Begriffe der Astrologie Von Abendstern bis Zwillingsproblem von Jürgen Hamel 1. Auflage Begriffe der Astrologie – Hamel schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Thematische Gliederung: Geschichte der Naturwissenschaften, Formalen Wissenschaften & Technik Harri Deutsch 2010 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 8171 1785 7 Inhaltsverzeichnis: Begriffe der Astrologie – Hamel Jürgen Hamel Begriffe der Astrologie Von Abendstern bis Zwillingsproblem Mit ebook auf CD-ROM Verlag Harri Deutsch Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Begriffe der Astrologie Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Der Autor Dr. phil. Jürgen Hamel ist Lehrbeauftragter für Astronomie und die Geschichte der Physik und Astronomie sowie Mitglied mehrerer nationaler und internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften. Er verfasste sowohl populäre als auch wissenschaftliche Bücher und Aufsätze zur Geschichte der Astronomie und ist Herausgeber der Schriftenreihe Acta Historica Astronomiae. Die Webseite zum Buch http://www.harri-deutsch.de/1785.html Der Verlag Wissenschaftlicher Verlag Harri Deutsch GmbH Gräfstraße 47 60486 Frankfurt am Main [email protected] www.harri-deutsch.de Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8171-1785-7 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung des Buches – oder von Teilen daraus – sind vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Der Inhalt des Werkes wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autor und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler keine Haftung. 1. Auflage 2010 © Wissenschaftlicher Verlag Harri Deutsch GmbH, Frankfurt am Main, 2010 Druck: betz-druck GmbH, Darmstadt <www.betz-druck.de> Printed in Germany Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Inhaltsverzeichnis Einleitung Lexikalischer Teil 1 87 Literaturverzeichnis 723 Personenverzeichnis 739 Informationen zum ebook 762 Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Einleitung Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Einleitung 3 »Was heißt und zu welchem Ende studiert man Astronomiegeschichte« – so sei etwas frei Friedrich Schillers akademische Antrittsrede in Jena zitiert (F. Schiller 1789). Sicherlich bedarf die Beschäftigung mit dem Denken unserer Vorfahren einerseits keiner weiteren Begründung, andererseits liegt der Reiz der Geschichte in der Einsicht der stetigen Entwicklung unseres Denkens und all dessen, was mit menschlichem Tun zusammenhängt. Mit guten Gründen hielten die Menschen stets das, was sie dachten und taten, für richtig, für die Wahrheit, für das überhaupt Erstrebenswerte, das auf ewig Gültige – ihre Vorstellungen von den Himmelskörpern, von der Welt, vom menschlichen Zusammenleben, ihrer gesellschaftlichen Verfassung überhaupt. Aber ebenso unerbittlich erwies sich dies jedes Mal als Irrtum, erwiesen sich Erkenntnisse als falsch, wandelten sich Überzeugungen in Irrtümer, traten neue gesellschaftliche Ansichten und Zustände auf den Platz der Geschichte. Betrachtungen zur Vergangenheit können uns möglicherweise empfänglich machen anzunehmen, dass auch das, was wir heute denken, was wir wissen und wie wir leben, genauso nur ein Durchgangsstadium eines historischen Ablaufs ist, dessen Ende wir nicht erfassen können. Oder, um es mit Goethe zu sagen: »Alles was entsteht, ist wert, daß es zugrunde geht.« Begeistert als höchste Kunst gepriesen, als Blendwerk des Teufels verdammt – die Astrologie; mit dem Mantel eines Ehrfurcht gebietenden Alters geziert – oder getarnt; einstmals auf dem Höhepunkt wissenschaftlicher Forschung mit vielen wichtigen weltanschaulichen Ahnungen durchsetzt und genauso niederdrückendes Gestirnsschicksal (vgl. J. Hamel 1987). Eine Kette von Widersprüchen durchzieht die Geschichte der Astrologie bis hin zum heutigen Gebrauch für bloßen finanziellen Gewinn. Diese Widersprüchlichkeit zwingt uns zu einem stets historisch konkreten Urteil. Pauschale Wertungen führen nur in die Irre. Es muss Verständnis für die Astrologie geweckt werden. Nicht in der Hinsicht, dass der Astrologie im System der heutigen Wissenschaft ein Platz zugewiesen werden soll. Verständnis heißt hier vornehmlich: Begreifen, wie die Menschen vergangener Zeiten zu einer Lehre kamen, die uns heute teilweise so unbegreiflich, ja sogar widersinnig erscheint. Allzuleicht gerät der Wissensstand heutiger Tage zum Maßstab der Beurteilung eines mittelalterlichen Gelehrten. Richtig ist dementgegen, die Astro- Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 4 Einleitung logie als Erscheinung der Wissenschaftsgeschichte, weiter gefasst der Kulturgeschichte zu begreifen, die aus den Bedingungen ihrer Zeiten zu verstehen ist. Lange galt die Astrologie im öffentlichen Bewusstsein als hoch achtbare Lehre und erfreute sich der Förderung von Päpsten, Kaisern, Königen und Universitäten. Und schließlich: Möchte nicht jeder Mensch wenigstens etwas von dem wissen, was ihm die Zukunft bringt? Außerdem schien es, dass die Astrologie ebenso wie für das Einzelschicksal auch Vorhersagen für das Wetter, die Ernte, für ein nützliches, also Erfolg versprechendes Handeln im alltäglichen Leben geben könne. Sollte dies nicht Grund genug sein, sich intensiv dem Studium der Gestirne zu widmen oder wenigstens aufmerksam den astrologischen Jahreskalender zu Rate zu ziehen? Die Resultate heutiger Forschungen der Astrophysik lassen erkennen, in welcher Weise der Mensch tatsächlich ein kosmisches Wesen ist, in seinem natürlichen Leben an Bedingungen und Prozesse des Kosmos geknüpft. Daraus erwachsen ganz neue Einsichten in die Einheit des Weltganzen. Der Kosmos beginnt nicht außerhalb der Erde, sondern wir sind ein Teil des Kosmos. Solange weder die notwendigen Ergebnisse astronomischer Forschung noch die Verallgemeinerungen der Philosophie greifbar waren, musste der Gedanke der Stellung des Menschen in einem kosmischen Organismus zwangsläufig spekulativ bleiben. Die Astrologie in ihrer ganzen bunt schillernden Vielfalt ist ein Ausdruck dieser Weltsicht. Den alten Astrologen, ja