Einfache Derivate - Mathematics TU Graz

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Einfache Derivate
Stefan Raminger
4. Dezember 2007
Inhaltsverzeichnis
1 Begriffsbestimmungen
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2 Arten von Derivaten
2.1 Forward . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Future . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4
5
3 Berechnung von Optionspreisen
3.1 allgemeine Eigenschaften von Optionspreisen . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Auswirkungen einer Veränderung einer Variablen auf den Optionspreis . .
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6
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1
Begriffsbestimmungen
Derivat
Ein Derivat ist ein Finanzmarktinstrument, dessen Wert sich auf den Wert von Handelsgütern bezieht. Diese Basiswerte sind meist Rohstoffe oder Finanzprodukte wie z.B.
Aktien, aber auch andere Produkte. Dabei ist wichtig, dass der Wert des Derivats zwar
vom Wert des Basiswertes abhängig ist, aber nicht mit diesem gleichzusetzen ist.
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underlying asset, Basiswert
Unter underlying asset oder Basiswert versteht man einen Vertragsgegenstand, z.B. Rohstoffe oder Finanzprodukte, auf die sich ein Derivat bezieht.
Derivat-Börsenhandel
Eine Derivat-Börse ist ein Markt, auf dem Einzelpersonen, Firmen oder (Geld)Institute
mit von der Börse festgelegten Verträgen handeln. Dabei ist es nicht von Nöten, dass
sich die beiden Vertragsparteien kennen. Es genügt zu wissen, dass jemand ein bestimmtes Handelsgut verkaufen und ein anderer dieses kaufen möchte. Hierbei muss die Börse
die Durchführung des Handels garantieren. Die ersten Börsengeschäfte, bei denen mit Verträgen gehandelt wurde, sind auf der Getreide-Börse in Chicago 1848 durchgeführt worden.
Over-the-counter - Handel
Jeder kann mit jedem einen Vertrag schließen, ohne sich dabei an Standardisierungen, wie
sie auf einer Börse gefordert sind, halten zu müssen. Die Durchführung dieser Geschäfte
passiert heutzutage meist per Telefon oder Internet (oftmals zwischen zwei Geldinstituten
oder zwischen einem Geldinstitut und seinen Kunden). Im Gegensatz zum Börsenhandel
gibt es beim Over-the-counter - Handel ein Risiko, dass der Vertrag nicht eingehalten bzw.
nicht in der ausgehandelten Form erfüllt wird.
long position, short position
Wenn man mit Derivaten handelt, geht man eine long oder short position ein. Eine Partei
geht die long position ein und erklärt sich damit einverstanden, einen Basiswert zu den
bestimmten Konditionen zu kaufen. Analog ist der, der die short position besetzt, bereit
das Handelsgut zu verkaufen.
Spot price
Darunter versteht man den aktuellen Preis eines Basiswertes. D.h. dieser Wert gibt an,
wieviel man für eine Einheit eines Handelsguts zahlen muss, wenn man sofort (zum aktuellen Zeitpunkt) kaufen würde. In der Literatur wird der Spot-Preis zum Zeitpunkt t meist
mit St bezeichnen.
Ausübungspreis
Dies ist der Preis, der am Ende der Laufzeit eines Vertrages zu zahlen ist. Diesen Wert
bezeichnen die meisten mit K. Der Spot-Preis am Ende der Laufzeit eines Vertrages ist
fast immer unterschiedlich zum Ausübungspreis. Genau auf diese Differenz wird spekuliert.
2
Arbitrage
Arbitrage nennt man den risikolosen Profit beim Handel von Finanzgütern. Hierbei werden
die verschiedenen Situationen bezüglich Angebot und Nachfrage auf verschiedenen Märkten genutzt.
Ein Beispiel: Eine Aktie hat in Wien einen Kurs von 20 Euro und in Frankfurt von
22 Euro. Ich kaufe in Wien die Aktie und verkaufe sie in Frankfurt. So mache ich pro Aktie
einen risikolosen Gewinn von zwei Euro.
Auf Grund der Tranzparenz des Marktes ist Arbitrage nur kurz möglich, da sich dann
Angebot und Nachfrage wieder ausgleichen. Auch wenn in gewissem Umfang auf realen
Märkten Arbitrage möglich ist, so geht man in der Finanzmathematik von einem idealisierten Finanzmarkt aus, auf dem kein Arbitrage möglich ist. Dieses N o−Arbitrage−P rinzip
ist Grundlage für die Preistheorie von Finanzmärkten.
2
2.1
Arten von Derivaten
Forward
Ein Forward ist ein Einverständnis, ein Handelsgut zu einem bestimmten Zeitpunkt zu
bestimmten Konditionen zu kaufen bzw. zu verkaufen. Diese Art von Vertrag wird meist
zwischen Geldinstituten für Währungshandel geschlossen.
