Begriffe der Astrologie - Beck-Shop

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Begriffe der Astrologie
Von Abendstern bis Zwillingsproblem
von
Jürgen Hamel
1. Auflage
Begriffe der Astrologie – Hamel
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
Thematische Gliederung:
Geschichte der Naturwissenschaften, Formalen Wissenschaften & Technik
Harri Deutsch 2010
Verlag C.H. Beck im Internet:
www.beck.de
ISBN 978 3 8171 1785 7
Inhaltsverzeichnis: Begriffe der Astrologie – Hamel
Jürgen Hamel
Begriffe der Astrologie
Von Abendstern bis Zwillingsproblem
Mit ebook
auf CD-ROM
Verlag
Harri
Deutsch
Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7
Begriffe der Astrologie
Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7
Der Autor
Dr. phil. Jürgen Hamel ist Lehrbeauftragter für Astronomie und die Geschichte
der Physik und Astronomie sowie Mitglied mehrerer nationaler und internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften. Er verfasste sowohl populäre als auch
wissenschaftliche Bücher und Aufsätze zur Geschichte der Astronomie und ist
Herausgeber der Schriftenreihe Acta Historica Astronomiae.
Die Webseite zum Buch
http://www.harri-deutsch.de/1785.html
Der Verlag
Wissenschaftlicher Verlag Harri Deutsch GmbH
Gräfstraße 47
60486 Frankfurt am Main
[email protected]
www.harri-deutsch.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
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ISBN 978-3-8171-1785-7
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1. Auflage 2010
© Wissenschaftlicher Verlag Harri Deutsch GmbH, Frankfurt am Main, 2010
Druck: betz-druck GmbH, Darmstadt <www.betz-druck.de>
Printed in Germany
Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Lexikalischer Teil
1
87
Literaturverzeichnis
723
Personenverzeichnis
739
Informationen zum ebook
762
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Einleitung
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Einleitung
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»Was heißt und zu welchem Ende studiert man Astronomiegeschichte« – so sei etwas frei Friedrich Schillers akademische Antrittsrede in
Jena zitiert (F. Schiller 1789). Sicherlich bedarf die Beschäftigung mit
dem Denken unserer Vorfahren einerseits keiner weiteren Begründung,
andererseits liegt der Reiz der Geschichte in der Einsicht der stetigen
Entwicklung unseres Denkens und all dessen, was mit menschlichem
Tun zusammenhängt. Mit guten Gründen hielten die Menschen stets
das, was sie dachten und taten, für richtig, für die Wahrheit, für das
überhaupt Erstrebenswerte, das auf ewig Gültige – ihre Vorstellungen
von den Himmelskörpern, von der Welt, vom menschlichen Zusammenleben, ihrer gesellschaftlichen Verfassung überhaupt. Aber ebenso
unerbittlich erwies sich dies jedes Mal als Irrtum, erwiesen sich Erkenntnisse als falsch, wandelten sich Überzeugungen in Irrtümer, traten neue
gesellschaftliche Ansichten und Zustände auf den Platz der Geschichte.
Betrachtungen zur Vergangenheit können uns möglicherweise empfänglich machen anzunehmen, dass auch das, was wir heute denken, was
wir wissen und wie wir leben, genauso nur ein Durchgangsstadium
eines historischen Ablaufs ist, dessen Ende wir nicht erfassen können.
Oder, um es mit Goethe zu sagen: »Alles was entsteht, ist wert, daß es
zugrunde geht.«
Begeistert als höchste Kunst gepriesen, als Blendwerk des Teufels verdammt – die Astrologie; mit dem Mantel eines Ehrfurcht gebietenden
Alters geziert – oder getarnt; einstmals auf dem Höhepunkt wissenschaftlicher Forschung mit vielen wichtigen weltanschaulichen Ahnungen durchsetzt und genauso niederdrückendes Gestirnsschicksal (vgl.
J. Hamel 1987). Eine Kette von Widersprüchen durchzieht die Geschichte der Astrologie bis hin zum heutigen Gebrauch für bloßen finanziellen
Gewinn.
Diese Widersprüchlichkeit zwingt uns zu einem stets historisch konkreten Urteil. Pauschale Wertungen führen nur in die Irre. Es muss
Verständnis für die Astrologie geweckt werden. Nicht in der Hinsicht,
dass der Astrologie im System der heutigen Wissenschaft ein Platz zugewiesen werden soll. Verständnis heißt hier vornehmlich: Begreifen, wie
die Menschen vergangener Zeiten zu einer Lehre kamen, die uns heute
teilweise so unbegreiflich, ja sogar widersinnig erscheint. Allzuleicht
gerät der Wissensstand heutiger Tage zum Maßstab der Beurteilung
eines mittelalterlichen Gelehrten. Richtig ist dementgegen, die Astro-
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Einleitung
logie als Erscheinung der Wissenschaftsgeschichte, weiter gefasst der
Kulturgeschichte zu begreifen, die aus den Bedingungen ihrer Zeiten
zu verstehen ist. Lange galt die Astrologie im öffentlichen Bewusstsein
als hoch achtbare Lehre und erfreute sich der Förderung von Päpsten,
Kaisern, Königen und Universitäten. Und schließlich: Möchte nicht jeder
Mensch wenigstens etwas von dem wissen, was ihm die Zukunft bringt?
Außerdem schien es, dass die Astrologie ebenso wie für das Einzelschicksal auch Vorhersagen für das Wetter, die Ernte, für ein nützliches,
also Erfolg versprechendes Handeln im alltäglichen Leben geben könne. Sollte dies nicht Grund genug sein, sich intensiv dem Studium der
Gestirne zu widmen oder wenigstens aufmerksam den astrologischen
Jahreskalender zu Rate zu ziehen?
Die Resultate heutiger Forschungen der Astrophysik lassen erkennen,
in welcher Weise der Mensch tatsächlich ein kosmisches Wesen ist, in
seinem natürlichen Leben an Bedingungen und Prozesse des Kosmos
geknüpft. Daraus erwachsen ganz neue Einsichten in die Einheit des
Weltganzen. Der Kosmos beginnt nicht außerhalb der Erde, sondern wir
sind ein Teil des Kosmos.
Solange weder die notwendigen Ergebnisse astronomischer Forschung
noch die Verallgemeinerungen der Philosophie greifbar waren, musste
der Gedanke der Stellung des Menschen in einem kosmischen Organismus zwangsläufig spekulativ bleiben. Die Astrologie in ihrer ganzen
bunt schillernden Vielfalt ist ein Ausdruck dieser Weltsicht. Den alten
Astrologen, ja schon den Priestern der vor Jahrtausenden blühenden
Naturmagien und Naturreligionen, gebührt das Verdienst, die Frage der
Stellung des Menschen in der Welt erfasst zu haben und sie im Sinne
einer tiefen und steten Einbindung des Menschen in die Welt für sich
beantwortet zu haben. Diese Einsicht hat die langen Zeiten überdauert.
