Institut für Stochastik Prof. Dr. N. Bäuerle · Dipl.-Math. S. Urban Lösungsvorschlag 8. Übungsblatt zur Vorlesung Finanzmathematik I Aufgabe 1 (Hedging Amerikanischer Optionen) Wir sind in einem arbitragefreien endlichen Finanzmarkt mit Periodenende T ∈ N. Sei Q ein äquivalentes Martingalmaß, H = (Ht )t=0,...,T eine Amerikanische Option und Z := (Zt )t=0,...,T mit ½ ¾ Ht HT , Zt := max , EQ [Zt+1 | Ft ] , t = 0, . . . , T − 1, ZT := BT Bt die Snell-Einhüllende des diskontierten Anspruchs. Z ist ein Supermartingal. Wir wenden Doob’s Zerlegungssatz an und finden damit ein Martingal M = (Mt )t=0,...,T und einen P-f.s. fallenden, Fvorhersagbaren Prozess A = (At )t=0,...,T mit A0 = 0 und Zt = Mt + At , t = 0, . . . , T. Wie üblich bezeichnen wir mit τ ∗ die optimale Ausübungsstrategie, die wir aus Z ablesen können: ½ ¾ Ht τ ∗ := inf Zt = . Bt t∈{0,...,T } ∗ Aus der Vorlesung wissen wir, dass die bei τ ∗ gestoppte Snell-Einhüllende Z τ := (Zt∧τ ∗ )t=0,...,T ein Martingal ist. Vergleichen wir mit der Martingaldarstellung von oben, muss also Zt = Mt bzw. At = 0 gelten für alle 0 ≤ t ≤ τ ∗ . Ebenfalls aus der Vorlesung bekannt ist, wie man eine Amerikanische Option hedgt: Dazu betrachtet man den Martingalteil M der Snell-Einhüllenden Z. Sowohl dessen Endwert MT als auch das Vielfache MT BT =: H̃ davon sind erreichbare Zahlungsansprüche. Die zugehörige Hedgingstrategie sei mit φ bezeichnet. φ ist dann ebenfalls eine Hedgingstrategie für die Amerikanische Option H. Mit der risikoneutralen Bewertungsformel läßt sich der Wert des Hedgingportfolios zur Zeit τ ∗ als Preis von H̃ auffassen. Wir setzen im nächsten Schritt die Definition von H̃ ein und nutzen aus, dass M ein Martingal ist. Bis einschließlich zur Zeit τ ∗ stimmt Z mit M überein, woraus wir unmittelbar die gewünschte Gleichheit erhalten: " # ¯ ¯ H̃ ¯ Fτ ∗ Vτφ∗ = Bτ ∗ E BT ¯ = Bτ ∗ E [MT | Fτ ∗ ] = Bτ ∗ Mτ ∗ = Bτ ∗ Zτ ∗ Hτ ∗ = Bτ ∗ Bτ ∗ = Hτ ∗ . Aufgabe 2 (Einen Amerikanischen Put hedgen) Gegeben sei folgender endlicher Finanzmarkt mit Zinsrate r = 5%: 1 S1 (u) = 22 S0 = 20 S1 (d) = 16 S2 (u, u) = 26 S2 (u, d) = 20 S2 (d, u) = 18 S2 (d, d) = 10 Wir wollen einen Amerikanischen Put H auf S mit Strike K = 21 hedgen. Aus der letzten Übung kennen wir die optimale Strategie ( 1, ω ∈ {(d, u), (d, d)} ∗ τ (ω) = . 