Der Gewinn bzw. Verlust einer der Vertragsparteien berechnet sich wie folgt:
long position: St − K
short position: K − St
Beispiele für die Nutzung eines Forwards:
Annahme: Man kann sich Geld mit 5% Zinsen Geld borgen oder dieses mit 5% Verzinsung
pro Jahr verleihen. Ein Aktie hat einen Spot-Preis von $60.
Bsp. 1: In diesem Beispiel wird ein Forward-Vertrag mit Laufzeit T = 1 Jahr mit Ausübungspreis von $70 angeboten:
Ein Anleger leiht sich nun Geld, um diese Aktie zu kaufen und schließt gleichzeitig einen
Forward-Vertrag ab, mit dem er diese Aktie in einem Jahr zu einem Wert von $70 verkauft.
Mit der Verzinsung seines Kredits muss er am Ende des Jahres $63 zurückzahlen, bekommt
aber durch den Verkauf durch den Forward-Vertrags $70 für die Aktie. So macht er einen
(risikolosen) Gewinn von $7.
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Bsp. 2: Es wird ein Forward-Vertrag mit Ausübungspreis von $60 pro Aktie und Laufzeit
T = 1 Jahr angeboten:
Ein anderer Anleger ist im Besitz dieser Aktien. Er verkauft diese um $60 pro Aktie und
verleiht dieses Geld für ein Jahr mit 5% Verzinsung. Bei dem Verkauf der Aktien geht er
den Forward-Vertrag ein. Nach Ablauf des Jahres bekommt er $63 für seinen gewährten
Kredit von $60 und kauft auf Grund des Forwards die Aktien zurück. So hat er nach dem
einen Jahr wieder die selbe Anzahl an Aktien und pro Aktie $3 (risikolosen) Gewinn.
In beiden Beispielen macht der Anleger sicheren Gewinn. Aber durch den Abschluss eines
Forwards kann es sein, dass der Gewinn nicht maximiert wurde. Im ersten Beispiel hätte
der Anleger ohne Abschluss eines Forwards mehr Gewinn gemacht, wenn der Aktienkurs
auf über $70 gestiegen wäre.
Im zweiten Beispiel macht der Anleger sogar Verlust, wenn der Aktienkurs bis zum Ende
der Laufzeit des Vertrages um mehr als 5% unter $57 fällt:
V erlust = (St − K + 3)·#Aktien.
Auf Grund des Forwards ist er verpflichtet, die Aktien, auch dann zu kaufen, wenn der
Aktienkurs derart stark gesunken ist.
In diesem Beispiel sieht man, dass mit Forward-Verträgen (bzw. Future-Veträgen, siehe
unten) und weiteren geeigneten Umständen Arbitrage möglich ist (zumindest in geringem
Umfang).
2.2
Future
Ein Future ist einem Forward sehr ähnlich. Futures sind Verträge, in denen sich zwei
Parteien darauf einigen, eine bestimmte Menge eines bestimmten Basiswertes zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu kaufen. Futures werden meist auf Börsen gehandelt
und die Verträge haben somit standardisierte Inhalte. Meist werden Futures auf Rohstoffe
oder Finanzprodukte abgeschlossen.
Im Gegensatz zu einem Forward-Vertrag müssen sich die Geschäftspartner eines FutureVertrages nicht kennen. Die Börse garantiert nach dem Abschluss des Vertrages die Durchführung
des Geschäftes. Aus diesen Gründen ist es ausreichend zu wissen, dass jemand ein Handelsgut zu einem bestimmten Wert kaufen oder verkaufen möchte.
kurzer Einblick in den Future-Handel
Käufer und Verkäufer eines Basiswertes finden sich und einigen sich auf Menge, Preis pro
Einheit und den Zeitpunkt. Um einen derartigen Vertrag zu schließen, fallen weder für die
long, noch für die short position Kosten an.
Meist gibt es jedoch keinen Realhandel, sondern es kommt zu einer sog. Closing − Out −
P osition. Das heißt, dass z.B. der Inhaber einer long position einen weiteren Vertrag abschließt, in dem er short position für das selbe asset zum selben Termin eingeht. Aus der
Differenz der beiden Ausübungpreise ergibt sich der Gewinn bzw. Verlust des Anlegers,
ohne jemals das Handelsgut wirklich besessen zu haben.
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Wert eines Futures
Der Wert eines Futures ist abhängig von Angebot und Nachfrage des Basiswertes. Wenn
z.B. mehr Holz angeboten als gekauft wird, sinkt der Preis für Holz und somit der Wert
einer Future auf Holz. Analog: steigt der Preis für Holz und der Wert der Future, wenn
das Angebot sinkt bzw. die Nachfrage steigt.