Die alten Detaillösungen blieben freilich nur im Rahmen ihrer sozialen
Verhältnisse anerkannt. Zwischenzeitlich glaubte der Mensch, sich als
Herr über die Natur erheben zu können – bis ihn die Natur selbst eines
besseren belehrte. Eine Rückkehr zu Magie, zu symbolischer Weltdeutung, zu psychologischen Bildern unseres Fühlens und Denkens bietet
unter den Bedingungen einer fortschreitenden technisierten Gesellschaft
für die meisten Menschen keine Alternative. Nur der schwierige Weg
der Verbindung eines Lebens im Einklang mit der Natur im Rahmen
eines von Wissenschaft und Technik geprägten Lebens erscheint auf
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Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern
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Dauer aussichtsreich und ist dennoch Gegenstand so vieler politischer
Kontroversen und privater Widerstände. Auf diesem Weg steht der
Mensch noch ganz am Anfang, nicht zu vergessen, welch großer Teil
der Menschheit mit den modernen Errungenschaften des Lebens noch
gar nicht in Berührung gekommen ist oder höchstens dessen negative
globale Konsequenzen zu spüren bekommt.
Im weiten Nachdenken über die Stellung des Menschen in der Welt wird
es nicht ohne Interesse sein, zurückzublicken, wie man dies früher sah,
wie die Alten die Frage zu beantworten suchten. Wir werden hier auf
Schritt und Tritt auf eine andere, uns fremde Welt stoßen, manches wird
Erstaunen, manches Heiterkeit hervorrufen. Beides zu unterstützen ist
Absicht. Um Geschichte lebendig zu machen, ist es ein gutes Mittel, die
alten Autoren selbst zu Wort kommen zu lassen, deshalb finden sich
oft Zitate aus alten Büchern und Handschriften. Sie gewähren mit ihrer
klaren, oft derben Sprache einen guten Eindruck von der Denkweise
unserer Vorfahren, Jahrhunderte in die Vergangenheit zurück.
Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern
»welch Glück, ich bin Merkur und meine Liebste Venus«, mag vor mehr
als 400 Jahren der Benutzer eines heute in Gotha aufbewahrten astrologischen Kalenders gedacht haben, und er schrieb in den Text: »Ego
mercurius ipsa venus.« Sein befreites Aufatmen verwundert uns nicht,
denn Gutes wusste sein Büchlein z. B. für die Kinder des Mars nicht zu
bieten:
» Ich bin zornig, mager, hellig
Hytzig, kriegerisch, misshellig
Ich stech, schlach, streit oder vecht
Also tut auch mein geslecht
So ich in meinen heusem ston
Dem wider und dem scorpion
So wurk ich vasst nach meiner art
Ich mach krieg und widerpart
Also thund meine kind
Prennen, rauben und mörden
ubel thun das ist mein orden. «
Und was ist über Venus gesagt? »Ich still krieg und auch neyd / Und bin
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Einleitung
frölich zu aller zeit.« Etwas unentschieden ist dagegen der wechselhafte
Merkur:
» Mit den guten bin ich gut,
den pösen sterck ich iren müt.
Mein kind hubsch und können schreiben
Und bey den Leuten freud treiben . . .
Selig und weis mach ich den man
Darzu, das er wol reden kan. «
Da kann man sich freuen, etwas Sonneneinfluss zu haben: »Ich pin
glückselig / edel und vein, Also seinn auch die kinder mein« oder am
besten den Jupiter als Spender echten Glücks zum Geburtsgestirn:
» Züchtig, tugendhafft und güt
Sittig, weise und wolgemüt
kunstreich . . . bin ich und meine kinder alle . . .
Er und gut kan ich geben
Schauer, wetter und lannges leben. «1
Weder in der Vergangenheit noch heute gibt es die Astrologie als verbindliches Lehrsystem. Nicht jeder Astrologe behauptet, im Detail das
Schicksal aus den Sternen lesen zu können. Im Gegensatz zur mittelalterlichen Volksastrologie, die auf dem Grundsatz der weitgehenden
Abhängigkeit des Schicksals von den Sternen beruht, reduziert die gelehrte Sterndeutung die kosmischen Einflüsse auf die Vorgabe einer Tendenz.
Während in der durch Bildungsprivilegien begünstigten Oberschicht
der Grundsatz »Die Sterne zwingen nicht, sie machen nur geneigt« weite Anerkennung fand, blieb in der Volksastrologie dem Menschen oft
nur wenig Freiheit. Fast das ganze Leben war vom Einfluss der Gestirne
beherrscht, hinter dem in der christlich geprägten Astrologie der Wille
Gottes stand, der sich in Himmelszeichen offenbarte.
Neben der christlichen Religion hat wohl nichts das Denken und Handeln der Menschen im europäischen Mittelalter so sehr beeinflusst wie
die Astrologie. Kein Bereich des Geistes blieb von ihr unberührt. Gleich,
ob Medizin, Wettervorhersage, Alchemie, Theologie, Politik, Geschichte,
Kalenderwesen – überall spielten astrologische Gesichtspunkte eine
deutliche oder gar dominierende Rolle.
1
Medizinisch-astrologischer Volkskalender 1981, Bd. 2, S. 33, 50–53
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Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern
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Vorformen der Astrologie finden wir in den vor- und frühgeschichtlichen Gestirnskulten, mit der diesen zugrunde liegenden Vorstellung
der engen Beziehung des Menschen zur Natur, die Himmelskörper eingeschlossen. Die Vorstellung vom kosmischen Organismus, wie er in der
späteren gelehrten Sterndeutung zum Ausdruck kommt, ist eine Erahnung
der Einheit der Welt. Solange diese nicht mit den Mitteln moderner Forschung und darauf aufbauender philosophischer Verarbeitung erfassbar
war, musste sich diese Universalität in teils phantastischen Konstruktionen äußern. Auch die Astrologie ist hier historisch einzuordnen. Seit
dem Ende des 17. Jahrhunderts verlor sie vor dem Richterstuhl der Vernunft ihre Existenzberechtigung. Neue soziale Verhältnisse schufen neue
geistige Ansprüche. Die Fortschritte der astronomischen Forschung
brachten wesentliche neue Erkenntnisse, die das Weltbild entscheidend
veränderten. Dennoch bleibt die Astrologie als historische Erscheinung
ein interessantes Feld der Forschung. »Man verliert nicht seine Zeit,
wenn man untersucht, womit Andere ihre Zeit verloren haben«, so entschuldigte 1899 ein französischer Historiker seine Beschäftigung mit der
Astrologie. Eine solche verschämte Begründung ist heute nicht mehr
notwendig – oder ist sie es doch? Dass die Geschichte der Astrologie
kein Beitrag zur Geschichte der menschlichen Narrheit ist, stellte schon
Franz Boll, einer der besten wissenschaftlichen Kenner dieses Gebietes,
kategorisch fest, und dem ist nicht zu widersprechen.
