Extrasystolen: Wann und wie Lernziele abklären? 1. Merkmale von Patientinnen und Patienten mit harmlosen bzw. mit potentiell gefährlichen Jens Seiler, M.D. Extrasystolen 2. Behandlungsprinzipien harmloser und potentiell Cardiovascular Division gefährlicher Extrasystolen University Hospital Bern, Switzerland Disclosure: None Prävalenz von Extrasystolen Prävalenz von Extrasystolen Hiss 1962 Hiss 1962 Prognostischer Wert von Extrasystolen Fleg 1982 Hinkle 1969 1 Prognostischer Wert von Extrasystolen bei Herzerkrankung Fall 1 70-jähriger Patient mit bekannter arterieller Hypertonie Ischämischer Schlaganfall Ultraschall und MR-Angio supraortale Gefässe blande TEE keine Emboliequelle, kein PFO 24-h-EKG mit Frage nach Vorhofflimmern: Im Mittel bradykarder Sinusrhythmus mit eingeschränktem Frequenzspektrum bei bettlägrigem Patienten, kein Vorhofflimmern, 27 VES, 218 SVES, keine Pausen, keine kardialen Beschwerden im Tagebuch vermerkt. Frage nach Vorhofflimmern beantwortet? (1) Suche nach Vorhofflimmern abgeschlossen (2) 7-Tage-EKG (3) 7-Tage-EKG jetzt, in 3 und in 6 Monaten Bigger 1984 Anzahl der Atrialen Extrsystolen Korreliert mit Wahrscheinlichkeit von Vorhofflimmern Fall 2 24-jähriger Student Palpitationen seit 8 Monaten, sonst keine Beschwerden 12-Kanal-EKG: SR, monomorphe VES (LSB-artig, inferiore Achse, in Trigeminie) 24h-Holter-EKG: 25’500 VES (25%) TTE: normal Belastungs-EKG: 17 MET, negativ bzgl. Ischämie, einige monomorphe VES, 2 Bursts einer nichtanhaltenden ventrikulären Tachykardie Möchte eher keine Medikamente einnehmen Was würden Sie empfehlen? (a) Keine Therapie (b) Betablocker (bsp. Nebilet) (c) Kalzium-Kanal-Antagonisten vom Verapamil-Typ (bsp. Isoptin) (d) Klasse-I-AAD (bsp. Tambocor) (e) Klasse-III-AAD (bsp. Sotalol) (f) EPU / Ablation (g) ICD (h) Mehr Diagnostik Wallmann 2007 Tachykardie-induzierte Kardiomyopathie als Folge eriner häufigen ventrikulären Ektopie Tachykardie-induzierte Kardiomyopathie als Folge eriner häufigen ventrikulären Ektopie Serie von 27 Patienten mit RVOT-Ektopie (VES und KT) Eingschränkte LV-Funktion in 8 Patienten Tachykardie-induzierte Kardiomyopathie kann auftreten als Folge einer häufigen ventrikulären Ektopie Verbesserung der Pumpfunktion durch Ablation möglich Yarlagadda 2005 Yarlagadda 2005 2 Tachykardie-induzierte Kardiomyopathie als Folge eriner häufigen ventrikulären Ektopie “R on T”- Früh einfallende VES… können Kammerflimmern auslösen Bogun 2007 Haissaguerre 2002 Abklärung von Extrasystolen – Wann? Extrasystolen sind so verbreitet und so häufig in der gesunden Normalbevölkerung, dass eine weiterführende Abklärung nur in speziellen Situationen gerechtfertigt ist: - Sehr häufige ES (>10-20%?): Strukturelle Herzerkrankung? - V.a. anhaltende Arrhyhtmien: Atriale / ventrikuläre Tachykardien, Vorhofflimmern/-flattern? - Signifikante Symptome: Störende Palpitationen, Synkopen, Präsynkopen? - Zerebrale Ischämie (Insult / TIA), Embolien: Vorhofflimmern / Vorhofflattern? - Hinweise auf strukturelle Herzerkrankung / internistische Erkrankung Haissaguerre 2002 Abklärung von Extrasystolen – Wie? Basis-Programm: Behandlung von Extrasystolen - Möglichkeiten Aufklärung des Patienten über Gutartigkeit und Zuwarten • Anamnese und klinische Untersuchung • Vorteil: Keine Risiken und Nebenwirkungen der Therapie • 12-Kanal-EKG zur Diagnosesicherung • Nachteil: Symptome und potentielle Risiken persistieren, regelmässige Kontrollen erforderlich Weiterführendes Programm: • • • • 24-h-EKG (Holter-EKG) o Quantifizierung der ES o Rhythmus ⬌ Beschwerden 7-Tage-EKG (bsp. R-Test) o Suche nach Vorhofflimmern (3 Tests im Abstand von 3 Monaten) o Rhythmus ⬌ Beschwerden Bei Suche nach / V.a. Herzerkrankung: