Vincenz Bronzin`s Modell

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Vincenz Bronzin’s Modell Referat zum Buch „Vinzenz Bronzin´s Option Pricing Models" anlässlich der Buchvorstellung vom 16. Okt. 2009 in der Deutschen Börse, Frankfurt am Main
Wolfgang Hafner, Windisch
13.10.2009 Vorlage erstellt mit Unterstützung von Prof. Heinz Zimmermann, Basel
Inhalt des Vortrages
• Zur Vorgeschichte der Formel von Black, Scholes und Merton
• Bronzin‘s Buch „Theorie der Prämiengeschäfte“
• Gründe, warum Bronzin sein Werk verfasste
• Zusammenfassung und Ausblick
Historischer Hintergrund Black­Scholes [1973]. Das Werk von Black, Scholes, und Merton – und sein Hintergrund
 Basiert auf Louis Bachelier [1900]
 In den 50iger Jahren „entdeckte“ Leonard Savage die Arbeit von Bachelier und zeigte sie Paul A Samuelson
 Samuelsons schrieb 1965 einen ersten Artikel  1970 befassten sich F Black und M Scholes mit dem Thema
 Merton schrieb anschliessend einen Artikel basierend auf Black­Scholes Resultaten
 1973 Publikation beider Artikel (nach 2 Ablehnungen)
 Black starb 1995
 1997 Nobelpreis für Merton, Scholes (and Black)
Bachelier’s Dissertation [1900].
• Dissertation bei Henri Poincaré
 Bewertet mit Durchschnittsnote  Beitrag Bacheliers
 Aktienpreise als (trend­
lose) „Zufallsbewegung“
 Charakterisierung des Pro­
zesses in kontinuierlicher Zeit: Diffusionsgleichung  Wiener Prozess
 Schlussfolgerungen aus Bacheliers Ueberlegungen:
 Quadratwurzelformel für Volatilität (σ √T)
 Normalverteilte Preisänderungen  Bewertung von Call­ und Put­Optionen
Wiener Prozess. σ2T
σ√T
Normalverteilung oder „Fehlergesetz“.
• Der Wienerprozess impliziert eine Normalverteilung für Preisänderungen
Bronzin‘s Buch [1908]
Verteilungsfreie Resultate
Verteilungsbezogene Resultate
Eindrücke aus Bronzin‘s Buch. • Grafiken
• Texte
Eindrücke aus Bronzin‘s Buch. Viel Mathematik
Bronzin‘s Beitrag. • Konsistente Terminologie für Termin­ (forwards) und Prämiengeschäfte (options)
• Konsequenter mathematischer Ansatz
• Praxisorientiert, direkt mit der Verteilung verbunden
• Bronzin: spekulative Preise können nicht voraus­
gesagt werden. Führt zu: Wahrscheinlichkeitstheorie zur Preisfestsetzung von Derivaten
• Informelle Bedeutung von Marktpreisen (Termin­
kurse) • „risikoneutrale Preise“
• „faire Preise“ als Grundlage für Finanzkontrakte (Prinzip der Rechtmässigkeit)
Bronzin‘s Beitrag
• Äquivalenz, Deckung und Arbitrage; ­ Ableitung der put­call­Parität
­ Arbitrage (risikoloser Profit ohne Investition)
• verschiedene Verteilungsmöglichkeiten • Bemerkt die wichtige Beziehung zwischen den Preisen für Prämiengeschäften, ihren Ableitungen (im Bezug auf den Ausübungspreis) und die unterliegenden Verteilung der Preise
• „pricing kernel“ • Entwickelt Formeln für „Noch­Kontrakte“ zu Bronzin‘s Buch. Kritische Einwände:
• Keine dynamische Analyse der unterliegenden Prozesse • Keine Begründung für die Wahl unterschiedlicher Verteilungsfunktionen
Merkwürdiges:
• Abruptes Ende
• Keine Erwähnung des Buches in späteren Publikationslisten
Höhepunkte in Bronzin‘s Arbeit.
 Die put­call­Parität*
­ Für symmetrische Kontrak­
te (Ausführungspreis = Terminpreis B)
­ Für asymmetrische Kon­
trakte (Ausführungspreis B + M, M>0)
* Nicht im modernen Sinn, da M sich auf den Terminpreis bezieht
Höhepunkte in Bronzin‘s Arbeit
Grundlegendes Verständnis, dass zum Zeitpunkt des Ab­ schlusses Käufer und Verkäufer gleiche Chancen haben:
Höhepunkte in Bronzin‘s Arbeit
Die Feststellung von Arbitrage­Profiten
Bronzin‘s Grundsätze für gedeckte Kontrakte:
Kontrakte mit „unfairem“ Preis
Risikoloser Profit Kontrakte mit fairem Preis
Keine Profit
Höhepunkte in Bronzin‘s Arbeit
6 abschliessende Formeln für unter­
schiedliche Verteilungsmuster
– Konstante Verteilung
– Trianguläre Verteilung
– Parabolische Verteilung
– Exponentielle Verteilung
– Fehlergesetz (Normalverteilung)
– Bernoulli Theorem (Binominal­
verteilung)
Höhepunkte in Bronzin‘s Arbeit
Höhepunkte in Bronzin‘s Arbeit
• Im Speziellen eine Formel basierend auf dem „Fehlergesetz“ (Normalverteilung) – Grund: Terminpreis ist der wahrscheinlichste Preis – Abweichung vom aktuellen Preis entspricht der Abweichung vom vorteilhaftesten Preis
– Das Fehlergesetz hat lange Tradition. Höhepunkte in Bronzin‘s Arbeit • Bronzin‘s Formel nach dem Fehlergesetz:
2 Ziele des Buches:
• Lehrmittel
• Hilfsmittel für Praxis (vgl. untenstehende Tabelle)
Beziehung zu Black­Scholes
• Die Black­Scholes­Formel gründet auf der Annahme, dass der natürliche Logarithmus der Aktienpreise normalverteilt ist.
