Vorurteil (lat. praeiudicium, opinio praeiudicata [vel opinio praeconcepta, praeoccupata]; engl. prejudice; frz. préjugé, préjudice) I. – 1. Begriffsentwicklung. – Im 17. und 18. Jh. entwickelt sich in der Philosophie zwischen F. BACON und I. KANT eine Theorie der V.e. Ursprünglich gebunden an die neue, auf Entdeckung und Beurteilung neuer Wahrheiten sowie auf die Vermeidung von Irrtümern ausgerichtete Konzeption der Logik als Methodenlehre wissenschaftlicher Erkenntnis, dringt sie dann auch in die Moralphilosophie und politische Philosophie ein. Durch ihren begrifflich und argumentativ prägenden Einfluß auf die religiösen, moralischen, pädagogischen und politischen Auseinandersetzungen in der literarischen Öffentlichkeit gewinnt sie in der europäischen Aufklärung eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung. In der Folge ist der Begriff des V. stark eingeengt worden, so daß er in der Umgangssprache der Gegenwart fast nur noch auf stereotype negative Einstellungen gegenüber bestimmten Personengruppen oder Sachverhalten angewandt wird. Mit diesen sozialen, nationalen, ethnischen und sexistischen V.en befassen sich heutzutage außerphilosophische empirische Wissenschaften wie Pädagogik, Soziologie und insbesondere Sozialpsychologie (s. unten II.) sowie Soziolinguistik. 2. Wurzeln. – Ideengeschichtlich hat die V.-Theorie vor allem drei Quellen: a) die stoische, maßgeblich von CICERO tradierte pejorative Auffassung der Meinung (doxa, opinio) als überstürzte Zustimmung (assensio) [1]; b) die römisch-rechtliche Tradition der Präjudizien als gerechtigkeitstheoretisch problematische Erkenntnisquelle außerlegislatorischer, kasuistischer Rechtsfortbildung und Rechtsergänzung [2]; c) die Idolenlehre F. BACONS [3]. – Der ersten Tradition (a) entstammt die Verbindung des V.-Begriffs mit den Begriffen ‹Leichtsinn› (‹levitas›), ‹Übereilung› (s.d.) oder ‹Voreiligkeit› (‹temeritas›) und ‹Überstürzung› (‹praecipitatio›, ‹praecipitantia›) und das später so genannte ‘V. der Übereilung (praeiudicium praecipitantiae); der zweiten Tradition (b) entstammt die Verbindung mit dem Begriff ‹Autorität› und das später so genannte ‘V. der Autorität bzw. ‘des Ansehens (praeiudicium auctoritatis). Die Baconsche Idolentheorie (c) gilt in der Zeit nach Descartes als historischer Ausgangspunkt der V.-Lehre als Theorie der Erkenntnishindernisse in der praktischen Logik. Als weitere Wurzel ist d) die sich auf die aristotelische Psychologie [4] berufende denudatio-Lehre zu nennen, derzufolge die Seele sich entblößen muß, um für die Aufnahme außersubjektiver Formen bereit zu sein. Von den Kommentatoren ausgearbeitet [5], ist dieses Lehrstück in Gestalt der Formel «Omne recipiens debet esse denudatum a natura recepti» in den «Auctoritates Aristotelis» [6] tradiert worden. In der lutherischen Orthodoxie und der cartesianischen Scholastik wird es aufgegriffen im Rahmen einer Kritik an erkenntnisbehindernden «praeoccupationes» der menschlichen Seele, die auch als «praeconceptiones» und als «praejudicia» bezeichnet werden [7]. 3. Praeiudicium in sensu logico. – Das Eindringen des juridischen Präjudizbegriffs – der schon seit JUSTINIAN mit der negativen Bedeutung der Schädigung oder des Nachteils verbunden war – in die Logik vor Bacon dokumentiert das Lexikon von R. GOCLENIUS: Demnach findet sich in manchen Logiken, wo von Zeugnis und Autorität gehandelt wird, das «argumentum a Praeiudicio vel praeiudicata opinione», wie Cicero sage. Nach diesem Hinweis auf Beweisführung aus Autorität (z.B. der Bibel) als präjudizialer Argumentation [8] wird das juristische Präjudiz («praeiudicata sententia») als autoritatives Exempel definiert und sodann aus beidem gefolgert: «Nascitur igitur praeiudicium ex auctoritate» [9]. Um Verwechslungen mit dem «praeiudicium in sensu juridico» zu vermeiden, prägt der Jurist und Philosoph CH. THOMASIUS 1689 für den erkenntnistheoretischen V.-Begriff die Bezeichnung «praeiudicium in sensu philosophico seu logico» [10]. In dem Maße, wie der logische V.-Begriff vorherrschend wurde, konnte der Zusatz später fortbleiben. 4. England. – F. BACON hat sich den menschlichen Intellekt für sein großes Erneuerungswerk eben und gleich einer Tabula rasa («aequus et instar tabulae rasae») [11] gewünscht; er gleicht aber eher einem unreinen und unebenen und daher verzerrenden Spiegel, der die von den Dingen ausgehenden Strahlen nicht richtig aufzufangen und gleichmäßig zurückzuwerfen vermag. Nach Bacon verhält sich nun die Lehre von den Idolen, den «inward elenches of the mind» [12] bzw. «Elenchi Imaginum» [13], zu seiner neuen Logik, dem ‹Novum Organum›, wie die Lehre von den sophistischen Fehl- und Trugschlüssen zur alten Logik [14]. Die Idolenlehre liefert eine Typologie psychologischer Erkenntnishindernisse des natürlichen, sich selbst überlassenen Verstandes, der der vorherigen Reinigung («expurgatio») bedarf, um von den zur Erkenntnis nötigen Hilfsmitteln Gebrauch machen zu können. Durch diese Verortung wird der ‹Logique de Port-Royal› und damit vielen späteren Schullogiken der systematische Ort der V.-Theorie vorgegeben: nach den aristotelischen ‹Sophistici Elenchi› am Ende des theoretischen Teils, gleichsam als Scharnier im Übergang zum praktischen, methodologischen Teil der Logik. Der Gedanke einer notwendigen Reinigung des Geistes vor seiner Aufklärung bzw. Erleuchtung findet sich auch sonst [15]. Die damit verbundene direktive und therapeutische Konzeption der Logik als einer «medicina mentis» [16], die neben den Krankheiten des Verstandes auch solche des Willens kurieren soll, ist in den späteren Logiken geläufig (B. KECKERMANN, J. CLAUBERG u.a.) und schlägt sich vereinzelt auch in ihren Titeln (‹Medicina mentis/intellectus›) nieder (E. W. VON TSCHIRNHAUS, J. LANGE, J. W. FEUERLEIN, M. G. HANSCH u.a.) [17]. J. LOCKES ausführlichste, über die Darstellung der vier Ursachen (Gewohnheit und Erziehung, Hypothesendogmatismus, Neigung, Autorität) im ‹Essay concerning Human Understanding› [18] hinausgehende Erörterung der V.e findet sich im 1706 postum veröffentlichten, ursprünglich als weiteres Kapitel seines ‹Essay› gedachten ‹Of the Conduct of the Understanding› [19]. Hier werden auf nicht-schulmäßige Art nicht nur die meisten der in den späteren Schullogiken verzeichneten V.e bereits erwähnt, sondern auch wie selbstverständlich als «principles», «maxims», «false or doubtful positions, relied upon as unquestionable