigenen Kinder anbetrifft, ebenfalls auf einen Minimalkonsens beschränken. Ihnen
genügt die Weitergabe von Basiskenntnissen über ihre Religion. Wichtig sind ihnen die Einhaltung
der Geschlechtertrennung und die Beachtung islamischer Speisevorschriften. (Karakasoglu, Zentrum
für Türkeistudien) Kritik an muslimischen Verbänden
Nicht wenige Eltern vermissen jedoch eine organisierte Jugendarbeit islamischer Vereine. Und auch
viele muslimische Jugendliche bezeichnen die Angebote der muslimischen Gemeinschaften als
„unprofessionell, unzureichend und uninteressant.“ (Frühjahrsumfrage 2005).
Den jungen Muslimen geht es um einen authentischen, der Aufrichtigkeit in der Lebensführung
verpflichteten Islam. Die bisher durch Eltern oder das muslimische gesellschaftliche Umfeld
ausgeübte Außenkontrolle wird durch eine Selbstkontrolle ersetzt. Oft wird eine Handlung vor ihrer
Ausführung erst einmal auf ihre Kompatibilität mit islamischen Geboten hinterfragt. Man will sich
selbst vervollkommnen, perfekt sein. Bleiben Fragen ungeklärt, liest man in islamischen Quellen nach
und bildet sich selber ein Urteil. Koran und Sunna stehen hoch im Kurs, wenn es um
Wissensaneignung geht. Jedoch greifen die Jugendlichen auch zu anderen Schriften, die über den
Islam informieren, Handlungsanleitungen geben oder eine Argumentationsgrundlage bieten in der
Auseinandersetzung mit der Mehrheitsgesellschaft.
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Deutschsprachiger Islam
Die islamische Szene in Deutschland stellt sich als ein »prinzipiell offenes Diskursfeld« (Schiffauer)
dar, in dem teilweise noch diskutiert wird, was islamisch bzw. nicht-islamisch ist. In diesem Diskurs
reflektieren Muslime einerseits die mögliche Bewahrung oder auch Neuinterpretation islamischer
Werte, die Befolgung islamischer Pflichten, die Formen innerislamischen Zusammenlebens in
Deutschland, andrerseits auch mögliche Kongruenzen mit dem Wertehorizont der nichtmuslimischen deutschen Mehrheitsgesellschaft. Geführt wird der muslimische Diskurs in der
Öffentlichkeit immer mehr in deutscher Sprache. Dies zeigt sich in einer steigenden Präsenz
muslimischer Gemeinschaften und Privatinitiativen im Internet, in Presseerklärungen und mitteilungen der beiden Dachverbände Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland und dem
Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) im Namen der ihnen angehörenden Vereinsmitglieder.
Unterrichtseinheiten von muslimischen Privatinitiativen werden teilweise bewußt in deutscher
Sprache verfaßt, Bücher und Zeitschriften in deutscher Sprache publiziert, die sich sowohl an
Muslime wie teilweise auch an Nichtmuslime wenden.
Deutschkenntnisse sichern erst die Teilhabe an einem von allen geteilten öffentlichen Raum. Ein
innermuslimischer Diskurs über nationale Grenzen hinweg hat die Chance, sich der deutschen
Sprache zu bedienen, mittels derer muslimische Deutungsmuster kommuniziert werden können, die
unabhängig von Sprache und Nation existieren. Mit der Entscheidung vieler Muslime seit Ende der
achtziger Jahre, nicht in ihre Heimatländer zurückzukehren, stieg auch das Bedürfnis, die Weitergabe
islamischer Werte und Normen in der Diaspora sicherzustellen. Und dies geschieht mittlerweile auch
vermehrt in deutscher Sprache, wenn man die Printmedien berücksichtigt, die von muslimischen
Gemeinschaften in deutscher Sprache publiziert werden.