2, ω ∈ {(u, u), (u, d)} Eine Amerikanische Option hedgt man, indem man ihre Snell-Einhüllende (Zt ) bestimmt und dieses Supermartingal mit Doob’s Zerlegungsssatz als Summe aus einem Martingal (Mt ) und einem fallenden Prozess schreibt. Aus der Vorlesung wissen wir, dass die Strategie, mit der man den erreichbaren aufdiskontierten Anspruch (Mt Bt ) hedgt, auch eine Hedgingstrategie für (Ht ) ist. In Aufgabe 1 haben wir gesehen, dass Z bis zum optimalen Stoppzeitpunkt τ ∗ ein Martingal ist, also bis dort hin mit M übereinstimmt. Da wir ohnehin nur bis τ ∗ hedgen wollen, müssen wir die Doob-Zerlegung nicht berechnen, sondern können genausogut den Anspruch (Zt Bt )t=0,...,τ ∗ hedgen. Die benötigten Werte von Z haben wir schon ausgerechnet: Z0 = 4600 , 3969 Z1 (u) = 580 , 1323 Z2 (u, u) = 0, 400 , 441 400 Z2 (d, u) = , 147 4400 Z2 (d, d) = . 441 Z2 (u, d) = Z1 (d) = 100 , 21 Hedgingstrategien werden immer von “hinten nach vorne” berechnet, weil man den Endwert des Hedgingportfolios kennt. Sei (αt , βt )t=0,1 unsere Hedgingstrategie. Für den Fall, dass wir im ersten Zeitintervall eine Kursentwicklung nach oben beobachtet haben, stoppen wir erst am Ende und beginnen mit dem Hedging im rechten oberen Teilbaum: ! Z2 (u, u)B2 = Z2 (u, d)B2 = ! α1 (u)S2 (u, u) + β1 (u)B2 , α1 (u)S2 (u, d) + β1 (u)B2 ⇐⇒ α1 (u) = β1 (u) = 1 Z2 (u, u)B2 − Z2 (u, d)B2 =− , S2 (u, u) − S2 (u, d) 6 α1 (u)S2 (u, u) 5200 Z2 (u, u) − = . B2 1323 Den unteren rechten Teilbaum müssen wir nicht betrachten, denn falls der Aktienkurs im ersten Intervall fällt, stoppen wir bereits zum Zeitpunkt t = 1. Formal setzen wir α1 (d) = β1 (d) = 0. Im ersten Baum haben wir schließlich ! Z1 (u)B1 = Z1 (d)B1 = ! α0 S1 (u) + β0 B1 , α0 S1 (d) + β0 B1 ⇐⇒ α0 = β0 = Z1 (u)B1 − Z1 (d)B1 143 =− , S1 (u) − S1 (d) 189 α0 S1 (u) 64660 Z1 (u) − = . B1 3969 2 Aufgabe 3 (Down-and-Out als Amerikanische Call-Option) Wir wollen die Amerikanische Option H = (Ht )t=0,...,3 mit Ht = (St − K)+ 1min{S0 ,...,St }>B , Strike K = 12 und Barriere B = 8 im CRR-Modell mit 3 Stufen bewerten, u = 54 , d = 45 , r = 5% und S0 = 10, und die optimale Ausübungsstrategie herausfinden. Die Idee zur Lösung ist die selbe wie in Aufgabe 2: Bestimme die Kurswerte von Bond und Aktie zu jeder Zeit, leite daraus den Wert des Zahlungsanspruchs zu jeder Zeit ab, bestimme das risikoneutrale Maß und rechne damit die Snell-Einhüllende aus, notiere für jeden Pfad die kleinste Zeit, zu der sie mit dem diskontierten Zahlungsanspruch übereinstimmt, als Ausübungsstrategie und erhalte schließlich den Startwert der Snell-Einhüllenden als Preis der Option. Die notwendigen Rechnungen übernimmt das im Rahmen der Praxisaufgabe (Aufgabe 4 von Blatt 7) angefertigte Programm. Die einzelnen Ergebnisse sind: • Kurswerte des Bonds (B0 , . . . , B3 ): [1,] 1 1.05 1.1025 1.157625 • Kurswerte der Aktie (S0 (ωi ), . . . , S3 (ωi ), i in der ersten