maxims» [20] aufgefaßt. Sie verdanken sich einem Mangel des Gebrauchs und der Übung des Verstandes [21] und sind daran erkennbar, daß man keinen Widerspruch zu seiner Meinung vertragen, die Argumente der anderen Seite nicht geduldig anhören, viel weniger prüfen und abwägen, also insgesamt die ciceronische Forderung «audiatur et altera pars» nicht befolgen kann. Vor allem aber ist es für Locke die Pflicht des Liebhabers der Wahrheit, daß er eine gleiche Indifferenz gegen alle Wahrheit in dem Sinne übt, daß man sie nur um der Wahrheit willen liebt und daß man sich selbst auf seine Prinzipien hin prüft. In diese beiden Stücke wird die Freiheit des Verstandes gesetzt, die einem vernünftigen Geschöpf notwendig ist und ohne die es nicht wahrhaft ein Verstand ist («that freedom of the understanding which is necessary to a rational creature, and without which it is not truly an understanding») [22]. Wie für Locke entspringen die V.e auch für D. HUME «general rules», die wir vorschnell für uns bilden [23]. 5. Frankreich. – R. DESCARTES, der in den lateinischen Schriften «praejudicium», in den französischen promiscue «prévention», «précipitation», «préoccupation» und «préjugé» verwendet [24], fordert in der ersten Regel seines ‹Discours de la méthode› «d'eviter soigneusement la Precipitation, & la Prevention» [25]. In seinen ‹Meditationes› betont er, daß seine Beweisführungen einen völlig vorurteilsfreien Geist («mentem a praejudiciis plane liberam») erfordern [26]; er schreibe nur für Leser, die mit ihm nachdenken und ihr Denken von den Sinnen und zugleich von allen V.en abwenden können und wollen [27]. Die Methode des umfassenden und damit hyperbolischen Zweifels soll gerade dazu dienen, uns von allen V.en zu befreien («quod ab omnibus praejudiciis nos liberet») [28]. In der Irrtumslehre, die Descartes in der ‹4. Meditation› entwickelt, führt er die V.e auf den schlechten Willen und seine Affekte, genauer: auf ein Mißverhältnis zwischen Verstand und Willen zurück. Der Verstand allein kann nicht irren; ich gehe nur dann fehl, wenn ich von meiner Freiheit, zu urteilen oder mich des Urteils zu enthalten, durch den Willen getrieben, einen falschen Gebrauch mache. Diese Sicht erlaubt es, die V.e nicht allein als irrational, sondern auch als unmoralisch zu brandmarken. Präkonzipierte Meinungen entstehen vor allem aus dem, was die sinnlichen Neigungen und die Autorität der Lehrer dem noch unentwickelten Verstand in der Kindheit einprägen [29]. Einwände P. GASSENDIS zwingen DESCARTES dazu, seine V.-Lehre genauer zu artikulieren. Gegen die Vorhaltung, mit dem universellen Zweifel gerate man in ein neues V. (nämlich: alles für falsch zu halten), macht er geltend, daß er das in Zweifel Gezogene ja nicht wirklich für falsch halte [30]; sein Rückgang hinter das, was bisher für wahr gehalten wurde, sei rein methodisch und transitorisch. Auf eine neue Serie von Einwänden, von denen der wichtigste in Descartes' Zuspitzung lautet: «Que ie demande une chose impossible, en voulant qu'on quitte toute sorte de préjugez» [31], reagiert er schließlich mit einer Präzisierung des V.-Begriffs: «le mot de préjugé ne s'étend point à toutes les notions qui sont en nostre esprit, desquelles i'avouë qu'il est impossible de se defaire, mais seulement à toutes les opinions que les iugemens que nous avons faits auparavant ont laissées en nostre creance» [32]. Da es eine willentliche Handlung sei, zu urteilen oder nicht zu urteilen, stehe es in unserer Macht, uns von den V.en zu befreien, indem wir nichts bejahen oder verneinen, was wir früher bejaht oder verneint haben, bevor wir es erneut geprüft haben. Im nachreformatorischen Konfessionsstreit wurde der Ausdruck «préjugés légitimes» [33] geprägt. Darunter verstand man in der jeweiligen Religion vorausgesetzte generelle Prinzipien, aus denen wie aus (richterlichen) Präjudizien geurteilt wird. Mit dieser Begriffsbildung war zugleich die Aufgabe gestellt, legitime von illegitimen V.en abzugrenzen, eine Unterscheidung, die in der Folge auch außerhalb der engeren theologischen und juridischen Zusammenhänge erörtert wurde [34]. Weitere starke Anregungen für die französische Aufklärung gingen von P. BAYLE und B. de FONTENELLE aus. Mit seinem wirkmächtigen ‹Dictionnaire historique et critique› (1696/97) schafft BAYLE «die eigentliche Rüstkammer der gesamten Aufklärungsphilosophie» [35] und ein Modell einer umfassenden «Kritik an Tradition, Aberglauben, Fanatismus und Vorurteilen» [36]. Obgleich er darin eine wahre «Enzyklopädie der Irrtümer und Schwächen» [37] zusammenträgt, entwickelt er doch keine systematische V.-Theorie – ja er läßt verschiedentlich durchblicken, daß er die Menschen für so schwach hält, daß sie ohne Selbstliebe und V.e auf dieser Erde nicht würden bestehen können [38]. FONTENELLES optimistischerer Einschätzung zufolge sprechen dagegen alle Anzeichen dafür, «que la raison se perfectionnera, et que l'on se désabusera généralement du préjugé grossier de l'antiquité» [39], wenn nur derblinde Glaube an die Überlegenheit und Vorbildlichkeit der Antike und anderer Aberglauben [40] wacker bekämpft werden. Die von CH. PERRAULT, FONTENELLE u.a. angefachte «Querelle des Anciens et des Modernes», die nach einer längeren Vorgeschichte [41] in den letzten Jahrzehnten des 17. Jh. offen ausbrach [42] und im 18. Jh. immer wieder aufflammte, gab der aufklärerischen V.-Kritik wichtige Impulse. Noch Kant verweist in seiner Erörterung der V.e «des Ansehens eines Zeitalters» [43], nämlich zugunsten des Altertums («praeiudicium antiquitatis») oder der Neuheit («praeiudicium novitatis») [44], gelegentlich auf Fontenelle [45]. Während die Thematisierung von V.en bei Bayle und Fontenelle noch nicht zu systematischen V.-Theorien führt, gibt es Ansätze dazu bei J. LECLERC [46] und seinem Schüler J. P. le CROUSAZ. In Crousaz' ‹Logik› findet sich ein eigenes Kapitel ‹Des Préjugés›, in dem diese als «des jugemens précipités, des jugemens formés avant le tems, et avant que l'on ait eu une connaissance assez exacte des choses sur lesquelles ils roulent» [47] gekennzeichnet werden. Während Crousaz in Definition und Ursachendiagnose an Descartes anschließt, folgt er in der Beschreibung der V.e ausdrücklich Bacon [48]. Auch L. Chevalier de JAUCOURT unternimmt in der ‹Encyclopédie› kaum mehr als eine eloquente Aktualisierung der Idolenlehre; Bacon, so steht für ihn fest, ist immer noch «l'homme du monde qui a le plus médité sur ce sujet» [49]. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. verlagert sich die Thematisierung der V.e von der Erkenntnistheorie zur volksaufklärerischen Sozial- und Religionskritik. ‹Préjugé› entwickelt sich zur Modevokabel und zur politischen Allzweckwaffe, deren Signalwert immer häufiger in Buchtiteln genutzt wird. Während einige wenige ihren Einlassungen noch systematischere Reflexionen vorausschicken [50], benutzen es die meisten Literaten längst als gängige Münze – im Glauben, auf solche klärenden Beigaben ganz verzichten zu können. Für die radikale V.-Kritik ist P.-H. TH. d'HOLBACH die Schlüsselfigur. Unter dem Titel ‹Essai sur les préjugés› publiziert er 1770 auch die berühmteste französische Schrift über die V.e, die er freilich dem bereits verstorbenen Grammatiker C. CH. du MARSAIS zuschreibt. (Die Einzelheiten der Urheberschaft sind umstritten.) In dieser in deklamatorischem Ton gehaltenen Kampfschrift verbinden sich scharfe Despotismus- und Religionskritik mit einer Apologie der Philosophie, der Sachwalterin der Wahrheit in der Gesellschaft [51]. Der Verfasser steigert sich in einen pauschalen V.-Verdacht; es sei klar, «que toutes les opinions religieuses et politiques des hommes ne sont que des préjugés» [52]. In einer umgehend verfaßten Widerlegungsschrift nimmt FRIEDRICH II. zu zentralen Anliegen der französischen Aufklärung Stellung [53]. Er bestreitet vor allem, «que la vérité est faite pour l'homme, et qu'il la lui faut dire en toutes les occasions» [54]. Vielmehr sei der Mensch «fait pour l'erreur» [55]; es gelte geradezu: «Les préjugés sont la raison du peuple» [56]. Im Briefwechsel mit J. le R. d'ALEMBERT reift die Idee, die Fragen der Notwendigkeit der Volksaufklärung und der Zulässigkeit des Volksbetrugs als Preisaufgabe zu stellen. Während d'Alembert die Frage «s'il se peut faire que le peuple se passe des fables dans un système religieux» [57] diskutiert sehen möchte und selbst dafürhält, «qu'il faut toujours enseigner la vérité aux hommes, et qu'il n'y a jamais d'avantage réel à les tromper» [58], gibt FRIEDRICH II. der Fragestellung eine ganz andere Tendenz, indem er der Preußischen Akademie der Wissenschaften im Jahre 1777 in einer Kabinettsordre mit der Aufgabe auch bereits die von ihm gewünschte Antwort zu verstehen gab: «so wünschen Wir, daß die Klasse für spekulative Philosophie als Preisfragen nur solche Themen ausschreibt, die interessant sind und eine Nützlichkeit haben, und daß sie anstelle der letzthin ausgeschriebenen Preisfrage, die nicht recht verständlich ist, das folgende Thema übernähme: ‘Ob es nützlich sein kann, das Volk zu hintergehen » [59]. Nach Dauersitzungen schreibt die Akademie schließlich als Preisfrage für das Jahr 1780 aus: «Est-il utile au peuple d'etre trompé, soit qu'on l'induise dans les nouvelles erreurs, ou qu'on l'entretienne dans celle où il est?» 6. Deutschland. – Während die praktische Auseinandersetzung um die V.e in Deutschland besonders in Sachen Religion und Politik eine weniger radikale Entwicklung nahm als in England und Frankreich, wurden ihre theoretische Analyse und Systematisierung in der deutschen Schullogik und in der Philosophie Kants wesentlich befördert. Zur V.-Lehre in der deutschen Schullogik gehört im vollständigen Fall eine Betrachtung der V.e nach vier Gesichtspunkten: a) «was sie sind» (Definition), b) «wie vielerley sie sind» (Arten, Klassifikation), c) «woher sie entstehen» (Ursachen und Anlässe) und d) wie sie zu verhüten und abzuschaffen sind (Heilmittel, remedia) [60]. a) Definition: Zur Nominaldefinition verwendet man gerne DESCARTES' Charakterisierungen des Vor-Urteils als Urteil vor der gehörigen Prüfung («ante examen debitum»; «sine sufficiente examine») bzw. als Urteil aus der Kindheit, der Zeit vor der Reife (Mündigkeit) des Verstandes. Historisch verweist die erste Kennzeichnung aufdie Übereilung im stoischen Begriff der Meinung, die zweite auf das juridische Präjudiz. b) Arten: In den V.-Lehren wird eine Fülle von V.-Arten aufgezählt und, wo sie systematischer vorgehen, nach unterschiedlichen Gesichtspunkten klassifiziert. J. A. FABRICIUS etwa nennt V.e «des menschlichen Ehransehens, der Uibereilung, des Geheimnisses, der eingebildeten Leichtigkeit, der Liebe, des Hasses, der einmal erwehlten Meinung, Secte, beliebten Lebensart, Religion, der Familie, des Vaterlandes, der Neuigkeit, des Alterthums, der Atheisterey, Naturalisterey, des Aberglaubens, des Heidenthums und dergleichen» [61]. Zu den verbreiteten Einteilungen gehören: V.e der Autorität, V.e der Übereilung, V.e des übermäßigen Vertrauens («praeiudiciae nimiae confidentiae») bzw. des übermäßigen Mißtrauens («praeiudiciae nimiae diffidentiae») [62]. Nach ihrem Sitz klassifiziert man in V.e des Willens (resp. Begehrungsvermögens) und des Verstandes (resp. Erkenntnisvermögens) [63]. Wo die V.-Arten antithetisch angeordnet werden, kann die Wahrheit «in der Mitte» [64] angesiedelt werden. Neben diesen geläufigen Einteilungen finden sich auch bemerkenswerte andere Einteilungsvorschläge. So unterscheidet der Mathematiker und Philosoph L. EULER ein dreifaches V. aus dem «Einfluß, den die Verschiedenheit der Wissenschaften, die man treibet, auf die Denkungsart hat»: das empirische V. zugunsten der Erfahrungserkenntnis aus dem Zeugnis der Sinne, das rationale V. zugunsten der Vernunfterkenntnis aus rationaler Demonstration und das historische V. zugunsten der historischen oder Glaubenserkenntnis aus dem Zeugnis anderer Personen [65]. c) Ursachen und Anlässe: Realdefinition und Ätiologie werden typischerweise in eins gegeben. In der Ursachenfrage scheiden sich die Anhänger der thomasianischen und der wolffianischen Richtung: Während die einen dem doxastischen Voluntarismus zuneigen, vertreten die anderen einen Intellektualismus. Nach CH. THOMASIUS sind die V.e die «Ursprünge und Hauptquellen aller Irrthümer»: falsche Meinungen, die entweder aus Leichtgläubigkeit von anderen übernommen oder aus Ungeduld selbsterzeugt sind. Die «zwey allgemeinen Hauptpraejudicia» sind dementsprechend «das Vorurtheil menschlicher autorität» und «das Vorurtheil der Übereilung» [66]. Damit macht Thomasius die der juridischen und der stoischen Tradition entstammenden V.-Begriffe zu den beiden Hauptsäulen einer einheitlichen V.