schon den Priestern der vor Jahrtausenden blühenden Naturmagien und Naturreligionen, gebührt das Verdienst, die Frage der Stellung des Menschen in der Welt erfasst zu haben und sie im Sinne einer tiefen und steten Einbindung des Menschen in die Welt für sich beantwortet zu haben. Diese Einsicht hat die langen Zeiten überdauert. Die alten Detaillösungen blieben freilich nur im Rahmen ihrer sozialen Verhältnisse anerkannt. Zwischenzeitlich glaubte der Mensch, sich als Herr über die Natur erheben zu können – bis ihn die Natur selbst eines besseren belehrte. Eine Rückkehr zu Magie, zu symbolischer Weltdeutung, zu psychologischen Bildern unseres Fühlens und Denkens bietet unter den Bedingungen einer fortschreitenden technisierten Gesellschaft für die meisten Menschen keine Alternative. Nur der schwierige Weg der Verbindung eines Lebens im Einklang mit der Natur im Rahmen eines von Wissenschaft und Technik geprägten Lebens erscheint auf Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern 5 Dauer aussichtsreich und ist dennoch Gegenstand so vieler politischer Kontroversen und privater Widerstände. Auf diesem Weg steht der Mensch noch ganz am Anfang, nicht zu vergessen, welch großer Teil der Menschheit mit den modernen Errungenschaften des Lebens noch gar nicht in Berührung gekommen ist oder höchstens dessen negative globale Konsequenzen zu spüren bekommt. Im weiten Nachdenken über die Stellung des Menschen in der Welt wird es nicht ohne Interesse sein, zurückzublicken, wie man dies früher sah, wie die Alten die Frage zu beantworten suchten. Wir werden hier auf Schritt und Tritt auf eine andere, uns fremde Welt stoßen, manches wird Erstaunen, manches Heiterkeit hervorrufen. Beides zu unterstützen ist Absicht. Um Geschichte lebendig zu machen, ist es ein gutes Mittel, die alten Autoren selbst zu Wort kommen zu lassen, deshalb finden sich oft Zitate aus alten Büchern und Handschriften. Sie gewähren mit ihrer klaren, oft derben Sprache einen guten Eindruck von der Denkweise unserer Vorfahren, Jahrhunderte in die Vergangenheit zurück. Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern »welch Glück, ich bin Merkur und meine Liebste Venus«, mag vor mehr als 400 Jahren der Benutzer eines heute in Gotha aufbewahrten astrologischen Kalenders gedacht haben, und er schrieb in den Text: »Ego mercurius ipsa venus.« Sein befreites Aufatmen verwundert uns nicht, denn Gutes wusste sein Büchlein z. B. für die Kinder des Mars nicht zu bieten: » Ich bin zornig, mager, hellig Hytzig, kriegerisch, misshellig Ich stech, schlach, streit oder vecht Also tut auch mein geslecht So ich in meinen heusem ston Dem wider und dem scorpion So wurk ich vasst nach meiner art Ich mach krieg und widerpart Also thund meine kind Prennen, rauben und mörden ubel thun das ist mein orden. « Und was ist über Venus gesagt? »Ich still krieg und auch neyd / Und bin Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 6 Einleitung frölich zu aller zeit.« Etwas unentschieden ist dagegen der wechselhafte Merkur: » Mit den guten bin ich gut, den pösen sterck ich iren müt. Mein kind hubsch und können schreiben Und bey den Leuten freud treiben . . . Selig und weis mach ich den man Darzu, das er wol reden kan. « Da kann man sich freuen, etwas Sonneneinfluss zu haben: »Ich pin glückselig / edel und vein, Also seinn auch die kinder mein« oder am besten den Jupiter als Spender echten Glücks zum Geburtsgestirn: » Züchtig, tugendhafft und güt Sittig, weise und wolgemüt kunstreich . . . bin ich und meine kinder alle . . . Er und gut kan ich geben Schauer, wetter und lannges leben. «1 Weder in der Vergangenheit noch heute gibt es die Astrologie als verbindliches Lehrsystem. Nicht jeder Astrologe behauptet, im Detail das Schicksal aus den Sternen lesen zu können. Im Gegensatz zur mittelalterlichen Volksastrologie, die auf dem Grundsatz der weitgehenden Abhängigkeit des Schicksals von den Sternen beruht, reduziert die gelehrte Sterndeutung die kosmischen Einflüsse auf die Vorgabe einer Tendenz. Während in der durch Bildungsprivilegien begünstigten Oberschicht der Grundsatz »Die Sterne zwingen nicht, sie machen nur geneigt« weite Anerkennung fand, blieb in der Volksastrologie dem Menschen oft nur wenig Freiheit. Fast das ganze Leben war vom Einfluss der Gestirne beherrscht, hinter dem in der christlich geprägten Astrologie der Wille Gottes stand, der sich in Himmelszeichen offenbarte. Neben der christlichen Religion hat wohl nichts das Denken und Handeln der Menschen im europäischen Mittelalter so sehr beeinflusst wie die Astrologie. Kein Bereich des Geistes blieb von ihr unberührt. Gleich, ob Medizin, Wettervorhersage, Alchemie, Theologie, Politik, Geschichte, Kalenderwesen – überall spielten astrologische Gesichtspunkte eine deutliche oder gar dominierende Rolle. 1 Medizinisch-astrologischer Volkskalender 1981, Bd. 2, S. 33, 50–53 Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern 7 Vorformen der Astrologie finden wir in den vor- und frühgeschichtlichen Gestirnskulten, mit der diesen zugrunde liegenden Vorstellung der engen Beziehung des Menschen zur Natur, die Himmelskörper eingeschlossen. Die Vorstellung vom kosmischen Organismus, wie er in der späteren gelehrten Sterndeutung zum Ausdruck kommt, ist eine Erahnung der Einheit der Welt. Solange diese nicht mit den Mitteln moderner Forschung und darauf aufbauender philosophischer Verarbeitung erfassbar war, musste sich diese Universalität in teils phantastischen Konstruktionen äußern. Auch die Astrologie ist hier historisch einzuordnen. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts verlor sie vor dem Richterstuhl der Vernunft ihre Existenzberechtigung. Neue soziale Verhältnisse schufen neue geistige Ansprüche. Die Fortschritte der astronomischen Forschung brachten wesentliche neue Erkenntnisse, die das Weltbild entscheidend veränderten. Dennoch bleibt die Astrologie als historische Erscheinung ein interessantes Feld der Forschung. »Man verliert nicht seine Zeit, wenn man untersucht, womit Andere ihre Zeit verloren haben«, so entschuldigte 1899 ein französischer Historiker seine Beschäftigung mit der Astrologie. Eine solche verschämte Begründung ist heute nicht mehr notwendig – oder ist sie es doch? Dass die Geschichte der Astrologie kein Beitrag zur Geschichte der menschlichen Narrheit ist, stellte schon Franz Boll, einer der besten wissenschaftlichen Kenner dieses Gebietes, kategorisch fest, und dem ist nicht zu widersprechen. Es mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, eine Geschichte der Astrologie bis in steinzeitliche Kulturen zurückzuverfolgen, beginnen doch solcherart Darstellungen in der Regel erst bei den alten Babyloniern und Ägyptern. Dennoch hat dies seine Berechtigung, denn ohne diesen weiten zeitlichen Rückgriff muss es unklar bleiben, wie die Menschen im Verlaufe von Jahrtausenden auf den Gedanken kamen, am Himmel etwas für das irdische Leben Bestimmendes entdecken zu können. Dies sei hier im weiten inhaltlichen Rahmen als der astrologische Gedanke bezeichnet. Freilich ist das, was unter diesem Aspekt dargestellt wird, noch keine Astrologie mit einem bestimmten, mehr oder minder fest umrissenen Regelsystem. Es sind in Naturkulte, in Gestirnskulte eingebettete Toten- und Fruchtbarkeitskulte, die infolge ihrer Bindung an den Himmel als frühe Himmelskunde bezeichnet werden können. Im selben Maße, mit derselben Berechtigung, wie dies in die Geschichte der Astrologie integriert wird, könnte es für die Geschichte der Astronomie Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 8 Einleitung gelten. Beides findet sich hier in denselben Vorformen, geprägt durch ein magisches, mythisches, ja emotional geprägtes Weltverständnis. Dies entbehrt nicht gänzlich rationaler Züge und ist von einem gewissen Verständnis von Zahl und Maß, von Regelmäßigkeiten und Ausnahmen geprägt. An manchen Bauten vergangener Epochen finden wir Visuren in Richtung zum Auf- und Untergangsort der Sonne am Tag der Frühlingsund Herbst-Tagundnachtgleiche (Frühlings- bzw. Herbstanfang) sowie zum Sommer- und Wintersolstitium (Sommer- bzw. Winteranfang). Für solche Ortungslinien sind gelegentlich gewaltige Steinsetzungen angelegt worden, von denen wohl Stonehenge in England die bekannteste ist. Die Hauptvisur weist in Richtung des Sonnenaufgangs zur Wintersonnenwende. Gewaltige Steinblöcke, bis zu 7 m hoch, wurden zu einer mehrfach gegliederten Anlage zusammengefügt. Ähnliche Steinkreise, wenn auch weniger imposant, gibt es im Nordwesten Europas in großer Zahl. Abb. 1: Der gewaltige Hügel der Anlage von Newgrange (Irland) mit einem Durchmesser von 79–85 m. Die Sitte, kultische Bauwerke nach astronomischen Daten auszurichten, findet sich in allen Erdteilen. Die mittelamerikanische Maya-Tempelanlage in Uaxactun zeigt einen direkten Bezug zur Sonne. Steht man auf der Pyramide VII, ist der Sonnenaufgang zu verschiedenen Jahreszeiten in der Richtung dreier anderer Tempel zu sehen: über dem nördlichen am Sommeranfang, dem mittleren zu den Tagundnachtgleichen und über dem südlichen zum Winteranfang. Die Hopi-Indianer errichteten im Chaco Canyon (USA-Staat New Mexico) ein Gebäude, an dem Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern 9 durch ein Felsspalten-Visier die Sonne in ihrem nordöstlichsten Aufgang wahrgenommen werden kann. Der Beobachtungsplatz ist mit einem Sonnensymbol gekennzeichnet. Steinkreise gibt es auch in Kenia, wo alte kuschitische Völker Visuren für Sternaufgänge festgelegt haben, mit deren Hilfe sie ihren Kalender einrichteten. Alle diese Orte der Sonnen-, Mond- oder Sternbeobachtung waren aber nicht in erster Linie Observatorien, sondern vor allem Kultstätten. Denn der Mensch der Frühzeit sah die Himmelskörper als wirkende Wesen an, mit denen er sich auseinander zu setzen hatte. Dabei fanden sich immer wieder, über Kulturgrenzen hinweg, Beziehungen zwischen dem Toten-, Fruchtbarkeits- und Gestirnskult. Bestattungsriten mit Beigaben, die nur einem lebenden Wesen etwas nützen, deuten schon sehr früh auf uns im Detail völlig unbekannte Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod. Und da immer wieder die Lage der Toten oder die Orientierung von Grabbauten, wie den Großsteingräbern von Skandinavien, Polen, Mecklenburg, den Kanalinseln und anderswo nach dem Lauf der Himmelskörper, vor allem der Sonne, ausgerichtet wurde, darf man annehmen, dass das Leben nach dem Tode in Verbindung zu Lebenszyklen gesetzt wurde, die die Menschen im jahreszeitlichen Geschehen der Natur, im Lauf der Sonne oder den Lebenszyklen des Mondes anschaulich vor Augen standen. Schon sehr früh war der Zusammenhang zwischen dem Sonnenstand und der Temperatur bekannt. Später kam die Erkenntnis hinzu, dass der Sternhimmel mit dem Wechsel der Jahreszeiten sein Aussehen verändert. Die Beobachtung der Korrelation zwischen dem Jahreszeitenzyklus und den periodischen Abläufen in der Bewegung der Himmelskörper hatte weitreichende Folgen. Dem Menschen erschien es zweckmäßig, für seine Existenz eine Vielzahl von Tätigkeiten zum Nahrungserwerb sowie andere lebensnotwendige Arbeiten nach Geschehnissen am Himmel einzurichten. Die Gestirne wurden ihm zum Kalender. Sehr prägnant ausgebildet war dies im alten Ägypten. In der Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. fiel die Nilschwelle etwa mit der Sommersonnenwende und dem heliakischen Aufgang des hellen Sterns Sirius im Sternbild Großer Hund zusammen. Mit diesem Tag begann damals das Sonnenjahr. Somit kündete der heliakische Aufgang des Sirius die alljährlich wiederkehrende Nil-Überschwemmung an, mit der der fruchtbare Schlamm auf die Felder kam. Eine Inschrift am Tempel von Dendera bezeichnet Sirius als Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 10 Einleitung Abb. 2: Der Faldouet-Dolmen auf Jersey mit seiner Zugangsausrichtung nach Osten. »Isis, die Große, die Gottesmutter, welche schwellen macht den Nil zur Zeit, wann sie erglänzt am Anfang des Jahres«. In diesem Weltbild war Sirius nicht der zufällige Ankünder der Nilüberschwemmung, sondern er trat in der Vorstellung der Menschen an die Stelle des Verursachers. Darin müssen wir einen grundsätzlichen