Spalte): [1,] [2,] [3,] [4,] [5,] [6,] [7,] [8,] 10 10 10 10 10 10 10 10 12.5 12.5 12.5 12.5 8.0 8.0 8.0 8.0 15.625 15.625 10.000 10.000 10.000 10.000 6.400 6.400 19.53125 12.50000 12.50000 8.00000 12.50000 8.00000 8.00000 5.12000 • Zahlungsanspruch H zu jeder Zeit und für jeden Pfad (wie oben): [1,] [2,] [3,] [4,] [5,] [6,] [7,] [8,] 0 0 0 0 0 0 0 0 0.5 0.5 0.5 0.5 0.0 0.0 0.0 0.0 3.625 3.625 0.000 0.000 0.000 0.000 0.000 0.000 7.53125 0.50000 0.50000 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 5 • Es gilt q = 1+r−d u−d = 9 . Man findet die Snell-Einhüllende Z wie unten angegeben. Hier ist die Baumstruktur in der Matrix notiert; Wer möchte, kann dort, wo ein NA notiert ist, den Wert von Z finden, indem er in der selben Spalte mit dem Finger bis zum ersten auf diese Weise erreichten Eintrag nach oben fährt. [1,] 1.234027 2.221249 3.8062844 6.5057769 [2,] NA NA NA 0.4319188 [3,] NA NA 0.2399549 0.4319188 [4,] NA NA NA 0.0000000 [5,] NA 0.000000 0.0000000 0.0000000 3 [6,] [7,] [8,] NA NA NA NA NA 0.0000000 NA 0.0000000 0.0000000 NA NA 0.0000000 Wir haben hier auch schon den Preis gesehen, es ist der Z0 entsprechende erste Eintrag links oben: π A (H) = 1.234027. • Man sieht schon an H (oder an Z), dass es bei einer Abwärtsbewegung im ersten Schritt egal ist, wann man stoppt, denn die Auszahlung ist dann in jedem Fall und zu jedem noch kommenden Zeitpunkt Null. Wir haben τ ∗ so definiert, dass in solchen Fällen beim ersten Zeitpunkt gestoppt wird, zu dem Z mit dem diskontierten Zahlungsanspruch übereinstimmt und erhalten daher τ ∗ (ω1 ), . . . , τ ∗ (ω8 ) als [1] 3 3 3 3 1 1 1 1 Genauso optimal wäre es, in jedem Fall bis zum Ende zu halten, eine frühzeitige Ausübung ist also möglich, aber nicht nötig. Aufgabe 4 (Optimale Strategie für den Amerikanischen Put) Wir betrachten eine Amerikanische Put-Option im CRR-Modell, Ht = (K − St )+ für alle t. Sei Ṽt (s) wie in der Vorlesung der Preis der Option zur Zeit t, wenn St = s der korrespondierende Preis der zu Grunde liegenden Aktie ist. a) Wir wollen zeigen, dass s 7→ Ṽt (s)+s nicht-fallend ist für t = 0, . . . , T . Zunächst gilt nach Definition ṼT (s) = (K − s)+ ≥ 0, s > 0. (1) Wir gehen rückwärtsinduktiv vor. Für t = T gilt ( K, ṼT (s) + s = (K − s) + s = s, + s≤K K<s und das ist eine nicht-fallende Funktion in s. Wegen (1) ist ṼT (s) ≥ 0 und damit auch Ṽt (s) ≥ 0, t = 0, . . . , T, s > 0, (2) als Maximum aus einem ersten Argument und einer nichtnegativen Zahl. Als nächstes rechnen wir 1 (qu + (1 − q)d) = 1 1+r (3) durch Einsetzen von q = 1+r−d u−d nach. Es gelte nun die gewünschte Aussage oberhalb eines festen