-Lehre. Mit dem V. der Autorität verbindet er ursächlich eine unvernünftige Liebe zu anderen Menschen, mit dem der Übereilung eine unvernünftige Selbstliebe [67], so daß also die V.e letztlich nicht im Verstand, sondern im korrupten Willen gründen. Voluntaristisch begründen die V.e auch J. F. BUDDE, nämlich in den drei Hauptlastern des Willens (Genußsucht, Ehrsucht, Habsucht) und diese wiederum in verderbter Selbstliebe, und CH. A. CRUSIUS; sie beurteilen mit Thomasius die Möglichkeit der Verhütung und Befreiung von V.en eher pessimistisch. CH. WOLFF hingegen definiert das V. als «iudicium erroneum per praecipitantiam latum» [68]. Der Wolffianer F. CH. BAUMEISTER, der diese Bestimmung in den ‹Definitiones Logicae› zitiert, bemerkt dazu in den ‹Positiones Logicae›, daß der Ursprung der V.e im korrupten Verstand zu suchen sei und daß, wer sie vermeiden wolle, sein Urteil so lange suspendieren müsse, bis er die inneren Gründe der Wahrheit tiefer und deutlicher durchschaut habe [69]. d) Heilmittel: Die vorgeschlagenen Heilmittel und Therapien orientieren sich sinnvollerweise an der Diagnose der Ursachen. Wird der Krankheitsherd vor allem in voroder außerrationalen Dispositionen vermutet, werden Mäßigung der Affekte und Selbsterforschung verordnet. Als kognitive «remedia» empfehlen die cartesianisch orientierten Logiker den universalen methodischen Zweifel; andere halten einen gemäßigten eklektischen Zweifel für angemessener. Allgemein wird zu gehöriger Aufmerksamkeit, sorgfältiger Prüfung und – wo nötig – zur Urteilsenthaltung geraten [70]. Nach dem Vorbild von DESCARTES' ‹4. Meditation› wird die V.-Lehre typischerweise im Zusammenhang mit der Irrtumslehre abgehandelt. Mit Bezug auf die damit aufgeworfene Frage, wie sich V.e von gewöhnlichen Einzel-Irrtümern unterscheiden, setzen sich auch in Deutschland allmählich die Einsichten durch, daß V.e Prinzipien, Grundsätze, generelle Maximen sind, aus denen irrige Einzel-Urteile fließen (u.a. bei J. F. BUDDE, J. G. WALCH, J. P. REUSCH, N. H. GUNDLING, M. KNUTZEN, J. H. LAMBERT, H. S. REIMARUS), und daß V.e material wahr sein können (u.a. bei WALCH, CRUSIUS, G. F. MEIER). Die aus diesen Einsichten sich ergebenden Folgeprobleme wurden allerdings nicht überall zureichend aufgelöst. V.e und Präsumtionen: In der Schullogik ist man sich durchaus der Möglichkeit bewußt, ‹V.› auch «in bonam partem» zu gebrauchen. So bezeichnet A. G. BAUMGARTEN das von ihm nach CH. WOLFF definierte V. als «praeiudicium significatu malo» [71]. 'V.e im guten Sinne' – nicht zu verwechseln mit den «préjugés légitimes» (s. oben) – werden aber gewöhnlich nicht unter diesem Namen geführt, sondern unter der Bezeichnung ‹Hypothese›, verstanden als vorläufige Möglichkeit («possibilitas praevia») [72] oder vorläufige wahrscheinliche Erkenntnis («praevia probabilis cognitio»), die den Weg zur Findung der gewissen Erkenntnis bahnt [73]. Im erweiterten Sinne werden sie «Präsumtionen» genannt [74]. So unterscheidet schon CH. WEISE in seiner ‹Logik›: «Ein anders sind Praejudicia, die aus einem Defect des gebührenden Nachsinnens bey uns erwachsen sind. Ein anders sind Praesumptiones, die nach Gelegenheit der vorhabenden Materie durch die kluge Vernunft selbst gerathen und gebilligt werden» [75]. CH. A. CRUSIUS unterscheidet in seiner Lehre von den logikalischen Präsumtionen die «Präsumtion der Autorität oder des guten Vertrauens (praesumtio auctoritatis)», wonach sich etwa ein Kranker einem geschickten Arzt anvertraut, und die «Präsumtion des Mißtrauens (praesumtion diffidentiae)» von den entsprechenden V.en, mit denen sie nicht zu verwechseln seien [76]. J. H. LAMBERT verlangt, Wort und Begriff ‹V.› von «damit verwandten Wörtern und Begriffen» [77] abzugrenzen, um Verwirrung zu vermeiden, so auch von dem, «was ein vorläufiges Urtheil heißt» [78]: «Letzteres hat etwas bescheidenes, ersteres immer etwas verhaßtes bei sich» [79]. J. G. H. FEDER fügt seiner V.-Lehre die Anmerkung hinzu, daß «nicht jedes Vorurtheil verwerflich ist und nothwendig auf Irrthum führet. Es können die Vorurtheile bisweilen vernünftige Vermuthungsregeln ... seyn» [80]. Auch I. KANT, der dann den Begriff des vorläufigen Urteils [81] ausgearbeitet hat, unterscheidet zunächst zwischen V. «in sensu deteriori» und V. «in sensu saniori» und spricht von einem klugen V., wenn «man aus einem unzureichenden Grunde etwas so lange vor wahr hält, bis die Prüfung angestellt oder das Gegentheil erwiesen worden» [82]. Kant gibt diesen Sprachgebrauch jedoch später wieder auf; an der Kontradistinktion zwischen V. und vorläufigem Urteil aber hält er fest und unterscheidet z.B. zwischen dem V. zugunsten des Altertums und dem, was er ein «gegründetes Vorläufiges Urtheil in Sachen des Geschmacks zu Gunsten des Alterthums» nennt, «was daher entspringt, weil die Zeit die Schriften gleichsam sichtet und nur die Guten übrig geblieben» [83]. Als paradigmatisches Beispiel für die Systematisierung der V.-Theorie in den Schullogiken kann die ausführliche Abhandlung von Kants Lehrer M. KNUTZEN dienen [84]. Besondere Beachtung verdient seine Beantwortung der Ursachenfrage: Allgemeinste Ursache der Irrtümer und V.e ist das Fehlen gehöriger Aufmerksamkeit und Prüfung, und darin sieht Knutzen eine Verbindung von Übereilung («praecipitantia») und Faulheit («ignavia»), wovon jene die «causa efficiens» und diese die «causa deficiens» darstellt [85]. Bezüglich der Arten erstellt er durch Einteilung nach verschiedenen Gesichtspunkten (Erkenntnis- und Begehrungsvermögen, äußere Gegenstände und Personen) ein umfangreiches System der V.e sowie der Mittel zu ihrer Vermeidung und Überwindung [86]. Um die Mitte des 18. Jh. beginnt auch in Deutschland die V.-Kritik konkreter und populärer zu werden. Gegenihr Übergreifen auf die Religion wehrt man sich freilich, indem man den Vorwurf des V. selber als V. hinstellt («praeiudicium praeiudicii») [87]. Nach G. F. MEIER liegt ein V. dann vor, wenn eine ungewisse Erkenntnis ohne Gründe für wahr oder falsch gehalten wird [88]. Jede Wahrheit, auch die religiöse, kann durch ein V. angenommen sein [89]. Die von Locke stammende Forderung, daß ein wahrheitsliebender Mensch das Joch aller V.e abwerfen und damit seinem Verstand die wahre Freiheit erkämpfen sollte, ist für Meier wirklichkeitsfremd: V.e sind allgegenwärtig, unvermeidlich, unbewußt, hartnäckig und gegen Argumente weitgehend immun. V.