Zug im Denken des Menschen der Urgesellschaft, ja aller frühen Kulturen sehen: Das zeitliche Nacheinander wurde zu einem Ursache-WirkungsKomplex. Weil die Sterne des Frühlingshimmels dem Erwachen der Natur zeitlich vorausgehen, wurden sie als Verursacher der wärmeren Jahreszeit betrachtet, denn die Menschen hatten von physikalischen Kräften und biologischem Wachstum noch keine Kenntnisse und sahen in allen natürlichen Beziehungen das Walten bewusst tätiger Wesen. Eine Vergötterung des Himmels lag aus noch einem anderen Grund nahe: Auf der Erde herrscht ein ständiges Werden und Vergehen. Alle hier erkennbaren Zyklen sowohl der Vegetation als auch des menschlichen und tierischen Lebens sind stets mit vielen zufälligen Abweichungen Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Der kosmische Organismus in mythischen Weltbildern 11 behaftet – denn der Ablauf der Jahreszeiten ist alles andere als starr. Einmal scheint ein Winter fast ganz auszufallen, ein anderes Mal zieht er sich scheinbar endlos hin; manche Menschen werden früh von Krankheit befallen und sterben, andere erhalten sich lange ihre geistige und körperliche Frische. Ganz anders der Himmel! Hier beeindruckte die scheinbar absolute Konstanz der Bewegung, die Harmonien des Firmaments. Hier herrscht eine Ordnung, die stärker ist als menschliches Vermögen. Nichts scheint sich hier zu verändern, weder die Helligkeit der Sterne noch die Sternbilder und der Lauf der Sonne, des Mondes und der Planeten. Dadurch rückte der Himmel als etwas Überirdisches, eben Göttliches, in das Denken. Die frühe Astronomie ist neben ihrer Bedeutung in Kulten der frühen Naturreligionen zu einem bedeutenden Teil Kalenderrechnung. In erster Linie wurde das Jahr nach dem Mond- und Sonnenlauf geteilt. Der Bauer konnte nach den Stellungen der Himmelskörper die Zeiten der Aussaat und der Ernte bestimmen, aber auch abschätzen, wie viel Zeit bis zur nächsten Fruchtreife verstreichen würde und wie lange die Vorräte reichen müssten. Für diese Tätigkeiten gibt der Lauf der Gestirne viel besser Auskunft als Witterungserscheinungen. Doch nie war der Kalender eine nüchterne, technische Angelegenheit, sondern stets in eine kultische Verehrung der Kalendergestirne, vor allem der Sonne und des Mondes, eingebettet. Ein erst in neuerer Zeit in seiner symbolisch-kalendarischen Bedeutung erkanntes, sehr interessantes Objekt ist der Berliner Zeremonialhut (innerhalb einer insgesamt nur vier Objekte umfassenden Gruppe). Der aus dünnem Goldblech bestehende Hut aus dem süddeutschen Raum ist 74 cm hoch und hat ein Alter von etwa 3000 Jahren. Er stammt aus der Bronzezeit, in der erstmals eine übergreifende gesamteuropäische Geschichtlichkeit fassbar wird und aus der wir ungezählte Zeugnisse einer entwickelten Geisteskultur haben. Eine genaue Untersuchung seiner Ornamentik ergab, dass hier vor allem kalendarische Zahlen des Sonnenjahres dargestellt sind. Diese dienten einem Priester-Astronomen nicht nur zur direkten Bestimmung der Lage eines Tages im Jahreslauf, sondern stellten vielleicht noch eher eine symbolische Vergegenständlichung der Jahresbewegung der Sonne dar. Sie hatten eine Funktion bei uns unbekannten Kulthandlungen zur Verehrung und in magischem Kontext zur Einflussnahme auf die Jahresbewegung der Sonne (des Sonnengottes – natürlich ein viel zu Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 12 Einleitung moderner Begriff). Damit liegt diesem Goldhut nicht nur eine entwickelte Fähigkeit der Erfassung von Zahlen und Zeiten zugrunde, sondern auch das tief empfundene Bedürfnis einer Religiosität, die Bewegung der als belebtes Wesen geltenden Sonne in einem Objekt darzustellen (W. Menghin 2000). Seine Niederlegung erfolgte als eine Art Bestattung; aus unbekannten Gründen wurde er für nicht mehr benutzbar – entweiht? – angesehen und an einem heiligen Ort der Erde anvertraut. Abb. 3: Der Berliner Zeremonialhut mit seiner kalendarische Zahlen symbolisierenden Ornamentik (Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin). Die hier auftretenden konzentrischen Kreise, Spiralen oder Wirbel finden sich immer wieder. Ein berühmtes Beispiel ist der Kultwagen von Trundholm (14. Jh. v. Chr.). Ein anderes ist eine nicht genau datierte Marmorstele aus Razlog (Südbulgarien), über die es heißt: » Neben der Sonnenbarke mit der strahlenbegleiteten Sonnenscheibe steht eine bärtige Gestalt mit Helm, Gürtel und erigiertem Glied. Wellen weisen Gestalt und Barke als zusammengehörig aus. Zur Sonne gesellt sich eine Figur – ein Adorant [ein Betender], wahrscheinlicher aber eine Göttergestalt – , von deren durch die Erektion des Gliedes dokumentierter Kraft Wellen ausgehen. Diese bewegen die Barke. «2 2 Hänsel 1999, S. 28 Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 A Abend • Abendrot Abendstern • Abendweite Aberglaube • Abraham ... Atmosphäre • Aton • Attollens Aufgang und Untergang Auslösung • Azimut Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Abend – Aberglaube 91 Abend Astrologisch die Bezeichnung für das 7. Haus im Horoskop. Abendrot Anormale Dämmerungserscheinungen. Abendstern Griechisch heosphoros (H OMER, Ilias 23.226), Hesperos, lateinisch stella vespertina, Vesper, Name für die Venus bei ihrer Sichtbarkeit nach Sonnenuntergang am westlichen Abendhimmel in der Nähe ihrer östlichen Elongation. ( Morgenstern, Luzifer, Phosphoros) 1 Die auffällige Erscheinung der Venus als Abend- oder Morgenstern wurde in der babylonischen Omenastrologie aufmerksam verfolgt und galt bei vielen Völkern als Symbol des Anbruchs der Nacht, der Ruhezeit und der Liebe. Im Volksglauben gibt es an den Abendstern gerichtete Liebessegen. In der Astrologie wird die Stellung der Venus als Abend- oder Morgenstern selten berücksichtigt. Soweit dies doch geschieht, wird sie als Abendstern der (den Herbst symbolisierenden) Waage, als Morgenstern dem (frühlingshaften, weil am Frühlingshimmel zu sehenden) Stier zugeordnet, als ihrem Tag- bzw. Nachthaus. 