• Grund: Empirische Erfahrungen und theoretische Ueberlegungen ln
(Aktienpreis)
0
F
Aktienpreis
Beziehung zu Black­Scholes
• Von Bronzin zu Black/Scholes
– Ersetze „normale“ mit „log­normalen“ Variabeln
– Füge die Zeit­Dimension hinzu
– Vgl. dazu Kapitel 5.5.2 im Buch
Haltung des führenden k.u.k.­Mathematikers Gustav von Escherichs zu Bronzin‘s Buch
• „Es ist kaum anzunehmen, dass die bezüglichen Resultate einen beson­
deren praktischen Wert erlangen können, wie übrigens der Verfasser selbst andeutet.“
(Monatshefte für Mathematik und Physik, 1910)
• „So wenig als einen Königsweg gibt es in der Mathematik einen Ingen­
ieursweg, und sie gleichsam als Anhängsel der Anwendung entwik­
keln, hiesse sie ihres allgemeinen Charakters entkleiden und damit ein unschätzbares Instrument unserer Erkenntnis unbrauchbar machen“. (Inaugurationsrede 1903)
Warum schrieb Bronzin sein Werk?
• Zeitgeist
• Breites Wissen über Wahrscheinlichkeitsrechnungen (i.S. Versicherungsmathematik)
• Emotional hochgeschaukelte, negative Haltung zur Spekulation Zeitgeist
„... es war das goldene Zeitalter der Sicherheit. Alles in unserer fast tausendjährigen österreichischen Monarchie schien auf Dauer gegründet.... Wer ein Vermögen besass, konnte genau errechnen, wieviel an Zinsen es alljährlich zubrachte, der Beamte, der Offizier wiederum fand im Kalender verlässlich das Jahr, in dem er avancieren werde und in dem er in Pension gehen würde.... Dieses Gefühl der Sicherheit war der erstrebenswerte Besitz von Millionen, das gemeinsame Lebensideal. Nur mit dieser Sicherheit galt das Leben als lebenswert....; das Jahrhundert der Sicherheit wurde das goldene Zeitalter des Versicherungswesens. Man assekurierte sein Haus gegen Feuer und Einbruch, sein Feld gegen Hagel und Wetterschaden, seinen Körper gegen Unfall und Krankheit....“ (Zweig, Stefan: Die Welt von Gestern) Starke Entwicklung des Börsenhandels
• Während der 80iger Jahre des 19. Jh. entfielen rund 75% aller Abschlüsse auf Zeitgeschäfte
• Rund 60% waren „rein spekulative Zeitgeschäfte in Aktien“ Entwicklung der Wahrscheinlichkeits­
theorien
• Physik (Boltzmann)
• Bedeutung der Versicherungsmathematik
i.S. Unterscheidung zwischen Spiel/statistisch be­
gründeter Risikoweitergabe
• Wahrscheinlichkeitsrechnen wurden breit unterrichtet
Aus: Bronzin, Lehrbuch der Politischen Arithmetik, Wien/Leipzig 1906
„Zum Gebrauch an Höheren Handelsschulen“
Haltung zur Spekulation
• Um 1900 stark negative Haltung zur Spekulation
– Börse als „Giftbaum“ (Preuss. Verkehrsminister)
– „Hängt die Börsenjuden“ (Zwischenruf k.u.k. Parlament)
• „Mathematisierung“ als Ausweg Zusammenfassung und Ausblick
• Anfangs des 20. Jahrhunderts bestanden die wesentlichen Grundlagen zur Berechnung von Optionspreisen
• Gesellschaftlich­politische Rahmenbedingungen verhinderten die Durchsetzung dieser Innovationen • Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung zur Integration der verschiedenen Nationen schlug fehl • 1933 wurden die Termingeschäfte in Deutschland verboten
Bronzin‘s Werk und dessen Missachtung als „ferner“ Spiegel unserer Zeit: Fragen nach der Arbeit zu Bronzin‘s Buch
Besteht die Gefahr, dass gerade der „rationale“ Umgang mit Unsicherheiten emotionale Unsicherheiten verstärkt und zum Bedarf nach anderen Formen der Sicherheit führt?
Wie weit wird durch mathematische Modelle eine Sicher­
heit und Realitätsnähe vorgetäuscht, die es in Wirklichkeit nicht gibt? Inwiefern widerspiegelt die Ablehnung gegenüber dem Einsatz mathematischer Modelle in Börsentransaktionen einer grundsätzlichen emotionalen Ablehnung der Spe­
kulation? Generiert der fortgesetzte Bedarf nach Sicherheit nicht zusätzliche Unsicherheit? (Komplexität)
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