-Freiheit ist nur annäherungsweise möglich [90]. Es ist aber nicht nur nicht möglich, alle V.e zu vermeiden, sondern auch nicht ratsam. Der wahre Wert jeder Erkenntnis beruht nämlich auf dem Nutzen oder Schaden, den sie für uns und unsere gesamte Glückseligkeit mit sich bringt. Als ein Beispiel dafür wird der Nutzen des Glaubens an göttliche Strafen angeführt [91]. In seiner Rezension kritisiert J. H. LAMBERT vor allem die Ausweitung des V.-Begriffs bei Meier. Lambert selbst scheinen die V.e eigentlich «irrige, oder wenigstens nicht durchaus richtige» «Maximen» zu sein, nach denen man denkt und handelt (wie vor allem die Autoritätsgläubigkeit) [92]. Neben die erkenntnistheoretische Erörterung der V.e treten auch in Deutschland zunehmend politische und sozialphilosophische Betrachtungen. In dieser Absicht erörtert der Politiker F. K. Frh. von MOSER die V.e, und zwar zunächst durchaus kritisch (z.B. das V. der Völkerschaft, das zum Nationalismus führe): «Das miserabelste unter allen ist das Vorurtheil, welches man vor den Wert eines Vorurtheils hat» [93]. Andererseits rechtfertigt Moser das V., indem er die Praxis gegen die Theorie ausspielt, als eine Ergänzung der geringen Vernunft der meisten Menschen, welche für den Bestand der bürgerlichen Gesellschaft und Regierung sowie «die glückseelige Ruhe und Unwissenheit eines Menschen» [94] unentbehrlich sei. Nicht nur gebe es «nothwendige Vorurtheile» [95]; es sei auch gar nicht wünschenswert, daß alle Menschen freier («nicht freyer ... als nach den äusern Verhältnissen räthlich und nöthig ist» [96]) und gescheiter werden: «man hat ohnehin Mühe genug, mit ihnen zurecht zu kommen. Etliche Gran allgemeiner menschlicher Klugheit mehr würde uns sehr incommodiren» [97]. KANTS Abgrenzung einer reinen allgemeinen (formalen) Logik von einer angewandten Logik, in der die empirischen (psychologischen) Bedingungen des Verstandesgebrauchs untersucht werden, hat zur Folge, daß die V.-Lehre zusammen mit der empirischen Psychologie in die Anthropologie versetzt wird [98]. Gleichwohl trägt er sie entsprechend dem zugrunde gelegten Kompendium von G. F. Meier und wohl auch den Wünschen seiner Zuhörer folgend in seinen Logik-Vorlesungen vor. Bei Kant wird entschiedener als bei seinen Vorgängern herausgearbeitet, daß V.e Regeln, Prinzipien, genauer: Maximen, d.h. subjektive Grundsätze, zu bestimmenden Urteilen sind. Die wichtigste Frage ist aber auch bei ihm diejenige nach dem Ursprung und eine Ergänzung der geringen Vernunft der meisten Menschen, welche für den Bestand der bürgerlichen Gesellschaft und Regierung sowie «die glückseelige Ruhe und Unwissenheit eines Menschen» [94] unentbehrlich sei. Nicht nur gebe es «nothwendige Vorurtheile» [95]; es sei auch gar nicht wünschenswert, daß alle Menschen freier («nicht freyer ... als nach den äusern Verhältnissen räthlich und nöthig ist» [96]) und gescheiter werden: «man hat ohnehin Mühe genug, mit ihnen zurecht zu kommen. Etliche Gran allgemeiner menschlicher Klugheit mehr würde uns sehr incommodiren» [97]. KANTS Abgrenzung einer reinen allgemeinen (formalen) Logik von einer angewandten Logik, in der die empirischen (psychologischen) Bedingungen des Verstandesgebrauchs untersucht werden, hat zur Folge, daß die V.-Lehre zusammen mit der empirischen Psychologie in die Anthropologie versetzt wird [98]. Gleichwohl trägt er sie entsprechend dem zugrunde gelegten Kompendium von G. F. Meier und wohl auch den Wünschen seiner Zuhörer folgend in seinen Logik-Vorlesungen vor. Bei Kant wird entschiedener als bei seinen Vorgängern herausgearbeitet, daß V.e Regeln, Prinzipien, genauer: Maximen, d.h. subjektive Grundsätze, zu bestimmenden Urteilen sind. Die wichtigste Frage ist aber auch bei ihm diejenige nach dem Ursprung und die Untersuchung («examen»), deren auch die vorläufigen Urteile noch ermangeln, sondern das, was Kant «Überlegung» nennt, d.h. die Reflexion, ob sie sich in der Tat dem Verstand oder vielmehr der Sinnlichkeit verdanken [107]. Mit Blick auf diesen Ursprung der V.e bestimmt nun Kant im Anschluß an Locke das V. als «principium eines passiven Gebrauchs der Vernunft» [108]. Das wird an den alltäglichen Sprichwörtern (Proverbien), den Sentenzen (Sinnsprüchen) und schulischen Canones (Lehrsprüchen) festgemacht; denn in diesen zeigt sich der «Hang zum Mechanismus der Vernunft statt Spontaneität» [109]. Vor diesem Hintergrundkann er sagen: «Vorurtheil ist eigentlich kein Urtheil, sondern: was in der sinnlichkeit eine Vorhergehende Lenkung zum Urtheil ist. Niemand wird sein Vorurtheil unter der Form eines Grundsatzes gestehen wollen» [110]. Damit wird die traditionelle V.-Theorie der praktischen Logik auf ihrem Gipfel, d.h., indem eine den Schulgegensätzen überlegene Position erreicht ist, innerhalb der Philosophie beendet. Wenn die V.e alsbald in den empirischen Humanwissenschaften und zum Teil unter anderen Begriffen thematisiert werden, ist das durchaus im Sinne Kants. Infolge seiner Auffassung lehnt Kant denstoisch-wolffianischen Gattungsbegriff der V.e, ‹Übereilung›, ab: «Vorurtheil geschieht durch einen Hang nicht durch Uebereilung» [111]. Überhaupt ist V. nicht bloß ein Defekt (also Privation), sondern ein Laster (also Realität) [112]. Gegenüber paternalistischer Rechtfertigung von V.en, wie sie vor allem in der Spätaufklärung erwogen wird, bezieht Kant eindeutig Stellung: «Ob es auch erlaubt sey, Vorurtheile zu empfehlen oder wenigstens unangetastet zu lassen? Das heißt: alles unmündig machen». Und: «Die Furcht, wenn alte Vorurtheile wegfielen, daß alsdenn das lang bestehende Gebäude einstürzen würde, ist nichtig. Ein erwachsener Mensch hat gute Füsse, wenn man ihm auch den Gängelwagen wegnimmt» [113]. Gegen Moser macht Kant geltend, daß man also etwas Böses tue, damit etwas Gutes daraus entspringe. Es sei aber «an sich strafbar, wenn man Vorurtheile in andern pflanzt» [114]. Zunächst bezieht sich Kant mit seinem moralischen Verdikt negativ vor allem auf Moser und Meier, später auch auf die Preisfrage der Berliner Akademie [115]. Ferner gilt: Da V.e nicht bloß aus Übereilung entstehen, kann man ihnen auch nicht bloß durch Suspension des Urteils begegnen: «Der allein ist davon frey, dem es leicht wird, die Sache aus einem gantz anderen Gesichts Punkt zu betrachten» [116]. Kant pocht in diesem Zusammenhang besonders auf die «Vergleichung mit anderer Urtheile» als ein äußeres Wahrheitskriterium unserer Urteile und damit auf die «teilnehmende Vernunft» im Gegensatz zum «logischen Egoismus» sowie auf das Recht, seine Urteile bekannt zu machen, und auf die Ehrliebe als Triebfeder der Wissenschaften [117]. An diesem Punkt kommt er auf das zu sprechen, was er als Recht und Freiheit zum öffentlichen Gebrauch der Vernunft einfordert, sowie auf seine «Maximen des gemeinen Menschenverstandes»: «Selbstdenken» als Maxime der vorurteilsfreien und «an der Stelle jedes andern denken» als komplementäre Maxime der erweiterten Denkungsart. Hier also ist der V.