2 Auch allgemein als Bezeichnung für jeden am Abendhimmel sichtbaren Planeten gebraucht, besonders für den Merkur, obwohl dieser wegen seiner Nähe zur Sonne ( Elongation) in nördlichen geographischen Breiten nur selten mit bloßem Auge zu sehen ist. Abendweite Der am Horizont gemessene Winkel vom Westpunkt bis zum Untergangsort eines Gestirns. Aberglaube Lateinisch superstition, ein inhaltlich nicht klar festgelegter Begriff zur Bezeichnung eines abweichenden Denkens, eines Glaubens, der immer einen bestimmten, sich zeitlich wandelnden Bezug benötigt. Vielfach zur Bezeichnung des Glaubens an das Wirken magischer Kräfte in einer als beseelt gedachten Welt, der sich in Sagen, Märchen, Bräuchen, volksmedizinischen Techniken und Zauberei äußert – sowohl in religiösem wie naturkundlichem Kontext. Vielfach spielen Analogien und Sympathien eine Rolle. Es ist ein Glaube an Zusammenhänge in der Welt, die nicht rational erfassbar sind. Der Begriff Aberglaube erschien erstmals im 15. Jh. und wird vor allem als Element religiöser Wertung verwendet, zur Kennzeichnung allen Denkens, das von der offiziellen Lehrmeinung einer Offenbarungsreligion abweichend befunden wurde und in gefährliche Nähe zu juristisch Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 92 Aberglaube handhabbaren Anschuldigungen kam. In verschiedener Verbindung steht aber (= wider) in negativ wertendem Kontext (auch Aberlist, Abergunst, Afterglaube = Unglaube). Eine fest gültige Trennung zwischen Glaube und Aberglaube ist nicht möglich, weil die Grenzen inhaltlich fließend sind und sich zeitlich verschieben können. Wegen der negativ wertenden Bedeutung des Begriffs ist dessen Verwendung in historischen Untersuchungen sorgfältig abzuwägen. Vor allem gilt es, den zeitlichen Rahmen einer Lehre zu berücksichtigen, weil sonst alles vor unserer Zeit liegende oder einem uns fremden Kulturkreis entstammende einer negativen Bewertung anheim fallen könnte. In der Wissenschaftsgeschichte, allgemein der Kulturgeschichte, darf nur dann etwas als Aberglaube bezeichnet werden, wenn wenigstens gesichert ist, dass zur fraglichen Zeit die Wissenschaften die in Rede stehende Auffassung als falsch nachgewiesen haben. Der Begriff Aberglaube ist dann so umschreibbar: »Die Wissenschaften haben zwar bewiesen, daß X. in bestimmter Weise zu erklären ist, aber ich glaube im Gegensatz dazu, daß X . . . «. Dabei ist das Bewusstsein dieses Gegensatzes keine zwingende Voraussetzung, zumal auch die soziale Komponente des Bildungszugangs Berücksichtigung finden muss. Das bedeutet auch, dass der Aberglaube nicht direkt in Beziehung zum formalen Bildungsstand eines Menschen steht. Vielfach ist es korrekter, wertungsfreien von Volksglauben zu sprechen. Unabhängig von der generellen Einstellung zur Astrologie ist es beispielsweise falsch, sie generell, oder besonders für die Zeit bis in 16./17. Jh. hinein als Aberglaube zu bezeichnen. In dieser Zeit befand sie sich mit dem Stand der Wissenschaften und dem allgemeinen Weltbild in Übereinstimmung, zum Ende des genannten Zeitraum langsam niedergehend, am frühesten in der Kometenastrologie. Historisch fallen in die Kritik der Wahrsagerei (z. B. I SIDOR, Etymologiae VIII 9) neben Astrologie auch Nekromantie, Geomantie, Magie, Divination, was jedoch in einen theologischen Kontext fällt, auf den der Aberglaube ausdrücklich nicht reduziert werden soll. ( Christentum und Astrologie) Typische Denkweisen, die als Aberglaube bezeichnet werden, sind Magie, Wahrsagerei und Zauberei. Dabei nimmt der Aberglaube zuweilen Formen an, die ihn zu einem quasi-religiösen Glauben an übernatürliche Kräfte, auch an Gottheiten, werden lassen. Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Abraham – Abraxas 93 Abraham Arabisch Ibrahim, ältester Patriarch des jüdischen Volkes, auch von Christen und im Islam als Vater aller Gläubigen anerkannt. Abrahams Lebenszeit wird etwa in das 19. bis 17. Jh. v. Chr. gesetzt. Er zog von Ur (Babylon) über Haran (NW-Mesopotamien) nach Kanaan und lebte als nomadisierender Stammesfürst. Nach außerbiblischer Tradition der Verbindung biblischer Erzählungen mit der babylonischgriechischen Mythologie im hellenistischen Judentum brachte er, aus Chaldäa kommend, den Ägyptern und Phöniziern die Astronomie, Mathematik, die Buchstabenschrift und Traumdeutekunst. Diese Würdigung teilt er sich mit H ENOCH, N IMROD und S ETH. Ein allerdings in anderem Zusammenhang stehender biblischer Ansatz findet sich dafür in 1 Mos. 15.5 in der von Gott an Abrahm ergangenen Aufforderung: »Siehe gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen?« Zur Zeit von F IRMICUS M ATERNUS war ein Abraham zugeschriebenes astrologisches Werk bekannt, das dieser benutzte. Die Bedeutung Abrahams für die Astrologie war lange tradiert: » Abraham sey durch betrachtung des Himmelslauffs erstlich dahin gebracht worden, daß er geschlossen, das solch Wunder geschöpff nicht ohngefehr entstanden, sondern daß eine unendliche Macht sein müsse, die solchs alles erschaffen und regiere. « So wird Theologie mit Astronomie und allgemeiner Naturbeobachtung verbunden, die Abraham zur Überzeugung der Existenz Gottes führte (P. Crüger, Bl. R 2), eine Tradition, die seit dem 2. Jh. v. Chr. geläufig war. Der Überlieferung nach schuf Abraham die Kaaba in Mekka mit dem Schwarzen Stein in der Ostecke, der vermutlich ein Meteorit ist. Abraxas Ursprünglich Abrasax, eine magische Potenz aus zahlenmystischen Spekulationen, wohl aus dem Umfeld der ägyptisierenden Gnosis. Nach dem christlich-gnostischen Lehrer B ASILEIDES ist Abraxas die göttliche Kraft als Herr über die 365 Himmel bzw. Äonen ( Aion) des Sonnenjahres. Der Name steht in Verbindung mit Mithras als Sonnengott sowie als Name eines der homerischen Sonnenpferde, auch gnostischer Gottesname in hellenistischen Zauberpapyri. Dessen griechischer, magischer Name enthält den Zahlenwert 365, die sieben Buchstaben werden den sieben Wochentagen zugeordnet. Es gibt auf Amuletten (Gemmen, Bild) zahlreichen Darstellungen des Abraxas dessen Schlangenfüße seine Beziehung zur Erde und der Hahnenkopf Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 94 Abu-Mashar al-Balkhi die zur Sonne symbolisiert. Er