Hier bietet sich ein vielfältiges Spektrum religionsvermittelnder außerschulischer deutschsprachiger
Printmedien islamischer Gemeinschaften in Deutschland dem interessierten muslimischen wie
nichtmuslimischen Leser an. Freitagspredigten, Festtagsansprachen anläßlich einer MoscheeEröffnung, Gebete, religiöse Lieder und Gedichte, Kommentare zu bestimmten Koranpassagen oder
zu überlieferten Aussprüchen und Handlungen des Propheten Muhammad, die islamische
Lebensweise in der Diaspora thematisierende Ratgeberliteratur, Erzählungen zum Leben
Muhammads, seiner Zeitgenossen und der Kalifen, Lehrbücher für ein Selbststudium zu Hause, und
vieles mehr stehen dem muslimischen und nicht-muslimischen Leser zur Verfügung.
Allein über 300 Bücher in deutscher Sprache sind seit 1990 in Deutschland erschienen. Rund 25
religionstradierende Zeitschriften sind in deutscher Sprache erhältlich oder über das Internet
abrufbar. Über 90 religionsvermittelnde muslimische Kinder- und Jugendbücher in deutscher Sprache
liegen in muslimischen Buchläden, in Moscheen und muslimischen Verbänden aus. Ein Islam in
deutscher Sprache hat schon längst Gestalt angenommen. Ein Koranunterricht auf Deutsch resultiert
daraus als logische Konsequenz. Welchen Niederschlag der islamische Diskurs in der
Unterrichtspraxis finden wird, wird sich zeigen.
Kinder- und Jugendliteratur
Ein kurzer Blick auf die außerschulische deutschsprachige religiöse Kinder- und Jugendliteratur zeigt
hier eine große Spannbreite. Viele der Bücher und Zeitschriften widmen sich der
Selbstvergewisserung als Muslime mit einer gemeinsamen Erinnerungskultur. Beschworen werden
hier die Vorbilder Muhammad, die rechtgeleiteten Kalifen und die muslimische Idealgemeinschaft
zur Zeit Muhammads, die Umma. Andere schildern die erneute Hinwendung zum Islam als eigenen,
selbst gewählten Weg, als Frage des Lebensstils und der Verinnerlichung muslimischer Werte. Hier
überwiegt - im Gegensatz zum rituellen Pflichtcharakter - der selbstbestimmte und kognitive Weg
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zum Islam. Manche Schriften betonen die gleichberechtigte Handlungsautarkie von Mann und Frau
und brechen damit patriarchalische Strukturen in ihren Erzählungen auf.
Während wiederum andere Printmedien die religiösen Glaubensunterschiede zwischen Christen und
Muslimen als Kulturdifferenz, begründet in der heutigen Areligiosität der Christen sehen, findet sich
daneben auch Literatur, die die Abschottung von der deutschen Ausnahmegesellschaft empfiehlt.
Hier werden ethische Werte nur in den eigenen religiösen Kontext gestellt und islamische Religion
und Kultur ausschließlich in Abgrenzung zur außerislamischen Umgebung definiert.
Islam in der Defensive
Muslime sehen sich - wie fast alle Studien beobachten – meist in der Defensive.
Rechtfertigungsstrategien müssen entworfen werden, die vor der skeptischen Mehrheitsgesellschaft
bestehen können. Abstand gewinnen möchten viele von einem Fremdbild über den »Islam«, das die
islamische Kultur und ihr religiöses Wertesystem in Zweifel zieht. Hier zeigt sich, daß der Diskurs
unter Muslimen in der Diaspora auch als Kampf um Anerkennung geführt wird. (Abdel-Samad,
Tietze, Schiffauer, Nökel, Kaweh, Jessen) Es bleibt abzuwarten, wie dieser sich in Abhängigkeit zur
Mehrheitsgesellschaft - aber auch - unter Muslimen selbst - gestalten wird.
Dr. Silvia Kaweh ist Islam- und Religionswissenschaftlerin. Sie ist zur Zeit Lehrbeauftragte am Lehrstuhl für
Religionswissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und wissenschaftliche Mitarbeiterin am GeorgEckert-Institut für Internationale Schulbuchforschung in Braunschweig.