2.3
Optionen
Eine Option gibt dem Besitzer das Recht einen Basiswert zu bestimmten Konditionen zu
kaufen bzw. zu verkaufen, verpflichtet ihn aber nicht dazu. Aus diesem Grund muss man
für den Erhalt eines Optionsscheines zahlen. (Im Gegensatz dazu kostet es nichts in einen
Forward- oder in einen Future-Vertrag einzusteigen.)
Grundtypen von Optionen:
• Call-Option: gibt dem Besitzer die Möglichkeit zu kaufen.
• Put-Option: gibt dem Besitzer die Möglichkeit zu verkaufen.
Hierbei geht derjenige, der die Option anbietet, die short position für die Option ein. Man
sieht, dass es dafür egal ist, ob man dann der Käufer oder Verkäufer des Basiswertes ist.
wichtige Arten von Optionen:
• Amerikanische Option: man kann den Basiswert bis zum Ende der Frist zum
Ausübungspreis kaufen bzw. verkaufen.
• Europäische Option: man kann den Basiswert am Ende der Frist, und nur am
Ende, zum Ausübungspreis kaufen bzw. verkaufen.
• Asiatische Option: man kann den Basiswert am Ende der Frist kaufen bzw. verkaufen. Der Ausübungspreis entspricht dem Durchschnittswert des Preises des Handelsgutes über die gesamte Laufzeit des Vertrages.
Es gibt noch viele weitere Arten von Optionen, auf die ich aber in dieser Arbeit nicht näher
eingehen möchte.
Wie wird eine Option geschlossen?
Jemand bietet eine Option an. D.h. er bietet an, eine bestimmte Menge eines bestimmten
Basiswert zu einem festgesetzten Preis zu (bzw. bis zu) einem festgelegten Zeitpunkt zu
kaufen bzw. zu verkaufen.
Es wird ein Käufer für diese Option gesucht. Wenn sich dieser findet, legt man den Preis
des Optionsscheines (das Recht ein asset zu kaufen bzw. zu verkaufen) pro Einheit des
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Basiswertes fest. Wenn sich Käufer und Verkäufer der Option auf einen Preis einigen, wird
diese geschlossen und der Preis für den Optionsschein sofort bezahlt.
3
Berechnung von Optionspreisen
Aufgabe der Mathematik ist es, Optionspreise zu berechnen, die Bestimmung von angemessenen Ausübungpreisen und die Berechnung des Wertes von Derivaten. Weiters sollen mit
Hilfe von mathematischen Methoden Risiken und wahrscheinliche Gewinne bzw. Verluste
besser abgeschätzt werden können.
Dabei werden meist folgende Annahmen getroffen:
1. Es gibt keine Arbitragemöglichkeit
2. Es gibt keine Transaktionskosten.
3. Man hat immer die Möglichkeit, Geld zu einer risikolosen Zinsrate r anzulegen bzw.
auszuleihen.
Der Preis muss so bestimmt werden, dass sowohl der Käufer als auch der Verkäufer der
Option damit einverstanden sind. D.h. gesucht ist ein fairer Preis.
3.1
allgemeine Eigenschaften von Optionspreisen
Betrachten wir nun Faktoren, die den Preis von Aktienoptionen beeinflussen:
• derzeitiger Aktienpreis (S0 )
• Ausübungpreis (K)
• Zeit bis zum Verfallsdatum der Option(T )
• Volatilität des Aktienpreises (σ)
• risikolose Zinsrate (r)
• erwartete Dividende während der Laufzeit
Unter Volatilität versteht man ein Maß für die Unsicherheit des Aktienkurses.
Wird eine Dividende ausgeschüttet, verringert sich dadurch der Aktienwert.
Anmerkungen
Der Wert einer amerikanischen Option ist größer als der Wert einer europäischen, da diese
dem Käufer der Option mehr Flexibilität einräumt.
Optionen werden oft dazu verwendet, um Geschäfte zu hedgen.
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3.2
Auswirkungen einer Veränderung einer Variablen auf den
Optionspreis
In folgender Tabelle betrachten wir den Effekt, den die Vergrößerung einer dieser Variablen
auf den Optionspreis hat.
Variable
S0
K
T
σ
r
Dividenden
Europäische
Call-Option
+
−
?
+
+
−
Europäische
Put-Option
−
+
?
+
−
+
Amerikanische
Call-Option
+
−
+
+
+
−
Amerikanische
Put-Option
−
+
+
+
−
+
+ ... Preis steigt
− ... Preis sinkt
? ... unbekannt
Für den Fall, dass sich eine Variable verkleinert: die + sind durch − zu ersetzen und
umgekehrt.
Literatur
[1] John C. Hull: Options, Futures and Other Derivates, Pearson Prentice
Hall, 2006, 6. Auflage
[2] Robert J. Elliott, P.Ekkehard Kopp: Mathematics of Financial Markets,
Springer-Verlag (Springer Finance), 1999
[3] Hansjörg Albrechter: Finanz- und Versicherungsmathematik 1, Version
2006
7
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