Es mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, eine Geschichte
der Astrologie bis in steinzeitliche Kulturen zurückzuverfolgen, beginnen doch solcherart Darstellungen in der Regel erst bei den alten
Babyloniern und Ägyptern. Dennoch hat dies seine Berechtigung, denn
ohne diesen weiten zeitlichen Rückgriff muss es unklar bleiben, wie die
Menschen im Verlaufe von Jahrtausenden auf den Gedanken kamen,
am Himmel etwas für das irdische Leben Bestimmendes entdecken zu
können. Dies sei hier im weiten inhaltlichen Rahmen als der astrologische
Gedanke bezeichnet. Freilich ist das, was unter diesem Aspekt dargestellt
wird, noch keine Astrologie mit einem bestimmten, mehr oder minder
fest umrissenen Regelsystem. Es sind in Naturkulte, in Gestirnskulte
eingebettete Toten- und Fruchtbarkeitskulte, die infolge ihrer Bindung
an den Himmel als frühe Himmelskunde bezeichnet werden können. Im
selben Maße, mit derselben Berechtigung, wie dies in die Geschichte der
Astrologie integriert wird, könnte es für die Geschichte der Astronomie
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Einleitung
gelten. Beides findet sich hier in denselben Vorformen, geprägt durch ein
magisches, mythisches, ja emotional geprägtes Weltverständnis. Dies
entbehrt nicht gänzlich rationaler Züge und ist von einem gewissen
Verständnis von Zahl und Maß, von Regelmäßigkeiten und Ausnahmen
geprägt.
An manchen Bauten vergangener Epochen finden wir Visuren in Richtung zum Auf- und Untergangsort der Sonne am Tag der Frühlingsund Herbst-Tagundnachtgleiche (Frühlings- bzw. Herbstanfang) sowie
zum Sommer- und Wintersolstitium (Sommer- bzw. Winteranfang). Für
solche Ortungslinien sind gelegentlich gewaltige Steinsetzungen angelegt worden, von denen wohl Stonehenge in England die bekannteste
ist. Die Hauptvisur weist in Richtung des Sonnenaufgangs zur Wintersonnenwende. Gewaltige Steinblöcke, bis zu 7 m hoch, wurden zu einer
mehrfach gegliederten Anlage zusammengefügt. Ähnliche Steinkreise,
wenn auch weniger imposant, gibt es im Nordwesten Europas in großer
Zahl.
Abb. 1: Der gewaltige Hügel der Anlage von Newgrange (Irland) mit einem
Durchmesser von 79–85 m.
Die Sitte, kultische Bauwerke nach astronomischen Daten auszurichten,
findet sich in allen Erdteilen. Die mittelamerikanische Maya-Tempelanlage in Uaxactun zeigt einen direkten Bezug zur Sonne. Steht man auf
der Pyramide VII, ist der Sonnenaufgang zu verschiedenen Jahreszeiten
in der Richtung dreier anderer Tempel zu sehen: über dem nördlichen
am Sommeranfang, dem mittleren zu den Tagundnachtgleichen und
über dem südlichen zum Winteranfang. Die Hopi-Indianer errichteten im Chaco Canyon (USA-Staat New Mexico) ein Gebäude, an dem
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Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern
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durch ein Felsspalten-Visier die Sonne in ihrem nordöstlichsten Aufgang
wahrgenommen werden kann. Der Beobachtungsplatz ist mit einem
Sonnensymbol gekennzeichnet. Steinkreise gibt es auch in Kenia, wo
alte kuschitische Völker Visuren für Sternaufgänge festgelegt haben, mit
deren Hilfe sie ihren Kalender einrichteten.
Alle diese Orte der Sonnen-, Mond- oder Sternbeobachtung waren aber
nicht in erster Linie Observatorien, sondern vor allem Kultstätten. Denn
der Mensch der Frühzeit sah die Himmelskörper als wirkende Wesen
an, mit denen er sich auseinander zu setzen hatte. Dabei fanden sich
immer wieder, über Kulturgrenzen hinweg, Beziehungen zwischen dem
Toten-, Fruchtbarkeits- und Gestirnskult. Bestattungsriten mit Beigaben,
die nur einem lebenden Wesen etwas nützen, deuten schon sehr früh
auf uns im Detail völlig unbekannte Vorstellungen von einem Leben
nach dem Tod. Und da immer wieder die Lage der Toten oder die Orientierung von Grabbauten, wie den Großsteingräbern von Skandinavien,
Polen, Mecklenburg, den Kanalinseln und anderswo nach dem Lauf
der Himmelskörper, vor allem der Sonne, ausgerichtet wurde, darf man
annehmen, dass das Leben nach dem Tode in Verbindung zu Lebenszyklen gesetzt wurde, die die Menschen im jahreszeitlichen Geschehen der
Natur, im Lauf der Sonne oder den Lebenszyklen des Mondes anschaulich
vor Augen standen.
Schon sehr früh war der Zusammenhang zwischen dem Sonnenstand
und der Temperatur bekannt. Später kam die Erkenntnis hinzu, dass der
Sternhimmel mit dem Wechsel der Jahreszeiten sein Aussehen verändert.
Die Beobachtung der Korrelation zwischen dem Jahreszeitenzyklus und
den periodischen Abläufen in der Bewegung der Himmelskörper hatte
weitreichende Folgen. Dem Menschen erschien es zweckmäßig, für seine Existenz eine Vielzahl von Tätigkeiten zum Nahrungserwerb sowie
andere lebensnotwendige Arbeiten nach Geschehnissen am Himmel
einzurichten. Die Gestirne wurden ihm zum Kalender. Sehr prägnant
ausgebildet war dies im alten Ägypten. In der Mitte des 4. Jahrtausends
v. Chr. fiel die Nilschwelle etwa mit der Sommersonnenwende und dem
heliakischen Aufgang des hellen Sterns Sirius im Sternbild Großer Hund
zusammen. Mit diesem Tag begann damals das Sonnenjahr. Somit kündete der heliakische Aufgang des Sirius die alljährlich wiederkehrende
Nil-Überschwemmung an, mit der der fruchtbare Schlamm auf die Felder kam. Eine Inschrift am Tempel von Dendera bezeichnet Sirius als
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Einleitung
Abb. 2: Der Faldouet-Dolmen auf Jersey mit seiner Zugangsausrichtung nach
Osten.
»Isis, die Große, die Gottesmutter, welche schwellen macht den Nil zur
Zeit, wann sie erglänzt am Anfang des Jahres«.
In diesem Weltbild war Sirius nicht der zufällige Ankünder der Nilüberschwemmung, sondern er trat in der Vorstellung der Menschen an die
Stelle des Verursachers. Darin müssen wir einen grundsätzlichen Zug
im Denken des Menschen der Urgesellschaft, ja aller frühen Kulturen
sehen: Das zeitliche Nacheinander wurde zu einem Ursache-WirkungsKomplex. Weil die Sterne des Frühlingshimmels dem Erwachen der
Natur zeitlich vorausgehen, wurden sie als Verursacher der wärmeren
Jahreszeit betrachtet, denn die Menschen hatten von physikalischen
Kräften und biologischem Wachstum noch keine Kenntnisse und sahen
in allen natürlichen Beziehungen das Walten bewusst tätiger Wesen.