wird zu Licht- und Zeitgott, zum Weltschöpfer, Offenbarungsgott und Erlöser. Sein Bild war insbesondere auf Ringsteinen (besonders in Heliotrop sowie verschieden schattierten grünem Jaspis), verbunden mit magischen Inschriften (Griechisch geschriebenen Zauberworten und Formeln, die im Ägyptischen oder Hebräischen wurzeln und uns in der Regel unverständlich bleiben) im ganzen römischen Reich verbreitet, mit einer Blütezeit im 2./3. Jh. n. Chr. Im Zusammenhang mit der weiten Verbreitung der Lehre der Gnosis wurden gnostische Gemmen, darunter in großer Vielfalt Abraxasgemmen zur Massenware, was in Verbindung mit ihrer meistens verborgenen Trageweise, den künstlerischen Aspekt in den Hintergrund treten ließ. Abraxas steht auch als Geheimwort in Zauberpapyri. Abraxas: Abraxasgemme, grünroter Jaspis, 4,7 x 3 x 0,7 cm (Staatl. Museen Kassel, Antikensammlung). Dargestellt ist Abraxas als hahnenköpfiges, schlangenbeiniges Mischwesen mit Brustpanzer, Rundschild und Peitsche; auf der Rückseite ein Gebet zweier Frauen (Text beschädigt): »Gib mir gnädig den Sieg, da ich ja deinen verborgenen, wahren Namen gesprochen habe . . . schnell, schnell. Frontina und Alexandra.« (Michel 2001, Nr. 55). Abu-Mashar al-Balkhi, Ja’far ibn Muhammad (Albumasar) 787 bis 886, bedeutender islamischer Astrologe aus Khorasan (Nordostiran). Albumasar entstammt der gebildeten Oberschicht seiner Stadt und war in der Lage, sich eines weiten Wissensreservoirs zu bedienen. Dazu gehörte das Wissen der Griechen, vor allem des A RISTOTELES, des Neuplatonismus, aber auch von D OROTHEUS, V ETTIUS VALENS und die Weisheitslehren des H ERMES, dazu Lehren des Sanskrit und der Perser. Albumasar war weniger schöpferisch tätig, doch nahm er großen Einfluss auf seine Zeit und die Nachwelt bis ins 16. Jh. Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Abu-Mashar al-Balkhi 95 Abu-Mashar al-Balkhi, Ja’far ibn Muhammad (Albumasar): Albumasar in einem Idealporträt auf dem Zifferblatt der astronomischen Uhr der Stralsunder Nikolaikirche, auf dem Schriftband der astrologische Grundsatz Sapiens vir dominabitur astris. ( Vir sapiens). In neuplatonischer Tradition sieht Albumasar die Gestirne als belebte Wesen; die obere Welt der Gestirne ist göttlich und von der sublunaren streng geschieden. Vermöge ihrer herausgehobenen Stellung wirken die Gestirne auf die untere Welt. Von seinen Schriften wurden in der westlichen Astrologie besonders die Flores astrologiae und das Introductorium in astronomiam (lateinische Erstdrucke Augsburg 1488 bzw. 1489) von Bedeutung. Es war ein Lehrbuch der Astrologie, das beginnend mit einer philosophischen Begründung der Astrologie als mathematischer Wissenschaft auf viele technische Einzelheiten eingeht (Charakteristik der Tierkreiszeichen und Sterne, die Dekane, die Planeten und ihr Einfluss auf die sublunare Welt, die Häuser der Planeten, der Einfluss der Tierkreiszeichen auf den Menschen). In De magnis conjunctionibus (lateinischer Erstdruck Augsburg 1489) behandelt Albumasar neben allgemeinen Einflüssen der Tierkreiszeichen und des Aszendenten die Bedeutung großer Konjunktionen für den Geschichtsablauf, womit Albumasar im 15./16. Jh. in besonderer Weise seinen Ruf als Astrologe begründete. Zwar hat bereits Messahala (M ASHA’- ALLAH) über diesen Gegenstand geschrieben, doch gilt Albumasar als Begründer der weltgeschichtlichen Bedeutung großer Konjunktionen, obwohl er dafür in wichtigen Teilen ein Werk seines Lehrers AL -K INDI ausgeschrieben hat. Zu erwähnen ist noch das unter dem Titel Flores astrologiae (Erstdruck Augsburg 1488) bekannte Werk über das Jahr, die Monate und die Tage mit ihren jeweiligen Herrschern. Weitere Schriften sind verloren. (D. Pingree 1970) Die Bedeutung von Albumasar für die westeuropäische Astrologie wird dadurch unterstrichen, dass er neben A LFONS X., Ptolemäus und Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 96 AC – Aderlass Albohazen Haly (A LI I BN -A BI ’R IGAL AS -S AIBANI) zum Bildprogramm astronomischer Großuhren des Ostseeraumes gehört (z. B. Nikolaikirche Stralsund, Kloster Bad Doberan). AC Auch ASZ, Abk. für Aszendent. Aderlass Eines der beliebtesten und am häufigsten ausgeführten medizinischen Verrichtungen zur Therapie und Prophylaxe von Krankheiten. Der Aderlass war bereits in der Antike bekannt und erlebte seit dem 14. Jh. die größte Verbreitung, was sich in einer umfangreichen Aderlass-Literatur niederschlägt, einerseits theoretische Traktate, andererseits für die direkte Anwendung gedachte Aderlasskalender ( Iatromathematik). Wie das Baden war der Aderlass in humoralpathologische Grundsätze eingebunden sowie astrologisch in die MakroMikrokosmos-Vorstellung. Die Aderlasszeiten und Körperteile für den Aderlass entwickelten sich zu einem strengen Kodex, in dem die Stellung des Mondes im Tierkreis und dessen Lichtphase die größte Bedeutung hatten, basierend auf der Zuordnung der Körperteile und Organe zu jeweils bestimmten Tierkreiszeichen. Bildlich fand dies seine Darstellung im Tierkreiszeichenmann. Hinzu kommen kritische Tage, Lebensalterlehren u. a.; auch wurde das Aderlassen in den Hundstagen nicht empfohlen. Grundsätzlich galt der Aderlass in bestimmten Tierkreiszeichen als besonders gut (Widder, Krebs, Waage, Skorpion, Fische), in anderen weniger gut oder böß (z. B. Stier: »So der Mond darinnen ist nicht gut den Halß artzneyen, oder mit eisen berühren, wunden schneiden, aderlassen«; Astronomia Teutsch 1601, Bl. 69b ). Diese Regeln galten gleichzeitig für chirurgische Eingriffe, »mit eisen berühren«. Jedoch sollte übergeordnet an keinem Organ oder Körperteil zur Ader gelassen werden, in dessen zugehörigem Tierkreiszeichen sich zur fraglichen Zeit der Mond befindet. Beispielsweise darf nicht an den Füßen zur Ader gelassen werden, wenn der Mond in den Fischen steht, in den Zwillingen nicht an den Schultern, Armen oder Händen. Das Lebensalter spielt insofern eine Rolle, als man junge Menschen in der Zeit des zunehmenden Mondes, alte während des abnehmenden Mondes zur Ader lassen sollte, wenn auch des Mondes Kraft zu- oder abnimmt ( Mondphasen, Aderlasskalender, mit Bild und Zitaten). Die empfohlenen Tage werden vielfach als gut oder mittel gut klassifiziert: »An donrstag vor galli und ouch Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Aderlasskalender 97 an sant gallen tag [16. Okt.] gut den iungen on die houptadern. An donrstag und freitag vor symonis und iude [28. Okt.] mittel den alten on die lung ader.