o Transthorakale Echokardiografie: Strukturelle Abnormitäten o Ergometrie: Rhythmus unter Belastung, auf Ischämie o Ggf. weiterführende Untersuchungen (bsp. MRI, Koronarangiografie) TSH, Blutbild, Elektrolyte, Retentionsparameter Medikamentöse Therapie • Vorteil: Kein Eingriffsrisiko, wirkt im gesamten Herz • Nachteil: Komplette Suppression der Arrhyhtmie bei allen Patienten unrealistisch, Nebenwirkungen, Kontraindikationen beachten (Klasse-I-AAD) Katheterablation • Vorteil: Definitive Lösung ohne Langzeitbehandlung, hohe Erfolgsaussichten bei einem Fokus • Nachteil: Hospitalisation, Eingriffskosten, Eingriffsrisiken, schwierig bei mutlifokalen Arrhythmien, Rezidiv keine Ausnahme 3 Behandlung von Extrasystolen – SVES vs. VES Radiofrequenz-Katheterablation von VES Zugang: Behandlung von SVES • Medikamentöse Therapie o • RV: venös via V. femoralis • LV / Aorta: arteriell via A. femoralis und dann Betablocker, Kalzium-Kanal-Antagonisten vom Verapamil-Typ, ggf. Klasse- retrograd via Aorta (u.U. transseptal) IC- oder Klasse-III-Antiarrhythmika • Grundsätzlich keine Katheterablation Methode: • • • Medikamentöse Therapie o Stromfluss Katheterspitze ~ Neutralelektrode am Rumpf Betablocker, Kalzium-Kanal-Antagonisten vom Verapamil-Typ, ggf. KlasseIC- oder Klasse-III-Antiarrhythmika • Thermoablation mittels Radiofrequenzstrom (3050 Watt) Behandlung von VES Erfolg: • Katheterablation bei: o Häufigen und / oder schwer symptomatischen VES o Eingeschränkter Pumpfunktion o Induktion von malignen ventrikulären Arrhythmien In der realen Welt ca. 70% Rezidiv: • In der realen Welt ca. 50% Wiederholungseingriff Zusammenfassung Zusammenfassung • • Extrasystolen sind auch in der gesunden Bevöllkerung so prävelant, dass eine weitergehende Abklärung üblicherweise nicht erforderlich ist • Extrasystolen sind an sich grundsätzlich gutartig und bedürfen keiner spezifischen Therapie • In gewissen klinischen Situationen haben Extrasystolen jedoch eine signifikante klinsche Bedeutung: • o Häufige ES sind mit dem Vorhandensein einer strukturellen Herzerkrankung assoziiert o Bei Patienten mit Embolien / CVI / Insult erfordern häufige SVES (≥70/24h) eine intensive Suche nach Vorhoffliommern o Bei Patienten mit Herzinsuffizienz bzw. eingeschränkter Pummpfunktion können häufige VES (>10-20%) eine behandelbare Ursache darstellen o Früh-einfallende VES können maligene Arrhyhthmien (polymorphe Kammertachykardien / Kammerflimmern) auslösen mit Synkope oder (überlebtem) plötzlichen Herztod Abklärung: o Dokumentation o Quantifizierung o Korrelation EKG Beschwerden o Ggf. Suche nach struktureller Herzerkrankung Bei symptomatischen oder häufigen Extrasystolen stehen folgende Therapiemöglichkeiten zur Verfügug o Medikamentöse Therapie Betablocker Kalzium-Kanal-Antagonisten vom Verapamil-Typ Klasse-IC-Antiarrhyhtmika (Tambocr, Rytmonorm) Klasse-III-Antiarrhythmika (Sotalol, Cordarone) o Katheterablation (VES) Unterscheidung SVES und VES Supraventrikuläre Extrasystolen Vielen Dank! • Vorzeitig einfallende, vom Vorhof (atriale) oder AV-Knoten (juntionale) ausgehende Schläge • Vorzeitige P-Welle mit veränderter Morphologie • QRS unverändert oder mit Schenkelblockaberration oder fehlend (blockierte SVES) • Post-extrasystolische nicht-kompensatorische Pause 4 Früh-einfallende atriale Extrasystolen – “P-on-T” Unterscheidung SVES und VES Ventrikuläre Extrasystolen • Vorzeitig einfallende, aus den Kammern kommende Schläge • Keine vorangehende P-Welle • QRS breit mit veränderter Morphologie und diskordanter T-Welle • Post-extrasystolische kompensatorische Pause Bennett 1970 Tachykardie-induzierte Kardiomyopathie als Folge eriner häufigen ventrikulären Ektopie Bogun 2007 5