Eine Vergötterung des Himmels lag aus noch einem anderen Grund nahe:
Auf der Erde herrscht ein ständiges Werden und Vergehen. Alle hier
erkennbaren Zyklen sowohl der Vegetation als auch des menschlichen
und tierischen Lebens sind stets mit vielen zufälligen Abweichungen
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Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern
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behaftet – denn der Ablauf der Jahreszeiten ist alles andere als starr.
Einmal scheint ein Winter fast ganz auszufallen, ein anderes Mal zieht
er sich scheinbar endlos hin; manche Menschen werden früh von Krankheit befallen und sterben, andere erhalten sich lange ihre geistige und
körperliche Frische. Ganz anders der Himmel! Hier beeindruckte die
scheinbar absolute Konstanz der Bewegung, die Harmonien des Firmaments. Hier herrscht eine Ordnung, die stärker ist als menschliches
Vermögen. Nichts scheint sich hier zu verändern, weder die Helligkeit
der Sterne noch die Sternbilder und der Lauf der Sonne, des Mondes
und der Planeten. Dadurch rückte der Himmel als etwas Überirdisches,
eben Göttliches, in das Denken.
Die frühe Astronomie ist neben ihrer Bedeutung in Kulten der frühen
Naturreligionen zu einem bedeutenden Teil Kalenderrechnung. In erster
Linie wurde das Jahr nach dem Mond- und Sonnenlauf geteilt. Der Bauer
konnte nach den Stellungen der Himmelskörper die Zeiten der Aussaat
und der Ernte bestimmen, aber auch abschätzen, wie viel Zeit bis zur
nächsten Fruchtreife verstreichen würde und wie lange die Vorräte
reichen müssten. Für diese Tätigkeiten gibt der Lauf der Gestirne viel
besser Auskunft als Witterungserscheinungen.
Doch nie war der Kalender eine nüchterne, technische Angelegenheit,
sondern stets in eine kultische Verehrung der Kalendergestirne, vor
allem der Sonne und des Mondes, eingebettet. Ein erst in neuerer Zeit in
seiner symbolisch-kalendarischen Bedeutung erkanntes, sehr interessantes Objekt ist der Berliner Zeremonialhut (innerhalb einer insgesamt nur
vier Objekte umfassenden Gruppe). Der aus dünnem Goldblech bestehende Hut aus dem süddeutschen Raum ist 74 cm hoch und hat ein Alter
von etwa 3000 Jahren. Er stammt aus der Bronzezeit, in der erstmals
eine übergreifende gesamteuropäische Geschichtlichkeit fassbar wird
und aus der wir ungezählte Zeugnisse einer entwickelten Geisteskultur
haben. Eine genaue Untersuchung seiner Ornamentik ergab, dass hier
vor allem kalendarische Zahlen des Sonnenjahres dargestellt sind. Diese
dienten einem Priester-Astronomen nicht nur zur direkten Bestimmung
der Lage eines Tages im Jahreslauf, sondern stellten vielleicht noch eher
eine symbolische Vergegenständlichung der Jahresbewegung der Sonne dar. Sie hatten eine Funktion bei uns unbekannten Kulthandlungen
zur Verehrung und in magischem Kontext zur Einflussnahme auf die
Jahresbewegung der Sonne (des Sonnengottes – natürlich ein viel zu
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Einleitung
moderner Begriff). Damit liegt diesem Goldhut nicht nur eine entwickelte Fähigkeit der Erfassung von Zahlen und Zeiten zugrunde, sondern
auch das tief empfundene Bedürfnis einer Religiosität, die Bewegung
der als belebtes Wesen geltenden Sonne in einem Objekt darzustellen
(W. Menghin 2000). Seine Niederlegung erfolgte als eine Art Bestattung; aus unbekannten Gründen wurde er für nicht mehr benutzbar –
entweiht? – angesehen und an einem heiligen Ort der Erde anvertraut.
Abb. 3: Der Berliner Zeremonialhut mit seiner kalendarische Zahlen symbolisierenden Ornamentik (Museum für
Vor- und Frühgeschichte Berlin).
Die hier auftretenden konzentrischen Kreise, Spiralen oder Wirbel finden sich immer wieder. Ein berühmtes Beispiel ist der Kultwagen von
Trundholm (14. Jh. v. Chr.). Ein anderes ist eine nicht genau datierte
Marmorstele aus Razlog (Südbulgarien), über die es heißt:
» Neben der Sonnenbarke mit der strahlenbegleiteten Sonnenscheibe steht eine bärtige Gestalt mit Helm, Gürtel und erigiertem
Glied. Wellen weisen Gestalt und Barke als zusammengehörig aus.
Zur Sonne gesellt sich eine Figur – ein Adorant [ein Betender],
wahrscheinlicher aber eine Göttergestalt – , von deren durch die
Erektion des Gliedes dokumentierter Kraft Wellen ausgehen. Diese
bewegen die Barke. «2
2
Hänsel 1999, S. 28
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A
Abend • Abendrot
Abendstern • Abendweite
Aberglaube • Abraham
...
Atmosphäre • Aton • Attollens
Aufgang und Untergang
Auslösung • Azimut
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Abend – Aberglaube
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Abend Astrologisch die Bezeichnung für das 7. Haus im Horoskop.
Abendrot Anormale Dämmerungserscheinungen.
Abendstern Griechisch heosphoros (H OMER, Ilias 23.226), Hesperos,
lateinisch stella vespertina, Vesper, Name für die Venus bei ihrer Sichtbarkeit nach Sonnenuntergang am westlichen Abendhimmel in der
Nähe ihrer östlichen Elongation. ( Morgenstern, Luzifer, Phosphoros)
1 Die auffällige Erscheinung der Venus als Abend- oder Morgenstern
wurde in der babylonischen Omenastrologie aufmerksam verfolgt
und galt bei vielen Völkern als Symbol des Anbruchs der Nacht, der
Ruhezeit und der Liebe. Im Volksglauben gibt es an den Abendstern
gerichtete Liebessegen. In der Astrologie wird die Stellung der Venus
als Abend- oder Morgenstern selten berücksichtigt. Soweit dies doch
geschieht, wird sie als Abendstern der (den Herbst symbolisierenden)
Waage, als Morgenstern dem (frühlingshaften, weil am Frühlingshimmel
zu sehenden) Stier zugeordnet, als ihrem Tag- bzw. Nachthaus.
2 Auch allgemein als Bezeichnung für jeden am Abendhimmel sichtbaren Planeten gebraucht, besonders für den Merkur, obwohl dieser
wegen seiner Nähe zur Sonne ( Elongation) in nördlichen geographischen Breiten nur selten mit bloßem Auge zu sehen ist.