« (Heitz-Haebler 1905, Nr. 5, für 1472). Unabhängig von allen Regeln war die Behandlung eines Notfalls, wie dies ausdrücklich 1470 heißt: »Wem aber not ist das lässin, dem setzt die noturft alle zeit zelassen, so er des bedarff und mit aigner tag als den gefunden.« (Heitz-Haebler 1905, Nr. 3) Neben der Anwendung in aktuellen Krankheitszuständen sollte man sich regelmäßig zur Ader lassen, weil dies der Reinigung des Blutes, des Körpers insgesamt diene, besonders im Frühjahr zur Erneuerung der Kräfte. Ausgeführt wurde der Aderlass vor allem von Badern und Barbieren auf der Grundlage verbindlicher Regeln und Zeiten ( Aderlasskalender). Die astrologischen Aderlassvorschriften waren nicht unbestritten; »dann diese kindische observationes haben mit meinen rationibus nichts gemein«, so Kepler 1610 (J. Kepler 2004, Th. 93), was doch aber eine sehr vereinzelte Stimme war. Im Rahmen alternativer medizinischer Lehren gewinnt der Aderlass heute wieder an Bedeutung. Aderlass: Aderlass, Darstellung in einem immerwährenden Kalender, Nürnberg um 1483. Aderlasskalender Lasskalender, Lasstafel, Lasszettel, Bezeichnung für einen Kalender (meistens Einblattdruck), der neben den Mondphasen nur die nach Monaten geordneten günstigen und ungünstigen Tage für das Aderlassen und andere medizinische Verrichtungen aufführt. Der Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 98 Aderlassmann – Aeromantie Aderlasskalender begann typischerweise mit den Jahreskennzahlen, wie Sonntagsbuchstabe, Goldene Zahl, Lage der Fastnacht, Ostern, Pfingsten, 1. Advent. Darauf folgen tabellarisch die Neu- und Vollmonddaten, dann » Die erwölten tag des Aderlassens nach warem lauff und angesichten der siben planeten. In dem zumercken ist das es den Jungen menschen im zunemenden mon und den alten in abnemendem mon zymlich zu lassen ist. «27 (Warer lauff – des Mondes; zymlich – es geziemt sich.) Die Angaben erfolgen meistens nach Heiligentagen. Erwähnung finden abschließend Finsternisse. Als Schmuck finden sich oft Schmuckinitialen, häufig der Tierkreiszeichenmann sowie Monatsbilder, gelegentlich weitergehende künstlerisch ansprechende Miniaturen, beispielsweise in Verbindung mit einem Neujahrsgruß. ( Einblattkalender, mit Bild, Kalenderschriften) Aderlasskalender blieben als typische Verbrauchsliteratur selten erhalten und wenn, dann oft nur in einem Exemplar. Die Autoren der Aderlasskalender sowie ihre Drucker sind vielfach unbekannt. Diese Kalender gehören zu den sehr frühen Erzeugnissen des Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Einer der ersten wurde für 1462 wahrscheinlich in Wien gedruckt. Die Aderlasskalender sind zu etwa 2/3 in deutscher Sprache erschienen, sie wenden sich an Bader und Barbiere sowie weitere Angehörige der mittleren städtischen Bildungsschichten, die den Aderlass ausführten. Dem großen Nutzerkreis entsprechend war die Auflagenhöhe der Aderlasskalender mit einigen Tausend bis Zehntausend Exemplaren sehr hoch. Wir wissen aus Basel um 1500, dass jeder Bader und Barbier verpflichtet wurde, die Aderlasszeiten unter Strafandrohung nach einem von der medizinischen Fakultät und dem Stadtarzt approbierten Aderlasskalender zu richten, wodurch die Astrologie juristische Relevanz erhielt. ( Iatromathematik) Aderlassmann Tierkreiszeichenmann Aeromantie Form der Wahrsagung aus atmosphärischen Erscheinungen, wie dem Wind, Wolken, Nebel, dem Regenbogen, Halos, anormalen Dämmerungserscheinungen u. a. 27 Heitz-Haebler 1905, Nr. 37, für 1482 Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Affe 99 Aderlasskalender: Einblattkalender mit künstlerisch gestaltetem Neujahrsgruß, den Jahreskennzahlen sowie den Mondphasen und den Aderlasstagen (Druck Speyer, GW 1369). Affe Chinesisches Tierkreiszeichen in der Zeit des Übergangs zum Herbst, der beginnenden Dunkelheit und des zunehmenden Yin. Der Affe, als ein dem Menschen ähnliches Tier, deutet auf die unbewussten Kräfte hin sowie auf unkontrollierte, zerstörerische, weil nicht durch Denken gesteuerte Kräfte. Dem entspricht die noch grüne Natur, die jedoch vom Niedergang nicht mehr weit entfernt ist. Die Symbolik des Affen in der chinesischen Astrologie ist deutlich unterschieden von der in der christlichen Symbolik mit dem Bezug zum Teufel, zum Sünder und zum Laster und differenzierter. Zeit Palast Planet August/September des weißen Tigers Venus Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 100 Element Doppelstunde Agrippa von Nettesheim Metall 13–15 Uhr Bei einem unter dem Zeichen des Affen geborenen Menschen gilt als bestimmend, dass eine jeweilige Stimmung sein Denken und Handeln führt. Er kann sehr sprunghaft und unzuverlässig sein, ist begeisterungsfähig, aber nur solange eine Stimmung anhält, das Interesse lässt oft rasch nach, eine Arbeit wird nicht zu Ende geführt. Agrippa von Nettesheim, Heinrich Cornelius 1486–1535, studierte vermutlich Medizin und Jurisprudenz in Köln und führte zunächst ein unstetes Wanderleben in Frankreich, Spanien und England. Agrippa hielt mehrfach öffentliche Vorlesungen. Er arbeitete über Alchemie und Magie, trieb aber zudem theologische Studien. Zeitweise war Agrippa in kaiserlichem Dienst zur Verbesserung des Bergbaus tätig, dann als Militär, später Leibarzt der französischen Königinmutter und anderweitig als praktischer Arzt. Agrippa ist in seinem Spätwerk neben P ICO DEL LA M IRANDOLA wohl der einzige Fundamentalkritiker der Astrologie seiner Zeit. Agrippa sucht in seinem Frühwerk De occulta philosophia (1510) eine möglichst reine Darstellung der alten Magie auf antiker und kabbalistischer Grundlage ( Kabbala) und zielt auf eine Synthese von Christentum und Magie auf dem Boden der neuplatonischen Mystik. Er