Literatur:
Abdel-Samad, Hamid: Radikalisierung in der Fremde? Muslime in Deutschland, in: EKD (Hrsg.): Christen und
Muslime. Verantwortung zum Dialog, Darmstadt 2006, S. 181- 193
Alacacioglu, Hasan: Deutsche Heimat Islam, Münster 2000
Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen (Hrsg.): Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für
Ausländerfragen über die Lage der Ausländer in der BRD, Berlin und Bonn 2002, Dies: 6. Bericht zur Lage der
Ausländer in Deutschland, Berlin 2005
Biehl, Frauke, Kabak, Sevim: Muslimische Frauen in Deutschland erzählen über ihren Glauben, hrsg. vom Senator
für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales der Freien Hansestadt Bremen und von der Bremischen
Evangelischen Kirche, Frankfurt a.M. 1999
Deutsche Shell (Hrsg.): Jugend 2000. 13. Shell Jugendstudie, Band 1 und 2, Opladen 2000
Frese, Hans-Ludwig: Den Islam ausleben. Konzepte authentischer Lebensführung junger türkischer Muslime in der
Diaspora, Bielefeld 2002
Islam-Archiv: Frühjahrsumfrage, Soest 2005
Jannat, Masud: Iranische Flüchtlinge im deutschen Exil. Problem einer Abstiegssituation, Diss., Universität
Marburg 2005 (elektronische Publikation)
Jessen, Frank/Wilamowitz-Moellendorf: Das Kopftuch – Entschleierung eines Symbols? Zukunftsforum Politik,
Broschürenreihe, hrsg. von der Konrad-Adenauer-Stiftung, Nr.77, Sankt-Augustin/Berlin Sept. 2006
Jonker, Gerdien: Eine Wellenlänge zu Gott. Der Verband der Islamischen Kulturzentren in Europa, Bielefeld 2002 8
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Karakasoglu-Aydin, Yasemin: Muslimische Religiosität und Erziehungsvorstellungen. Eine empirische
Untersuchung zu Orientierungen bei türkischen Lehramts- und Pädagogik-Studentinnen in Deutschland,
Frankfurt/M. 2000
Kaweh, Silvia: Integration oder Segregation. Religiöse Werte in muslimischen Printmedien, Nordhausen 2006
Dies.: IV-1 Sunnitischer und schiitischer Islam/Islam in Deutschland, in: Klöcker, Michael, Tworuschka, Udo
(Hg.), Handbuch der Religionen. Kirchen und Glaubensgemeinschaften in Deutschland. Landsberg/Lech 1997
und die Ergänzungslieferungen 1998, 1999, 2000, eine ausführliche Überarbeitung erschien im November 2005
Kelek, Necla: Islam im Alltag. Islamische Religiosität und ihre Bedeutung in der Lebenswelt von Schülerinnen und
Schülern türkischer Herkunft, Münster 2002
Klausen, Jytte: Europas muslimische Eliten. Wer sie sind und was sie wollen, Frankfurt a. M. 2006
Klinkhammer, Gritt: Moderne Formen islamischer Lebensführung. Eine qualitativ-empirische Untersuchung zur
Religiosität sunnitisch geprägter Türkinnen in Deutschland, Marburg 2000
Nökel, Sigrid: Islam und Selbstbehauptung - Alltagsweltliche Strategien junger Frauen in Deutschland, in: KleinHessling, Ruth/ Nökel, Sigrid/ Werner, Karin (Hrsg.): Der neue Islam der Frauen. Weibliche Lebenspraxis in der
globalisierten Moderne -Fallstudien aus Afrika, Asien und Europa, Bielefeld 1999
Sandt, Fred-Ole: Religiosität von Jugendlichen in der multikulturellen Gesellschaft. Eine qualitative Untersuchung
zu atheistischen, christlichen, spiritualistischen und muslimischen Orientierungen., Münster 1996
Schiffauer, Werner: Die Gottesmänner: Türkische Islamisten in Deutschland, Frankfurt a. M. 2000
Tietze, Nikola: Islamische Identitäten. Formen muslimischer Religiosität junger Männer in Deutschland und
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Yousefi, Reza, Hamid: Gustav Mensching Leben und Werk. Ein Forschungsbericht zur Toleranzkonzeption, Reihe:
Bausteine zur Mensching-Forschung, Bd. 1, Würzburg 2002
Zentrum für Türkeistudien (Hrsg.): Euro-Islam - Eine Religion etabliert sich, November 2004
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