Abendweite Der am Horizont gemessene Winkel vom Westpunkt bis
zum Untergangsort eines Gestirns.
Aberglaube Lateinisch superstition, ein inhaltlich nicht klar festgelegter Begriff zur Bezeichnung eines abweichenden Denkens, eines Glaubens, der immer einen bestimmten, sich zeitlich wandelnden Bezug
benötigt. Vielfach zur Bezeichnung des Glaubens an das Wirken magischer Kräfte in einer als beseelt gedachten Welt, der sich in Sagen,
Märchen, Bräuchen, volksmedizinischen Techniken und Zauberei äußert – sowohl in religiösem wie naturkundlichem Kontext. Vielfach
spielen Analogien und Sympathien eine Rolle. Es ist ein Glaube an
Zusammenhänge in der Welt, die nicht rational erfassbar sind.
Der Begriff Aberglaube erschien erstmals im 15. Jh. und wird vor allem
als Element religiöser Wertung verwendet, zur Kennzeichnung allen
Denkens, das von der offiziellen Lehrmeinung einer Offenbarungsreligion abweichend befunden wurde und in gefährliche Nähe zu juristisch
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Aberglaube
handhabbaren Anschuldigungen kam. In verschiedener Verbindung
steht aber (= wider) in negativ wertendem Kontext (auch Aberlist, Abergunst, Afterglaube = Unglaube). Eine fest gültige Trennung zwischen
Glaube und Aberglaube ist nicht möglich, weil die Grenzen inhaltlich
fließend sind und sich zeitlich verschieben können.
Wegen der negativ wertenden Bedeutung des Begriffs ist dessen Verwendung in historischen Untersuchungen sorgfältig abzuwägen. Vor allem
gilt es, den zeitlichen Rahmen einer Lehre zu berücksichtigen, weil sonst
alles vor unserer Zeit liegende oder einem uns fremden Kulturkreis
entstammende einer negativen Bewertung anheim fallen könnte.
In der Wissenschaftsgeschichte, allgemein der Kulturgeschichte, darf
nur dann etwas als Aberglaube bezeichnet werden, wenn wenigstens
gesichert ist, dass zur fraglichen Zeit die Wissenschaften die in Rede stehende Auffassung als falsch nachgewiesen haben. Der Begriff Aberglaube ist dann so umschreibbar: »Die Wissenschaften haben zwar bewiesen,
daß X. in bestimmter Weise zu erklären ist, aber ich glaube im Gegensatz
dazu, daß X . . . «. Dabei ist das Bewusstsein dieses Gegensatzes keine
zwingende Voraussetzung, zumal auch die soziale Komponente des
Bildungszugangs Berücksichtigung finden muss. Das bedeutet auch,
dass der Aberglaube nicht direkt in Beziehung zum formalen Bildungsstand eines Menschen steht. Vielfach ist es korrekter, wertungsfreien
von Volksglauben zu sprechen.
Unabhängig von der generellen Einstellung zur Astrologie ist es beispielsweise falsch, sie generell, oder besonders für die Zeit bis in 16./17.
Jh. hinein als Aberglaube zu bezeichnen. In dieser Zeit befand sie sich
mit dem Stand der Wissenschaften und dem allgemeinen Weltbild in
Übereinstimmung, zum Ende des genannten Zeitraum langsam niedergehend, am frühesten in der Kometenastrologie. Historisch fallen
in die Kritik der Wahrsagerei (z. B. I SIDOR, Etymologiae VIII 9) neben
Astrologie auch Nekromantie, Geomantie, Magie, Divination, was
jedoch in einen theologischen Kontext fällt, auf den der Aberglaube ausdrücklich nicht reduziert werden soll. ( Christentum und Astrologie)
Typische Denkweisen, die als Aberglaube bezeichnet werden, sind Magie, Wahrsagerei und Zauberei. Dabei nimmt der Aberglaube zuweilen
Formen an, die ihn zu einem quasi-religiösen Glauben an übernatürliche
Kräfte, auch an Gottheiten, werden lassen.
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Abraham – Abraxas
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Abraham Arabisch Ibrahim, ältester Patriarch des jüdischen Volkes,
auch von Christen und im Islam als Vater aller Gläubigen anerkannt.
Abrahams Lebenszeit wird etwa in das 19. bis 17. Jh. v. Chr. gesetzt.
Er zog von Ur (Babylon) über Haran (NW-Mesopotamien) nach Kanaan und lebte als nomadisierender Stammesfürst. Nach außerbiblischer
Tradition der Verbindung biblischer Erzählungen mit der babylonischgriechischen Mythologie im hellenistischen Judentum brachte er, aus
Chaldäa kommend, den Ägyptern und Phöniziern die Astronomie, Mathematik, die Buchstabenschrift und Traumdeutekunst. Diese Würdigung teilt er sich mit H ENOCH, N IMROD und S ETH. Ein allerdings
in anderem Zusammenhang stehender biblischer Ansatz findet sich dafür in 1 Mos. 15.5 in der von Gott an Abrahm ergangenen Aufforderung:
»Siehe gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen?« Zur
Zeit von F IRMICUS M ATERNUS war ein Abraham zugeschriebenes
astrologisches Werk bekannt, das dieser benutzte.
Die Bedeutung Abrahams für die Astrologie war lange tradiert:
» Abraham sey durch betrachtung des Himmelslauffs erstlich dahin
gebracht worden, daß er geschlossen, das solch Wunder geschöpff
nicht ohngefehr entstanden, sondern daß eine unendliche Macht
sein müsse, die solchs alles erschaffen und regiere. «
So wird Theologie mit Astronomie und allgemeiner Naturbeobachtung
verbunden, die Abraham zur Überzeugung der Existenz Gottes führte
(P. Crüger, Bl. R 2), eine Tradition, die seit dem 2. Jh. v. Chr. geläufig war.
Der Überlieferung nach schuf Abraham die Kaaba in Mekka mit dem
Schwarzen Stein in der Ostecke, der vermutlich ein Meteorit ist.
Abraxas Ursprünglich Abrasax, eine magische Potenz aus zahlenmystischen Spekulationen, wohl aus dem Umfeld der ägyptisierenden
Gnosis. Nach dem christlich-gnostischen Lehrer B ASILEIDES ist Abraxas die göttliche Kraft als Herr über die 365 Himmel bzw. Äonen
( Aion) des Sonnenjahres. Der Name steht in Verbindung mit Mithras
als Sonnengott sowie als Name eines der homerischen Sonnenpferde,
auch gnostischer Gottesname in hellenistischen Zauberpapyri. Dessen
griechischer, magischer Name enthält den Zahlenwert 365, die sieben
Buchstaben werden den sieben Wochentagen zugeordnet. Es gibt auf
Amuletten (Gemmen, Bild) zahlreichen Darstellungen des Abraxas
dessen Schlangenfüße seine Beziehung zur Erde und der Hahnenkopf
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Abu-Mashar al-Balkhi
die zur Sonne symbolisiert. Er wird zu Licht- und Zeitgott, zum Weltschöpfer, Offenbarungsgott und Erlöser. Sein Bild war insbesondere
auf Ringsteinen (besonders in Heliotrop sowie verschieden schattierten grünem Jaspis), verbunden mit magischen Inschriften (Griechisch
geschriebenen Zauberworten und Formeln, die im Ägyptischen oder
Hebräischen wurzeln und uns in der Regel unverständlich bleiben)
im ganzen römischen Reich verbreitet, mit einer Blütezeit im 2./3. Jh.
n. Chr.