-Begriff mit dem Begriff der (formalen) Aufklärung verknüpft [118]. Was «V.» heißt, ist letztlich «der Hang ... zur Heteronomie der Vernunft» [119], der durch «Faulheit und Feigheit» [120] aufrechterhalten wird; ihm muß die Spontaneität und Aktivität mit Selbstdenken und der dadurch möglichen Gefahr des bornierten Egoismus wiederum mit Reflexion über das eigene Urteil aus einem allgemeinen Standpunkt (dem des generalisierten Anderen) begegnen – was freilich «in Thesi leicht, in Hypothesi aber eine schwere und langsam auszuführende Sache» ist [121]. Bei den Kantianern wird die V.-Theorie noch eine Zeitlang weiter in der Logik abgehandelt – teils einfach, weil Kant noch an diesem Usus festgehalten hatte, teils auch, weil eine Verbindung zu Kants Auffassung der Dialektik als einer Logik des Scheins gezogen wird [122]. Insgesamt geht die Thematisierung der V.e innerhalb der Philosophie nach 1800 stark zurück, hält sich aber noch in einigen Logiken bis zur Mitte des 19. Jh., ohne daß neue Akzente gesetzt würden [123]. 7. Weitere Entwicklung. – Im 20. Jh. hat sich H.-G. GADAMER unter Berufung auf M. HEIDEGGERS «Aufdeckung der Vorstruktur des Verstehens» [124] an einer «Rehabilitierung von Autorität und Tradition» [125], inklusive einer «grundsätzlichen Rehabilitierung des Begriffs des V. und einer Anerkennung dessen, daß es legitime V.e gibt», versucht [126]. Hierfür bemüht er die Behauptung einer «grundsätzlichen Diskreditierung aller V.e» [127] und die «Diffamierung aller Autorität» [128] durch die Aufklärung als Repoussoir. Die Aufklärung habe ein «V. gegen die V.e überhaupt» [129] gehegt, um so die «Entmachtung der Überlieferung» [130] und jeglicher Autorität zu betreiben. In Wahrheit seien «die V.e des einzelnen weit mehr als seine Urteile die geschichtliche Wirklichkeit seines Seins» [131]. Diese vieldiskutierte Meta-Kritik [132] der V.-Kritik bezieht ihre von manchen empfundene rhetorische Suggestivität aus der tendenziösen Vereinfachung der historischen Tatsachen und der geflissentlichen Nichtbeachtung von Differenzierungen, die in der Epoche der Aufklärung erarbeitet worden sind, vor allem der zwischen schlechten V.en und guten vorläufigen Urteilen. Ihren Provokationswert verdankt sie der erfolgten Bedeutungsverschiebung. Die berechtigten Anteile der Heidegger-Gadamerschen Thesen zur «Vorstruktur des Verstehens» sind durch die Rede von einer «wesenhaften Vorurteilshaftigkeit des Verstehens» [133] jedenfalls ohne Not verunklärt und für viele auch tabuisiert worden. Abgesehen von dieser Neuaufnahme der V.-Diskussion seitens der Hermeneutik wandert das V. als Forschungsgegenstand bereits im 19. Jh. in außerphilosophische Disziplinen ab: in die Pädagogik, Psychologie (bes. Sozialpsychologie) und Soziologie. In der Soziologie [134] knüpfen Ideologiekritik [135], Weltanschauungsanalyse und Wissenssoziologie an die aufklärerische V.-Kritik an. Sozialpsychologie [136] und Pädagogik untersuchen die komplexen Zusammenhänge von V.en (prejudices), Einstellungen (attitudes) und Stereotypen. Anmerkungen. [1] Vgl. A. A. LONG/D. N. SEDLEY: The Hellen. philosophers (Cambridge 1987) 1, 253–259; 2, 254–259. [2] Vgl. Art. ‹Praejudiz›, in: J. H. ZEDLER: Großes vollst. Univ.-Lex. 29 (1741) 59–62, 59; Art. ‹Präjudiz›, in: A. ERLER/E. KAUFMANN (Hg.): Handwb. zur dtsch. Rechtsgesch. 3 (1984) 1866–1870; A. BERGER: Encyclopedic dict. of Roman law. Transact. Amer. philos. Soc. 43 (1953) 644 (s.v. ‹Praeiudicare›, ‹Praeiudicium›); H. WELLER: Die Bedeutung der Präjudizien im Verständnis der dtsch. Rechtswiss. (1979). [3] Vgl. Art. ‹Idol; Ido(lo)latrie›. Hist. Wb. Philos. 4 (1976) 188–192, 189f.; R. BRANDT: Über die vielfältige Bedeutung der Baconschen Idole. Philos. Jb. 83 (1976) 42–70; Francis Bacon: Die Idolenlehre, in: J. SPECK (Hg.): Grundprobl. der großen Philosophen – Philos. der Neuzeit 1 (1979) 9–34. [4] ARISTOTELES: De an. III, 4, 429 a 19–25. b 23: ἀπαθής; vgl. AVERROES: Aristotelis opera cum Averrois comm. (Venedig 1562–1574, ND 1962) Suppl. 2, f. 138v. [5] SIMPLICIUS: In De an. CAG 11, hg. M. HAYDUCK (1882) 224; THEMISTIUS: In De an. CAG 5/3, hg. R. HEINZE (1899) 94. [6] Les Auctoritates Aristotelis. Un florilège médiéval, hg. J. HAMESSE (Löwen/Paris 1974) 191 (n. 212). [7] C. TIMPLER: Logicae systema methodicum (1604, Hanau 31612) 814; M. PICCART: Oratio de ratione interpretandi, in: Isagoge in lectionem Aristotelis, hoc est: Hypotyposis totius philosophiae Aristotelis (Nürnberg 1605) f. B 8r; J. C. DANNHAUER: Prodromus Antihagerianus, in: Disput. theologicae (Leipzig 1727) 579–608, hier: 588. 591; Idea boni interpretis (Straßburg 1630) 43. 47. 93. 223; J. de RAEI: Clavis philosophiae naturalis Aristot.-Cartes. (1654, Amsterdam 21677) 412; P. M. RHEGENIUS: Joh. Claubergii specimen logicae Cartes. (Leipzig 1689) 279f. 296f.; vgl. H.-E. H. JAEGER: Studien zur Frühgesch. der Hermeneutik. Arch. Begriffsgesch. 18 (1974) 35–84, hier: 47 (Anm. 35); R. SDZUJ: Hist. Studien zur Interpretationsmethodologie der frühen Neuzeit (1997) 118ff. 151. [8] Vgl. diesen «Locus autoritatis» in der Beweislehre noch bei CH. WEISE, dazu: M. BEETZ: Transparent gemachte Vorurteile. Zur Analyse der praejudicia auctoritatis et praecipitantiae in der Frühaufklärung. Rhetorik 3 (1983) 7–33, hier: 31f. [9] R. GOCLENIUS: Lex. philosophicum (Frankfurt 1613, ND 1980) 852 (s.v. ‹Praeiudicium›). [10] CH. THOMASIUS: Meine zu Leipzig anno 1689 gehaltene Lectiones de praeiudiciis, in: Gemischte Philosophische und Juristische Händel 3 (Halle 1725) 698; vgl. W. SCHNEIDERS: Aufklärung und Vorurteilskritik. Studien zur Gesch. der Vorurteilstheorie (1983) 97f. [11] F. BACON: Instauratio magna. The works, hg. J. SPEDDING/R. L. ELLIS/D. D. HEATH (London 1857–74, ND 1961–63) 1, 139. [12] Valerius Terminus, Of the Interpretation of Nature (1603), a.O. 3, 241. [13] De augmentis scientiarum (1623), a.O. 1, 640f. 643f. [14] Novum organum (1620), a.O. 1, 163 (Aph. 40). [15] Vgl. N. MALEBRANCHE: De la recherche de la vérité (1674). Oeuvr. (Paris 1962–64) 1, 65ff.; vgl. SCHNEIDERS, a.O. [10] 79. [16] Vgl. SCHNEIDERS, a.O. 71. 