t ∈ {0, . . . , T − 1}. Wir gehen induktiv von (t + 1 → t) und folgern aus Obigem für s > 0 ½ ´¾ 1 ³ + Ṽt (s) = max (K − s) , q Ṽt+1 (us) + (1 − q)Ṽt+1 (ds) 1+r ½ ´¾ 1 ³ (2) = max K − s, q Ṽt+1 (us) + (1 − q)Ṽt+1 (ds) ⇐⇒ 1+r ½ ´¾ 1 ³ Ṽt (s) + s = max K, s + q Ṽt+1 (us) + (1 − q)Ṽt+1 (ds) 1+r ³ ´ ³ ´ 1 (3) q Ṽt+1 (us) + us +(1 − q) Ṽt+1 (ds) + ds . (4) = max K, 1+r | {z } | {z } (F) (F) Wegen 0 < d < u sind auch ds, us > 0 und wir können die Induktionsvoraussetzung an den mit (F) markierten Stellen anwenden. Es folgt direkt die Behauptung. 4 b) Wir wollen t 7→ Ṽt (s) ist nicht-wachsend für s > 0 zeigen und bemühen dazu direkt eine Rückwärtsinduktion über t: Für alle s > 0 erfüllt das Paar (T − 1, T ) ½ ´¾ 1 ³ = ṼT −1 (s). ṼT (s) = (K − s)+ ≤ max (K − s)+ , q ṼT (us) + (1 − q)ṼT (ds) 1+r Nun gelte die geforderte Eigenschaft für das Paar (t + 1, t). Für alle s > 0 folgern wir daraus 1 + Ṽt (s) = max (K − s) , q Ṽt+1 (us) +(1 − q) Ṽt+1 (ds) | {z } | {z } 1+r ≤Ṽt (us) ≤Ṽt (ds) ½ ´¾ 1 ³ + = Ṽt−1 (s). ≤ max (K − s) , q Ṽt (us) + (1 − q)Ṽt (ds) 1+r c) Wir wollen zeigen, dass es Zahlen x∗0 ≤ x∗1 ≤ · · · ≤ x∗T = K gibt, sodass die optimale Ausübungsstrategie τ ∗ geschrieben werden kann als τ ∗ = inf {St ≤ x∗t } . t=0,...,T Betrachte (4). Wir wissen aus Teil a), dass die rechte Seite in s wächst. Da das erste Argument K der Maximumsfunktion konstant ist, wächst also das zweite Argument der Maximumsfunktion. Wir wissen aus der Vorlesung und den Eigenschaften der Snell-Einhüllenden, dass wir optimalerweise stoppen, wenn zum ersten Mal K das Ergebnis der Maximumsfunktion ist. Es gibt also ein kleinstes s, sodass die rechte Seite gerade genau so groß ist wie K, für das also die Stoppregel ausgelöst wird. Genauer gilt für den Maximisator der Stufe t ∈ {0, . . . , T − 1} ³ ³ ´ ³ ´´ ( 1 Option jetzt ausüben, K ≥ q Ṽ (us) + us + (1 − q) Ṽ (ds) + ds t+1 t+1 1+r ft∗ (s) = weiter warten, andernfalls und wir wählen x∗t ½ := inf s≥0 ´ ³ ´´¾ 1 ³ ³ K= q Ṽt+1 (us) + us + (1 − q) Ṽt+1 (ds) + ds . 1+r Wir dürfen hier Gleichheit fordern, denn wir haben es mit in s stetigen Funktionen zu tun. In der letzten Stufe t = T stoppen wir, sobald s = K gilt, denn es gilt ja gerade ṼT (s) = (K − s)+ . Insgesamt gilt für die optimale Stoppzeit also wie behauptet τ∗ = inf t=0,...,T {St ≤ x∗t } . Die behauptete aufsteigende Ordnung der x∗t müssen wir noch zeigen. Das ist richtig, da Ṽt (s) in t fällt, vergleiche Teil b). Gehen wir also von t zu t+1, müssen wir s länger wachsen lassen, bis K das Ergebnis des Maximums ist. Wir erhalten wie gewünscht die Anordnung x∗0 ≤ x∗1 ≤ · · · ≤ x∗T = K. 5