Im Zusammenhang mit der weiten Verbreitung der Lehre der Gnosis
wurden gnostische Gemmen, darunter in großer Vielfalt Abraxasgemmen zur Massenware, was in Verbindung mit ihrer meistens verborgenen Trageweise, den künstlerischen Aspekt in den Hintergrund treten
ließ. Abraxas steht auch als Geheimwort in Zauberpapyri.
Abraxas: Abraxasgemme, grünroter Jaspis, 4,7 x
3 x 0,7 cm (Staatl. Museen Kassel, Antikensammlung). Dargestellt ist Abraxas als hahnenköpfiges,
schlangenbeiniges Mischwesen mit Brustpanzer,
Rundschild und Peitsche; auf der Rückseite ein
Gebet zweier Frauen (Text beschädigt): »Gib mir
gnädig den Sieg, da ich ja deinen verborgenen,
wahren Namen gesprochen habe . . . schnell,
schnell. Frontina und Alexandra.« (Michel 2001,
Nr. 55).
Abu-Mashar al-Balkhi, Ja’far ibn Muhammad (Albumasar) 787 bis
886, bedeutender islamischer Astrologe aus Khorasan (Nordostiran).
Albumasar entstammt der gebildeten Oberschicht seiner Stadt und war
in der Lage, sich eines weiten Wissensreservoirs zu bedienen. Dazu
gehörte das Wissen der Griechen, vor allem des A RISTOTELES, des
Neuplatonismus, aber auch von D OROTHEUS, V ETTIUS VALENS
und die Weisheitslehren des H ERMES, dazu Lehren des Sanskrit und
der Perser. Albumasar war weniger schöpferisch tätig, doch nahm er
großen Einfluss auf seine Zeit und die Nachwelt bis ins 16. Jh.
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Abu-Mashar al-Balkhi
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Abu-Mashar al-Balkhi, Ja’far ibn
Muhammad (Albumasar): Albumasar in einem Idealporträt auf dem
Zifferblatt der astronomischen Uhr
der Stralsunder Nikolaikirche, auf
dem Schriftband der astrologische
Grundsatz Sapiens vir dominabitur
astris. ( Vir sapiens).
In neuplatonischer Tradition sieht Albumasar die Gestirne als belebte
Wesen; die obere Welt der Gestirne ist göttlich und von der sublunaren
streng geschieden. Vermöge ihrer herausgehobenen Stellung wirken
die Gestirne auf die untere Welt. Von seinen Schriften wurden in der
westlichen Astrologie besonders die Flores astrologiae und das Introductorium in astronomiam (lateinische Erstdrucke Augsburg 1488 bzw. 1489)
von Bedeutung. Es war ein Lehrbuch der Astrologie, das beginnend mit
einer philosophischen Begründung der Astrologie als mathematischer
Wissenschaft auf viele technische Einzelheiten eingeht (Charakteristik der Tierkreiszeichen und Sterne, die Dekane, die Planeten und ihr
Einfluss auf die sublunare Welt, die Häuser der Planeten, der Einfluss
der Tierkreiszeichen auf den Menschen). In De magnis conjunctionibus
(lateinischer Erstdruck Augsburg 1489) behandelt Albumasar neben
allgemeinen Einflüssen der Tierkreiszeichen und des Aszendenten die
Bedeutung großer Konjunktionen für den Geschichtsablauf, womit
Albumasar im 15./16. Jh. in besonderer Weise seinen Ruf als Astrologe
begründete. Zwar hat bereits Messahala (M ASHA’- ALLAH) über diesen
Gegenstand geschrieben, doch gilt Albumasar als Begründer der weltgeschichtlichen Bedeutung großer Konjunktionen, obwohl er dafür in
wichtigen Teilen ein Werk seines Lehrers AL -K INDI ausgeschrieben hat.
Zu erwähnen ist noch das unter dem Titel Flores astrologiae (Erstdruck
Augsburg 1488) bekannte Werk über das Jahr, die Monate und die Tage
mit ihren jeweiligen Herrschern. Weitere Schriften sind verloren. (D.
Pingree 1970)
Die Bedeutung von Albumasar für die westeuropäische Astrologie wird
dadurch unterstrichen, dass er neben A LFONS X., Ptolemäus und
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AC – Aderlass
Albohazen Haly (A LI I BN -A BI ’R IGAL AS -S AIBANI) zum Bildprogramm
astronomischer Großuhren des Ostseeraumes gehört (z. B. Nikolaikirche
Stralsund, Kloster Bad Doberan).
AC Auch ASZ, Abk. für Aszendent.
Aderlass Eines der beliebtesten und am häufigsten ausgeführten medizinischen Verrichtungen zur Therapie und Prophylaxe von Krankheiten. Der Aderlass war bereits in der Antike bekannt und erlebte
seit dem 14. Jh. die größte Verbreitung, was sich in einer umfangreichen Aderlass-Literatur niederschlägt, einerseits theoretische Traktate,
andererseits für die direkte Anwendung gedachte Aderlasskalender
( Iatromathematik). Wie das Baden war der Aderlass in humoralpathologische Grundsätze eingebunden sowie astrologisch in die MakroMikrokosmos-Vorstellung. Die Aderlasszeiten und Körperteile für den
Aderlass entwickelten sich zu einem strengen Kodex, in dem die Stellung des Mondes im Tierkreis und dessen Lichtphase die größte Bedeutung hatten, basierend auf der Zuordnung der Körperteile und Organe
zu jeweils bestimmten Tierkreiszeichen. Bildlich fand dies seine Darstellung im Tierkreiszeichenmann. Hinzu kommen kritische Tage,
Lebensalterlehren u. a.; auch wurde das Aderlassen in den Hundstagen nicht empfohlen.