87. 121. 123. [17] Vgl. Art. ‹Logik I. 5.›. Hist. Wb. Philos. 5 (1980) 359. 18ff. 151. [8] Vgl. diesen «Locus autoritatis» in der Beweislehre noch bei CH. WEISE, dazu: M. BEETZ: Transparent gemachte Vorurteile. Zur Analyse der praejudicia auctoritatis et praecipitantiae in der Frühaufklärung. Rhetorik 3 (1983) 7–33, hier: 31f. [9] R. GOCLENIUS: Lex. philosophicum (Frankfurt 1613, ND 1980) 852 (s.v. ‹Praeiudicium›). [10] CH. THOMASIUS: Meine zu Leipzig anno 1689 gehaltene Lectiones de praeiudiciis, in: Gemischte Philosophische und Juristische Händel 3 (Halle 1725) 698; vgl. W. SCHNEIDERS: Aufklärung und Vorurteilskritik. Studien zur Gesch. der Vorurteilstheorie (1983) 97f. [11] F. BACON: Instauratio magna. The works, hg. J. SPEDDING/R. L. ELLIS/D. D. HEATH (London 1857–74, ND 1961–63) 1, 139. [12] Valerius Terminus, Of the Interpretation of Nature (1603), a.O. 3, 241. [13] De augmentis scientiarum (1623), a.O. 1, 640f. 643f. [14] Novum organum (1620), a.O. 1, 163 (Aph. 40). [15] Vgl. N. MALEBRANCHE: De la recherche de la vérité (1674). Oeuvr. (Paris 1962–64) 1, 65ff.; vgl. SCHNEIDERS, a.O. [10] 79. [16] Vgl. SCHNEIDERS, a.O. 71. 87. 121. 123. [17] Vgl. Art. ‹Logik I. 5.›. Hist. Wb. Philos. 5 (1980) 359. 118ff. 151. [18] J. LOCKE: An essay conc. human underst. IV, 20, §§ 7–18 (1690), hg. P. H. NIDDITCH (Oxford 1975) 711–719. [19] Of the conduct of the understanding. The works (London 1823, ND 1963) 3, 203–289; dtsch.: D. KYPKE: J. Locke: Anleitung des menschl. Verstandes (Königsberg 1755, ND 1996) hier bes. 24–33. 49– 59. 99–111. 141f. 154f. 157. [20] a.O. 216f. 228. [21] 218. [22] 231. [23] D. HUME: A treat. of human nature I, 3, 13 (London 1739/40), hg. L. S. SELBY-BIGGE/P. H. NIDDITCH (Oxford 1978) 146. [24] Vgl. F. SCHALK: Praeiudicium im Romanischen (1971) 10. [25] R. DESCARTES: Disc. de la méthode II, 7 (1637). Oeuvr., hg. CH. ADAM/P. TANNERY [AT] (1897–1913, NA 1964–74) 6, 18; vgl. 22; Regulae ad direct. ingenii 2. 10. 13 [1628/29]. AT 10, 365. 404f. 435. [26] Medit. de prima philosophia (1641). AT 7, 4 (Ep.). [27] Praef., a.O. 9. [28] Synopsis, a.O. 12; vgl. Principia philosophiae I, 1. 71–75 (1644). AT 8/1, 5. 35–39. [29] 4. Medit. 9ff., a.O. 7, 56ff.; 6. Resp. 9f., a.O. 438–447; La recherche de la verité par la lumière naturelle [1649/50?] (1701). AT 10, 495f. 507–509; Br. an G. Voetius (Mai 1643). AT 8/2, 26; Principia philos. I, 1. 47. 71; II, 5 (1644). AT 8/1, 5. 22. 35. 42; vgl. CICERO: Tusc. disp. III, 1–6; F. BACON: Nov. org., a.O. [14] 1, 201 (Aph. 97). [30] 5. Object. 1 (P. GASSENDI), a.O. 257f.; 5. Resp., a.O. 348f. [31] Br. an C. Clerselier (12. 1. 1646). AT 9/1, 203. [32] a.O. 204. [33] J. CAMERON: Traité auquel sont examinéz les préjugéz de ceux de l'Eglise Romaine, contre la religion reformée (La Rochelle 1617); G. VOETIUS: De praejudiciis verae religionis (1634), in: Selectae disput. theologicae 2 (Utrecht 1655); A.-J. du PLESSIS Cardinal de RICHELIEU: Traitté, qui contient la méthode la plus facile et plus assurée pour convertir ceux, qui se sont separés de l'Eglise (Paris 1651); P. JURIEU: Prejugez legitimes contre le papisme 1 (Amsterdam 1685); P. NICOLE: Prejugez legitimes contre les calvinistes (Paris 1671); vgl. SCHNEIDERS, a.O. [10] 74–78. [34] Vgl. SCHNEIDERS, a.O. 206. 234f. 238. 255. 258ff. 270. 275ff. [35] E. CASSIRER: Die Philos. der Aufklärung (1932, 1973) 222. [36] SCHALK, a.O. [24] 19. [37] Studien zur frz. Aufklärung (21977) 85. [38] P. BAYLE: Response aux questions d'un provincial III, ch. 9 (1704–10). Oeuvr. div. (Den Haag 1727– 31, ND 1964–68) 3, 919; vgl. 2, 127f.; vgl. R. EUCKEN: Bayle und Kant, in: Beiträge zur Einf. in die Gesch. der Philos. (1906) 82–111; E. LABROUSSE: P. Bayle (Den Haag 1964) 2, 69– 102; SCHALK, a.O. [24] 18–24; SCHNEIDERS, a.O. [10] 89. [39] B. de FONTENELLE: Digression sur les Anciens et les Modernes (1688). [40] Hist. des oracles (1687); De l'origine des fables (1724). [41] A. BUCK: Die ‘Querelle des Anciens et des Modernes im ital. Selbstverständnis der Renaissance und des Barocks. Sber. der wiss. Gesellschaft Frankfurt/Main 11/1 (1973); G. FINSLER: Homer in der Neuzeit (1912) 48ff.; M. FUHRMANN: Die Querelle des Anciens et des Modernes, der Nationalismus und die Dtsch. Klassik, in: Brechungen. Wirkungsgeschichtl. Studien zur antik-europ. Bildungstradition (1982) 129–149. 233–238. [42] Vgl. Art. ‹Antiqui/moderni (Querelle des Anciens et des Modernes)›. Hist. Wb. Philos. 1 (1971) 410–414. [43] I. KANT: Logik JÄSCHE, Einl. IX (1800). Akad.-A. 9, 79f. [44] Vgl. auch: Refl. 2569. Akad.-A. 16, 420–424; Logik HECHSEL. Logik-Vorles. Unveröff. Nachschr., bearb. T. PINDER (1998) 2, 368f.; Logik BAUCH, a.O. 1, 140f.; Logik DOHNA-WUNDLACKEN. Akad.-A. 24/2, 741. [45] Logik BLOMBERG. Akad.-A. 24/1, 186; Logik PÖLITZ. Akad.-A. 24/2, 553; vgl. Logik JÄSCHE, a.O. [43] 80. [46] J. LECLERC: Logica (1692, 41710) 93. 100ff. [47] J. P. le CROUSAZ: La logique ou système de réflexions (1710, 31725) 262f. [48] a.O. 266ff. [49] D. DIDEROT/J. le R. d'ALEMBERT: Encycl. ou Dict. raisonné des sci., des arts et des métiers 13 (Neuchâtel 1765) 284f. (s.v. ‹Préjugé›); dtsch., in: K. LENK (Hg.): Ideologie (1961, 31967) 65–68. [50] So z.B. A.-P. JACQUIN: Essai sur les préjugés, in: Les préjugés (Paris 1760). [51] Vgl. schon das Fragment ‹Le philosophe› (1743), dessen Urheberschaft ebenfalls umstritten ist: vgl. H. DIECKMANN: Le philosophe. Texts and Interpret. (St. Louis 1948). [52] C. CH. du MARSAIS: Essais sur les préjugés, ou, de l'influence des opinions sur les mœurs et sur le bonheur des Hommes (‘Londres [Amsterdam] 1770) 7; dtsch. Übers.: C. CH. du MARSAIS/P.-H. TH. d'HOLBACH: Essay über die V.e (1770), hg. W. SCHRÖDER (1972) 14. [53] FRIEDRICH II.: Examen de l'essai sur les préjugés (London 1770). [54] Examen ..., dtsch. Übers. im Anhang zu: du MARSAIS/d'HOLBACH, a.O. [52] 293–319: Examen ... 5, dtsch., a.O. 293. [55] Examen ... 11, dtsch., a.O. 296. [56] 8, dtsch., a.O. 294. [57] J. le R. d'ALEMBERT: Br. an Friedrich II. (18. 12. 1769). Oeuvr. 24 (1854) 467; vgl. W. KRAUSS: Eine polit. Preisfrage im Jahre 1780, in: Studien zur dtsch. und frz. Aufklärung (1963) 63–71. 486–488, bes. 66. 