unterscheidet drei Welten: die elementare, die himmlische und die Geisterwelt, die der menschlichen Dreiheit Körper, Seele und Geist entsprechen. Agrippa sieht eine dreifache Magie oder erhabenste Philosophie, die als natürliche Magie die Herrschaft über die irdischen Dinge, als himmlische über die Gestirnswelt und als religiöse über die Geister- und Dämonenwelt gewährt. So führt die Magie zur Verbindung zwischen Unten und Oben, zum Verständnis des Kosmos sowie zur Erkenntnis Gottes und erlaubt die Ausübung menschlicher Macht auf den Kosmos und auf Gott. Die himmlische Welt erscheint mit den Himmelssphären, den Fixsternen und den Sphären der als beseelt gedachten Planeten, denen jeweils bestimmte Geister zugehören ( Planeten). Die Engel der Geisterwelt sind die Organe der göttlichen Weltregierung, die ihren Einfluss auf die Gestirne – diese wiederum auf die sublunare Welt – ausüben. So steht in der Welt durch gegenseitige Sympathie alles miteinander in Verbindung wie die Glieder eines Leibes. Durch Sympathie und Analogie Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 Agrippa von Nettesheim 101 ist es möglich, aus dem Kleinsten das Größte zu erkennen und durch irdische Dinge Macht über die ihnen verwandten himmlischen Mächte auszuüben. Der Mensch ist das vollkommenste Wesen und hat das Bild des ganzen Universums in sich. Magie ist für Agrippa eine philosophische Wissenschaft, die auf tiefem Wissen um die geheimsten Dinge, ihr Wesen und ihre Kräfte, ihre Wirkungen und gegenseitigen Beziehungen beruht. Religion hingegen ist der Schlüssel zur Magie und ihre Erfüllung. Anders als bei Ptolemäus und Kepler ist Astrologie bei Agrippa nicht physikalisch gedacht, sondern subjektiv erlebt. In seinem Spätwerk De incertitudine et vanitatum scientiarum (Über die Fragwürdigkeit, ja Nichtigkeit der Wissenschaften, 1531) stellt Agrippa alles bisher gedachte in frage. Er stellt es als Irrtum und Weg ins Verderben dar, griff darin auch die Kirche, die Mönchssitten, den menschlichen Charakter der Evangelisten, den kirchlichen Amtsmissbrauch und die Leerheit der Bibelauslegungen an, es war eine allgemeine Zeitkritik. Hier erscheint die Astrologie als voller Lug und Trug, als Mutterschoß allen Ketzertums. Im Einzelnen führt er an: I Die Planeten sind später als das Gras, die Pflanzen und Bäume geschaffen, können diese also auch nicht beherrschen. I Astrologen sind ungläubige, ja gottlose Gesellen, alle ernst zu nehmenden alten Philosophen und Mathematiker enthielten sich der Astrologie. I Die Bewegungen der Planeten sind ebenso wie deren Kräfte zu wenig bekannt, als dass man daraus sichere Schlüsse ziehen könne. I Neben den himmlischen Einflüssen gibt es viele andere, weshalb man » unmöglich etwas Verläßliches durch astrologisches Weissagen erfahren kann, weil erstens neben den himmlischen stets zahllose andere Faktoren beteiligt sind . . . und weil zweitens sehr viele unwägbare Faktoren dem entgegenstehen, Gewohnheit, Charakter, Erziehung, Moral, Macht, Ortsverhältnisse, Geburt, Vererbung, Ernährungsgewohnheiten und mehr oder minder große Beherrschung des Geistes. «28 28 Agrippa 1993, S. 73 Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 102 Aion – aktiv I Die Regeln der astrologischen Weissagung sind widersprüchlich abgefasst, nach allen Seiten ausdeutbar, Treffer sind deshalb Zufall. Vorsichtige Astrologen sagen nur Mehrdeutiges, das im Falle des Eintreffens wortreich ausgeschmückt werde, gehe eine Prognose daneben, sage man, der Klient sei der Deutung gegenüber nicht aufgeschlossen gewesen. I Durch die Astrologie werden unerfahrene Menschen nur betrogen, ihnen wird das Geld aus der Tasche gelockt; die Astrologie führe Menschen, die sich mit gottloser Neugier auf sie verlassen, ins Unglück. I » Wenn aber Leben und Schicksal des Menschen von den Sternen bestimmt werden, müssen wir uns dann noch fürchten oder sorgen? Stellen wir das doch Gott und dem Himmel anheim, die weder irren noch böse handeln können. «29 Es ist dies das oft geäußerte Argument, die moralische Verantwortung werde durch die Astrologie aufgehoben, Willensfreiheit. Agrippas Kritik zielt nicht speziell auf die Astrologie, sondern läuft darauf hinaus, aller Wissenschaft die Erlangung von Gewissheit abzusprechen, da sie ja nur Menschenwerk sei. Aion, Äon Personifizierung der Ewigkeit oder Weltzeitdauer, Emanationen göttlichen Seins oder himmlischer Wesen. Im griechischen Pantheon erscheint Aion als Sohn des Kronos, dessen Fest mit dem Neujahr verbunden war. Sein Gestalttypus ist mit dem Tierkreis sowie einer Schlage um einen Stab verbunden, oft als löwenköpfige, geflügelte Menschengestalt und steht der des Annus ( Jahr) nahe. Er findet sich oft in Zauberpapyri als »grenzenloser Gott der Götter«. Aion drang auch in den Mithraskult und die hermetische Literatur ( Hermes) ein. Seiner Herkunft nach ist Aion sicherlich ein orientalisches Fabelwesen und leitet sich aus dem altpersischen Zervan akarana (die grenzenlose Zeit) her. aktiv Positiv, eine Eigenschaftszuweisung für Planeten und Tierkreiszeichen. Das Aktive steht im Allgemeinen in Beziehung zu den Eigenschaften männlich, warm, trocken, Tag. Aktiv sind beispielsweise Löwe, Schütze, Waage, Wassermann und Zwillinge. ( passiv) 29 ebd. Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7 762 Auf der CD-ROM Informationen zum ebook Die CD-ROM enthält das komplette Lexikon als für den Bildschirm optimiertes ebook im pdf-Format. Die Verweise zwischen den Einträgen sind aktiv, ein Mausklick führt zum Ziel. Zusätzlich können unabhängig vom Text vergrößerte Versionen aller Abbildungen – mit Legenden – durchgeblättert werden. Zwischen dem Text mit eingebetteten Bildern und den vergrößerten Abbildungen liegt nur ein Klick. Die schnelle Navigation zwischen den miteinander verlinkten Einträgen und die farbigen Abbildungen bieten einen anderen, mediengerechten Zugang. Übersichtsseite und Lesezeichen Startseite eines Buchstabens Textseite mit eingebettetem Bild Vergrößertes Bild mit Legende Verlag Harri Deutsch – Hamel: Begriffe der Astrologie – ISBN: 978-3-8171-1785-7