Grundsätzlich galt der Aderlass in bestimmten Tierkreiszeichen als
besonders gut (Widder, Krebs, Waage, Skorpion, Fische), in anderen weniger gut oder böß (z. B. Stier: »So der Mond darinnen ist nicht gut den
Halß artzneyen, oder mit eisen berühren, wunden schneiden, aderlassen«; Astronomia Teutsch 1601, Bl. 69b ). Diese Regeln galten gleichzeitig
für chirurgische Eingriffe, »mit eisen berühren«. Jedoch sollte übergeordnet an keinem Organ oder Körperteil zur Ader gelassen werden, in
dessen zugehörigem Tierkreiszeichen sich zur fraglichen Zeit der Mond
befindet. Beispielsweise darf nicht an den Füßen zur Ader gelassen werden, wenn der Mond in den Fischen steht, in den Zwillingen nicht an
den Schultern, Armen oder Händen. Das Lebensalter spielt insofern eine
Rolle, als man junge Menschen in der Zeit des zunehmenden Mondes,
alte während des abnehmenden Mondes zur Ader lassen sollte, wenn
auch des Mondes Kraft zu- oder abnimmt ( Mondphasen, Aderlasskalender, mit Bild und Zitaten). Die empfohlenen Tage werden vielfach
als gut oder mittel gut klassifiziert: »An donrstag vor galli und ouch
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Aderlasskalender
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an sant gallen tag [16. Okt.] gut den iungen on die houptadern. An
donrstag und freitag vor symonis und iude [28. Okt.] mittel den alten
on die lung ader.« (Heitz-Haebler 1905, Nr. 5, für 1472). Unabhängig
von allen Regeln war die Behandlung eines Notfalls, wie dies ausdrücklich 1470 heißt: »Wem aber not ist das lässin, dem setzt die noturft alle
zeit zelassen, so er des bedarff und mit aigner tag als den gefunden.«
(Heitz-Haebler 1905, Nr. 3)
Neben der Anwendung in aktuellen Krankheitszuständen sollte man
sich regelmäßig zur Ader lassen, weil dies der Reinigung des Blutes, des
Körpers insgesamt diene, besonders im Frühjahr zur Erneuerung der
Kräfte.
Ausgeführt wurde der Aderlass vor allem von Badern und Barbieren auf der Grundlage verbindlicher Regeln und Zeiten ( Aderlasskalender). Die astrologischen Aderlassvorschriften waren nicht unbestritten; »dann diese kindische observationes haben mit meinen rationibus
nichts gemein«, so Kepler 1610 (J. Kepler 2004, Th. 93), was doch aber
eine sehr vereinzelte Stimme war.
Im Rahmen alternativer medizinischer Lehren gewinnt der Aderlass
heute wieder an Bedeutung.
Aderlass: Aderlass, Darstellung in einem immerwährenden Kalender, Nürnberg um 1483.
Aderlasskalender Lasskalender, Lasstafel, Lasszettel, Bezeichnung für
einen Kalender (meistens Einblattdruck), der neben den Mondphasen
nur die nach Monaten geordneten günstigen und ungünstigen Tage für
das Aderlassen und andere medizinische Verrichtungen aufführt. Der
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Aderlassmann – Aeromantie
Aderlasskalender begann typischerweise mit den Jahreskennzahlen, wie
Sonntagsbuchstabe, Goldene Zahl, Lage der Fastnacht, Ostern, Pfingsten,
1. Advent. Darauf folgen tabellarisch die Neu- und Vollmonddaten, dann
» Die erwölten tag des Aderlassens nach warem lauff und angesichten der siben planeten. In dem zumercken ist das es den Jungen
menschen im zunemenden mon und den alten in abnemendem mon
zymlich zu lassen ist. «27
(Warer lauff – des Mondes; zymlich – es geziemt sich.)
Die Angaben erfolgen meistens nach Heiligentagen. Erwähnung finden abschließend Finsternisse. Als Schmuck finden sich oft Schmuckinitialen, häufig der Tierkreiszeichenmann sowie Monatsbilder, gelegentlich weitergehende künstlerisch ansprechende Miniaturen, beispielsweise in Verbindung mit einem Neujahrsgruß. ( Einblattkalender, mit Bild,
Kalenderschriften)
Aderlasskalender blieben als typische Verbrauchsliteratur selten erhalten und wenn, dann oft nur in einem Exemplar. Die Autoren der Aderlasskalender sowie ihre Drucker sind vielfach unbekannt. Diese Kalender gehören zu den sehr frühen Erzeugnissen des Buchdrucks mit
beweglichen Lettern. Einer der ersten wurde für 1462 wahrscheinlich
in Wien gedruckt. Die Aderlasskalender sind zu etwa 2/3 in deutscher
Sprache erschienen, sie wenden sich an Bader und Barbiere sowie
weitere Angehörige der mittleren städtischen Bildungsschichten, die
den Aderlass ausführten. Dem großen Nutzerkreis entsprechend war
die Auflagenhöhe der Aderlasskalender mit einigen Tausend bis Zehntausend Exemplaren sehr hoch.
Wir wissen aus Basel um 1500, dass jeder Bader und Barbier verpflichtet
wurde, die Aderlasszeiten unter Strafandrohung nach einem von der
medizinischen Fakultät und dem Stadtarzt approbierten Aderlasskalender zu richten, wodurch die Astrologie juristische Relevanz erhielt.
( Iatromathematik)
Aderlassmann
Tierkreiszeichenmann
Aeromantie Form der Wahrsagung aus atmosphärischen Erscheinungen, wie dem Wind, Wolken, Nebel, dem Regenbogen, Halos, anormalen Dämmerungserscheinungen u. a.
27
Heitz-Haebler 1905, Nr. 37, für 1482
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Affe
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Aderlasskalender: Einblattkalender mit künstlerisch gestaltetem Neujahrsgruß, den Jahreskennzahlen sowie den Mondphasen und den Aderlasstagen
(Druck Speyer, GW 1369).
Affe Chinesisches Tierkreiszeichen in der Zeit des Übergangs zum
Herbst, der beginnenden Dunkelheit und des zunehmenden Yin. Der
Affe, als ein dem Menschen ähnliches Tier, deutet auf die unbewussten
Kräfte hin sowie auf unkontrollierte, zerstörerische, weil nicht durch
Denken gesteuerte Kräfte. Dem entspricht die noch grüne Natur, die
jedoch vom Niedergang nicht mehr weit entfernt ist.
Die Symbolik des Affen in der chinesischen Astrologie ist deutlich unterschieden von der in der christlichen Symbolik mit dem Bezug zum
Teufel, zum Sünder und zum Laster und differenzierter.
Zeit
Palast
Planet
August/September
des weißen Tigers
Venus
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Element
Doppelstunde
Agrippa von Nettesheim
Metall
13–15 Uhr
Bei einem unter dem Zeichen des Affen geborenen Menschen gilt als
bestimmend, dass eine jeweilige Stimmung sein Denken und Handeln
führt. Er kann sehr sprunghaft und unzuverlässig sein, ist begeisterungsfähig, aber nur solange eine Stimmung anhält, das Interesse lässt oft
rasch nach, eine Arbeit wird nicht zu Ende geführt.
Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius 1486–1535, studierte
vermutlich Medizin und Jurisprudenz in Köln und führte zunächst ein
unstetes Wanderleben in Frankreich, Spanien und England. Agrippa
hielt mehrfach öffentliche Vorlesungen. Er arbeitete über Alchemie und
Magie, trieb aber zudem theologische Studien. Zeitweise war Agrippa
in kaiserlichem Dienst zur Verbesserung des Bergbaus tätig, dann als Militär, später Leibarzt der französischen Königinmutter und anderweitig
als praktischer Arzt. Agrippa ist in seinem Spätwerk neben P ICO DEL LA M IRANDOLA wohl der einzige Fundamentalkritiker der Astrologie
seiner Zeit.
Agrippa sucht in seinem Frühwerk De occulta philosophia (1510) eine möglichst reine Darstellung der alten Magie auf antiker und kabbalistischer
Grundlage ( Kabbala) und zielt auf eine Synthese von Christentum und
Magie auf dem Boden der neuplatonischen Mystik. Er unterscheidet
drei Welten: die elementare, die himmlische und die Geisterwelt, die der
menschlichen Dreiheit Körper, Seele und Geist entsprechen. Agrippa
sieht eine dreifache Magie oder erhabenste Philosophie, die als natürliche Magie die Herrschaft über die irdischen Dinge, als himmlische über
die Gestirnswelt und als religiöse über die Geister- und Dämonenwelt
gewährt. So führt die Magie zur Verbindung zwischen Unten und Oben,
zum Verständnis des Kosmos sowie zur Erkenntnis Gottes und erlaubt
die Ausübung menschlicher Macht auf den Kosmos und auf Gott. Die
himmlische Welt erscheint mit den Himmelssphären, den Fixsternen
und den Sphären der als beseelt gedachten Planeten, denen jeweils
bestimmte Geister zugehören ( Planeten). Die Engel der Geisterwelt
sind die Organe der göttlichen Weltregierung, die ihren Einfluss auf die
Gestirne – diese wiederum auf die sublunare Welt – ausüben. So steht
in der Welt durch gegenseitige Sympathie alles miteinander in Verbindung wie die Glieder eines Leibes. Durch Sympathie und Analogie
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Agrippa von Nettesheim
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ist es möglich, aus dem Kleinsten das Größte zu erkennen und durch
irdische Dinge Macht über die ihnen verwandten himmlischen Mächte
auszuüben. Der Mensch ist das vollkommenste Wesen und hat das Bild
des ganzen Universums in sich.
Magie ist für Agrippa eine philosophische Wissenschaft, die auf tiefem
Wissen um die geheimsten Dinge, ihr Wesen und ihre Kräfte, ihre Wirkungen und gegenseitigen Beziehungen beruht. Religion hingegen ist
der Schlüssel zur Magie und ihre Erfüllung. Anders als bei Ptolemäus und Kepler ist Astrologie bei Agrippa nicht physikalisch gedacht,
sondern subjektiv erlebt.
In seinem Spätwerk De incertitudine et vanitatum scientiarum (Über die
Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, 1531) stellt Agrippa alles
bisher gedachte in frage. Er stellt es als Irrtum und Weg ins Verderben
dar, griff darin auch die Kirche, die Mönchssitten, den menschlichen
Charakter der Evangelisten, den kirchlichen Amtsmissbrauch und die
Leerheit der Bibelauslegungen an, es war eine allgemeine Zeitkritik.
Hier erscheint die Astrologie als voller Lug und Trug, als Mutterschoß
allen Ketzertums. Im Einzelnen führt er an:
I Die Planeten sind später als das Gras, die Pflanzen und Bäume geschaffen, können diese also auch nicht beherrschen.
I Astrologen sind ungläubige, ja gottlose Gesellen, alle ernst zu nehmenden alten Philosophen und Mathematiker enthielten sich der
Astrologie.
I Die Bewegungen der Planeten sind ebenso wie deren Kräfte zu wenig
bekannt, als dass man daraus sichere Schlüsse ziehen könne.
I Neben den himmlischen Einflüssen gibt es viele andere, weshalb
man
» unmöglich etwas Verläßliches durch astrologisches Weissagen erfahren kann, weil erstens neben den himmlischen stets zahllose
andere Faktoren beteiligt sind . . . und weil zweitens sehr viele unwägbare Faktoren dem entgegenstehen, Gewohnheit, Charakter,
Erziehung, Moral, Macht, Ortsverhältnisse, Geburt, Vererbung,
Ernährungsgewohnheiten und mehr oder minder große Beherrschung des Geistes. «28
28
Agrippa 1993, S. 73
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Aion – aktiv
I Die Regeln der astrologischen Weissagung sind widersprüchlich
abgefasst, nach allen Seiten ausdeutbar, Treffer sind deshalb Zufall.
Vorsichtige Astrologen sagen nur Mehrdeutiges, das im Falle des
Eintreffens wortreich ausgeschmückt werde, gehe eine Prognose
daneben, sage man, der Klient sei der Deutung gegenüber nicht
aufgeschlossen gewesen.
I Durch die Astrologie werden unerfahrene Menschen nur betrogen,
ihnen wird das Geld aus der Tasche gelockt; die Astrologie führe
Menschen, die sich mit gottloser Neugier auf sie verlassen, ins Unglück.
I
» Wenn aber Leben und Schicksal des Menschen von den Sternen bestimmt werden, müssen wir uns dann noch fürchten oder sorgen?
Stellen wir das doch Gott und dem Himmel anheim, die weder
irren noch böse handeln können. «29
Es ist dies das oft geäußerte Argument, die moralische Verantwortung werde durch die Astrologie aufgehoben, Willensfreiheit.
Agrippas Kritik zielt nicht speziell auf die Astrologie, sondern läuft
darauf hinaus, aller Wissenschaft die Erlangung von Gewissheit abzusprechen, da sie ja nur Menschenwerk sei.
Aion, Äon Personifizierung der Ewigkeit oder Weltzeitdauer, Emanationen göttlichen Seins oder himmlischer Wesen. Im griechischen
Pantheon erscheint Aion als Sohn des Kronos, dessen Fest mit dem
Neujahr verbunden war. Sein Gestalttypus ist mit dem Tierkreis sowie
einer Schlage um einen Stab verbunden, oft als löwenköpfige, geflügelte
Menschengestalt und steht der des Annus ( Jahr) nahe. Er findet sich
oft in Zauberpapyri als »grenzenloser Gott der Götter«. Aion drang
auch in den Mithraskult und die hermetische Literatur ( Hermes) ein.
Seiner Herkunft nach ist Aion sicherlich ein orientalisches Fabelwesen
und leitet sich aus dem altpersischen Zervan akarana (die grenzenlose
Zeit) her.
aktiv Positiv, eine Eigenschaftszuweisung für Planeten und Tierkreiszeichen. Das Aktive steht im Allgemeinen in Beziehung zu den Eigenschaften männlich, warm, trocken, Tag. Aktiv sind beispielsweise Löwe,
Schütze, Waage, Wassermann und Zwillinge. ( passiv)
29
ebd.
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Auf der CD-ROM
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