487. [58] a.O. [59] Zit. nach: KRAUSS, a.O. [57] 69; vgl. C. BUSCHMANN: Die philos. Preisfragen und Preisschriften der Berliner Akad. der Wiss. im 18. Jh., in: W. FÖRSTER (Hg.): Aufklärung in Berlin (1989) 165–228, bes. 220–223. [60] Art. ‹Vorurtheil›, in: J. G. WALCH: Philos. Lex. (1726, 41775) 2, 1430–1435, hier: 1431; ZEDLER, a.O. [2] 50 (1746) 1330; vgl. auch: BEETZ, a.O. [8] bes. 13ff. [61] J. A. FABRICIUS: Abriß einer allg. Historie der Gelehrsamkeit 1 (1752) 17; vgl. Wie man seinen Verstand, in der Gelehrsamkeit und gemeinem Leben, recht gebrauchen soll, oder Entwurf einer vollständigen, und nach insgemein sogenannter Mathematischen Lehrart geschriebenen Logick (1733) 96ff. [62] Vgl. die Tabellen in: SCHNEIDERS, a.O. [10] 335f. [63] Vgl. BEETZ, a.O. [8] 15. [64] J. M. SAILER: Vernunftlehre für Menschen, wie sie sind. Nach den Bedürfnissen unserer Zeit 2 (1785) 18. 25 u.ö. [65] L. EULER: Briefe an eine deutsche Prinzessin, Zweyter Theil (1769, ND 1986) 134f. (116. Br.). [66] CH. THOMASIUS: Einl. zur Vernunftlehre (1691, ND 1968) 304f.; ähnlich: A. RÜDIGER: Philosophia synthetica (1707) 147f.; De sensu veri et falsi (1709) 384f.; vgl. SCHNEIDERS, a.O. [10] 142f. [67] THOMASIUS, a.O. 306. [68] CH. WOLFF: Philosophia rationalis sive Logica § 1011 (1728, 21732). Ges. Werke II/1, 3 (1983) 729. [69] F. CH. BAUMEISTER: Philosophia definitiva (1775, ND 1978) 62. 248 (s.v. ‹Praeiudicium›). [70] Vgl. BEETZ, a.O. [8] 20–23; SCHNEIDERS, a.O. [10] passim. [71] A. G. BAUMGARTEN: Acroasis logica in Ch. L. B. de Wolff § 384 (1761), in: CH. WOLFF: Ges. Werke III/5 (1983) 112f. [72] So bei A. RÜDIGER, vgl. H. SCHEPERS: A. Rüdigers Methodologie und ihre Voraussetzungen (1959) 46f. [73] So bei WOLFF: Philos. rat. §§ 125–127, a.O. [68] 59–62. [74] Vgl. Art. ‹Vermutung›. [75] CH. WEISE: Curieuse Fragen über die Logica (Leipzig 1696) 474. [76] CH. A. CRUSIUS: Weg zur Gewißheit und Zuverlässigkeit der menschl. Erkenntnis § 404 (1747). Die philos. Hauptwerke, hg. G. TONELLI 3 (1965) 718–720. [77] J. H. LAMBERT: Logische und philos. Abhandlungen 2, hg. J. BERNOULLI (1787). Philos. Schr., hg. H. W. ARNDT 7 (1969) 209. [78] a.O. 210. [79] a.O. [80] J. G. H. FEDER: Logik und Met. § 77 (1769, 1795) 167. [81] Vgl. Art. ‹Urteil, vorläufiges›; Art. ‹Vermutung›. [82] I. KANT: Refl. 2516. Akad.-A. 16, 401. [83] Refl. 2569, a.O. 421; vgl. Logik DOHNA-WUNDLACKEN, a.O. [44] 741; Logik HECHSEL, a.O. [44] 368f. [84] M. KNUTZEN: Elementa philosophiae rationalis seu logicae (1747, ND 1991). [85] a.O. 318–320. [86] 322–380. [87] SCHNEIDERS, a.O. [10] 194. 200. 215. 234. 254. [88] G. F. MEIER: Beyträge zu der Lehre von den Vorurtheilen des menschl. Geschlechts (1766); vgl. Vernunftlehre §§ 200–202 (1752, 21762) 271–280; Auszug aus der Vernunftlehre §§ 168–170 (1752, 21760), in: I. KANT: Logik. Akad.- A. 16, 396–417; vgl. SCHNEIDERS, a.O. [10] 208–231; G. SCHENK: Leben und Werk des Halleschen Aufklärers G. F. Meier (1994) 150–153; N. HINSKE: G. F. Meier und das Grundvorurteil der Erfahrungserkenntnis, in: Zwischen Aufklärung und Vernunftkritik. Studien zum Kantschen Logikcorpus (1998) 113–120; R. POZZO: G. F. Meiers ‹Vernunftlehre›. Eine hist.-systemat. Unters. (2000) 172–174. 228–233. [89] Beyträge §§ 9–12, a.O. 19–27. [90] §§ 13–47, a.O. 27–98. [91] § 51, a.O. 108. [92] LAMBERT, a.O. [77] 206–212; dazu: W. SCHNEIDERS: Irrtum, Schein und Vorurteil. Zu Lamberts Theorie der Scheinerkenntnis, in: Coll. int. et interdiscipl. J. H. Lambert (Paris 1979) 147–152; SCHNEIDERS, a.O. [10] 228–231. [93] F. K. Frh. von MOSER: Beherzigungen (1761) 36; vgl. 29ff.; vgl. SCHNEIDERS, a.O. 233–236. [94] a.O. 56. [95] 50; vgl. 47f. [96] 62. [97] 59. [98] I. KANT: KrV A 52–55/B 77–79; B VIII; Refl. 3332. Akad.-A. 16, 783. [99] Refl. 2533, a.O. 408; vgl. Refl. 2528. 2539, a.O. 406. 409. [100] Refl. 2534, a.O. 408. [101] Refl. 2538, a.O. 409; vgl. Art. ‹Urteil, vorläufiges›. [102] Vorles. Philos. Enzyklopädie. Akad.-A. 29/1, 24f. [103] Refl. 2540. Akad.-A. 16, 409. [104] Vgl. Logik BAUCH, a.O. [44] 138f. [105] Refl. 2524. Akad.-A. 16, 404. [106] Refl. 2519, a.O. 403; ähnlich: Logik JÄSCHE, a.O. [43] 76. [107] Refl. 2519f. 2524. 2536. 2548, a.O. 403. 404. 408. 411; Logik JÄSCHE, a.O. [108] Refl. 2526, a.O. 405; ähnlich: Logik JÄSCHE, a.O. [109] Refl. 2519. 2527, a.O. 403. 405f.; ähnlich: Logik JÄSCHE, a.O. 77. [110] Refl. 2529, a.O. 406. [111] Logik BUSOLT. Akad.-A. 24/2, 641. [112] Refl. 2562. Akad.-A. 16, 417: «vitium cognitionis formale». [113] Refl. 2578f., a.O. 426. [114] a.O. [102] 26. [115] Logik HECHSEL, a.O. [44] 363; vgl. Refl. 1482. Akad.- A. 15/2, 672. [116] a.O. [102] 25. [117] Refl. 2563–2566. Akad.-A. 16, 417–420. [118] Refl. 2564, a.O. 419; KU B 156–160 (§ 40); Anthropologie in pragmat. Hinsicht I, § 59 (1798). Akad.-A. 7, 228f.; Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784). Akad.- A. 8, 32–42. [119] KU B 158. [120] Beantwortung, a.O. [118] 35. [121] KU B 158 (Anm.). [122] J. G. C. KIESEWETTER: Grundriß einer allg. Logik nach Kantischen Grundsätzen 1 (1791, 31802) 477; L. H. JAKOB: Grundriß der allg. Logik und kritische Anfangsgründe der allg. Met. (1788, 41800) 157. [123] Vgl. z.B. W. T. KRUG: System der theoret. Philos. 1: Denklehre § 149 (31825) 517–520; C. F. BACHMANN: System der Logik § 404 (1828) 538–552; J. F. FRIES: System der Logik § 110 (31837) 365–369; J. S. MILL: System of Logic 5, ch. 3 (51862). Coll. works, hg. F. E. L. PRIESTLEY/J. M. ROBSON (1963–91) 8, 746–772. [124] H.-G. GADAMER: Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philos. Hermeneutik (1960, 41975) 250; vgl. auch: Art. ‹Vorverständnis›. [125] a.O. 261. [126] 261. [127] 260; vgl. 256. [128] 263. [129] 255. [130] 255. [131] 261. [132] Vgl. D. TEICHERT: Erfahrung, Erinnerung, Erkenntnis. Unters. zum Wahrheitsbegriff der Hermeneutik Gadamers (1991) 93–97. 187f., bes. 188 (Anm. 274). [133] GADAMER, a.O. [124] 254. [134] Vgl. H. E. WOLF: Soziologie der Vorurteile. Zur methodolog. Problematik der Forschung und Theorienbildung, in: R. KÖNIG (Hg.): Hb. der Empir. Sozialforschung 2 (1969) 912–960. [135] Vgl. Art. ‹Ideologie›. Hist. Wb. Philos. 4 (1976) 158–185; Art. ‹Verblendung; Verblendungszusammenhang›. [136] Vgl. auch: B. SCHÄFER: Entwicklungslinien der Stereotypen- und Vorurteilsforschung, in: B. SCHÄFER/F. PETERMANN (Hg.): Vorurteile und Einstellungen. Sozialpsycholog. Beiträge zum Problem sozialer Orientierung (1988) 11–65. Literaturhinweise. W. KRAUSS: Studien ... s. Anm. [57]. – F. SCHALK s. Anm. [24]. – W. SCHNEIDERS s. Anm. [10]. – M. BEETZ s. Anm. [8]. – N. HINSKE: Zwischen Aufklärung und Vernunftkritik ... s. Anm. [88]. K. REISINGER/O. R. SCHOLZ